Verführt unter griechischen Sternen

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Der gut aussehende griechische Millionär Vasso Giannopoulos ist der faszinierendste Mann, der Zoe je begegnet ist. Doch während sie sich nach einer Nacht in seinen Armen eingesteht, dass sie unrettbar ihr Herz an ihn verloren hat, scheint er nur Mitleid für sie zu empfinden, oder?


  • Erscheinungstag 26.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727383
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

9. August, New York City

Der Arzt sah Zoe zufrieden an. „Sie sind seit acht Monaten frei von Krebs. Heute kann ich vorbehaltlos feststellen, dass Sie keine Symptome mehr haben. Über die Lebenserwartung haben wir schon gesprochen. Aber denken Sie daran, für keinen von uns lässt sich voraussagen, wie alt er wird.“

„Ich weiß“, murmelte Zoe. Der Arzt erklärte ihr noch einmal, wie schwer es war, die Lebenserwartung ehemaliger Krebspatienten vorherzusagen, doch sie hatte bereits alles darüber gelesen und hörte nicht wirklich zu. Hier im Krankenhaus hatte Zoe schon bald ihr neues Lebensmotto entdeckt: Immer einen Tag nach dem anderen nehmen, und dankbar sein für jeden weiteren Tag, den man erleben darf.

Die Untersuchung war glattgegangen. Ihre Laborwerte waren großartig. Aber Zoe wusste schon jetzt, dass sie vor der nächsten Kontrolluntersuchung wieder schrecklich Angst haben würde.

Für heute war sie jedoch erleichtert über die Laborergebnisse. Tatsächlich war sie überglücklich. Vor einem Jahr hatte man ihr gesagt, sie hätte keine Heilungschance, und jetzt … „Sie meinen also, er ist wirklich weg.“

Der Arzt runzelte die Stirn. „Glauben Sie es, Mädchen.“

Nur zu gern hätte Zoe ihrem Arzt geglaubt! Vielleicht tat sie es sogar – heute. Aber morgen?

„Ich bin froh, dass Sie sich jetzt nicht mehr so erschöpft fühlen. Sie wirken körperlich und seelisch stärker. Ihr Therapeut und ich denken, dass Sie so weit sind, das Zentrum heute zu verlassen, wenn Sie wollen.“

Darauf hatte sie gewartet. Zoe hatte Pläne, und sie hatte keine Zeit zu verlieren.

„Wir sind hier alle guten Mutes, dass Sie von jetzt an ein normales Leben führen können.“

Normal … Nein, niemals, wenn sie doch wusste, dass der Krebs jederzeit zurückkommen könnte. Trotzdem lächelte Zoe den Arzt an. „Wie kann ich Ihnen jemals für alles danken, was Sie für mich getan haben?“

„Das haben Sie schon, indem Sie so hart daran gearbeitet haben, gesund zu werden. Mit Ihrer wundervollen Einstellung haben Sie den anderen Patienten hier im Krankenhaus Mut gemacht. Alle Freunde, die Sie hier gewonnen haben, werden Sie vermissen.“

Tränen stiegen ihr in die Augen. „Ich werde sie mehr vermissen.“

„Ich bezweifle das.“

„Meine Rechnung muss astronomisch sein. Und wenn es den Rest meines Lebens dauert, ich werde jeden Cent zurückzahlen.“

„Die Rechnung hat die Giannopoulos-Stiftung übernommen.“

„Ich bin mir dessen bewusst.“ So bewusst, dass sie den Mitgliedern der Familie Giannopoulos unbedingt persönlich danken wollte. „Aber alle, die hier arbeiten, sind Engel, besonders Sie. Ich weiß nicht, womit ich solch eine Behandlung verdient habe.“

Als Zoe in das Krankenhaus aufgenommen worden war, hatte sie gewissenhaft das Infomaterial über die Stiftung studiert, das jeder Patient bekam. Und in der Kapelle der Klinik hatte sie die Gedenktafel gelesen.

Zu Ehren von Patroklos Giannopoulos und seiner Frau Irana Manos, die den Malariaausbruch auf Paxos Anfang der Sechzigerjahre überlebten.

Zu Ehren ihres Bruders Kristos Manos, der den Malariaausbruch überlebte und nach New York auswanderte, um sich ein neues Leben aufzubauen.

Zu Ehren von Patroklos Giannopoulos, der an einem Lymphom starb.

„Auch mein Gehalt wird von der Giannopoulos-Stiftung finanziert“, erinnerte sie der Arzt. „Sie wurde eigens für griechischstämmige Amerikaner wie Sie gegründet: Krebspatienten, die dringend Hilfe brauchen. Die Stiftung finanziert nicht nur die medizinische Versorgung, sondern bietet auch soziale Unterstützung an. Es gibt einige wundervolle, großzügige Menschen auf dieser Welt … Können Sie irgendwo unterkommen?“

„Ja. Pater Debakis von der Sacred Trinity Church hat sich um alles gekümmert. Ich kenne ihn von klein auf. Ich verdanke ihm so viel, und Iris Themis auch. Sie ist vom humanitären Rat der Sacred Trinity und hat versprochen, mich vorerst im Obdachlosenheim der Kirche unterzubringen, wo ich bleiben kann, bis ich einen Job und eine Wohnung finde. Ich muss sie nur in ihrem Büro anrufen, dann holt sie mich ab.“

„Großartig. Sie müssen in sechs Wochen zu einer weiteren Kontrolluntersuchung, entweder hier oder in einem anderen Krankenhaus. Aber Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Sie sich Sorgen machen.“

Zoe stand auf und umarmte den Arzt. „Danke dafür, dass Sie mir geholfen haben, mein Leben zurückzubekommen.“

Sie verließ sein Sprechzimmer, eilte durch das Krankenhaus und ging den Flur entlang, der zum Rehabilitationszentrum führte. Sie hatte ein Zimmer im zweiten Stock. Nachdem sie ihre Familie verloren hatte, war dies zwölf Monate lang ihr Zuhause gewesen.

Am Anfang hatte Zoe nicht geglaubt, dass sie das Krankenhaus jemals lebend verlassen würde. Zuerst hatte ihr Freund sie oft angerufen, aber das Technologieunternehmen, für das er arbeitete, hatte ihn nach Boston versetzt, und die Anrufe waren immer weniger geworden. Zoe verstand es, trotzdem verletzte es sie zutiefst. Wenn er im dunkelsten Moment ihres Lebens weggehen konnte, obwohl er gesagt hatte, er sei verrückt nach ihr, dann durfte sie nicht erwarten, dass irgendein Mann ihre Lage jemals akzeptieren würde.

Aber Freunde der Familie aus ihrer alten Nachbarschaft riefen gelegentlich an, und die Patienten hier im Krankenhaus waren ihre besten Freunde geworden.

In ihrem Zimmer setzte sich Zoe auf die Bettkante und rief Iris an. Sie planten, sich in einer halben Stunde vor dem Rehabilitationszentrum zu treffen.

Nachdem sie ihre Krankheit überstanden hatte, wollte Zoe Menschen so helfen, wie man ihr geholfen hatte. Das Studium konnte warten. Wenn irgend möglich, wollte sie für die Giannopoulos-Stiftung arbeiten. Notgedrungen musste sie Alexandra Kallistos ansprechen, die Leiterin des Zentrums hier in New York, aber sie hatte nur unangenehme Erfahrungen mit ihr gemacht. Die Frau war kühl und reserviert. Ob sie immer so war oder ob diese Frau sie einfach nicht mochte, wusste Zoe nicht.

Ms. Kallistos hatte ein Büro im Krankenhaus und war offiziell der Chef hier. Ihr unterstanden die Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten, Laborangestellten, Röntgentechniker, Hilfskräfte, Küchenhilfen, ehrenamtliche Mitarbeiter und das Reinigungspersonal. Sie war ein Muster an Tüchtigkeit, aber Zoe fand, dass sie nicht gut mit Kranken umgehen konnte.

Alexandra war eine attraktive, unverheiratete griechischstämmige Amerikanerin Anfang dreißig mit schulterlangem dunkelbraunem Haar. Sie trug schicke Kleider, die ihre gute Figur betonten. Aber sie wirkte kalt. Vielleicht war es nicht fair, so über sie zu urteilen, jedenfalls war es Zoe unangenehm, diese Frau um einen Job zu bitten.

Zum Glück hatte Pater Debakis versprochen, sich persönlich bei Ms. Kallistos für Zoe einzusetzen, falls es Probleme geben sollte!

10. August, Athen

Vasso Giannopoulos war fast durch mit den Buchprüfungen für den Giannopoulos-Komplex in Athen, der ihm zusammen mit seinem jüngeren Bruder Akis gehörte, als sich seine Privatsekretärin über die Gegensprechanlage meldete.

„Ms. Kallistos ist am Apparat. Sie ruft aus dem Krankenhaus in New York an und möchte Sie oder Ihren Bruder sprechen. Wollen Sie den Anruf entgegennehmen, oder soll ich ihr sagen, dass Sie später zurückrufen? Ich weiß, dass Sie nicht gestört werden wollten.“

„Nein, nein, Sie haben das Richtige getan.“ Vasso fand es seltsam, dass sie anrief, weil er sich doch morgen sowieso mit ihr traf. „Ich spreche mit ihr.“

„Leitung zwei.“

„Alexandra? Vasso hier.“

„Entschuldigen Sie bitte die Störung, Vasso. Ich dachte, ich erwische Sie vielleicht noch, bevor Sie herfliegen. Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie meinen Anruf annehmen.“

„Keine Ursache.“

„Alle wissen, dass Sie und Ihr Bruder vor einigen Jahren das Giannopoulos Greek American Lymphoma Center hier in New York gegründet haben. Zum vierten Mal hat jetzt ein großer Fernsehsender bei mir angefragt. Sie wollen einen Dokumentarfilm über Sie beide bringen und ein Team schicken, das im Zentrum filmt und einige Mitarbeiter interviewt. Vor allem aber wollen sie ein Interview mit Ihnen und Ihrem Bruder. Ich habe dem Senderchef gesagt, ich würde es an Sie weitergeben. Ich weiß, dass Sie früher schon abgelehnt haben, aber da Sie morgen hier sind, möchten Sie vielleicht einen Termin vereinbaren?“

Vasso brauchte nicht zu überlegen. „Sagen Sie dem Mann, wir sind nicht interessiert.“

„In Ordnung. Wann kann ich mit Ihnen rechnen?“

„Spätestens um zwei. Danke für den Anruf.“ Als er auflegte, kam sein Bruder Akis ins Büro. „Hallo. Ich bin froh, dass du zurück bist. Alexandra hat gerade angerufen. Ein Fernsehsender in New York will einen Dokumentarfilm über uns drehen.“

„Wieder?“ Akis schüttelte den Kopf. „Die geben wohl nie auf.“

„Ich habe Nein gesagt.“

„Gut. Wann fliegst du ab?“

„Ich will mich jetzt auf den Weg machen. Am frühen Morgen treffe ich mich mit unseren Ostküstenhändlern, danach fahre ich zum Krankenhaus und werfe einen Blick in die Bücher.“

„Ich kümmere mich inzwischen um den Rest der Bestandslisten für den Norden. Raina wird mir helfen. In Buchhaltung ist meine Frau ein Genie.“

„Was macht ihre morgendliche Übelkeit?“

„Es wird mit jedem Tag besser!“

„Freut mich, das zu hören.“

„Wie ist es neulich abends mit Maris gelaufen?“, fragte Akis.

„So lala.“

„Das klingt nicht gut. Wir haben gehofft, dass sie vielleicht die Frau sein könnte, für die du dein Junggesellendasein aufgibst.“

„Leider nicht. Sie ist nett und interessant, aber … Sie ist nicht die Richtige. Wir sehen uns übermorgen.“ Vasso war noch nicht lange mit Maris zusammen, aber er wusste, dass er die Beziehung mit ihr beenden musste. Er durfte ihr keine falschen Hoffnungen machen. Allerdings hatte Akis’ Bemerkung einen wunden Punkt getroffen. Auch Akis war lange Junggeselle gewesen. Jetzt, da er verheiratet war, spürte Vasso eine Leere in seinem Leben, die er früher nie empfunden hatte. Sein Bruder war so glücklich mit seiner Ehefrau! Und er freute sich schon so sehr auf ihr erstes Baby! Vasso erkannte ihn kaum wieder.

11. August, New York City

„Vasso!“

„Wie geht es Ihnen, Alexandra?“

Die Leiterin der Klinik stand auf. „Schön, Sie zu sehen.“

„Ich habe zuerst einen Rundgang durch das Krankenhaus und das Rehabilitationszentrum gemacht. Alles scheint in einem Topzustand zu sein. Gratuliere, Sie leiten ein leistungsstarkes Zentrum, auf das wir stolz sein können!“

„Danke. Ich weiß, dass Sie viel zu tun haben. Wenn Sie hier drin die Bücher durchsehen möchten, kann ich Mittagessen bringen lassen.“

„Ich habe schon gegessen. Warum sehe ich mir nicht die Zahlen an, während Sie essen gehen? Falls ich irgendetwas entdecke, was nicht stimmt, sprechen wir darüber, wenn Sie zurück sind.“

„In Ordnung. Bevor ich losziehe, möchte ich Ihnen noch von einer jungen Frau erzählen, die sich hier gestern um einen Job beworben hat. Ich habe ihr gesagt, dass sie weder die Ausbildung noch die Erfahrung für die Arbeit hat, die wir im Zentrum leisten. Später hat mich Pater Debakis von der Sacred Trinity Church hier im Stadtteil Astoria angerufen. Er kennt die Frau und hält sie für sehr tüchtig. Er wollte wissen, ob er an höherer Stelle ein Vorstellungsgespräch vereinbaren könne. Ich habe die Telefonnummer des Priesters auf meinen Haftnotizblock geschrieben, falls Sie mit ihm sprechen wollen.“

„Ich kümmere mich sofort darum. Danke, dass Sie es mir gesagt haben.“

„Dann gehe ich jetzt. Ich bin in einer Stunde zurück.“

„Lassen Sie sich Zeit.“

Die Erwähnung des Priesters hatte Vassos Neugier geweckt. Nachdem Alexandra das Büro verlassen hatte, rief Vasso sofort den Priester an. Dann lehnte er sich im Schreibtischsessel zurück, um konzentriert zuzuhören.

„Es ist mir eine Ehre, mit Ihnen zu sprechen, Mr. Giannopoulos. Ich bin froh, dass Ms. Kallistos meine Nachricht weitergegeben hat. Da ich nicht Ihre Zeit verschwenden will, komme ich gleich zur Sache. Zoe Zachos, eine ganz besondere vierundzwanzigjährige griechischstämmige Amerikanerin hier in Queens, würde gern für Ihre Stiftung arbeiten. Und ich meinte, ich sollte Sie deswegen ansprechen.“

„Ms. Kallistos hat Bedenken, sie einzustellen.“

„Zu mir hat sie gesagt, der jungen Frau fehle die Qualifikation, und hat es rundheraus abgelehnt, ein Vorstellungsgespräch mit ihr zu führen. Ich bin mit ihrer Einschätzung überhaupt nicht einverstanden und hoffe, Sie dazu zu bewegen, in dieser Angelegenheit zu vermitteln.“

Vasso war mit Akis vor zehn Monaten nach New York geflogen, um einen neuen Leiter für das Zentrum in New York einzustellen, nachdem der alte krankheitsbedingt hatte kündigen müssen. Alexandra war mit außergewöhnlich guten Arbeitszeugnissen zu ihnen gekommen und war von allen Bewerbern am besten geeignet gewesen, weil sie am meisten Erfahrung in der Krankenhausverwaltung hatte.

Fünf Monate später war Akis, der von klein auf mit ihm zusammenarbeitete, nach New York geflogen, um nach ihr zu sehen. Bis jetzt hatten sie kein Problem damit gehabt, wie Alexandra ihre Arbeit machte.

„Das ist Ihnen offenbar wichtig.“

„Sehr.“

Vasso war überrascht, wie ernst der Priester klang.

„Vielleicht könnten Sie persönlich ein Vorstellungsgespräch mit ihr führen, Mr. Giannopoulos?“

„Das ist nicht unsere übliche Verfahrensweise.“

„Ach …“

Die unüberhörbare Enttäuschung des Priesters ließ Vasso nicht kalt. „Haben Sie so gute Gründe, mich darum zu bitten?“

„Es ist dringend.“

So, wie das klang, konnte Vasso ihn einfach nicht zurückweisen. „Erzählen Sie mir von ihrem Hintergrund.“

„Ich denke, diese Informationen bringen Sie besser selbst in Erfahrung.“

Jetzt war Vasso mehr als nur ein bisschen interessiert. Die ungewöhnliche Bitte machte ihn neugierig. „Wie schnell kann sie in Ms. Kallistos’ Büro sein?“

„Innerhalb von zwei Stunden.“

„Dann erwarte ich sie.“

„Gott segne Sie, mein Junge.“ Der Priester legte auf.

Während der nächsten anderthalb Stunden brütete Vasso über den Büchern. Als Alexandra zurückkehrte, teilte er ihr mit, dass alles gut aussehe, und hörte sich ihre Vorschläge an, bei denen es um den Betrieb des Krankenhauses ging.

Es klopfte. „Das ist wohl Miss Zachos. Würden Sie uns bitte eine halbe Stunde geben, Alexandra?“

„Natürlich“, sagte Alexandra nach kurzem Zögern.

Es schien ihr sehr schwerzufallen, keine Fragen zu stellen, doch Alexandra bewahrte Haltung. Vasso beobachtete, wie sie aufstand und die Tür öffnete.

„Kommen Sie herein, Zoe“, forderte Alexandra die blonde Frau auf und ließ sie dann beide allein.

Zoe? Das bedeutete, dass Alexandra die Bewerberin kannte. Er erhob sich, als sein Besuch das Büro betrat.

„Mr. Giannopoulos?“ Sie klang ein bisschen atemlos. „Ich bin Zoe Zachos. Ich kann es nicht glauben, aber irgendwie hat Pater Debakis dieses Treffen ermöglicht. Sie ahnen ja nicht, wie dankbar ich bin, Sie endlich kennenzulernen.“

Tränen schimmerten in ihren grünen Augen.

Als sie ihm die Hand schüttelte, erkannte Vasso eine aufrichtige Dankbarkeit in ihrem Blick, die ihn tief in seinem Innersten berührte. „Bitte, Miss Zachos. Setzen Sie sich.“

Geschmeidig setzte sie sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch. Zoe Zachos war groß und schlank, trug eine gemusterte Bluse und einen Khakirock. Und sie hatte bemerkenswert schöne Beine! Das war trotz ihrer schlichten Kleidung unverkennbar.

„Der Pater hat Ihnen sicher erklärt, dass ich gern für Ihre Stiftung arbeiten würde.“

„Das hat er deutlich gemacht.“

„Er hat für mich bereits mit Ms. Kallistos gesprochen, und sie hat gesagt, ich hätte nicht die nötige Erfahrung.“

„Pater Debakis ist jedoch anderer Meinung. Erzählen Sie mir von sich. Warum wollen Sie denn für die Stiftung arbeiten?“

„Er hat es Ihnen nicht gesagt?“

„Nein. Er macht nicht viele Worte.“

„Auf die wenigen kommt es an“, erwiderte Zoe Zachos lächelnd.

Dem konnte Vasso nur zustimmen. Der Priester verstand es meisterhaft zu erreichen, was er wollte. Er hatte ihn dazu gebracht, dieses Vorstellungsgespräch zu führen, was ungewöhnlich war. „Warum fangen Sie nicht von vorn an?“

Sie nickte. „Ich bin hier während der vergangenen zwölf Monate Patientin mit einem Non-Hodgkin-Lymphom gewesen und vorgestern entlassen worden.“

Eine Patientin …

Vasso musste erst einmal tief Luft holen.

„Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als man mir sagte, ich sei geheilt.“

Die Freude, die ihr ins Gesicht geschrieben stand, würde er niemals angemessen beschreiben können. „Das ist eine wundervolle Neuigkeit“, erwiderte er heiser.

„Nicht wahr?“ Ihre schönen grünen Augen strahlten. „Das ist allein Ihrer Familie zu verdanken. Die Stiftung, die Sie gegründet haben, hat mir mein Leben zurückgegeben!“ Ihre Stimme zitterte.

Vasso musste sich räuspern. „Das freut mich, Miss Zachos.“

„Das Geld kann ich Ihnen unmöglich zurückzahlen. Aber ich würde gern für den Rest meines Lebens für Sie arbeiten. Ich bin eine gute Köchin und könnte in der Krankenhausküche arbeiten. Oder in der Wäscherei. Oder den Patienten in der Reha helfen. Geben Sie mir einen Job, und ich werde mein Bestes tun. Das Problem ist, dass Ms. Kallistos zu Pater Debakis gesagt hat, ohne Hochschulabschluss und Erfahrung im Gesundheitswesen sei ein Vorstellungsgespräch sinnlos. Und ob ich mich nicht besser dafür eigne, Nonne zu werden, wenn ich für andere da sein möchte. Pater Debakis und ich haben darüber gelacht. Ich habe wohl kaum das Zeug zur Nonne. Aber ich will wirklich etwas bewirken.“

Vasso war wütend. Mehr auf sich selbst und Akis als auf Alexandra. Zu dem Zeitpunkt, als sie sie eingestellt hatten, waren sie zu der Überzeugung gekommen, dass sie die besten Zeugnisse für die Position hatte. Jetzt sah Vasso ein, dass es für diesen besonderen Job auf viel mehr ankam als nur auf das, was auf dem Papier stand. Zoe war so lange Patientin hier gewesen, da hätte Alexandra ja wohl ein bisschen mehr Verständnis zeigen können.

„Jedenfalls haben Sie mit Pater Debakis einen großartigen Fürsprecher. Woher kennen Sie ihn?“

„Meine Eltern besaßen ein griechisches Restaurant, und darüber lag unsere Wohnung. Hier in Astoria, in der Nähe der Sacred Trinity Church. Pater Debakis war dort schon Priester, als ich noch klein war. Er nahm immer Anteil an unserer Familie. Ich weiß nicht, ob ich noch am Leben wäre, wenn er nicht gewesen wäre.“

„Warum sagen Sie das?“

Eine unbeschreibliche Trauer überschattete plötzlich ihr klassisch schönes Gesicht. „Vor einem Jahr war ich mit Freundinnen aus der Nachbarschaft ins Kino gegangen. Als der Film zu Ende war, liefen wir zu Fuß nach Hause. Es war spät. Meine Eltern waren wahrscheinlich schon im Bett. Unsere Straße … sah aus wie ein Kriegsgebiet. Ein Brandstifter hatte sich hinten in der Wäscherei neben der Taverne zu schaffen gemacht. Das Feuer breitete sich bis in die Küche der Taverne aus. Meine Eltern starben. Die Eigentümer der Wäscherei auch.“

„Oh nein!“ Vasso konnte es nicht begreifen.

„Alles verbrannte. Familienfotos, Wertsachen, Kleidung – alles weg. Ich wohnte noch bei meinen Eltern und arbeitete in der Restaurantküche, um Geld zu sparen, während ich studierte. Der Anblick war so schrecklich, ich brach zusammen. Als ich in der Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses zu mir kam, war Pater Debakis der Erste, den ich sah. Er sagte mir, der Arzt hätte bei der Untersuchung einen Tumor an meinem Hals entdeckt.“

Zoe Zachos schauderte.

Ihre emotionale Reaktion weckte unvermittelt Vassos Beschützerinstinkt, der sich nicht mehr gemeldet hatte, seit er und Akis nach dem Tod ihres Vaters ganz allein gewesen waren. Obwohl Akis nur elf Monate jünger war, hatte ihr im Sterben liegender Vater Vasso aufgetragen, auf seinen kleinen Bruder aufzupassen.

„Ich wundere mich immer noch, dass ich in jener Nacht nicht gestorben bin. Ich wollte sterben. Ich war überzeugt, dass mein Leben vorbei war. Doch Pater Debakis und Iris Themis, eine Frau im humanitären Rat der Kirche, wollten mich einfach nicht aufgeben lassen. Sie sind wundervolle Menschen, die alles getan haben, um mir zu helfen, mit meiner Trauer fertigzuwerden. Die Krebsdiagnose machte es noch schlimmer. Meine Eltern und ich haben nie Almosen angenommen. Und jetzt überhäuften mich Pater Debakis und Iris mit allen möglichen Sachspenden, weil ich doch bei dem Feuer alles verloren hatte. Daneben bemühten sie sich noch, mich zu trösten. Ich war überwältigt von ihrer Großzügigkeit.“

Unfähig, sitzen zu bleiben, stand Vasso auf. Pater Debakis hatte zu ihm gesagt, sie sei eine ganz besondere junge Frau.

„Vor dem Brand und meiner Krankheit hatte ich vor, mein letztes Semester zu Ende zu machen, um meinen Abschluss in Englisch zu bekommen. Mit vierundzwanzig wäre ich eine der ältesten Hochschulabsolventen gewesen, aber weil ich neben dem Studium arbeiten musste, habe ich länger gebraucht. Durch den Tod meiner Eltern und das Lymphom sind nun jedoch andere Dinge in den Brennpunkt gerückt.“

„Das würde jedem so gehen.“ Als Vassos Vater an der Krankheit gestorben war, hatte sich seine und Akis’ Welt für immer geändert. Sie hatten ihren Vater über alles geliebt. Er war zu arm gewesen, um die nötige medizinische Behandlung zu bekommen. Während er im Sterben lag, hatten sie sich geschworen, sich nie wieder so hilflos fühlen zu müssen.

„Noch im Krankenhaus habe ich mich mit einem Krebsspezialisten beraten. Ich habe erfahren, dass meine Studentenversicherung nur einen Teil der Kosten decken würde. Meine Eltern hatten ein bisschen Geld gespart, und mit dem Geld aus ihrer Versicherung konnte ich meinen Studentenkredit abbezahlen. Was ich übrig hatte, waren die knappen Ersparnisse auf meinem Bankkonto. Ich war am Ende. Doch dann haben Pater Debakis und Iris mich hierher gebracht. Man hat mir erklärt, dass dieses Zentrum griechischstämmigen Amerikanern mit einem Lymphom helfe, die sich die Behandlung nicht leisten können. Sie haben mich in die Kapelle mitgenommen, wo ich die Gedenktafel gelesen habe.“

Als Zoe zu Zachos aufsah, liefen ihr Tränen übers Gesicht. „In dem Moment wusste ich, dass die Giannopoulos wirklich Samariter sind. Sie ahnen ja gar nicht, wie dankbar ich bin. Solange es mir vergönnt ist zu leben, möchte ich etwas von dem zurückgeben, was Ihre Stiftung für mich getan hat. Es wäre mir eine besondere Ehre, für Sie und Ihre Familie zu arbeiten.“

Solange es mir vergönnt ist zu leben.

Was hatte Pater Debakis gesagt? Es sei dringend.

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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