Verführt von dem griechischen Tycoon

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Sie war dort, wo sie sein wollte. In seinem Zuhause, in seinen starken Armen. Und sie wünschte sich nichts mehr, als von ihm geliebt zu werden. Als Zoe dem attraktiven Hoteltycoon Andreas Gavras geradewegs in die Arme stolpert, glaubt die schöne Forscherin, einen griechischen Gott vor sich zu haben. Der in Scheidung lebende Milliardär gibt Zoe das Gefühl, die begehrenswerteste Frau der Welt zu sein. Auf seiner Jacht genießen sie Sonne, Meer und süße Küsse. Selbst sein kleiner Sohn schenkt ihr sein Vertrauen. Doch als Andreas‘ Noch-Ehefrau plötzlich auftaucht, überfallen Zoe schreckliche Zweifel. Um seinem Glück nicht im Weg zu stehen, muss sie den Mann ihrer Träume freigeben …


  • Erscheinungstag 29.01.2019
  • Bandnummer 32019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733711979
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ende Mai war es herrlich warm in Griechenland. Zoe Perkins, die seit Januar in Griechenland war, um Nachforschungen über den berühmten britischen Poeten Lord Byron anzustellen, fuhr mit dem Taxi zur Anlegestelle. Die Fähre nach Ithaca würde bald ablegen, und sie durfte nicht zu spät kommen. Allerdings herrschte hier in Patras genauso viel Verkehr wie in Athen.

„Können Sie nicht schneller fahren?“, rief sie dem Taxifahrer zum dritten Mal zu. Von ihrem Einzimmerapartment im Zentrum von Patras hatte sie ein Taxi bestellt und geglaubt, noch genügend Zeit zu haben.

„Ich beeil mich ja schon“, entgegnete der Fahrer über die Schulter auf Englisch.

Frustriert sah Zoe aus dem Fenster, weil es so lange dauerte. Plötzlich bemerkte sie einen Lastwagen, der an einer Kreuzung auf ihre Fahrbahn abbog. „Halt! Er fährt auf uns …“

Sie stießen zusammen, bevor sie den Satz beenden konnte. Durch den Aufprall wurde sie nach vorn geschleudert. Der Sicherheitsgurt bewahrte sie vor Schlimmerem. Während sie versuchte, sich wieder zu beruhigen, sah sie, dass der Fahrer über dem Steuer zusammengesackt war. Blut lief seitlich an seinem Gesicht herunter.

„Oh nein! Sind Sie in Ordnung?“, rief sie entsetzt. Er gab keinen Laut von sich. Es war ihre Schuld, weil sie ihn gedrängt hatte, schneller zu fahren. Inzwischen hatte sich draußen eine Menschenmenge versammelt, und der Unfall hatte einen Verkehrsstau ausgelöst. Die Polizei war noch nicht da.

Zoe löste ihren Sicherheitsgurt und wollte aus dem Wagen steigen, um dem Fahrer zu helfen. Doch als sie die hintere Tür öffnete, versperrte ihr ein Mann den Weg, der etwas auf Griechisch zu ihr sagte.

„Bitte lassen Sie mich aussteigen“, verlangte sie.

„Tut mir leid, kyria, aber vielleicht müssen Sie ärztlich behandelt werden. Hilfe ist schon unterwegs.“ Die tiefe Stimme des Mannes mit dem Akzent klang verwirrend angenehm.

„Danke, aber mir geht es gut. Der Fahrer ist allerdings verletzt. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber er sagt kein Wort.“ Erst jetzt sah sie zu dem Mann hoch. Mit seinen rabenschwarzen Haaren und der olivfarbenen Haut war er der eindrucksvollste Grieche, den sie je gesehen hatte. Er musterte sie aus dunklen Augen, wahrscheinlich um sicherzugehen, dass sie die Wahrheit sagte.

Der Mann schien um die dreißig zu sein und trug einen eleganten, hellbraunen Seidenanzug und eine Krawatte. Sie nahm an, dass er auf dem Weg zu einem wichtigen Meeting war.

„Das sollten wir besser die Sanitäter entscheiden lassen.“ Er rührte sich nicht und sprach in einem autoritären Ton, vermutlich ohne sich dessen bewusst zu sein.

„Der arme Mann“, murmelte sie bestürzt.

„Er hat sich bereits aufgerichtet, kyria. Wahrscheinlich ist nur die Nase gebrochen.“

„Ich … ich hätte ihm nicht sagen dürfen, dass er schneller fahren soll.“ Jetzt setzte der Schock ein, sodass sie anfing zu stottern. „Ich hatte Angst, die F…Fähre nach … Ithaca zu verpassen.“

„Wollte Sie dort jemand abholen?“

„Nein. Ich stehe nur unter Termindruck, und vor morgen fährt keine andere Fähre. Aber das ist jetzt egal. Der Taxifahrer ist verletzt. Er braucht Hilfe.“

„Man wird sich um ihn kümmern. Versuchen Sie, sich zu entspannen.“

In diesem Moment hörte Zoe eine Sirene, und der Krankenwagen fuhr vor. Die Sanitäter schienen den Fremden zu kennen. Er sprach kurz mit ihnen, dann trat er zur Seite, damit einer der Sanitäter mit ihr reden konnte. Der Mann überprüfte ihre Vitalfunktionen, während seine Kollegen den Taxifahrer auf einer Trage zum Krankenwagen trugen.

Nachdem der Sanitäter sich versichert hatte, dass alles mit ihr in Ordnung zu sein schien, half er ihr aus dem Taxi. Der Fremde blieb die ganze Zeit an ihrer Seite. Zoe war bisher gar nicht aufgefallen, wie groß er war. Vielleicht hatte der Unfall ihr Sehvermögen beeinträchtigt, denn in ihren Augen sah er wie ein griechischer Gott aus, der zum Leben erwacht war.

Der Sanitäter nahm ihre Daten auf und erklärte, ihr ein anderes Taxi rufen zu wollen. Doch bevor sie ihm antworten konnte, erklärte der Fremde: „Ich fahre die Lady zu ihrem Zielort.“

„Eucaristw, Kyrie Gavras.“

Gavras? In der Innenstadt war Zoe oft an einem Hotel vorbeigekommen, das Gavras House, Patras hieß. War er dieser Gavras? Sie hatte den Namen auch schon in den Nachrichten gehört und überall dort, wo sie im Westen Griechenlands gewesen war.

„Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt, Kyria Perkins.“ Er hatte ihren Namen offenbar mitbekommen, als sie ihn dem Sanitäter genannt hatte. „Ich heiße Andreas Gavras. Wenn Sie erlauben, bringe ich Sie dorthin, wo Sie hin müssen. Meine Limousine steht bereit.“

„Danke, aber Sie sind mir nichts schuldig.“

„Mein Wagen war direkt hinter dem Lastwagen, der mit Ihrem Taxi zusammengestoßen ist. Ich habe den Krankenwagen gerufen und würde Ihnen gern behilflich sein. Würden Sie umgekehrt nicht das Gleiche tun? Wo kann ich Sie hinbringen?“

Denk nach, Zoe! „Vielleicht zu meinem Apartment. Es ist nur ein paar Blocks entfernt.“

Er holte ihre Handtasche aus dem Taxi und reichte sie ihr.

„Danke.“ Zoe hatte ihre Tasche völlig vergessen.

„Meine Limousine steht gleich dort drüben.“ Er umfasste ihren Ellbogen, um sie durch den Stau zu leiten, und half ihr auf den Rücksitz der eleganten, schwarzen Limousine. „Fühlen Sie sich schlecht?“

„Nein, nur durcheinander.“

„Natürlich. Was Sie brauchen, ist etwas zu trinken.“ Andreas Gavras sagte etwas auf Griechisch zu seinem Fahrer, und der Wagen fuhr los. Sie bogen um eine Ecke und hielten vor einem Straßencafé.

„Bleiben Sie sitzen. Ich bin gleich wieder da.“

Geschmeidig stieg er aus der Limousine und verschwand in dem Café. Wenig später kam er mit zwei Getränken in Pappbechern zurück. Zoe bedankte sich, bevor sie durstig trank. Als sie den Becher geleert hatte, nahm er ihn und stellte ihn in einen Getränkehalter, ehe auch er seinen Becher leerte.

„Ich habe noch nie so etwas Gutes getrunken“, erklärte sie.

„Freut mich, dass es Ihnen geschmeckt hat. Fühlen Sie sich jetzt ein bisschen besser?“

„Viel besser.“ Er war der sprichwörtliche Retter in der Not, der aus dem Nichts aufgetaucht war, um ihr zu helfen.

„Geben Sie mir eine Minute, damit ich in meinem Büro anrufen kann. Danach suche ich uns ein schönes Plätzchen, wo wir zu Mittag essen können.“

„Sie sind sehr freundlich, aber Sie sehen aus, als wären Sie auf dem Weg zu einem wichtigen Meeting. Lassen Sie sich bitte nicht aufhalten.“

Bei dem Blick, den er ihr zuwarf, blieb ihr fast das Herz stehen. „Ich bin froh, dass ich Ihretwegen nicht zu dem Vorstandstreffen gehen kann, bei dem ich immer einschlafe.“ Sie glaubte ihm keine Sekunde. „Außerdem muss ich etwas essen, weil ich heute Morgen nicht gefrühstückt habe. Und Sie?“

„Ich auch nicht. Ich wollte auf der Fähre essen.“

„Ich kenne ein Restaurant, wo das Essen hervorragend ist. Geben Sie mir nur eine Minute.“

Als er sein Gespräch beendet hatte, fühlte Zoe sich wieder mehr wie sie selbst. Sie verließen die Stadt und fuhren Richtung Küste.

„Ich hätte Lust auf Fisch. Und Sie?“, fragte er.

„Das klingt wundervoll.“ Obwohl sie eigentlich keinen Hunger hatte.

Wieder sagte er etwas zu seinem Chauffeur. Das Restaurant war voll, doch für sie war ein Tisch reserviert. Vermutlich hatte er angerufen, als er die Limonade gekauft hatte.

Auch wenn Zoe wusste, dass sie nicht träumte, fühlte es sich so an. Er hatte ihr den Stuhl zurückgeschoben und saß ihr nun gegenüber. Nachdem der Ober ihre Bestellung aufgenommen hatte, musterte er sie aus schwarzen Augen.

„Warum wollten Sie denn nach Ithaca?“

„Ich recherchiere seit Januar in Griechenland über das Leben von George Gordon Noel Byron, dem sechsten Baron Byron, auch bekannt als Lord Byron. Ich war schon an vielen Orten, die er besucht hat, aber es gibt immer noch Regionen, die ich mir ansehen und erforschen muss.“

Zu ihrer Überraschung sah Andreas Gavras sie interessiert an. „Warum gerade dort?“

„Er hat einige Zeit in Ithaca und der Umgebung verbracht. Ich möchte mit den Historikern dort sprechen und mir anhören, was sie über ihn wissen.“

„Was machen Sie eigentlich genau?“

„Ich arbeite an meiner Promotion an der UCLA, einer Universität in Los Angeles, und gebe dort Seminare über die Romantiker des frühen neunzehnten Jahrhunderts. Letztes Jahr kurz vor Weihnachten hat Magda Collier, eine bekannte Regisseurin aus Hollywood, mit der Arbeit an ihrem bisher wichtigsten Film begonnen, der Lord Byron porträtiert. Sie wollte einen unvoreingenommenen Blick für neue Recherchen.“

„Und Sie wurden ausgewählt?“

„Ich und zwei andere Frauen aus Stanford und der San Jose State University, Ginger und Abby, wurden auserkoren, um neues Material zu sammeln. Magdas Idee ist, Byron als ein Genie zu zeigen, dessen spirituelle Seite der Welt sehr viel geben kann und die seine Größe hervorhebt. Mir gefällt ihre Idee außerordentlich gut, und ich bin begeistert, zu ihrem Team zu gehören.“

„Das ist wirklich eine Ehre.“

„Stimmt. Wir haben uns vor Weihnachten eine Woche in Los Angeles mit den Drehbuchschreibern zusammengesetzt und von Magda erfahren, was sie sich vorstellt. In den letzten Monaten haben meine Freundinnen und ich ihr immer wieder Informationen geschickt. Da ich bald in die Staaten zurück muss, versuche ich, vorher noch so viel wie möglich herauszufinden.“

„Klingt, als wären Sie eine Expertin.“

„Seit Jahren studiere ich Byrons Werke und habe unglaubliche Dinge über seine Zeit hier in Griechenland erfahren.“

„Wie lange sind Sie schon in Patras?“

„Etwa sechs Wochen.“

Ihr Essen kam. Es sah köstlich aus, und Zoe aß voller Appetit die Fischauswahl mit Reis und einer göttlichen Rahmsoße.

„Es schmeckt wunderbar. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, weil der arme Taxifahrer wahrscheinlich mit Schmerzen im Krankenhaus liegt. Falls er eine Familie hat, muss sie doch außer sich sein über den Unfall.“

„Ihr Mitgefühl ist lobenswert.“

„Sie würden sicher genauso empfinden. Glauben Sie, dass es seine Schuld war?“

„Ich weiß es nicht genau, aber ich kann mich erkundigen, in welches Krankenhaus er gebracht worden ist. Vielleicht erfahren wir dann mehr.“

„Würden Sie das tun? Ich würde ihm nämlich gern sagen, wie leid es mir tut, was passiert ist. Ich bin hier in Griechenland immer mit dem Taxi gefahren und hatte sehr viel Glück mit den Fahrern. Ich war erstaunt, wie gut sie Englisch sprechen. Es ist schade, dass ich nach all den Monaten nur ein paar Worte Griechisch kann.“

„Nicht jeder ist so dankbar wie Sie. Ich bin beeindruckt, kyria, und werde sehen, was ich tun kann, wenn wir zurück nach Patras fahren.“

„Danke.“

„Möchten Sie noch ein Dessert?“

„Das schaffe ich nicht mehr, aber bestellen Sie sich bitte eines, wenn Sie möchten.“

„Ich würde Sie lieber zurück nach Patras bringen und herausfinden, wie es dem Taxifahrer geht, damit Sie beruhigt sind.“

„Tut mir leid.“

„Sie müssen sich für nichts entschuldigen. Solch ein Unfall würde jedem an die Nieren gehen.“

Nachdem Andreas bezahlt hatte, verließen sie das Restaurant. Auf dem Weg in die Stadt machte er einige Anrufe. Wenn irgendjemand private Informationen herausfinden könnte, dann er, da war Zoe sicher.

„Ich habe gute Neuigkeiten“, verkündete er nach seinem letzten Gespräch. „Der Fahrer hatte nur einen Schnitt über der Augenbraue, der genäht worden ist. Er ist bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.“

„Das erleichtert mich sehr. Ich bin froh, dass es nicht seine Nase war.“

„Der Lastwagenfahrer ist nicht verletzt. Aber er wurde vorgeladen, weil er nicht aufgepasst hat.“

„Ich kann Ihnen gar nicht genug danken, dass Sie das für mich herausgefunden haben.“

Die Limousine hielt vor Zoes Apartment, ohne dass sie ihre Adresse hatte nennen müssen. Sicher hatte er sich daran erinnert, als sie sie dem Polizisten gegeben hatte.

„Und was haben Sie jetzt vor?“, wollte er wissen.

„Arbeiten. Ich werde die Zeit nutzen, um ein paar Interviews abzuschreiben, die ich auf Tonband aufgenommen habe. Und morgen werde ich ganz früh die Fähre nach Ithaca nehmen.“

„Sie müssen heute Abend etwas essen. Darf ich Ihnen dabei Gesellschaft leisten?“

Zoe versuchte, ihn nicht anzusehen, sonst würde sie sich in diesen schwarzen Augen verlieren. „Sie haben schon mehr als genug für mich getan – und meinetwegen Ihre Vorstandssitzung verpasst. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir geholfen haben, aber ich will Ihre Zeit nicht noch weiter in Anspruch nehmen.“

Als sie nach ihrer Handtasche griff, fragte er: „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich morgen früh vorbeikomme und Sie zur Fähre fahre?“

Überrascht sah sie ihn an. „Warum wollen Sie das tun?“

„Weil ich Sie bei dem Unfall davon abgehalten habe, aus dem Taxi zu steigen. Deshalb sind Sie nicht mehr rechtzeitig zum Hafen gekommen. Es ist das Mindeste, was ich tun kann.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich stehe wegen des fabelhaften Lunchs bereits in Ihrer Schuld.“

„Ich verspreche, dass ich Sie pünktlich hinbringe.“

Der Mann ließ sich nicht abwimmeln. Du weißt, dass du ihn wiedersehen willst. Nach ihrer Scheidung war Zoe Männern gegenüber sehr vorsichtig geworden.

„Was ist mit Ihrer Arbeit?“

„Die kann warten. Wir treffen uns morgen früh um halb acht vor dem Haus. Was meinen Sie?“

Der Unfall musste ihr zugesetzt haben, weil sie Ja sagen wollte zu diesem umwerfenden Mann, der fast noch ein Fremder für sie war. Dabei hatte sie schon einmal den folgenschweren Fehler begangen, sich von einem attraktiven Mann verzaubern zu lassen – mit verheerenden Folgen.

„Das ist ein sehr großzügiges Angebot. Danke für alles, aber ich will Ihnen wirklich nicht zur Last fallen.“

„Das werden Sie nicht. Falls Sie morgen früh nicht hier sind, wenn ich komme, werde ich das als Antwort akzeptieren, und Sie werden mich nie mehr wiedersehen.“

Er öffnete ihr die Tür, damit sie aussteigen konnte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging sie zu ihrer Wohnung, die versteckt hinter einem großen Baum lag. Auch wenn sie ihm am liebsten gesagt hätte, dass sie gern mit ihm fahren würde, wagte sie es nicht.

Andreas beobachtete, wie die dunkelblonde, amerikanische Schönheit mit der atemberaubenden Figur davonging. Er konnte sich nicht erinnern, dass ihm so etwas schon einmal passiert war.

Als er sich vor einigen Stunden in das beschädigte Taxi hinuntergebeugt hatte, war er einem Blick aus azurblauen Augen begegnet, deren Strahlen und Lebendigkeit ihn fasziniert hatten.

Er vermutete, dass Zoe Anfang zwanzig war. Daher hatte es ihn überrascht, dass sie bereits an der UCLA in Kalifornien lehrte. Demnach musste sie älter sein.

Von der ersten Minute an hatte er sich in einer Weise zu ihr hingezogen gefühlt, die er nicht erklären konnte. Auch ihr Intellekt und ihr Interesse an Lord Byron begeisterten ihn. Obwohl sie es nicht wusste, gab es vieles, über das sie sich unterhalten konnten. Er überlegte bereits, wie er mehr Zeit mit ihr verbringen könnte.

Nach dem emotionalen Chaos der letzten Zeit entsetzte es ihn, dass er dieser Frau nachsetzen wollte. Gleichzeitig sagte ihm sein Instinkt, dass sie nicht mit zu seiner Limousine gegangen wäre oder mit ihm gegessen hätte, wenn er sie abgeschreckt hätte. Trotzdem hielt sie etwas davor zurück, sich morgen von ihm zur Fähre fahren zu lassen.

Er dachte darüber nach, bis er ins Bett ging. Sollte er sich irren und sie sich nicht ebenfalls zu ihm hingezogen fühlen, gab es nur einen Weg, dies herauszufinden.

Am nächsten Morgen zog er sportliche Kleidung an und hielt mit seinem Wagen um Viertel nach sieben vor dem Haus, in dem Zoe wohnte. Sie könnte bereits weg sein oder sich etwas anderes vorgenommen haben. Sollte sie nicht kommen, würde er sie in Ruhe lassen, wie er es versprochen hatte. Wobei ihm dieser Gedanke gar nicht gefiel.

Als um fünf vor halb acht ein Taxi hinter ihm hielt, wusste er, dass sie nicht mit ihm fahren wollte. Statt jedoch zu gehen, bevor sie aus dem Haus kam, blieb er, um ihr zu zeigen, dass er sein Wort gehalten hatte. Er stieg aus dem Wagen, lehnte sich gegen die Beifahrertür und wartete.

Ein paar Minuten später trat sie in einer weißen Cargohose und einer blau-weiß bedruckten Bluse mit Dreiviertelarm aus dem Haus. Die hellen Strähnen in ihren nackenlangen Haaren leuchteten in der Morgensonne.

Die Überraschung in ihren blauen Augen war echt. „Sie!“ Offenbar hatte sie geglaubt, er würde nicht kommen.

„Guten Morgen, kyria. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich hier sein werde. Ich würde Sie gern zur Fähre bringen, um mein Verhalten von gestern wiedergutzumachen, aber es ist Ihre Entscheidung.“

„Mein Taxi ist bereits da“, warf sie ein und steckte sich eine Haarsträhne hinters Ohr.

Mehr musste Andreas nicht hören. „Ich kümmere mich darum.“

Er ging zu dem Wagen. „Danke, dass Sie gekommen sind“, sagte er auf Griechisch zu dem Fahrer und zahlte ihm das Dreifache, was die Fahrt zum Hafen gekostet hätte.

Strahlend fuhr der Taxifahrer davon.

Andreas ging zu seinem Wagen und öffnete die Tür für Zoe. Sie trat näher. „Jetzt fühle ich mich schrecklich, weil ich Ihnen noch mehr schuldig bin.“

Solange sie bei ihm sein wollte, spielte alles andere keine Rolle. Und sie wollte es, sonst hätte sie abgelehnt und wäre in das Taxi gestiegen.

„Lassen Sie uns nicht über Schulden reden, sondern die Fahrt genießen.“ Er half ihr in den Wagen und fuhr los. „Mir ist bewusst, dass Sie nichts über mich wissen, aber ich versichere Ihnen, dass ich normalerweise keine Frauen mitnehme, die einen Unfall hatten. Und auch sonst nicht.“

Seine Worte zauberten ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Und ich lasse mich sonst auch nie von einem Mann mitnehmen, der auf dem Weg zu einem Vorstandstreffen ist.“

„Touché. Nachdem wir das geklärt haben, möchte ich Ihnen sagen, was wirklich los ist. Vor zwei Tagen habe ich meine Scheidung eingereicht. Und ich habe einen Sohn. Er heißt Ari, ist fünfzehn Monate alt und bedeutet mir alles.“ Auch wenn er nicht mein leiblicher Sohn ist. „Im Moment ist er allerdings bei seiner Mutter in Athen. Sie wohnen im Moment bei ihren Eltern.“

Zoe sah ihn an. „Das tut mir leid. Ich habe auch eine Scheidung durchgemacht und weiß, wie schmerzhaft das ist, aber es waren keine Kinder involviert. Die Leere muss unerträglich sein.“

Sie war schon einmal verheiratet.

„Manchmal verläuft das Leben anders, als wir gedacht haben, so wie bei Ihrem Unfall gestern. Im Moment versuche ich, mir einen Reim auf all das zu machen. Ob Sie es glauben oder nicht, es hilft mir, etwas für Sie zu tun.“

Sie verlagerte ihr Gewicht von einem Bein aufs andere. „Was Sie mir erzählt haben, erklärt, weshalb es Ihnen egal ist, dass Sie die Vorstandssitzung verpasst haben.“

„Stimmt. Ich versuche, mich zusammenzureißen, aber ich kann heute nicht zur Arbeit gehen oder in der Villa bleiben. Danke, dass Sie mir geholfen haben, nicht durchzudrehen, kyria. Sie sind genau die Gesellschaft, die ich brauche.“

„Ich habe all das auch durchgemacht. Kommen Sie doch heute mit nach Ithaca, wenn Sie sich beschäftigen wollen. Ich könnte einen Übersetzer Ihres Formats gebrauchen.“

„Welches Format meinen Sie?“

„Ich habe meinen Hausverwalter nach Ihnen gefragt. Er sagte, dass Sie ein sehr bedeutender Mann sind.“

„Glauben Sie ihm nicht.“

Sie kicherte leise. „Mir ist das schon bewusst geworden, als der Polizist Sie sofort erkannte und umgehend Ihren Wünschen nachgekommen ist.“

Dass sie ihn gebeten hatte, mit ihr nach Ithaca zu kommen, hatte seine Laune gehoben. Sie erreichten den Hafen und stellten sich in die Schlange zur Fähre. Die Fahrt dauerte vier Stunden hin und zurück, was bedeutete, dass sie frühestens um acht Uhr abends zurück sein würden.

Nachdem sie den Wagen auf der Fähre abgestellt hatten, aßen sie etwas im Speiseraum und gingen danach an Deck. „Kaum zu glauben, dass diese Aussicht echt ist“, murmelte sie. „Das Grün der ionischen Inseln, umgeben von kristallblauem Wasser, wirkt beinahe überirdisch.“

Er hatte noch nie jemanden erlebt, der so empfänglich für alles war wie sie. „Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Erzählen Sie mir, warum Ithaca so wichtig ist.“

„Als Lord Byron im Juli 1823 Genua verließ, ist er mit einem Schiff namens Hercules gereist, unter anderen mit Pietro Gamba und William Fletcher. Im August sind sie in Kefalonia angekommen und haben dann eine Expedition nach Ithaca gemacht. Er war sehr inspiriert und hat in dieser Zeit viel geschrieben. Ich möchte zwei Museen in Vathy besuchen, um zu sehen, welche Erinnerungsstücke es dort gibt.“

Mit Zoe verging die Zeit wie im Flug. Bald konnten sie auf die Insel fahren und sahen sich einige archäologische Stätten an, bevor sie zu den Museen fuhren.

Andreas übersetzte für sie, und Zoe schrieb seine Worte in ihr Notizbuch. Sie arbeiteten gut zusammen, und Andreas bedauerte es, als sie wieder zur Fähre zurückfahren mussten.

Wieder aßen sie an Bord und unterhielten sich über Ulysses, von dem erzählt wurde, dass er auf Ithaca oder Kefalonia zur Welt gekommen sei. Es war faszinierend, mit ihr zusammen zu sein, weil sie sich in der Literatur so gut auskannte.

Als sie wieder bei ihrem Apartment waren, erzählte Andreas ihr, was er vorhatte. „Morgen fahre ich nach Athen zu meinem Sohn. Mit dem Richter wurde ein vorläufiges Besuchsrecht ausgehandelt. Ich habe ihn zwei Tage, normalerweise am Wochenende. Seine Mutter die anderen fünf Tage. Auch wenn es ungleich verteilt ist, funktioniert es im Moment, weil ich sehr beschäftigt bin.“

„Sie können ihn nicht hierherbringen?“

„Doch, aber der Flug dauert zu lange. Hätten Sie etwas dagegen, dass ich Sie anrufe, wenn ich wieder da bin?“

„Überhaupt nicht. Allerdings fahre ich morgen in die Schweiz, um dort mit meinen Freundinnen Urlaub zu machen.“

Diese Neuigkeit machte ihn fassungslos. Er hatte sie doch gerade erst kennengelernt, und jetzt wollte sie schon wieder verschwinden?

„Wie lange werden Sie weg sein?“

„Ich weiß es nicht genau.“ Sie griff nach der Türklinke. „Aber ich kann Ihnen nicht genug danken, dass Sie mich heute nach Ithaca gebracht haben. Es war ein Vergnügen. Ich weiß, dass Sie es gar nicht erwarten können, morgen Ihren Sohn zu sehen. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug, Andreas.“

„Moment … wir sollten unsere Handynummern austauschen, damit wir in Verbindung bleiben können.“

„Gute Idee.“

Sie war bereits aus dem Wagen gestiegen. „Geraten Sie nicht wieder in einen Unfall, wenn Sie nach Hause fahren“, scherzte sie, dann verschwand sie hinter dem großen Baum.

Noch ein paar Minuten saß Andreas wie erstarrt da, bestürzt darüber, dass er sie vielleicht nie wiedersehen würde.

Bevor er losfuhr, rief er sie an.

Sie klang atemlos. „Andreas?“

„Hallo. Ich wollte nur sichergehen, dass ich Sie erreichen kann.“

„Sie müssen Ihre Mutter verrückt gemacht haben.“

„Wahrscheinlich“, witzelte er. „Genießen Sie Ihre Reise.“

„Sie auch.“

Er beendete das Gespräch und fuhr zur Villa. Obwohl er die Stunden zählte, bis er mit Ari zusammen sein konnte, gab es noch etwas anderes, an das er an diesem Wochenende denken würde. Seit er Zoe von der Scheidung und seinem Sohn erzählte hatte, war sie in seiner Gegenwart deutlich entspannter – wie sie es vielleicht bei einem Freund sein würde.

Doch eine Freundschaft mit ihr wäre für ihn undenkbar. Sie war ihm heute sehr ans Herz gewachsen und gehörte in eine ganz andere Kategorie. Dass er sie vielleicht nicht wiedersehen würde, beunruhigte ihn maßlos.

2. KAPITEL

Da Zoes Pläne mit ihren Freundinnen zerplatzten, flog sie vier Tage später zurück nach Patras und kam spät abends wieder in ihrem Apartment an. Ihr Urlaub in der Schweiz, auf den sich die drei Frauen gefreut hatten, hatte sich in Luft aufgelöst.

Abby hatte sich in einen Winzer aus Burgund verliebt und war mit ihm nach Frankreich gefahren. Ginger wollte in Venedig bleiben. Zoe vermutete, dass sie einen Mann kennengelernt hatte und deshalb dorthin zurück wollte.

Was Zoe betraf – sie freute sich, wieder in Griechenland zu sein. Den ganzen Rückflug überlegte sie hin und her, ob sie Andreas anrufen sollte, wenn sie angekommen war, um ihm zu sagen, dass ihre Pläne sich geändert hatten. Erst als sie auf dem Weg ins Bett war, beschloss sie, es nicht zu tun.

Es war idiotisch von ihr gewesen, ihn zu bitten, mit nach Ithaca zu kommen. Sie sollte ihn vergessen, ihre Recherchen in Griechenland abschließen und nach Kalifornien zurückfliegen.

Als sie das Licht ausmachte, klingelte ihr Handy. War das Abby? Oder Ginger? Sie schoss im Bett hoch und griff nach ihrem Handy, das auf dem Nachttisch lag.

Es war Andreas.

„Hallo?“ Ihre Stimme zitterte erbärmlich.

„Zoe … ich bin zurück aus Athen und kann nicht schlafen, bis ich mit Ihnen gesprochen habe. Genießen Sie den Urlaub mit Ihren Freundinnen? Wo sind Sie gerade?“

Als sie seine tiefe, vertraute Stimme hörte, presste sie instinktiv die Hand auf ihr Herz. „Wir hatten eine schöne Zeit, aber es hat sich etwas geändert, und ich bin wieder in Patras.“

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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