Verführung in San Francisco

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Es heißt, dass Max Black alles für seinen Erfolg tut. Nichts sonst ist ihm wichtig. Deshalb sollte die junge Erbin Romi Grayson gewarnt sein, als der attraktive Tycoon heiß mit ihr flirtet. Doch ihr dummes, unschuldiges Herz will einfach nicht auf die Stimme der Vernunft hören …


  • Erscheinungstag 18.11.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751512381
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Romi Grayson kochte vor Wut und Enttäuschung. Nur mühsam unterdrückte sie den übermächtigen Wunsch, ihr Handy durch den Raum zu schleudern, und legte es stattdessen vorsichtig neben sich auf den Tisch.

Dieser opportunistische Lügner!

Maxwell Black hatte Romi deutlich zu verstehen gegeben, dass er nur an einer Affäre interessiert war und eine langfristige Beziehung mit ihr für ihn nicht infrage kam. Seit Jahren war sein großzügiger Umgang mit wechselnden Partnerinnen Thema in der Klatschpresse.

Der schwerreiche Playboy hatte ihr ein Treuearrangement für einen festgelegten Zeitrahmen angeboten.

Sie hatte es abgelehnt.

Nur ein paar Mal waren sie miteinander ausgegangen. Dabei hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Und aufgrund der Heftigkeit ihrer Gefühle war Romi fest davon überzeugt, dass eine Trennung ihr das Herz brechen würde.

Es war ihr schwergefallen, ihn nach nur wenigen Treffen wieder aufzugeben. Obwohl sie nicht miteinander geschlafen hatten, war ihr sexueller Appetit geweckt und sie war kurz davor gewesen, auf sein Angebot einzugehen.

Letztlich hatte sie sich jedoch für den Rückzug entschieden. Angesichts seiner Einstellung wäre sie bei der Sache auf der Strecke geblieben.

Obwohl sie in vieler Hinsicht unkonventionell dachte, war Romi im Grunde ihres Herzens altmodisch. Sie wollte ein Heim, eine Familie und mit dem Mann, den sie liebte, in eine gemeinsame Zukunft schauen und nicht auf das Verfallsdatum ihrer Partnerschaft.

Und ausgerechnet dieser Mann hatte sich bereit erklärt, Romis Wahlschwester Madison Archer zu heiraten.

Gegen Bezahlung!

Die Aussicht auf ein großes Aktienpaket der Archer International Holding und die Übernahme des Konzerns, wenn sich Jeremy Archer aus dem Geschäftsleben zurückzog, waren für Maxwell Black der verlockende Anlass, seine „Regeln“ zu brechen.

Dieser geldgierige Schuft.

Es war ein altbackener Begriff, aber er passte.

„Ramona!“, hörte sie ihren Vater aus seinem Arbeitszimmer rufen.

Nur noch zweimal die Woche schaffte er es ins Büro. Sein langjähriger technischer Leiter führte mittlerweile die Geschäfte, und er war nur noch dem Namen nach der Firmeninhaber.

Mancher mochte erwartet haben, dass Romi die Firma übernehmen würde. Harry Grayson hatte jedoch immer wieder betont, dass seine Tochter ihre eigenen Ziele verfolgen sollte.

Ihr Vater saß auf der Couch im Arbeitszimmer. Durch das einzige Fenster im Raum drang nur wenig Sonnenlicht, sodass er im Dämmerlicht auf das dunkle Bild eines riesigen an der Wand befestigten Fernsehers starrte. Das Longdrink-Glas in seiner Hand war bis auf ein paar Eiswürfel leer. Blutunterlaufene, rot geränderte braune Augen waren der Beweis dafür, dass er es gerade erst ausgetrunken hatte.

Sie stellte sich vor ihn und nahm ihm das Glas aus der Hand. „Es ist noch früh am Nachmittag, Dad. Du brauchst noch keinen Drink.“

Früher hatte er vor der Cocktailstunde keinen Alkohol angerührt; anschließend jedoch unaufhörlich weitergetrunken, sodass er jeden Abend nur noch mühsam die Stufen zu seinem Schlafzimmer hinaufkam.

Zumindest hatte er damals noch nicht angefangen, tagsüber zu trinken.

Während sie im Internat war, war es mit dem Trinken dann schlimmer geworden. Bereits mittags trank er das erste Glas Wein, aus dem oft eine Flasche wurde.

Aber so früh am Tag mit harten alkoholischen Getränken anzufangen, war neu.

Es dauerte einen Moment, bis er sie erkannte.

„Ramona.“

„Ja, Daddy. Du hast mich gerufen.“ Nüchtern hätte er dies nie getan.

Bei den Graysons war es nicht üblich, im Haus laut nach jemandem zu rufen. Dafür gab es das Haustelefon.

Harry Grayson war jedoch nicht mehr in der Lage, aufzustehen und zu gehen. Bei dem Versuch, sich zu konzentrieren, runzelte er angestrengt die Stirn. „Habe ich das?“

„Ja, Daddy.“

Verwirrt blickte er sich im Raum um. „Ich habe die Fernbedienung verlegt.“

Romi bückte sich und hob das Gerät auf, das zu seinen Füßen lag. „Hier ist sie.“

„Danke dir.“ Er runzelte die Stirn. „Sie funktioniert nicht.“

Sie startete den Fernseher mit der Gestensteuerung und gab anschließend den Sprachbefehl. Augenblicklich war die Stimme des Nachrichtensprechers über die Dolby-Surround-Anlage zu hören.

„Doch.“

„Bei mir hat es nicht funktioniert“, lallte ihr Vater.

Da die Fernbedienung auf deutlich ausgesprochene Sprachbefehle programmiert war, war Romi nicht weiter erstaunt, dass es bei ihm nicht klappte.

„Was ist los, mein Kätzchen? Du siehst so aufgebracht aus.“

Das war typisch für ihren Dad. Sein Gehirn konnte noch so alkoholumnebelt sein, er machte sich immer Gedanken um sie. Selbst betrunken war ihr Vater zweimal mehr ein Vater, als es Maddies Dad je sein würde.

„Es geht mir gut.“

„Das stimmt nicht.“ Sorgfältig betonte er jedes Wort.

Romi war zum Weinen zumute. „Es ist wirklich nichts.“

„Nein. Du hast was.“ Für einen Augenblick war ihr Vater nicht mehr der Alkoholiker, der entschlossen war, seine Leber zu zerstören.

Er war der Mann, der ihre Mutter so sehr geliebt hatte, dass er sie gegen den Willen seiner eigenen Familie geheiratet hatte. Er hatte Romi allein großgezogen, als sie mit drei Jahren ihre Mutter verloren hatte, und sich geweigert, die Hilfe der anderen Familienmitglieder anzunehmen.

„Es ist die alte Geschichte.“ Und sie war darauf reingefallen.

„Erzähl sie mir.“

„Ich habe mich in einen Mann verliebt.“

„Das hast du mir gar nicht erzählt.“

Romi ignorierte diese Bemerkung. „Er hat mir erklärt, dass er sich nicht binden will.“

„Ist er etwa verheiratet?“, fragte ihr Dad wütend.

„Nein. Er will jetzt sogar heiraten. Aber nur unter bestimmten Bedingungen.“

„Der Schuft!“

Unwillkürlich musste sie über seine Wortwahl schmunzeln. Derselbe Gedanke war ihr vor wenigen Minuten durch den Kopf gegangen. „Genau.“

„Du bist ohne ihn besser dran.“

„Du sagst es!“ Wenn sie ihr Herz doch auch so schnell davon überzeugen könnte wie ihren Verstand.

Maxwell Black langweilte sich. Diese Charity-Events waren wichtig, konnten aber so einschläfernd sein. Nur selten bot sich die Gelegenheit, nützliche Kontakte zu knüpfen.

Doch vielleicht würde Romi Grayson noch auftauchen, sodass er seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte – sie zu beobachten.

Sie faszinierte ihn noch immer und er verstand bis heute nicht, warum sie sein Angebot abgelehnt hatte.

Gegen seine sonstige Art hatte er es dabei bewenden lassen.

Romi war anders als die Frauen, mit denen er sich sonst umgab. Sie hatte etwas Besonderes, das er gar nicht weiter ergründen wollte.

Aus Selbstschutz hatte er sich von ihr ferngehalten. Ein Gefühl, das er von sich nicht kannte.

Er empfand das Bedürfnis, sie zu beschützen. Auch dies war eine Gefühlsregung, die ihn irritierte. Und sie machte ihn angreifbar, wenn Romi es herausfand. Aus diesem Grund hielt er sich von ihr fern.

Inzwischen hatte er jedoch seine Pläne geändert und glaubte an eine mögliche Zukunft mit ihr, solange er die Bedingungen festlegte.

Noch bevor sie ihn begrüßte, erkannte er sie an ihrem Parfum.

„Wenn das nicht Maxwell Black, der Supermann unter den Geschäftsmännern, ist!“

Er bezwang den Impuls, sich rasch zu ihr umzudrehen. Langsam und beherrscht wandte er sich ihr zu und musterte sie. Ihr schwarzes, seidig schimmerndes Haar umrahmte ihre zarten Gesichtszüge. Volle, kräftig geschwungene Lippen bildeten einen interessanten Kontrast. Heute war sie stärker geschminkt als sonst, ihr Make-up betonte ihre blauen Augen, die ihn vorwurfsvoll anfunkelten.

„Guten Abend, Romi. Du siehst zauberhaft aus.“

Das elegante Abendkleid in einem schillernden Blau unterstrich ihre zierlichen Formen und ihre zerbrechliche Weiblichkeit, die nicht zu ihrem resoluten Verhalten passte. Romi scheute keine Herausforderung.

Dieses Auftreten der nur knapp ein Meter fünfzig großen Person hatte ihn von Anfang an fasziniert.

„Danke“, entgegnete sie stirnrunzelnd und gab das Kompliment widerwillig zurück: „Du siehst auch gut aus. Kein Designer, den ich kenne. Ist der Smoking von einem der Schneider auf der Savile Row?“

Er lächelte. Sie hatte eine gute Beobachtungsgabe. Für viele mochte es überflüssiger Luxus sein, maßgeschneiderte Anzüge zu tragen, für Maxwell aber war es mehr als das. Markennamen stellten etwas dar, aber ein Anzug, der nach individuellen Vorgaben des Kunden angefertigt wurde, machte noch einmal einen ganz anderen Eindruck und stand ganz im Einklang mit Maxwells Ruf nach absoluter Kontrolle in und außerhalb der Vorstandsetage.

„Er ist von einem hiesigen Designer, der bei einem Schneider in der Savile Row gelernt hat.“

„Wusste ich es doch. Mich wundert nur, dass du seinen Namen nicht verrätst.“

„Warum sollte ich? Suchst du einen neuen Designer für deinen Vater?“ Maxwell bezweifelte allerdings, dass sein Schneider Grayson in seinen Kundenkreis aufnehmen würde. Der Schneider war teuer und extrem wählerisch, was seine Kundschaft betraf. Ein Alkoholiker, der kurz davor war, seine Firma in den Abgrund zu ziehen, hatte keine Chance.

Fast unmerklich verzog Romi das Gesicht. „Nein.“

„Seine Warteliste ist bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht.“ Maxwell ertappte sich bei dem untypischen Wunsch, ihr die Wahrheit zu sagen, um ihre Gefühle zu schonen.

„Du würdest sicher andere Mittel und Wege finden.“

Maxwell lächelte. „Keine Chance. Der Mann hat strikte Prinzipien, was seinen Terminplan und seine Standards angeht.“

„Ich kann es dennoch kaum glauben“, entgegnete Romi, die es darauf anlegte, ihn zu provozieren.

Etwas schien sie massiv zu stören. „Ist das so?“

„Du bist ein Opportunist“, stieß sie scharf hervor.

Das konnte er nicht abstreiten. Seine Fähigkeit, sich bietende Gelegenheiten zu ergreifen, war der Grund für Maxwells Erfolge in der Geschäftswelt und sein Vermögen. Er war Multimillionär und der Wert seiner Firma BIT, Black Information Technologies, betrug das Zehnfache seines privaten Vermögens. Das war nicht schlecht für einen zweiunddreißigjährigen Bastard, der anders als Romi ohne reichen Vater aufgewachsen war.

Irgendetwas hatte Romi offensichtlich massiv verärgert. Wenn er sich nicht täuschte, musste das erst vor Kurzem passiert sein, konnte aber nichts mit seinen Plänen für die Firma ihres Vaters zu tun haben. Dann fiel es ihm schlagartig ein.

„Du hast mit Madison Archer gesprochen.“

„Ich rede täglich mit Maddie, mehrere Male sogar.“ Die offensichtliche Verärgerung in Romis Stimme war der Beweis, dass er mit seiner Vermutung richtiglag.

Obwohl er nicht verstand, warum Romi verärgert darüber war, dass Jeremy Archer ihm einen geschäftlichen Ehevertrag angeboten hatte.

„Ich kann wohl kaum für die Handlungen ihres Vaters verantwortlich gemacht werden.“ Obwohl er nicht gezögert hätte, die günstigen Bedingungen und die Aussichten, die der Präsident von Archer International Holding angeboten hatte, zu seinem Vorteil zu nutzen.

Wütend verschränkte Romi die Arme vor der Brust. „Aber für deine Bereitschaft, dabei mitzumachen.“

Sie war schön, wenn sie wütend war. Wie sehr er sie begehrte!

„Jeremy Archer hat in einer Besprechung mit mehreren Interessenten einen sehr lukrativen Vertrag angeboten und deine Wahlschwester hat sich sehr gut dagegen behauptet.“ Wie Madison ihren Vater in Schach gehalten hatte, verschwieg er jedoch wohlweislich.

Maxwell hatte seine Gründe dafür. Weil er in jeder Hinsicht ein Opportunist war.

Wenn er Madison Archer nicht falsch einschätzte, hatte sie ihrer besten Freundin ihre Entscheidungen nicht mitgeteilt.

Damit hatte Maxwell einen Vorteil gegenüber Romi. Diese würde alles tun, um Madison zu schützen. Selbst vor deren überstürzten Entscheidungen.

„Du brichst deine eigenen Regeln für einen Preis“, höhnte Romi.

Jetzt verstand er. Es überraschte ihn ein wenig, dass Romi Bescheid wusste, da Madison sein Angebot wie erwartet nie ernsthaft in Betracht gezogen hätte. Was ihn jedoch nicht davon abgehalten hatte, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen, um Viktor Beck wenigstens für ein paar Sekunden lang nervös zu machen.

Viktor und er waren schon seit ihrer frühen Kindheit Freunde und Konkurrenten.

Doch Romi war fassungslos über sein Angebot. Das klang verheißungsvoll für seine eigenen Pläne mit ihr.

„Aber der Preis war nicht Liebe.“ Fast verächtlich sprach er das letzte Wort aus.

Die übermäßig emotionale und unfassbar naive Tochter aus reichem Hause hielt Gefühle für den einzig akzeptablen Grund einer Partnerschaft. Selbst nachdem der Verlust solch einer Liebe ihren eigenen Vater fast zerstört und damit ihre Familie vernichtet hatte.

Ihre Augen sprühten Funken vor Wut. Er musste sie besitzen.

Die wenigen Augenblicke mit ihr hatten ein Verlangen in ihm ausgelöst, das er nur stillen konnte, wenn er sie ganz besaß.

„Du tust so, als hätte ich jemanden betrogen. Aber das ist nicht der Fall.“ Seit fast einem Jahr gingen Romi und er getrennte Wege.

„Deine eigene Integrität vielleicht.“

„Was ist unredlich an einem Geschäft, bei dem die Karten für alle Beteiligten offen auf dem Tisch liegen?“

„Also galt deine ‚Keine Verpflichtung eingehen‘-Regel nur für mich?“ Romis Stimme verriet ihre schmerzliche Enttäuschung.

„Ich habe Madison nicht die Art von Verpflichtung angeboten, die du zu brauchen scheinst.“

„Du hast ihr einen Heiratsantrag gemacht.“

„Ich habe ihr ein geschäftliches Arrangement ohne eheliche Pflichten vorgeschlagen, aber kein Treueangebot gemacht.“

„Das ist ja schrecklich“, entfuhr es Romi.

Bald würden die anderen Gäste auf sie aufmerksam werden.

Er fasste sie am Ellbogen und lenkte sie in Richtung Terrasse, in der Hoffnung, dort mit ihr allein sein zu können.

„Wohin gehen wir?“, fragte sie und folgte ihm widerstandslos.

„Dorthin, wo wir ungestört sind.“

Bis auf ein Paar, das sich auf der anderen Seite des Außenbereichs befand, waren sie zu seiner Erleichterung allein. Solange sie nicht anfingen, laut zu streiten, bot ihnen das gedämpfte Licht eine gewisse Privatsphäre.

Es war kühl, und Romi zitterte. Er zog sie in eine windgeschützte Ecke, in der einige Pflanzenkübel sie vor fremden Blicken schützten.

Er zog seine Jacke aus und hängte sie ihr fürsorglich über die Schultern. „Besser?“

Romi nickte. Dabei wirkte sie so verletzlich, dass er sein Vorhaben, nur mit ihr zu reden, fast vergaß.

„Es war nicht nötig, mir deine Jacke zu geben.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, zog sie das wärmende Kleidungsstück noch fester um sich. „Außerdem bleiben wir nicht lange. Eigentlich weiß ich gar nicht, warum ich mit dir rausgegangen bin.“

„Weil du sauer auf mich bist, dass ich Jeremy Archers geschäftliches Angebot in Betracht gezogen habe, und wir darüber reden müssen.“

„Dafür sehe ich keinen Grund.“

Er gab ihr darauf keine Antwort.

Verärgert schnaufte sie. „Maddie verdient etwas Besseres als eine aus Geschäftsgründen arrangierte Ehe.“ Sie starrte Maxwell an, der ihren Blick nicht deuten konnte. „Und du auch.“

„Ich finde Madison nicht besonders attraktiv. Es wäre kein großes Opfer für mich, auf eheliche Pflichten zu verzichten.“

„Sie ist wunderschön.“

„Nicht mein Typ.“ Die rothaarige Archer-Erbin war eine Augenweide, aber sie ließ Maxwell kalt.

Er stand auf grazile und große Frauen. Obwohl Romi wesentlich kleiner war als er, passte sie erstaunlich gut zu ihm. Ihre schwarzen Locken und elfenhaften Züge fand er ausgesprochen anziehend.

Frauen mit blauen Augen hatte er bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt, aber Romis waren so ausdrucksvoll und auffallend, dass er kaum seinen Blick von ihnen abwenden konnte. Denn in ihnen las er all das, was ihm ihre ehrliche und schnoddrige Art nicht verriet.

Und im Gegensatz zu ihrer Wahlschwester errötete Romi häufig. Zumindest in seiner Gegenwart. Auch das verriet ihm eine Menge.

„Ich verstehe einfach nicht, wie du überhaupt in Betracht ziehen konntest, sie zu heiraten.“ Traurig fuhr sich Romi mit der Hand über den Mund. Diese Geste verriet, dass sie wünschte, diese Worte nicht ausgesprochen zu haben.

„Ich habe lediglich mit dem Gedanken gespielt. Aber Madison war zu keinem Zeitpunkt an mir als zukünftigem Ehemann interessiert. Das war mir bereits klar, bevor ich ihr einen formalen Antrag machen konnte.“

„Und woher weißt du das?“

„Madison Archer mag ihre Gefühle besser verbergen können als du, aber es bestand kein Zweifel daran, dass es nur einen Mann im Konferenzraum gab, der annähernd die Chance hatte, den von ihrem Vater aufgesetzten Vertrag zu erfüllen.“

Romi lächelte vor sich hin. „Sie sind ein gutes Team.“

„Hoffentlich.“ Viktors und Madisons Verlobung war bereits offiziell bekannt gegeben worden. Und das Datum für die Hochzeit stand auch schon fest.

Obwohl er Madison Archer nur flüchtig kannte, mochte und respektierte Maxwell sie. Und Viktor zählte er zu seinen wenigen Freunden, obwohl es nach außen so wirkte, als seien sie seit vielen Jahren Konkurrenten.

Da es für ihn unübersehbar war, dass sich die beiden auf eine gemeinsame Zukunft freuten und verliebt ineinander waren, hoffte er, dass sich ihre Wünsche erfüllten.

Er selbst glaubte nicht an die Liebe. Eine Ehe war für ihn nur ein Vertrag unter vielen, der zum Vorteil beider Partner eine bestimmte Laufzeit hatte.

Von Kindheit an hatte ihm seine Mutter Natalya immer wieder eingeschärft, dass romantische Beziehungen zum Scheitern verurteilt waren und die Liebe das größte Märchen von allen sei.

Sie glaubte an Maxwell und hatte ihn immer darin bestärkt, alles erreichen zu können, was er sich in den Kopf setzte. Gefühlen sollte er jedoch niemals nachgeben. Sie schwächten alle Beteiligten nur und lenkten sie vom Wesentlichen ab.

Maxwell wusste nicht, woher seine Mutter ihre Lebensweisheiten bezog, aber er hatte seine eigenen Erfahrungen gemacht und schon früh entdeckt, dass sie recht hatte.

Sehr zum Missfallen ihrer Verwandten hatte Natalya Russland verlassen, um in Amerika einen Neuanfang zu wagen. Und klug ausgewählte, wechselnde Partner hatten ihr immer weitergeholfen und ihr das Leben angenehm gemacht.

Die flüchtigen Männergeschichten seiner Mutter hatten ihn eines gelehrt: Wer an die ewige Liebe glaubte, war ein Narr.

Nur einmal hatte Natalya einen Mann in ihr Leben gelassen, der wie ein Vater für Maxwell gewesen war.

Drei Jahre lang war er bei seinen Freizeitaktivitäten aufgetaucht und hatte ihm erklärt, was ein amerikanischer Junge wissen musste. So wie seine Mutter ihm die russische Kultur nähergebracht hatte.

Doch dann war Carlyles Ehefrau wieder auf der Bildfläche erschienen, mit seinen leiblichen Kindern, und Maxwell hatte den Mann nie wiedergesehen. Natalyas Strahlen war erloschen, die Entschlossenheit jedoch, Maxwell jede nur mögliche Chance in Amerika zu bieten, blieb davon unberührt.

„Madison hat mir erzählt, dass dich Perrys Behauptungen fasziniert haben.“ Stirnrunzelnd versuchte Romi in seinem Blick zu lesen.

Abrupt aus seinen Gedanken gerissen, brauchte Maxwell einen Augenblick, um in die Wirklichkeit zurückzukehren. „Du weißt doch, dass ich im Bett gern die Kontrolle habe.“

Bei ihren ersten sexuellen Annäherungen hatte er mit dieser Vorliebe nicht hinterm Berg gehalten. „Ich verspüre kein Verlangen, mit ihr zu schlafen, daher hatte meine Faszination nichts mit meiner Vorliebe für Kontrolle zu tun.“

„Aha.“ Romi blickte ihn verwirrt an. „Was war es dann?“

„Mich interessierte, dass ausgerechnet Perry so etwas behauptete.“

„Je anzüglicher die Geschichte, desto mehr zahlen die Zeitungen dafür“, bemerkte Romi zynisch.

„Perry Timwater ist zu solchen Sexspielen gar nicht in der Lage“, erwiderte Maxwell höhnisch.

„Woher willst du das wissen?“

„Ich bin ihm begegnet. Er hat weder das Selbstbewusstsein noch das Gespür für die Bedürfnisse anderer, um solch einer Rolle gerecht zu werden.“

„Ich bin mir sicher, dass er ein selbstsüchtiger Liebhaber ist“, stellte Romi auf ihre übliche direkte Art fest. „Als Madison noch mit ihm zusammen war, war er sehr selbstsüchtig.“

„Da hast du wahrscheinlich recht.“

Romi Grayson amüsierte ihn, obwohl sie das natürlich gar nicht beabsichtigte. Er fand sie faszinierend, weil er sie begehrenswert und rätselhaft zugleich fand.

Und das war etwas Neues für Maxwell.

Das Geheimnis seines beruflichen Erfolgs war seine gute Menschenkenntnis. Er verstand es, die Bedürfnisse anderer zu erkennen und für sich zu nutzen, ohne gegen seine Auffassung von Ehre und Anstand zu verstoßen.

Vermutlich war seine Definition dieser Begriffe nicht so klar und schillernd wie Viktors, aber auch er hatte Prinzipien.

Romis wechselhafte Natur verwirrte ihn. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie sein Angebot über eine monogame Beziehung auf Zeit ablehnen würde. Noch unerklärlicher war ihm, dass sie sein Vorschlag offensichtlich verletzt hatte. Diese Vorstellung behagte ihm nicht.

„Was genau hat deine Neugier geweckt?“

„Denk nach!“, stichelte er und fragte sich, wie gut sie ihn bereits kannte, obwohl sie nur kurze Zeit miteinander ausgegangen waren.

Sie hielt inne und überlegte. Jeden anderen hätte dies bei ihrer aufbrausenden und impulsiven Art gewundert, aber dieser Eindruck täuschte. Sie tat selten etwas, ohne nachzudenken.

„Du bist der neugierigste Mann, den ich kenne. Die Situation ergab für dich keinen Sinn. Und das kennst du nicht, daher wolltest du der Sache auf den Grund gehen.“

Er nickte, nicht wirklich überrascht, dass sie seine Motive so rasch durchschaute. Sie studierte ihn so gründlich, wie er jeden seiner Konkurrenten im Laufe seiner beruflichen Laufbahn analysierte.

„Die Geschichten kamen mir seltsam vor“, gab ihr Maxwell recht. „Obwohl Madison und du die Öffentlichkeit sucht, ist keine von euch für sexuelle Ausschweifungen bekannt.“

Auf diesen Gedanken hätte er schon kommen können, bevor er ihr das Arrangement vorgeschlagen hatte. Dann wäre ihm klar geworden, warum ihr Sexualleben nie Thema in der Presse war – weil sie keins hatte.

Daher war sie nicht offen für die Art von Liaison, die Maxwell normalerweise mit seinen Geliebten aushandelte.

Wollte er Romi, musste er sich eine Lösung überlegen, mit der sie beide leben konnten. Und das letzte Jahr ohne hatte ihm deutlich vor Augen geführt, dass momentan keine andere Frau für ihn infrage kam.

Selbst wenn sein Plan nicht ganz fair war, nahm seine Ehre dies in Kauf.

Er musste sie haben. Punkt.

Autor

Lucy Monroe
<p>Die preisgekrönte Bestsellerautorin Lucy Monroe lebt mit unzähligen Haustieren und Kindern (ihren eigenen, denen der Nachbarn und denen ihrer Schwester) an der wundervollen Pazifikküste Nordamerikas. Inspiration für ihre Geschichten bekommt sie von überall, da sie gerne Menschen beobachtet. Das führte sogar so weit, dass sie ihren späteren Ehemann bei ihrem...
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