Verlobt mir einer anderen?

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Der Milliardär Payne Sterling hat Rainey in sein luxuriöses Haus auf Long Island eingeladen. Die junge Künstlerin fühlt sich so stark zu dem sympathischen Mann hingezogen, dass sie ihn wider besseren Wissens besucht. Denn sie weiß, dass sie nicht schwach werden darf, da Payne mit der jungen Diane verlobt ist. Aber warum hat er sie gebeten, ihn zu besuchen? Spürt auch Payne, dass sie etwas ganz Besonderes verbindet? Als er Rainey auf seinem Leuchtturm zärtlich küsst, gerät sie stark in Versuchung, ihren Gefühlen nachzugeben...


  • Erscheinungstag 09.09.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733753139
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Onkel Payne?“

Payne Sterling saß an seinem Laptop und sah auf, als seine Lieblingsnichte Catherine in das Arbeitszimmer stürmte. Ihre Füße schienen den Boden kaum zu berühren.

Seine Verlobte folgte langsam im Rollstuhl. Beide Frauen waren offenbar über irgendetwas entsetzt.

„Das musst du unbedingt sehen!“ Catherine schien außer sich zu sein und warf ein Taschenbuch in seine Richtung.

„Vorsicht, Liebes.“ Payne fing es auf und betrachtete es aufmerksam. Es war der Roman Manhattan Merger von Bonnie Wrigley. Das Titelbild zeigte einen Mann und eine Frau, die am Fenster eines Büros standen. Im Hintergrund war die Skyline von Manhattan zu erkennen.

Aber es waren nicht irgendein Mann und nicht irgendein Büro, wie Payne bei näherer Betrachtung zu seiner Überraschung feststellte. Obwohl es kein Foto war, hatte er das Gefühl, in einen Spiegel zu schauen. Er konnte es nicht glauben.

„Versprich mir, meiner Mutter nicht zu verraten, dass ich solche Romane lese, Onkel Payne. Schon seit einem Jahr ist mir aufgefallen, dass einige der Männer auf den Titelbildern Ähnlichkeit mit dir haben. Aber das hier bist ganz eindeutig du.“ Catherines Stimme klang ganz aufgeregt. „Der Mann hat sogar dieselbe Frisur wie du.“

Das sehe ich auch, dachte Payne.

„Sie hat recht, Payne“, rief Diane beunruhigt aus. „Dieser Mann hat deine Statur, dasselbe dunkelbraune Haar wie du und denselben Haarschnitt. Und seine Augen sind so blau wie deine. Deshalb habe ich Catherine gesagt, sie solle dir das Buch zeigen.“

Beide Frauen waren blass geworden.

„Der Mann ist im selben Stil gekleidet wie du, Onkel Payne. Und der Blick aus dem Fenster deines Büros entspricht genau dem auf dem Titelbild. Die Person, die das gemalt hat, muss viel wissen von dir. Hier das Gemälde!“ Sie wies auf das Bild. „So eins hängt in deinem Büro. Und auf deinem Schreibtisch steht auch das Foto einer Bulldogge.“

Das war Payne sogleich aufgefallen, aber er hatte geschwiegen, um die beiden Frauen nicht noch mehr zu beunruhigen.

Er blickte seine fünfzehnjährige Nichte an, die dasselbe hellblonde Haar hatte wie seine Schwester. „Hast du das Buch schon gelesen?“

„Nein. Als ich es Diane gezeigt habe, haben wir beschlossen, damit sogleich zu dir zu gehen.“

„Das war richtig.“

Man behauptet, jeder Mensch hätte mindestens einen Doppelgänger, überlegte er. Vielleicht war das alles nur ein Zufall. Doch nach dem, was im vergangenen Jahr in der Weihnachtszeit geschehen war, wollte er kein Risiko eingehen.

„Wo kaufst du diese Bücher, Catherine?“

„Eines der Mädchen liest sie und gibt sie dann mir. Später bekommt sie diese von mir zurück.“

„Welches Mädchen?“

„Nyla.“

„Catherine sollte solche Bücher nicht lesen, Payne“, erklärte Diane. „Wahrscheinlich hat die Person, die für die Titelbilder verantwortlich ist, zu viele Schundromane gelesen und kann nicht mehr zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden.“

„Das sind keine Schundromane, sondern interessante Liebesgeschichten“, entgegnete Catherine ruhig. „Ich finde sie herrlich. Man lernt dadurch immer neue Schauplätze kennen. Wenn du oder meine Mom euch jemals die Zeit nehmen würdet, einen dieser Romane zu lesen, wärt ihr begeistert.“

Diane blickte sie missbilligend an.

„Bitte, Onkel Payne, sei nicht böse auf Nyla. Ich möchte nicht, dass sie jetzt Schwierigkeiten bekommt. Sie war es, die mir als Erste geraten hat, dir das Bild zu zeigen. Wenn du es Mom oder Dad sagst, schicken sie mich während ihres nächsten Urlaubs zu meinen Großeltern. Vielleicht verliert Nyla sogar ihren Job.“

Er schüttelte den Kopf. „Ich tue nichts, was ihren Job gefährdet. Im Gegenteil, ich möchte mich bei Nyla dafür bedanken, dass sie dich in deiner Freude am Lesen unterstützt. Dadurch ist dir etwas aufgefallen, was möglicherweise wichtig ist. Ich muss der Sache nachgehen.“

Diane fing an zu zittern. „Es könnte wieder so eine verrückte Frau sein, die dich heimlich verfolgt hat. Sie muss in deinem Büro gewesen sein, Payne. Ich habe Angst um dich.“

Seine Verlobte hatte auch allen Grund, besorgt zu sein.

Vor beinah sechs Monaten hatte die Kugel einer unzurechnungsfähigen Verehrerin, die für Payne bestimmt gewesen war, Diane getroffen. Seitdem war sie an den Rollstuhl gefesselt, vielleicht für immer.

Schuldbewusst ging Payne um den Schreibtisch herum, kniete sich neben sie und nahm ihre Hand. „Momentan weiß ich nicht, was ich glauben soll. Aber wenn das wieder so eine Verrückte ist, werde ich sie finden. Ihr beide bleibt hier. Ich bin bald zurück.“

Er richtete sich auf, streichelte seiner Nichte die Wange, griff nach dem Buch und eilte aus dem Arbeitszimmer seines Schwagers. Wenige Minuten später entdeckte er Nyla in der Küche, wo sie mit den anderen Hausangestellten Kaffee trank.

Als er ihr den Roman zeigte und fragte, wo sie ihn gekauft habe, wurde ihre Miene ernst. „Ich bin Mitglied in einem Buchclub. Aber man kann diese Romane auch gebraucht hier im Dorf in einer antiquarischen Buchhandlung kaufen. Sie heißt ‚Candle Glow Books‘. Die Leute dort haben eine große Auswahl.“

„Danke, Nyla.“

„Ich habe Ihr Gesicht schon auf anderen Titelbildern gesehen. Doch entweder waren Ihre Augen anders oder die Haarfarbe. Die Ähnlichkeit des Mannes auf diesem Titelbild hier mit Ihnen war jedoch zu auffallend. Deshalb habe ich Catherine geraten, es Ihnen zu zeigen. Auch der Held des Romans hat mich an Sie erinnert.“

Auch das noch, dachte Payne und rief sogleich über sein Handy einen der Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts an. Er bat ihn, ihn auf der Rückseite des Hauses seiner Schwester zu treffen.

Payne war jetzt dreiunddreißig. Seit seinem siebzehnten Lebensjahr war er das Opfer eines halben Dutzends von Übergriffen irgendwelcher unzurechnungsfähiger Verehrerinnen gewesen, die durch Polizeieinsätze beendet worden waren.

Aber im vergangenen Jahr war es einer psychisch gestörten Frau zwischen Weihnachten und Neujahr gelungen, auf das streng bewachte Gelände der Sterlings in South Fork auf Long Island zu gelangen. Ob sie von der Seeseite gekommen oder an den Wachposten am Tor vorbeigeschlüpft war, hatte man nie herausgefunden.

Die Sterlings hatten die Wylies zum Abendessen eingeladen, nachdem sie am Vormittag bei ihnen zum Brunch gewesen waren. Die Wylies wohnten an der North Shore von Long Island und waren seit vielen Jahren mit den Sterlings befreundet.

Vor den Weihnachtsfeiertagen hatte Payne viel Zeit in seinem Büro verbracht, um in Ruhe die Arbeit zu erledigen, die liegen geblieben war. Eines Tages hatte seine Mutter ihn angerufen und sich darüber beschwert, dass er den Brunch bei den Wylies versäumt hatte. Sie bat ihn, wenigstens zum Abendessen zu kommen und Diane mitzubringen, die in die Stadt gefahren war, um einzukaufen.

Da er wusste, wie wichtig diese Einladungen für seine Mutter waren, versprach er, zu kommen und Diane mitzubringen. Als er dann mit Diane auf den überdachten Eingang des Hauses seiner Eltern zugegangen war, war die psychisch gestörte Frau aus dem Gebüsch gesprungen. Sie war ungefähr dreißig Jahre alt und behauptete, Payne zu lieben. Wenn sie ihn nicht haben könnte, sollte auch keine andere Frau ihn haben.

Payne bemerkte das Aufblitzen von Metall gerade noch rechtzeitig, um Diane zur Seite zu stoßen, ehe der Schuss losging. Aber die Frau hatte schlecht gezielt. Zu Paynes Entsetzen traf die Kugel Diane in den Rücken, ehe er die Frau überwältigen konnte. Dieses schreckliche Ereignis hatte ihrer aller Leben verändert.

Diane klammerte sich auf der Fahrt ins Krankenhaus an ihn. Vor lauter Angst, sterben zu müssen, gestand sie ihm, wie sehr sie ihn brauchte und wie sehr sie ihn schon immer geliebt habe.

Er hatte nicht geahnt, was sie für ihn empfand. Es hatte ihn auch nie interessiert. In dem Moment war es für ihn völlig unwichtig, denn er hätte sie in dem Zustand, in dem sie sich befand, sowieso nicht allein gelassen.

Einige Monate später konnte sie immer noch nicht wieder laufen, obwohl sie noch Gefühl in den Beinen hatte. Die Ärzte hatten alles getan, was sie konnten, und ihr vorgeschlagen, in eine Klinik in die Schweiz zu fliegen, die sich auf solche Fälle spezialisiert hatte und mit ihren Behandlungsmethoden beachtliche Erfolge erzielte.

Aber Diane weigerte sich, überhaupt darüber nachzudenken. Sie war untröstlich und befürchtete, man könnte ihr sowieso nicht helfen. Schließlich entschloss Payne sich, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Er hoffte, sie wäre dann eher bereit, die Hilfe zu suchen und anzunehmen, die sie brauchte.

Es veränderte sich jedoch nichts. Im Gegenteil, nach der Verlobung zog sie sich noch mehr von allen und allem zurück und ließ kaum noch mit sich über die Möglichkeit reden, in die Schweiz zu fliegen. Am schlimmsten war, dass sie eine geradezu irrationale Angst vor neuen Übergriffen entwickelte.

Um sie zu beruhigen, hatte er weitergehende Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die sie und ihre Familie und auch alle Mitglieder und Angestellten seiner eigenen Familie schützen sollten. Seine Verlobte stand jetzt rund um die Uhr unter Personenschutz.

Payne selbst ließ sich von vier Leibwächtern begleiten, wenn er geschäftlich unterwegs war. Zu seinem Büro in Manhattan flog er mit dem Hubschrauber. Für Geschäftsreisen nach Übersee benutzte er seinen Privatjet. Auf Long Island ließ er sich von einem der Leibwächter in seiner gepanzerten Limousine mit getönten Scheiben umherfahren.

Auf der Fahrt nach Oyster Bay zu der antiquarischen Buchhandlung zeigte er Mac, einem ehemaligen Mitglied der US Navy, der seit drei Jahren sein persönlicher Leibwächter war, das Buch. „Was hältst du davon?“

Mac warf einen Blick auf das Titelbild und pfiff leise. Dann sah er Payne verblüfft an und gab es ihm zurück. „Wie kommt es, dass du darauf abgebildet bist?“

„Das muss ich herausfinden.“

Während der Fahrer die Buchhandlung Candle Glow Books suchte, blätterte Payne in dem Buch. Red Rose Romance Publishers, Inc., Second Avenue, New York, New York lauteten Name und Anschrift des Verlags, der ihm völlig unbekannt war. Doch die Straße lag östlich des Central Parks in der Nähe des Restaurants „Turtle Bay Grill“, wo er oft mit ausländischen Gästen aß.

Das Buch war erst vor zwei Monaten erschienen. Was bedeutete, dass derjenige, der für das Titelbild verantwortlich war, ihn schon lange vor diesem Zeitpunkt gekannt haben musste. Bei vielen Verlagen dauerte es drei Jahre oder länger, ehe die Bücher in Druck gehen konnten.

„Alle Charaktere, Namen und Ereignisse in diesem Buch sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig“, las er und verzog das Gesicht. Dann drehte er das Buch um und las die Kurzfassung der Inhaltsangabe.

„Der mächtige, attraktive New Yorker Multimillionär Logan Townsend verbirgt ein schmerzliches Geheimnis vor seiner Verlobten und seiner Familie. Als er in den Canyonlands im Westen Amerikas in einen Unfall verwickelt wird, entdeckt die Ärztin Dr. Maggie Osborn dieses Geheimnis. Ohne sein Wissen begibt sie sich in Lebensgefahr, um sein Leben zu retten. Erst als Logan nach New York zurückkehrt, erfährt er, was Maggie ihm verheimlicht hat. Während er im Begriff ist, das wichtigste Geschäft seines Lebens abzuschließen, fühlt er sich zwischen Pflicht und Verlangen hin und her gerissen“, stand auf der Rückseite des Einbands.

Payne war zutiefst betroffen. Er war überzeugt, dass nichts in diesem Buch ein Zufall war. Am liebsten hätte er jede Seite einzeln herausgerissen. Er beherrschte sich jedoch.

Sam, der Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts, der am Steuer saß, hielt schließlich vor der Buchhandlung an. Die beiden Leibwächter John und Andy sprangen aus dem Wagen und eilten in das Geschäft. In wenigen Minuten war Geschäftsschluss an diesem Abend im Juni. Da Payne Aufsehen vermeiden wollte, hätte er kaum einen günstigeren Zeitpunkt wählen können.

Nachdem man ihm bedeutet hatte, es sei alles in Ordnung, ging Payne in den Laden. Mac folgte ihm. Der große Raum hatte einige gemütliche Ecken und viele enge Durchgänge. Die bis zur Decke reichenden Regale waren mit Büchern voll gestopft. Es war zweifellos ein Paradies für Liebhaber von Taschenbüchern.

Die Miene der älteren Frau an der Kasse hellte sich auf, als Payne hereinkam. „Guten Abend, Mr. Sterling. Ich bin Alice Perry. Was für eine Ehre, Sie in meinem Geschäft begrüßen zu können.“

Er ergriff ihre ausgestreckte Hand. „Guten Abend, Mrs. Perry.“

„Was kann ich für Sie tun?“

Er gab ihr das Buch, und sie warf einen kurzen Blick darauf. „Ich wusste doch, dass Sie der Mann auf dem Titelbild sind“, rief sie aufgeregt aus. „Alle, die es gelesen haben, reden von nichts anderem mehr.“

Payne stöhnte insgeheim auf. „Meine Nichte hat mir erzählt, es gäbe noch mehr Romane, auf deren Titelbildern ich abgebildet bin.“

„Oh ja, das stimmt“, antwortete die Frau. „Aber dieser hier …“

Offenbar hatten Catherine und Nyla nicht übertrieben.

„Momentan gibt es weit und breit kein einziges Exemplar von Manhattan Merger mehr zu kaufen. Das Telefon läutet den ganzen Tag, die Nachfrage nach diesem Buch ist unglaublich groß. Ich habe je ein Exemplar dieses Romans und der anderen Romane, auf deren Titelbildern Sie abgebildet sind, für meine Tochter, die mir im Laden hilft, und mich zurückgelegt. Würden Sie sie für uns signieren?“

„Das würde ich gern tun, wenn ich damit einverstanden gewesen wäre, dass man mich auf den Titelbildern abbildet.“

Ihr verging das Lächeln. „Das verstehe ich nicht.“

„Ich auch nicht, Mrs. Perry. Deshalb bin ich hier. Ich möchte das Geheimnis lüften.“

„Wollen Sie damit sagen, dass man Ihr Bild ohne Ihr Wissen veröffentlicht hat?“

„Ich weiß nicht, was los ist, aber ich werde es herausfinden.“ Payne konnte seinen Ärger nur mühsam unterdrücken. „Können Sie mir bitte die anderen Bücher zeigen?“

„Ich habe nur noch vier übrig. Am Freitag kommt ein Buchhändler aus Connecticut. Er ist Sammler und will mir pro Stück fünftausend Dollar bezahlen. Moment, ich hole sie.“

„Nur fünftausend?“, fragte Mac scherzhaft, als die Frau verschwunden war.

Payne ging zu einem der Regale. Unter der Rubrik „Detektivromane“ war es voll gestopft mit Romanen der verschiedensten Autoren, die alphabetisch geordnet waren. Er zog wahllos ein Buch heraus und betrachtete die Titelseite, auf der eine Londoner Geschäftsstraße abgebildet war. Dann stellte er den Roman wieder an seinen Platz.

„Hier“, verkündete in dem Moment Mrs. Perry und legte die vier Bücher auf den Ladentisch.

Payne sah sich die Titelseiten genau an. Kein Zweifel, auf allen war sein Gesicht abgebildet. Auf dem Einband von „Roald’s Bride“ sah er aus wie ein Skandinavier mit langem weißblonden Haar, braunen Augen und kräftigen Muskeln. Auf dem von „Her Prince of Dreams“ stellte er einen kastilischen Prinzen in königlicher Robe mit schwarzem Haar und dunklen Augen dar, und „Undercover Love“ zeigte ihn als Royal Canadian Mountie in roter Uniform. Auf dem Titelbild von „The Star Grazer“, des vierten Buchs, stellte er einen Mann aus der Zukunft mit kastanienbraunem Haar und braunen Augen dar.

Auf allen Titelseiten hielt der Mann eine Frau im Arm. Offenbar war ein und derselbe Künstler für diese Bilder verantwortlich. Alle vier Romane waren im Lauf des vergangenen Jahres von dem Verlag Red Rose Romance Publishers herausgegeben worden.

„Wie viele Taschenbuchverlage gibt es denn?“, fragte er Mrs. Perry.

„Mehrere Dutzend in der ganzen Welt. Aber die Taschenbücher, die ich verkaufe, kommen fast alle aus den USA, England und Kanada. Red Rose gibt jährlich die meisten Taschenbücher heraus.“

„Ist Ihnen mein Gesicht auch auf Büchern anderer Verlage aufgefallen?“

„Nein.“

„Zeigen Sie mir bitte, wo die Unterhaltungs- und Liebesromane stehen?“

Mrs. Perry lachte. „In allen Regalen außer bei den Detektiv- und Science-Fiction-Romanen hier vorne.“

Payne versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie schockiert er war. „Okay, dann beginnen wir am besten mit den Büchern von Red Rose Publishers.“

„Die fangen hier an“, erwiderte die Frau und wies auf die erste Reihe von Regalen, „und hören ganz dahinten am anderen Ende des Ladens auf.“

„Wie bitte?“ Er blickte sie ungläubig an. „Das sind alles Romane von Red Rose?“

„Ja. In dem Verlag erscheinen neun verschiedene Reihen. Ich führe nur die Ausgaben in Englisch, aber die Bücher werden in über hundert Sprachen übersetzt.“

Er fragte sich, wie oft Catherine hier gewesen sein mochte, ohne dass ihre Mutter es ahnte. Payne liebte seine Schwester Phyllis sehr, aber genau wie seine Mutter war sie in gewissen Dingen ziemlich streng.

Sie war eine Intellektuelle und interessierte sich für Kunst, Musik und Literatur. Payne bezweifelte, dass sie jemals einen Liebesroman gelesen hatte. Lehnt Diane etwa solche Romane auch grundsätzlich ab? überlegte er. Vielleicht hatte sie ja als Teenager welche gelesen und wollte es nicht zugeben. Zu gern hätte Payne es gewusst. Es würde sie sympathischer machen, wenn sie wie Catherine etwas Verbotenes getan hätte und es offen zugab.

„Seit wann gibt es diese Romane?“

„Der Verlag existiert seit ungefähr vierzig Jahren“, antwortete Mrs. Perry.

Seit vierzig Jahren? Payne betrachtete die vielen Bücher. Es musste ein angesehener Verlag sein, sonst hätte er sich nicht so lange gehalten.

„Die Bücher sind nach den verschiedenen Reihen geordnet. Es gibt etwas für jeden Geschmack“, fügte sie hinzu. „Sie können sich gern alles in Ruhe ansehen.“

„Danke.“ Da ihm die Frau die Bücher, auf deren Titelseiten sein Gesicht abgebildet war, schon herausgelegt hatte, war es für Payne sinnlos, sich noch mehr anzusehen.

Er nahm jedoch von jeder Reihe ein Buch aus den Regalen und betrachtete die Umschlagseiten. Alle Bilder waren gemalt, man benutzte offenbar keine Fotografien. Er legte sie auf den Ladentisch.

„Die neun Bücher kaufe ich. Und die vier, die Sie für sich zurückgelegt haben, möchte ich gern für vierundzwanzig Stunden ausleihen.“ Er nahm seine Kreditkarte aus der Brieftasche. „Setzen Sie zwanzigtausend Dollar auf die Rechnung. Sie können sie mir gutschreiben, sobald ich die Romane zurückgebracht habe.“

Mrs. Perry schüttelte den Kopf. „Ich glaube Ihnen, dass Sie alle zurückbringen, Mr. Sterling. Ich werde sie nicht berechnen.“

„Danke.“ Er steckte die Kreditkarte wieder ein und zog eine Hundertdollarnote hervor. „Sie haben mir sehr geholfen“, sagte er und schob den Geldschein über den Ladentisch. Als sie ihm das Restgeld herausgeben wollte, wehrte er ab.

„Das ist zu viel, Mr. Sterling“, protestierte die Frau.

„Tun Sie mir den Gefallen, behalten Sie es“, erwiderte er lächelnd.

„Gut, wie Sie wollen. Es ist sehr aufregend, das berühmteste Mitglied der Familie Sterling auch einmal kennen zu lernen.“

Solche und ähnliche Kommentare hatte Payne schon oft gehört. Es würde nichts nützen, die Frau darauf hinzuweisen, dass es nicht sein Verdienst war, als Kind reicher Eltern geboren zu sein. Außerdem stand er jeden Morgen früh auf, arbeitete hart und viel, litt und quälte sich genauso herum wie alle anderen Menschen auch.

„Ich hoffe sehr, es stellt sich heraus, dass das alles nur ein Missverständnis ist“, sagte Mrs. Perry.

„Ja, das hoffe ich auch.“ Sonst beginnt ein neuer Albtraum, fügte er insgeheim hinzu.

Mrs. Perry packte die Bücher ein und reichte ihm dann die Tragetasche.

„Vielen Dank, Mrs. Perry. Sie bekommen sie zurück, darauf können Sie sich verlassen“, versprach er. „Lass uns gehen“, fügte er dann an Mac gewandt hinzu.

Als sie wieder im Wagen saßen, rief er seinen Rechtsanwalt Drew Wallace an und besprach die Situation mit ihm. Sie vereinbarten, sich nach Drews Mittagessen mit einem wichtigen Klienten in Crag’s Head zu treffen.

Payne war froh, dass Drew so kurzfristig zu ihm kommen konnte, und erklärte, er würde ihn mit dem Hubschrauber abholen lassen.

Nach seiner Rückkehr entdeckte er Diane hinter dem Haus. Sie saß auf der Terrasse und blätterte in einem Hochzeitsmagazin. Catherine war mit dem Hund, einem Golden Retriever, beschäftigt.

Obwohl er alle seine Nichten und Neffen gern hatte, war ihm Catherine ganz besonders ans Herz gewachsen. Sie zeigte viel Mitgefühl für Tiere und die Schwachen und Benachteiligten dieser Gesellschaft. Von allen Kindern seiner Schwester hatte Catherine am meisten unter dem Tod ihres Bruders Trevor gelitten, der an Leukämie gestorben war. Payne konnte sich gut vorstellen, dass sie später einmal ihr Erbe für Forschungszwecke ausgeben würde, um mitzuhelfen, ein Medikament gegen diese Krankheit zu entwickeln.

Seit dem tragischen Ereignis im Dezember kümmerte sie sich sehr um Diane. Catherine war fest davon überzeugt, dass Paynes Verlobte eines Tages wieder laufen könnte. Auch deshalb war ihm Catherine ganz besonders lieb und teuer.

Während seine Schwester Phyllis und ihr Mann Trent mit den drei älteren Kindern in Urlaub gefahren waren, half Catherine auf eigenen Wunsch Diane und ihrer Mutter bei den Vorbereitungen für die Hochzeit. Sie sollte am ersten August stattfinden.

Payne hatte sich den ganzen August freigehalten, um mit Diane in die Schweiz zu fliegen. Davon wusste sie jedoch noch nichts. Er hatte vor, die Flitterwochen mit ihr in der Spezialklinik zu verbringen. Man hatte dort schon viele Patienten geheilt, die ähnliche Verletzungen erlitten hatten wie Diane. Deshalb musste er sie dazu bringen, sich in dieser Klinik behandeln zu lassen. Dazu war er fest entschlossen.

Er reichte Mac die Tragetüte, ehe er auf seine Verlobte zuging. Obwohl ihr Blick immer noch ängstlich wirkte, lächelte sie, als sie Payne sah. Er küsste sie flüchtig auf die Lippen. Leider musste er sie enttäuschen und konnte ihr nichts Konkretes berichten.

„Ich werde mit meinem Rechtsanwalt über die Titelbilder reden. Etwas Neues habe ich nicht erfahren. Es tut mir leid, aber wir können heute nicht zum Abendessen nach New York fliegen.“

„Das habe ich mir schon gedacht.“

„Drew kommt nachher zu mir.“

„Gut.“

„Ich rufe dich an, sobald er wieder weg ist. Sam kann dich nach Hause fahren.“

Er schob den Rollstuhl zu der Limousine. Dann hob er Diane hoch und setzte sie auf den Rücksitz. Catherine kam mit dem Hund angerannt, um sich zu verabschieden, während John den Rollstuhl zusammenklappte und im Kofferraum verstaute.

„Vergiss nicht, mir zu berichten, was Drew gesagt hat.“

Wieder einmal wurde ihm bewusst, wie sehr sie darunter leiden musste, dass sie ihre Beine nicht mehr bewegen konnte. Obwohl er den Schuss nicht abgefeuert hatte, fühlte er sich verantwortlich für Dianes Behinderung.

„Du weißt, dass du dich auf mich verlassen kannst.“ Er drückte ihre Hand, ehe er die Wagentür zuschlug.

Das Auto fuhr weg, und Payne ging mit Catherine zum Haus zurück. Dabei legte er ihr den Arm um die Schultern. „Danke, dass du dich um Diane kümmerst.“

„Ich wünsche ihr, dass sie wieder gesund wird.“

„Ja, ich auch.“

„Sie hat sich offenbar eingeredet, sie würde nie wieder laufen können. Aber ich habe ihr gesagt, das sei verrückt, denn sie hat noch Gefühl in den Beinen. Man darf nicht zulassen, dass sie einfach aufgibt. Du musst sie unbedingt mitnehmen zu dieser Klinik in der Schweiz, auch wenn sie es nicht will, Onkel Payne.“

„Das habe ich auch vor“, antwortete er und hielt ihr und dem Hund die Tür auf.

„Als du vorhin zur Buchhandlung gefahren bist, hat sie geweint und erklärt, sie wolle sich nicht noch einmal operieren lassen, man könne ihr sowieso nicht helfen.“

Payne biss die Zähne zusammen. „Wahrscheinlich hat sie sich beim Anblick des Titelbilds an das schreckliche Ereignis erinnert.“

„Umso mehr Grund hat sie, darum zu kämpfen, wieder gesund zu werden“, stieß Catherine hervor. „Ihr Arzt hat jedenfalls nicht gesagt, es sei hoffnungslos. Bei Trevor war es das“, fügte sie traurig hinzu.

„Ja, da hast du recht.“ Er küsste sie auf die Stirn. „Ich mag dich sehr. Du bist ein sehr liebevoller Mensch. Als deine Eltern mich gebeten haben, mich um dich während ihres Urlaubs in Mexiko zu kümmern, habe ich gern Ja gesagt. Weißt du was, ich nehme dich und Diane morgen Nachmittag mit zum Segeln.“

„Sie segelt nicht gern.“

Payne hatte das Gefühl, irgendetwas sei zwischen seiner Nichte und Diane vorgefallen. „Was ist los, Liebes?“

„Nichts“, erwiderte Catherine ruhig.

„Mir kannst du doch nichts vormachen.“

Seine Nichte sah ihn mit ihren schönen blauen Augen an. „Diane hat mir Vorwürfe gemacht, weil ich Liebesromane lese. Sie behauptet, es sei Zeitverschwendung und die Stoffe hätten mit dem wirklichen Leben nichts zu tun.“

Payne wollte sich erst ein Urteil darüber erlauben, wenn er Manhattan Merger gelesen hatte. „Nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen. Sie ist momentan etwas deprimiert“, antwortete er deshalb nur.

„Ach, es ist mir ziemlich egal. Aber sie ist schon so, seit ihr verlobt seid.“

Er zog die Augenbrauen zusammen. „Wie?“

„Na ja, es fällt ihr schwer, mich zu ertragen, wenn du nicht da bist.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen, Catherine. Immerhin möchte sie, dass du ihr hilfst, die Hochzeit vorzubereiten.“

„Darum hat sie mich nur gebeten, weil du erwähnt hast, es sei vielleicht eine gute Idee. Ich habe es dir nie erzählt, aber vor zwei Jahren haben Linda und ich herausgefunden, dass sie in dich verliebt war. Auf der Party auf der Yacht am vierten Juli hat sie uns aufgefordert, zu verschwinden und euch beide allein zu lassen.“

Ihm wurde klar, dass seine einfühlsame und scharfsinnige Nichte seine Verlobte besser durchschaute, als er ihr zugetraut hätte. Dass Diane sich für ihn interessierte, war ihm nie aufgefallen. Er hatte zu viele andere Dinge im Kopf gehabt. Wenn er an jenem Abend nicht aus seinem Büro gegangen und nach Hause geflogen wäre … Nein, kein Wenn und Aber konnte das tragische Ereignis ungeschehen machen, das so viele Träume zerstört hatte.

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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