Verwöhne mich mit Zärtlichkeit

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Voll zärtlicher Hingabe liegt die rassige Marissa in den Armen des vitalen Ranchers Jefferson. Mit seinen Küssen führt er sie gekonnt von einer Stufe heißen Verlangens zur nächsten. Nie wird sie dies erste Liebeserlebnis vergessen! Doch schon am nächsten Tag reist sie nach Argentinien, um einen viel älteren Mann zu heiraten. Als Gegenleistung dafür, dass dieser ihrem Vater zu Reichtum verhalf. Vier Jahre später erhält Jefferson einen flehentlichen Brief von Marissa. Der Drogenkönig Menendez hat einen tödlichen Anschlag auf ihren Mann verübt, und auch sie ist in Lebensgefahr. Jefferson holt sie sofort zu sich nach Arizona. Ist sie dort in Sicherheit vor dem Gangster? Und gelingt es Jefferson, erneut in ihr die Leidenschaft zu wecken?


  • Erscheinungstag 06.03.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745981
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Die Wildnis war sein Refugium. Als Junge war er hierher gekommen, um Trost zu finden. Als erwachsener Mann suchte er hier Frieden.

Von seinem Aussichtsplatz zwischen den Ästen eines mit Moos behangenen Baums ließ Jefferson Cade den Blick über die paradiesische Sumpflandschaft schweifen, einen Landstrich, den kaum jemand so gut kannte wie er. Der unberechenbar sein konnte, wie jetzt. Denn während er wartete, wurde die angenehm milde Luft heiß und schwül.

In einem Teich weit unterhalb des Baumhauses sprang ein Fisch hoch und erschreckte ein Rehkitz, das gerade trinken wollte. Lächelnd sah Jefferson dem davonstiebenden Jungtier nach. Doch sein Lächeln verschwand, als er die Frau, auf die er wartete, im Schatten einer Fächerpalme erspähte.

Ihm fiel auf, wie sehr sie sich verändert hatte und doch die Gleiche geblieben war. Als sie vor ein paar Jahren aus Argentinien gekommen war, um in der idyllischen Stadt Belle Terre zu studieren und die Umgangsformen alter Schule zu erlernen, war sie ein junges Mädchen gewesen. Inzwischen war aus dem Teenager, der jagte, fischte und mit Pferden umging wie ein Mann, eine bildschöne Frau geworden. Und seine beste Freundin.

„Marissa.“ Sie konnte ihn nicht gehört haben, doch sie sah zu ihm nach oben. Und als sie zu ihm kam, flüsterte er: „Marissa Claire.“

Eine halbe Stunde später legte Jefferson Stift und Skizzenblock beiseite und setzte sich neben Marissa auf den Boden des Baumhauses. Dabei fragte er sich erneut, was sie wohl auf dem Herzen hatte.

Es war ein merkwürdiges Treffen. Nach einer verhaltenen Begrüßung hatte sie bisher kaum ein Wort gesagt. Zwischen ihnen war eine Unterhaltung nicht immer nötig, doch jetzt fand er ihr Schweigen unerträglich.

Auch wenn sie dalag, als würde sie schlafen, so spürte er doch deutlich ihre Anspannung. Er zupfte an einer ihrer Locken. „He, kleiner Faulpelz, willst du fischen gehen?“

Sie fing seinen Blick auf, sah jedoch gleich wieder weg.

Er hatte sie noch nie so unnahbar erlebt. Es war seltsam, dass sie ihn mittags anrief, um sich hier mit ihm zu verabreden. Seltsam, dass sie ihn kaum begrüßte und sich dann zurückzog. Irgendetwas stimmte nicht. „Was ist los, Marissa? Warum hast du mich gebeten, hierher zu kommen?“

Als sie nur mit den Schultern zuckte, dachte er erneut über sie nach. Sie war Marissa Claire Alexandre. Alle nannten sie Merrie, außer ihm, weil er diese Abkürzung nicht passend fand.

Vor vier Jahren war sie von der Estanzia, dem Landgut ihrer Familie, nach Belle Terre gekommen, weil ihr Vater wollte, dass aus seinem Wildfang unter der Regie von Eden Cade eine gesittete junge Dame wurde. Sie hatte ihre Lektionen perfekt gelernt, jedoch nie ihre Vorliebe fürs Landleben aufgegeben oder ihre Leidenschaft für Pferde.

Am Anfang beruhte ihre Freundschaft darauf, dass sie sich für ihr Talent im Umgang mit Pferden gegenseitig bewunderten. Danach entdeckten sie viele weitere Gemeinsamkeiten. Als aus guten Freunden Vertraute wurden, kam sie mit all ihren Anliegen immer zu ihm.

Aber Marissa war erst einundzwanzig, also acht Jahre jünger als er. Ein Altersunterschied, den er nie vergaß, selbst als aus dem bemerkenswerten jungen Mädchen eine bemerkenswerte Frau wurde – und er, Jefferson Cade, sich unsterblich in sie verliebte. Unsterblich, aber hoffnungslos. Er ertrug es, weil er sich immer wieder sagte, dass Marissa ihn wenigstens als guten Freund liebte.

Doch nur allzu bald würde ihm auch das genommen werden. Denn es war schon lange geplant, dass Marissa nach fünf Jahren in die Heimat ihrer Mutter nach Argentinien zurückkehren würde, um Verpflichtungen zu erfüllen, die sie nicht näher erklärte. Er hatte gelernt, damit zu leben. Ihre gemeinsame Zeit war zu kostbar, um sie mit Trauer über die Zukunft zu verderben. Und wenn er nur Marissas Freundschaft haben konnte, dann würde er eben ihr Freund sein.

Er unterdrückt seine unstillbare Sehnsucht nach ihr und drehte Marissas Kopf zu sich herum. Zu seiner Bestürzung schimmerten Tränen in ihren schönen dunklen Augen. „He, was ist los, Sweetheart? Kann ich dir irgendwie helfen?“

Gebannt sah Marissa Jefferson an, um sich sein attraktives Gesicht für immer einzuprägen. Er hatte nie begriffen, wie unwiderstehlich sein Lächeln war, was für ein unglaublich lieber und netter Mann er war. In all den Jahren ihrer Freundschaft war ihm ihr Dilemma verborgen geblieben. Als er sie aufgefordert hatte, mehr Zeit mit gleichaltrigen Studienfreunden zu verbringen, und damit geneckt hatte, dass sie in der Wildnis mit ihm nie ihren Märchenprinzen finden würde, hatte er nicht ahnen können, dass sie einem viel älteren Mann versprochen war.

Dieses Versprechen musste sie einlösen. Obwohl sie ihren Prinzen genau dort gefunden hatte, wo Jefferson es für unmöglich hielt, würde sie das Wort ihres Vaters halten. Und ihr Herz bei ihrem Märchenprinzen zurücklassen.

Sie nahm seine Hand und presste ihre Wange dagegen. „Es gibt keine Hilfe für einen Tag, der vorherbestimmt ist. Ich wusste ja, dass er kommen würde, wenn auch nicht so bald.“

Er zog ihr den Seidenschal aus dem Haar und ließ ihre dunklen, seidigen Locken durch seine Finger gleiten. „Von welchem Tag sprichst du, Marissa?“

„Von dem Tag, an dem ich mich verabschiede.“

Jefferson hielt inne. „Aber du hast doch noch ein Jahr.“

„So war es vereinbart. Jetzt hat sich das geändert.“ Ihre Stimme zitterte. „Ich muss nach Hause.“

Er verstand nicht, von welcher Vereinbarung sie sprach, fragte aber nur: „Wann?“

Marissa konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. „Ich reise morgen ab.“

Jefferson erstarrte. Dann zog er sie in die Arme. „Nein. Nicht schon morgen.“

Sie schlang die Arme um ihn, ihr Kopf ruhte an seiner Brust über seinem Herzen. Sie würde sich immer an diesen Moment erinnern. Eines Tages würde sie ihren Kindern von diesem bezaubernden Plätzchen erzählen und von dem Mann, der das Baumhaus gebaut hatte.

Falls sie Söhne bekam, würde sie von seinem Mut und seiner Stärke erzählen, seinen Abenteuern und seiner Verbundenheit mit der Wildnis. Falls sie Töchter bekam, würde sie ihnen von seiner Zärtlichkeit und seinem männlichen Gesicht erzählen und sich fragen, ob sie in ihr Herz sähen und die Wahrheit errieten.

Aber all das lag in der Zukunft, und die fing erst morgen an. Bis dahin hatte sie noch diesen einen, letzten Tag mit Jefferson.

Jefferson lockerte die Umarmung und ließ den Blick forschend über Marissas Gesicht gleiten. Dabei sah er, was er sich bisher nicht zu sehen gestattet hatte. Glaubte, was er nicht zu glauben gewagt hatte.

„Gütiger Himmel“, flüsterte er überwältigt.

Marissa wandte sich nicht ab. Diesmal würde sie ihre Gefühle für ihn nicht verbergen.

Jefferson schöpfte Hoffnung. „Geh nicht, Marissa. Bleib bei mir.“

Sie seufzte tief. „Ich kann nicht. Es gibt da einen Mann, dem mein Vater sehr viel verdankt. Als Gegenleistung wurde ich ihm vor langer Zeit versprochen.“

„Ihm versprochen?“ Was immer er erwartet hatte, dergleichen bestimmt nicht. „Liebst du ihn? Habe ich das, was ich gerade in deinen Augen sah, falsch gedeutet?“

Marissa verzieh ihm seinen Ärger. „Ich kenne ihn kaum. Die Verlobung war eine geschäftliche Vereinbarung. Er beschloss, eines Tages zu heiraten, und da wurde ausgemacht, dass ich seine Frau werden sollte.“

„Als Gegenleistung wofür?“ Jefferson packte sie um sie Schultern. „Was hast du von dieser Vereinbarung?“

„Ich habe nichts davon. Aber durch mich können meine Eltern ihr jetziges Leben weiterführen.“

„Dein Leben gegen ihren Lebensstandard?“ Er war fassungslos. „Das hat dein Vater getan?“

Marissa blieb ruhig. „So etwas ist bei den Reichen gang und gäbe. Außerdem war mein Vater verzweifelt. Der Gesundheitszustand meiner Mutter verschlechterte sich. Ihr zuliebe handelte er meinen Aufenthalt in Belle Terre aus. Hier sollte ich auch den nötigen Schliff bekommen, um meinem zukünftigen Mann eine angemessene Frau zu sein. Und wer hätte mir gesellschaftliche Umgangsformen besser beibringen können als Eden? Jetzt ist es für meinen Vater eine Frage der Ehre, seine Schulden schnellstens zu begleichen.“

„Ehre?“ Jefferson war zutiefst empört. Doch Marissa konnte ja nichts dafür. Sie liebte ihre Eltern. Sie war damals so jung gewesen, welche Wahl hatte sie gehabt? Tief im Inneren hatte er Verständnis für sie. Aber das reichte nicht, um seinen Schmerz und seine Wut zu lindern.

„Arrangierte Ehen sind in meiner Heimat und in Familien wie meiner nicht unüblich. Alles, was mein Vater je gekannt hat, ist Reichtum. Selbst ich begriff, so jung ich auch war, je extravaganter der Lebensstil ist, desto schwieriger ist es, sich ein bescheideneres Leben vorzustellen. In deiner Welt ist ein solches Arrangement widerwärtig. In der meines Vaters ist es zum Besten der Familie. Ich könnte mich widersetzen und es ablehnen, sein Versprechen zu halten. Doch weil es meiner Mutter gesundheitlich immer schlechter geht, werde ich es gar nicht erst versuchen.“

Jefferson atmete tief durch. Mit zitternden Fingern streichelte er ihr Gesicht. „Dann sag mir doch, wie ich dir jetzt helfen kann.“

Marissa küsste flüchtig sein Handgelenk. Dann schaute sie ihm in die Augen. „Du könntest mit mir schlafen.“

Ihm stockte der Atem. Sein Puls schlug wie verrückt. „Nein“, hörte er sich sagen, obwohl er sie begehrte wie keine andere. „Du weißt nicht, worum du mich da bittest. Du hast die Konsequenzen nicht bedacht.“

„Du irrst dich, Jefferson. Ich weiß genau, worum ich dich bitte. Und ich habe alle Konsequenzen bedacht. Was in Argentinien von mir erwartet wird, tue ich für meine Familie.“ Zärtlich strich sie mit den Fingerspitzen über seinen Mund. „Dass du mich jetzt liebst, erbitte ich für mich.“

Marissa nahm seine Hand. Er hatte kräftige, von harter Arbeit schwielige und raue, aber schön geformte Hände. „Ist es ein Verbrechen, von einem Mann, dem man etwas bedeutet, in die Liebe eingeführt zu werden? Ist es ein Vergehen, dich zu wollen, Jefferson?“, flüsterte sie.

Jefferson kämpfte darum, einen klaren Kopf zu behalten. „Du …“

„Nicht!“ Sie legte ihm einen Finger auf den Mund. „Sag nicht, dass ich nicht wüsste, was ich will. Du hast vorhin nichts falsch gedeutet, und ich verlange keine ewige Treue von dir. Aber bei meinem ersten Mal möchte ich, dass es deine Hände sind, die ich auf meinem Körper spüre. Unbedingt. Ich kann mein Schicksal nicht ändern. Aber ich kann es besser ertragen, wenn du mir diese Liebesstunde als Erinnerung gibst. Wenn du für eine Weile so tust, als liebtest du mich nicht nur wie eine gute Freundin.“

„Nein.“ Damit meinte er, dass er nicht nur so tun würde. Marissa verstand es nicht so und starrte ihn bedrückt an, als er aufstand. Als er sah, wie sehr seine Antwort sie verletzte, da wusste er, dass er ihr ihre Bitte nicht abschlagen konnte. Oder sich selbst. Er hätte ihr gern noch so vieles gesagt, doch er konnte nicht mehr klar denken. Er wollte sie nur noch lieben.

„Marissa.“ Langsam streckte er die Hand nach ihr aus und suchte dabei ihren Blick. „Nimm meine Hand, Sweetheart. Aber nur, wenn du mich wirklich willst. Nur, wenn du dir ganz sicher bist.“

„Ich bin mir sicher, Jefferson.“ Während sie seine Hand ergriff, ergänzte sie mit fester Stimme: „In meinem ganzen Leben war ich mir noch nie so sicher.“

Als er sie hochzog und in die Arme schloss, dachte er kurz daran, dass vorher noch einiges zu klären war. Doch als er sie dann in den Armen hielt, war jeder Gedanke an Vernunft ausgelöscht, und er gab sich ganz dem Hochgefühl hin, sie zu spüren. Die Schlacht war verloren. Es gab kein Zurück mehr.

Schweigend begann er, sie auszuziehen, und das Ablegen jedes einzelnen Kleidungsstücks wurde zu einer genüsslichen Verführung. Jeder gelöste Knopf, der ihren Körper Zentimeter für Zentimeter enthüllte, war eine einzige Einladung, sie zärtlich zu streicheln, sie verheißungsvoll zu küssen.

Als Marissa nur noch in Muster aus Licht und Schatten gehüllt vor ihm stand und ihr langes dunkles Haar ihre nackten Schultern umspielte, fand er sie schöner, als er es sich je erträumt hatte. Und noch viel begehrenswerter. Schnell zog er sich ebenfalls aus.

Dann nahm er ihre Hände und küsste sie. Sie waren eiskalt. „Hab keine Angst, Marissa.“

Er liebkoste die empfindsame Stelle hinter ihrem Ohr. Als Marissa wohlig aufseufzte, bewegte er die Hände langsam über ihren Hals abwärts zu ihren Brüsten. Seine spielerischen Liebkosungen ließen ihre Knospen zu harten kleinen Perlen werden, die verrieten, dass sie ebenso erregt war wie er.

„Hab keine Angst“, wiederholte er, während er sie behutsam mit sich auf den Boden zog.

„Nicht mit dir, Jefferson“, flüsterte sie. „Nie und nimmer mit dir.“

Jefferson kannte die Liebe. Er wusste, wie man eine Frau verwöhnte und führte Marissa gekonnt von einer Stufe fiebernden Verlangens zur nächsten. Er entdeckte schnell, wo sie am liebsten gestreichelt, geküsst oder mit dem Mund liebkost wurde. Ihr Hunger nach mehr schien grenzenlos, und sie gerieten immer tiefer in den Strudel unendlicher Leidenschaft.

Früher hatte Jefferson Lust genügt. Jetzt begriff er, dass ihm Lust allein nie wieder genug sein würde. Und auch keine andere Frau außer Marissa.

Er hatte nie eine dauerhafte Beziehung gewollt. Jetzt wollte er eine. Stattdessen würde er für Marissa eine wunderbare Erinnerung schaffen, die sie in ihr neues Leben mitnehmen konnte. Und für sich selbst einen Traum. Das einzig Dauerhafte, was er von ihr haben konnte.

Als sie mit vor Verlangen heiserer Stimme seinen Namen keuchte, zählte für Jefferson weder die Vergangenheit noch die Zukunft. Es gab nur noch sie und ihn auf der Schwelle in eine Welt der Sinne, die keiner von ihnen bisher betreten hatte und die sie ohne einander auch nie wieder betreten würden.

Er löste sich von ihr, um sie in diesem Moment anzuschauen. „Sogar das Schaffen einer schönen Erinnerung kann wehtun.“ Er küsste sie liebevoll und schob sich dabei über sie. „Aber nur ganz kurz.“

Mit einem leisen Aufschrei wurden sie eins. Die schwüle Hitze dieses Sommertags tauchte ihre fiebernden Körper in einen silbrigen Schimmer. Nur noch ihre lustvollen Seufzer und ihr raues Stöhnen waren zu hören, als Jefferson mit Marissa die Reise ins Paradies auf Erden begann – während die Welt draußen blieb.

Ein kaum wahrnehmbares Plätschern weckte Jefferson auf. Wie selbstverständlich tastete er nach Marissa. Er war allein. Neben ihm lag nur ihr Schal, den er ihr aus dem Haar gezogen hatte. Er schlüpfte in seine Jeans und ging zur Leiter, die auf den Erdboden hinunterführte.

„Nein“, rief Marissa ihm vom Ufer des Teichs aus zu. „Komm nicht herunter, Jefferson. Ich könnte sonst nicht weggehen.“

„Geh nicht“, bat er inständig, obwohl er wusste, dass es nichts nützte.

Marissa antwortete nicht. Als er vor der ersten Sprosse innehielt, warf sie einen Stein in den Teich. „Der Tag heute und das Fleckchen Erde hier sind wie ein Märchen, und da habe ich den Teich zu einem Wunschbrunnen gemacht und zwei Wünsche hineingetan.“

„Was hast du dir gewünscht, Marissa?“

Mit bittersüßem Lächeln sah sie zu ihm nach oben. „Als Erstes habe ich mir gewünscht, dass du mich nicht vergisst.“

Dieser Wunsch war schon erfüllt. Wie konnte ein Mann eine Frau wie sie vergessen? „Und der zweite Wunsch?“

„Das Unmögliche.“

„Vielleicht muss es das nicht sein, Sweetheart.“

„Du irrst dich, mein Geliebter. Auch wenn ich es mir aus ganzem Herzen gewünscht habe, wie könnten wir uns je wieder sehen?“

Ein Dolchstoß mitten ins Herz hätte nicht schmerzlicher sein können. „Wunschbrunnen gewähren drei Wünsche. Wirst du dir noch etwas wünschen?“

„Ja.“ Sie nahm einen Stein zur Hand.

„Verrätst du mir deinen letzten Wunsch?“

„Nein, diesen Wunsch nicht.“

Jefferson fragte nicht weiter. Und obwohl er wusste, was nach dem Wurf des letzten Steins unweigerlich kommen würde, war er nicht dazu bereit.

„Leb wohl, Jefferson.“ Sie sprach leise, stockend. „Ich werde dich nicht vergessen. Und diesen Tag auch nicht.“

„Marissa.“ Er wartete, bis sie sich umdrehte und ihre Blicke sich trafen. „Falls du mich je brauchst, ich werde für dich da sein.“

„Ich weiß.“ Sie wandte sich erneut zum Gehen.

Jefferson wollte ihr nachrufen, sie noch einmal bitten zu bleiben. Stattdessen schaute er ihr schweigend nach.

Auf der anderen Seite des Teichs blieb sie stehen und hob die Hand. Genau in diesem Augenblick brach das Gewitter los, das in der Luft gelegen hatte, und ein Blitz zuckte über den Himmel, gefolgt von Donnergrollen. Als die Spannung sich entladen hatte, war der Pfad verlassen. Marissa war aus seinem Leben verschwunden.

Es regnete heftig, als Jefferson am Rand der Lichtung stehen blieb. Sein Blick wanderte durch die Regenschwaden zurück zu dem halb versteckten Baumhaus, in dem er Marissa Claire Alexandre geliebt hatte.

Seinen Skizzenblock fest an sich gepresst, prägte er sich diesen Ort noch einmal genau ein. Er würde ihn malen, in Skizzen Traum und Erinnerung vereinen. Irgendwann.

Der Regen prasselte auf den Teich, und es sah aus, als würden Steine in einen Wunschbrunnen geworfen. „Ein Wunsch ist erfüllt, Marissa“, sagte er.

So plötzlich das Gewitter losgebrochen war, so plötzlich war es vorbei. Dunst legte sich über das Land, und Jefferson wartete, um noch einen letzten Blick auf das Baumhaus zu werfen. Vergeblich. Doch es war egal.

„Ich werde dich nicht vergessen.“

Diese Wildnis war ein wesentlicher Bestandteil seines Lebens gewesen, doch Jefferson wusste, als er sich zum Gehen wandte, dass es nie wieder so sein würde.

Er würde nicht wieder hierher kommen.

1. KAPITEL

„Oh, hallo, schöner Mann.“ Die Begrüßung, die dem einsamen Gast an der Bar galt, klang munter und herausfordernd. So, wie man eben einen Lieblingskunden begrüßte.

Lächelnd stellte Jefferson sein Glas auf den Tresen und tippte kurz an seinen Stetson. „Tag, Miss Cristal.“

Gut gelaunt hakte Cristal Lane Jefferson unter. „Was führt einen Südstaatengentleman wie dich denn heute in die Stadt?“

In Arizona mit seinen alten Ranches und alteingesessenen Familien, wo die Zeit in halben Jahrhunderten gemessen wurde, galt Cristal als neu. Doch sie betrieb den beliebtesten Saloon in Silverton schon lange genug, um natürlich zu wissen, dass der jedes Frühjahr stattfindende Viehmarkt Rancher aus dem ganzen Umland anzog. Und dass deshalb auch Jefferson von der Broken-Spur-Ranch im Sunrise Canyon gekommen war.

Aber ihr war ebenso bekannt, dass er sehr zurückgezogen lebte und der Markt allein ihn sicher nicht in die Stadt geführt hätte. „Jemand muss ein fantastisches Pferd zu verkaufen haben, um dich aus deinem Versteck zu locken.“

„Glaubst du?“ Jefferson bedankte sich mit einem Nicken beim Barkeeper, der ihm auf Cristals Wink hin nachschenkte, obwohl er seinen Drink bisher kaum angerührt hatte.

Nachdem Cristal sich vergewissert hatte, dass ihre anderen Gäste zufrieden waren, galt ihre Aufmerksamkeit wieder Jefferson Cade, dem gut aussehenden Südstaatler mit den unglaublich schönen Händen. Als sie ihn einmal geneckt hatte, dass jede Frau sich danach sehnen würde, von seinen Händen berührt zu werden, hatte er nur gelacht.

In den vier Jahren, seit er nach Arizona zurückgekehrt war, um erst für Jake Benedict auf der Rafter-B-Ranch zu arbeiten und jetzt für Steve Cody auf der Broken-Spur hatte er höchstens ein paar höfliche Worte mit Frauen gewechselt. Offenbar war er am liebsten für sich.

„Und ob ich das glaube“, erwiderte sie. „Ja, es muss ein ganz außergewöhnliches Pferd sein.“

Bei diesen Worten musste Cristal automatisch an eine andere Äußerung ihm gegenüber denken. Nämlich, dass es eine ganz außergewöhnliche Frau gewesen sein müsse, die alle anderen Frauen für ihn uninteressant gemacht habe. Danach hatte sie dieses Thema nie wieder angeschnitten. Doch Jefferson wusste genau, dass sie jetzt daran dachte.

Einen Moment lang sah er ihr fest in die Augen, dann wandte er sich ab. Er hatte ein ausdrucksvolles Gesicht, dessen markante Züge durch den ersten Anflug von Grau in seinem dunkelblonden Haar noch unterstrichen wurden. Und falls er einmal lächelte, war er geradezu atemberaubend attraktiv.

Doch er war immun gegen den Charme der Frauen von Silverton. Von Anfang an hatte er selbst auf die frechsten Flirtversuche nur mit einem höflichen Lächeln und einem freundlichen Gruß reagiert. Irgendwann hatten dann sogar die Hartnäckigsten eingesehen, dass Jefferson Cade nicht zu haben war.

Obwohl Cristal ihn deswegen immer wieder neckte, war ihr Interesse an ihm rein platonisch. Als er das gemerkt hatte, waren sie gute Freunde geworden.

„Wenn es nicht um ein Pferd ginge, wärst du doch wohl kaum hier, Jefferson, oder? Sonst gibt es ja nichts, was dir Freude macht. Und daran ist eine Frau schuld.“ Cristal sprach endlich einmal aus, was sie seit Langem vermutete.

Nur mit einem Stirnrunzeln gab er ihr zu verstehen, dass dieses Thema selbst für eine gute Freundin tabu war. Doch sie ließ sich nicht beirren. „Kommst du denn nie von ihr los? Von dieser Frau, die du geliebt und verloren hast? Denkst du etwas beständig daran, wie sie ausgesehen hat, wie sie gelächelt hat, wie ihr Haar geduftet hat?“

Jefferson stieß sich von der Bar ab und sah Cristal mit unergründlicher Miene an. „Da fällt mir ein“, sagte er beiläufig, als habe sie eben nicht die Nase in seine Angelegenheiten gesteckt, „dass es höchste Zeit für mich ist. Ich habe einen Termin wegen eines bestimmten Pferdes.“

Er tippte an seinen Hutrand, lächelte charmant, raunte ihr ein „Auf Wiedersehen, Miss Cristal“ zu, und schon stand sie allein an der Bar. Mit einem traurigen Lächeln sah sie ihm nach. Denn ihr war einmal mehr bewusst geworden, wie einsam ihr Freund Jefferson war.

„Ruhig, Mädchen. Keiner wird dir was tun. Jetzt nicht mehr.“ In beruhigendem Ton redete Jefferson auf die nervöse Stute ein, um sie aus dem Anhänger zu locken. Als sie zögernd über die Rampe ging, spitzte sie argwöhnisch die Ohren. Kein Wunder, denn selbst wenn sie nicht misshandelt worden wäre, wären die ungewohnte Umgebung und der Lärm auf dem Viehmarkt, von dem sie gerade kamen, Grund genug für ihre Unruhe.

Sie war als besonders schwieriges Pferd zu einem günstigen Preis zum Kauf angeboten worden, hatte aber gute Anlagen, wie Jefferson und Sandy Gannon, der Vorarbeiter auf der Rafter-B-Ranch, bei einer Vorbesichtigung im Heimatstall der jungen Stute hatten feststellen können. Steve Cody würde zufrieden sein.

Als der Verkäufer gefragt hatte, wer denn das Stutenfohlen zähmen solle, hatte Sandy erwidert, wenn Jeff Cade das nicht könne, dann würde es wohl niemand schaffen.

„Dann lass uns mal hoffen, dass Sandy recht hat“, raunte Jefferson der Stute zu, als sie endlich aus dem Hänger heraus war.

Natürlich hatte Sandy sehr genau gewusst, wovon er redete. Denn ehe Jefferson auf der Broken Spur anfing, hatte er drei Jahre als zweiter Vorarbeiter auf der Rafter-B-Ranch gearbeitet. Doch obwohl Sandy gemurrt hatte, er würde einen guten Mann verlieren, der wirklich etwas von Pferden verstehe, hatte er Steve und dessen Frau Savannah zu ihrer Wahl beglückwünscht.

Inzwischen lebte Jefferson seit gut einem Jahr im Sunrise Canyon und genoss jeden Tag in der Einöde.

„Dir wird es hier auch gefallen, Mädchen“, versprach er der Stute auf dem Weg zum Stall. „Manche finden es hier im Canyon einsam, aber das ist es nicht. Du wirst sehen.“

Als er merkte, dass er mit einem Pferd sprach, musste er lachen. „Ein Fremder würde meinen, ich sei durch die Einsamkeit wunderlich geworden. Dabei bekommt sie mir gut.“

Sein Geplauder entlockte der Stute ein leises Wiehern, und sie stupste ihn sogar mit der Schnauze an. Da wusste Jefferson, dass er sie richtig eingeschätzt hatte. Er tätschelte ihr den Hals. „Du wirst hier glücklich sein, Mädchen. Sobald wir dich besser kennen, bekommst du auch einen Namen.“

Nachdem die Stute untergebracht war, verließ Jefferson den Stall. Nach einem langen Tag und einer vierstündigen Fahrt tat es gut, einen Moment zu beobachten, wie der Mond aufging.

Der Canyon war zu jeder Tages- und Nachtzeit schön. Als Jefferson als Teenager von South Carolina nach Arizona geflüchtet war, war er zu jung und sein Leben zu chaotisch gewesen, um die herbe Schönheit dieser Landschaft würdigen zu können. Zehn Jahre später, als er erneut und wieder fluchtartig die wunderschöne Küstenregion von South Carolina verlassen hatte, hätte er nicht erwartet, in eine vergleichbar traumhafte Gegend zurückzukommen.

Doch als Erwachsener und mit den Augen eines Künstlers hatte er sofort erkannt, wie schön es hier war, wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise.

Jetzt war die Wüste sein Zuhause. Doch obwohl er nie dorthin zurückkehren würde, hatte er in letzter Zeit oft an die Küstenregion von South Carolina gedacht. Vielleicht, weil er seine jahrelang nicht angerührten Skizzen hervorgeholt und an den langen Winterabenden wieder zu malen begonnen hatte.

Er hatte sogar seine Staffelei wieder aufgebaut. Die Lichtverhältnisse in der umgestalteten Blockhütte waren zwar nicht optimal, aber das machte nichts. Er malte für sich selbst. Es war eine Art Heilungsprozess.

Jefferson ging zu seinem Geländewagen zurück, um seine Post zu holen. Außer seiner Familie schrieb ihm niemand. Auch wenn er sich über Briefe und Fotos freute, denn seine Brüder bedeuteten ihm sehr viel, konnten Tage vergehen, ehe er seine Post abholte. Diesmal hatte ihm der Postmeister einen besonders dicken Packen übergeben.

Die Post unter den Arm geklemmt, warf er die Wagentür zu und stieß einen Pfiff aus. Daraufhin war Gebell zu hören, dann das Getrampel heranstürmender Hundepfoten, und schon sprang ihm ein dunkles Ungetüm an die Brust.

Die Briefe flatterten auf die Erde, als Jefferson zu Boden ging. Im nächsten Moment stand das schwarze Ungetüm über ihm und leckte ihm das Gesicht.

Lachend schubste Jefferson den Hund weg. „Wenn das heißt, du freust dich, mich zu sehen, Satan, dann hoffe ich, du freust dich das nächste Mal nicht ganz so toll.“

Satan bellte und ging beiseite, aber nur, um gleich darauf nach Jeffersons Hand zu schnappen, als wolle er ihm beim Aufstehen helfen. Es war ein Spiel, das er schon als junger Hund gemocht hatte, und bei dem es leicht zu Verletzungen hätte kommen können. Doch wie alle von Jefferson trainierten Tiere war Satan trotz seiner Größe sehr sanftmütig.

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