Vorsicht: verführerische Nanny!

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Flammend rote Haare, leuchtend grüne Augen und üppige Kurven: Dawns Anblick verführt Singledad Brian Ellis sofort zu sinnlichen Fantasien. Doch er muss sich zügeln! Sie ist nicht nur die aktuelle Nanny seines Sohnes, sondern steht auch in dem Ruf, äußerst flatterhaft zu sein …


  • Erscheinungstag 29.04.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751506540
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Dawn McGill konnte nicht bestreiten, dass ihre Erfolgsbilanz hinsichtlich des männlichen Geschlechts einiges zu wünschen übrig ließ. Oh, sie war im Laufe der Jahre durchaus mit einigen tollen Typen zusammen gewesen. Sie konnte sogar zwei Verlobungen vorweisen, hatte aber in beiden Fällen kurz vor der Hochzeit erkannt, dass sie mit dem Auserwählten doch nicht den Rest ihres Lebens verbringen wollte.

Angesichts dieser düsteren Vorgeschichte überraschte es sie sehr, dass sie sich hoffnungslos verliebt hatte – ausgerechnet während einer harmlosen Italienreise mit ihren besten Freundinnen Callie und Kate.

Ebenso erstaunlich war, dass es sich bei dem Objekt ihrer Zuneigung um ein sechsjähriges Energiebündel mit braunen Haaren, engelhaften blauen Augen und schelmischem Grinsen handelte. Doch Tommy der Schreckliche hatte sie seit ihrer ersten Begegnung in Venedig um den kleinen Finger gewickelt.

Nach einer Rundreise durch Norditalien waren die drei Freundinnen wieder am Ausgangspunkt in Rom zusammengekommen. Denn dort, vor der romantischen Kulisse des Trevi-Brunnens, hatte Kates Mann Travis eine Zeremonie zur Erneuerung ihres Ehegelübdes inszeniert, nachdem es fast zur Scheidung gekommen war.

Ebenfalls anwesend waren Tommy und sein Vater Brian Ellis, der mit Travis befreundet war, seit sie an einem streng geheimen Projekt auf dem NATO-Stützpunkt nördlich von Venedig zusammengearbeitet hatten.

Der Vater war für Dawns Geschmack zu konservativ und steif, aber der Sohn … Sie liebte es, den übermütigen Jungen zu beobachten. Wie in diesem Moment, als er über den Rand des Brunnens balancierte und sein Vater ihn nur mühsam am T-Shirt festhalten konnte.

Die drei Frauen standen im Halbkreis zusammen. Die forsche Kate, die überglücklich war, weil ihre Scheidung im letzten Moment abgewendet worden war. Die stille Callie, die noch in sich gekehrter wirkte, seit sie ihre Arbeit als Kinderanwältin aufgegeben hatte. Und die fröhliche Dawn, die schallend lachte, als Tommy sich aus Versehen Wasser ins Gesicht spritzte, und bewundernd feststellte: „Dieses Kind hat vor gar nichts Angst.“

„Ein geborener Abenteurer – genau wie du.“ Callie schmunzelte. „Wie oft sind Kate und ich deinetwegen in Schwierigkeiten geraten!“

„Hey, ich war nicht immer die Anführerin. Ich erinnere mich genau, wie du uns eines Nachts überredet hast, durch das Fenster der Bibliothek zu klettern.“ Sie grinste Kate an. „Und du hast uns angestiftet, das Auto meines Bruders zu schnappen und zur Mall zu düsen. Um ein Haar wären wir wegen Autodiebstahl verhaftet worden.“

Dawns Miene blieb heiter, obwohl die Erinnerung an jene Episode sie aufwühlte. Ihre Eltern, damals bereits seit Jahren miteinander im Streit, hatten sich gegenseitig die Schuld daran zugeschoben, dass ihre Tochter mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.

Dawns drei Brüder hatten vor der vergifteten Atmosphäre im Elternhaus aufs College fliehen können, doch sie als Jüngste war erst in die erste Klasse der Highschool gegangen und hatte die zornigen Auseinandersetzungen ihrer Eltern hautnah miterlebt.

Die Trennung hätte eine Erleichterung für alle Beteiligten sein können; stattdessen war ein schlimmer Scheidungskrieg entflammt. Ihren Eltern war es nicht gelungen, sich auf ein gemeinsames Sorgerecht oder vernünftiges Besuchsrecht für ihre Tochter zu einigen; daher hatte Dawn laut Richterspruch zwischen ihnen pendeln müssen.

Der ständige Machtkampf hatte an ihrem fröhlichen ausgelassenen Wesen genagt. Ohne Kate und Callie wäre ihr die Lebensfreude vielleicht völlig vergangen. Die drei waren zusammen in Easthampton aufgewachsen, einer Kleinstadt im Westen von Massachusetts, und seit der Grundschule unzertrennlich. Die Unbesiegbaren, nannte Travis sie, was nicht unbedingt als Kompliment gemeint war.

Das traurige Verhältnis zwischen ihren Eltern war einer der Gründe dafür, dass Dawn so schnell eine enge Beziehung zu dem kleinen Tommy aufbaute. Denn er hatte als Baby seine Mutter verloren und war von diesem Verlust ebenso stark geprägt wie Dawn von den Machtkämpfen ihrer Eltern.

Zu schade, dass ich zu seinem Dad keine so gute Beziehung habe, dachte Dawn unwillkürlich, während sie beobachtete, wie Brian seinen Sohn zum wiederholten Mal vom Brunnenrand zog. Der Mann war verdammt sexy. Das konnte sie nicht leugnen. Gute eins achtzig groß, ausgeprägte Muskeln, kurz geschnittene braune Haare und strahlend blaue Augen … Bei ihrer ersten Begegnung in Venedig hatte er sie fasziniert angesehen. Das Funkeln in seinen Augen war allerdings schnell erloschen, als sie ausgelassen mit einem anderen Bekannten geflirtet hatte.

Na und? Nicht mein Problem. Schließlich beabsichtigte sie, nur für ein paar Tage mit den Ellis’ unter einem Dach zu leben, um für Tommys Nanny einzuspringen, die sich bei einem Sturz einen Knöchel gebrochen hatte. Höchstens für zwei Wochen, bis Mrs. Wells wieder fit ist oder Brian eine neue Nanny eingestellt hat.

Dawn hatte den Hersteller von Naturprodukten, bei dem sie als Grafikdesignerin arbeitete, bereits informiert, dass sie vorübergehend Fernarbeit leisten wollte.

Kate warf ihr einen forschenden Blick zu, als hätte sie den Gedankengang mitverfolgt. „Bist du sicher, dass du das machen willst, nur um Kinderfrau zu spielen?“

„Gefährdet das nicht deine bevorstehende Beförderung zur Marketingdirektorin?“, fragte Callie.

„Nein. Vielleicht. Keine Ahnung. Ist mir egal. Ich brauche eine Pause von den launischen Künstlern und Computerfreaks, mit denen ich mich täglich rumärgern muss. Außerdem kann ich in meinem Job von überall aus arbeiten.“

„Als Direktorin aber nicht“, widersprach Kate. „Und ich weiß, dass du den Tag nicht nur mit Künstlern und Freaks verbringst.“

Während Dawn nach einer passenden Entgegnung suchte, sprang Tommy vom Brunnenrand und lief durch die Menge zu ihr. „Du musst mitkommen und eine Münze über deine Schulter werfen! Dad sagt, das ist so Tradition.“

„Das habe ich schon mit Kate und Callie gemacht, als wir in Rom angekommen sind.“

„Oh.“ Er hielt ihr eine Hand mit zwei glänzenden Euromünzen hin. „Aber Dad hat mir die hier gegeben. Eine für dich und eine für mich.“

„Tja, wenn das so ist … Na gut.“

Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich zum Brunnen.

Brian behielt die beiden im Auge, während er zu Kate und Callie trat. Die anderen Gruppenmitglieder gesellten sich dazu. Major Travis Westbrook von der Air Force, Kates Mann. Principe Carlo di Lorenzo, ein kleiner breitbrüstiger Mann voller Energie, der ebenso für seine militärischen Heldentaten wie als Frauenheld bekannt war. Joe Russo, der Leiter der Spezialeinheit, die für Prinz Carlos Sicherheit während des Einsatzes auf dem NATO-Stützpunkt bei Venedig verantwortlich zeichnete.

Im Zuge seiner Arbeit auf dem Stützpunkt hatte Brian die drei Männer schätzen gelernt. Und zwar so sehr, dass er Travis kurzentschlossen als Testpilot für sein eigenes Unternehmen EAS – Ellis Aeronautical Systems – angeworben hatte.

Travis folgte Brians Blick zum Brunnen. „Weißt du eigentlich, worauf du dich da einlässt?“

„Wieso?“

„Ich kenne Dawn und Callie genauso lange, wie ich Kate kenne. Ich verbürge mich dafür, dass die Redensart zutrifft.“

„Welche Redensart?“

„Die Blondine ist wild, die Brünette spricht wahr, eine Rothaarige bleibt unberechenbar.“

Die blonde Kate lachte, die dunkelhaarige Callie lächelte, Brian fand den Spruch nicht lustig. Sein Blick wanderte zurück zu Dawn. Mit ihren flammend roten Haaren und leuchtend grünen Augen brachte sie Glanz in jeden Raum, den sie betrat, und ihre üppigen Kurven verführten viele Männer zu wilden erotischen Fantasien.

Einschließlich mich. Ich muss verrückt gewesen sein, sie als Tommys Nanny einspringen zu lassen, dachte Brian. Wenn Mrs. Wells sich nicht den Knöchel gebrochen hätte … Wenn ich beruflich nicht auf einem Dutzend Hochzeiten gleichzeitig tanzen müsste … Wenn mein Sohn mich nicht angefleht hätte, sie als Nanny zu nehmen …

Es ist ja bloß für eine Woche, sagte Brian sich. Höchstens zwei. Nur so lange, bis er eine qualifizierte Kinderfrau als Ersatz für Mrs. Wells fand. Die fünfundfünfzigjährige Witwe war zur Reha nach Kalifornien zu ihrer Schwester geflogen. Ob sie je wieder genügend Energie und Ausdauer haben würde, um mit Tommy mithalten zu können, stand in den Sternen.

Dawn dagegen besaß beides zur Genüge. Und dazu war sie intelligent, gestand Brian sich widerstrebend ein. Er hatte sie überprüfen lassen. Ihre Referenzen waren beeindruckend. Diplom in Grafik mit Nebenfach Advertising an der Boston University, Master in Integrated Design in Georgetown. Saftiges Anfangsgehalt nach Studienabschluss bei einem bedeutenden Hersteller von Naturprodukten. Aussicht auf Beförderung in die Geschäftsleitung.

Das Problem war nicht ihre berufliche Laufbahn, sondern ihr Privatleben. Die Recherche hatte auf diesem Gebiet wenig ergeben, doch Brian hatte Travis einige Details entlockt. Die reizvolle Ms. McGill sammelte Männer genauso eifrig wie Tommy Plastikdinosaurier. Und wenn sie genug von einem hatte, schob sie ihn aufs Abstellgleis und suchte sich das nächste Spielzeug.

An eine derart wechselhafte Person soll mein Sohn sein Herz nicht hängen, dachte Brian. Nicht noch mehr, korrigierte er sich, als Tommys ausgelassenes Lachen über die Piazza schallte.

Tommy und Dawn standen mit dem Rücken zum Brunnen. Einstimmig und lautstark zählten sie bis drei, bevor sie die Arme hochrissen. Zwei Münzen segelten in der Nachmittagssonne funkelnd durch die Luft und landeten platschend im Becken.

„Guter Wurf!“, rief Travis. „Genau getroffen.“

„Gott sei Dank“, murmelte Brian. „Vielleicht schaffen wir es, Italien zu verlassen, ohne dass etwas zu Bruch geht. Apropos …“ Er schob den Ärmel des Jacketts hoch und warf einen Blick auf die Micky-Maus-Uhr, die Tommy ihm von seinem Taschengeld zum letzten Vatertag geschenkt hatte. „Wir müssen zum Flughafen.“ Er wandte sich an die anderen. „Kann ich wirklich keinen von euch überreden, mit Tommy und mir – und Dawn – zu kommen?“

Erneut lehnten alle sein Angebot ab, in seinem Firmenjet in die Staaten zurückzukehren. Kate und Callie wollten noch einen Tag in Rom verbringen und dann die gebuchten Charterflüge nehmen. Travis hatte auf dem Stützpunkt letzte Dinge abzuwickeln. Der Prinz musste zu seiner Spezialeinheit bei Rom zurückkehren. Und Joe Russo stand vor einem neuen Auftrag, den er streng geheim hielt.

Der Sicherheitsexperte war so gut in seinem Metier, dass Brian ihn beauftragt hatte, einen umfassenden Sicherheitsscheck bei EAS durchzuführen. „Gib mir Bescheid, sobald du weißt, wann du anfangen kannst.“

„Wird gemacht“, versprach Joe. „Schick mir die Betriebsabläufe, damit mein Team sich vorab einarbeiten kann.“

„Okay. Nun dann …“ Brian blickte in die Runde. Mit den drei Männern verband ihn schon nach der kurzen gemeinsamen Zeit eine enge Freundschaft. Ebenso mit Kate und Callie. Und dann war da noch Dawn, die sich gerade mit einem zufriedenen Grinsen näherte.

Tommy hüpfte ausgelassen neben ihr her und rief: „Hast du uns gesehen, Dad? Ich und Dawn haben beim ersten Mal ins Wasser getroffen!“

„Dawn und ich“, korrigierte Brian.

Tommy verzog das Gesicht und verbesserte sich ungeduldig: „Dawn und ich haben beim ersten Wurf getroffen. Hast du das gesehen?“

„Ja.“ Lächelnd verstrubbelte Brian ihm das Haar. „Gut gemacht, Kumpel. Sie auch, Dawn. Jetzt müssen wir aber zum Flughafen.“

Tommy schüttelte reihum Hände, Dawn verteilte Umarmungen. Von Carlo, der sie zu überreden versucht hatte, mit ihm nach Korsika oder Cannes oder wohin auch immer zu jetten, verabschiedete sie sich kokett, von Joe freundlich-zurückhaltend. Travis ermahnte sie mit einem kameradschaftlichen Schulterklopfen: „Du und Kate, ihr wart viel zu lange getrennt. Seht zu, dass ihr nach Hause kommt und Zeit für euch habt – und für euer Wunschkind.“

Er grinste. „Jawohl, Ma’am.“

Der Abschied von ihren Freundinnen fiel weit emotionaler aus und dauerte länger. Mittendrin brachen alle drei in Tränen aus.

Tommy verzog betroffen das Gesicht. Brian beobachtete die Szene mit wachsender Besorgnis. Travis verdrehte die Augen und beschwichtigte: „Keine Angst. Das ist bei ihnen immer so. Sie beruhigen sich gleich wieder.“

Callie schniefte. „Ich fasse es nicht, dass unser italienisches Abenteuer schon vorbei ist. Wir haben so lange davon geträumt.“

„Schon seit wir vor Jahren Drei Münzen im Brunnen gesehen haben“, pflichtete Kate ihr bei.

„Wir werden zurückkommen.“ Dawn schluckte schwer. „Eines Tages.“

Wie Travis prophezeit hatte, versiegten die Tränen, und die Gesichter hellten sich auf, als Kate verkündete: „Ich finde es fantastisch, dass Brian und Tommy in Bethesda leben. Das ist nur eine halbe Stunde von Travis und mir entfernt. Wir können uns regelmäßig treffen. Und du, Callie könntest bei uns wohnen, bis du einen neuen Job gefunden hast.“

„Lieber nicht“, widersprach Callie. „Ihr wolltet euch doch der Fortpflanzung widmen. Ich habe keine Lust auf die Geräuschkulisse, wenn ihr …“, sie warf einen Seitenblick auf Tommy, „… das Kinderbett zusammenbaut.“

Der Firmenjet, eine zweistrahlige Gulfstream G600, mit der von EAS brandneu entwickelten Bordelektronik ausgerüstet, stand startklar auf dem Vorfeld.

Der Anblick des schnittigen Fliegers erweckte wie immer Stolz in Brian. Noch immer staunte er darüber, dass sein steiler beruflicher Aufstieg erst vor zwölf Jahren begonnen hatte – mit der Gründung seiner kleinen Firma für Flugzeugbordsysteme unter Einsatz seines gesamten Kapitals und eines Darlehens über fünftausend Dollar von seinem Schwiegervater.

Damals, frisch aus dem Marinekorps entlassen, frisch verheiratet, von mehr Enthusiasmus als Geschäftssinn beflügelt, war ihm der Aufbau seines Unternehmens nicht leicht gefallen.

Dem Himmel sei Dank für Caroline, dachte er wehmütig. Sie hatte Zukunftsvisionen entwickelt und er das Know-how beigesteuert. Gemeinsam hatten sie EAS groß gemacht. Leider hatte sie den Aufstieg in die Fortune-500-Liste nicht miterlebt. Sie hat es nicht mal bis zum ersten Geburtstag unseres Sohnes geschafft …

Entschieden schob Brian diese düsteren Gedanken beiseite und wandte sich an seinen Chefpiloten Ed Donahue. „Hat Mrs. Wells den Flug in die Staaten gut überstanden?“

„Allerdings. Die italienischen Pfleger, die Sie für den Flug engagiert hatten, haben sich bestens um sie gekümmert und bedanken sich für die Woche Urlaub, die Sie ihnen spendiert haben.“ Ed begrüßte Tommy mit der Ghettofaust. „Hey, Kleiner, wie war’s in Italien?“

„Super! Ich und …“, Tommy krauste die Nase, „… Dawn und ich sind in Venedig Gondel gefahren, und in Rom war ich mit Dad im Kolosseum.“

„Cool.“ Ed reichte Dawn die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Ms. McGill.“

„Dawn“, korrigierte Tommy. „Sie ist ungefähr hundert Jahre jünger als Mrs. Wells, und darum dürfen wir sie mit Vornamen anreden. Sie zieht zu mir und Dad.“

„Ach, wirklich?“

„Bis Mrs. Wells wieder auf den Beinen ist“, warf Brian schnell ein.

Nach jahrelanger Erfahrung als Pilot der Geschäftsleitung verstand Ed es bestens, seine Gefühlsregungen hinter einer ausdruckslosen Miene zu verbergen. Allerdings nicht in diesem Fall. Denn die rothaarige Schönheit war die erste Sexgöttin, die einen Firmenjet von EAS bestieg, und hätte Tote zum Leben erwecken können.

Zumindest hätte Brian das schwören können, als sie Tommy über die Gangway folgte. Ihre ausgestellte Hose saß an den Hüften hauteng und betonte aufreizend ihr wohlgerundetes Hinterteil.

Brian stockte der Atem.

Ed hüstelte und überspielte seine Bewunderung, indem er nüchtern sagte: „Sobald wir die Flughöhe erreicht haben, gebe ich die voraussichtliche Ankunftszeit bekannt.“

„Danke“, murmelte Brian, obwohl er ahnte, dass ihm der Flug unabhängig von der tatsächlichen Dauer sehr, sehr lang erscheinen würde.

So oft es ging, verband Brian seine Geschäftsreisen mit Kurzurlauben mit Tommy, um möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen.

Daher war Tommy bestens vertraut mit den Annehmlichkeiten der Gulfstream, die er Dawn voller Stolz vorführte, sobald die Reisehöhe erreicht war. Er begann die Tour bei der Heckkabine.

„Die hat eine Toilette und eine Dusche und Klappbetten.“

Dawn spähte von der Tür aus in den kleinen Raum.

„Oh, cool. Zwei Einzelbetten.“

„Eins für mich und eins für Dad. Vorn ist auch noch eins für Ed und den Kopiloten. Die wechseln sich auf langen Flügen ab. Du kannst mein Bett haben“, bot er großzügig an. „Ich schlafe ganz oft auf meinem Sitz.“

Brian, der inzwischen seinen Laptop auf einem Schreibtisch aufgebaut hatte, schaute vom Monitor auf und begegnete Dawns Blick. Ihre smaragdgrünen Augen funkelten belustigt. Er lächelte sie an, obwohl er den Gedanken, sich die Kabine mit ihr zu teilen, gar nicht amüsant fand.

„Ich habe eine Menge Arbeit nachzuholen“, sagte er zu Tommy. „Was hältst du davon, wenn wir Dawn heute Nacht die Kabine überlassen und wir beide es uns hier bequem machen?“

„Okay.“ Tommy zog sie mit sich durch den breiten Gang. „Jetzt musst du dir die Bordküche angucken.“

Brian fing ihren Duft auf, als sie an ihm vorüberging. Der Geruch war schwach und reizte ihn doch schon seit ihrer ersten Begegnung in Venedig. Es war eine verlockende Mischung aus Sommersonnenschein und Limonen und etwas, das er nicht genau benennen konnte. Vergeblich bemühte er sich, den Sinnesreiz auszublenden, während Tommy die gut bestückte Bordküche präsentierte, die eine breit gefächerte Auswahl an Weinen und Softdrinks, Snacks und Gourmet-Mahlzeiten für die Mikrowelle enthielt.

Das Glanzstück war allerdings das Entertainment-Center mit Touchscreen. Besonders auf Langstreckenflügen war Brian für die Videospiele, Fernsehshows und Disney-Filme unendlich dankbar, die Tommys Aufmerksamkeit für einige Stunden zu fesseln pflegten.

„Du musst bloß auf den Knopf hier in der Armlehne drücken.“ Tommy lachte über Dawns Überraschung, als ein riesiger Flachbildschirm an der Trennwand zum Cockpit hervorkam. „Wir haben ganz viele Filme.“ Er betätigte die Fernbedienung und öffnete ein Menü mit einem eindrucksvollen Display an Icons. „Wenn du willst, können wir Die Eiskönigin gucken.“

„Wie oft haben wir uns die in Venedig angeschaut? Bestimmt vier oder fünf Mal.“

Verwundert blickte er sie an. „Na und?“

„Mal sehen, was wir sonst noch haben. Oh! Die Schöne und das Biest. Gefällt dir der?“

„Nee, nee.“

„Warum nicht?“

„All das Liebeszeug ist eklig.“

„Das kann es sein“, gab sie mit einem Grinsen zu. „Manchmal.“

„Wir gucken trotzdem, wenn du willst“, bot er mannhaft an und reichte ihr Kopfhörer. „Hier, die müssen wir aufsetzen, damit Dad arbeiten kann.“

Brian hatte schon vor langer Zeit die Fähigkeit perfektioniert, sich auf seinen kleinen Laptopmonitor zu konzentrieren, selbst wenn farbige Bilder über den riesigen Fernsehbildschirm flackerten. Auch diesmal gelang es ihm recht gut – bis Dawn es sich auf ihrem Platz gemütlich machte. Sie senkte die Rückenlehne und hob die Fußstütze, zog sich die Schuhe aus und streckte die Beine aus.

Verblüfft starrte Brian über den Gang auf ihre Zehen. Jeder Nagel war in einer anderen Farbe lackiert. Lavendel. Pink. Türkis. Lindgrün. Azurblau …

Er interessierte sich nicht für die neuesten Modetrends. Trotzdem konnte er sich unmöglich auf den Produktionsplan für das neue Geländewarnsystem von EAS konzentrieren, während ihm Dawns aufreizender Duft in die Nase stieg und diese zehn schimmernden Farbkleckse im Takt zur Filmmusik wackelten.

2. KAPITEL

Gleich nach dem Abendessen schlief Tommy ein. Die mit weichem Leder bezogenen Sitze der Gulfstream waren doppelt so breit wie die eines normalen Flugzeugs und eigneten sich hervorragend als Kinderbett. Nachdem Dawn noch eine Decke über Tommy ausgebreitet hatte, nahm sie Brians Vorschlag an, sich auf einen Brandy zu ihm zu setzen.

„Ich habe meiner Assistentin gesagt, dass Sie vorübergehend im Pförtnerhaus wohnen werden, und sie hat alles für Sie herrichten lassen.“

Dawn entging nicht die Betonung des Wortes vorübergehend. Während sie den Brandy zwischen den Händen wärmte, musterte sie verstohlen den Firmenchef, dem sie in der vergangenen Woche zum ersten Mal begegnet war. Er hatte Jackett und Krawatte abgelegt und die oberen Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Der seidige Glanz des Stoffes betonte das strahlende Blau seiner Augen, ließ sie aber nicht wärmer wirken.

„Sie mögen mich nicht besonders, stimmt’s?“

Brian wirkte nicht überrascht über ihre direkte Frage. In sachlichem Ton erwiderte er: „Mein Sohn findet Sie wahnsinnig toll. Kate und Callie lassen nichts auf Sie kommen. Bei so viel Zustimmung ist meine Meinung unwichtig.“

„Unsinn! Ihre Meinung ist am wichtigsten, wenn es um Ihren Sohn geht.“ Sie nippte an ihrem Getränk und spürte den Brandy wie Feuer durch die Kehle rinnen. „Also, warum wirken Sie immer so … so betreten, wenn ich in den Raum komme?“

Er lehnte sich zurück. „Ich will offen sein. Tommy hat sehr liebevolle Großeltern und betrachtet Mrs. Wells als seine dritte Großmutter. Was ihm fehlt, ist eine Mutter. Obwohl …“

Fasziniert beobachtete Dawn, wie sich sein Mund zu einem leichten Lächeln verzog. Es verwandelte ihn von der kühlen, distanzierten Führungskraft in ein nahezu menschliches Wesen.

„Tommy hat schon einiges versucht, um die Lücke zu füllen. Zuerst bei seiner Kinderärztin, die ihm nach mehreren, nicht gerade unauffälligen Versuchen mitgeteilt hat, dass sie bereits verheiratet ist. Beim letzten Mal … Nun, sagen wir mal, dass seine Vorschullehrerin und ich beide erleichtert waren, als das Schuljahr zu Ende ging.“

„Ich habe im Internet einige der Frauen gesehen, die Sie in den letzten Jahren zu verschiedenen Charity-Veranstaltungen begleitet haben.“ Dawn hob ihr Glas zu einem spöttischen Toast. „Nach deren verklärten Gesichtern zu urteilen, wäre jede von ihnen glücklich gewesen, die Lücke zu füllen.“

Brians Lächeln verschwand; die distanzierte Führungskraft kehrte zurück. „Tommys Lücke vielleicht. Nicht meine. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich muss wieder an die Arbeit.“

Ups, da bin ich wohl in ein Fettnäpfchen getreten. Vielleicht sogar in zwei. Dawn trank den Brandy aus und zog sich in die luxuriöse Heckkabine zurück. Nach einer heißen Dusche schlüpfte sie zwischen die feinen Laken. Das leichte Vibrieren der Bordmotoren ließ sie bald in einen tiefen Schlaf sinken.

Strahlender Sonnenschein empfing die Passagiere bei der Landung in Washington, wo vor dem Terminal bereits eine Limousine auf sie wartete.

Autor

Merline Lovelace
Als Tochter eines Luftwaffenoffiziers wuchs Merline auf verschiedenen Militärbasen in aller Welt auf. Unter anderem lebte sie in Neufundland, in Frankreich und in der Hälfte der fünfzig US-Bundesstaaten. So wurde schon als Kind die Lust zu reisen in ihr geweckt und hält bis heute noch an.
Während ihrer eigenen Militärkarriere diente...
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