Zurück in deinem Bett

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Palmers heiße Hände auf ihrer nackten Haut: Penelope vergeht fast vor Verlangen. Alle Vorsicht wirft sie über Bord, als er sie im Auto an sich zieht und das macht, was er am allerbesten kann … Bis sie der Sheriff der Stadt überrascht. Der Skandal ist perfekt!


  • Erscheinungstag 26.10.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504003
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Heiß. So unglaublich heiß …

Sie rekelte sich auf der Picknickdecke und beobachtete erregt, wie er die Hand auf ihren zitternden Bauch legte und ihren nackten Körper betrachtete, nachdem er ihr Kleid vorn aufgeknöpft hatte. Der Stoff glitt über ihre Haut. Sie trug keinen BH, weshalb er sich auf den pinkfarbenen Stofffetzen konzentrieren konnte, der verhinderte, dass sie seinem hungrigen Blick vollkommen ausgeliefert war. Er schob die Daumen unter die schmalen Bänder an ihren Hüften und zog ihr quälend langsam den Slip herunter, bis sie endlich davon befreit war. Sie wollte ihre Beine zusammenpressen, doch er gab einen leisen Protestlaut von sich und brachte sie dazu, sich ihm zu öffnen. Sie wand sich, als die Sommersonne und seine erotische Aufmerksamkeit ihre Haut wärmte.

Und dann berührte er sie …

Mit seinen langen Fingern streichelte er sie und bereitete ihr ein unglaublich lustvolles Vergnügen …

Er beugte sich hinunter und presste seine Lippen auf ihre.

Der Kuss war zu nass … zu süß …

Sie drehte den Kopf, und er leckte stattdessen ihr Ohr.

Nein, nein, wollte sie flüstern. Sitz … mach Platz …

Penelope Weaver schreckte keuchend aus dem Schlaf hoch. Hechelnd. Nur war nicht sie diejenige, die hechelte, auch nicht der Mann, der in letzter Zeit so oft die Hauptrolle in ihren Träumen gespielt hatte.

Stattdessen erblickte sie, noch ein wenig verschwommen, ihren Golden-Retriever-Bordercollie-Mischling und wich seinem üblen Atem aus.

„Thor!“

Penelope setzte sich auf. Es dauerte einen Moment, bis sie ganz bei sich war. Sie lag nicht auf einer Picknickdecke auf Old Man Bensons Weide vor dem Dorf, sondern in ihrem Bett, in ihrem Haus in der Maple Street. Die Sommersonne wanderte zwar tatsächlich über ihren Körper, doch war es früher Abend und sie vollständig bekleidet.

Und die zu feuchten Küsse bekam sie nicht von dem Mann aus ihrer Fantasie, sondern von ihrem acht Jahre alten Hund.

Igitt!

Sie nahm den Aufziehwecker vom Nachtschrank. Kurz nach sieben.

Kurz nach sieben!

Barnaby Jones würde jeden Moment hier sein, um sie abzuholen.

Sie sprang aus dem Bett und lief ins Gemeinschaftsbadezimmer am Ende des Flurs. Es war ein langer Tag gewesen in dem kleinen Café, das sie in der Main Street besaß, deshalb hatte sie für ein paar Minuten ihre müden Füße ausruhen wollen.

Das Café. Selbst jetzt noch kam es ihr merkwürdig vor, ihren Laden so zu nennen. Ursprünglich hatte sie den nämlich eröffnet, um ihre Wandteppiche zu verkaufen. Sie nannte ihn „Penelope’s Possessions“. Doch als das Sägewerk vor vier Jahren geschlossen worden war, war vieles von dem verschwunden, was früher Besucher nach Earnest gelockt hatte. Betriebe machten dicht, Schaufenster waren plötzlich leer. Sie stellte sich darauf ein, indem sie ihre Waren im Internet anbot. Aus dem Laden wurde nach und nach ein Café. Keine schwierige Verwandlung, da sie schon immer guten Kaffee gekocht hatte. Und dank ihrer Großmutter und Großtante gab es einen unerschöpflichen Nachschub an selbst gebackenen Leckereien.

Inzwischen war das Café bekannt als „Penelope’s“.

Sie betrachtete ihr gewelltes dunkles Haar im Spiegel und zerwuschelte die am Hinterkopf platt gelegenen Locken. Dann überprüfte sie ihren Eyeliner. Abgesehen von einem kleinen Grübchen in der rechten Wange sah sie nicht allzu schlimm aus. Sie holte tief Luft und strich ihr Kleid glatt. Ein Kleid, das dem in ihrem Traum nicht unähnlich sah. Nur dass es kein Traum gewesen war, oder? Es handelte sich vielmehr um eine Erinnerung, wenn auch eine schon lang zurückliegende. Trotzdem war diese Erinnerung noch so intensiv, dass es ihr den Atem raubte.

Als sie wieder auf den Flur hinausstürmte, wäre sie beinah über Thor gestolpert.

„Du bringst uns noch beide um“, murmelte sie und schob sich an dem Hund vorbei.

Ihr war klar, dass er ihr nur deshalb an den Fersen klebte, weil niemand sonst da war. Die Stille im Haus erinnerte sie an den Grund für die Abwesenheit ihrer Mitbewohner – sie hofften, Penelope würde heute Abend Sex haben.

Sie stöhnte innerlich. Ihre Großmutter und ihre Großtante, mit denen sie zusammenwohnte, mischten sich mit Vorliebe in ihre Angelegenheiten ein. Zwei alte Frauen, deren Sexleben weitaus interessanter war als ihr eigenes.

Interessant? Dazu hätte sie erst einmal ein Sexleben haben müssen. Das war aber nicht mehr der Fall seit …

Sie schluckte. Nun, seit ungefähr der Zeit, in der ihr Traum spielte.

Es war Sommer in Earnest, Washington, und die Sonne würde erst in etwa zwei Stunden untergehen. Doch wegen der hohen Bäume, die das idyllische viktorianische Haus umstanden, war das Licht darin gedämpft. Penelope schaltete eine Lampe ein und ging wieder Richtung Flur und Küche. Sie konnte nicht still sitzen und auf den Mann warten, der sie zu ihrem fünften Date abholen würde. Barnaby Jones war gar nicht so übel. In gewisser Hinsicht konnte man ihn durchaus „süß nennen“. Groß, breitschultrig und umgänglich. Aber der Sheriff der Stadt löste leider nicht einmal annähernd solche Gefühle in ihr aus, wie sie sie in ihrem Traum erlebte. Ein- oder zweimal hatte sie sogar im Schlaf einen Orgasmus gehabt, so intensiv waren ihre Erinnerungen.

Entweder das, oder sie war einfach ein bemitleidenswertes Individuum. Wie dem auch sei – der Gutenachtkuss, den Barnaby ihr nach den letzten beiden Dates gegeben hatte, hatte bloß schwesterliche Empfindungen in ihr ausgelöst.

Sie würde es ihrer Grandma Agatha und ihrer Großtante Irene nur höchst ungern beibringen, aber Tatsache war nun einmal, dass es in diesem Haus heute Abend keinen Sex geben würde. Auch wenn es hier noch so still war und Penelope Zeit hatte.

Allerdings war sie ziemlich dankbar für die saubere Bettwäsche, für die Agatha wegen des „großen Ereignisses“ gesorgt hatte. Der frische Duft der draußen auf der Leine getrockneten Baumwolle war vermutlich dafür verantwortlich, dass sie eingedöst war.

Und was den Traum anging …

Nein, darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Außerdem wollte sie die Häufigkeit dieses Traums in jüngster Zeit nicht damit in Verbindung bringen, dass der fragliche Mann wieder in der Stadt gesehen worden war. Die mögliche Nähe dieses Mannes hatte auch nichts mit ihren gemischten Gefühlen für Barnaby zu tun. Schließlich hatte sie ihn seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen. Er hatte keinen Einfluss mehr auf das, was sie tat oder fühlte.

Thor winselte zu ihren Füßen.

Penelope verzog den Mund. „Was ist los? Du hast Wasser, Futter …“

Wahrscheinlich wollte er nach draußen.

Sie schaute auf ihre Uhr. Das war gar keine so schlechte Idee. Bei der Gelegenheit konnte sie nach ihren Rosen und dem Gemüsegarten sehen.

Sie öffnete die leise quietschende Fliegentür, und Thor rannte hinaus. Penelope folgte ihm. Die Tür fiel hinter ihr zu, und sie stand in dem Garten, der sich in den vergangenen dreißig Jahren kaum verändert hatte. Die Bäume waren vielleicht ein bisschen gewachsen, und der Holzzaun im hinteren Teil des Grundstücks war erst ein paar Jahre alt. Doch wuchsen hier noch die gleichen Pflanzen, und der Gemüsegarten befand sich noch an der alten Stelle. Und abgesehen von einigen neuen Farbschichten war auch der geschlossene Pavillon noch derselbe.

Penelope zog es zu diesem romantischen Pavillon, in dem sie als Teenager so viele Jahre verbracht hatte. Sie ging an ihren Rosen vorbei und blieb erst unter dem Rundbogen stehen. Von dort aus betrachtete sie die gemütlichen Kissen, auf die sie ihren Kopf bei der Lektüre unzähliger Bücher gebettet hatte. Hier hatte sie sich auch vielen Träumen hingegeben.

Unwillkürlich berührte sie die eine Seite ihres Halses und fühlte sich in diesem Moment seltsam ausgeliefert. Fast kam es ihr so vor, als beobachte jemand sie.

„Hallo, Penelope.“

Sie wirbelte so schnell herum, dass sie auf den Holzstufen des Pavillons beinah das Gleichgewicht verloren hätte.

Aber Palmer DeVoe fing sie rechtzeitig auf …

Wunderschön …

So oft Palmer sich innerlich auf diesen Augenblick vorbereitet hatte – auf die tiefen, aufwühlenden Gefühle, die das Wiedersehen mit Penelope Weaver weckte, war er nicht vorbereitet. Begierde, Verlangen, Angst meldeten sich, alles nacheinander.

In seiner Erinnerung war Penelope noch immer die lebenslustige junge Frau mit dem strahlenden Lächeln, den Grübchen und der schlanken Figur. Sie war sein erstes erotisches Abenteuer, seine Highschool-Liebe und ja, er gab es zu, seine erste große Liebe überhaupt. Jetzt hatte sie sich in eine bodenständige, aufregende, sexy Frau verwandelt, deren Anblick ihn noch tiefer berührte.

Ihr lockiges Haar trug sie etwas kürzer, ihr Gesicht war ein wenig voller. Aber das Lächeln war noch immer freundlich, und ihre dunklen Augen blickten neugierig wie eh.

Palmer hielt nach wie vor ihren Arm fest. Sie schauten beide auf die Stelle, an der ihre Haut sich berührte.

Er ließ seine Hand noch ein wenig dort und staunte darüber, wie zart Penelopes Haut sich anfühlte. Dann zog er die Hand zurück, während Penelope gleichzeitig einen Schritt zurückwich.

„Ich habe schon gehört, dass du wieder in der Stadt bist“, sagte sie leise.

Er deutete auf den Pavillon hinter ihr. „Der kommt mir sehr bekannt vor.“

Sie schaute über die Schulter und errötete. Fast hätte er glauben können, dass sie gerade an ihn gedacht hatte, als er sie angesprochen hatte. Eigentlich hatte er hier nicht stehen bleiben wollen. Wie schon bei mehreren Gelegenheiten zuvor, war er einfach an diesem Haus vorbeigekommen. Nur hatte er Penelope diesmal im Garten entdeckt. Sie hatte dort gestanden wie ein Geist aus der Vergangenheit.

Penelope ging auf das Haus zu. Ihr Kleid umschmiegte ihren Körper an genau den richtigen Stellen.

Natürlich hatte Palmer gewusst, dass es unvermeidlich sein würde, ihr früher oder später über den Weg zu laufen. Nachdem er in den vergangenen Wochen seine Heimatstadt mehrmals besucht hatte, wohnte er inzwischen wieder hier. Zumindest auf absehbare Zeit. Was bedeutete, dass er viele Leute aus der Vergangenheit wiedersehen würde.

„Dies ist kein guter Zeitpunkt“, erklärte sie ruhig.

Er musterte sie im schwächer werdenden Tageslicht mit zusammengekniffenen Augen. „Ich hätte ja angerufen, aber …“

Ein schwacher Versuch, humorvoll zu sein, der kläglich scheiterte.

Palmer räusperte sich. „Ich wollte gar nicht vorbeikommen. Ich war nur auf dem Rückweg von der Main Street zu Foss’s Bed & Breakfast …“

Sie nickte. „Das habe ich mir schon gedacht.“

Sie schien ihn zu mustern, und er hatte das Gefühl, bei dieser Begutachtung durchzufallen.

„Du siehst gut aus“, stellte sie nur fest.

„Du auch.“

Ein verlegenes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Ich meine nicht … körperlich.“ Sie gab einen leisen Laut von sich. „Es scheint dir gut ergangen zu sein.“

Das stimmte, oder etwa nicht? Er hatte alles erreicht, was er sich erhofft hatte, als er damals Earnest verlassen hatte und nach Boston gegangen war. Und noch mehr.

Warum hatte er dann plötzlich das Gefühl, das sei alles sinnlos gewesen?

„Hallo?“, rief eine Männerstimme aus dem Haus.

Überrascht schaute Penelope in die Richtung.

Palmer verzog das Gesicht. Obwohl er um diese Information nicht gebeten hatte, berichteten viele Leute aus der Stadt ihm über Penelope. So erfuhr er, dass sie nach wie vor Single war und ihr ein kleiner Laden in der Main Street gehörte, einer der wenigen, der in dieser wirtschaftlich angeschlagenen, viertausend Einwohner zählenden Stadt noch nicht zugemacht hatte. Er war ein paar Mal nach Ladenschluss daran vorbeigegangen und hatte die bunten Teppiche an den Wänden betrachtet.

In keinem der Gespräche, die er geführt hatte, war ein Mann in Penelopes Leben erwähnt worden.

Aber natürlich gab es einen. Warum sollte er etwas anderes annehmen?

„Hast du deinen Vater schon besucht?“, wollte sie wissen, statt dem Mann zu antworten, der nach ihr rief.

Palmer nahm an, dass sie die Antwort auf diese Frage bereits kannte. Genauso, wie er viele Details über sie aus zweiter Hand kannte, so hatte sie sicher auch verschiedene Dinge über ihn gehört, seit er wieder zurück war. Es war zwar kein Staatsgeheimnis, aber er war sich ziemlich sicher, dass alle in der Stadt wussten, dass ein Besuch bei seinem alten Herrn noch ausstand.

Die Hintertür ging auf, und ein Mann, der Palmer gut bekannt war, kam heraus. Ein Mann, der ihn um etliche Zentimeter überragte und ihn mehrmals in seinem Wohnwagen besucht hatte, der ihm momentan als Büro diente. Sheriff Barnaby Jones hatte ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er ihn im Auge behalten würde. Der Sheriff zeigte ihm gegenüber eine gewisse Feindseligkeit.

Jetzt kannte er auch den Grund dafür.

Penelope lief zu dem Mann. „Barney! Hallo.“

Der Blick des Sheriffs, mit dem er sie ansah, und die Art, wie er ihr Komplimente zu ihrem Kleid machte, war für Palmers Begriffe einen Tick zu intim. Dann richtete der Sheriff seine Aufmerksamkeit auf ihn. Barnabys Miene veränderte sich.

„Barnaby, ich möchte dir einen … alten Freund der Familie vorstellen“, sagte Penelope. „Palmer DeVoe, dies ist Barnaby Jones.“

Palmer ging zu ihm und schüttelte ihm die Hand. „Ich glaube, wir sind uns bereits begegnet.“

„Ja, das sind wir.“ Aus dem Mund des Sheriffs klang es nach einer Warnung.

Penelope registrierte offenbar den Unterton und mischte sich ein.

„Barney und ich fahren zum Jahrmarkt in Lewisville“, sagte sie und machte ein verwirrtes Gesicht, als könne sie selbst nicht verstehen, warum sie das gesagt hatte. „Es war schön, dich zu sehen, Palmer. Ich hoffe, du genießt deinen Besuch hier. Du warst schon eine Weile nicht mehr zu Hause, und ich weiß, dass alle sich freuen, dich zu sehen.“

Palmer straffte die Schultern unter dem prüfenden Blick des Sheriffs und schenkte Penelope sein charmantestes Lächeln. „Besuch? Ich bin nicht zu Besuch hier. Ich bin zurückgekommen.“

2. KAPITEL

Die nicht ganz korrekte Bemerkung rief exakt die Reaktion hervor, die Palmer beabsichtigt hatte. Nur bedeutete das nicht allzu viel, da Penelope zusammen mit Barnaby in ihrem Haus verschwunden war und ihn allein am Gartentor zurückgelassen hatte.

„Und denk dran, wohin du auch gehst, da bist du.“

Das Zitat von Konfuzius, das seine Mutter gern wie ein Papagei nachgeplappert hatte, kam ihm in den Sinn, als er sich auf den Weg zum Bed & Breakfast machte. Er schob die Hände in die Taschen seiner Kakihose und dachte über die Worte der Frau nach, die er geliebt und verloren hatte. In diesem Fall durch den Tod.

Janice DeVoe war so süß gewesen, dass sein Vater einmal gesagt hatte, man bräuchte keinen Zucker im Kaffee, wenn sie sich im selben Zimmer aufhielt. Das war natürlich lange, bevor alles zum Teufel ging, gewesen. Und bevor sie diese Krankheit bekommen hatte, die sie geleugnet hatte, bis es zu spät gewesen war.

Gern hatte sie Geschichten über ihr einziges Kind erzählt, den unangefochtenen Sonnenschein ihres Lebens. Zum Beispiel, wie er, kaum dass er sprechen konnte, verkündet hatte, er würde ein wichtiger Mann werden, der reichste der Welt und, wenn es noch in seine Pläne passte, Präsident der Vereinigten Staaten. Und sie hatte ihn bei allem ermutigt, was immer er vorgehabt hatte.

Bis sie dem Tod nahe gewesen war und an den Sohn gedacht hatte, den sie so liebte … und an den Vater, der anfangs von der besonderen Mutter-Sohn-Bindung amüsiert gewesen, später jedoch zunehmend eifersüchtig geworden war.

Da hatte Janice das Zitat zum letzten Mal benutzt und die beiden Männer in ihrem Leben dazu aufgerufen, ihre Differenzen beizulegen und sich miteinander zu versöhnen. Sie hatte gesagt, sie würden einander jetzt brauchen.

Dann war sie gestorben, und Palmer und sein Vater hatten sich wie zwei Fremde angestarrt.

Kurz darauf war Palmer fortgegangen. Abgesehen von kurzen Anrufen zu Weihnachten und an den Geburtstagen sprachen er und sein Vater seitdem kaum miteinander.

Palmer näherte sich jetzt der Ecke Maple und Elm Street. Er blieb stehen, ehe er die Kreuzung überquerte. Nicht wegen des Verkehrs. Um diese Uhrzeit an einem Freitagabend gab es nämlich keinen. Nein, er blieb stehen, statt direkt auf das B&B zuzugehen, weil er rechts abbiegen konnte. Drei Blocks weiter lag die Straße, in der er aufgewachsen war und die er seit seinem neunzehnten Lebensjahr nicht mehr besucht hatte.

„Ich bin nächste Woche in der Gegend“, hatte er seinem Vater am Telefon erklärt.

Thomas hatte einen verächtlichen Laut von sich gegeben. „Dann werde ich mal die Medien informieren.“

Eine Einladung zu einem Besuch gab es nicht. Keinerlei Andeutung, dass Thomas seinen Sohn gern wiedersehen würde.

Ehe er so recht wusste, was er tat, bog Palmer rechts ab und schlug den Weg ein, den er früher oft gegangen war. Nach wenigen Minuten stand er vor dem Haus, auf das seine Mutter so stolz gewesen war. Er hätte es nicht wiedererkannt, wenn nicht der schiefe, verrostete Briefkasten mit dem Familiennamen gewesen wäre, der am ungepflasterten Bordstein stand.

Das schlichte einstöckige Schindelhaus war einst in strahlendem Weiß gestrichen worden, mit taubenblauen Fensterläden. Mit bunt blühenden Blumenbeeten, ordentlich geschnittenen Büschen und gemähtem Rasen. Jetzt sah alles verlassen aus, als sei Palmers Mutter der einzige Besitzer gewesen und als hätte seitdem niemand mehr hier gewohnt.

Palmer öffnete die Gartenpforte, die schief in den Angeln hing, und ging langsam über den von Unkraut überwucherten Schotterweg. Die Fenster waren fast bis zur Hälfte von den Büschen zugewachsen. Auf den rissigen Betonstufen lag eine Zeitung. Er hob sie auf, überprüfte, ob es sich um die heutige Ausgabe handelte, und klopfte an die Tür.

Die Fliegentür war so dreckig, dass er die offene Haustür dahinter gar nicht bemerkt hatte. Bis er die heisere Stimme seines Vaters so nah hörte, als stünde der alte Mann direkt neben ihm.

„Was zur Hölle wollen Sie?“, rief er. „Ich kaufe nichts.“

Palmers Vater murmelte noch etwas, aber das war offenbar nicht für den Besucher vor der Tür bestimmt.

Wie leicht es wäre, einfach wieder umzudrehen. Einfach fortzugehen und so zu tun, als sei er nie hier gewesen.

Palmer legte die Hand auf den Türgriff und stellte fest, dass abgeschlossen war.

„Ich habe gefragt, was zur Hölle Sie wollen.“

Der alte Mann stand inzwischen direkt auf der anderen Seite der Fliegentür und starrte hinaus.

Thomas DeVoe erkannte seinen Sohn nicht.

Und Palmer hätte seinen Vater nicht erkannt, wenn er nicht genau gewusst hätte, dass er vor dem richtigen Haus stand.

Sein Vater, der früher groß gewesen war, schien um einige Zentimeter geschrumpft zu sein. Vielleicht lag es auch an den eingesunkenen Schultern, als hätte er nicht mehr die Kraft, sich aufrecht zu halten. Durch den Dreitagebart wirkte sein Gesicht noch hagerer, als es ohnehin schon war, und sein ergrauendes Haar verriet, dass ein Friseurbesuch mindestens einen Monat überfällig war. Er trug ein Unterhemd, das eher grau als weiß war, und seine Hose wäre ihm glatt von den mageren Hüften gerutscht, wenn sie nicht von einem Gürtel gehalten worden wäre.

Palmer wedelte mit der Zeitung. „Hallo, Pops.“

Thomas blinzelte. Er schien aus jeder Pore Alkohol zu verdunsten.

„Ich habe bloß einen Sohn, und das sind nicht Sie“, sagte er und wollte die Tür schließen.

Wohin du auch gehst, da bist du …

„Ist alles in Ordnung mit dir?“, erkundigte Barnaby sich schon zum dritten Mal innerhalb einer Stunde bei Penelope.

Sie schob die Hand in seine Armbeuge, während sie über den Jahrmarkt schlenderten. Überall duftete es nach Bratwürsten und Zuckerwatte, und Kinder schrien vor Begeisterung bei ihren Vergnügungsfahrten.

„Mit mir ist alles in Ordnung“, versicherte sie ihm.

Was glatt gelogen war. Mit ihr war überhaupt nichts in Ordnung. In Gedanken war sie noch immer bei der Szene in ihrem Garten, kurz bevor ihr Date auftauchte. Sie verspürte ein Kribbeln, als hätte Palmer sie nicht bloß angesehen.

Verdammter Kerl.

„Möchtest du gern ein Schweinsohr?“, fragte Barnaby.

Penelope sah ihn verwirrt an. „Wie bitte?“

Er deutete auf eine Essensbude.

Sie lachte, da sie erst jetzt verstand, dass er das frittierte Gebäck meinte. Dann schaute sie auf ihren Bauch, den sie gedankenverloren gerieben hatte. Denn sie hatte bereits das Gefühl, als befänden sich echte Schweinsohren darin und versuchten hinauszuflattern.

„Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“

Penelope zögerte. „Es tut mir leid“, erwiderte sie aufrichtig. „Aber ich glaube, so gut geht es mir eigentlich nicht. Ich muss etwas gegessen haben, das mir nicht bekommen ist.“

„Die Bratwurst vielleicht?“

„Das glaube ich nicht. Es muss vorher gewesen sein, bevor wir hierher fuhren.“

Genau genommen hatte es in dem Moment angefangen, als sie Palmer in die Augen gesehen hatte.

„Ich frage dich nur ungern, aber könntest du mich nach Hause fahren?“

Barnaby sah sie prüfend an. Doch falls es eine Erklärung in ihrer Miene zu lesen gab, so fand er sie nicht. „Ist es so schlimm?“

Sie nickte. „Ich will dir wirklich nicht den Abend verderben, aber ich kann bloß noch daran denken, nach Hause zu fahren und mich hinzulegen.“

Und sich ihren Erinnerungen hinzugeben. Aber das würde sie ihm selbstverständlich nicht sagen. Sie würde niemals gestehen, dass Palmers Auftauchen eine solch unerwartete Wirkung auf sie hatte. Weder Barnaby noch Palmer würde sie das anvertrauen.

„Möchtest du eins zum Mitnehmen?“, fragte Barnaby.

Sie lächelte. „Ja, danke. Das wäre nett. Danke.“

Als Penelope auf der Veranda vor ihrem Haus stand, ein eingewickeltes Schweinsohr in der Hand, fragte Barnaby: „Möchtest du, dass ich noch mit reinkomme?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich fürchte, ich wäre keine angenehme Gesellschaft.“

Die Nacht war inzwischen hereingebrochen, der Tag nur noch ein dunkelviolettes Schimmern am westlichen Abendhimmel. Penelope hatte ihr Verandalicht angelassen, das Barnabys attraktive Gesichtszüge hervorhob.

„Danke, dass du mit mir auf dem Jahrmarkt warst. Und dafür auch“, fügte sie hinzu und hielt das Gebäck hoch.

„Gern geschehen.“

Er stieg die letzte Stufe hinauf. Penelope wusste, dass er sie küssen wollte. Hastig versuchte sie sich etwas einfallen zu lassen, um diesen Kontakt zu vermeiden.

„Gute Nacht“, sagte sie und wandte sich ab. „Ich muss dringend etwas gegen meine Magenbeschwerden nehmen.“

„Bei mir hilft Natron immer Wunder“, meinte er.

Sie schloss schnell die Tür auf und huschte ins Haus. „Danke. Das könnte genau das sein, was ich brauche.“

Bevor er ihr anbieten konnte, ihr Natron zu besorgen, machte sie die Tür hinter sich zu und wartete darauf, ihn weggehen zu hören. Als ihr klar wurde, dass er womöglich wartete, ob sie allein im Haus zurechtkäme, schaltete sie das Licht ein und spähte durch die Vorhänge. Er stand noch immer dort draußen, deshalb winkte sie einmal und zog die Türvorhänge zu.

Endlich hörte sie seine Schritte, als er zurück zu seinem Wagen ging. Kurz darauf war das Geräusch des anspringenden Motors zu hören.

Penelope seufzte erleichtert. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie die Luft angehalten hatte.

Sie ging in die Küche und schaltete unterwegs weitere Lampen ein. Theoretisch war Barnaby Jones der perfekte Mann für sie. Abgesehen davon, dass er attraktiv und Single war, hatten sie auch noch die gleichen Schulen besucht. Sie kannten die gleichen Leute und mochten die gleichen Unternehmungen. Tja, vielleicht lag genau darin das Problem – sie passten einfach zu gut zusammen.

Sie legte das Schweinsohr auf die Küchenarbeitsfläche und verfluchte im Stillen ihre Großmutter und Tante für deren ewige Einmischungen. Allerdings war Barnaby deutlich besser als so mancher der anderen Männer, mit denen die beiden sie zu verkuppeln versucht hatten. Da war zum Beispiel der geschiedene Automechaniker, der alle fünf Minuten seine Muskeln angespannt hatte, weil er gedacht hatte, das gefiele ihr. Und der brave Vizepräsident der Bank, der ständig seine Brille auf der Nase hochgeschoben hatte, aber ihr vor Schüchternheit kaum in die Augen schauen konnte. Er hatte sich so fest an sie geklammert, als sie ihn geküsst hatte, dass sie befürchten musste, er würde sie nie wieder loslassen. Bei dem Versuch, sich wieder von ihm zu lösen, hätte sie ihn beinahe die Verandastufen hinuntergeschubst.

Auf ihrer Date-Skala belegte Barnaby also klar einen der oberen Plätze.

Wenn es nur aufregender wäre, ihn zu küssen! Aber das war, als würde sie ihre Großmutter küssen. Sie verzog das Gesicht wegen des Vergleichs, und dabei fiel ihr auf, dass es im Haus viel zu ruhig war. Es lag nicht nur an der Abwesenheit der beiden alten Damen, die ihr diesen neuesten Schlamassel eingebrockt hatten.

„Thor?“, rief sie.

Keine Antwort. Was nichts Ungewöhnliches war. Wenn der Hund sich irgendwo zusammengerollt hatte und schlief, würde er sich nicht vom Fleck rühren.

Sie öffnete die Tür zur Vorratskammer und nahm die Tüte mit seinen Lieblingshundekuchen heraus. Doch er tauchte noch immer nicht auf.

Das war eigenartig. Normalerweise würde er jetzt schon hechelnd vor ihr sitzen.

Autor

Tori Carrington

Lori und Tony Karayianni haben unter dem Namen Tori Carrington mehr als 35 Liebesromane veröffentlicht, und schreiben seit über 21 Jahren gemeinsam. Diese Tatsache verrät schon einiges über die beiden!

Auch wenn sie sich mittlerweile gar nicht mehr vorstellen können, jemals ohne einander gewesen zu sein, gab es auch ein...

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