Zurück in die Arme des griechischen Millionärs?

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Wie Smaragde schimmern Nik Christakis’ Augen - und wecken eine Begierde in Betsy, gegen die sie machtlos ist. Dabei wollte sie eigentlich nur noch eins von dem griechischen Millionär: die Scheidung! Doch ein letztes Mal gibt sie seiner Anziehung nach. Mit ungeahnten Folgen …


  • Erscheinungstag 17.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739089
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Eine Scheidung kann auch zivilisiert ablaufen“, bemerkte Cristo Ravelli vorsichtig.

Nik Christakis wäre fast in höhnisches Gelächter ausgebrochen, als er diese Worte aus dem Munde seines kaum zwei Monate älteren Halbbruders hörte. Nur sein aufrichtiger Respekt für Cristo hielt ihn von einer schneidenden Antwort zurück. Sein Bruder wusste ja nicht, wie es sich anfühlte, mitten in einem erbitterten Scheidungskrieg zu stecken.

Cristo war frisch und sehr glücklich verheiratet und hatte noch keine negativen Erfahrungen auf diesem Gebiet… oder auf sonst einem. Er war so geradlinig und solide wie ein Lineal. In ihm gab es keine verborgenen Winkel, keine dunklen Geheimnisse. Sein Bruder ahnte nichts von den schrecklichen Dingen, die Nik in seinem Leben bereits hatte erleben müssen. Und auf keinen Fall würde Nik ihn ausgerechnet jetzt damit konfrontieren!

„Du fragst dich vermutlich, warum ich so dreist bin, dir einen Rat zu erteilen“, fügte Cristo diplomatisch hinzu. „Aber du und Betsy hattet mal eine gute Beziehung, und etwas weniger verkrampft und aggressiv an die Sache ranzugehen, wäre bestimmt besser für euch bei…“

„Dann wird es dich bestimmt freuen zu hören, dass Betsy und ich uns morgen mit unseren Anwälten treffen, um die Aufteilung des Vermögens zu regeln“, erklärte Nik, die schmalen dunklen Gesichtszüge grimmig und hart.

„Es geht doch nur um Geld, Nik, und … Dio mio.“ Cristo seufzte tief, als er an das Imperium dachte, das sein Workaholic-Tycoon-Bruder aus dem Nichts aufgebaut hatte. „Davon hast du doch jede Menge.“

Nik biss die makellosen weißen Zähne zusammen. Kaum gezügelte Wut blitzte in seinen hellgrünen Augen auf. „Darum geht es nicht!“, sagte er schroff. „Betsy will mich ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Sie will mir die Hälfte meines Vermögens abknöpfen!“

„Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, warum sie auf einmal so viel fordert“, räumte Cristo ein. „Sie kam mir bisher überhaupt nicht geldgierig vor. Hast du versucht, mit ihr zu reden?“

Nik runzelte gereizt die Stirn. „Warum sollte ich mit ihr reden wollen?“ Sein entgeisterter Tonfall suggerierte, dass ihm schon die bloße Idee völlig vorrückt vorkam. „Sie hat mich rausgeworfen, die Scheidung eingereicht und will mir jetzt Milliarden abknöpfen!“

„Sie hatte ihre Gründe dafür, dich aus dem Haus zu werfen“, rief Cristo seinem Bruder vorsichtig ins Gedächtnis.

Statt einer Antwort presste Nik nur stur die Lippen zusammen. Er hatte seine eigene Erklärung dafür, warum seine Ehe gescheitert war: weil er eine Frau geheiratet hatte, die keine Kinder wollte und die dann ihre Meinung geändert hatte! Klar hatte er ihr etwas sehr Wichtiges verschwiegen, aber er war verständlicherweise davon ausgegangen, dass ihr plötzlicher Meinungswechsel nur eine Laune war und ihr Wunsch hoffentlich genauso schnell wieder verschwinden würde wie er aufgetaucht war.

„Es war mein Haus“, entgegnete er flach.

„Dann willst du ihr Lavender Hall jetzt also genauso wegnehmen wie den Hund?“

„Gizmo gehörte ebenfalls mir.“ Nik warf einen Blick in die Richtung des besagten Hundes, der vor zwei Monaten in seine Obhut zurückgeholt worden war und noch immer den jämmerlichen Anblick einer tiefen Hundedepression bot. Gizmo lag inmitten von nicht angerührtem Gummispielzeug vor einem Fenster, die Schnauze trübsinnig auf die zottigen Pfoten gelegt. Das Tier hatte alles, was man nur für Geld kaufen konnte, doch trotz Niks größter Bemühungen trauerte die dämliche Töle seiner Ex immer noch hinterher.

„Weißt du überhaupt, dass sie völlig am Boden zerstört gewesen ist, als du ihr den Hund weggenommen hast?“, fragte Cristo.

„Die drei Seiten tränenbefleckter Anweisungen ließen darauf schließen, ja“, erwiderte Nik sardonisch. „Sie macht sich mehr Sorgen um den Hund als um mich.“

„Vor noch nicht mal einem Jahr hat sie dich noch angebetet“, widersprach Cristo.

Nik musste zugeben, dass er das sehr genossen hatte. Weniger gefallen hatte ihm allerdings, dass diese Bewunderung sich nun in Hass verwandelt hatte. Und in Fragen, die er nicht beantworten konnte. Okay, das stimmte nicht ganz. Unter Zwang hätte er ihr seine Gründe vielleicht erklären können, aber er wollte sich weder ihrem Mitleid noch ihrem Entsetzen aussetzen. Es gab Dinge, die ein Mann einfach für sich behalten musste. Weil sie zu schrecklich waren, um sie jemandem anzuvertrauen …

Cristo zögerte einen Moment. „Als du mich dazu aufgefordert hast, nach eurer Trennung mit Betsy zu reden und mich ein bisschen um sie zu kümmern, dachte ich, dass ich den Vermittler spielen soll, weil du sie noch liebst und sie zurückwillst.“

Niks attraktives Gesicht verzerrte sich zu einer höhnischen Grimasse. „Ich habe sie nicht geliebt“, erklärte er kalt. „Ich habe noch nie jemanden geliebt. Ich mochte sie und vertraute ihr. Sie war eine gute Hausfrau.“

„Eine gute Hausfrau?“

„Ja, sie war eine gute Hausfrau“, wiederholte Nik stur. Cristo konnte natürlich nicht nachvollziehen, warum Nik eine solche Eigenschaft bei einer Frau so anziehend fand. „Aber mein Vertrauen in sie war nicht gerechtfertigt. Natürlich will ich sie nicht zurück.“

„Bist du dir da absolut sicher?“

„Klar“, bestätigte Nik, ohne zu zögern. Die Scheidung war zwar noch nicht durch, aber er hatte Betsy längst abgehakt. Für einen griechischen Milliardär war sie ohnehin eine etwas unpassendere Partnerin gewesen. Als er ihr begegnet war, hatte er noch große Probleme gehabt, aber inzwischen war das vorbei. In den sechs Monaten seit dem Scheitern seiner Ehe hatte er sich sehr verändert und war stolz darauf.

Endlich hatte er seine schreckliche Kindheit überwunden und konnte neu durchstarten. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war, seine alten Fehler zu wiederholen – und Betsy war ein gewaltiger Fehler gewesen.

Betsy versuchte, ihre innere Anspannung zu verdrängen, aber das Warten in dem eleganten Konferenzraum machte sie so nervös, dass sie schon bei dem kleinsten Geräusch zusammenzuckte.

Kein Wunder, schließlich war es jetzt schon ein halbes Jahr her, dass sie Nik zuletzt gesehen hatte – sechs Monate, in denen auch noch der letzte Rest ihres gebrochenen Herzens in den Staub getreten worden war. Er hatte sich geweigert, sie zu sehen und ihr keinerlei Erklärung für sein völlig unverständliches Verhalten gegeben.

In einem einzigen Augenblick war damals aus einer glücklich verheirateten Frau, die gerade ihr erstes Baby plante, eine bitter hintergangene und verletzte Ehefrau geworden. Es mochte Betsy gewesen sein, die Nik rauswarf, aber im Grunde hatte er sie verlassen. Ohne einen Blick zurück war er gegangen, so, als ob ihm drei Jahre Ehe absolut nichts bedeuteten.

Erst später – viel zu spät – war Betsy bewusst geworden, dass sie einen Mann geheiratet hatte, der ihr nie eine Liebeserklärung gemacht hatte. Einen Mann, in dessen Leben nur eines von Bedeutung war – seine Arbeit.

War es ein Wunder, dass sie da hatte zurückschlagen wollen, auch auf die Gefahr hin, dass sie sich damit seinen Hass zuzog? Inzwischen war es ihr nämlich egal, völlig egal, was Nikolos Christakis von ihr hielt! Ihre Liebe zu ihm war erloschen, als ihr bewusst geworden war, wie wenig sie oder ihre Ehe ihm bedeutet hatten. Ihr jetziges Verhalten war nur die Rache für ihr gebrochenes Herz.

Rache …

Das klang weder hübsch noch weiblich und war bestimmt das Letzte, was ein so manipulativer und gerissener Geschäftshai wie Nik Christakis von seiner einst so gefügigen künftigen Ex-Frau erwartet hatte. Indem sie die Hälfte seines Vermögens verlangte, traf sie ihn an seiner empfindlichsten Stelle. Sie mochte ihm gleichgültig sein, aber sein kostbares Geld war es nicht. Dafür sprach schon allein, dass er erst jetzt bereit war, sich wieder mit ihr zu treffen …

Als Betsy Schritte vor der Tür hörte, versteifte sie sich unwillkürlich. Die Türklinke bewegte sich, doch niemand trat ein. Betsy saß da wie zur Salzsäule erstarrt. Das Herz schlug ihr vor Nervosität bis zum Hals.

„Überlassen Sie lieber uns das Reden“, sagte ihr Anwalt Stewart Annersley nicht zum ersten Mal zu ihr. Was er in Wirklichkeit meinte, war, dass Betsy den gegnerischen Anwälten nicht gewachsen sein würde. Für Betsy war das nichts Neues. Auch nach drei Jahren Ehe mit einem Mann wie Nik war sie noch immer viel zu gutgläubig. Zumindest konnte sie sich nicht auf ihre Menschenkenntnis verlassen.

Nie hätte sie zum Beispiel damit gerechnet, dass Nik ihr Gizmo wegnehmen würde. Der kleine Hund war nach der Trennung ihr einziger Trost gewesen, und Nik mochte Hunde noch nicht mal. Ihre einzige Erklärung dafür war inzwischen, dass Nik ein absoluter Kontrollfreak war. Was ihm gehörte, hatte gefälligst auch in seinem Besitz zu bleiben … es sei denn natürlich, es handelte sich um eine abgelegte Ehefrau.

Sein neuester Coup war, sich den Landsitz unter den Nagel reißen zu wollen, der ihm nie gefallen hatte und den sie liebte. Natürlich war er der Besitzer und hatte die Restaurierung bezahlt, aber er hatte das Haus mit sämtlichen Nebengebäuden nur ihr zuliebe gekauft. Oder irrte sie sich auch da? War Lavender Hall doch nur eine vielversprechende Investition für ihn gewesen? Betsy konnte ihren Mann einfach nicht mehr einschätzen.

Ohne Vorwarnung ging die Tür plötzlich doch auf, und Nik stand vor ihr. Betsys Herz machte bei seinem Anblick einen Satz. Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Sie konnte sich weder rühren noch atmen, sprechen oder blinzeln, so intensiv war die Wirkung der rohen sexuellen Energie, die Nik ausstrahlte.

Seine außergewöhnlich hellen grünen Augen glitzerten wie Smaragde in seinem schmalen schönen Gesicht. Erinnerungen überwältigten Betsy – von ihrem katastrophalen ersten Date mit Nik über ihre idyllischen Flitterwochen bis hin zu ihrer Einsamkeit, nachdem die Realität sie schließlich doch eingeholt hatte. Resolut verdrängte sie die Bilder in ihrem Kopf. Nicht schon wieder! schwor sie sich innerlich. Diesmal würde es ihm nicht gelingen, sie zu verunsichern.

Entschlossen hob sie das Kinn, straffte die verkrampften Schultern und richtete den Blick auf ihn, wobei sie jedoch direkten Blickkontakt vermied. Seine Gegenwart verstörte sie tiefer als ihr lieb war. Wie hatte es nur so weit kommen können? Wie hatte es passieren können, dass aus dem Mann, den sie mal so geliebt hatte, ihr schlimmster Feind geworden war? Was hatte sie falsch gemacht? Was hatte sie getan, dass er sie so feindselig behandelte?

Nik konnte den Blick kaum von Betsy losreißen. Sie wirkte so klein! Betsy war nie besonders groß oder kräftig gewesen – kaum dass sie fünfzig Kilo auf die Waage brachte! Aber jetzt …Oder wirkte sie nur neben ihren Anwälten so zierlich?.

Unwillkürlich fragte Nik sich, ob sie genug aß, verdrängte seinen aufwallenden Beschützerinstinkt jedoch rasch, weil er total unangemessen war. Ob sie genug aß, ging ihn genauso wenig etwas an wie die Tatsache, dass ihr Anwalt Annersley sich etwas zu dicht zu ihr herüberbeugte, als er etwas zu ihr sagte. Sie würde für jeden raffgierigen Mann eine echte Trophäe sein, wenn sie auch nur einen Bruchteil von Niks Vermögen bekam.

Ist mir doch egal, sagte Nik zu sich selbst, während er sich mit unnötiger Heftigkeit auf den Stuhl setzte, den einer seiner Anwälte ihm hinschob. Selbstverständlich würde es in Betsys Leben noch andere Männer geben; sie war eine echte Schönheit.

Verstohlen musterte er ihr blasses Profil. Sie hatte ihn immer an eine zerbrechliche Glasfigur erinnert. Sie war genau die Art Frau, die in einem Mann den Instinkt weckte, sie beschützen zu wollen.

Und wohin hat mich das gebracht? fragte er sich zynisch. Vor den Scheidungsrichter!

Er wusste noch genau, wie sie ihn damals angesehen hatte, mit Tränen in den blauen Augen. „Ich will ein Baby!“ Seiner Meinung nach hatte sie mit diesem Satz selbstsüchtig ihre voreheliche Vereinbarung gebrochen – und ihm damit ohne ihr Wissen total den Boden unter den Füßen weggezogen.

Als Nik bewusst wurde, dass sie das so sehnlich erwünschte Baby früher oder später mit einem anderen Mann bekommen würde, krampfte sein Magen sich schmerzlich zusammen. Er stürzte seinen schwarzen Kaffee so hastig hinunter, dass er sich dabei den Mund verbrannte.

Auf keinen Fall würde er zulassen, dass Betsy ihn ausnahm wie eine Weihnachtsgans, so wie sein Gigolo-Vater Gaetano Ravelli das früher bei Niks Mutter Helena versucht hatte. Doch wenn Helena Christakis schlau genug gewesen war, sich nicht von Gaetano übers Ohr hauen zu lassen, dann würde Nik sich so etwas erst recht nicht gefallen lassen.

Gut, dass Betsy ihm völlig gleichgültig war. Er hatte die Genugtuung kaum erwarten können, sie wiederzusehen und nichts dabei zu empfinden. Und da saß sie: zierlich, blond, mit blasser Porzellanhaut und rosa Schmollmund.

Nik biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf ihre Mängel, die er in seiner Fantasie sogar noch übertrieb: den kleinen Höcker auf ihrer Nase, die Sommersprossen und die flache Figur. Körperlich war sie alles andere als perfekt … Was zum Teufel hatte er je nur an ihr gefunden?

Ohne Vorwarnung hob Betsy den Blick und sah ihn aus Augen an, deren Farbe ihn immer an das tiefste Meer erinnerte. Auf der Stelle überkam Nik ein überwältigendes Gefühl der Begierde. Er fühlte sein Blut durch die Adern rauschen, fühlte, wie seine Muskeln sich anspannten. Seine maßgeschneiderte Hose saß plötzlich viel zu eng … Diese Reaktion war ein echter Schock für ihn, und er war sonst nicht so leicht zu schockieren. Ihm brach der kalte Schweiß aus. Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um sich wieder zusammenzureißen.

Bestimmt reagierte er nur deshalb so intensiv auf sie, weil sie ihm doch noch vertraut war. Klar, es konnte gar nicht anders sein!

Betsy senkte den Blick zur Tischplatte, als die Verhandlungen begannen. Nik saß weit genug von ihr entfernt, um ihn zu ignorieren, doch es fiel ihr verdammt schwer, ihn nicht anzusehen. Es war so lange, so unendlich qualvoll lange her, dass sie ihn zuletzt gesehen hatte. Aus irgendeinem Instinkt heraus, den sie nicht unterdrücken konnte, hob sie den Kopf und begegnete für den explosiven Bruchteil einer Sekunde lang Niks Blick. Seine hellgrünen Augen leuchteten faszinierend in seinem dunklen attraktiven Gesicht.

Ihr stockte der Atem, und sie erstarrte, als sie spürte, wie heftig ihr Körper auf ihn reagierte. Ihr wurde heiß, und sie konnte buchstäblich spüren, wie ihre Brustknospen in ihrem BH prickelten und hart wurden. Erotische Fantasien schossen ihr durch den Kopf und trieben ihr die Röte in die blassen Wangen. Es kränkte sie daher noch nicht mal, dass Nik den Blick zuerst von ihr abwandte. Sie war einfach nur froh, erlöst zu werden.

Wie konnte es sein, dass er immer noch eine solche Wirkung auf sie hatte? Wie konnte sie ihn körperlich noch so anziehend finden?

Schließlich war sie seinetwegen durch die Hölle gegangen! „Du wirst das noch bitter bereuen“, hatte Nik ihr gedroht, als sie ihn rausgeschmissen hatte, doch damals hatte sie nur bereut, nicht eher von seinem Geheimnis erfahren zu haben. Sie hatte die Wahrheit erst aus dem Munde einer seiner Brüder erfahren, was schrecklich demütigend für sie gewesen war.

Rückwirkend wusste sie, dass sie sich wie eine Furie aufgeführt hatte. Doch der Zusammenbruch ihrer Illusionen hatte sie so blind vor Wut gemacht. Sie hatte gebrüllt und geflucht, Nik hingegen war so reglos wie ein Fels in der Brandung dagestanden – völlig ungerührt von ihrer Wut, ihren Tränen und ihren Bitten nach Erklärungen. Er hatte ihr keine Antworten gegeben, sondern nur emotionslos bestätigt, was sie von seinem jüngeren Bruder Zarif erfahren hatte: dass Nik sich im Alter von zweiundzwanzig Jahren hatte sterilisieren lassen und sie daher niemals ein Kind von ihm bekommen würde.

Leider hatte Nik nicht nur vor ihrer Hochzeit versäumt, ihr das zu erzählen, sondern auch noch zugelassen, dass sie monatelang vergeblich versucht hatte, von ihm schwanger zu werden. Warum hatte er ihr nicht spätestens da die Wahrheit gesagt? Warum nur? Wieder und wieder hatte sie ihm diese Frage gestellt, doch er hatte sie nur schweigend angesehen.

Marisa Glover, Niks berühmte Scheidungsanwältin, musterte Betsy kühl und fragte sie beiläufig, wie sie eigentlich darauf kam, dass eine ehemals mittellose und unter Legasthenie leidende Kellnerin, die seit ihrer Heirat nicht gearbeitet hatte, Anspruch auf das Vermögen ihres Mannes erheben wollte. „Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge: Sie haben noch nicht mal Kinder, die Unterhalt brauchen“, rief die kühle blonde Schönheit der Tischrunde ins Gedächtnis.

Betsy wurde blass. Noch nie hatte sie sich so gedemütigt gefühlt. Nik hatte seinen Anwälten also von ihrer Legasthenie erzählt! Und ihr vorzuhalten, dass sie keine Kinder hatte, war einfach nur zynisch und grausam. Schließlich hatte sie sich verzweifelt nach welchen gesehnt und Nik hatte sie ihr unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vorenthalten!

Nik musterte Betsys angespanntes Profil. Sie blinzelte nervös und hatte die Lippen fest zusammengepresst. Er sah ihr an, dass sie verletzt und gedemütigt war, aber schließlich hatte er sich nicht umsonst für Marisa entschieden; sie war die beste Scheidungsanwältin Londons und bekannt für ihre Erbarmungslosigkeit. Hatte Betsy etwa damit gerechnet, dass er Rücksicht auf sie nehmen würde? Hatte sie denn nicht gewusst, dass bei einer Scheidung alles an schmutziger Wäsche gewaschen wurde, was man nur hervorzerren konnte? War sie wirklich so naiv?

Nicht mehr lange, und ihre Anwälte würden den Gegenangriff starten. Genug Munition hatten sie jedenfalls. Sie würden genau wissen, dass er nicht wollte, dass etwas von seiner Sterilisation an die Öffentlichkeit kam. Schließlich handelte es sich dabei um eine Privatsache. Und zwar um eine weitaus schützenswertere Privatsache als Betsys Legasthenie, für die sie sich immer so geschämt hatte.

Aber plötzlich machte Betsys offensichtlicher Schmerz Nik schwer zu schaffen. Er hielt es kaum noch aus, die Anwältin so über sie reden zu hören.

Als Betsys Anwalt das Wort ergriff, erinnerte er Marisa daran, dass Nik seiner Frau während ihrer Ehe verboten hatte zu arbeiten – und ließ ihn damit wie einen rückschrittlichen Chauvinisten dastehen. Marisa wiederum wies darauf hin, dass Betsy nicht die nötige Bildung hatte, um etwas anderes als Hilfsarbeiten anzunehmen und dass man von einem Mann mit Niks gesellschaftlicher Stellung kaum erwarten konnte, so etwas zu tolerieren.

Irgendwann fand Nik das Ganze so unerträglich, dass sein ohnehin schon explosives Temperament mit ihm durchging. Er schlug mit den Händen auf den Konferenztisch und sprang so abrupt auf, dass die anderen erschrocken zurückprallten. „Es reicht!“, sagte er schroff. „Marisa, Ihnen ist sehr wohl bewusst, dass Betsy in Lavender Hall ein eigenes Geschäft hat.“

„Ja, aber …“

„Dieses Meeting ist hiermit beendet“, unterbrach er die Anwältin grob. „Ich wünsche keine weiteren Diskussionen.“

„Aber wir haben uns doch noch gar nicht geeinigt“, protestierte Annersley.

Betsy sah Nik verwirrt an. Hatte er dieses demütigende Meeting wirklich gerade beendet? Ihr zuliebe etwa? Nein, das konnte nicht sein! Sie weigerte sich einfach, das zu glauben. Es musste ein anderes Motiv dahinterstecken.

Es hatte sie tief getroffen, mit ihrer Legasthenie konfrontiert zu werden, ganz zu schweigen von dem Seitenhieb auf ihre mangelnde Bildung, zumal Nik sich immer bitter beschwert hatte, wenn sie die Abendschule besuchte. Für sich selbst hatte er selbstverständlich das Recht herausgenommen, beruflich jederzeit durch die Gegend zu reisen, aber wenn er zu Hause war, hatte er von ihr erwartet, für ihn da zu sein. Sie hatte seinem ständigen Genörgel schließlich nur deshalb nachgegeben, weil sie naiv genug gewesen war zu glauben, dass er sie brauchte.

„Es wird kein weiteres Meeting geben“, erklärte Nik und ging zur Tür hinaus, ohne Betsy auch nur eines Blickes zu würdigen.

2. KAPITEL

Als Betsy aus dem Zug stieg und zu ihrem Wagen ging, war sie außer sich vor Wut, und zwar vor allem auf sich selbst. Sie war wütend und beschämt, weil sie auf Nik so instinktiv reagiert hatte wie ein dummes unreifes Mädchen, das es einfach nicht besser wusste. Es wäre viel beruhigender gewesen, wenn seine Gegenwart sie kaltgelassen hätte. Schließlich hatte er es nicht anders verdient!

Cristos Frau Belle hatte Betsy erst neulich geraten, wieder mit anderen Männern auszugehen, weil sie sonst nie über Nik hinwegkommen würde, aber Betsy hatte keine Lust auf die Probleme, die Männer mit sich brachten …

Unwillkürlich musste sie daran denken, wie sie Nik kennengelernt hatte. Sie waren sich zum ersten Mal in einem kleinen Bistro gegenüber von seinem Büro begegnet, in dem sie als Kellnerin gearbeitet hatte – ein Job, der ihr trotz der schlechten Bezahlung Spaß gemacht hatte. Sie hatte sich damit die Abendschule finanziert, um ihren Schulabschluss nachzuholen. Oh ja, damals hatte sie noch große Zukunftspläne gehabt!

Sie wäre noch nicht mal auf die Idee gekommen, dass sie sich je von einem Mann an der Erfüllung ihrer Träume hindern lassen würde. Mit ihren einundzwanzig Jahren hatte sie schon ein paar Beziehungen gehabt, allerdings war sie nie mit einem Mann zusammen gewesen, für den sie wirklich etwas empfunden hatte.

Nik hatte an einem der Tische auf dem Bürgersteig gesessen, ein umwerfend schöner Mann in schwarzem Kaschmirmantel, mit von langen Wimpern umrahmten hellgrünen Augen. Schon als er eine Tasse Kaffee bei ihr bestellt hatte, war ihr ein Schauer der Erregung über den Rücken gelaufen. Ihr war noch nicht mal aufgefallen, dass er seinen Bruder Cristo dabeigehabt hatte, genauso wenig die unauffällig gekleideten Männer, die sich später als seine Bodyguards entpuppten. Schon damals hatte sie nur Augen für ihn gehabt. Ihr Herz hatte so heftig geklopft, dass sie kaum noch Luft bekam.

Als er einen zweiten Kaffee bestellte, gab er ihr den Keks zurück, der bei dem ersten Kaffee dabei gelegen hatte. „Zucker rühre ich nicht an … grundsätzlich nicht“, sagte er mit einem unglaublich erotischen ausländischen Akzent.

„Ich wünschte, ich könnte das Gleiche von mir behaupten“, erwiderte Betsy trocken und steckte sich den Keks für später in die Tasche. Sie war immer hungrig, da freie Mahlzeiten oder Snacks nicht in ihrem Arbeitsvertrag standen. „Aber ich muss Ihnen trotzdem einen Keks zum Kaffee servieren. Anordnung der Geschäftsleitung.“

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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