Baccara Collection Band 446

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SAGST DU JA, WENN ICH DICH FRAGE? von LAQUETTE
Kein Sex, keine Liebe! Die schöne Lyric hat geschworen, sich ganz auf ihre Karriere zu konzentrieren. Doch ihr Schwur gerät in Gefahr, als der attraktive TV-Producer Josiah Manning ihr gleich zwei verführerische Angebote macht. Eins vor der Kamera – und eins dahinter …

BEIM ZWEITEN MAL WIRD ES NOCH HEISSER von MAUREEN CHILD
Für Serena war Jack damals die ganz große Liebe – bis er sie verließ und nach Europa verschwand. Jetzt ist ihr sexy Ex zurück, und Serena spürt sofort: Die erotische Anziehungskraft ist geblieben. Doch diesmal wird Serena bestimmen, wie weit sie beide gehen …

IM BETT MIT DEM TEXANISCHEN MILLIARDÄR von KATHIE DENOSKY
Endlich hält er die bezaubernde Mariah in seinen Armen! Doch als der Morgen über Texas dämmert, weiß der Milliardär Jaron Lambert genau: Er liebt Mariah zwar von ganzem Herzen, aber er muss sie wegschicken. Denn niemals darf sie sein dunkles Geheimnis erfahren …


  • Erscheinungstag 14.06.2022
  • Bandnummer 446
  • ISBN / Artikelnummer 9783751508308
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

LaQuette, Maureen Child, Kathie DeNosky

BACCARA COLLECTION BAND 446

LAQUETTE

Sagst du Ja, wenn ich dich frage?

TV-Producer Josiah Manning ist fassungslos: Er hat der angesagten Internet-Bloggerin Lyric Smith den aufregenden Job als Moderatorin in einer Talkshow angeboten. Und sie sagt Nein! Was kann er nur tun, um sie zu einem Ja zu bewegen? Josiah will diese Schönheit unbedingt. Sie könnte der Star in seiner Sendung werden. Und vielleicht sogar in seinem Leben …

MAUREEN CHILD

Beim zweiten Mal wird es noch heißer

Serena zu verlassen war der größte Fehler seines Lebens. Als Jack hört, dass sie geschieden ist, fliegt er sofort nach Los Angeles, um sie wiederzusehen. Doch aus seiner sanften Jugendliebe ist eine wunderschöne Frau geworden, die klare Ansagen macht. Sex? Sehr gern! Und auf keinen Fall will sie noch einmal von Jack enttäuscht werden …

KATHIE DENOSKY

Im Bett mit dem texanischen Milliardär

Das darf doch nicht wahr sein – Jaron schickt sie einfach weg? Dabei war ihre Liebesnacht doch umwerfend leidenschaftlich. Mit jedem Kuss, mit jeder Umarmung hat Mariah gespürt, wie sehr er sie liebt! Seinen fadenscheinigen Grund, warum sie seine Ranch verlassen soll, glaubt sie keine Sekunde. Was muss sie tun, damit Jaron ihr die Wahrheit sagt?

1. KAPITEL

Allmächtiger, dachte Josiah Manning, als er die imposante Frau durch den Saal schreiten sah. Er war ihretwegen hier, doch obwohl er sie von Fotos kannte, traf ihn ihre Schönheit unvorbereitet. Lyric Devereaux-Smith, Influencerin für Fashion und Beautyprodukte, war die mit Abstand attraktivste Frau im Raum. Die Menge teilte sich vor ihr und starrte ihr nach, als sie zur Bar ging, wo Josiah stand. Offenbar konnte sich niemand ihrer Wirkung entziehen.

Sie trug eine weiße Smokingbluse, deren oberster Knopf geöffnet war und den Blick auf einen sexy Balconette-BH freigab. Die Bluse steckte in fast unanständig kurzen schwarzen, paillettenbesetzten Smokingshorts, unter denen ihre Schenkel in Netzstrümpfen hervorschauten. Als Accessoire trug sie einen schwarzen Filzhut, der keck auf eine Seite geschoben war, und dazu schwarze Plateau-Pumps mit Stiletto-Absätzen, die so spitz zuliefen, dass sie sie bestimmt auch als Waffe benutzen konnte.

Josiah war kein Höhlenmensch, für den Frauen nur Lustobjekte darstellten. Doch kurvenreiche selbstbewusste Ladies weckten seine männlichen Instinkte. Und ihrem Outfit nach zu urteilen, mangelte es dieser hier nicht an Selbstbewusstsein. Ihr Gang war majestätisch und der Schwung ihrer breiten Hüften beinahe hypnotisch. Er schloss die Augen, um sein Gehirn wieder einzuschalten. So bezaubernd Lyric auch war, er war nicht hier, um sie zu begaffen. Er brauchte sie, und sosehr er es auch bedauerte, ging es dabei nicht um ihren verführerischen Körper. Sie war der Schlüssel zur Verwirklichung seiner beruflichen Träume. Zwar wusste sie es noch nicht, aber sie beide würden gemeinsam den Fernsehsender Public Broadcasting Network, kurz PBN, übernehmen und Josiah auf den in Kürze frei werdenden Stuhl des Präsidenten des Senders hieven.

Nach jahrelangen Rückschlägen hatte er seine Produktionsfirma Kings Creative zu einer einflussreichen Größe in der Sparte des Tagesprogramms gemacht. Seine Einschaltquoten und acht Emmy-Nominierungen machten ihn zum perfekten Kandidaten für den Job bei PBN. Wenn er sich jetzt noch ein Spitzenprogramm für die Wochentage ausdachte, würde der PBN-Aufsichtsrat seiner Ernennung zustimmen. Kein Problem, oder? Für Josiah als einen der wenigen schwarzen Fernsehproduzenten war es selbstverständlich, überragende Arbeit abzuliefern. Doch die Chancen, auf denen er seine Karriere aufgebaut hatte, flogen einem nicht zu, wenn man einer unterrepräsentierten Gruppe in den Medien angehörte. Sein Vater hatte immer gesagt: „Um einen Fuß in die Tür zu kriegen, musst du doppelt so gut sein wie alle anderen.“ Damit man ihn wahrnahm, konnte er nicht bloß gut sein, er musste großartig sein. Deshalb hatte er unermüdlich daran gearbeitet, dass jedes seiner Projekte so gut war, dass Sender einfach nicht Nein sagen konnten. Schwarze Exzellenz, so lautete sein Motto. Sein Ehrgeiz, Talent und unermüdlicher Fleiß hatten ihm das höchste Ziel zum Greifen nahe gebracht. Ihm fehlte nur noch eine Morgensendung, um den Job zu kriegen. Und für seine Idee wäre Lyric Devereaux-Smith die perfekte Moderatorin.

„Wenn du meine Cousine weiter so anstarrst, wäre ich verpflichtet, dir in den Hintern zu treten.“

Josiah lächelte, als er die bekannte Stimme hörte. Trotzdem wandte er den Blick erst von Lyric ab, als sie stehen blieb, um sich mit jemandem zu unterhalten. Dann begrüßte er seinen alten Freund und ehemaligen Highschool-Rivalen Jeremiah Benton mit einem festen Handschlag und einer Umarmung. „Komm schon, J. Wir kennen uns schon ewig. Statt den Beschützer zu spielen, könntest du mich Lyric vorstellen.“

Jeremiah winkte den Barkeeper heran, um einen Drink zu bestellen. „Sie gehört zur Familie. Ich verkupple sie doch nicht mit einem von euch windigen Hollywoodtypen. Lyric ist zu nett. Außerdem will ich mich nicht mit dir anlegen müssen, wenn es schiefgeht.“

Achselzuckend musste Josiah eingestehen, dass an Jeremiahs Worten viel Wahres dran war. Die Unterhaltungsbranche war berüchtigt dafür, dass Leute ihre Macht ausnutzten. Zwar mochte Josiah unverbindlichen Sex, aber er zwang seine Aufmerksamkeit niemandem auf. Wenn eine Frau in seinem Bett lag, dann, weil sie es wollte.

„Und wenn mein Interesse an ihr rein beruflich wäre?“ An Jeremiahs hochgezogener Augenbraue konnte er erkennen, dass dieser ihm kein Wort glaubte. Beschwichtigend hob Josiah die Hände und lachte. „Ehrlich. Ich stelle gerade eine neue Talkshow zu Fashion- und Beautytrends auf die Beine. Und du kennst mich. Wenn ich einen von uns vor oder hinter die Kamera stellen kann, tue ich das.“

Jeremiah trank einen Schluck. „Das mache ich auch in geschäftlicher Hinsicht. Wir bekommen nicht oft die Chance auf solche Karriereschritte. Ich versuche, unserer Community so oft wie möglich Gelegenheiten zu eröffnen.“

„Genau darum geht es hier, J. Ich habe überall nach einem Star gesucht, und ich glaube, Lyric ist einer. Sie mit den üblichen Normen in Sachen Schönheit und Mode. Sie zeigt den Leuten, dass Glamour und Mode für alle sind, egal, woher sie kommen, wie sie aussehen oder welche Hautfarbe sie haben. Ich brauche sie.“

„Du meinst es ernst, oder?“ Jeremiah musterte Josiah eindringlich.

„Ja. Ich glaube wirklich, dass sie Starqualitäten hat. Ich hatte gehofft, heute mit ihr zu reden. Kannst du einem Bruder vielleicht helfen?“

Bedächtig trank Jeremiah einen Schluck, ehe er das leere Glas auf die Bar stellte. „Ich stelle dich vor, der Rest liegt bei dir.“

„Danke.“ Er wollte Jeremiahs Hand schütteln, doch sein Freund hielt einen Finger hoch.

„Dank mir besser noch nicht. Lyric hat viel durchgemacht. Sie hat vor zwei Jahren ihren Mann verloren und kommt gerade erst wieder aus ihrem Schneckenhaus heraus. Ich weiß nicht, ob sie schon bereit ist für das, was dir vorschwebt. Deshalb lass sie bitte in Ruhe, wenn sie nicht will.“ Josiah wollte etwas erwidern, als Jeremiah erneut den Finger hob. „Ich meine es ernst. Ich weiß, wie hartnäckig du sein kannst. Doch Lyric verträgt diesen Druck nicht. Respektiere ihr Nein, wenn das ihre Antwort sein sollte.“

„J, ich werde sie nicht bedrängen. Aber ich bin auch Unternehmer. Ich kämpfe hart für das, was ich will. Ich kann dir nur versprechen, dass ich versuchen werde, sie zu überzeugen, ohne irgendwelche Grenzen zu überschreiten. Reicht das?“

Jeremiah sah Josiah lange an, ehe er dessen ausgestreckte Hand ergriff. „In Ordnung.“ Dann winkte Jeremiah ein paar Sekunden lang, ehe er Lyric auf sich aufmerksam machen konnte. „Ich hoffe, du hast deine Verkaufsargumente zur Hand.“

„Bro.“ Josiah lachte selbstbewusst. „Das hier kann ich im Schlaf.“

„Na, hoffentlich hast du recht.“

Als Josiah dem hypnotisierenden Schwung von Lyrics Hüften zusah, dachte er nur: Das hoffe ich auch.

„Du bist Jordan, richtig?“ Lyric strahlte sie an. „Schön, dich kennenzulernen.“ Jordan Dylan Devereaux III. Ihr Name war mindestens ebenso eindrucksvoll wie ihre Präsenz. Dank ihrer königlichen Aura war sie in einem Saal mit über vierhundert Menschen sofort zu erkennen. „Ich bin Lyric. Mein verstorbener Mann Randall war der Cousin deines Vaters.“

„Bitte nenn mich Trey“, erwiderte die dunkelhäutige kurvenreiche Schönheit. „Bei den vielen Jordan Dylan Devereauxs in der Familie verliert man sonst den Überblick.“ Ihr freundliches Lächeln vertrieb die Verlegenheit, die diese erste Begegnung hätte auslösen können. Da Trey und ihr Vater lange Zeit vom Rest der Familie entfremdet gewesen waren, hätte ihre Anwesenheit auf dem heutigen Legacy Ball für sie alle unangenehm werden können.

„Kommst du zurecht? Du bist solche Partys bestimmt gewohnt, da dein Vater Deuce der Chef von DD Enterprises ist. Aber von Leuten angestarrt zu werden, muss sich seltsam anfühlen.“ So war es Lyric ergangen, als sie Randalls Braut geworden war. Der Devereaux-Clan war so groß, dass sie das Gefühl gehabt hatte, von all den mächtigen Personen in dieser Familie verschlungen zu werden. Sie hatte fast zehn Jahre gebraucht, um sich ihren Platz zu erkämpfen und sich darüber klar zu werden, was es bedeutete, eine Devereaux zu sein.

„Es ist ziemlich aufregend. Aber die meisten waren sehr herzlich.“

Lyric lächelte. „Dann hast du offensichtlich meine ehemalige Schwiegermutter noch nicht getroffen, Martha. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie glücklich darüber ist, dass du hier bist. Sie betrachtet alle Blutsverwandten als Bedrohung. Ich habe gelernt, mit ihr umzugehen. Und da ich nicht antrete, um den Thron von Devereaux Incorporated zu besteigen, den dein Großvater Ace hinterlassen wird, lässt sie mich meist in Ruhe. Aber du solltest dich besser vor ihr in Acht nehmen.“

Trey zog eine perfekt geschwungene Braue hoch. „Jeremiah hat mich auch vor ihr gewarnt. Dann packe ich wohl besser meine Rüstung aus. Denn nachdem ich meinen Großvater gefunden und meinen Platz in der Familie eingenommen habe, gehe ich nirgendwohin.“

Lyric lachte. Offensichtlich hatte Trey die Entschlossenheit der Devereauxs geerbt. Martha sollte es sich zweimal überlegen, ob sie sich mit ihr anlegte. In Lyrics zwanzigjähriger Ehe hatte Martha ihr oft das Leben schwer gemacht, und der Gedanke, dass Trey es mit der anmaßenden Frau aufnehmen könnte, bereitete ihr ungeahntes Vergnügen. „Mit dieser Einstellung passt du gut in diese Familie. Es freut mich, dass du nach Hause gefunden hast, Trey.“

„Danke.“ Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als Ace ihnen zuwinkte. „Mein Großvater ruft mich. Entschuldige mich.“

Lyric nickte und ließ Trey vorbei. Dann sah sie, dass Jeremiah ihr zuwinkte. Jeremiahs Hand mochte Lyrics Aufmerksamkeit erregt haben, doch der umwerfende Mann neben ihm fesselte sie. Er war in etwa so groß wie Jeremiah, um die eins achtzig. Seine Haut hatte die Farbe von dunkler Eiche, mit einem goldenen Schimmer, der sie anzog. Seine dunklen Locken waren kurz geschnitten, mit einer scharfen Kante entlang des Haaransatzes und der Schläfen. Ihr gefielen klare Linien an einem Mann, doch bei ihm sah es so gut aus, dass sie am liebsten über seine Haare streichen wollte. Er hatte hohe Wangenknochen und volle Lippen, die aussahen, als könnten sie eine Frau dazu bringen, um die Freude zu betteln, die sie ihr bieten konnten. Mit seiner eindrucksvollen Figur in einem perfekt sitzenden Smoking war er der Inbegriff maskuliner Schönheit, der sie an Dinge denken ließ, die sich keine anständige Witwe erlauben sollte. Diese Zeit in deinem Leben ist vorbei. Lass dich nicht von vollen Lippen und süßen Grübchen von dem Preis ablenken. Als sie zu den Männern trat, konzentrierte sie sich auf den ihr vertrauten Jeremiah statt auf dessen Begleiter. „Hey J.“

„Hey Lyric.“ Er küsste sie auf die Wange, ehe er sich zu dem Fremden umdrehte. „Lyric, das ist mein Freund Josiah Manning. Josiah, das ist Lyric Devereaux-Smith. Sie ist die Berühmtheit in unserer Familie.“

Sie sah Jeremiah schief an, ehe sie Josiah die Hand hinhielt. Statt sie zu schütteln, hob er sie an seinen Mund. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, drückte er einen zarten Kuss auf ihre Haut. „Schön, Sie kennenzulernen, Lyric.“ Seine Stimme war wie Cognac, würzig und gehaltvoll, und erfüllte sie mit dekadenter Wärme.

„Ganz meinerseits.“

Jeremiah räusperte sich und warf ihr einen vielsagenden Blick über den Rand seines Glases zu. „Apropos schön. Was für ein Outfit, Lyric. So wie du und Trey heute ausseht, muss ich wohl bald einige Köpfe zurechtrücken.“

„Ich habe Trey gerade kennengelernt. Wie kommt sie mit all dem hier klar? Dieser ganze Pomp und Firlefanz kann nicht einfach für sie sein.“

Jeremiah zuckte die Achseln. „Wie eine typische Devereaux, sie geht ohne zu zögern direkt ins Feuer. Aber wie gesagt, bei dir und Trey muss ich heute die Augen offen halten. Am besten sehe ich gleich mal nach ihr. Josiah“, er wies auf seinen Freund, „warum leistet du Lyric nicht Gesellschaft? Wenigstens weiß ich, dass ich dir vertrauen kann. Nicht wahr?“

„Unbedingt“, antwortete Josiah, ohne den Blick von Lyric abzuwenden. In seinen Augen blitzte etwas Intensives auf, sodass Lyric sich fragte, ob er statt eines potenziellen Beschützers nicht eher eine Gefahr darstellte. Ungeachtet dessen blieb sie stehen und hielt seinem Blick stand. Jeremiah gab ihr noch ein Küsschen, womit er den Zauber durchbrach, der von Josiah ausging, und ihr die Chance gab, sich zu sammeln.

„Ist er immer so fürsorglich?“, fragte Josiah, als er und Lyric allein waren.

Lyric sah Jeremiah hinterher und lächelte. „Jeremiah und ich kamen zur gleichen Zeit in die Devereaux-Familie, ich als zwanzigjährige Braut von Aces Neffen Randall und er als sechzehnjähriges Mündel von Ace. Wir haben uns als Außenseiter gewissenmaßen verbündet und uns geholfen, unseren Platz in der Familie zu finden. Seit Randalls Tod hat er auf mich aufgepasst. Er mischt sich nicht ein, aber ich weiß, dass er da ist, wenn ich ihn brauche.“

Vor Mitgefühl wurden Josiahs gemeißelte Züge weich. Er lehnte sich an die Bar und rückte ein Stück näher. „Mein Beileid. Dieser Verlust muss sehr schwer gewesen sein.“

Zum ersten Mal seit Randalls Tod vor zwei Jahren wollte sie nicht in tausend Stücke zerspringen, als sie diese Worte hörte. „Danke“, erwiderte sie und senkte den Blick, um sich zu fassen. „Das war es, aber dank Familienangehörigen wie Jeremiah musste ich das Schlimmste nicht allein durchstehen. Jetzt geht es mir viel besser, und ich versuche, alles zu genießen, was das Leben bietet.“

„Witzig, dass Sie das sagen“, antwortete er. „Ich bin nämlich hier, um Ihnen ein Angebot zu machen.“

Sie zog eine Braue hoch und ging leicht auf Abstand. Jeremiah würde sie gewiss nicht in Gesellschaft eines schmierigen Typen mit schlechten Anmachsprüchen zurücklassen. Trotzdem verschaffte sie sich ein wenig Raum für den Fall, dass sie verschwinden musste.

Er lachte und hob beschwichtigend die Hände. „Nicht so ein Angebot. Es ist rein geschäftlich.“ Er winkte den Barkeeper heran, was ihr Gelegenheit bot, Josiah ungestört zu betrachten. Sein markanter Kiefer war glattrasiert bis auf einen schmalen Schnurr- und Kinnbart, der diese hinreißenden Lippen betonte. Er hatte breite, kräftige Schultern, und unter der Smokingjacke konnte sie seine definierten Arme erahnen. Seine Frisur war kein einfacher Shape-Up-Schnitt, sondern bestand aus sanften Wellen, die von seinem Schädeldach bis zu seinem Haaransatz verliefen. Wieder verspürte sie den Drang, darüberzustreichen. Fass bloß nicht die Haare des Mannes an.

Als er sich umdrehte, hatte sie ihre höfliche Fassade wieder aufgesetzt. Sie lächelte, während der Barkeeper ihnen zwei Gläser Champagner reichte. „Feiern wir etwas?“

„Natürlich“, erwiderte er.

„Und was?“

„Erstens, dass ich das Glück hatte, einer so hübschen Frau zu begegnen. Zweitens, dass diese Frau und ich Fernsehgeschichte schreiben werden.“ Er hob sein Glas und stieß mit ihr an, während sie den Kopf auf die Seite legte und ihn musterte. „Das verstehe ich nicht ganz.“

„Tut mir leid. Ich bin manchmal etwas vorschnell, wenn ich schon das triumphale Ende einer großartigen Geschichte sehen kann. Ich fange besser von vorn an.“ Er trank einen Schluck Champagner, ehe er fortfuhr. „Ich bin Josiah Manning, Eigentümer und Executive Producer der Produktionsfirma Kings Creative. Ich produziere Sendungen für das Fernsehen, die in eine modernere und afrozentrischere Richtung gehen.“

Langsam trank sie einen Schluck. „Kings? Sie haben Ihren Sitz doch auf dem ehemals leer stehenden Grundstück am Ende des Linden Boulevards in East New York. Ihr Studio hat dringend benötigte Jobs geschaffen und Geld in die Gegend gebracht, ohne eine Gentrifizierung auszulösen.“

Überrascht riss er die Augen auf. „Ja, das stimmt.“

Sie konnte nicht sagen, ob er bescheiden war oder wortkarg. Denn er hatte geschafft, was vielen neuen Unternehmen in armen Vierteln Brooklyns nicht gelungen war: die Nachbarschaft zu erneuern, ohne die Schönheit und Kultur der Einwohner auszuradieren. „Haben Sie Ihre Firma Kings genannt, weil Sie sich für einen König halten oder weil wir im Bezirk Kings County sind?“

Er zwinkerte ihr zu und trank noch einen Schluck. Angesichts des attraktiven Selbstbewusstseins, das er verströmte, umschloss sie ihr Glas fester. Sie räusperte sich und sah in ihr Glas, um den Bann zu brechen, den er auf sie ausübte. „Ihre Firma … Es klingt interessant. Aber ich verstehe nicht, was das mit mir zu tun hat.“

Er lehnte sich an die Bar, und sie musste sich anstrengen, um nicht das selbstbewusste Lächeln auf diesen verlockenden Lippen anzustarren. „Ich habe ein großartiges Programm für die Herbstsaison bei PBN zusammengestellt. Jetzt brauche ich nur noch ein Zugpferd für die Zeit zwischen elf und Mittag, um gegen The View bei ABC zu bestehen. Sie, Ms. Devereaux-Smith, sind der Star, den ich für diese Rolle will.“

„Das ist nicht Ihr Ernst. Das muss ja wohl die ausgefeilteste Anmache sein, die ich je gehört habe.“

Er stellte sein Glas ab, und sein Lächeln verschwand. „Ich scherze nie, wenn es um die Arbeit geht.“ Seine Stimme hüllte sie ein wie ein medizinisches Elixir, das lange vergessenen Schmerz stillte. „Sie sind eine großartige YouTube- und Instagram-Influencerin. Alles, was Sie posten, geht viral. Wenn wir Ihre Online-Inhalte als Grundlage für eine Beauty-, Fashion- und Lifestyle-Talkshow verwenden würden, hätten wir sofort einen Hit.“

Ihre Heiterkeit verpuffte. „Sie meinen es ernst, oder?“

„Selbstverständlich.“

„Aber wieso glauben Sie, dass mein Erfolg als Social-Media-Influencerin auch bedeutet, dass es jemanden im Fernsehen interessiert, was ich zu sagen habe?“

„Sie sagen den Leuten, dass es mehr als gut genug ist, wer sie sind oder wer sie sein möchten. Sie ermutigen sie, eigene Standards zu setzen. In einer Welt und einer Branche, die Leuten vorschreiben, wie sie aussehen, leben und lieben sollen, sagen Sie ihnen: ‚Pfeift darauf. Seid ihr selbst.‘ Und es gibt mehr Menschen da draußen, als Sie glauben, die diese Art von Botschaft brauchen. Wir könnten wirklich etwas verändern, Lyric. Dazu müssen Sie nur meine Moderatorin werden. Was sagen Sie?“

Blinzelnd und mit offenem Mund stand sie da und hörte ihm schockiert zu. Sein Angebot stellte eine unglaubliche Chance dar, die ihre Karriere in eine neue Stratosphäre katapultieren könnte. Wie konnte sie das ablehnen?

„Nein“, antwortete sie. „Ich sage Nein.“

2. KAPITEL

Josiah musste lächeln. Eigentlich hätte er besorgt sein müssen, wie sich ihre Ablehnung auf seine Ziele auswirkte. Doch er dachte nur: Herausforderung angenommen.

„Nicht, dass ich Ihr Nein nicht respektiere“, fing er an, „aber würden Sie mir verraten, warum? Meist brauche ich niemandem Daumenschrauben anzulegen, dem ich anbiete, ins Fernsehen zu kommen.“

Ihre Zungenspitze strich über ihre üppigen rubinroten Lippen, und zum ersten Mal dachte Josiah, dass es klug wäre, wenn sie beide nicht zusammenarbeiteten. Er verband Sex nicht mit der Arbeit, zumindest nicht, seit Bianca ihm gezeigt hatte, welch ein kolossaler Fehler das war. Doch so, wie Lyrics Kurven und ihre Unabhängigkeit auf ihn wirkten, fragte er sich, ob er die Finger von dem göttlichen Gesamtkunstwerk lassen könnte, das sie darstellte.

„Ich habe jahrelang das getan, was andere mir gesagt haben. Bei den Inhalten für meine Plattformen kann ich selbst bestimmen, was produziert wird. Wenn ich für einen Fernsehsender arbeiten würde, würde ich diese Freiheit verlieren. Vielleicht werde ich nie ein Star, aber wenigstens kontrolliere ich, was ich veröffentliche. Und das will ich nicht für Hollywood opfern.“

Er tippte mit dem Finger auf die Bar. „Ich werde Ihnen jetzt keinen Mist darüber erzählen, wie glamourös die Arbeit beim Fernsehen ist.“ Seine Aufrichtigkeit bewirkte, dass sich ihre Schultern sichtlich entspannten. „Es wird anstrengend, und wahrscheinlich verfluchen Sie mich am Ende wegen dem, was ich von Ihnen erwarte. Doch Ihre Botschaft muss alle Zielgruppen erreichen, nicht nur das YouTube-Publikum. Ich kann dafür sorgen, dass sie so weit in die Welt hinausdringt, wie Sie es sich vorstellen können.“

Sie schwieg. Vermutlich überlegte sie, ob sie ihm trauen konnte.

„Ich fühle mich geschmeichelt, aber ich kann Ihr Angebot nicht annehmen.“ Sie wirkte erschöpft, und auf einmal war er sich ihres Unbehagens bewusst. Er legte ihr die Hand auf den Oberarm. Es war tröstlich gemeint, doch die Wärme ihrer Haut versetzte seinen Körper in Aufruhr. Plötzlich ging es nicht mehr um Geschäftliches, sondern nur noch darum, herauszufinden, wie sich ihre glatte braune Haut anfühlte. „Geht es Ihnen gut?“

Sie schien etwas benommen, und er konnte nicht sagen, ob es daran lag, dass seine Hand noch auf ihrem Arm ruhte. Er war ein Fremder, und nur weil er als Kind mit ihrem Cousin gespielt hatte, hatte er nicht das Recht, sie zu berühren oder sich in ihr Leben zu drängen. Er zog seine Hand weg. „Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahetreten.“

Sie runzelte die Stirn. Gerne hätte er sie mit seinen ungezogenen Fingern glatt gestrichen. „Das sind Sie nicht. Ich muss furchtbar aussehen. Es war ein langer Tag, und wenn Onkel Ace nicht darauf bestanden hätte, dass die ganze Familie heute Abend erscheint, wäre ich zu Hause geblieben.“

Josiah ließ seinen hungrigen Blick über ihren Körper wandern. „Wenn das furchtbar sein soll, ist die Welt nicht bereit dafür, wenn Sie sich schick gemacht haben. Sie sind atemberaubend.“

Sie nickte und lächelte. „Sie sind ein Charmeur. Ich wette, all die Hollywood-Sternchen fallen vor Ihnen auf die Knie, wenn Sie ihnen solche Komplimente machen.“

Er hob eine Augenbraue. „So leicht mache ich keine Komplimente. Und niemand in Hollywood sieht so aus wie Sie, also nein, in der Regel bin ich nicht so charmant.“

Das Braun ihrer Wangen verwandelte sind in ein dunkles Mauve, als sie errötete. „Dann danke ich Ihnen“, erwiderte sie. „Nach dieser schmeichelhaften Geste werde ich mir jetzt ein Auto rufen und nach Hause fahren.“

„Sie sind nicht mit Ihrem eigenen Auto da?“

„Nein, meine Cousine Amara und ich hatten vorher etwas Geschäftliches zu besprechen, und ich bin bei ihr mitgefahren. Doch als Anwältin der Familie kann sie jetzt noch nicht gehen.“

„Dann bringe ich Sie nach Hause.“

Ihr süßes Lächeln, als sie den Blick senkte und wieder errötete, riss all seine Verteidigungsmauern ein. Als Produzent war er ständig in Gesellschaft schöner Frauen. Doch keine von ihnen entwaffnete ihn so wie Lyric.

„Ist das nur ein Beförderungsangebot oder ein anderer Ausdruck für Sex?“

Tritt auf die Bremse, Junge. Doch gerade dachte er nicht mit dem Kopf. „Wie Sie es gern hätten.“ Innerlich machte er sich auf die Ohrfeige gefasst, die er verdient hatte. Doch stattdessen trat sie näher, sodass seine Sinne von ihrem leichten Duft nach Zitrus und Kokos erfüllt wurden.

„Bringen Sie mich nach Hause. Ich entscheide unterwegs.“

Verdammt.

Lyric betrachtete die Straßenlampen, als sie über die Atlantic Avenue fuhren. Bald wären sie am Ziel. Sie wartete auf die Panik, die Witwen vermutlich überkam, wenn sie daran dachten, sich nach dem Tod ihres Gatten einen Liebhaber zu nehmen. Doch sie kam nicht. Der Mann war ein Fremder für sie. Lag es daran, dass Jeremiah im Hinblick auf ihn so sicher schien, dass auch sie bereit war, ein Risiko mit ihm einzugehen? Vom Beifahrersitz aus betrachtete sie seine markante Kinnlinie und langen dunklen Wimpern. Nein, der Grund, aus dem sie sich zu ihm hingezogen fühlte, war kein anderer als seine Attraktivität.

Er bog in die Clinton Avenue ein und hielt kurz darauf vor dem braunen Sandsteinhaus, das sie vor einiger Zeit gekauft hatte. Sie war sechs Monate nach Randalls Tod eingezogen. Damals hatte sie einen Neubeginn gebraucht, und dieses Haus, so alt es auch war, vermittelte ihr ein Selbstwertgefühl, das sie während ihrer Ehe nicht gehabt hatte.

„Sie wissen, dass ich keine anderen Erwartungen habe, als Sie nach Hause zu bringen, oder? Wenn Sie also deshalb so nachdenklich sind, weil Sie überlegen, wie Sie mir eine Abfuhr erteilen können, seien Sie unbesorgt.“

Blinzelnd tauchte sie aus dem Nebel ihrer Gedanken auf und sah in seine dunklen Bernsteinaugen. „Nein, das ist es nicht. Ich habe nur versucht, mich zu erinnern, ob ich das Haus als einen Saustall hinterlassen habe.“

Er biss sich auf die Unterlippe, und am liebsten hätte Lyric darübergeleckt. „Dann bin ich der Einzige, der Vorbehalte hat?“

Sie zog eine perfekt geschwungene Augenbraue hoch und musterte seine verschlossene Miene. „Dann wollen Sie nicht mit reinkommen?“

Er schüttelte den Kopf. „Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will definitiv mit Ihnen hochgehen und jeden Zentimeter Ihres wundervollen Körpers genießen.“ Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass er weitersprach. „Aber ich schlafe nicht mit Frauen, mit denen ich arbeite. Und obwohl ich mich zu Ihnen hingezogen fühle, möchte ich trotzdem immer noch mit Ihnen an dieser Show arbeiten.“

Erleichtert, dass es nicht um einen lächerlichen Bro-Code mit Jeremiah ging, entspannte sie sich. „Ich bin wirklich nicht interessiert. Im Fernsehen aufzutreten mag für manche ein Traum sein.“ Sie hob die Hände und ließ sie wieder in den Schoß fallen. „Ich dagegen will nur auf meine Art an meinen Inhalten arbeiten und meine Kosmetikreihe einführen. Mit diesen beiden Sachen bin ich auf absehbare Zeit beschäftigt. Wenn das also der einzige Hinderungsgrund für Sie ist, können Sie unbesorgt auf einen Schlummertrunk mitkommen.“

„Einen Schlummertrunk?“ Er lachte leise. „Sind wir wieder in den Achtzigern?“

Das amüsierte Blitzen in seinen Augen beruhigte sie. Ihr gefiel seine ungezwungene Art. Sie war berauschend und eine willkommene Abwechslung vom üblichen Auftreten wohlhabender, einflussreicher Männer. „Aber natürlich würde ich Ihnen zuerst einen Drink anbieten. Für was für eine Gastgeberin halten Sie mich?“

„Eine schöne“, flüsterte er und beugte sich vor, bis sich ihre Lippen fast berührten. „Wenn ich Sie wirklich nicht überzeugen kann, mit mir zu arbeiten, ist es wohl kein Problem, wenn ich Sie hineinbringe. Solange wir beide dasselbe wollen?“

„Heute Nacht Spaß zu haben und nie zusammenzuarbeiten? Ja, das will ich auch.“

„Einverstanden, aber noch etwas anderes.“ Er senkte kurz den Blick, ehe er ihr wieder ins Gesicht sah. Seine Augen waren so sexy und anziehend wie zuvor, doch in seinem Blick lag eine Vorsicht, die sie bislang nicht bemerkt hatte. „Ich suche gerade nicht nach einer Beziehung. Ich nehme an, Sie auch nicht, aber ich möchte klarstellen, dass es nicht über heute Nacht hinausgehen würde.“

Erleichtert ließ sie sich zurücksinken. „Wir verstehen uns perfekt. Mehr als heute Nacht ist nicht vorgesehen.“

Sie hatte den Satz kaum beendet, als er seine Lippen auf ihre presste. Die Berührung traf sie wie ein Blitz. Dann löste er sich von ihr und nahm seine wundervolle Wärme mit sich. Plötzlich fühlte sie sich beraubt und kalt.

„Ich habe zu viel Respekt vor dir, um dich in meinem Auto zu begrapschen wie ein Teenager. Warum nimmst du mich nicht mit rein, damit ich dir zeigen kann, wie sehr mir dieses Outfit gefällt, das du anhast?“

Sie lächelte schüchtern und nickte. „Du hast die besten Ideen.“

3. KAPITEL

Lyric öffnete die Eingangstür im Kellergeschoss ihres Hauses und trat in ein kleines Foyer, das in einen größeren Raum mit zahlreichen Kameras, Videobeleuchtung und Kulissen überging.

„Ist das dein Studio?“, fragte Josiah.

„Ja, aber deswegen bist du nicht hier, oder?“

Er unterdrückte ein lüsternes Lächeln. „Nein, nicht wirklich.“

Neckend zwinkerte sie ihm zu. „Komm mit.“ Sie führte ihn in ein anderes Zimmer und ging zu einem großen Kojenbett in der Mitte. Dann drehte sie sich zu ihm um. Er zog sie in seine Arme und legte ihr eine Hand in den Nacken. „Bist du dir sicher?“

Er wartete auf ein Zeichen des Zögerns. Wenn sie nur falsch blinzelte, würde er seine Hände wegnehmen und gehen. Sie war nicht nur schön und es wert, vergöttert zu werden, sie gehörte zu Jeremiahs Familie. Ohne ihre Zustimmung würde er sie niemals in eine kompromittierende Situation bringen.

„Der Einzige, der meine Absichten infrage zu stellen scheint, bist du. Diese Energie solltest du besser darauf verwenden, uns beide auszuziehen.“

„Verdammt“, war alles, was er hervorbrachte, ehe er sie an sich zog. Sie war weich und warm und alles, was sich seine niederen Instinkte ausgemalt hatten. Sie löste sich aus seiner Umarmung, warf ihre langen Passion-Twist-Zöpfe über eine Schulter und hob die Hand zum ersten Knopf ihrer Bluse.

„Bitte lass mich.“

Sie ließ die Hände sinken und gewährte ihm einen ungehinderten Blick auf ihre großen, runden Brüste und Hüften, die sich verlockend weit wölbten. Er hatte eine Schwäche für üppige Frauen, und ehe die Nacht vorüber war, würde er sich mit den Grübchen an ihrem Hintern vertraut machen. Langsam knöpfte er ihr die Bluse auf und schob sie ihr über die Schultern, bis sie zu Boden glitt. Dann trat er zurück und betrachtete ehrfürchtig, wie der Satin ihre großen Brüste umfing und sie verführerisch zur Schau stellte. Mit den Fingerspitzen strich er über die warme braune Haut ihrer Arme. Ihr berauschender Duft war jetzt stärker. Josiah presste die Nase an ihren Hals und atmete einen Moment lang ihren Duft ein, ehe er sie sanft küsste, was sie erzittern ließ. Er hatte kaum angefangen, und schon reagierte sie so. Er konnte es nicht erwarten, sie an verborgenen Stellen zu berühren.

Mit der Zunge fuhr er an ihrem Hals hinab bis zu ihrer Schulter und küsste sie. Dann öffnete er ihre Shorts und stöhnte, als sie zu Boden fielen und einen heißen Hüfthalter enthüllten, an dem die Netzstrümpfe befestigt waren. Auch wenn er nur eine Nacht mit diesem umwerfenden Wesen bekam, würde er jeden Moment davon auskosten. Er nahm Lyrics Hand, damit sie aus den Shorts heraustreten konnte, und war einen Augenblick lang sprachlos. Stumm bewunderte er diese Verkörperung der Lust. Ihre großen Brüste saßen hoch in ihrem Balconette-BH, sodass er am liebsten sein Gesicht darin vergraben hätte. Sie ging zum Bett, setzte sich und griff nach ihren Stilettos.

„Lass sie an.“ Seine Stimme klang rau vor Begehren. Sie blickte auf, lächelte und nickte kurz, ehe sie rücklings in die Mitte des Betts rutschte und ein Bein aufstellte. Dann sah sie ihn an und leckte über ihre vollen Lippen. Diese Frau war heiß wie die Sünde. Rasch zog er sich aus, holte ein Kondom aus der Brieftasche und ging zum Bett. Dort setzte er sich neben sie und strich mit einem Finger an ihrer Wange entlang, über ihre verlockenden roten Lippen zu ihrem Dekolleté hinunter, bis er an ihrem Bauchnabel ankam. „Weißt du, wie unwiderstehlich du bist? Sobald ich dich in diesen Saal kommen sah, konnte ich den Blick nicht mehr von dir abwenden.“

Er warf das Kondom neben das Kopfkissen und näherte sich ihr wie ein Raubtier. Über ihr verharrte er und stützte sich mit den Armen ab, während er ihr mit dem Knie die Schenkel auseinanderdrückte. Sie legte die Hände auf seine Brust und fuhr mit den Fingern über seine Brustwarzen, was sich direkt in einem verlangenden Ziehen in seinem Penis äußerte. Erregt ließ er sich sinken und presste seinen Mund auf ihren. Sie erwiderte seine Leidenschaft in gleichem Maße. Er rieb seine Hüften an ihren, um seine Wertschätzung für das Geschenk auszudrücken, das sie ihm machte. Ihr Schatzkästchen war immer noch mit dünner Seide bedeckt, doch so, wie sie sich unter ihm wand, erhöhte der dünne Stoffstreifen noch ihre Lust. Sie legte die Hände auf seinen Hintern und zog ihn näher, während ihre Hüftbewegungen für einen ebenso schönen wie quälenden Rhythmus sorgten.

Josiah schloss die Augen. Er hatte angenommen, dass sie ein paar Momente gegenseitiger Lust teilen würden und er wieder gehen würde, ohne dass es Folgen hätte. Doch sie gab ihm, was er brauchte, eine Partnerin, die sich aktiv beteiligte, eine Frau, die wusste, was sie wollte, und keine Scheu hatte, es einzufordern. Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob das Ganze so bedeutungslos enden würde.

Er schob seine Hand unter den glatten Stoff ihres Höschens und traf auf brennende, feuchte Hitze. Problemlos glitten seine Finger über den harten Knopf ihrer Klitoris. Ihre Hüften bewegten sich im Takt, den seine Finger vorgaben. Dann verzog sich ihr Gesicht vor Lust, ihre vollen Lippen formten sich zu einem perfekten O. Er könnte sie die ganze Nacht so betrachten, doch je länger er ihr zusah, desto mehr wollte er sich in ihr vergraben. Deshalb beschleunigte er seine Bewegungen, bis sich ihr Körper anspannte. Als sie kam, stöhnte sie laut und schön, ohne die geringste Scham.

Er streichelte sie langsamer, hauchte sanfte Küsse auf ihre Wange und knabberte an ihrem Hals, bis sie sich erholt hatte. Dann zog er das Kondom über und schob ihr Höschen zur Seite. Langsam und bedächtig drang er in sie ein. Sie war so heiß, so eng, dass seine Muskeln vor Anstrengung erzitterten, stillzuhalten, wo er doch nichts lieber wollte, als loszulassen. Als er ganz in ihr war, verharrte er regungslos. Ihre brennende Hitze umschloss ihn und ließ ihn fast die Kontrolle verlieren. Sie presste die Muskeln um ihn zusammen, und er musste die Arme anspannen, um nicht wie ein Häufchen Elend über ihr zusammenzubrechen. „Wenn du so weitermachst, endet das hier schneller, als uns beiden lieb ist.“

Sie biss sich auf die Lippe und sah ihn halb lächelnd, halb herausfordernd an. „Dann solltest du dich besser bewegen.“

Herausforderung angenommen. Er zog sich fast vollständig heraus, ehe er sich wieder in ihr versenkte. Dann schloss er die Augen und ließ den Kopf hängen. Es sollte um sie beide gehen, doch er war so berauscht von ihr, von ihrem Körper, der Art, wie sie ihm bei jedem Stoß ihre Hüften entgegenschob, dass er nur daran denken konnte, wie nah er seinem eigenen Höhepunkt war. Er löste sich von ihr und brachte seinen Atem unter Kontrolle, um hervorzustoßen: „Dreh dich um.“

Anmutig brachte sie sich in Position, spreizte die Schenkel und wölbte den Rücken. Der frivole Anblick ihres Hinterns in der Luft brachte sein Blut zum Kochen. Wieder bewunderte er ihre natürliche Sinnlichkeit und schätzte sich glücklich, bei ihr sein zu dürfen. Erneut vereinte er ihre Körper und genoss die erdigen Töne, die ihr über die Lippen drangen. Er stieß in sie und hielt sie mit fester Hand dort, wo er sie haben wollte: auf dem Weg zu ihrem nächsten Höhepunkt.

Sie enttäuschte ihn nicht. Ihre Muskeln umklammerten ihn und zogen ihn näher an die Schwelle. Sie lagen Kopf an Kopf in diesem Rennen, doch sie ging als Erste über die Ziellinie. Sie krallte sich in das Bettlaken und erfüllte das Zimmer mit den dekadenten Tönen ihrer Lust. Er konnte sich nicht lange an ihrer Sinfonie erfreuen. Bald geriet sein Rhythmus ins Stocken, als ihn sein Orgasmus übermannte. Als die Lust an seiner Wirbelsäule emporkletterte und ihn umschlang, gab er dem brennenden Verlangen nach. Der erste Strahl seines Höhepunkts beraubte ihn fast seiner gesamten Kraft. Nur mit größter Mühe hielt er sich aufrecht und umklammerte ihre Schultern, um sich ein letztes Mal in ihren heißen Tiefen zu vergraben.

Er schämte sich nicht, es zuzugeben: Sie hatte ihn aller Energie und Willenskraft beraubt. Er schlang die Arme um sie, während er sich fragte, was er jetzt tun sollte. Denn er hatte ihr nur einen One-Night-Stand angeboten, wie all seinen Geliebten. Und doch hatte er diese Abmachung nie mehr bereut als jetzt, wo sie eng an ihn gekuschelt neben ihm lag.

Josiah stützte sich auf den Ellenbogen und betrachtete die hübsche Frau, die neben ihm schlief. Ob in Haute Couture oder in simplen Baumwolllaken, sie war das betörendste Geschöpf, das er je getroffen hatte. Obwohl sie ihn völlig ausgelaugt hatte, regte sich sein Körper erneut und forderte mehr. Ihr dunkles Haar steckte unter einer schützenden Satinhaube. Ihre Haut war von einem ebenmäßigen dunklen Braun, das einen auffallenden Kontrast zu den weißen Bettlaken bildete. Ihr herzförmiges Gesicht war entspannt im Schlaf, und ihre vollen Lippen waren so einladend, dass er sie küssen musste. Lyric kuschelte sich an ihn und weckte mit ihrer Wärme sein Verlangen. Er legte den Arm um sie. „Morgen, Schlafmütze.“

Sie rieb sich die Augen, ehe sie auf den kleinen Wecker auf dem Nachttisch schaute. „Wieso bist du schon wach? Wir haben doch erst vor ein paar Stunden die Augen zugemacht.“ Sie gähnte und rekelte sich, sodass das Laken verrutschte und ihre großen Brüste enthüllte.

„Ich habe dich angesehen.“ Er leckte über seine Lippen und versuchte vergeblich, cool zu wirken. Kein anderer One-Night-Stand hatte ihn je in Versuchung gebracht, über die Morgendämmerung hinaus zu bleiben, und er fragte sich, warum er immer noch in ihrem Bett lag und sie anlächelte. Er war überzeugter Junggeselle. Nicht die Art, die nur auf schnelle Abenteuer aus war, sondern eher jemand, dem Beziehungen nicht lagen. Doch so, wie sie ihn auf Touren brachte, hätte er nichts gegen eine weitere Runde – oder auch fünf – voll köstlich befriedigendem Sex mit ihr einzuwenden.

„Ich trage eine Schlafhaube. Warum würdest du mich so ansehen wollen?“

„Ich würde dich auch in einem Leinensack ansehen“, erwiderte er. „Du bist unglaublich sexy, egal was du anhast oder auch nicht.“

Sie lachte. „Danke, du bist auch nicht schlecht.“ Sie senkte den Blick. „Mit zweiundvierzig schäme ich mich fast, es zuzugeben, aber ich weiß nicht, wie man sich verhält, nachdem man …“

„Die Welt eines Mannes wiederholt auf den Kopf gestellt hat?“

„Eigentlich wollte ich sagen, nachdem man unverbindlichen Sex hatte, aber deine Version gefällt mir besser. Ich habe normalerweise keine One-Night-Stands, deshalb weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll.“

„Du brauchst nichts zu tun, was du nicht möchtest. Es liegt ganz bei dir. Ich habe dir gesagt, dass ich nichts von Beziehungen halte. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn wir Freunde sein könnten.“

„Freunde mit gewissen Vorzügen, meinst du?“

„Wenn du das willst, bin ich gern dabei. Aber auch ohne Sex würde ich dich gern auf freundschaftlicher Basis kennenlernen.“ Sie sah ihn an, als würde sie nach einer versteckten Bedeutung hinter seinen Worten suchen. Deshalb setzte er sich auf. „Du bist eine schöne Frau. Jeder Mann könnte sich glücklich schätzen, mit dir zu schlafen. Aber in deinen YouTube-Videos habe ich noch etwas anderes gesehen, was mich fasziniert. Also, falls Sex kein Thema mehr ist, in Ordnung. Aber ich möchte die Frau kennenlernen, die sich ihren Followern gegenüber so freimütig zeigt.“

Sie grinste. „Ich hätte definitiv Platz für mehr Freunde in meinem Leben.“

„Gut. Warum läuten wir diese Freundschaft nicht ganz zünftig ein? Wie wäre es mit einem späten Mittagessen? Von morgen an bin ich die nächsten Wochen beruflich unterwegs. Es könnte also das letzte Mal sein, dass wir uns sehen, bis ich wieder da bin.“

Sie nahm ihr Handy vom Nachttisch und tippte darauf. „Ich habe ein Vertriebsmeeting für meine neue Beautykollektion. Es geht ungefähr bis um drei. Willst du so lange warten?“

„Klar. Ich muss sowieso ins Büro und einiges erledigen. Dann bis später.“ Er beugte sich lächelnd vor und hoffte, dass sie ihn nicht abwies. Als sie ihre Lippen auf seine drückte, schob er die Hand hoch, bis seine Finger ihren Nacken streichelten, und hielt sie dort, wo er sie haben wollte – in seinen Armen.

Als er sich von ihr löste, keuchten sie beide. „Mit diesen Lippen würdest du einen Engel in Versuchung führen, Frau. Lass mich gehen, solange ich noch kann.“ Widerwillig rutschte er aus dem Bett, zog sich schnell an und bedauerte jede Aufgabe, die auf ihn wartete. Denn mehr als alles andere wollte er den Rest des Tages im Bett mit dieser Frau verbrennen, die sich in die Kissen kuschelte und ihm das verführerischste Grinsen zuwarf, das er je gesehen hatte. Als er die Tür hinter sich schloss, verfluchte er sich für sein Angebot, die Vorzüge aus ihrer Freundschaft zu streichen. Seine Hände bei sich zu behalten würde die größte Zurückhaltung erfordern, die er je an den Tag hatte legen müssen.

4. KAPITEL

Lyric stieg die Vordertreppe am Devereaux Manor hoch, als würde sie einen Berg erklimmen. Trauer lastete schwer auf ihr, da jeder Besuch der letzte sein konnte. Der Zustand von Onkel Ace verschlechterte sich. Vor drei Wochen war er auf dem Legacy Ball zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden. Doch der alte Mann war ein Kämpfer, und der Tod hatte damals nicht gewonnen. Leider war sich Lyric nicht sicher, ob er den Kampf noch länger durchhalten konnte. Sie schüttelte den Kopf, um Trauer und Sorgen zu vertreiben. Lyric wollte die verbleibende Zeit mit ihm genießen. An der Tür gab sie den Sicherheitscode ein und trat ins Haus.

„Hallo Ms. Lyric“, rief Alicia, Onkel Aces Pflegerin, vom Ende des Flurs, wo sie ihre Sachen von einem Kleiderständer nahm. „Ihr Onkel wartet oben auf Sie.“

„Danke, Ms. Alicia. Hat ihn jemand anderes aus der Familie heute schon besucht?“ Gespannt wartete Lyric, ob Ms. Alicia ihr endlich die erhoffte Antwort geben würde.

„Sie wissen ja, dass Mr. Deuce und Ms. Destiny hier wohnen, seit Mr. Ace wieder zu Hause ist. Er hat ihnen gerade gesagt, sie sollen zum Abendessen ausgehen, statt ihn zu bemuttern. Sein Bruder David ist auch hier.“ Alicia trat näher und zog sich ihre Strickjacke über. „Abgesehen von Ihren Cousins Amara, Jeremiah und Trey, sind Sie die Einzige, die ihn jeden Tag besucht.“

Eine andere Art von Trauer stieg in Lyric auf, als sie an die Dummheit ihrer Schwiegermutter dachte. Martha verschwendete wertvolle Zeit. Ace lag im Sterben. Doch anscheinend hatte ihr Stolz sie stärker im Griff als jede Liebe, die sie noch für ihren ältesten Bruder empfand.

„Sie können andere nicht zwingen, das Richtige zu tun, Kindchen.“ Alicia lächelte mitfühlend und drückte ihr die Hand. „Sie können nur beten, dass sie ihre Lektion lernen, ehe es zu spät ist.“

Lyric erwiderte Alicias Lächeln. „Danke“, sagte sie leise. „Das tue ich schon für Ace, aber vor allem für Martha.“

„Gut. Jetzt gehen Sie zu Ihrem Onkel. Ich lasse mich selbst hinaus.“

„Kommen Sie gut nach Hause. Bis morgen.“

Die ältere Frau ging hinaus, und Lyric stieg in den zweiten Stock hinauf, wo sie an eine Tür klopfte.

„Ist das meine schöne Nichte?“

Lyric wurde ganz warm zumute, als Ace ihr das in seiner lieben, aber schwachen Stimme zurief. Sie hatte sich immer geschätzt gefühlt, wenn er sie Nichte nannte, schon seit dem ersten Mal bei ihrer Hochzeit vor zweiundzwanzig Jahren. Die Vorstellung, dass sie es nur noch wenige Male hören würde, versetzte ihr einen Stich.

„Hey Onkelchen!“, rief sie. Er saß in seinem großen Himmelbett. Sein Bruder David, der daneben saß, stand auf und drückte sie. „Hey Schätzchen. Es ist immer schön, dich zu sehen.“

Er war ein lässig-eleganter älterer Herr mit perfekt sitzender Fliege, makellosem weißem Hemd und einer Anzughose mit akkurater Bügelfalte. Sein welliges graues Haar war wie das seines älteren Bruders, nur dichter und voller. Sie umarmte David, wobei sie etwas von dem unausgesprochenen Schmerz teilte, den keiner von beiden in Gegenwart des großartigen Mannes neben ihnen offen ansprechen würde. „Ich sehe dich doch jeden Abend, Onkel David.“

„Und jeden Abend ist es wieder schön, dein hübsches Gesicht zu sehen. Das schönste Geschenk, das mein verstorbener Neffe seiner Familie je gemacht hat, warst du.“

„Lass das Kind los, damit ich auch etwas abbekomme.“

„Ach“, gab David zurück. „Du willst sie nur nicht teilen.“ Er ließ sie los und ging zur Tür. „Ich bin in meinem Zimmer, falls ihr mich braucht.“

Lyric nickte, ehe sie sich Ace zuwandte. „Wie geht’s dir heute?“ Sie küsste seine Wange und war froh über die Wärme, die sie dort spürte. Sie war der Beweis, dass er noch da war.

„Besser, seit meine Lieblingsnichte hier ist.“

Sie wackelte vorwurfsvoll mit dem Finger. „Das lässt du besser nicht Amara hören.“

Er lachte, und sie setzte sich neben ihn auf das Bett. Dabei bewunderte sie, wie souverän und würdevoll er blieb, obwohl der Krebs in ihm wütete. „Amara ist meine liebste Großnichte. Es besteht also keine Gefahr, dass du deinen Titel verlieren könntest.“ Er schenkte ihr ein müdes Lächeln, das sie traurig machte. „Du sollst doch nicht jeden Tag herkommen, um einen kranken alten Mann zu besuchen. Du bist jung. Du solltest ausgehen, das Leben leben, Spaß haben und dich verlieben.“

Sie holte tief Luft, um die Trauer zu vertreiben, die sie immer noch überkam, wenn sie daran dachte, wie anders alles war, seit ihr Mann gestorben war. Sie hatte nie vorgehabt, mit zweiundvierzig allein zu sein, doch das Leben hatte andere Pläne. „Ich bin, wo ich sein will. Außerdem gibt’s da draußen keinen Mann, der dir das Wasser reichen könnte.“

Er legte seine Hand auf ihre. „Ich schätze jeden Moment, den ich mit dir verbringen kann. Doch wir beide wissen, dass es davon nur noch eine begrenzte Anzahl geben wird. Ich möchte, dass du etwas, jemanden hast, wenn ich tot bin. Du verdienst es, geliebt und umsorgt zu werden.“

Noch immer erstaunte es sie, wie sehr Ace sie mochte. Sie hatte sich oft gefragt, ob das nur daran lag, dass sie mit seinem Neffen verheiratet war. Doch in den zwei Jahren seit Randalls Tod war ihre Beziehung noch enger geworden.

„Ich hatte schon die eine große Liebe in meinem Leben. So etwas passiert nicht zweimal. Ich weiß, du sorgst dich um mich, aber mir geht’s gut, ehrlich. Meine Arbeit hält mich beschäftigt.“

„Aber sie hält dich nachts nicht warm.“ Skeptisch zog er eine Braue hoch, und ihr war klar, dass Widerspruch zwecklos war. Vor allem, seit sie wusste, wie sich Josiah Mannings Berührungen anfühlten. „Mir bleibt nur noch wenig Zeit. Aber ich habe Gott und meiner geliebten Alva versprochen, nirgendwohin zu gehen, bis die fünf Menschen, die mein Vermächtnis weitertragen, versorgt und geliebt sind, wie meine Frau und ich uns geliebt haben. Trey und Jeremiah waren zwei Fliegen mit einer Klappe. Bleiben noch Stephan, Amara und du. Also mach dich bereit, denn dein Onkel Ace hält immer, was er verspricht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Stephan ist in Frankreich, schon seit Randalls Tod. Aber er hatte noch nie ein Problem, einen Mann zu finden. Wenn er also keinen hat, dann will er auch keinen. Amara will nur Onkel Davids Nachfolgerin werden und hat bestimmt keine Zeit, über eine Beziehung nachzudenken. Und was mich angeht“, beruhigend drückte sie seine Hand, „ich kann auf mich selbst aufpassen. Frauen brauchen keine großen, starken Männer mehr, die für sie sorgen.“

Er winkte ab. „Es geht doch nicht darum, dass ein Mann dich finanziell und materiell versorgt. Ich rede davon, jemand zu haben, dessen Liebe dir Halt gibt, wenn der Rest der Welt versucht, dich in die Knie zu zwingen. Wir alle verdienen das, Lyric, auch du.“

Darauf wusste sie nichts zu erwidern. Sie hatte ihren Mann aus tiefstem Herzen geliebt, doch an seiner Kontrollsucht wäre sie fast zerbrochen. Lyric war nicht bereit, jemandem wieder so viel Macht über sich einzuräumen. „Onkel Ace, du weißt, dass ich nicht deswegen hier bin, oder?“

Bei seinem leisen Lachen ging ihr das Herz auf. „Ja, aber was wäre ich für ein Onkel, wenn ich nicht wenigstens versuchte, mich einzumischen?“

„Du“, flüsterte sie, „bist der beste Onkel, der je gelebt hat, und ich bin so froh, dass Randall dich mit mir geteilt hat.“ Eine Träne lief ihr über das Gesicht, und auch seine Wangen wurden feucht. Er hob eine zitternde, gebrechliche Hand und legte sie auf ihre Wange. „Ich hab dich lieb, kleines Mädchen.“

„Ich dich auch, alter Mann.“

Er lachte, wischte sich die Tränen ab und hob seinen Finger. „Du und Jeremiah werdet noch Manieren lernen und aufhören, mich alt zu nennen.“

„Es gefällt dir doch. Dadurch fühlst du dich geehrt und weiser als wir.“

Lässig zuckte Ace die Achseln. „Ich bin nun mal weiser als alle anderen.“ Dem konnte sie nicht widersprechen, also lachte sie bloß und genoss den schönen Moment. Er schaute auf ihre Hände. „Welches Buch hast du heute mitgebracht?“

Neckend sah sie ihn an. „Wer sagt, dass ich etwas mitgebracht habe?“

„Wir zwei sind jetzt seit zwanzig Jahren die einzigen Mitglieder unseres privaten Buchklubs. Du würdest mich nicht enttäuschen und kein Buch mitbringen, über das wir sprechen können.“

Seit Jahren trafen sie sich alle zwei Wochen, um über Bücher zu sprechen. Durch ihn hatte sie ihre Liebe zu Thrillern und Sachbüchern entdeckt. Sie wiederum hatte ihn Lyrik und Liebesromane schätzen gelehrt. Durch ihre Gespräche über Literatur hatte sie Ace als einen der liebenswertesten Menschen der Welt kennengelernt, auch wenn er sich in geschäftlichen Dingen wie ein Hai verhielt.

„Du hast recht. Ich habe das neue Buch von Rochelle Alers dabei. Ich weiß, sie ist eine deiner Lieblingsautorinnen.“

„Stimmt“, erwiderte Ace. „Die Frau kann wirklich schreiben. Dann fang an. Ich bin schon gespannt.“

Lyric schlug das Buch auf und lächelte beim Anblick des erwartungsvollen Ausdrucks auf Aces eingefallenem Gesicht. Sie begann zu lesen, um den Moment nicht durch den Schmerz über den bevorstehenden Verlust zu verderben.

Josiah stieg aus dem Auto und ging in sein Stadthaus in der Orange Street. Es war sein ganzer Stolz, der erste Luxus, den er sich gegönnt hatte, als seine Arbeit als Produzent anfing, Geld einzubringen. Er stellte seine Reisetasche im Foyer ab und ging zum Küchentisch, wo seine Haushälterin die Post hinterlegt hatte, die in den letzten drei Wochen angekommen war. Er sortierte die Pakete und Drehbücher, die er lesen würde, sobald er an etwas anderes denken konnte als an Lyric Devereaux-Smith.

Er kehrte immer wieder zu den Stunden zurück, die er tief in ihr verbracht hatte. Nie zuvor hatte Sex ihn so aus der Bahn geworfen. Alles an dieser schönen Frau zog ihn an und stellte ihn auf den Kopf. Sie war das perfekte Gesamtpaket. Genau deshalb musste er ihre Beziehung platonisch halten, bevor ihm alles um die Ohren flog. Sie war Jeremiahs Cousine. Er konnte nicht riskieren, diese Frau vor den Kopf zu stoßen und die beste Freundschaft zu ruinieren, die er seit seiner Jugend gehabt hatte. Deswegen durfte er Lyric nur noch ansehen, aber nicht berühren. Auch so gäbe es eine Zukunft für sie. Während seiner Dienstreise hatten sie telefoniert und getextet, und am Ende hatte er jedes Mal mehr gewollt.

Sein Handy vibrierte. Er lächelte, als er Jeremiahs Nummer sah. „Was geht, Baby?“

„Ich schätze, dein Hintern ist endlich zu Hause“, erwiderte Jeremiah. „Wann bist du angekommen?“

„Vor etwa zehn Minuten. Ich will kurz duschen und dann sehen, was noch so läuft. Wollen wir uns treffen, oder hält dich deine Frau an der kurzen Leine?“

„Bro, wenn du kriegen würdest, was ich kriege, würdest du dieses Halsband auch bereitwillig tragen.“

Josiahs Gelächter hallte von den Wänden zurück. „Junge, ich freue mich, dich so glücklich zu sehen. Ich hätte nicht gedacht, dass eine Frau dir so den Kopf verdrehen könnte, aber es steht dir.“

„Das ist auch besser so, da ich ihr gerade einen großen schwarzen Diamanten an den Finger gesteckt habe.“

Ruckartig blieb Josiah stehen. „Du bist verlobt?“

„Ja. Es gibt keine perfektere Frau. Ich wäre ein Idiot, sie gehen zu lassen. Trey ist die Richtige.“

Stolz dachte Josiah, wie sehr sie sich doch von Jungen zu Männern entwickelt hatten. „Gratuliere. Sag Trey von mir, dass sie zu gut für dich ist.“

Jeremiah lachte. „Was du nicht sagst.“

„Ihr müsst mich etwas für euch machen lassen. Habt ihr schon einen Termin?“

„Es soll so bald wie möglich sein. Wir möchten, dass Ace dabei ist, und wir wissen nicht, wie viel Zeit ihm noch bleibt. So gern ich ihr auch eine opulente Hochzeit ermöglichen würde, halten wir beide das nicht für praktisch unter den Umständen. Deshalb wollen wir am Samstag in drei Wochen in Devereaux Manor heiraten und einen kleinen Empfang im Garten veranstalten. Die Einladungen werden morgen zugestellt.“

Die Trauer in der Stimme seines Freundes brach Josiah das Herz. „Ihr gehört zum Devereaux-Clan. Es gibt nichts, was ihr nicht tun könnt. Stell einem Hochzeitsplaner einen üppigen Scheck aus, und schon lässt er all eure Träume wahr werden, Zeitdruck hin oder her.“

„Danke, dass du mich stets daran erinnerst, dass nichts, was ich will, unmöglich ist.“

„Du verdienst es.“ Seine Stimme sank tiefer, als er an die Schwierigkeiten dachte, die sie während ihrer Freundschaft durchgemacht hatten. „Wenn du Trey kurzfristig eine wundervolle Hochzeit schenken willst, schaffst du das auch. Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Ich kann meine Beziehungen spielen lassen, um dir so ziemlich alles zu besorgen, was du brauchst.“

„Darum liebe ich dich, Mann. Deshalb will ich dich auch als einen meiner Trauzeugen haben.“

„Einen von ihnen? Gibt es nicht immer nur einen?“

„Ja, aber mein Cousin Stephan kommt zur Hochzeit zurück. Ich möchte ihn auch an meiner Seite.“

„Es wäre mir eine Ehre.“

„Das wollte ich hören“, antwortete Jeremiah. „Ich sag dir Bescheid, sobald ich mehr Details habe.“

„Alles klar. Dann bis später.“ Er beendete den Anruf und sann darüber nach, wie Aces bevorstehender Tod Jeremiah dazu gebracht hatte, sein Leben zu leben und sich das zu holen, was er wollte. Josiah fragte sich, ob er je den Mut haben würde, ein solches Wagnis einzugehen. Ehe er genauer darüber nachdenken konnte, verschickte er eine Nachricht. Als er Lyrics Zustimmung sah, am nächsten Tag mit ihm zu Mittag zu essen, verflog seine Unsicherheit. Er hatte keine Ahnung, was er hier tat oder wohin es führte. Doch die Lebensfreude seines Freundes hatte ihm klargemacht, dass man die Gelegenheit beim Schopfe packen musste.

5. KAPITEL

Josiahs Fahrer Ben hielt vor dem Eingang des PBN-Studios in der West Fiftieth Street in Manhattan. Josiah stieg aus und betrat die Lobby, wo ihn eine Empfangsmitarbeiterin zu einem privaten Lift schickte, der ihn in die Geschäftsleitungsetage brachte. Dort begrüßte ihn ein weißer Mann in den Zwanzigern. „Ich bin Thomas Greer, Mr. Cohens Assistent. Sein Neun-Uhr-Termin dauert etwas länger. Er kommt dann gleich zu Ihnen. Bitte folgen Sie mir.“ Thomas brachte ihn in einen großen Raum. „Das ist unser Kaffeezimmer. Bitte bedienen Sie sich dort.“ Er wies auf einen kleinen Tisch in der Ecke. „Über das Telefon erreichen Sie mich direkt. Falls Sie etwas brauchen, sagen Sie Bescheid.“ Damit ging er wieder.

Während Josiah wartete, kreisten seine Gedanken um die Frage, wie er die Lücke füllen sollte, die Lyrics Ablehnung in seinem Morgenprogramm hinterlassen hatte. Er setzte sich in einen Sessel und ging seine Reserveliste an Moderatoren durch. Einige hatten sogar eine größere Fangemeinde als Lyric, doch keiner von ihnen besaß diese Aufrichtigkeit, die sie umgab wie eine ruhige Aura und andere mit Leichtigkeit anzog, ihn eingeschlossen. Er hatte eine Nacht mit ihr verbracht, und drei Wochen später fesselten ihn ihre Stärke und Schönheit immer noch.

„Wenn das nicht Josiah Manning ist.“ Die scharfe Stimme klang wie Fingernägel auf einer Tafel in Josiahs Ohren. Drei Jahre lang hatte er ihr gehorcht und sie die letzten sieben als Ansporn genommen, bei all seinen Vorhaben erfolgreich zu sein.

„Daniel Lambert.“ Josiah stand auf und sah seinen ehemaligen Chef und jetzigen Erzfeind an.

„Was tun Sie hier, Josiah?“ Daniel war ein kleiner Mann mit zunehmendem Taillenumfang und beginnender Glatze. Seine Haut wirkte ledrig, als hätte er zu viel Zeit im Solarium verbracht. Josiah war überzeugt, dass Daniels körperlicher Abbau nichts mit seinem Alter zu tun hatte, sondern vielmehr ein Zeichen für schlechtes Karma war, weil er so viele Leute über den Tisch gezogen hatte.

Daniels grüne Augen blitzten, als er einen stummeligen Finger auf Josiah richtete. „Lassen Sie mich raten. Sie sind auch wegen der Position des Präsidenten hier, oder?“ Als Josiah nicht antwortete, lächelte Daniel amüsiert. „Wie in alten Zeiten bei Eagle Vision Productions. Damals habe ich Ihnen den Job als Produktionsleiter weggeschnappt, und Sie sind weggerannt. Jetzt wollen wir die Geschichte hier wiederholen. Das ist toll für mich, aber ich frage mich, ob Ihr angeschlagenes Ego eine weitere Niederlage erträgt.“

Mit Mühe gelang es Josiah, seine Wut im Zaum zu halten und zu lächeln. „Ich glaube, die Erfolge meiner Firma und die zahlreichen Emmys, die ich gewonnen habe, machen mich zu mehr als einem Mitbewerber für diesen Job. Und da die meisten dieser Erfolge auf Ihre Kosten erzielt wurden, würde ich mir mehr Sorgen um Ihr angeschlagenes Ego machen.“

Daniel lief dunkelrot an, doch ehe er etwas erwidern konnte, erschien Abe Cohen an der Tür. „Josiah, danke für Ihre Geduld. Lassen Sie uns in mein Büro gehen.“ Josiah ging um Daniel herum und hatte schon einen Fuß über der Schwelle, als ihm der Mann nachrief: „Ich sage Bianca, dass ich Sie getroffen habe. Das findet sie bestimmt witzig.“

Josiah tat, als würde ihm der Name der Frau, die sein Herz gebrochen und fast seine Karriere ruiniert hatte, nichts ausmachen, und ging in Abes Büro.

„Setzen Sie sich“, sagte Abe. „Ich hoffe wirklich, dass Sie eine Idee für ein überzeugendes Programm haben, denn es würde mich umbringen, in den Ruhestand zu gehen und den Sender in den Händen dieses Angebers zu lassen.“

„Dann bewirbt er sich um den Job?“

Abe nickte. „Und er ist besser qualifiziert als Sie. Was Sie auch planen, es sollte die Leute besser umhauen. Sonst schnappt er sich den Job, den Sie verdienen, wie beim letzten Mal.“

Lyric sah auf die Uhr, und Freude stieg in ihr auf. In den drei Wochen seit ihrer letzten Begegnung mit Josiah hatten sie mehrere Video-Anrufe geführt und Nachrichten ausgetauscht. Jetzt würde er sie gleich zum Mittagessen abholen. Sie konnte sich nicht erklären, wieso sie deswegen so aufgeregt war. Sie waren nur Freunde, mal abgesehen von ihrer ersten Nacht. Keiner von ihnen wollte mehr als die Gesellschaft und Unterstützung des anderen, also musste sie ihre lüsternen Träume einfach ausblenden.

Um sich von ihren unreinen Gedanken abzulenken, ging sie zur Tür, um die Post zu holen. „Rechnung, Werbung“, murmelte sie, als sie die Briefe in ihrem Studio durchging. Dann fiel ihr ein goldumrandeter Umschlag in die Finger. Sie setzte sich und warf den Rest des Poststapels auf einen Tisch. Als sie an der Tüllschleife des Umschlags zog, klappte das schimmernde Papier halb auf. Darunter kam ein schwarzer Kartonbogen mit dem Monogramm „J & J“ in Blattgold zum Vorschein. Als sie die Nachricht las, klappte ihr die Kinnlade herunter. „Wir erbitten die Ehre Ihrer Anwesenheit bei der Hochzeit von Ms. Jordan Dylan Devereaux III. und Mr. Jeremiah Benton …“ Sie holte ihr Telefon aus der Tasche und wählte Jeremiahs Nummer.

„Hallo?“, fragte seine vertraute Baritonstimme.

„Eine Einladung per Post?“, platzte sie heraus. „So muss ich erfahren, dass du heiratest?“

Er lachte. „Es sollte eine Überraschung sein. Die ganze Familie kann eine gute Nachricht gebrauchen. Ich dachte, wenn ihr alle gleichzeitig die Einladungen bekommt, wäre es so, als wären wir alle zusammen.“

„Deine Spielchen …“, erwiderte sie. „Wir haben uns gestern bei Ace gesehen. Warum hast du es mir da nicht erzählt?“

„Weil du vor Aufregung das Haus zusammengeschrien und Ace vermutlich einen Herzinfarkt verpasst hättest.“

Er hatte recht. Über diese wundervollen Neuigkeiten hätte sie sich nicht still freuen können. Sie schaute auf die Einladung. „Dann heiratet ihr Samstag in drei Wochen? Ich fasse es nicht. Der schlaksige Teenager, den Ace mit nach Hause gebracht hat, ist erwachsen und nimmt sich eine Frau.“

„Ja, Wunder gibt es immer wieder. Trey würde sich bestimmt über Hilfe bei den Vorbereitungen freuen, und da du immer die Gastgeberin in der Familie warst, könntest du ihr vielleicht ein paar Tipps geben.“

„Das ist Treys Hochzeit. Ich erteile ihr bestimmt keine ungebetenen Ratschläge. Aber sag ihr, dass ich ihr gern helfe, wenn ich kann. Ich freue mich wahnsinnig für euch beide.“

„Cool, Cousinchen. Ich sag’s ihr. Ich kann es kaum erwarten, dass ihr zwei euch besser kennenlernt. Ihr werdet euch bestimmt gut verstehen.“

Da Trey wegen des Zerwürfnisses zwischen ihrem Vater und ihrem Großvater entfremdet von der Familie aufgewachsen war, wäre das keine leichte Aufgabe. Doch wenn Jeremiah es wollte, würde Lyric ihr Bestes tun. Dafür war Familie schließlich da.

„Schick uns nur so schnell wie möglich deine Antwortkarte, da wir nur knapp vierundzwanzig Tage bis zur Trauung haben.“

Lyric schnappte sich einen Stift und kreuzte das Kästchen „Ja, ich komme“ an. „Ich schicke sie gleich ab.“

„Danke. Ich sage Trey, dass sie sich später bei dir melden soll. Okay?“

„Das wäre toll. Ich habe gleich ein Meeting wegen der Verpackungsdesigns der Beautyreihe, und anschließend bin ich zum Mittagessen verabredet. Sag Trey, dass sie mich am besten nach der Arbeit anruft.“

„Mach ich.“ Nach einer kurzen Pause sagte er: „Ich wusste nicht, dass du so kurz vor der Produktion stehst, dass du schon die endgültigen Designs aussuchst. Gilt das für das gesamte Sortiment?“

„Nein, nur die Kosmetik. Wenn es gut läuft, soll die Haarpflegereihe im Frühling folgen.“

Er pfiff. „Das ist toll. Ich war so damit beschäftigt, mich um Ace zu kümmern und Devereaux Inc. zu retten, dass ich kaum auf die Fortschritte bei deiner Produktreihe geachtet habe.“

„Schon klar“, witzelte sie. „Keine Sorge, ich habe alles im Griff, und Martha war erstaunlich hilfsbereit. Im Moment brauchst du dich um nichts weiter zu kümmern als um deine Hochzeit.“

„Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst, okay?“

Sie lächelte sanft. „Nein, ich werde dich auf keinen Fall anrufen, wenn etwas schiefgeht. Du erfährst es wie jeder andere COO, aus den Quartalsberichten.“

„Schon gut. Ich höre auf, der überfürsorgliche kleine Cousin zu sein, und lasse dich einfach machen.“

„Das brauchst du gar nicht, aber jetzt bin ich mal dran, mich um dich zu kümmern. Und das tue ich, indem ich dir alle Sorgen abnehme, während du deine Hochzeit planst. Das hast du verdient.“ Ihre Stimme wurde weich. „In den letzten Monaten war alles so angespannt wegen Devereaux Inc. und Onkel Ace. Diese Hochzeit wird eine wundervolle Abwechslung sein.“ Das sagte sie nicht nur, um nett zu sein. Seit Ace krank geworden war, hatte sich Jeremiah zum Rückgrat der Familie entwickelt. Für Lyric stand fest, dass er diese Rolle auf Dauer übernehmen würde. „Nochmals herzlichen Glückwunsch. Diese Hochzeit ist genau das, was unsere Familie braucht.“

Die Türklingel lenkte sie ab. „Das ist bestimmt Martha. Ich mache Schluss, damit ich diese Besprechung schnell hinter mich bringen kann.“

Er lachte. „Ich versuche auch immer, meine Meetings mit ihr so kurz wie möglich zu halten.“

„Hey, sie ist meine Schwiegermutter.“

„Deine ehemalige Schwiegermutter. Du bist nicht mehr mit Randall verheiratet.“

Das stimmte zwar, aber ihr Kopf und ihr Herz waren anderer Meinung. „Wie du meinst. Bis später.“

Das Klingeln wurde beharrlicher, ein untrügliches Zeichen dafür, dass ihre „ehemalige“ Schwiegermutter vor der Tür stand. Lyric öffnete. „Martha, du kannst die Klingel jetzt loslassen.“

„Wenn du einen Butler hättest wie der Rest der zivilisierten Welt, müsstest du deine Gäste nicht warten lassen.“ Wie ein eisiger Wind rauschte Martha an Lyric vorbei. Sie war eine schlanke, vornehme Frau mit perfekter Haltung. Ihr dunkles Haar hatte sie zu ihrem üblichen strengen Dutt zusammengebunden, was den Blick auf ihr makelloses Make-up lenkte. Mit ihrer gelben Bluse, dunkelbraunen Hose und dem braunen Seidenüberwurf, den sie über eine Schulter drapiert hatte, gab Martha ein Bild ab, das förmlich schrie: Ich bin fabelhaft. Sie war durchgestylt bis zu den spitzen braunen Manolo-Blahnik-Pumps an ihren Füßen, das perfekte Beispiel für Wohlstand und Status in einem respektgebietenden Paket.

„Ich weiß nicht, ob es dir bewusst ist“, fing Lyric an, „aber der Großteil der Zivilisation hat keinen Butler. Nur Leute in den Ein-Prozent-Kreisen finden das normal.“

Martha winkte ab. „Genau das meine ich. Du gehörst zu diesem einen Prozent. Dafür hat das Vermögen meines Sohnes gesorgt. Meinst du nicht, dass es an der Zeit wäre, dich dementsprechend zu benehmen?“

Lyric richtete sich auf. Zwanzig Jahre lang hatte sie sich anhören müssen, dass sie sich doch wie eine echte Devereaux verhalten sollte. Für Lyric hieß das nur eines: Sie würde nie gut genug für Marthas Sohn sein, nicht einmal jetzt nach seinem Tod. Sie holte tief Luft, schluckte ihren Ärger hinunter und rief sich in Erinnerung, dass sie nicht die Einzige war, die bei jenem Unfall einen geliebten Menschen verloren hatte.

„Haute Couture und High Society sind gut und schön für einen Abend in der Stadt. Aber ich bin froh, hier in meinem Häuschen in Brooklyn zu sein, alltägliche Dinge zu tun und neben gewöhnlichen Menschen zu wohnen. Finanzielle Sicherheit bedeutet für mich, eine Sorge weniger im Leben zu haben. Das sagt aber nichts über den Charakter aus.“

Marthas Augen wurden schmal. Sie war es nicht gewohnt, dass Lyric offen ihre Meinung sagte. Doch je mehr Randalls Einfluss auf sie schwand, desto mehr fand Lyric die Kraft, nach ihren eigenen Bedingungen zu leben.

„Hast du die Verpackungsmuster mitgebracht?“, fragte Lyric.

Anscheinend war Martha die Sache keinen Streit wert, denn sie nickte und holte eine Schachtel aus ihrer Tasche. Aufgeregt riss Lyric sie ihr aus der Hand und lief zu einem Sofa. Nachdem sie vergeblich versucht hatte, die Verpackung zu öffnen, hatte Lyric genug. „Gibst du mir bitte den Stift dort? Ich brauche etwas, um das Paketband aufzukriegen.“

„Was ist das denn?“

Als Lyric aufblickte, hielt Martha die Antwortkarte für die Hochzeit in der Hand. Ihren zusammengepressten Lippen nach zu urteilen, war sie nicht erfreut. „Es ist eine Antwortkarte für Jeremiahs und Treys Hochzeit.“

Martha stützte die Hand auf die Hüfte. „Das sehe ich. Ich meinte deine Antwort. Hast du wirklich die Einladung zu dieser Charade angenommen?“

Denk daran, du solltest ihr Respekt erweisen. Lass es auf sich beruhen. Mantraartig wiederholte Lyric diese Worte in ihrem Kopf, um ihren aufsteigenden Ärger zu unterdrücken. „Ich weiß nicht, warum du es als Charade bezeichnest, wenn zwei Menschen beschließen, zu heiraten, aber egal. Ich gehe hin. Ich bin schon ganz aufgeregt. Das ist die erste gute Nachricht in der Familie, seit Onkel Ace seine Krebsdiagnose erhalten hat.“

„Sie haben mich betrogen“, rief Martha schrill. „Sie haben sich verschworen, um mir Devereaux Inc. zu stehlen. Es gehörte mir, und sie haben es gestohlen.“

Lyric lachte, weil sie annahm, dass Martha einen Witz machte. Doch als sie in Marthas Augen sah, erkannte sie ihren Irrtum. „Ist das dein Ernst?“

„Natürlich“, gab Martha zurück. „Ich war die rechtmäßige Erbin meines Bruders, bis Jeremiah die Enkelin meines Bruders ausfindig gemacht hat, um mir meinen Platz streitig zu machen. Jetzt heiratet Jeremiah sie auch noch.“

Lyric ging zu Martha. Sie konnte sehen, wie viel Schmerz sich hinter ihrem Zorn verbarg. „Der rechtmäßige Erbe war Deuce. Ohne ihn wäre die Firma an seine Erben gegangen. Sie hätte nie dir gehört. Onkel Ace wollte es nicht.“ Lyric sah, wie sehr ihre Worte die andere Frau trafen. Doch wenn man an einer Lüge festhielt, verwickelte man sich nur in sinnlose Kämpfe.

„Nun.“ Martha straffte die Schultern und schob das Kinn vor. „Wie es scheint, finde ich nicht einmal Trost bei denen, die moralisch verpflichtet wären, mich zu unterstützen. Dann muss ich andere eben auch so behandeln. Du wirst nicht zu dieser Hochzeit gehen. Ich bin deine Schwiegermutter, und du bist mir etwas schuldig. Du wirst mich nicht demütigen, indem du die Menschen feierst, die versucht haben, mich zu ruinieren.“

„Du bist wütend, obwohl ich nicht ganz verstehe, warum. Vielleicht sollten wir dieses Meeting verschieben, bis sich die Gemüter wieder beruhigt haben.“

„Nicht nötig“, schnaubte Martha. „Wenn du zu dieser Hochzeit gehst, brauchen wir keine Verpackungen auszusuchen, weil ich deinen Produktionsvertrag kündige.“

„Das kann nicht dein Ernst sein.“ Die Lifestyle-Marke von Devereaux Inc., Inkosi, stand kurz davor, Lyrics Kosmetikreihe auf den Markt zu bringen. Wie konnte Martha ihr derart drohen?

„Oh doch. Loyalität ist alles. Und du bist mir gegenüber entweder loyal, oder du bist es nicht.“

„Aber mein Vertrag …“

Martha brachte Lyric mit einer Geste zum Schweigen. „In deinem Vertrag gibt es eine Klausel, wonach Inkosi die Vereinbarung aus beliebigen Gründen kündigen kann. Und glaub ja nicht, dass ich das nicht tun werde, weil du mit meinem Sohn verheiratet warst. Zum letzten Mal: Gehst du zu dieser Hochzeit oder nicht?“

Autor

Maureen Child

Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal.

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