Collection Baccara Band 399

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LEIDENSCHAFT AN BORD! von DUNLOP, BARBARA
In Tashas erotischen Träumen spielt Matt die Hauptrolle. Aber er scheint in ihr nur die Mechanikerin seines Luxus-Bootsverleihs zu sehen. Bis sie herausfinden müssen, wer hinter der Sabotage seiner Jachten steckt. Mit jeder Seemeile knistert es heißer zwischen ihnen …

WIE EIN SINNLICHES FEST von ROCK, JOANNE
Aus einem hitzigen Streit wird eine leidenschaftliche Umarmung - mit süßen Folgen! Doch Delia lehnt Jagers Antrag ab. Sie weiß, dass er nicht an die Liebe glaubt. Aber warum setzt er trotzdem alles daran, sie im weihnachtlichen Manhattan zu einem Ja zu verführen?

IM RHYTHMUS DER NACHT von FLETCHER MELLO, DEBORAH
Der Mann fürs Leben? Den gibt es nicht, glaubt die schöne Unternehmerin Kamaya. Bis sie in einem exklusiven Nachtclub Wesley Walters begegnet. Sexy und clever - ist er ihr Mr. Perfect? Doch Kamaya ahnt nichts von dem erotischen Geheimnis ihres Traummannes …


  • Erscheinungstag 06.11.2018
  • Bandnummer 0399
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725020
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Barbara Dunlop, Joanne Rock, Deborah Fletcher Mello

COLLECTION BACCARA BAND 399

BARBARA DUNLOP

Leidenschaft an Bord!

Bis jetzt hat Matt die Schiffsmechanikerin Tasha nur in Arbeitskleidung zu Gesicht bekommen. Aber beim Weihnachtsball sieht sie einfach umwerfend aus! Als seine berechnende Ex-Frau auf dem Fest erscheint und ihn zurückerobern will, bittet Matt kurzerhand Tasha, seine Freundin zu spielen. Doch an Bord seiner Luxusjacht geht das Spiel um Lust und Liebe weiter …

JOANNE ROCK

Wie ein sinnliches Fest

Jager McNeill hat seine schöne Assistentin Delia immer für seine Verbündete gehalten. Aber jetzt verteidigt sie seinen Vater, den Jager ablehnt. Hitzig streiten sie – und dann liegt Delia in seinen Armen. Die berauschende Nacht hat Folgen. Plötzlich muss Jager sich für Liebe und eine Familie entscheiden. Oder dagegen?

DEBORAH FLETCHER MELLO

Im Rhythmus der Nacht

Er kann sie mit seiner Liebe verwöhnen, ihr immer wieder zeigen, wie begehrenswert sie ist. Aber niemals darf Wesley seiner Geliebten Kamaya sein intimstes Geheimnis verraten! Bestimmt wird sie ihm nie verzeihen, was er früher getan hat. Doch er schweigt zu lange, und der Moment der Wahrheit kommt früher als gedacht …

1. KAPITEL

Tasha Lowell schreckte hoch, als jemand laut an die Tür ihrer Wohneinheit in den Personalunterkünften des Whiskey Bay Jachthafens klopfte. Es war Mitternacht, und sie hatte kaum eine Stunde geschlafen.

„Tasha?“ Die Stimme von Matt Emerson, dem Besitzer des Jachthafens, weckte sie endgültig auf. Tasha hatte von ihm geträumt.

„Was ist los?“, fragte sie, vom Schlaf noch ganz heiser und leise. Wahrscheinlich hatte er ihre Stimme gar nicht gehört. „Was?“, rief sie lauter und stieg aus dem Bett.

„Die ‚Orca’s Run‘ hatte vor Tyree in Oregon eine Panne.“

„Was ist passiert?“, fragte sie automatisch und ging barfuß zur Tür. Eine alberne Frage. Matt Emerson – wohlhabend und weltgewandt – konnte wahrscheinlich nicht einmal eine Einspritzpumpe von einer Lichtmaschine unterscheiden. Sie öffnete die Tür und stand dem Hauptdarsteller ihres Traums gegenüber. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass dieser Traum nicht gerade jugendfrei gewesen war.

„Der Motor ist ausgefallen. Laut Captain Johansson liegen sie in der Bucht vor Anker.“

Das war gar nicht gut. Tasha war erst seit knapp zwei Wochen die Chefmechanikerin des Whiskey Bay Jachthafens, und Matt hatte gezögert, sie überhaupt zu befördern. Es war sein gutes Recht, sie dafür verantwortlich zu machen, wenn mit dem Motor der „Orca’s Run“ etwas nicht stimmte.

„Ich habe den Motor kurz vor der Abfahrt noch gewartet.“ Dieser Kunde war besonders wichtig für die Firma, das wusste sie. Die „Orca’s Run“ war mit knapp dreißig Metern Länge Matts zweitgrößte Jacht, und sie war von Hans Reinstädt gechartert worden, einem einflussreichen Geschäftsmann aus München. Für die Firma wäre es eine Katastrophe, wenn der Aufenthalt der Reinstädts dadurch getrübt würde und sie möglicherweise ihren Freunden davon erzählten.

Tasha zog sich schnell eine Bluse und Cargo-Hosen an, ohne vorher ihren Pyjama auszuziehen, und setzte dann eine Baseball-Kappe auf. Dreißig Sekunden später hatte sie auch Socken und Arbeitsstiefel angezogen und war fertig.

Matt starrte sie perplex an. „Das war’s?“

„Was?“ Sie verstand die Frage nicht.

„Du musst dich nicht weiter fertig machen?“

Sie sah an sich hinunter und schaute dann zurück in ihr Zimmer. „Ich bin fertig.“ Alles, was sie brauchte, war in den Reißverschlusstaschen ihrer Hose verstaut.

Er lächelte schief. „Na dann los.“

„Was ist so lustig?“, fragte sie und ging neben ihm her.

„Nichts.“

Sie liefen den Steg zum Pier des Whiskey Bay Jachthafens hinunter.

„Du lachst doch über irgendetwas.“

„Nein, überhaupt nicht.“

„Du lachst über mich.“

„Ich lächle. Das ist nicht dasselbe.“

„Ich habe dich wohl irgendwie amüsiert.“ Tasha konnte es nicht ausstehen, wenn man sich über sie lustig machte. Sie wollte ernst genommen werden, besonders von Männern – und vor allem von ihrem Boss.

„Ich bin bloß beeindruckt.“

„Davon, wie ich mich angezogen habe?“

„Davon, wie effizient du bist.“

Wie sollte sie darauf reagieren? Es war eigentlich nicht sexistisch … oder? Sie ließ das Thema fallen. „Welches Boot nehmen wir?“

„Die ‚Monty’s Pride‘.“

Überrascht sah sie ihn an. Die „Monty’s Pride“ war Matts größte Jacht, fünfunddreißig Meter lang und erst letztes Jahr generalüberholt worden. Seitdem war sie sehr luxuriös eingerichtet. Es war offensichtlich, was Matt vorhatte. „Glaubst du, wir müssen die Jachten austauschen?“

Tasha wäre lieber optimistisch gewesen und hätte gern stattdessen das Reparaturboot genommen. Die „Monty’s Pride“ würde auf dem Weg nach Tyree Unmengen an Treibstoff verbrauchen. „Es ist gut möglich, dass ich den Schaden reparieren kann.“

„Und was, wenn nicht?“

„Was hat der Captain denn gesagt?“ Sie wollte sich nicht geschlagen geben, bevor sie den Hafen überhaupt verlassen hatten.

„Dass der Motor ausgefallen ist.“

Das war wenig informativ. „Ist er ganz plötzlich ausgefallen? Oder ist die Jacht erst langsamer geworden? Hat er ein seltsames Geräusch gehört oder etwas Ungewöhnliches gerochen? Oder war vielleicht Rauch zu sehen?“

„Ich habe nicht weiter nachgefragt.“

„Wieso nicht?“, fragte sie vorwurfsvoll. Matt warf ihr einen ungeduldigen Blick zu – sie war eindeutig zu weit gegangen. Er war schließlich immer noch ihr Boss. „Ich finde ja nur, dass es eine ganz schöne Benzinverschwendung ist, mit der ‚Monty’s Pride‘ rauszufahren“, erklärte sie. „Wir könnten jede Menge Geld sparen, wenn sich der Schaden schnell reparieren lässt.“

„Es ist egal, wie lang die Reparatur dauert. Ich bringe die Passagiere und die Crew so oder so auf die ‚Monty’s Pride‘, während du den Motor wieder zum Laufen bringst.“

Es gefiel Tasha gar nicht, dass ihre Nachlässigkeit die Firma so viel Geld kosten würde. „Vielleicht könnte ich vorher per Funk mit dem Captain sprechen.“

„Wir haben keine Zeit zu verschwenden, Tasha.“ Am Eingangstor zu Matts Pier gab er den Sicherheitscode ein und ließ ihr den Vortritt.

„Ich will ja auch keine Zeit verschwenden. Ich finde nur, wir sollten unsere Möglichkeiten abwägen. Die ‚Monty’s Pride‘ verbraucht fast vierhundert Liter Treibstoff pro Stunde.“

„Die Kundenzufriedenheit steht an erster Stelle.“

„Egal, zu welchem Preis?“

„Ja.“

War er wütend auf sie? Er ließ es sich zumindest nicht anmerken. Sie wünschte, sie wäre wieder in ihrem Traum. Darin war Matt so nett gewesen. Er hatte Witze gemacht, ihr Haar gestreichelt, sie geküsst … Moment, nein! An so etwas sollte sie nicht einmal denken. Das war nicht das, was sie wollte, überhaupt nicht.

„Hans Reinstädt soll zufrieden nach Deutschland zurückkehren“, fuhr Matt fort. „Er soll seinen Freunden und Geschäftspartnern gegenüber davon schwärmen, wie toll der Service war, als es ein Problem gab. Es ist irrelevant, wie schnell oder langsam wir den Schaden beheben. Sie hatten eine Panne, und wir haben ihnen eine bessere Jacht zur Verfügung gestellt. Die Leute lieben das. Sie lieben es so sehr, dass sie den Grund, warum es so gekommen ist, gern unter den Tisch fallen lassen.“

Das klang zugegebenermaßen logisch. Teuer, aber logisch. Doch auch wenn Matt den finanziellen Rückschlag im Namen der Kundenzufriedenheit hinnehmen konnte, wäre es schlecht für ihren Ruf, wenn sie für den Schaden verantwortlich sein sollte.

Sie gingen auf die Anlegestelle der „Monty’s Pride“ zu. Eines der Crew-Mitglieder war an Deck, während ein weiteres auf der Landungsbrücke stand, bereit zum Ablegen.

„Benzinstand?“, fragte Matt den jungen Mann an Bord.

„Über elftausend Liter.“

„Das sollte reichen“, sagte Matt und ging die Landungsbrücke hinauf aufs Hauptdeck.

Tasha folgte ihm. Unter ihnen rumpelten die zwei Dieselmotoren der Jacht. „Ist mein Werkzeugkasten an Bord?“, fragte sie.

„Ist im Lagerraum.“

„Super, danke.“ In Gedanken ging sie die Inspektion der „Orca’s Run“ durch. Hatte sie etwas übersehen, einen losen Riemen oder Schlauch? Eigentlich hatte sie alles kontrolliert. Aber niemand war perfekt. „Es könnte nur ein loser Riemen sein“, sagte sie zu Matt.

„Das wäre gut.“ Er betrat die Brücke, Tasha dicht auf den Fersen.

Matt war bewusst, wie riskant es war, die „Monty’s Pride“ statt des Reparaturboots zu nehmen. Aber bisher sah es so aus, als wäre es die richtige Entscheidung gewesen. Zwei Stunden, nachdem sie abgelegt hatten, war selbst Tasha gezwungen gewesen zuzugeben, dass der Schaden sich wahrscheinlich nicht allzu schnell beheben lassen würde.

Tasha hatte sich von Captain Johansson per Funk genau beschreiben lassen, wie der Ausfall des Motors abgelaufen war, aber letzten Endes war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie den Motor selbst inspizieren musste. Während der nächsten drei Stunden blieb nichts zu tun, als weiter nach Tyree zu fahren. Tasha machte sich wegen der Panne ganz offensichtlich Vorwürfe, aber Matt sah das gelassen. Bisher wussten sie ja nicht einmal, was überhaupt passiert war. Es war also viel zu früh, die Sache irgendjemandem vorzuwerfen.

„Du solltest dich eine Weile hinlegen“, sagte er zu ihr. Sie sah müde aus, und es war wirklich nicht nötig, dass sie beide die Nacht durchmachten.

Sie hob das Kinn und sah hinaus in die sternenklare Nacht. „Mir geht’s gut.“

„Du musst mir keine Gesellschaft leisten.“ Die Route nach Tyree war nicht kompliziert, schon gar nicht mit einer so gut ausgestatteten Jacht wie der „Monty’s Pride“.

„Das ist wirklich kein Problem.“

„Tasha, du musst mir nichts beweisen.“ Seit ihrer Beförderung war sie anscheinend fest entschlossen, keine Fehler zu machen. Aber Schlafentzug gehörte nun wirklich nicht zu den Berufsanforderungen.

„Ich will ja auch gar nichts beweisen. Hast du überhaupt geschlafen? Möchtest du dich vielleicht hinlegen?“

„Nein, danke.“ Sie war zwar dazu qualifiziert, das Boot zu steuern, doch er hätte sich schuldig gefühlt, wenn er ihr die ganze Arbeit überlassen hätte.

„Wir müssen wirklich nicht beide wach bleiben“, sagte sie.

„Mein Date war ziemlich früh vorbei. Ich hatte schon ein paar Stunden geschlafen, als ich den Anruf bekam.“ Seit Matts Scheidung gingen er und sein Freund TJ Bauer regelmäßig aus. Die meisten Frauen, die sie trafen, waren sehr nett, doch es hatte bisher noch nicht gefunkt – auch nicht bei der Frau, die Matt heute Abend ausgeführt hatte.

„Du musst mir wirklich nicht von deinen Dates erzählen“, sagte Tasha.

„Da gibt es ja auch nichts zu erzählen.“

„Das ist natürlich schade.“ Hörte er da einen neckenden Unterton? „Sonst hätten wir uns damit die Zeit vertreiben können.“

„Tut mir leid“, antwortete er grinsend. „Ich wünschte, ich könnte dich besser unterhalten. Wie steht es denn bei dir?“ Er war neugierig, was Tashas Liebesleben anging. Hatte sie einen Freund? Traf sie sich mit Männern? Sie gehörte so fest zum Inventar des Jachthafens, dass er sie bisher immer nur als hochgeschätzte Angestellte gesehen hatte.

„Was soll mit mir sein?“

„Gehst du manchmal aus?“

„Wie, aus?“

„Na aus, aus. Abendessen, tanzen …“

Sie lachte spöttisch.

„Ist das ein Nein?“

„Das ist ein Nein.“

„Warum nicht?“ Nun war seine Neugier erst recht geweckt. Sie trug zwar immer nur T-Shirts und Cargo-Hosen, aber unter dieser Verkleidung verbarg sich eine wirklich attraktive Frau. „Wirfst du dich nicht gern in Schale? Machst du dich überhaupt manchmal richtig schick?“ Soweit er sich erinnern konnte, hatte er sie noch nie in einem Kleid gesehen. Und er war sich ziemlich sicher, dass er das nicht so einfach vergessen hätte.

Sie drehte sich zu ihm um. „Was sollen die ganzen Fragen?“

„Ich dachte, wir könnten uns vielleicht mit deinen Dating-Geschichten ablenken, wenn wir das schon nicht mit meinen können.“ Er musterte sie, betrachtete ihre leuchtend grüne Augen und die dichten Wimpern. Ihre Wangenknochen waren hoch und ihre Nase schmal, beinahe zierlich. Dazu diese tiefroten Lippen, die untere ein wenig voller als die obere. Zu gern hätte er sie einmal geküsst.

„Da gibt es nichts zu erzählen“, sagte sie.

Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, und er wandte sich wieder der Windschutzscheibe zu. „Irgendwann musst du dich doch mal in Schale werfen.“

„Ich konzentriere mich lieber auf die Arbeit.“

„Wieso?“

„Weil sie mich glücklich macht.“

Das kaufte er ihr nicht ganz ab. Er besaß eine Firma und hatte trotzdem Zeit für ein Sozialleben. „Ich schaffe es doch auch, mich mit Leuten zu treffen, ohne deswegen die Arbeit zu vernachlässigen.“

Sie deutete mit der Hand in seine Richtung und schaute dabei einmal seinen ganzen Körper entlang. „Natürlich triffst du dich mit Frauen. Jemand wie du kann doch gar nicht anders.“

Was sollte das denn heißen? „Jemand wie ich?“

„Reich, gut aussehend, im heiratsfähigen Alter.“

„Gut aussehend?“ Es überraschte ihn, dass sie das dachte, und sogar noch mehr, dass sie es ausgesprochen hatte.

Sie verdrehte die Augen. „Das denken alle. Die ganze Welt hält dich für gut aussehend. Tu nicht so, als wäre dir das nie aufgefallen.“

Er hatte sich eigentlich immer für eher durchschnittlich gehalten. „Heiratsfähig bin ich jedenfalls wieder“, sagte er. Ob er allerdings wirklich als reich zu bezeichnen war oder nicht, war ebenfalls fragwürdig. Er war jedenfalls nicht wohlhabend genug gewesen, um seine Exfrau Dianne zufriedenzustellen. Und mit der Scheidung hatte er einen Großteil seines Vermögens verloren. Er hatte einen Kredit aufnehmen müssen, um sie auszahlen zu können, und musste die Jahre danach hart arbeiten, um sich wieder ein angenehmes finanzielles Polster aufzubauen.

„Du bist das doch auch“, sagte er zu Tasha. „Du bist klug und hübsch und ständig am Arbeiten. Du solltest wirklich mal ausgehen.“ Er konnte nicht anders, als sie mit den Frauen zu vergleichen, die er in letzter Zeit getroffen hatte – und wenn er ehrlich war, konnte keine von ihnen ihr das Wasser reichen. Es gab so vieles an Tasha, das absolut unwiderstehlich war. Seltsam, dass ihm das erst jetzt auffiel.

„Können wir bitte damit aufhören?“, fragte sie.

„Womit? Uns zu unterhalten?“

„Ich bin eine amtlich zugelassene Marine-Mechanikerin. Und als solche will ich auch ernst genommen werden.“

„Geht denn nicht beides gleichzeitig? Ausgehen und ernst genommen werden?“

„Meiner Erfahrung nach nicht.“ Sie erhob sich.

„Wo willst du hin?“ Er wollte nicht, dass sie ging.

„Ich folge deinem Rat.“

„Welchem Rat genau?“

„Ich lege mich eine Weile hin.“ Sie sah auf die Uhr. „Zwei Stunden ungefähr?“

„Ich wollte dich nicht vertreiben.“

„Hast du nicht.“

„Wir müssen uns nicht über Dates unterhalten.“ Doch dann fiel sein Blick auf ihre geschürzten Lippen. Er wollte sie am liebsten immer noch küssen. Woher kam dieser Impuls nur plötzlich?

„Ich habe eine Menge Arbeit vor mir, wenn wir ankommen.“

„Du hast recht. Schlaf ein wenig.“ Sie ging davon, und er dachte darüber nach, was es bedeutete, sich zu einer Angestellten hingezogen zu fühlen. Er konnte diesem Impuls nicht nachgeben. Vor allem sollte er das nicht. Er musste über sich selbst lachen; es war wirklich nicht so, als hätte sie ihn ermutigt – abgesehen von ihrer Aussage, sie fände ihn gut aussehend …

Sie hielt ihn für gut aussehend.

Breit lächelnd steuerte er die Jacht an der dunklen Küste entlang.

Tasha hatte kein Problem mit Männern im Allgemeinen. Sie hatte ein Problem mit dem Gedanken, wie es wäre, mit Matt auszugehen. Er war nicht ihr Typ. Ganz und gar nicht. Das wusste sie mit absoluter Sicherheit. Sie war früher mit Männern wie ihm ausgegangen – kompetent, selbstbewusst und absolut überzeugt davon, dass ihnen die Welt zu Füßen lag. Und doch konnte Tasha sich nicht davon abhalten, von ihm zu träumen.

Kurz nach Sonnenaufgang waren sie in Tyree angekommen und an Bord der „Orca’s Run“ gegangen. Matt hatte die Klienten begrüßt und sich bei der Familie für die Verzögerung entschuldigt, während Tasha sich im Hintergrund hielt und dafür sorgte, dass man ihren Werkzeugkasten an Bord brachte. Die Kunden waren hellauf begeistert von der Lösung, ihre Reise auf der „Monty’s Pride“ fortzusetzen, und Tasha hatte ihre Aufmerksamkeit dem Dieselmotor zugewandt.

Über eine Stunde später hatte sie festgestellt, dass der Wasserabscheider das Problem war, denn er war voll. Durch einen merkwürdigen Zufall war zusätzlich auch die Kontrollleuchte defekt – sonst wäre ihr sofort aufgefallen, dass der Wasserabscheider voll und dadurch die Treibstoffzufuhr unterbrochen war. Es war eigenartig, dass beides gleichzeitig auftrat.

Gegen Mittag hatte sie den Wasserabscheider dann ersetzt, nachdem Matt in Tyree die nötigen Ersatzteile gekauft hatte. Während der Arbeit erstellte sie eine Liste aller Personen, die Zutritt zu der Jacht gehabt hatten. Darunter war unter anderem die gesamte Crew von Matts Firma, doch die meisten der Crew-Mitglieder kannten sich nicht mit Motoren aus. Darüber hinaus gab es einige freiberufliche Mechaniker, die von Zeit zu Zeit für Reparaturen angeheuert wurden, und natürlich zahlreiche Kunden, die Zutritt zum Gelände hatten. War der Motor möglicherweise vorsätzlich beschädigt worden? Aber von wem? Und aus welchem Grund? Vielleicht war sie auch einfach nur paranoid.

Als die Arbeit erledigt war, hatte sie sich in der Personaldusche frisch gemacht, eine der Uniformen aus dem Lagerraum übergezogen und sich die Treppe hinauf auf den Weg zur Hauptkabine gemacht. Ihre Gedanken kreisten weiter darum, wie der Schaden zustande gekommen sein konnte. In der Hauptkabine angekommen stellte sie überrascht fest, dass sie noch nicht wieder auf dem Rückweg waren. „Ist noch etwas schiefgelaufen?“, fragte sie Matt besorgt.

Matt war statt auf der Brücke in der Kombüse. Der Deckarbeiter, der sie begleitet hatte, war auf der „Monty’s Pride“ geblieben, da die größere Jacht ein weiteres Crew-Mitglied benötigt hatte. Matt und Tasha konnten die „Orca’s Run“ problemlos allein zurück nach Whiskey Bay bringen. „Nein, alles in Ordnung“, sagte Matt.

„Wieso sind die Motoren denn aus?“ Ihr Haar war noch feucht, und sie strich es sich hinter die Ohren, während sie zu der Theke ging, die den Wohnbereich von der Kombüse trennte.

„Hast du Hunger?“, fragte er und stellte eine Pfanne auf den Herd, ohne ihre Frage zu beantworten.

Sie war kurz vorm Verhungern. „Ja, aber ich kann auch unterwegs essen.“

„Kaffee?“

„Gern.“

Er nahm zwei Tassen aus einem der Schränke und schenkte den Kaffee ein. „Die ‚Monty’s Pride‘ ist auf dem Weg nach Süden. Sie schienen alle zufrieden zu sein.“

„Du hattest recht“, gab sie zu und umrundete die Theke. „Es war eine gute Idee, die ‚Monty’s Pride‘ zu nehmen. Wenn du willst, kann ich kochen, während du die Jacht steuerst.“ Er nickte nachdenklich. „Es tut mir leid, dass ich so dagegen war.“ Ihr war klar geworden, dass sie dabei nur an ihren Stolz und nicht an das Wohl der Firma gedacht hatte.

„Du solltest immer deine Meinung sagen.“

„Aber ich sollte auch zuhören.“

„Tust du das denn nicht?“

„Manchmal versteife ich mich ein wenig zu sehr auf meine Ansichten.“ Wieder dachte sie an ihre Theorie, dass sich jemand an dem Motor zu schaffen gemacht hatte.

Matt lächelte. „Du hast eine eigene Meinung. Das ist nichts Schlechtes. So bleiben die Gespräche mit dir wenigstens interessant.“ Er reichte ihr eine der Tassen, und sie nippte daran, dankbar für das Koffein. „Eigentlich ist mit dir fast alles interessant.“

Sie wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte. Seine blauen Augen waren sanft und dunkel; er sah wirklich unglaublich gut aus. Sein Kinn war kantig und unrasiert, doch ließ ihn das leicht verwegen wirken. Seine Lippen waren voll und luden zum Küssen ein. Peinlich berührt trat sie einen Schritt zurück. „Der Schaden war recht ungewöhnlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wasserabscheider voll ist und gleichzeitig die Kontrollleuchte ausfällt, ist ziemlich gering.“

Er runzelte die Stirn. „Und was bedeutet das?“

„Nun ja, es ist nur eine Theorie, und wir wissen ja, dass ich mich manchmal ein wenig verrenne, aber das Ganze erscheint mir sehr merkwürdig.“

„Willst du etwa sagen, dass jemand den Motor absichtlich beschädigt hat?“

„Nein.“ Ausgesprochen klang es noch absurder als in ihrem Kopf. „Ich will nur sagen, dass es ein wirklich seltsamer Zufall ist und ich gerade anscheinend eine echte Pechsträhne habe.“

„Du hast es repariert. Das würde ich kaum Pech nennen.“

„Bei dir ist das Glas wohl immer halb voll.“

„Du hast gute Arbeit geleistet, Tasha.“

„Es war nicht sonderlich kompliziert.“

Er sah sie neckisch an. „Weil du vielleicht einfach gut bist?“

„Die Ursache war ungewöhnlich.“ Sie hätte schwören können, dass sie den Wasserabscheider erst kürzlich gewartet hatte. „Aber die Reparatur war einfach.“

Sie schauten sich an und verfielen wieder in Schweigen. Der Regen prasselte gegen die Fenster, und ihr wurde von seinem Blick ganz warm. Wieder dachte sie an ihren Traum, daran, wie Matt sie umarmt und geküsst hatte. Sie errötete und zwang sich, an etwas anderes zu denken. „Es könnte zu viel Wasser im Treibstoff gewesen sein, vielleicht durch eine lose Abdeckung. Ich hatte das eigentlich überprüft … Glaube ich zumindest. Ich überprüfe es eigentlich immer.“ Sie hielt inne. „Ich hoffe, dass ich es überprüft hatte.“

Er stellte seine Tasse ab. „Bitte lass das.“

Was meinte er damit? Er kam einen Schritt auf sie zu.

„Du solltest dich nicht so hinterfragen.“

„Okay.“ Das schien die einfachste Antwort zu sein, vor allem, weil sie ein wenig den Faden verloren hatte. Er kam weiter auf sie zu, immer näher. In ihrem Kopf forderte sie ihn auf, Abstand zu halten, doch sie gab keinen Ton von sich. Sie wollte nicht, dass er auf Abstand blieb. Sie konnte seine Umarmung schon beinahe spüren. Er stand jetzt genau vor ihr.

Plötzlich donnerte es draußen. Eine Welle brachte die Jacht jäh zum Schwanken, und Tasha verlor das Gleichgewicht und stolperte gegen seine Brust. Sofort legte er die Arme um sie und fing sie auf.

Verzweifelt kämpfte sie gegen das Verlangen an, das ihre Gedanken vernebelte. „Entschuldige.“

„Da zieht wohl ein Unwetter auf“, sagte er ihr ins Ohr, die Brust fest an ihre gedrückt.

„Wir werden es nicht …“ Ihre Stimme versagte, als sie in seine blauen Augen blickte.

Er erstarrte, und seine Pupillen weiteten sich. „Tasha“, sagte er heiser.

Sie lehnte sich an ihn.

Er senkte den Kopf, kam näher und näher. Leicht strich er ihr mit dem Mund über ihre Lippen, küsste sie dann fester und öffnete leicht den Mund. Sie wurde von Verlangen durchflutet und legte ihm die Hände auf die Schultern, um nicht wieder ins Stolpern zu geraten. Sie sollte aufhören, doch sie wollte es nicht und würde es auch nicht. Alles, was zählte, war dieser Kuss.

Matt zog sich als Erster zurück. Er wirkte genauso verwirrt, wie sie sich fühlte, und atmete bebend aus. „Ich …“ Leicht schüttelte er den Kopf. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

Sie zwang sich, einen Schritt zurückzutreten. „Sag nichts.“ Ihr ging es genauso. „Sag einfach nichts. Es ist einfach … passiert. Und es war ein Fehler.“

Er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. „Es war zumindest nicht geplant.“

„Wir sollten losfahren“, sagte Tasha. Sie musste sich unbedingt auf etwas anderes konzentrieren. Auf keinen Fall wollte sie den Kuss analysieren – oder zugeben, welche Auswirkung er auf sie gehabt hatte. Ihr Boss durfte niemals erfahren, dass sie ihn als Mann sah und nicht nur als ihren Vorgesetzten.

„Wir fahren nirgendwo hin.“ Er sah hinaus in den Regen, der immer stärker wurde. Die Jacht schwankte erneut. Matt griff nach dem Funkgerät und hörte sich den Wetterbericht an. „Wir sollten irgendwo etwas essen“, sagte er. „Das zieht wahrscheinlich nicht allzu schnell vorüber.“

2. KAPITEL

Während sie das Ende des Sturms abwarteten, war Matt im Wohnbereich eingeschlafen. Vier Stunden später wachte er auf und machte sich auf die Suche nach Tasha. Sie war verschwunden.

Die Jacht schaukelte auf den meterhohen Wellen hin und her, und gegen die Fenster prasselte der Regen. Nachdem er die oberen Decks vergeblich nach ihr abgesucht hatte, fand er sie schließlich in den Maschinenräumen: Sie hatte die Frontblende von der Lichtmaschine entfernt und steckte bis zu den Ellbogen in den Kabeln.

„Was machst du da?“ Als sie seine Stimme hörte, erstarrte sie. Wahrscheinlich dachte sie an den Kuss zurück. Er fühlte sich schuldig dafür, dass er es dazu hatte kommen lassen – vor allem, weil er ihr Boss war. Aber ein Teil von ihm konnte einfach nicht aufhören, daran zu denken und sich zu wünschen, es wieder zu tun.

„Bloß eine kleine Inspektion“, antwortete sie, ohne sich umzudrehen.

Er lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen. „Könntest du das weiter ausführen?“

„Ich habe die Elektronik überprüft und die Batterien gewartet. Ein paar von den Anschlüssen mussten gereinigt werden, aber die Schläuche und Riemen sehen alle noch gut aus. Nur der Ölfilter müsste mal wieder ausgetauscht werden.“

„Ich dachte, du schläfst.“ Was sie hier tat, ging wirklich weit über ihre Pflichten hinaus. Er hatte schon immer gewusst, dass Tasha engagiert war, was ihre Arbeit anging, aber erst jetzt erkannte er, wie weit ihr Engagement wirklich reichte.

Endlich drehte sie sich zu ihm um. „Ich habe geschlafen. Und dann bin ich aufgewacht.“

Irgendwo hatte sie einen Overall aufgetrieben. Er war ihr viel zu groß, aber sie hatte einfach die Ärmel und Hosenbeine hochgekrempelt. In diesem Aufzug und ölverschmiert wie sie war, hätte sie eigentlich nicht sexy sein dürfen, doch genau das war sie – und er wollte am liebsten weit mehr tun, als sie nur zu küssen. Frustriert schüttelte er den Gedanken ab. „Ich hätte an deiner Stelle höchstens die Bar inspiziert“, sagte er in dem Versuch, die Stimmung zu lockern.

Sie lächelte kurz. „Dann hast du ja Glück, dass deine Angestellten nicht genauso sind wie du.“

„Wohl wahr“, sagte er. „Aber ich weiß zufällig, dass da unter anderem eine Flasche guten Cognacs drin ist. Genau das richtige für einen verregneten Nachmittag.“

Statt darauf zu antworten, arbeitete sie einfach weiter. Ein paar Minuten sah er ihr dabei zu und kämpfte mit seinen Gefühlen. Irgendwie musste er ihre Beziehung wieder auf sicheren Boden bringen. Arbeit – er sollte etwas über die Arbeit sagen. „Versuchst du mich zu beeindrucken?“, fragte er.

„Ja.“

„Das hast du geschafft.“

„Gut.“

„Du solltest aufhören zu arbeiten.“

„Ich bin noch nicht fertig.“

„Ich fühle mich ganz schuldig, wenn ich dir so zusehe.“

Sie schaute zu ihm hinüber und verdrehte die Augen. „Das war nicht meine Absicht.“

„Was dann?“

„Der Motor musste mal wieder gewartet werden, und ich war gerade hier.“

„Bist du immer so übertrieben fleißig?“

„Du sagst das, als sei es etwas Schlechtes.“

Er ging einen Schritt auf sie zu. Er sollte, durfte, würde den Kuss nicht ansprechen. Aber er wollte es so sehr, war schon völlig verzweifelt deswegen. Wie dachte sie darüber? War sie wütend? Bestand auch nur die geringste Chance, dass sie ihn noch einmal küssen wollte? „Es verunsichert einen bloß.“

„Dann bist du wohl sehr leicht zu verunsichern.“

Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ich versuche nur, dich zu durchschauen.“

„Das ist die reinste Zeitverschwendung.“

„Mir ist einfach aufgefallen, dass ich dich nicht sonderlich gut kenne.“

„Das musst du ja auch nicht. Du musst nur meine Gehaltsschecks unterschreiben.“

Sie hätte ihm kein eindeutigeres Signal geben können. Er war ihr Boss, sonst nichts. Matt versuchte, seine Enttäuschung hinunterzuschlucken. Andererseits hatte er als ihr Boss auch das Sagen. Er griff nach dem Schraubenschlüssel in ihrer Hand. „Es ist nach fünf, und dazu noch Samstag, also bist du hier jetzt fertig.“ Ihre Finger berührten sich. Ein dummer Fehler, sein ganzer Arm prickelte.

Sie versuchte, seinen Griff abzuschütteln. „Lass los.“

„Feierabend für heute.“

„Ich meine es ernst, Matt. Ich bin noch nicht fertig.“

Er nahm ihre Hand und trat noch einen Schritt auf sie zu.

„Matt“, sagte sie warnend. Doch dann sahen sie sich in die Augen, und Tasha hielt inne. Ihr Blick wurde nachgiebig. Sie fühlte etwas, das musste sie einfach. Mit der freien Hand griff sie nach seinem Arm. Sie war wesentlich stärker, als er erwartet hatte. „Wir dürfen das nicht, Matt.“

„Ich weiß.“

Sie schluckte. „Dann lass endlich los“, sagte sie angespannt.

„Ich will dich noch einmal küssen.“

„Das ist keine gute Idee.“

„Stimmt.“ Und darüber war er wirklich wahnsinnig enttäuscht.

Doch sie rührte sich nicht vom Fleck. „Wir können unsere Beziehung nicht noch weiter verkomplizieren.“

„Wieso nicht?“

„Wegen der Unterschrift auf meinen Gehaltsschecks.“

„Ist das der einzige Grund?“ Es war ein guter Grund, aber er war neugierig.

„Ich bin nicht so eine.“

„So eine, die Männer küsst?“, scherzte er.

„So eine, die einfach so ihren Boss oder irgendeinen anderen Kollegen küsst, während sie bei der Arbeit und völlig ölverschmiert ist.“

„Klingt fair.“

„Das ist es ja auch. Nicht, dass ich deine Bestätigung bräuchte. Jetzt lass endlich meine Hand los.“

Er sah hinunter. Ihm war überhaupt nicht bewusst gewesen, dass er sie noch berührte. Er wollte sie nicht loslassen, doch er hatte keine andere Wahl.

Sie legte den Schraubenschlüssel hin, nahm sich einen Schraubendreher und brachte die Frontblende wieder an. Er stützte sich mit der Hand an einem der Balken über seinem Kopf ab. „Der Sturm ist fast vorüber.“

„Gut.“ Ihre Antwort klang schrecklich endgültig.

Er war ihr Boss, das stimmte schon. Und natürlich verkomplizierte das alles. Aber musste das wirklich heißen, dass er ihr nicht näherkommen durfte? Er wollte sie besser kennenlernen. Bisher hatte er kaum an der Oberfläche gekratzt, und schon jetzt fand er sie absolut unwiderstehlich.

Sonntagabend waren sie mit der „Orca’s Run“ wieder in Whiskey Bay angekommen. Und auch am nächsten Morgen konnte Tasha immer noch nicht aufhören, an den Kuss zu denken – und sich zu fragen, ob Matt sie wirklich attraktiv fand. Er war genau wie viele andere Männer, die sie in Boston gekannt hatte, die Männer, mit denen ihre Schwestern ausgegangen und auf Partys gewesen war.

Es waren Typen, die Tasha immer bloß belächelt hatten. Sie hatte sich in diesem Umfeld nie wohl oder dazugehörig gefühlt. Das war einer der Gründe gewesen, warum sie Boston verlassen hatte – und warum Matts unerwartete Aufmerksamkeit sie so verwirrte. Sie konnte es nicht ausstehen, verwirrt zu sein.

Also hatte sie sich an diesem Nachmittag eine produktive Ablenkung gesucht. Da sie selbst befördert worden war, musste sie jemanden einstellen, der ihren alten Job übernahm. Ein einzelner Mechaniker konnte die Arbeit im Hafen einfach nicht allein bewältigen.

Matt besaß insgesamt vierundzwanzig Boote unterschiedlicher Größen, von der „Monty’s Pride“ bis hin zu einem Sportboot von fünf Metern, das sie nur innerhalb der Bucht fuhren. Einige davon waren Arbeitsboote, aber bei den meisten handelte es sich um Jachten, die für Vergnügungsfahrten vermietet wurden. Seit Matts Scheidung war das Geld ein wenig knapp, sodass es wirklich wichtig war, dass die Jachten instand gehalten und möglichst alle durchgängig vermietet wurden.

Nachdem Tasha drei Bewerber interviewt hatte, die alle nicht infrage kamen, war sie beim vierten Gespräch positiv überrascht worden: Alex Dumont brachte nicht nur alles mit, wonach Tasha gesucht hatte, sondern konnte schon in ein paar Tagen anfangen. Sie war erfahren und selbstbewusst – und dazu eine Frau. Genau wie Tasha hatte sie wegen ihres Berufs Probleme mit ihrer Familie bekommen und war umgezogen, um ein wenig Abstand zu gewinnen.

Tasha hatte sie nur zu gut verstehen können: Ihre Eltern hatten Tashas Berufswahl schon immer missbilligt und sich gewünscht, Tasha würde genau wie ihre beiden Schwestern einen Arzt oder Anwalt heiraten und Hausfrau werden. Es machte sie traurig, darüber nachzudenken. Sie hatte schon lange nicht mehr mit ihrer Familie gesprochen. Doch das Gespräch mit Alex war wirklich gut gelaufen, und da diese bereits nach Whiskey Bay gezogen war und vorhatte zu bleiben, hatte Tasha sie sofort eingestellt.

Nach dem Bewerbungsgespräch hatte sie noch immer ein Lächeln im Gesicht, als Matt in ihr Büro kam.

„Was ist los?“, fragte er.

„Was soll sein?“, erwiderte sie. Sein Anblick verpasste ihrer Laune einen wesentlichen Dämpfer.

„Du lächelst“, sagte er.

„Ich bin ja auch glücklich.“

„Worüber denn?“

„Ich liebe meinen Job.“

„Ist das alles?“

„Glaubst du mir etwa nicht?“ Tasha liebte ihren Job wirklich. Und sie vermutete, dass er ihr sogar noch mehr Spaß machen würde, sobald Alex mit dabei war.

„Doch, natürlich … Ich hatte bloß gehofft, du freust dich, mich zu sehen.“

„Matt“, sagte sie warnend.

„Werden wir es wirklich einfach ignorieren?“

Schnell schloss sie die Tür, damit niemand sie belauschen konnte. „Ja, werden wir.“

„Ich meine unseren Kuss.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich weiß, was du meinst.“

„Wollte nur sichergehen“, sagte er niedergeschlagen.

„Hör auf.“ Sie würde sich nicht manipulieren lassen.

„Ich will mich nicht verstellen. Ich sehne mich nach dir.“

„Das ergibt keinen Sinn. Ich stehe genau vor dir.“

„Ja, als reine Angestellte.“ Sie hob eine Augenbraue, und er sah sie einen Moment lang schweigend an. „Na, schön. Okay. Ich werde mich damit abfinden.“

„Gut.“ Das war sicher am besten.

Er straffte die Schultern. „Wer war das gerade?“

„Das war Alex Dumont, unsere neue Mechanikerin.“

Matt hob die Augenbrauen. „Wir haben eine neue Mechanikerin?“

„Du wusstest doch, dass ich nach jemandem suche.“

„Aber …“

Tasha seufzte innerlich. Diese Reaktion kannte sie nur allzu gut. „Aber sie ist eine Frau.“

„Das wollte ich nicht sagen. Ich bin einfach nur überrascht.“

„Von ihrem niedrigen Testosteronspiegel?“

„Du legst mir Worte in den Mund.“

„Ja, basierend auf deinem Blick.“

Er setzte zu einer Antwort an, überlegte es sich dann aber anscheinend anders.

„Was?“, fragte sie.

„Nichts.“ Er trat einen Schritt zurück. „Ich halte mich da raus. So sieht es aus, wenn ich mich raushalte.“

„Daraus, wen ich einstelle?“

Matt sah ihr in die Augen, und zwischen ihnen sprühten Funken. „Ich kann es selbst von hier aus spüren.“

„Das ist … äh … Ich …“

„Du schaffst es nicht zu lügen, oder?“

Da hatte er recht. Es wäre nutzlos, es überhaupt zu versuchen. „Wir müssen es einfach ignorieren.“

„Warum?“

„Einfach darum, Matt.“

Sie schwiegen.

„Ich habe Samstag ein Date“, sagte er.

Sie spürte ein Stechen in der Brust, ließ es sich jedoch nicht anmerken. „Wie schön für dich.“

„Ich treffe mich nicht so oft mit Frauen.“

„Es ist nicht so, als wenn ich darauf achten würde.“ Das war gelogen. Sie hatte ihn schon mehr als einmal dabei beobachtet, wie er sein Haus oben auf den Felsen verließ, piekfein gekleidet. Jedes Mal fragte sie sich, wann er wohl zurückkommen würde. Sie achtete durchaus darauf, wie oft er ausging. Doch das würde sie niemals zugeben.

Samstagabend holte Matt seine Verabredung ab und brachte sie zu sich nach Hause. Emilie – groß, gertenschlank und perfekt gestylt – entsprach genau seinem Typ. Vor der Fensterfront seines Wohnzimmers aßen sie bei Kerzenschein und Mondlicht Saibling an Risotto, zubereitet von einem der Köche aus dem Ort, und tranken dazu einen erlesenen Wein.

Es hätte perfekt sein sollen. Emilie war intelligent, elegant und sogar ein wenig witzig. Außerdem machte sie keinen Hehl daraus, dass sie auf einen Kuss am Ende des Abends hoffte. Doch Matts Blick wanderte immer wieder hinunter zum Hafen und zu den Personalunterkünften. Er fragte sich gerade, ob Tasha schon schlief, als es an der Tür klopfte.

„Erwartest du jemanden?“, fragte Emilie pikiert.

Wer konnte das sein? Seine Freunde und Nachbarn, Caleb Watford und TJ Bauer, kamen als Einzige regelmäßig vorbei, und sie gaben sich normalerweise nicht die Mühe, anzuklopfen. Er erhob sich. „Bitte entschuldige mich kurz.“

„Natürlich.“ Emilie nahm sich einen Trüffel. „Ich kann warten.“ Eigentlich war der Abend bisher gut gelaufen, aber Emilies leicht sarkastischer Unterton gefiel Matt überhaupt nicht.

Es klopfte erneut, und er beeilte sich, die Tür zu öffnen. Tasha stand auf seiner Veranda, eine blaue Baseball-Kappe auf dem Kopf und Arbeitsstiefel an den Füßen. Er freute sich unheimlich, sie zu sehen. Am liebsten hätte er sie sofort ins Haus gezerrt und dazu gebracht, eine Weile zu bleiben. „Was gibt’s?“, fragte er stattdessen nur. Er dachte an das Versprechen, das er ihr gemacht hatte, und blieb vorsorglich auf Abstand.

„Irgendetwas geht da vor sich“, sagte sie.

„Zwischen uns?“, fragte er, ehe er sich davon abhalten konnte, und hätte beinahe nachgeschaut, ob Emilie ihm gefolgt war.

Tasha runzelte die Stirn. „Nein, mit der ‚Pacific Wind‘.“ Das war der Name seiner einmotorigen Acht-Meter-Jacht. „Es ist nur ein Gefühl, aber ich mache mir Sorgen.“

Er trat zurück und bat sie herein. Sie sah auf ihre Stiefel hinunter. „Mach dir deswegen keine Sorgen“, sagte er. „Ich habe einen Reinigungsdienst.“

„Eins der Kabel des Lenksystems ist gerissen“, sagte sie.

„Ist das ein großes Problem?“ Wenn sie ihn persönlich hatte sprechen wollen, musste es das eigentlich sein – aber das war ihm egal. Er war einfach nur froh, dass sie hergekommen war. Das war ihr erster Besuch in seinem Haus. Ob ihr die moderne Einrichtung mit den geraden Linien und Glaswänden wohl gefiel? Und was hielt sie davon, dass das Gebäude über den Rand der Steilküste hinausragte? Emilies Meinung dazu hatte ihn nicht weiter interessiert, aber er war wirklich neugierig, was Tasha dachte.

„Nein“, sagte sie. „Ich habe es schon repariert.“

„Das ist gut.“ Dann war es vielleicht doch ein persönlicher Besuch.

„Matt?“, rief Emilie von nebenan.

Er hatte völlig vergessen, dass sie da war. „Einen Moment noch“, rief er zurück.

„Du bist beschäftigt“, sagte Tasha. „Natürlich. Ich habe nicht darüber nachgedacht.“ Sie sah auf ihre Uhr. „Es ist Samstag, oder?“

„Du hast vergessen, welcher Wochentag heute ist?“

„Matt, Liebling.“ Emilie kam in den Flur.

Liebling? Im Ernst? Nach nicht einmal einem Date?

„Wer ist das?“, fragte Emilie herablassend, als sie Tasha sah.

Er warf ihr einen missmutigen Blick zu. „Das ist Tasha.“

„Ich bin seine Mechanikerin“, sagte Tasha, ohne sich von Emilies Art beeindrucken zu lassen.

Emilie rümpfte die Nase und hakte sich demonstrativ bei Matt unter. „Ist es ein Notfall?“

Tasha trat einen Schritt zurück und öffnete den Mund, doch Matt kam ihr zuvor. „Ja“, sagte er. „Es ist ein Notfall. Wir müssen unseren Abend leider sofort beenden.“ Er war nicht sicher, wen seine Antwort mehr überraschte, Emilie oder Tasha. „Ich rufe dir ein Taxi.“ Schnell nahm er sein Handy aus der Tasche.

„Was denn für ein Notfall?“, fragte Emilie, als sie ihre Stimme wiederfand.

„Ein mechanischer“, sagte er, ihrer Gesellschaft plötzlich überdrüssig, und bestellte ihr per SMS einen Wagen. Er wollte auf keinen Fall, dass Tasha wieder ging.

„Aber …“, sagte Emilie.

„Das Taxi wird in ein paar Minuten hier sein“, sagte Matt. „Ich hole deinen Mantel.“ Angespannt sah er zu Tasha hinüber; halb rechnete er damit, dass sie seine Lüge auffliegen lassen würde, doch sie sagte kein Wort.

„Es macht mir nichts aus zu warten“, sagte Emilie mit weinerlicher Stimme, als er ihr Handtasche und Mantel brachte.

„Das möchte ich nicht von dir verlangen.“

„Wie lange wird es denn …?“

„Sehr lange. Es könnte wirklich sehr lange dauern. Es ist kompliziert.“

„Matt, ich kann auch …“, begann Tasha.

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Es geht ums Geschäft, also ist es wichtig.“ Es war wahrscheinlich nichts Dringendes, aber Tasha hatte ihn noch nie zuvor außerhalb der Arbeitszeiten aufgesucht. Da war eindeutig etwas im Busch.

„Und du bist Mechanikerin?“, fragte Emilie.

„Marine-Mechanikerin.“

„Dann machst du dir also die Hände schmutzig?“

„Manchmal schon.“

„Das ist ja schrecklich.“ Emilie schüttelte sich leicht.

„Emilie“, sagte Matt warnend.

Sie drehte sich zu ihm um. „Was? Das ist doch komisch.“

„Nein, ist es nicht.“

„Es ist ein wenig ungewöhnlich“, sagte Tasha. „Aber mittlerweile sind beinahe fünfzehn Prozent der Mechaniker Frauen, sogar mehr, wenn man sich die Statistiken der unter Fünfunddreißigjährigen anschaut.“

Darauf schien Emilie keine Antwort einzufallen.

Matts Handy piepte. „Dein Wagen ist da“, sagte er zu Emilie, schob sie zur Tür hinaus und wartete, bis sie eingestiegen war.

„Das hättest du wirklich nicht tun müssen“, sagte Tasha, als er die Tür hinter sich schloss.

„Es lief eh nicht so gut.“

„In dem Fall war ich natürlich gern behilflich.“

Er wies den Flur hinunter in Richtung Wohnzimmer. „Was ist los?“ Sie ging in die Hocke und löste die Schnürsenkel ihrer Stiefel. „Du musst dir wirklich nicht …“

„Dein Teppich ist weiß.“

„Das stimmt wohl.“ Die meisten Frauen, die er zu sich einlud, trugen elegantere Schuhe – High Heels und so etwas.

Tasha schlüpfte aus den Stiefeln und machte sich in ihren dicken Wollsocken auf den Weg ins Wohnzimmer.

Der Anblick brachte ihn zum Lächeln. „Kann ich dir einen Drink anbieten?“, fragte er.

Sie warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Nein, danke, ich will jetzt keinen Drink.“

„Ich habe eine gute Flasche Pinot Noir aufgemacht, die ich sicher nicht allein austrinken werde.“

„Ich bin aus geschäftlichen Gründen hier“, sagte sie und ließ den Blick durch sein Wohnzimmer, über die weißen Ledermöbel und den niedrigen Kamin streifen. Offenbar zögerte sie, sich in ihrer Arbeitskleidung hinzusetzen.

„Hier“, sagte er und wies zum Esszimmer hinüber.

Während sie sich setzte, holte er die Flasche Wein und zwei saubere Gläser. Er ließ sich neben ihr nieder und stellte den Wein auf den Tisch.

Sie seufzte. „Ich trinke nicht während der Arbeitszeit.“

„Es ist zehn Uhr abends und dazu noch Samstag.“

„Na und?“

„Das heißt, du bist offiziell nicht im Dienst.“

„Also bezahlst du mich nicht?“

„Ich zahle dir jeden Preis.“ Er schenkte den Wein ein. „Du hast doch ein festes Gehalt, oder?“

„Ja.“

„Und du machst schrecklich viele Überstunden.“

„Das ist doch nur zu deinem Vorteil.“

„Ich sollte dir eine Gehaltserhöhung geben.“ Er hielt ihr eins der Gläser hin.

„Ha ha“, sagte sie spöttisch. Sie nahm ihm das Glas ab, stellte es aber sofort vor sich auf den Tisch.

„Wie wäre es mit zwanzig Prozent?“, fragte er.

„Das kannst du nicht machen.“

„Natürlich kann ich.“ Er hob sein Glas. „Wir sollten darauf anstoßen.“

„Das ist vielleicht ein wenig voreilig.“

3. KAPITEL

Widerwillig nahm Tasha einen Schluck Wein. Es war ein hervorragender Jahrgang. Sie sah sich die Flasche an und erkannte das Label von einem der Lieblingsweine ihrer Eltern. „Du hast einen guten Geschmack“, sagte sie.

„Freut mich zu hören.“ Als er sie anlächelte, wurde ihr ganz warm. Um sich abzulenken, neigte sie die Flasche und sah nach, um welchen Jahrgang es sich handelte.

„Kennst du dich damit aus?“, fragte er überrascht.

„Wieso? Meinst du etwa, Mechaniker mögen keinen guten Wein?“

Er sah sie an. „Nein, das tun sie offenbar durchaus.“

Es gefiel ihr nicht, was seine Gegenwart mit ihr machte. Sie stellte das Glas ab und setzte sich gerade hin, erinnerte sich daran, dass es hier um die Arbeit ging.

„Weswegen bist du noch mal gekommen?“, fragte er.

„Die ‚Pacific Wind‘ hatte in der Nähe von Granite Point eine Panne.“

„Wie bitte?“

„Wie schon gesagt, eins der Kabel ist gerissen.“

„Aber das hast du doch längst repariert.“ Er schob das Weinglas näher an sie heran. „Gute Arbeit.“

„Das hätte aber nicht passieren dürfen. Ich habe die Kabel erst letzte Woche gewartet. Ich muss eine Schwachstelle übersehen haben.“

Er kniff frustriert die Lippen zusammen. „Wieso gibst du dir immer sofort die Schuld? Es ist offenbar erst gerissen, nachdem du es überprüft hast.“

„Aber das ergibt keinen Sinn. Es hätte nicht reißen dürfen, nicht so plötzlich. Wenn es verschlissen gewesen wäre, hätte ich das bei der Inspektion gesehen.“ Sie ging nun schon stundenlang mögliche Erklärungen durch. „Möglicherweise hatte das Kabel einen Verarbeitungsfehler …“

„Da hast du deine Erklärung.“

„Oder …“ Sie zögerte, ihren Verdacht überhaupt auszusprechen.

„Oder?“

„Oder jemand wollte, dass das Kabel reißt. Es ist weit hergeholt, ich weiß, und oberflächlich betrachtet wirkt es wahrscheinlich so, als wolle ich einen eigenen Fehler verleugnen, indem ich dir eine Verschwörungstheorie auftische. Aber ich habe unseren Treibstofflieferanten angerufen, als wir aus Tyree zurückgekommen sind. Wir waren die einzigen Kunden, die zu viel Wasser im Treibstoff hatten.“ Nun nahm sie sich doch das Glas und nippte daran.

„Tasha?“

„Ja?“ Sie stellte das Glas ab, seltsam erleichtert, ihm von ihrem Verdacht erzählt zu haben. Jetzt konnten sie darüber diskutieren und ihn verwerfen.

„Könntest du mir das ein wenig genauer erklären?“

Sie nickte. Je genauer sie es erklärte, desto schneller konnten sie Fehler in der Logik finden. „Es ist wirklich nur eine Theorie, aber es könnte sein, dass jemand Wasser in den Tank geschüttet und die Pumpe beschädigt hat. Und es könnte sein, dass jemand das Kabel angeschnitten hat.“

„Dann bleibt nur die Frage, aus welchem Grund.“

Erneut nickte sie. „Hast du irgendwelche Feinde?“

„Nicht, dass ich wüsste.“

„Vielleicht einen Konkurrenten?“

Er lehnte sich zurück. „Wow.“

„Wow, dass dich möglicherweise jemand sabotieren will?“

„Nein. Ich finde es nur erstaunlich, wie viel interessanter es ist, mit dir zu reden als mit Emilie.“

„Du hältst meine Theorie also für zu weit hergeholt?“ Das sah sie genauso.

„Das wollte ich damit nicht sagen. Ich glaube, du könntest recht haben. Wir sollten dem nachgehen. Ist das nicht irgendwie aufregend?“

„Du findest es aufregend, dass möglicherweise jemand vorsätzlich deine Boote beschädigt und den Ruf deiner Firma ruinieren will?“

Er schenkte ihnen beiden Wein nach. „Ich denke, es könnte aufregend sein, dem nachzugehen. Bisher handelt es sich ja nicht um ernste oder andauernde Schäden. Es wirkt eher wie ein dummer Streich. Wolltest du nicht auch schon immer mal Detektiv spielen?“

„Nein.“ Die Idee war ihr wirklich nie in den Sinn gekommen.

„Ach, komm schon. Du schaust dir doch ständig Probleme an und behebst sie dann.“

„In Motoren lauern aber keine Bösewichte.“

„Der Bösewicht verleiht dem Ganzen doch nur eine neue Komponente.“

Wie konnte er so locker bleiben? An dieser Sache gab es doch nun wirklich nichts Positives. „Mit dir stimmt offenbar etwas nicht.“

„Wirst du mir helfen?“, fragte er voller Tatendrang.

Sie konnte sich nicht von seinem Blick losreißen, seine Augen waren so unglaublich blau.

„Natürlich, das ist schließlich mein Job.“ Sie versuchte, die Freude über eine nahe Zusammenarbeit mit ihm zu unterdrücken. Sie sollte sich wirklich von ihm fernhalten.

„Zuerst brauchen wir eine Liste mit Verdächtigen. Wer hat Zugang zu den Maschinenräumen und den Lenksystemen?“

„Ich natürlich und die freiberuflichen Mechaniker von Dean’s Repairs und Corner Service. Und ab jetzt auch Alex. Aber sie war ja noch gar nicht hier, als die ‚Orca’s Run‘ ihre Panne hatte.“

„War sie in Whiskey Bay?“

„Ja, aber … Willst du etwa andeuten, dass sie jemand eingeschleust hat?“

„Für den Moment will ich noch gar nichts andeuten. Wir brauchen einfach alle Fakten.“

Tasha wollte Alex wirklich nicht verdächtigen, aber sie konnte gegen Matts Ansatz auch nichts einwenden. Sie mussten bei den Leuten anfangen, die Zugang zum Maschinenraum hatten, und vor allem bei denjenigen, die darüber hinaus über mechanische Kenntnisse verfügten. Wer auch immer dahintersteckte, verstand offenbar genug von Booten und Motoren, um seine Spuren zu verwischen.

„Dich können wir ausschließen“, sagte Matt grinsend.

„Und dich“, erwiderte sie.

„Genau. Was ist mit den restlichen Angestellten? Wer davon käme auf keinen Fall infrage?“

„Könnten wir eine Liste mit den Arbeitszeiten aller Angestellten der letzten Wochen auftreiben?“

„Ja, natürlich.“

„Und was ist mit deinen Konkurrenten?“

„Ich schätze, sie hätten theoretisch ein Motiv. Aber ich kenne die meisten Leute in der Gegend, und ich kann mir von keinem von ihnen vorstellen, dass er zu so hinterhältigen Maßnahmen greifen würde.“

„Vielleicht haben sie das ja auch nicht“, sagte sie. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie schwerwiegend ihre Anschuldigungen waren. Und ganz davon abgesehen, wie hoch war überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Matts Firma schaden wollte? Sie musste das alles noch einmal überdenken. „Vielleicht habe ich auch einfach nur einen Fehler gemacht.“

Er dachte kurz darüber nach. „Glaubst du wirklich, dass es deine Schuld war?“

„Niemand ist perfekt.“ Vielleicht hatte sie das angeknackste Kabel einfach nur übersehen. Andererseits war das Wasser im Treibstoff der „Orca’s Run“ wirklich verdächtig. Dafür konnte sie kaum verantwortlich sein.

Er beobachtete sie eindringlich. „Tasha, ich kann dir ansehen, dass du es nicht gewesen sein kannst.“

„Das kann ich nicht mit absoluter Sicherheit sagen.“

Er nahm ihre linke Hand und rieb sie. „Ich aber schon.“

Sie sah ihm in die Augen und spürte sofort wieder dieses heiße Verlangen. „Ich muss gehen“, sagte sie hastig und sprang auf.

Er erhob sich ebenfalls, ohne dabei ihre Hand loszulassen. Sein Blick wanderte zu ihren Lippen.

Sie sollte wirklich gehen – jetzt sofort. Doch statt sich von ihm loszureißen und das Haus zu verlassen, trat sie einen Schritt auf ihn zu. Mit der freien Hand griff sie nach seiner, und er verschränkte ihre Finger miteinander.

„Tasha“, flüsterte er.

Sie ließ die Augen zufallen und lehnte sich an ihn, überbrückte die letzten paar Zentimeter zwischen ihnen und hob das Kinn. Sie lud ihn förmlich dazu ein, sie zu küssen.

Und er enttäuschte sie nicht. Zaghaft und zärtlich berührte er sie mit den Lippen.

Von Lust durchflutet vertiefte sie den Kuss, öffnete den Mund und ließ seine Hände los, damit sie ihm die Arme um den Hals legen konnte.

Daraufhin stöhnte er leise und legte ebenfalls die Arme um sie, drückte sie fester an sich.

Sie verzehrte sich danach, seine nackte Haut auf ihrer zu spüren. Doch sie hatte genug Selbstdisziplin, um sich davon abzuhalten, diesen Wunsch zu verwirklichen. Dieser Kuss war der letzte – weiter würde es nicht gehen. Widerwillig zog sie sich zurück und sah ihm in die Augen. Sein Blick war verträumt, und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

„Du bist wirklich umwerfend“, sagte er.

„Wir können das nicht tun.“ Bedauern durchströmte sie, zusammen mit einer Welle von Schuldgefühlen.

„Und doch tun wir es.“

„Du weißt, was ich meine.“

„Du meinst, wir sollten es nicht tun.“ Seine Nähe machte es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Genau, wir sollten es nicht. Nein, wir können nicht.“ Sie trat einen Schritt zurück, brachte etwas Abstand zwischen sie. Sie wollte ehrlich zu ihm sein. „Es gefällt mir hier.“

Er sah sich in seinem Wohnzimmer um, das über den Rand der Steilküste hinausragte. Er war stolz auf das Design, stolz auf sein Zuhause. „Das freut mich zu hören.“

„Nicht das Haus“, korrigierte sie ihn schnell.

„Gefällt es dir etwa nicht?“

„Das wollte ich damit nicht sagen. Dein Haus gefällt mir wirklich gut. Ich meinte, dass ich gern in Whiskey Bay arbeite. Ich will nicht kündigen müssen.“

Ungläubig starrte er sie an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“

„Du bist wohl kaum auf eine Beziehung aus.“

„Das …“

„Und für Frauen ist es schwer, als Mechanikerin ernst genommen zu werden.“

„Ja, das hattest du bereits erwähnt.“

„Ich möchte Berufliches und Privates einfach trennen.“

„Das will doch jeder. Bis etwas passiert, das ihn dazu bringt, seine Meinung zu ändern.“

„Ich glaube, ich habe dir einen falschen Eindruck vermittelt.“

„Du hast mir nur den Eindruck vermittelt, dass du dich zu mir hingezogen fühlst.“

Sie wollte widersprechen, konnte aber auch nicht lügen.

„Und dass du denkst, meine Firma wird von jemandem sabotiert“, fuhr er fort.

„Das glaube ich wirklich. Also, wir sollten es zumindest in Erwägung ziehen.“

„Und ich vertraue deinem Urteilsvermögen, also werden wir dem nachgehen.“

Tasha seufzte erleichtert. Sie befanden sich wieder auf festem Boden. Nur Arbeit, sonst nichts – genau so musste es ab jetzt bleiben.

Matt konnte sich einfach nicht auf die Arbeit konzentrieren. Immer wieder dachte er an Tasha und den Kuss zurück. Zusammen mit Caleb und TJ stand er vor dem Propangasofen auf der Dachterrasse des Bürogebäudes am Jachthafen, während die Sonne im Pazifik versank.

„Warum sollte irgendjemand deine Motoren sabotieren?“, fragte TJ und weckte Matt aus seinen Tagträumen.

„Was?“, fragte Matt und schüttelte den Kopf, um in die Gegenwart zurückzufinden.

„Warum sollte man das tun?“

„Wahrscheinlich, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.“ Matt war keine andere Erklärung eingefallen.

Caleb ließ sich auf einem der gepolsterten Stühle nieder. Es war kühl draußen, aber das hielt die Männer nicht davon ab, sich ein kaltes Bier zu gönnen. „Was ist mit deinen Überwachungskameras?“, fragte er.

„Die decken leider nicht den ganzen Hafenbereich ab. Sie lassen sich ziemlich leicht umgehen, wenn man es geschickt anstellt.“

„Du solltest mehr davon installieren.“

„Sind schon bestellt.“ Matt setzte sich ebenfalls.

„Hast du die Polizei verständigt?“, fragte TJ und nahm neben ihm Platz.

„Noch nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas für die Polizei Priorität hätte. Und ich will sichergehen, dass wir richtig liegen, damit ich niemandes Zeit verschwende.“

„Dann liegt Tasha also möglicherweise falsch?“

Diese Kritik an Tasha gefiel Matt gar nicht, auch wenn sie noch so klein war. „Nein, sie liegt nicht falsch.“

„Ich frage ja nur“, sagte TJ und hob die Hände. Ihm war Matts Ton offenbar nicht entgangen.

„Und ich antworte dir nur. Sie ist sich selbst noch nicht vollkommen sicher. Also warten wir erst mal ab.“

„Bis es wieder passiert?“, fragte Caleb. „Was, wenn es beim nächsten Mal etwas Ernsteres ist? Was, wenn der Jachthafen nicht das einzige Ziel ist?“

„Machst du dir Sorgen um das Crab Shack?“ An die anderen Unternehmen in der Gegend hatte Matt überhaupt nicht gedacht, nicht einmal an das Restaurant, das Calebs frischgebackene Ehefrau Jules führte, die im fünften Monat mit Zwillingen schwanger war.

„Noch nicht.“ Caleb dachte über die Frage nach. „Ich könnte Noah bitten, ein wenig mehr Zeit dort zu verbringen.“

„Niemand legt sich mit Noah an“, sagte TJ. Der feste Freund von Calebs Schwägerin hatte ein paar Tage im Gefängnis gesessen, nachdem er sich und seine Schwester verteidigt hatte. Mit ihm war wirklich nicht zu spaßen, wenn es um Jules und ihre Schwester Melissa ging. Er hatte einen unglaublich starken Beschützerinstinkt. „Was ist mit den Überwachungskameras vom Crab Shack?“, fragte TJ. „Könnten die irgendetwas aufgenommen haben?“

„Ich kann nachsehen“, sagte Caleb. „Aber ich bezweifle, dass die Auflösung hoch genug ist, um irgendetwas erkennen zu können.“

„Das wäre trotzdem eine große Hilfe“, sagte Matt. Es war ihm gar nicht in den Sinn gekommen, sich um Tashas Sicherheit Sorgen zu machen – oder um die von irgendjemand anderem. Aber vielleicht hatte Caleb recht. Matt sollte Sicherheitsvorkehrungen treffen. Bisher war zwar niemand verletzt worden, aber das schloss ja keine zukünftigen Verletzungen aus.

„Matt?“, rief jemand vom Pier.

Das war Tashas Stimme. Matt sprang auf und lief zum Geländer, damit er sie sehen konnte. „Alles in Ordnung?“

„Mir geht’s gut“, sagte sie leicht verwirrt.

„Gut.“

„Die ‚Never Fear‘ und die ‚Crystal Zone‘ sind beide für morgen fertig. Ich fahre für ein paar Stunden in die Stadt.“

„Wieso?“ Die Frage entschlüpfte ihm, ehe er darüber nachdenken konnte, dass ihn das nichts anging. Es war nach fünf, und Tasha konnte tun und lassen, was sie wollte.

„Ich treffe mich mit ein paar Freunden.“

Damit meinte sie doch sicherlich keine Männer, oder? Am liebsten hätte er weiter nachgefragt.

TJ gesellte sich zu ihm ans Geländer. „Hey, Tasha.“

„Hi, TJ“, sagte sie beiläufig und wandte sich dann wieder Matt zu. „Alex füllt morgen sofort als Erstes die Tanks auf. Die Kunden sollen um zehn Uhr da sein.“

„In Ordnung“, sagte Matt und wünschte sich, er könnte sie zu sich aufs Dach einladen. Er sah ihr nach, als sie davonging.

„Ich glaube, ich sollte es noch mal versuchen“, sagte TJ.

„Noch mal versuchen?“

„Bei deiner Mechanikerin.“

„Was?!“

„Ich mag sie.“

„Was soll das heißen, noch mal versuchen?“ Selbst Matt war davon überrascht, wie wütend er war. „Hast du es etwa schon einmal bei ihr versucht?“

Seine Reaktion verdutzte TJ offenbar. „Da hatte ich dich doch im Sommer nach gefragt. Du hast gesagt, es wäre okay.“

„Das ist schon Monate her.“

„Ja, und ich habe sie schon vor Monaten gefragt. Ich habe Abendessen und tanzen gehen vorgeschlagen. Vielleicht war das mein Fehler.“

Matt nippte an seinem Bier, damit er nicht noch mehr sagte. Der Gedanke an Tasha zusammen mit TJ – oder mit sonst einem Mann – gefiel ihm ganz und gar nicht.

TJ sprach einfach weiter, halb mit sich selbst. „Vielleicht lieber eine Monster-Truck-Rallye? Tasha ist immerhin Mechanikerin.“ Caleb kam zu ihnen ans Geländer, während TJ weiter nach Ideen suchte. „Oder eine Automobilausstellung. In Seattle soll es demnächst eine geben.“

„Du kannst nicht mit ihr ausgehen“, sagte Matt.

Caleb sah ihn neugierig an. „Wieso nicht?“

„Weil sie ihm schon einen Korb gegeben hat.“

„Hast du ein Problem damit, wenn Tasha mit TJ ausgehen würde?“

„Nein“, sagte Matt. Dann überdachte er seine Antwort. „Doch.“

Grinsend stützte TJ sich mit den Ellbogen auf dem Geländer ab. „Das ist ja interessant.“

„Das ist überhaupt nicht interessant“, sagte Matt.

„Läuft zwischen euch was?“, fragte Caleb.

„Nein, da läuft nichts.“

„Aber du magst sie.“ TJs Grinsen wurde immer breiter.

„Ich habe sie geküsst. Sie hat mich geküsst. Wir haben uns geküsst.“ Herrje, es klang, als wollte er angeben. „Sie ist nett. Und ich mag sie. Aber es ist nichts passiert.“

„Heißt das, ich soll mich da raushalten?“, fragte TJ.

„Klingt für mich ganz so“, sagte Caleb.

TJ hob die Hände. „Schon verstanden.“

„Sagte sie nicht, dass sie sich heute Abend mit einem Freund trifft?“ Caleb hob eine Augenbraue.

„Sie hat ‚Freunde‘ gesagt, Plural. Das müssen nicht unbedingt Männer sein. Und selbst wenn, ist sie wahrscheinlich wirklich nur mit ihnen befreundet.“

„Wahrscheinlich schon“, sagte TJ übertrieben skeptisch. Die Situation amüsierte ihn offenbar immer noch.

„Hast du sie gefragt, ob sie mit dir ausgehen will?“, fragte Caleb.

„Wir sind im Moment sehr beschäftigt. Diese ganzen kriminellen Machenschaften lenken uns ziemlich ab.“

„Das heißt dann wohl Nein“, sagte TJ. „Ich habe es wenigstens versucht.“

„Und einen Korb kassiert“, sagte Caleb.

„Wenn man es nicht versucht, kann auch nichts daraus werden.“

„Sie ist da schwierig“, sagte Matt. Sie hielt nicht sonderlich viel von Dates, aus welchem Grund auch immer. Das war ganz offensichtlich.

„Was willst du deswegen unternehmen?“, fragte Caleb.

„Nichts.“

„Falsche Antwort.“

„Ich will sie nicht bedrängen.“ Es wäre eine Katastrophe, wenn sie sich seinetwegen bei der Arbeit nicht mehr wohlfühlte. Er wollte unbedingt, dass sie blieb, sowohl aus privaten als auch aus geschäftlichen Gründen.

Die Edge Bar in der Innenstadt von Whiskey Bay war unter den Mitarbeitern des Jachthafens sehr beliebt. Aber sie zog auch Leute an, die für die örtlichen Dienstleister und Lieferanten arbeiteten. Anspruchsvollere Klientel hingegen traf man hier eigentlich nie.

Tasha gefiel es hier sehr gut. In ein paar Wochen war Weihnachten, und die Bar war entsprechend geschmückt, samt Baum, Lichterketten und Girlanden aus Tannenzweigen. Trotzdem lief wie immer Rock- und Country-Musik. Das Bier war sehr gut, aber heute trank Tasha lieber Cola. Alex und sie waren zusammen hergekommen und hatten abgemacht, dass Tasha sie zurückfahren würde.

Sie hatte sich bei den anderen Mechanikern erkundigt, ob sie in letzter Zeit auch Motorprobleme gehabt hatten, aber leider vergeblich. Niemand sonst schien betroffen zu sein. Irgendwann hatte Tasha aufgegeben und sich von einem von ihnen, James Hamilton, zum Tanzen überreden lassen.

Als gerade der Song zu Ende war, tauchte hinter James plötzlich eine Gestalt auf. Es dauerte einen Moment, bis Tasha erkannte, dass es sich um Matt handelte. „Was machst du hier?“, fragte sie. Diese Bar war eigentlich viel zu zwanglos für ihn. Das hatte sie zumindest gedacht. „Ist etwas passiert?“

„Willst du tanzen?“, fragte er, statt ihr zu antworten.

James machte ihm Platz. „Bis später, Tasha.“

Matt nahm ihre Hand, im Hintergrund ertönten die ersten Takte eines Songs von Bruce Springsteen.

„Ist etwas passiert?“, wiederholte sie. „Gab es noch eine Panne?“

„Nein, keine Sorge. Kann man nicht einfach mal ausgehen, um Spaß zu haben?“

Vergeblich versuchte sie, seine Berührung zu ignorieren. „Hätte nicht gedacht, dass die Edge Bar dazu deine erste Wahl ist.“

„Natürlich ist sie das.“

„Ich merke es, wenn du lügst.“

Er zögerte. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“

„Wieso?“

„Weil da draußen ein Krimineller frei herumläuft.“

Beinahe hätte sie gelacht. „Selbst wenn, er hat es offenbar auf deine Firma abgesehen, nicht auf mich.“

„Das wissen wir nicht genau.“

„Doch.“

Er zog sie näher an sich. Sie hätte ihn davon abhalten sollen, aber sie schaffte es einfach nicht. Stattdessen ließ sie sich von ihm führen. Er war ein wirklich guter Tänzer – und sie waren schließlich in der Öffentlichkeit. Was sollte schon passieren?

„Ich weiß, dass du gern unabhängig bist, aber wenn ich bei dir bin, wirst du nicht belästigt.“

Seine Worte ergaben keinen Sinn. „Ich werde von niemandem belästigt.“

Matt sah sich skeptisch in der Bar um, als rechnete er damit, direkt neben der Tanzfläche eine Gruppe Verbrecher zu entdecken.

„Siehst du den Mann da drüben, in dem roten Hemd? Das ist Henry Schneider.“ Sie zeigte zu ihm hinüber. „Er arbeitet bei Corner Service. Und der Typ, mit dem Alex sich unterhält? Er ist ein Kollege von Henry. Die sind alle von hier, Matt. Sie sind Mechaniker. Hier sind jede Menge Mechaniker. Und ich werde mich mit jedem einzelnen von ihnen unterhalten.“

Sein Griff um ihre Taille wurde ein wenig fester. „Wirst du auch mit jedem einzelnen von ihnen tanzen?“

Als sie zu ihm aufsah, bemerkte sie seine angespannten Gesichtszüge. Er wirkte eifersüchtig. Das konnte sie eigentlich gar nicht gebrauchen, doch gleichzeitig jubelte ihr Herz bei dem Gedanken, dass sie richtig liegen könnte. „Nein. Ich bin hier, um Fragen zu stellen. Ich sammle Beweise.“

„Oh.“

„Ja, oh. Wenn noch jemand von Sabotage betroffen ist, erfahre ich es hier.“

„Das ist echt keine schlechte Idee.“

„Vielen Dank“, sagte sie sarkastisch.

„Das mit dem Tanzen gefällt mir trotzdem nicht.“

„Du warst derjenige, der mich aufgefordert hat.“

„Was? Nein, doch nicht mit mir. Mit den Mechanikern.“

Am liebsten hätte sie darauf hingewiesen, dass er ja auch mit anderen Frauen ausging, doch sie hielt sich davon ab. Sein Liebesleben ging sie nun wirklich nichts an, und umgekehrt war es genauso. Je mehr Frauen er traf, desto besser.

„Mit mir kannst du jederzeit tanzen“, flüsterte er.

„Bitte lass das, Matt.“

„Okay“, sagte er, doch er ließ sie nicht los.

„Du stimmst mir zu, tanzt aber einfach weiter?“ Sie hätte ihn selbst loslassen können, doch es fühlte sich einfach zu gut an, ihn zu halten. Sie wollte das Gefühl noch ein wenig auskosten.

„Der Song ist fast vorbei.“ Er hielt kurz inne. „Wie kommst du eigentlich nach Hause?“

„Mit dem Auto.“

„Bist du allein hier?“

„Nein, zusammen mit Alex. Und ich gehe jetzt schon seit sechs Jahren allein abends aus.“

„Ja, aber bis jetzt wurden meine Boote auch nicht sabotiert.“

„Wir wissen doch noch gar nicht mit Sicherheit, dass sie sabotiert wurden. Und ehrlich gesagt bereue ich es langsam, dir von diesem Verdacht erzählt zu haben.“ Sie hatte kaum erwartet, dass er sich zu ihrem persönlichen Bodyguard ernennen würde.

„Aber wir wissen auch nicht mit Sicherheit, dass es keine Sabotage war. Und wag es ja nicht, irgendetwas vor mir geheim zu halten.“

Sie hörte auf zu tanzen. „Matt.“

Er hielt ihre Schulter fest. „Entschuldige. Das sollte nicht wie ein Befehl klingen.“

„Hast du irgendetwas Neues erfahren?“ War etwas passiert, von dem er ihr nicht erzählt hatte? Etwas Gefährliches?

„Ich habe gehört, dass TJ mit dir ausgehen wollte.“

Verblüfft starrte sie ihn an. „Er hat mich schon vor Monaten gefragt. Du kannst ihn unmöglich verdächtigen.“ Sie hatte TJs Angebot zwar abgelehnt, aber das konnte einfach nichts damit zu tun haben.

„Ich verdächtige ihn nicht.“ Bruce Springsteen wurde von einem Weihnachtslied abgelöst, doch sie tanzten trotzdem weiter.

„Wieso reden wir dann über ihn?“

Matt dachte einen Moment nach. „Es war Calebs Schuld.“

„Caleb soll dich sabotiert haben?“ Das war sogar noch absurder.

„Nein, seinetwegen mache ich mir solche Sorgen. Er ist wegen Jules ganz beunruhigt, und da musste ich automatisch an dich denken. Und dann hat TJ erwähnt, dass er mit dir ausgehen wollte.“

„Caleb übertreibt. Und wie schon gesagt, die Sache mit TJ ist Monate her.“

„Du bist also nicht an ihm interessiert?“

Nun war Tasha völlig durcheinander. „Hat er dich etwa gebeten, mich das zu fragen?“ Hatte sie Matts Signale vielleicht vollkommen falsch gedeutet? „TJ ist nicht mein Typ“, sagte sie, ehe er antworten konnte.

Alex tauchte neben Tasha auf der Tanzfläche auf und legte ihr eine Hand auf den Arm. „James hat vorgeschlagen, mich nach Hause zu fahren“, flüsterte sie Tasha ins Ohr.

„Ist das etwas Gutes?“

Alex’ Augen leuchteten. „Oh ja, allerdings.“

Da Alex wesentlich mehr getanzt als getrunken hatte, machte Tasha sich keine Sorgen um sie. Und sie kannte James nun schon eine ganze Weile. Soweit sie das beurteilen konnte, war er ein anständiger Kerl. „Macht es dir etwas aus, wenn ich dich hier allein lasse?“, fragte Alex.

„Nein, kein Problem. Wir sehen uns später.“

Alex grinste. „Danke.“ Leichten Schrittes ging sie davon.

„Dann fährst du also allein nach Hause“, sagte Matt. „Ich fahre dir hinterher.“

Tasha verdrehte die Augen. „Ich meine es ernst.“

„Danke für den Tanz“, sagte sie und trat einen Schritt zurück. Sie würde sich noch einen Drink besorgen und dann mit den anderen Mechanikern sprechen. Sie brauchte keinen Bodyguard.

4. KAPITEL

Matt sah zu, wie Tasha mit einem resignierten Kopfschütteln und einem spöttischen Winken in ihr Auto stieg. Er war in der Bar zwar auf Abstand geblieben, hatte aber dennoch am Tresen gewartet, bis sie ging, damit er sichergehen konnte, dass sie heil nach Hause kam. Es war ihm egal, was sie davon hielt. Seit dem Gespräch mit Caleb war er besorgt.

Er lief zu seinem Wagen auf der anderen Seite des Parkplatzes und hörte, wie Tasha den Motor ihres Wagens anließ – oder vielmehr versuchte, ihn anzulassen. Sie versuchte es ein zweites und dann ein drittes Mal, doch ihr Wagen wollte einfach nicht anspringen. Dann folgte Stille.

Matt drehte sich um. Sie war aus dem Auto gestiegen und hatte die Motorhaube geöffnet. „Brauchst du Hilfe?“, fragte er und ging auf sie zu.

Autor

Deborah Fletcher Mello
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