Darf eine Nanny sexy sein?

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Ihr erster Auftritt als Nanny ist eine Katastrophe! Trotzdem bekommt Heather den Job - der schnell zum Spiel mit dem Feuer wird. Denn je heftiger sie sich mit ihrem Boss Tobias Danforth um Erziehungsfragen streitet, desto stärker wird die gegenseitige Anziehungskraft …


  • Erscheinungstag 12.11.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733765958
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Heather Burroughs stand in der Tür zu dem riesigen Wohnzimmer ihres neuen Arbeitgebers und konnte nicht glauben, was sie sah.

Und nicht ertragen, was sie hörte.

Niemand hatte auf ihre hartnäckigen Versuche reagiert, sich an der Haustür bemerkbar zu machen, und so war sie einfach eingetreten und dem Klang der tiefen Stimme bis zu der Stelle gefolgt, an der sie jetzt stand. Starr vor Entsetzen. Dass diese Stimme zu einem besonders attraktiven Gesicht gehörte, half auch nicht, Heathers Befürchtung zu zerstreuen, von einem Unmenschen engagiert worden zu sein.

Ein Unmensch, der gerade versuchte, ein Kind mit einem Keks zu bestechen.

„Sag es, Dylan“, drängte der Mann und hielt dem Kind den Keks vor die Nase. In seiner Stimme schwang Ungeduld mit.

Er war so damit beschäftigt, dem Kleinkind seinen Willen aufzudrängen, dass er Heathers Anwesenheit gar nicht bemerkte. Der dreijährige kleine Engel streckte seine Patschhand nach dem Plätzchen aus. In dem Moment, als seine Finger die Leckerei berührten, wurde sie wieder weggezogen.

Tränen schimmerten in den Augen, die dieselbe Form und Farbe wie die seines Peinigers hatten. Dann liefen sie über die Pausbäckchen und bewirkten, dass der Unmensch leise fluchte.

„Komm schon, Dylan. Sag es doch!“

Heather wusste aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlte, wenn einem eine Belohnung vor der Nase baumelte und dann weggenommen wurde. Sie würde nicht untätig zusehen, wie ihr neuer Arbeitgeber ein so gemeines Spielchen mit seinem Sohn spielte – auch wenn es bedeutete, dass sie ihren Job bereits am ersten Arbeitstag wieder verlor.

Selbst wenn dieser Job sie finanziell unabhängig machen würde und dringend nötig war, vor einem möglichen Leben auf der Straße zu bewahren.

„Geben Sie mir den Keks!“

Ohne den verdutzten Blick des Mannes zu beachten, betrat Heather den Raum und schnappte sich den Keks. Sie ging in die Hocke, wischte dem kleinen Jungen die Tränen aus dem Gesicht und gab ihm das Plätzchen. Dylan stopfte es sich dankbar in den Mund, bevor sein Vater es ihm wieder abknöpfen konnte. Als er Heather mit seinem Schokolade verschmierten Mündchen anlächelte, hätte sie ihn am liebsten auf die Arme genommen und wäre mit ihm weggelaufen.

„Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, junge Frau? Und was sollte das gerade?“, fragte Tobias Danforth.

Seine Jeans spannten über den muskulösen Schenkeln, als er sich zu seinen beachtlichen einen Meter fünfundachtzig aufrichtete. Er baute sich vor Heather auf, die kaum fünfzig Kilo wog. In ihren Tennisschuhen war sie um einen Kopf kleiner als er. Sie fühlte sich wie David, der Goliath gegenüberstand.

Ohne Steinschleuder.

Sie machte sich ihre Bühnenerfahrung zunutze und antwortete mit würdevoller Stimme, die über die Tatsache hinwegtäuschte, dass sie die Untergebene und er, technisch gesehen, ihr Chef war.

„Ich bin die Nanny, die Sie von der Arbeitsagentur angefordert haben, und ich lasse nicht zu, dass Sie den Jungen so behandeln. Falls es Ihnen nicht bewusst ist, Mr Danforth, Dylan ist ein Kind und kein Tier, das mit Leckerli trainiert wird.“

„Wie können Sie es wagen …“

„Ich wage es, weil ich mich um den Jungen sorge“, entgegnete sie und schob herausfordernd das Kinn vor.

Er schien sie mit dem Blick aus seinen stahlblauen Augen aufspießen zu wollen. Nichtsdestotrotz, wenn dieser Kerl glaubte, Heather Burroughs wäre feige, dann hatte er sich gewaltig getäuscht. Nachdem sie den Unterricht der unerbittlichsten Musiklehrer auf der ganzen Welt ertragen hatte, brauchte es mehr als eine imposante Gestalt, damit sie einen Rückzieher machte.

„Und Sie glauben, ich sorge mich nicht?“ Seine Stimme klang sarkastisch. Und so beißend wie der Blick, den er fest auf sie gerichtet hielt.

In seinen kalten Augen schimmerte eine Wildheit, die einen Wolf Schutz suchen ließe. Heather stemmte die Hände in die Hüften und ließ sich nicht beeindrucken. Auch wenn sie weiche Knie hatte. „Ich glaube, das Jugendamt würde Ihre Erziehungsmethoden genauso wenig billigen wie ich.“ Sie war froh, dass sie gelernt hatte, sich auch in Stresssituationen zu beherrschen – ihre Stimme zitterte nicht, obwohl Heather äußerst unwohl zumute war.

„Verschwinden Sie aus meinem Haus, Lady.“

Obwohl so leise ausgesprochen, dass das Kind zwischen ihnen nicht einmal mit der Wimper zuckte, trafen Heather die Worte wie Geschosse.

Warum sie nach fünfundzwanzig Jahren Duldsamkeit ihren eigenen Willen entdeckt hatte, war für sie ebenso ein Geheimnis wie für ihre Eltern. Sie wäre fast enterbt worden, weil sie plötzlich andere Vorstellungen von ihrem Leben entwickelt hatte, als ihre Eltern es sich gewünscht hätten.

Noch ungeübt darin, ihre Meinung zu äußern, fehlte Heather vor allem das rechte Maß an Besonnenheit. In ihrer Situation war es überaus unvernünftig, sich mit ihrem potenziellen zukünftigen Arbeitgeber anzulegen und für ihre Überzeugung den Job zu riskieren, auf den sie angewiesen war. Denn um keinen Preis der Welt würde sie klein beigeben und, wie ihr Vater es ausgedrückt hatte, „angekrochen kommen“, damit er sie wieder finanziell unterstützte.

Dennoch hatte sie absolut keine Lust, für einen Mann zu arbeiten, der genauso zu sein schien wie ihr strenger Vater. Ein Mann, der seinem Kind die Anerkennung verwehrte, solange es nicht die Leistung erbrachte, die er forderte.

Heather richtete sich auf und wandte sich in Richtung Tür. Sie rief sich tröstend in Erinnerung, dass über die Jahrhunderte viele berühmte Musiker Zeugnis dafür abgelegt hatten, dass Armut gut für die Kreativität war.

Eine leise Kinderstimme ließ sie innehalten.

„Teks!“

Tobias Danforths Gesicht könnte aus Wachs geformt sein, so wie das eine Wort seines Sohnes seine kantigen maskulinen Gesichtszüge neu gestaltete. Seine Augen, die eben noch so eisig waren wie das Wasser der Seen in Wyoming im Januar, schienen plötzlich aufzutauen und nahmen einen warmen und liebevollen Ausdruck an. Er ging auf die Knie, legte seinem Sohn die Hände auf die Schultern und sah ihn an. „Was hast du gerade gesagt?“

Wäre seine Berührung nicht so offenkundig liebevoll gewesen, hätte Heather zu dem Schluss kommen können, dass er eine Antwort aus dem Kind schütteln wollte.

Sie fragte sich, was für ein Vater das war, der die bemerkenswerten Versuche seines Kindes nicht verstand, ein Wort zu formen. Weil sie eine ganz trockene Kehle hatte, klangen ihre eigenen Worte ziemlich kratzig, als sie sich bemühte, den armen Mann aufzuklären. „Ich glaube, er hat Keks gesagt. Wenn Sie mich fragen, dann möchte er gern noch einen essen.“

„Meinetwegen kann er die ganze verdammte Tüte haben!“, jubelte Tobias zu ihrer Überraschung.

Er griff Dylan unter die Arme und wirbelte ihn durch die Luft. Die überschäumende Freude im Gesicht des Mannes ließ Heathers Puls erst schneller schlagen, dann rasen, und schließlich ganz aussetzen. Wenn sich hinter dem Unmenschen tatsächlich ein liebenswerter Mann versteckte, dann hoffte sie, dass er die Kunst der Wiederbelebung beherrschte.

Kreischend vor Freude wiederholte Dylan die Meisterleistung, die ihm so viel Begeisterung einbrachte. „Teks!“

Heather wurde warm ums Herz, als sie die Tränen sah, die in Tobias Danforths Augen glitzerten. Er setzte seinen Sohn auf den Boden und zerzauste ihm die Haare. Der Mann besaß angeblich Millionen und wurde von den Einheimischen als zurückgezogen lebender, geheimnisvoller Zeitgenosse wahrgenommen.

Jedem Außenseiter, der es sich leisten konnte, die Viehwirtschaft als Hobby zu betreiben, wurde von denen, die in diesem gnadenlosen Land geboren und aufgewachsen waren, mit Argwohn begegnet. Dass so ein Mann wegen einer kleinen Leistung seines Sohnes tatsächlich zu Tränen gerührt sein konnte, überraschte Heather.

Tobias hielt Wort und reichte Dylan die Tüte mit den Keksen.

Heathers Misstrauen ihrem neuen und schon wieder ehemaligen Arbeitgeber gegenüber löste sich in Luft auf, als der Junge die Arme um den Nacken seines Daddys schlang und dessen Gesicht mit schmatzenden Küssen bedeckte. Die Szene war so anders als alles, was sie aus ihrer Kindheit kannte, dass sie es bedauerte, nicht mehr die Gelegenheit zu bekommen, Vater und Sohn besser kennenzulernen.

Als sie gerade gehen wollte, hielt eine Stimme sie zurück.

„Und wohin wollen Sie jetzt?“, fragte Tobias Danforth mit seinem breiten Südstaatenakzent.

Heather drehte sich langsam um. Der Anblick des mit Schokolade verschmierten Gesichts des Mannes trug enorm dazu bei, die Spannung zu lösen. Der Hauch eines Lächelns ließ die kantigen Gesichtszüge weit weniger Furcht einflößend erscheinen als beim ersten Hinsehen.

„Sie haben mich gerade gefeuert“, erinnerte sie ihn leise.

Tobias zog ein sauberes weißes Taschentuch aus der Tasche und wischte sich übers Gesicht. „Dann betrachten Sie sich als wiedereingestellt.“

Heathers Herz machte einen Satz. Wenn es eine Chance gab, den Job doch noch zu bekommen, dann sollte sie jetzt besser lächeln und sich versöhnlich zeigen. Abgesehen davon, dass sie ihre Eltern nicht um Geld bitten wollte, wäre es so gut wie unmöglich, eine Stelle zu finden, die ihren Bedürfnissen besser entsprach als diese.

Außerdem hatte sie sich sofort zu dem Kind hingezogen gefühlt, das sie beaufsichtigen sollte. Sie streckte eine Hand aus und nahm Tobias das Taschentuch aus der Hand. „Darf ich?“, sagte sie und wischte kurzerhand einen Krümel aus seinem Schnurrbart.

Was als freundliche Geste gemeint war, wurde plötzlich sehr vertraulich, als sie einander tief in die Augen sahen. Ein Schauer lief Heather über den Rücken, ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, und sie spürte ein beunruhigendes Kribbeln im Bauch. Ein verräterisches Zittern ließ das Taschentuch in ihrer Hand wie eine weiße Fahne flattern.

Normalerweise mochte sie glatt rasierte Männer, aber als sie den Mund unter dem gepflegten Schnurrbart betrachtete, glaubte sie nicht, dass es viel Überzeugungskraft brauchte, damit sie ihre Meinung änderte.

Bist du denn total verrückt geworden? fragte sie sich.

Auf gar keinen Fall würde sie sich auf etwas einlassen, das ihr nicht guttäte. Sie war froh, dass sie das Ende ihrer letzten Beziehung inzwischen einigermaßen verarbeitet hatte. Fieberhaft suchte sie nach den passenden Worten, um wieder zu einem professionellen Umgang mit Tobias Danforth zu finden. An ein romantisches Abenteuer mit ihrem Arbeitgeber zu denken, egal, wie attraktiv und charmant er war, bedeutete, einen emotionalen Selbstmord zu riskieren.

„Wir sollten die Einstellungsmodalitäten besprechen, bevor ich Ihre Bedingungen akzeptiere – vor allem, wenn sie diese Erziehungsmaßnahmen beinhalten, die Sie, wie ich gerade gesehen habe, bei Ihrem Sohn anwenden.“

Tobias ergriff ihre Hand. Heather hatte bei der Berührung das Gefühl, als würde ein elektrischer Schlag durch ihren Körper schießen. Sie schnappte nach Luft. Sofort ließ er ihre Hand los. Das Taschentuch flatterte zwischen ihnen zu Boden.

„Ich versichere Ihnen, Miss Burroughs, ich habe nicht die Absicht, Sie als meine Angestellte in irgendeiner Weise zu kompromittieren, falls Sie sich darüber Sorgen machen. Auch wenn ich im Moment vielleicht einen gestressten Eindruck mache, bin ich in der Lage, mich selbst zu versorgen. Vielmehr bin auf der Suche nach jemandem, der sich um Dylan kümmert – und auch regelmäßig mit ihm die Übungen macht, die die Sprachtherapeutin vorgeschlagen hat, und die Sie gerade so unhöflich unterbrochen haben.“

Jetzt war es an Heather, ein verblüfftes Gesicht zu machen. Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, dass das Verhalten seinem Sohn gegenüber Teil einer Therapie gewesen sein könnte. Das allein reichte aus, ihr bewusst zu machen, wie unzulänglich ihre Qualitäten als Nanny waren. Wenn sie jemals als Lehrerin arbeiten wollte, dann musste sie aufhören, voreilige Schlüsse zu ziehen und ihr eigenes Kindheitstrauma auf andere Menschen zu übertragen.

„Es t… tut mir leid“, stammelte sie und hätte Einiges dafür gegeben, noch einmal ganz von vorn beginnen dürfen.

Tobias fuhr sich durch die Haare, die eine interessante Farbe hatten. Am Ansatz dunkel, die Spitzen von der Sonne aufgehellt. Er könnte einen Haarschnitt gebrauchen, dachte Heather und wünschte sich auf einmal, mit den Fingern durch seine Haare fahren zu dürfen.

„Das muss es nicht. In den fünf Minuten, die Sie jetzt hier sind, hatten Sie bei Dylan mehr Erfolg als ich während der ganzen Zeit, seit seine Mutter uns verlassen hat“, gestand er.

Verbitterung schwang in seinen Worten mit, und er wirkte auf einmal müde.

Heather fragte sich, was mit Dylans Mutter geschehen war. War sie einfach gegangen, weil sie mit dem Leben auf einer abgeschiedenen Farm, Meilen vom nächsten Nachbarn entfernt, nicht zurechtgekommen war? Lag es an ihrem Ehemann?

Hatte sie sich von ihm getrennt, weil sie sich genauso manipuliert fühlte wie ein Kind, das sich nach einem Plätzchen streckte und es nur bekommen konnte, wenn es eine bestimmte Aufgabe erfüllte?

Welche Gründe auch immer die Frau gehabt hatte, Heather empfand für jedes Kind Mitleid, das von seiner Mutter im Stich gelassen worden war. Seit sie von ihren Eltern fortgeschickt worden war unter dem Vorwand, ihr künstlerisches Talent müsse gefördert werden, verstand sie, wie schrecklich es sich anfühlte, gerade von den Menschen verlassen zu werden, die beteuerten, einen am meisten zu lieben. Und wie verzweifelt man sich bemühte, ihre Anerkennung zu bekommen.

Tobias’ Worte holten Heather aus der Vergangenheit in eine Gegenwart, die von Minute zu Minute komplizierter wurde.

„Für den Fall, dass die Agentur diesen Job falsch beschrieben hat, Miss Burroughs, Dylan ist entwicklungsverzögert.“

Die letzten zwei Worte schienen Tobias fast im Hals stecken zu bleiben. Obwohl Heather ihn am liebsten mit einem beruhigenden Tätscheln zum Weitersprechen ermuntert hätte, unterließ sie es, ihn noch einmal zu berühren. Ihr war klar geworden, dass der Pferdefuß bei diesem Job nicht die Arbeit mit einem Kind sein würde, das in seiner Entwicklung zurückgeblieben war, sondern auf engem Raum mit einem Mann zusammenzuwohnen, dessen Gegenwart sie vollkommen durcheinanderbrachte.

Ihre Liebe zu Josef hatte sie die Liebe zur Musik gekostet. Und sie wollte sich nicht mehr verlieben, wollte nicht den letzten Rest ihrer Selbstachtung opfern, der ihr noch geblieben war.

Tobias räusperte sich. „Sie sind mir nachdrücklich empfohlen worden. Ich habe gehofft, dass Sie und Dylan sich vielleicht aufgrund Ihres gemeinsamen Talents gut verstehen würden.“

Er deutete auf den Flügel am anderen Ende des Raumes. Die Sonne fiel auf die schwarz glänzende Oberfläche. Der Anblick löste in Heather so zwiespältige Gefühle aus, dass sie Halt suchend nach der Rückenlehne eines Stuhls griff. Einerseits sehnte sie sich danach, ihre Finger über die Tasten gleiten zu lassen. Andererseits hatte sie mit diesem Teil ihres Lebens für immer abgeschlossen.

„In Ihrem Lebenslauf steht, dass Sie eine versierte Musikerin sind. Dylan ist auf dem Gebiet begabt. Mit seinen drei Jahren kann er ohne Unterricht schon kleine Melodien auf dem Klavier spielen.“

Die väterliche Brust schwoll vor Stolz förmlich an. Eine Brust, die ohnehin so breit war, dass sie eine Frau verführte, mit den Händen darüber zu streichen und auszuprobieren, ob sie ihre Finger miteinander verflechten konnte, wenn sie die Arme um ihn schlang. Heather sah ihn herausfordernd an.

„Ich hoffe, Sie spielen nicht mit dem Gedanken, ihn auf eine entsprechende Schule zu schicken, wie meine Eltern es mit mir getan haben. Obwohl ich doppelt so alt war wie Dylan, bin ich mit dem ungeheuren Leistungsdruck nicht fertig geworden.“

Tobias machte vor Überraschung große Augen. Er schüttelte energisch den Kopf. „Nein, ich habe nicht die Absicht, meinen Jungen irgendwohin zu geben. Seine Mutter hat sich durch das Familienleben vielleicht eingeengt gefühlt, aber ich absolut nicht. Was auch immer Sie über meine Erziehungsmethoden denken mögen, ich liebe meinen Sohn, und ich werde alles tun, ihm dabei zu helfen, seine Sprache wiederzufinden. Selbst wenn ich ihn dazu mit einem Keks bestechen muss, wie mir die Sprachtherapeutin empfohlen hat.“

Obwohl Heather bei dem indirekten Tadel errötete, wollte sie dennoch klarstellen, dass sie trotz seiner Erläuterung nicht von seinen Erziehungsmethoden überzeugt war. „Solange Sie nicht von mir verlangen, dass ich ebenfalls mit diesen Methoden arbeite, verspreche ich, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um Sie zu unterstützen.“

„In Ordnung, Miss Burroughs. Alles, worauf ich hoffe, ist, dass Sie die richtigen Tasten anschlagen und meinem Sohn helfen, aus seinem Schneckenhaus herauszukommen.“

Heather verstand, dass seine Worte symbolisch gemeint waren, und wählte ihre mit derselben Sorgfalt. Gut gemeint oder nicht, sie würde ein Kind nie dazu zwingen, Leistung zu erbringen, so wie ihre Eltern es getan hatten. Ungewollt hatten sie damit das Talent, das Gott ihr geschenkt hatte, zu einem Fluch werden lassen.

„Ich werde Dylans musikalisches Talent sehr gern fördern – solange er es möchte.“

Tobias wirkte erleichtert. Ermutigt. „Gut, dann wäre das geklärt. Was sonst noch zu Ihren Aufgaben gehört, ist zweitrangig. In erster Linie kümmern Sie sich um Dylan. Ich erwarte zwar auch, dass Sie kochen und putzen, aber ich bin in der Hinsicht nicht besonders pingelig, wenn Sie das beruhigt.“

Heather glaubte nicht, dass sie für einen Mann, der so attraktiv wie ein Schauspieler und reich wie Krösus war, entspannt würde arbeiten können. Schon jetzt spielten ihre Hormone verrückt. Energisch rief sie sich zur Ordnung, schließlich galt es ja, diesen Job zu bekommen, damit sie endlich ihr eigenes Geld verdienen konnte. Allerdings würde sie um keinen Preis der Welt zu Kreuze kriechen, damit dieser Mr Danforth sie engagierte.

Gleichzeitig war sie sich sehr wohl darüber bewusst, dass sie sich nicht in der Position befand, Bedingungen zu stellen, und beschloss, für sich zu behalten, dass ihre Kochkünste fast genauso übersichtlich waren wie ihr Erfahrungsschatz mit Kindern.

„Es wird Zeit, dass wir uns endlich miteinander bekannt machen“, sagte er und reichte ihr die Hand. „Ich bin Toby. So werde ich lieber genannt als Mr Danforth oder Tobias.“

Als sie seine Hand ergriff, durchströmte eine Wärme ihren Körper. Sie versuchte, das Prickeln zu ignorieren, und dachte einen Moment darüber nach, wie außergewöhnlich es war, dass ein so einflussreicher Mann wie Tobias Danforth von seiner Angestellten mit seinem Spitznamen angesprochen werden wollte.

Das gefiel ihr fast so gut wie die Tatsache, dass seine Hände durch die harte Arbeit rau geworden waren. Josefs Hände waren so weich und zart wie die eines Kindes gewesen, und auch wenn er Heather immer liebevoll gestreichelt hatte, hatte ihr unter seinen kraftlosen Berührungen etwas gefehlt.

„Dylan haben Sie bereits kennengelernt“, fuhr er fort.

Als der Junge seinen Namen hörte, ließ er die Kekstüte fallen und streckte die Arme nach Heather aus. Sie nahm den klebrigen Kleinen, der nach Schokolade und Babyshampoo roch, ohne zu zögern, in den Arm.

Dylan schlang ihr die Arme um den Nacken und drückte sich an sie. Der Kuss, den er auf ihre linke Wange schmatzte, hinterließ nicht nur Spuren auf ihrer Haut, sondern auch in ihrem Herzen.

Das Strahlen in Tobys Augen enthielt nicht die leiseste Spur von Eifersucht. „Es sieht nach Liebe auf den ersten Blick aus.“

Unwillkürlich zuckte Heather zusammen. Dieselben Worte hatte ihr Vater auch gebraucht, als er sie Josef vorgestellt hatte. Die Beziehung hatte katastrophal geendet, und Heather verspürte nicht den geringsten Wunsch, sich jemals wieder einer emotionalen Zerreißprobe auszusetzen. Sie musste aufpassen, dass sie sich nicht zu sehr auf Dylan oder seinen Vater einließ. Der Job war nichts weiter als eine Möglichkeit, genug Geld zu verdienen, um auf eigenen Füßen stehen zu können und nie wieder abhängig von einem Mann zu sein. Einschließlich ihres Vaters.

Und ihres ersten und einzigen Liebhabers.

Es war kein Wunder, dass die beiden Männer in ihrer Erinnerung so stark miteinander verbunden waren. Als Josef sich von ihr getrennt hatte, hatten sich auch zeitgleich ihre Eltern von ihr abgewandt. Sie hatten sie zwar nicht enterbt, aber beschlossen, ihre Tochter nicht länger finanziell zu unterstützen. Offenbar waren sie der Meinung, sie auf diese Weise umstimmen zu können – was aber niemals geschehen würde.

Heather wollte Lehrerin werden, und um dieses Ziel zu erreichen, musste sie es schaffen, auf eigenen Beinen zu stehen. Es war also zwingend notwendig, Gefühl und Verstand voneinander zu trennen.

Zum ersten Mal in ihrem Leben würde Heather jeden Cent umdrehen müssen. Glücklicherweise war Toby Danforth offenbar ein großzügiger Mann, zumindest dem Lohn nach zu urteilen, den er für die Stelle veranschlagt hatte. Auch wenn alle ihre Warnglocken schrillten, durfte sie darauf keine Rücksicht nehmen, wenn sie die Situation als Ganzes betrachtete. Egal, was ihre innere Stimme ihr riet, Heather konnte es sich nicht leisten, auf diesen Job zu verzichten.

„Wann soll ich anfangen?“ Ein entschlossenes Lächeln umspielte ihre Lippen.

„So schnell wie möglich.“ Toby deutete entschuldigend auf das Chaos um ihn herum. „Ich weiß nicht, ob die Agentur es Ihnen gesagt hat, aber meine Haushälterin hat sich aus gesundheitlichen Gründen vor zwei Wochen zur Ruhe gesetzt. Um ehrlich zu sein, stecke ich ziemlich in der Klemme. Eine Ranch läuft nicht von allein, und da ich mich in den letzten Wochen hauptsächlich um Dylan gekümmert habe, bin ich mit meiner Arbeit weit im Rückstand.“

Er wirkte in diesem Moment so überfordert, so unglaublich verletzlich, dass Heather unwillkürlich Mitleid mit ihm empfand. Ganz abgesehen davon, dass sie diesem süßen kleinen Jungen genauso wenig den Rücken kehren konnte, wie sie einen Fremden blutend auf der Straße liegen lassen könnte. Sie erkannte, wie schwer es für einen stolzen Mann wie Toby sein musste, um ihre Hilfe zu bitten.

Die Angestellte der Arbeitsagentur hatte ihr hinter vorgehaltener Hand zugeflüstert, dass das Kind sich zu sprechen weigerte, seit die Mutter die Familie verlassen hatte. Heather fragte sich, ob unter einem Dach drei kranke Herzen gleichzeitig heilen könnten, beschloss dann aber, dass sie keine andere Wahl hatte, als den Job anzunehmen.

„Mein Gepäck ist im Kofferraum. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, mir mein Zimmer zu zeigen, dann könnte ich auspacken und sofort mit der Arbeit beginnen.“

Autor

Cathleen Galitz

Cathleen Galitz hat als Autorin schon viele Preise gewonnen und unterrichtet an einer kleinen Schule im ländlichen Wyoming Englisch. Ihr Ehemann und sie haben zwei Söhne, die ihre Eltern mit ihren vielen unterschiedlichen Aktivitäten ganz schön auf Trab und damit auch jung halten. Cathleen liest sehr gerne, geht oft Golf...

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