Das Scheich-Imperium (3-teilige Serie)

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Scheich Tariq al Sayf, Khalil und Salim Al Taj sind drei Scheichs wie Sie um Buche stehen. Erfolgreich, stolz und unglaublich sexy. Doch bislang sind alle Liebschaften der Scheichs in die Brüche gegangen. Kommt nun die Zeit in der ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung geht?

Küss mich, geliebter Scheich!
Erst Blumen und Champagner und dann entführt – in einem Luxusjet! Nach dem Lunch über den Wolken will die schöne Madison zurück nach New York, doch Scheich Tariq al Sayf nimmt sie mit auf die Reise in sein fernes Wüstenreich – ohne sie zu fragen! Madison ist außer sich. Wie kann er es wagen? Zutiefst verletzt und zornig macht sie ihrem Herzen Luft. Und er? Zieht sie in seine starken Arme und lockt sie: verführerisch und unglaublich sexy. So sehr sie der Versuchung auch widerstehen will – plötzlich wünscht Madison sich nur noch eins: Seine Lippen auf den ihren zu spüren ...

Sinnliche Nächte in Paris
Die schöne Layla ist verzweifelt: Ihr Vater will sie zur Ehe mit einem seiner Geschäftspartner zwingen. Da entpuppt sich ausgerechnet Scheich Khalil als Retter in der Not. Kaum hat der ebenso attraktive wie arrogante Wüstenprinz von Laylas Schicksal erfahren, entführt er sie nach Paris. Liegt es nur an der Stadt der Liebe? Layla kann sich immer weniger gegen Khalils erotische Anziehungskraft wehren. Hals über Kopf verliebt, genießt sie leidenschaftliche Tage und sinnliche Nächte in seinen Armen. Bis eine schändliche Intrige jäh ihr unverhofftes Glück bedroht …...

Die süsse Rache des Scheichs
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  • Erscheinungstag 10.11.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783733787431
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Sandra Marton

Das Scheich-Imperium (3-teilige Serie)

Sandra Marton

Küss mich, geliebter Scheich!

IMPRESSUM

JULIA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Brieffach 8500, 20350 Hamburg
Telefon: 040/347-25852
Fax: 040/347-25991

© 2008 by Sandra Marton
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 1860 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Alexa Christ

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-400-1

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

PROLOG

Königreich Dubaac, Frühsommer:

Der Himmel war strahlend blau; die Sonne glänzte wie geschmolzenes Gold.

Unter ihren unbarmherzigen Strahlen saß eine kleine Gruppe von Männern bewegungslos auf ihren Pferden, umfangen von der endlosen Stille der Wüste.

Alle Augen waren auf den Reiter gerichtet, dessen Hengst ein wenig abseits von den anderen stand. Die rechte Hand des Mannes steckte in einem derben Lederhandschuh, an dem sich ein mächtiger Falke festkrallte. Der Kopf des Vogels war mit einer Kappe bedeckt.

Nach einer Weile löste sich ein Reiter aus der Gruppe und trieb sein Pferd an die Seite des Mannes mit dem Falken.

„Es ist an der Zeit, Tariq“, sagte der Reiter sanft.

Der Angesprochene nickte. „Ich weiß.“

Sein Vater hatte recht, doch dieser letzte Gruß an seinen toten Bruder war mindestens so bedrückend wie Sharifs Beerdigung.

Wer hätte gedacht, dass ihm dieser alte Brauch so zu Herzen gehen würde? Tariq war zwar in Dubaac aufgewachsen, doch er lebte schon seit vielen Jahren nicht mehr hier. Er war ein moderner, hochgebildeter, urbaner Mann, und dies war nicht mehr als eine symbolische Geste …

„Tariq?“

Er nickte. Der Falke flatterte nervös mit den Flügeln, denn er spürte, dass ihm gleich die Kappe abgenommen werden würde.

Tariq hob den Arm in Richtung Himmel. Sein Profil war mindestens ebenso elegant wie das eines Falken.

„Sharif, mein Bruder“, sprach er mit rauer Stimme. „Ich schicke Bashashar zu dir. Mögt ihr beiden gemeinsam für immer die Weite des Himmels über unserem Heimatland erkunden.“

Er zögerte kurz, dann entfernte er die Kappe, die den Kopf des Vogels bedeckte, und schwang den Arm nach vorn, worauf der Falke die Flügel ausbreitete und sich in die Luft erhob.

Keiner der Männer sprach oder bewegte sich. Erst nach einer ganzen Weile räusperte sich der Sultan.

„Es ist getan“, erklärte er heiser.

Tariq nickte. Noch immer schaute er in den Himmel, wo der Vogel allmählich den Blicken entschwand.

„Ja, Vater.“

„Dein Bruder ruht jetzt in Frieden.“

Tut er das, fragte sich Tariq. Er wollte es glauben, doch Sharifs Tod war immer noch viel zu frisch. Ein Routineflug. Es hatte Tage gedauert, um nach dem Absturz und der darauf folgenden Explosion das zu finden, was von seinem Bruder übrig geblieben war …

„Er war ein guter Sohn“, sagte der Sultan ruhig.

Tariq nickte.

„Er wäre unserem Volk ein guter Anführer gewesen. Jetzt ist er tot, und wir müssen unsere Pläne für die Zukunft neu überdenken.“

Tariqs Kiefer verkrampfte sich. Natürlich hatte er gewusst, dass dieser Moment kommen würde, aber nicht so schnell. Andererseits – warum sollte er das Unvermeidliche aufschieben?

„Ich verstehe, Vater.“

Der Sultan seufzte. „Wir dürfen keine Zeit verlieren, mein Sohn.“

Tariq schaute seinen Vater besorgt an. „Bist du krank?“

„Nur wenn das Alter eine Krankheit ist“, erwiderte der Sultan gelassen. „Aber Sharifs Tod ist der beste Beweis, dass das Schicksal jederzeit zuschlagen kann. Du bist jetzt mein Erbe, Tariq. Ich zittere bei dem Gedanken, dass dir etwas zustoßen könnte …“

Mehr brauchte er nicht zu sagen.

Die Last der Thronfolge war Tariq zugefallen. Um die ununterbrochene Linie seiner Familie auf dem Thron von Dubaac fortzusetzen, musste er heiraten und einen Sohn zeugen.

Wenn Sharif doch nur verheiratet gewesen wäre und Kinder gehabt hätte …

Wenn Sharif doch nur noch lebte, dachte Tariq und spürte eine ungewohnte Feuchtigkeit in seinen silbergrauen Augen.

„Ich werde tun, was getan werden muss.“

Der Sultan lächelte schwach. „Das ist gut. Komm jetzt. Wir wollen zum Palast zurückreiten und das Andenken an deinen Bruder feiern.“

„Reite schon mal mit den anderen voraus. Ich … ich möchte eine Weile allein sein.“

Der Sultan zögerte. Doch schließlich wendete er sein Pferd und bedeutete seinen Männern, ihm zu folgen. Sie ritten genauso davon, wie sie gekommen waren – in respektvollem Schweigen.

Tariq stieg aus dem Sattel. Er tätschelte den Hals seines Hengstes und blickte nochmals in den Himmel hinauf.

„Wegen dir, Sharif“, sagte er ruhig, „muss ich jetzt eine Ehefrau finden.“ Er lächelte. Wenn sein Bruder ihn hören konnte, würde er diese Art Neckerei verstehen. Von frühester Kindheit an hatten sie eine innige Verbundenheit geteilt. „Und wie soll ich das anstellen, hm? Wo soll ich sie suchen, Sharif? Hier im Staatenbund? Oder in Amerika? Was meinst du?“

Natürlich war Sharif nicht da, um ihm eine Antwort zu geben, doch das war auch nicht nötig. Tariq wusste genau, was er gesagt hätte.

Die perfekte Frau würde er nicht in Amerika finden.

In Amerika gab es nur zwei Sorten Frauen: die einen, die flatterhaft und oberflächlich waren, und die anderen, die eigensinnig und stur die Fahne des Feminismus hochhielten.

Keine von beiden würde passen.

Ja, er wollte eine Frau, die attraktiv war, doch es gab auch noch andere Kriterien. Sie sollte über eine angenehme Persönlichkeit verfügen. Sie musste in der Lage sein, eine passende Dinner-Konversation zu führen, und zwar in den Kreisen, in denen er verkehrte. Keinesfalls durfte sie streitsüchtig sein.

Mit anderen Worten: Die perfekte Ehefrau kannte ihre Rolle ganz genau – sie war zwar seine Gefährtin, ihm allerdings keinesfalls gleichgestellt.

Eine solche Frau würde er nur hier, unter seinen eigenen Landsleuten, finden.

Der Wind seufzte und wirbelte einen kleinen Streifen Sand auf.

Tariq hatte sein Studium in den USA absolviert; er lebte und arbeitete dort, doch von nun an würde sich sein Lebensstil den Traditionen von Dubaac anpassen, wo ein Mann sowohl über sein Heim als auch über seine Frau herrschte.

Der Hengst stupste ihn mit der Nase an die Schulter. Tariq ergriff die Zügel und schwang sich in den Sattel.

Problem gelöst. Er würde eine Woche in Dubaac bleiben. Vielleicht auch zwei, aber länger sicherlich nicht.

Wie schwer konnte es schon sein, eine passende Ehefrau zu finden?

1. KAPITEL

New York, zwei Monate später:

Es kam nicht oft vor, dass Seine Exzellenz Scheich Tariq al Sayf, Kronprinz von Dubaac, eine Fehleinschätzung beging.

Niemals in geschäftlicher Hinsicht. Selbst seine Gegner, die behauptet hatten, er sei zu jung und es käme mit Sicherheit zu einer Katastrophe, als er vor vier Jahren die Leitung der New Yorker Filiale der Royal Bank of Dubaac übernommen hatte, mussten zugeben, dass die Bank unter seiner Führung florierte.

Und auch in seinem Privatleben beging er kaum einen Fehler. Nun gut, es gab da die eine oder andere Ex-Geliebte, die in Tränen ausgebrochen war und ihn einen kaltherzigen Bastard nannte, nachdem er die Beziehung beendet hatte, doch das war nicht seine Schuld.

Er war immer ehrlich, allenfalls ein bisschen zu schonungslos.

Noch vor zwei Monaten hatte er unter der heißen Wüstensonne seines Heimatlandes gestanden und sich geschworen, innerhalb einer Woche eine Ehefrau zu finden. Im Höchstfall in zwei Wochen. So schwierig konnte dieses Unterfangen schließlich nicht sein.

Nun starrte er aus dem großen Panoramafenster seines Büros, blickte über den Hudson River hinunter auf Lower Manhattan und runzelte die Stirn.

Nein, es war tatsächlich nicht schwierig.

Unmöglich brachte es eher auf den Punkt.

„Idiot“, stieß er zwischen seinen fest zusammengebissenen Zähnen hervor.

Die zwei Wochen in Dubaac waren schnell zu drei und dann zu vier Wochen geworden. Sein Vater hatte ein elegantes Staatsdinner gegeben, zu dem jede hochrangige Familie des Landes eingeladen worden war, die eine Tochter im heiratsfähigen Alter besaß.

Tariq hatte an jeder Einzelnen etwas auszusetzen.

Daraufhin organisierte sein Vater ein weiteres Dinner – diesmal mit allen höheren Töchtern aus dem gesamten Staatenbund. Tariq zuckte noch immer zusammen, wenn er nur daran zurückdachte. All diese jungen Frauen, ordentlich aufgereiht, um ihm präsentiert zu werden, wobei sie ganz genau wussten, aus welchem Grund …

Wie auf einem Pferdemarkt, dachte er an jenem Abend plötzlich, und sobald der Gedanke erst mal da war, gelang es ihm nicht mehr, die Frauen anders zu betrachten. Für ihn waren sie zahme, willige Stuten, die sich fügsam der Inspektion des Deckhengstes stellten.

„Nun?“, hatte sein Vater am Ende des zweiten Dinners ungeduldig gefragt. „Welche magst du?“

Keine.

Sie waren zu groß. Zu klein. Zu dünn. Zu dick. Sie redeten zu viel. Sie redeten zu wenig. Sie waren introvertiert, sie waren extrovertiert … Vollkommen frustriert und wütend auf sich selbst war Tariq schließlich vor einem Monat nach New York zurückgekehrt.

Vielleicht hatte er sich doch getäuscht, was amerikanische Frauen anging. Vielleicht würde er hier eine Kandidatin finden, die seinen Ansprüchen genügte.

Jedenfalls würde es nicht schaden, seine Suche auszuweiten. Er konnte sich doch mal in New York umschauen und sehen, was er hier so vorfand.

Die Antwort lautete: nichts.

Tariq hatte unzählige Einladungen zu Segeltouren in der Bucht angenommen, zu Sommerpartys in Connecticut oder Wohltätigkeitsveranstaltungen in den Hamptons. Er war mit etlichen Frauen zum Dinner, ins Theater oder zu Konzerten im Central Park gegangen. Mein Gott, er hatte sich mit so vielen Frauen verabredet, dass er irgendwann Gefahr lief, ihre Namen zu verwechseln, und was hatte ihm das gebracht?

„Nichts“, sagte er laut und grimmig.

Er war von seinem Ziel, eine geeignete Ehefrau zu finden, noch ebenso weit entfernt wie vor zwei Monaten.

Genau wie in seinem Heimatland waren die Frauen hier in Amerika zu viel von allem – inklusive zu bemüht, ihm zu gefallen. In den USA gab es keine gesenkten Blicke, dennoch war die kriecherische Haltung dieselbe.

Ja, Euer Hoheit. Natürlich, Euer Hoheit. Oh, ich stimme völlig mit Ihnen überein, Euer Hoheit.

Verdammt noch mal, trug er etwa ein Schild um den Hals mit der Aufschrift: Ich suche eine Ehefrau?

Nicht dass er keine fügsame Ehefrau gewollt hätte. Die wollte er durchaus. Schließlich würde er eines Tages der Anführer seines Volkes sein. Da wäre es ihm keineswegs dienlich, eine Frau zu haben, die keinen Respekt zeigte.

Tariq verengte die Augen.

Warum in aller Welt war er dann dazu übergegangen, kleine Tests durchzuführen, die selbst seiner Meinung nach albern waren?

Zum Beispiel erzählte er einen Witz ohne Pointe. Oder er machte eine dümmliche Bemerkung über die Weltpolitik. Dann wartete er ab, wie die potenzielle Heiratskandidatin reagierte. Lange warten musste er nie. Jedes Mal lachte die Frau hysterisch oder sie nickte heftig und stimmte seiner Bemerkung zu. In diesem Fall schaute er dann überrascht auf die Uhr und sagte: „Mein Gott, wie viel Zeit vergangen ist. Mir war gar nicht klar, dass es schon so spät ist …“

Bei Ishtar, er steckte wirklich in der Klemme!

Vor ein paar Wochen schon war er so verzweifelt gewesen, dass er bei Drinks und Dinner seinen beiden ältesten Freunden von seiner Suche erzählt hatte.

Khalil und Salim hatten ihm zuerst mit unbewegter Miene zugehört. Dann warfen sie sich gegenseitig einen Blick zu.

„Er versucht, eine Ehefrau zu finden“, erklärte Salim feierlich.

„Aber er schafft es nicht“, antwortete Khalil genauso ernst.

Um Salims Mundwinkel zuckte es. Dann auch um Khalils. Plötzlich prusteten die beiden los und konnten sich gar nicht mehr beruhigen.

Tariq sprang empört auf. „Findet ihr das witzig?“, rief er wütend. „Wartet bloß ab, bis ihr heiraten müsst!“

Das Gelächter erstarb abrupt – von unübersehbarem Schaudern ersetzt.

„Bis das passiert, werden noch etliche Jahre ins Land gehen“, entgegnete Khalil, „doch wenn es so weit ist, werde ich es auf die altmodische Art tun. Ich lasse meinen Vater das Arrangement einfädeln. Die Hochzeit eines Prinzen hat nichts mit Romantik zu tun. Es geht nur um Pflichterfüllung.“

Tariq seufzte bei der Erinnerung und starrte weiter aus dem Fenster. Khalil hatte recht. Absolut. Warum brauchte er dann nur so verdammt lang?

Sein Bruder war tot, sein Vater kein junger Mann mehr. Was, wenn etwas passierte? Seinem Vater? Oder ihm selbst? Alles war möglich. Ohne Nachfolger auf den Thron würde das Land vermutlich ins Chaos stürzen. Schlimmstenfalls in einen Bürgerkrieg abrutschen. Das durfte nicht geschehen. Er durfte es nicht zulassen …

Es klopfte. Tariq drehte sich genau in dem Moment um, in dem seine persönliche Assistentin den Kopf zur Tür hereinstreckte.

„Die Fünf-Uhr-Wirtschaftsnachrichten auf CNN laufen, Sir. Sie wollten sie doch anschauen …?“

Er blickte sie verständnislos an.

„Um zu sehen, ob MicroTech seinen neuesten Erwerb verkündet …?“

Keine Ehefrau, und mein Gehirn funktioniert auch nicht mehr richtig, dachte Tariq niedergeschlagen und nickte dankend.

„Ja, richtig. Vielen Dank, Eleanor. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Wir sehen uns dann morgen.“

Die Tür wurde geschlossen. Tariq setzte sich an seinen Schreibtisch, griff nach der Fernbedienung und schaltete den Flachbildfernseher an der gegenüberliegenden Wand an. Kurz durchsuchte er die Programme, dann blickte er auf das großzügige Büro eines Firmendirektors. Blasse Wände, dunkler Boden, Fenster, ein langer Tisch mit einem Mann mittleren Alters in dunkelblauem Anzug, der drei weiteren Männern mittleren Alters in dunkelblauem Anzug gegenübersaß …

Und einer Frau.

Tariqs Augen verengten sich.

Es war schwierig, ihr Alter zu schätzen, denn sie trug eine Brille mit großen und getönten Gläsern. Sie verlieh ihr eine gewisse Strenge, ebenso wie der tief sitzende Knoten, zu dem sie ihr goldblondes Haar geschlungen hatte.

Die Frau saß sehr aufrecht, die Hände im Schoß gefaltet, die Beine dezent übereinandergeschlagen.

Es handelte sich um äußerst hübsche Beine. Lang. Schlank. Wohlgeformt …

Tariq spürte Verlangen in sich aufsteigen.

Vor seinem inneren Auge sah er, wie er die Frau vom Stuhl hob. Wie er ihr Haar öffnete und ausbreitete. Ihr die Brille abnahm, um zu sehen, ob sie nur attraktiv oder atemberaubend schön war …

Verdammt.

Es war nicht seine Art, derartige Fantasien zu hegen. Hatte ihn seine Suche nach einer Ehefrau bereits darauf reduziert? Lust auf eine Frau im Fernsehen? Eine Frau, deren Namen er nicht mal kannte?

Tariq runzelte die Stirn.

Das hatte man also von zu viel Enthaltsamkeit!

Seit zwei Monaten war er mit keiner Frau mehr zusammen gewesen. Er hielt es für klug, sich nicht durch die Talente, die eine Frau im Bett vorweisen könnte, beeinflussen zu lassen.

Es schien eine gute Idee gewesen zu sein.

Das war es auch immer noch.

Er musste einfach nur aufhören, sich wie ein dummer Schuljunge irgendwelchen Fantasien hinzugeben.

Tariq riss den Blick von der Frau los. Der Moderator der Sendung redete gerade mit dem Mann, der ihr gegenübersaß.

„… also wahr, dass MicroTechdie Aktienmehrheit von Future Born übernommen hat?“

Der Mann nickte.

„Das stimmt. Wir investieren damit in einen großen Zukunftsmarkt. Sehen Sie, Jay, viele Männer und Frauen schieben das Kinderkriegen immer weiter auf. Damit werden Future Borns neue Techniken immer wichtiger.“

„Aber bewegt sich FutureBorn nicht bereits in einem überfüllten Marktsegment?“

Ein dünnes Lächeln. „Auf den ersten Blick mag das so scheinen. Künstliche Befruchtung gibt es nun schon eine ganze Weile, aber die neuen Techniken von FutureBorn sind … Vielleicht kann das am besten unsere Vizepräsidentin für Marketing erklären.“

Alle Köpfe drehten sich zu der Frau um. Vizepräsidentin für Marketing, dachte Tariq und hob eine Augenbraue. Ein beeindruckender Titel. Ob sie ihn sich verdient hatte? Oder hatte sie sich hochgeschlafen? Er war lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass so etwas häufig genug vorkam.

Sie blickte in die Kamera. „Ich werde es gern versuchen.“

Ihre Stimme war dunkel, beinahe rau. Er versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie sagte, doch er war zu sehr damit beschäftigt, sie einfach nur anzusehen …

„… mit anderen Worten, absolut perfekt, um Sperma längere Zeit aufzubewahren.“

Tariq blinzelte. Was hatte sie gerade gesagt?

„Könnten Sie das bitte erklären, Miss Whitney?“

Tariq schickte dem Moderator ein stummes Dankeschön. Die Frau hatte sicherlich nicht gesagt, dass …

„Gern“, entgegnete die Frau ruhig. „Sie haben ganz richtig festgestellt, dass künstliche Befruchtung nicht neu ist, aber die Methode, die FutureBorn entwickelt hat, ist nicht nur neu, sondern revolutionär.“

Tariq starrte auf den Bildschirm. Wie konnte eine Frau nur so reden?

„Und was sind die Vorteile?“

„Nun …“ Die Frau fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Es handelte sich sicherlich um eine unbewusste Geste, doch sie sorgte dafür, dass er selbst einen trockenen Mund bekam. „Nun, ein offensichtlicher Vorteil ist, dass ein Mann, der zurzeit nicht den Wunsch hat, ein Kind zu zeugen, eine Probe seines Spermas bei uns hinterlegen kann. Eine Spende für die Zukunft, sozusagen. Er kann sich sicher sein, dass die Spende noch Jahre später zu seinem Nutzen zur Verfügung steht.“

Eine Spende, dachte Tariq. Interessante Wortwahl.

„Und wenn nicht zu seinem Nutzen, so doch in seinem Sinne.“

„Wie meinen Sie das?“, fragte der Moderator.

„Nun, zum Beispiel könnte der Mann in seinem Testament verfügen, wie sein Sperma nach seinem Tod verwendet werden soll.“ Sie lächelte höflich. „Gefrorenes Sperma, zusammen mit einem legalen Dokument, wie es benutzt werden soll, wäre die moderne Möglichkeit für einen reichen Mann, sicherzugehen, dass er einen Erben hat …“

Oder ein Kronprinz einen Nachfolger.

Tariq runzelte die Stirn.

Was, wenn er eine – wie hatte sie es genannt? Eine Spende hinterließ? Wenn ein Reagenzglas mit seinem Samen eingefroren würde, für den Fall, dass das Schicksal zuschlug, ehe er eine passende Ehefrau gefunden hatte?

Himmel. War er verrückt geworden?

Tariq richtete die Fernbedienung auf den Bildschirm und schaltete den Fernseher aus. Dann stand er auf.

Ein richtiger Mann machte keine „Spende“, die in einem Reagenzglas verwahrt wurde. Ein richtiger Mann platzierte seinen Samen im Körper einer Frau.

Er hatte einfach nicht sorgfältig genug gesucht, das war alles. In dieser Millionenstadt wartete mit Sicherheit die perfekte Heiratskandidatin auf ihn. Er musste sie nur finden.

An diesem Abend war er zu einer Party eingeladen. Sein Anwalt hatte ein Stadthaus in der East Side gekauft und wollte das feiern. Während Tariq sein Jackett anzog, kam ihm ein Sprichwort in den Sinn: Aller guten Dinge sind drei. Zuerst hatte er in Dubaac nach einer Ehefrau gesucht. Dann im ganzen Staatenbund. Jetzt würde er eben in Amerika fündig werden …

Ab heute würde sich sein Blatt zum Guten wenden.

„Okay, Leute. Wir sind nicht mehr auf Sendung.“

Madison Whitney stand auf, entfernte das kleine schwarze Mikrofon, das an ihrem Revers steckte, und reichte es dem wartenden Toningenieur.

„Madison“, sagte ihr Chef, „Sie haben sich gut geschlagen.“

„Vielen Dank.“

„Exzellent, um genau zu sein.“ Er lachte – ho, ho, ho, wie eine schlechte Imitation des Weihnachtsmannes, dachte Madison. „Was halten Sie davon, wenn wir etwas trinken gehen und die Dinge besprechen?“

Was besprechen?, hätte sie am liebsten geantwortet. Wie du mich am besten ins Bett kriegst, ohne dass deine Frau etwas davon erfährt? Doch ihre Mutter hatte keine dumme Tochter großgezogen, und so lächelte Madison strahlend – so wie sie es bereits die ganze Zeit tat, seit MicroTech FutureBorn übernommen hatte – und erwiderte, dass das ganz wunderbar wäre, doch dass sie leider bereits eine Verabredung hätte.

Sie spürte, wie seine Augen ihr folgten, als sie das Gebäude verließ.

Zwanzig Minuten später schlüpfte sie an einen Tisch in einer ruhigen Bar auf der Lexington Avenue. Zwei Dinge warteten hier auf sie: ein kalter Caipirinha und ihre alte College-Zimmergenossin Barbara Dawson.

Madison seufzte, griff nach dem Cocktail und nahm einen langen, tiefen Schluck. „Dem Himmel sei Dank, dass du bereits bestellt hast. Den habe ich wirklich gebraucht.“

„Gern geschehen“, erwiderte Barb lächelnd und deutete mit dem Kopf zu dem Fernseher über der Bar. „Ich habe die Sendung gesehen. Du versteckst dich immer noch hinter dieser Brille, hm?“

Madison grinste. „Sie verleiht mir einen intellektuellen Touch.“

„Du meinst wohl eher, dass sie dich unberührbar wirken lässt.“

„Wenn’s denn so wäre“, seufzte Madison und nahm einen weiteren Schluck.

„Sag bloß, der alte Lüstling ist immer noch hinter dir her?“

„Ha, wusstest du, dass du mein Date für den heutigen Abend bist?“

„Oh Maddie“, zwitscherte Barb und klimperte heftig mit den Wimpern, „ich wusste ja gar nicht, dass du solche Gefühle für mich hegst.“

„Hey, das wäre eine Idee. Vielleicht wird das meine nächste Ausrede.“ Madison schüttelte den Kopf. „Er ist einfach unmöglich, aber was will man erwarten – schließlich ist er ein Mann.“

„Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass es an der Zeit wäre, nicht jeden Mann für einen verlogenen Mistkerl zu halten, nur weil dein einstiger Verlobter einer war?“

„Nein“, erklärte Madison bestimmt. „Weil sie alle Mistkerle sind. Und das schließt meinen eigenen Vater mit ein, der meine Mutter nur deshalb nicht mehr betrogen hat, weil er gestorben ist. Männer sind alle gleich. Das ist eine Tatsache.“

„Falsch.“

„Richtig. Es gibt keine anständigen Kerle, Barb. Nun, mit Ausnahme deines Freundes, aber Hank ist der letzte auf diesem Planeten.“

„Maddie …“

„Hast du unseren letzten Rundbrief ehemaliger Studenten gelesen?“

Barb schaute düster drein. Sie wusste ganz genau, was jetzt kam. „Nein.“

„Erinnerst du dich noch an Sue Hutton? Die ein Jahr nach uns den Abschluss gemacht hat? Geschieden. Sally Weinberg? Geschieden. Beverly Giovanni? Geschieden. Beryl Edmunds? Ge…“

„Okay, okay. die Nachricht ist angekommen, aber das heißt nicht, dass …“

„Doch, das heißt es.“ Madison trank einen weiteren Schluck ihres Cocktails. „Ich werde nicht heiraten, Barb. Niemals!“ „Kein Ehemann? Keine Familie? Keine Kinder?“ Madison zögerte. „Kein Ehemann bedeutet nicht zwangsläufig keine Kinder. Genau genommen … genau genommen, möchte ich Kinder. Sehr sogar.“ Wieder eine Pause. „Aber ich will keinen Ehemann, der mir in die Quere kommt.“

Barb hob eine Augenbraue. „Und wie genau willst du das anstellen?“

Okay, dachte Madison, jetzt ist der Zeitpunkt.

„Künstliche Befruchtung“, erklärte sie, und wenn sie nicht so nervös gewesen wäre, weil sie zum ersten Mal offen über ihre Pläne sprach, dann hätte sie über Barbs entsetzten Gesichtsausdruck gelacht. „Du wirkst überrascht?“

„Das kann man wohl sagen.“

„Nun, ich weiß eine Menge über künstliche Befruchtung. Es ist sicher, zuverlässig – und es bedeutet, dass eine Frau zwar eine gewisse Menge Sperma braucht, nicht aber den Mann, der dieses Sperma geliefert hat.“

Barb warf ihr einen langen Blick zu, dann sagte sie schließlich: „Madison, darf ich ganz offen sein?“

„Natürlich. Wir sind Freundinnen.“

„Hast du dir das wirklich gründlich überlegt? Ich meine, hast du dir die Frage gestellt, warum du ein Kind willst? Könnte es sein, dass du damit deine eigene Kindheit ungeschehen machen willst? Indem du die Fehler deiner Mutter auslöschst? Oh Himmel“, stöhnte sie, als Madisons Lächeln verschwand. „Maddie, ich wollte nicht …“

„Nein, ist schon in Ordnung. Du hast ja gesagt, dass du ganz offen bist. Und das werde ich auch sein.“ Madison beugte sich vor. „Meine Mutter war in jeder Hinsicht von den Männern abhängig, die sie geheiratet hat. So wollte ich nie sein. Ich war immer fest entschlossen, meinen eigenen Weg zu gehen. Mich auf niemanden stützen zu müssen. Es war wichtig, dass ich gute Leistungen in der Schule erbrachte, dass ich studiert habe und die Karriereleiter raufgeklettert bin.“

„Honey, du musst mir nichts erkl…“

Madison griff über den Tisch hinweg nach Barbaras Hand. „Ich war mir sicher, dass ich niemals eine Ehe oder Kinder haben wollte, all dieses Zeug.“ Sie zögerte. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme ganz weich. „Dann, eines Tages, habe ich mich umgeschaut und festgestellt, dass ich alles erreicht hatte. Der Collegeabschluss. Mein Master in BWL. Der großartige Job. Das Apartment in Manhattan … Nur etwas hat gefehlt. Etwas, das ich nicht benennen konnte.“

„Siehst du? Ich habe recht, Maddie. Ein Mann, den du lieben und …“

„Ein Kind.“ Madison lächelte schnell, um verdächtige Tränen in ihren Augen zu vertreiben. „In meinem Büro hängt ein tausend Dollar teurer Picasso-Druck. Meine Sekretärin hat auf ihrem Schreibtisch ein Foto ihrer kleinen Tochter stehen, und weißt du was? Eines Morgens ist mir schlagartig bewusst geworden, dass ihr Foto viel kostbarer ist als mein Picasso.“

„Okay. Ich hätte nicht sagen sollen, dass …“

„Und dann ist mir eingefallen, dass ich bald dreißig werde. Das Geräusch, das du da hörst, ist meine biologische Uhr.“

„Dreißig ist doch kein Alter.“

„Das stimmt nicht. Meine Mutter ist sehr früh in die Wechseljahre gekommen. Soweit ich weiß, vererbt sich so etwas.“

„Trotzdem bleibe ich dabei – da draußen ist ein Mann, der für dich bestimmt ist.“

„Nicht wenn sich der schlechte Männergeschmack meiner Mutter auch vererbt. Jetzt schau mich nicht so an! Sie war dreimal verheiratet – immer mit reichen, umwerfenden, einmaligen Mistkerlen. Wenn sie nicht diesen Unfall gehabt hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich zum vierten Mal verheiratet.“

„Aber Kinder brauchen beide Elternteile!“, sagte Barb trotzig.

„Hattest du vielleicht beide Elternteile?“

„Nun, nein, aber …“

Ein liebender Elternteil ist besser als zwei, die alles vermasseln. Und ja, ich weiß, künstliche Befruchtung mag nicht für jeden das Richtige sein, aber für mich ist es das.“

„Du meinst es wirklich ernst“, erkannte Barb.

„Ja.“ Madison lächelte schwach. „Ich wünsche mir so sehr ein Kind … es tut schon weh, nur daran zu denken. Deshalb habe ich bereits alles in die Wege geleitet.“

Barbs Augen weiteten sich. „Was?“

„Ich war bei meinem Gynäkologen. Ich habe über meine Periode Buch geführt, und ich bin die Spenderkartei bei Future-Born durchgegangen und habe einen Mann ausgesucht, der perfekt wirkt.“

„Und das heißt genau?“

„Er ist in den Dreißigern, hat einen Doktortitel, erfreut sich ausgezeichneter Gesundheit, mag Oper und Lyrik und …“

„Wie sieht er aus?“

„Durchschnittliche Größe und Statur, hellbraunes Haar, haselnussfarbene Augen.“

„Das meine ich nicht. Wie sieht er aus?

„Oh, du bekommst keine Fotos. Es ist alles sehr anonym. Es sei denn, der Spender möchte, dass sein Sperma zu seinem eigenen zukünftigen Nutzen verwahrt wird, aber wenn eine Frau Sperma kauft, dann …“

„Kauft?“, hakte Barb nach und hob eine Augenbraue.

Madison zuckte die Achseln. Über die technischen Details zu sprechen war deutlich einfacher als über ihre Gefühle. „Das ist nicht wie in einem Liebesroman“, erklärte sie trocken. „Sinn und Zweck ist es, ein Baby zu bekommen, nicht eine Beziehung zu führen.“

„Und … wann genau wirst du das tun?“

„Montag. Wenn alles gut geht …“

„Montag? So bald?“

„Warum sollte ich länger warten? Ja, Montag um zwei. Wenn alles gut geht, werde ich in neun Monaten Mutter sein.“ Madison zögerte. „Du wünschst mir doch Glück, oder?“

Barb schaute sie lange an. Dann seufzte sie, hob ihr Glas und hielt es ihrer Freundin entgegen.

„Natürlich. Ich wünsche dir alles Glück dieser Welt. Das weißt du. Ich hoffe nur …“

„Mir wird es gut gehen.“

Die Freundinnen stießen an. Sie lächelten – die Art Lächeln, die Frauen teilten, wenn sie einander liebten, aber in einem wirklich wichtigen Punkt unterschiedlicher Meinung waren. Schließlich räusperte sich Barb.

„Also“, erklärte sie entschlossen, „da Montag dein großer Tag ist, könnten wir doch heute Abend noch feiern?“

„Ich dachte, du triffst dich mit Hank?“

„Genau genommen dachte ich, wir beide treffen Hank. Sein Boss hat dieses Haus in der East Side gekauft, und der schmeißt heute Abend eine große Party.“

Madison klimperte mit den Wimpern. „Eine Party in der City mitten im Juni?“, sagte sie mit allerbestem Ostküstenakzent. „Wie unpassend.“

„Komm schon, sag nicht Nein. Es wird lustig werden.“

„Und vielleicht, nur vielleicht, treffe ich dort auf meinen Traumprinzen.“ Madison lachte, als ihre Freundin errötete. „Du bist so leicht zu durchschauen, Barb.“

„Himmel, wir haben erst Freitag. Dein Date mit dem Reagenzglas findet erst am Montag statt.“

„Sehr witzig.“

„Komm schon, Maddie, tu mir den Gefallen.“

Madison seufzte. „Es war ein langer Tag, und ich bin nicht richtig angezogen, um …“

„Die Party ist nur ein paar Blocks von deinem Apartment entfernt. Wir können dort haltmachen, und du ziehst dich um. Bitte!“

„Manchmal vergesse ich, wie du bist, wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast.“

Barb grinste. „Wie ein Hund mit einem Knochen, genau so. Pass auf, ein letzter Versuch, den Traumprinzen zu finden, kann nicht schaden.“

„Es gibt keine Prinzen, nur Frösche.“

„Du bist ein harter Brocken, Madison Whitney.“

„Nein, ich kann einer alten Freundin nur nichts abschlagen.“

„Das heißt, du kommst mit?“

Madison nickte. Sie würde mitgehen, aber nur deshalb, weil es Barb so viel bedeutete. Spätestens am Montag würde sie all diesen Unsinn hinter sich lassen.

Der Eingriff würde stattfinden.

Und sie würde schwanger werden.

Sie würde ein Baby bekommen, es allein großziehen und ihm all ihre Liebe schenken.

2. KAPITEL

Als das Taxi vor dem eleganten Stadthaus auf der Sechzigsten Straße hielt, hatte Tariq es sich beinahe schon wieder anders überlegt.

Warum in aller Welt war er hierhergekommen? Er suchte nach einer Ehefrau, und wie groß war wohl die Chance, sie ausgerechnet bei einer Sommerparty in Manhattan zu finden?

Der Taxifahrer schaute ihn ungeduldig an. „Mister? Steigen Sie jetzt aus oder nicht?“

Nein, dachte er, aber jetzt bin ich hier. Ich kann ja ganz kurz vorbeischauen.

Als das Taxi davonfuhr und Tariq sich dem Hauseingang näherte, hörte er schon von Weitem überlaute Rockmusik.

Sein Finger schwebte über der Klingel, doch er zögerte erneut.

Es war noch nicht zu spät, seine Meinung zu ändern. Er konnte nach Hause fahren, seine Laufsachen anziehen und eine Runde durch den Central Park drehen. Dabei würde er vielleicht den Kopf frei bekommen, sodass er nicht länger über Pflichten und Verantwortung nachdenken musste und …

Die Tür wurde geöffnet.

Mindestens hundertzwanzig Dezibel eines Gitarrensolos schlugen ihm entgegen. Eine Brünette mit Zigarette in der einen Hand und Feuerzeug in der anderen legte den Kopf zurück und lächelte ihn erfreut an.

„Sieh mal einer an“, gurrte sie, „was für ein hübsches Paket, das ich da auf der Türschwelle entdecke!“

Sie selbst war ebenfalls hübsch anzuschauen, ganz besonders in dem durchsichtigen Kleid, das sie trug und das in Tariqs Heimatland als Nachtwäsche gegolten hätte, die nur für die Augen des Ehemannes bestimmt war. In hiesigen Kreisen entsprach es jedoch der allerneuesten Mode.

„Ist es nicht ein Glück für uns beide, dass ich mich genau in diesem Moment entschlossen habe, nach draußen zu gehen, um eine Zigarette zu rauchen?“, fragte sie kokett.

Ihr Lächeln, ihre Stimme … es war die Eröffnungssequenz eines Spiels, das er schon hundertmal gespielt hatte. Die Frau war schön, doch von ihrer Sorte würde es da drinnen noch mindestens ein weiteres Dutzend geben. Schöne Frauen, die sich ihm aufgrund seines Aussehens an den Hals warfen – es bestand kein Grund, den Bescheidenen zu mimen. Sein Aussehen war in erster Linie ein Geschenk der Natur, das aber nichts mit ihm zu tun hatte.

Und wenn diese Frauen herausfanden, wer er war, dass er einen Titel besaß und mehr Geld, als er selbst begreifen konnte …

Nein, dachte er, dafür bin ich heute Abend wirklich nicht in der Stimmung.

„Entschuldigung“, sagte er, „aber ich muss mich in der Adresse geirrt haben.“

„Unsinn“, erwiderte die Brünette und trat näher an ihn heran, sodass ihre Brüste seinen Arm streiften. „Sie sind genau richtig – aber wenn Ihnen das lieber wäre, können wir auch irgendwohin gehen, wo es ruhiger ist.“

Plötzlich empfand er die ganze Situation als geschmacklos. Tariqs Gesichtsausdruck verhärtete sich. Er schüttelte die Hand ab, die sie auf seinen Arm gelegt hatte, und trat zurück.

„Ich bin nicht interessiert“, erklärte er kalt. Daraufhin wurde sie rot, und er schimpfte sich bereits einen Mistkerl, aber …

„Euer Hoheit!“

Tariqs Kopf fuhr herum. Einer der jüngeren Partner seines Anwalts hatte ihn entdeckt und eilte auf ihn zu. Zur Hölle, dachte er grimmig, jetzt steckte er in der Falle.

Die Brünette erholte sich rasch von ihrem Schock. „Euer Hoheit?“, hauchte sie atemlos. „Heißt das, Sie sind ein König?“

„Das ist nur ein alter Scherz“, versetzte Tariq scharf, „und kein besonders guter. Das stimmt doch, nicht wahr, Edward?“

Der Anwalt wirkte verwirrt. Doch nach ein, zwei Sekunden grinste er zu Tariqs Erleichterung.

„Ein Scherz. Oh ja, absolut.“ Er streckte den Arm aus, so als wolle er Tariq auf die Schulter klopfen, doch dann schien er es sich im letzten Moment anders zu überlegen und machte stattdessen eine flüchtige Geste. „Kommen Sie … Sir. Ich besorge Ihnen einen Drink.“

„Hey“, protestierte die Brünette.

Tariq ignorierte sie und folgte dem Anwalt ins Haus. Was gar nicht so einfach war, denn die Räume waren vollgepackt mit Leuten. Schließlich fanden sie jedoch eine etwas ruhigere Ecke.

Der junge Anwalt räusperte sich. „Mr. Strickland – John – wird sehr erfreut sein, dass Sie hier sind. Lassen Sie mich ihn suchen und …“

„Das ist nicht nötig, Edward. Ich würde gern ein bisschen allein herumwandern. Mich etwas entspannen, Sie verstehen.“

„Ah, na klar. Sie möchten den Abend inkognito verbringen. Sicher. Was auch immer Sie wünschen, Euer Hoheit.“

Tariq dachte daran, den Mann zu ermahnen, ihn nicht mehr mit „Euer Hoheit“ anzusprechen, aber wozu das Ganze? Er würde fünf Minuten hierbleiben und dann verschwinden. Am Montag würde er seiner Assistentin auftragen, einen Strauß Blumen an John Strickland und seine Frau zu schicken, zusammen mit einer Karte, in der er ihnen für ihre Gastfreundschaft dankte und ihnen alles Gute in ihrem neuen Heim wünschte.

Also lächelte er nur, schüttelte Edward die Hand und beobachtete, wie der junge Mann in der Menge verschwand.

Ein Kellner kam mit einem Tablett Hors d’œuvres vorbei. Tariq schüttelte den Kopf. Ein weiterer Kellner, ein weiteres Tablett. Beim dritten Mal akzeptierte er etwas, nur damit er nicht wieder belästigt wurde. Es handelte sich um eine etwas merkwürdig riechende Blätterteigpastete, die er eine Weile in der Hand hielt, dann ging er jedoch auf einen kleinen Tisch zu und legte sie auf einem verwaisten Teller ab.

„Sind Sie allein?“

Die Stimme klang sanft und sehr verführerisch. Tariq drehte sich um und starrte eine Blondine an. Es geht schon wieder los, dachte er. Und dann hörte er auf zu denken. Zumindest auf logische Weise. Die Brünette war schön gewesen. Doch diese Frau war – Himmel, sie war umwerfend.

Ihr Haar hatte die Farbe von geschmolzenem Gold. Es fiel in weichen Locken bis auf ihren Rücken hinab und umschmeichelte das sanfte Oval ihres Gesichts. Sie hatte hohe, ausdrucksvolle Wangenknochen und sinnlich-volle Lippen. Ihre Augen waren dunkelbraun und schimmerten voller Intelligenz. Sie war groß und schlank; ihre Kurven wurden von einem schlichten schwarzen Seidenkleid betont, das sich wie eine zweite Haut um ihre hohen Brüste, die schmale Taille und die sanft gerundeten Hüften schmiegte.

„Ich habe gefragt, ob Sie allein sind?“

Dasselbe Spiel, doch ein anderer Eröffnungszug. Vielleicht brauchte er eine Pause von der Routine der letzten Wochen.

Vielleicht wurde es doch noch ein guter Abend …

Tariq lächelte und trat den einen Schritt auf sie zu, den es brauchte, um ihr ganz nah zu sein.

„Was passiert, wenn ich Ja sage?“

„Wenn Sie Ja sagen, retten Sie mein Leben.“

„Ich bin beeindruckt. So viel Drama bei einer ganz gewöhnlichen Party.“

Ein flüchtiges Lächeln spielte um ihre Lippen. „Also gut, Sie retten nicht mein Leben, aber Sie bewahren mich davor, unhöflich zu einem Frosch zu sein.“

„Zu einem Frosch?“

„Zu einem Mann. Er sieht nur aus wie ein Frosch. Ich verspreche Ihnen, dass es nur ein paar Minuten dauern wird. Reden Sie einfach nur mit mir. Lächeln Sie. Party-Small-Talk. Bitte!“

„Nun“, erwiderte Tariq vollkommen ernst, „wenn ich damit etwas für den Naturschutz tun kann …“

„Wunderbar. Vielen Dank.“ Sie schaute über seine Schulter. „Da ist er“, wisperte sie, dann schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln. „Oh“, sagte sie heiter und gerade laut genug, dass ihre Stimme zu dem anderen Mann hinübergetragen wurde, „das stimmt natürlich! Ich hätte es vermutlich anders ausgedrückt, aber …“ Sie brach mitten im Satz ab und verdrehte die Augen. „Er ist weg.“

„Das haben Frösche so an sich“, erklärte Tariq. „In der einen Sekunde sind sie noch da, in der nächsten – hopp – auch schon verschwunden.“

Sie lachte wunderbar weich und natürlich. Ihre Augen waren nicht einfach braun, erkannte er, sondern von der Farbe ganz dunkler Schokolade.

„Vielen Dank.“

„Gern geschehen.“ Er lächelte, streckte eine Hand aus und fuhr mit dem Finger ihren Wangenknochen entlang. „Wie ist Ihr Name?“

„Mein Name?“

„Ihr Name. Ihre Adresse. Ihre Telefonnummer.“ Seine Stimme wurde heiser. „Damit können wir anfangen, habiba.

„Sie meinen … Sie meinen, Sie glauben …“ Sie errötete leicht. „Sie haben mich missverstanden. Das war kein Annäherungsversuch. Wirklich, ich bin …“ Sie schaute an ihm vorbei. „Oh Darling“, flötete sie, „unbedingt, das würde ich unheimlich gerne tun!“

Tariq hob eine Augenbraue. „Der Frosch ist zurück?“

„Ja.“

„Wenn er Sie beleidigt hat, habiba …“

„Nein, nichts dergleichen. Ich wurde ihn nur nicht los. Und ich wollte ihm nicht offen sagen, dass er seine Zeit verschwendet.“

„Eine Frau mit Herz.“ Tariqs Stimme senkte sich zu einem suggestiven Flüstern. „Und was ist mit mir, habiba? Verschwende ich auch meine Zeit?“

Oh Gott, dachte Madison, vom Regen in die Traufe – nur dass dieser Mann sexy wie die Hölle war.

Ganz im Gegensatz zum Frosch.

Der hatte sie vor einer Stunde in Beschlag genommen und es geschafft, sie von Barb zu trennen – oder vielleicht hatte auch Barb dafür gesorgt, dass sie getrennt wurden. Wie auch immer es geschehen war, jedenfalls stand Madison plötzlich allein mit ihm in einer Ecke, während der Frosch ausschließlich über sich selbst redete. Über seinen Erfolg. Sein Geld. Sein Haus. Seine Fähigkeiten im Hightech-Bereich …

„Oh, ich habe gerade jemanden entdeckt, dem ich Hallo sagen möchte“, hatte Madison in ihrer Verzweiflung geflunkert und war dann sofort auf den einzigen Mann zugesteuert, der ganz allein zu sein schien.

Sie hatte nach einem Retter gesucht.

Stattdessen hatte sie einen Mann gefunden, der eine Frau niemals retten, sondern sie geradewegs zur Sünde verführen würde.

Er war umwerfend. Es gab kein anderes Wort, um ihn zu beschreiben. Groß, athletisch, dunkelhaarig und mit Augen, die so grau waren, dass sie beinahe silbern schimmerten. Er hatte breite Schultern, schmale Hüften und lange Beine. Ein ganz schwacher Akzent in seiner Aussprache verstärkte noch seinen Sex-Appeal.

Madison holte tief Luft und trat einen Schritt zurück. Zumindest versuchte sie es, aber der Raum war so überfüllt mit Leuten, dass es ihr nicht gelang.

„Hören Sie“, erklärte sie rasch, „was ich Ihnen eben sagen wollte, ist die Wahrheit. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, dass Sie mich falsch verstanden haben. Ich meine, genau genommen ist es mein Fehler, aber …“

„Sind wir uns schon mal begegnet?“

Sie hob eine Augenbraue. Eine derart abgedroschene Phrase von einem Mann wie ihm?

„Nein, sind wir nicht. Und ich wollte gerade sagen, dass …“

„Das müssen wir aber. Vielleicht bei einer Party?“

„Tut mir leid, ich habe diese Art Allerweltsgesicht.“

Sein Blick wanderte ganz langsam über ihre Züge, wobei er so lange auf ihre Lippen starrte, dass ihr Herz plötzlich zu rasen begann.

„Glauben Sie mir“, sagte er sanft, „das haben Sie nicht.“

Die Gäste um sie herum pressten sie enger zusammen. Madison spürte, wie ihre Brüste gegen seinen Oberkörper gedrückt wurden. Hitze erfasste sie.

Seine Reaktion war noch wesentlicher eindeutiger.

Sein Körper wurde hart.

Sie spürte die unverkennbare männliche Erregung … und war vollkommen schockiert, als sie dasselbe Verlangen in sich aufsteigen fühlte.

Rasch legte sie die Hände auf seine Brust, um ihn von sich zu schieben.

„Vielen Dank für Ihre Hilfe“, sagte sie betont fröhlich.

„Planen Sie die Flucht, habiba?

Seine Stimme war tief und weich, voller sexueller Versprechen. Nein, dachte sie heftig, nein, ich werde das nicht tun. Nicht jetzt, wo der Rest meines Lebens so wunderbar vor mir liegt.

„Ja, das tue ich“, erwiderte sie in demselben übertrieben heiteren Tonfall. „Er ist weg.“

Sein Lächeln war wundervoll – lasziv, sexy und vollkommen männlich. „Aber er wird zurückkommen.“

„Das glaube ich nicht.“

„Oh doch, das wird er, wenn er auch nur einen Tropfen Blut in seinen Adern hat. Kein Mann wäre dumm genug, Sie gehen zu lassen.“

„Hören Sie, ich will nicht … ich meine, Sie können nicht …“ Madisons Blick glitt an ihm vorbei. „Oh Himmel“, sagte sie unglücklich, „da kommt er schon wieder.“

„Kommen Sie.“

Der Mann griff nach ihrer Hand.

„Wohin?“

„Durch diese Türen da. Sehen Sie? Da ist eine Terrasse … oder wäre es Ihnen lieber, wenn der Frosch Sie fängt?“

Die Blondine zögerte, doch nur einen kurzen Moment. „Also gut“, sagte sie, worauf Tariq sie durch die Menschenmenge und die Flügeltüren hindurch auf die Terrasse zog.

Natürlich wusste er nur zu gut, dass er ihren lästigen Verfolger mit einem einzigen Blick losgeworden wäre, aber warum sollte er das tun, wenn er diese Frau stattdessen hierher bringen konnte, wo es ruhig und kühl war?

Er war nicht zu dieser Party gekommen, um einen schnellen One-Night-Stand zu suchen, doch er hatte ihr die Wahrheit gesagt – nur ein Mann ohne Blut in den Adern würde sie nicht begehren. In dieser Nacht würde sie ihm gehören. Ach, zur Hölle, das ganze Wochenende lang. Nichts und niemand würde ihn daran hindern!

Die Flügeltüren öffneten sich.

Der Frosch trat hinaus.

Er entdeckte sie, und ein Strahlen erhellte sein Gesicht.

„Da sind Sie ja“, rief er freudig. „Ich habe überall nach Ihnen gesucht. Ich habe Ihnen noch gar nicht zu Ende erzählt, wie ich dieses Haus in Miami gekauft habe …“

Tariq schaute die Blondine an. Sie biss sich auf die Lippe – gerade leicht genug, dass er sich wünschte, er wäre derjenige, den sie biss.

„Oh, verdammt noch mal“, wisperte sie.

Tariqs Blut geriet in Wallung.

„In der Tat“, raunte er sanft.

Im nächsten Moment hatte er sie in seine Arme gezogen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Was tun Sie da …?“ „Ich mache nur deutlich, wem Sie heute Nacht gehören“, entgegnete er leise, senkte den Kopf und küsste sie.

Sie keuchte. Ihr Seufzer drang an seine Lippen. Er stöhnte tief und zog sie noch enger an sich.

„Erwidern Sie meinen Kuss“, flüsterte Tariq.

Und sie gehorchte.

Ihre Lippen teilten sich, sodass er mit seiner Zunge tief in ihren süßen Mund eintauchen konnte. Es war wie Seide auf Seide, Hitze gegen Hitze. Alles um ihn herum verblasste – der Frosch war vergessen, die Party, sein Gastgeber; es existierte nur noch diese Frau in seinen Armen …

„Oh“, wisperte sie, und da wusste er, dass sie dasselbe empfand.

Sie ließ die Hände über seine Brust hinaufgleiten, umfasste seinen Nacken und schlang die Finger in sein volles, dichtes Haar. Sie schmiegte sich an ihn und presste ihre Brüste gegen seinen Oberkörper, umschmeichelte seine Sinne mit ihrem verführerischen weiblichen Duft.

Tariq vibrierte.

Die sexuelle Zurückhaltung, die er in den vergangenen zwei Monaten geübt hatte, fiel mit einem Schlag von ihm ab. Er vertiefte den Kuss, kostete sie, schmeckte sie, streichelte mit den Händen über ihren Rücken und umfasste ihren Po. Er hob sie hoch und presste seine harte Erektion gegen ihren Unterleib.

Irgendwie bewegten sie sich. Runter von der Terrasse, hinein in den Garten. Die Nacht umfing sie mit ihrer Dunkelheit und süßem Blumenduft.

Die Lichter der Party rückten immer weiter weg. Tariq spürte, wie er gegen etwas Hartes stieß. Die Mauer eines kleinen Gebäudes. Ein Sommerhaus, von Büschen versteckt und nur von einem sanften Licht erhellt.

Er zog die Frau hinein, und sie klammerte sich an ihn. Ihre Atmung war genauso abgehackt wie seine. Sie umfasste sein Gesicht mit den Händen, während sie sich ganz und gar seinem stürmischen Kuss hingab.

„Ich will dich“, stöhnte er heiser.

„Ja“, seufzte sie, „ja …“

Er küsste ihren Hals, legte eine Hand auf ihre Brust und streichelte mit dem Daumen über die zarte Knospe.

„Du bist so schön“, murmelte er, „so schön …“

Sie schob die Hand unter sein Jackett, dann unter das Hemd. Ihre Berührung raubte ihm beinahe den Verstand – wieder stöhnte er, griff nach dem Saum ihres Kleides und schob ihn über ihre Beine hoch. Seine Finger glitten zwischen ihre Schenkel.

Haut. Seidig und glatt. Ein Stück Spitze, das er zur Seite schob. Hitze. Heiße weibliche Tiefe …

Bei Ishtar, er stand kurz vor dem Höhepunkt!

Aber nicht auf diese Weise. Verdammt noch mal, nicht so. Er wollte in ihr sein. Wollte fühlen, wie sich ihre Weiblichkeit von allen Seiten um ihn schloss. Wie sie ihre Beine um seine Taille schlang …

„Nein!“

Ihr Aufschrei durchbrach die Stille des kleinen Sommerhauses. Tariq hob den Kopf und starrte sie mit glasigen Augen an.

„Verdammt noch mal, lassen Sie mich los!“

Sie schlug mit der Faust auf seine Schulter. Es reichte aus, um ihn halbwegs aus seiner Betäubung herauszuholen.

„Was?“, stammelte er. „Was?“

„Sie … Sie Bastard! Lassen Sie mich sofort los“, schrie sie. „Hören Sie mich? Sie sollen …“

„Ich habe gehört, was Sie gesagt haben.“ Seine Stimme klang kalt. „Ich bin sicher, dass ganz Manhattan es auch gehört hat.“

Er ließ sie los, trat einen Schritt zurück, doch das reichte nicht. Sie konnte noch immer seinen unregelmäßigen Atem hören, seinen männlichen Duft riechen. Oh, ja, er war ein Verführer. Von der schlimmsten Sorte. Gut aussehend. Arrogant. Reich. Er bewegte sich in den richtigen Kreisen.

Dieser Mann stellte alles dar, was sie verachtete, und dennoch hatte sie kurz davor gestanden, mit ihm zu schlafen. Kurz davor gestanden? Zur Hölle, sie war nur noch einen Kuss entfernt gewesen. Wie war das möglich?

Ein Schauer ging durch ihren Körper. „Sie haben mich ausgenutzt!“

Ich habe Sie ausgenutzt?“, wiederholte er ungläubig … und begann zu lachen.

Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst, doch sie war lediglich wütend, nicht wahnsinnig. „Sie finden das witzig?“, fragte sie stattdessen.

„Nein, aber ich sollte Ihnen vermutlich für diese kleine Episode danken. Ich suche etwas ganz Bestimmtes, und die Begegnung mit Ihnen hat mir klargemacht, dass es länger dauern wird, es zu finden.“

„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“

„Und dank Ihnen habe ich außerdem festgestellt, wie leicht es ist …“ Plötzlich hielt er inne und legte den Kopf zur Seite. „Natürlich“, sagte er sanft.

„Natürlich, was?“

„Ich habe gerade verstanden, weshalb Sie mir so bekannt vorkommen. Sie sind die Eisprinzessin von dieser Firma – wie heißt sie doch gleich? FutureTense?

FutureBorn“, korrigierte ihn Madison. „Was wissen Sie denn darüber?“

Sein kühles Lächeln verblasste. Sie konnte förmlich sehen, wie sein Gehirn auf Hochtouren arbeitete.

„Noch nicht so viel, wie ich bald wissen werde“, antwortete er einigermaßen kryptisch.

„Kennen Sie meinen Chef? Wenn Sie glauben, dass Sie mich feuern lassen können, dann …“

Er lachte und wandte sich ab.

„Das können Sie nicht“, rief Madison ihm hinterher. „Ich werde nämlich gar nicht lange genug dort sein.“

Tariq drehte sich nicht um. Was auch immer sie sagte, für ihn hatte es keine Bedeutung.

Der Frosch stand noch immer auf der Terrasse. Tariq warf ihm ein grimmiges Lächeln zu. „Die Lady gehört ganz Ihnen“, sagte er und betrat das Haus. Mit entschlossenen Schritten durchquerte er erst das Wohnzimmer, dann das Foyer und das Esszimmer, bis er seinen Anwalt fand.

Strickland stand mit einer kleinen Gruppe von Gästen zusammen, lachte und plauderte.

Tariq blieb wenige Schritte entfernt von ihm stehen. „Strickland?“

Der Anwalt schaute auf, erkannte Tariq und verstummte mitten im Satz.

„Euer Hoheit.“

Die anderen Gäste drehten sich zu ihm um und starrten ihn an. Tariq kannte diese Blicke – sie bestanden aus Ehrfurcht, Respekt und blankem Neid.

Normalerweise verabscheute er sie. Jetzt kamen sie ihm sehr gelegen.

Die Blondine hatte ihn an diesem Abend zum Narren gehalten, doch das würde kein anderer mehr wagen. „Ich brauche juristischen Rat.“ Der Anwalt blinzelte. „Jetzt?“ „Sofort.“ Tariq nahm sein Handy aus der Innentasche des Jacketts und rief seinen persönlichen Leibarzt an. „Dr. Miller“, sagte er mit der Autorität eines Mannes, der wusste, dass er um nichts bitten, sondern nur befehlen musste. „Ich bin im Haus meines Anwalts. Würden Sie mich dort bitte in einer halben Stunde treffen?“

„Sind Sie krank, Sir?“, murmelte Strickland, nachdem Tariq die Adresse genannt und das Telefonat beendet hatte.

„Können wir irgendwo ungestört reden?“

„Ja, natürlich.“

Der Anwalt führte ihn in die obere Etage, wo sie in einem elegant eingerichteten Arbeitszimmer Platz nahmen. „Nein“, sagte Tariq, sobald sich die Tür geschlossen hatte,

„ich bin nicht krank.“

„Worum geht es dann …?“

„Ich möchte sicherstellen, dass mein rechtmäßiger Nachfolger den Thron von Dubaac besteigt“, erklärte er brüsk, „in dem unwahrscheinlichen Fall, dass mir etwas zustößt, ehe ich eine passende Ehefrau gefunden habe. Ich habe meinen Arzt hergebeten, um die Details zu besprechen, und zwar möchte ich so schnell wie möglich eine Probe meines Spermas einfrieren lassen. Sehen Sie da irgendwelche legalen Schwierigkeiten?“

Der Anwalt lächelte. „Überhaupt keine, Euer Hoheit. Genau genommen habe ich schon häufiger ähnliche Situationen geregelt.“

„Gut“, erwiderte Tariq, und zum ersten Mal seit dem Tod seines Bruders seufzte er voller Erleichterung.

3. KAPITEL

Um Punkt neun Uhr am Montagmorgen verließ Tariq sein Penthouse auf der Fifth Avenue, fuhr im Fahrstuhl nach unten in die Lobby, lehnte das Angebot des Portiers ab, ihm ein Taxi zu rufen, und ging mit zügigen Schritten in südliche Richtung.

Es war ein strahlend heller Sommermorgen, doch er wäre auch zu Fuß gelaufen, wenn ein eiskalter Wintersturm getobt hätte.

Den Großteil der vergangenen Nacht hatte er auf seiner Terrasse verbracht und in die Dunkelheit des Central Parks gestarrt, während er sich einredete, dass das, was er an diesem Morgen tat, einer Verabredung mit dem Schicksal gleichkam.

Die lästige kleine Stimme in seinem Inneren beschrieb es wesentlich profaner.

Er konnte die Sache drehen und wenden, wie er wollte, schlussendlich würde er Sex mit einem Reagenzglas haben.

Den Samstag hatte er damit verbracht, fünfzig Seiten in reinstem Juristenkauderwelsch zu lesen, wie seine „Spende“ aufbewahrt würde und wie sie benutzt werden konnte.

Danach war ihm das Lesematerial ausgegangen.

Vielleicht hatte er deshalb Sonntagnacht diesen Traum gehabt.

Mit der Blondine. Madison Whitney. Der Traum war heiß gewesen, unglaublich erotisch und … verdammt ärgerlich. Er war ein erwachsener Mann, zum Teufel noch mal, kein sexuell ausgehungerter Teenager!

Das einzig Gute, was die Episode vom Freitagabend gebracht hatte, war die Erkenntnis, dass es als Prinz seine Pflicht war, eine Ehefrau zu finden und nicht ein schnelles Abenteuer. Dennoch zögerte er, als er vor der Tür zur Praxis seines Arztes stand. Stell dich nicht so an, schalt er sich innerlich, hob das Kinn, straffte die Schultern und klingelte.

Die ganze Prozedur ging in wenigen Minuten über die Bühne.

Tariq unterschrieb ein paar Papiere, trat mit einem Glasbehälter in der Hand in einen kleinen Raum und lehnte mit der arroganten Überheblichkeit eines Mannes, der sich seiner eigenen Sexualität sicher war, das Angebot eines Playboy Magazins ab …

Doch seine Fantasie ließ ihn im Stich. Rein gar nichts passierte, bis er die Augen schloss und sich an die Blondine erinnerte – an den Geschmack ihrer Lippen, den Duft und die Zartheit ihrer Haut …

Dann, erst dann gelang es ihm, das zu tun, wozu er hergekommen war.

Gott sei Dank konnte er danach die Erniedrigung dieses Morgens und den Zorn auf diese Frau hinter sich lassen.

Madison begann ihre Tage normalerweise in aller Ruhe.

Ihre automatische Kaffeemaschine war so programmiert, dass sie um sechs Uhr morgens ansprang, während ihr Wecker um fünf nach sechs klingelte. Spätestens eine Viertelstunde später stand sie in der Küche, frisch geduscht, angezogen und bereit für die erste Koffeindosis des Tages. Wieder zehn Minuten später hatte sie die Haare geföhnt, ein dezentes Make-up aufgelegt und die Wohnung verlassen.

Montagmorgen funktionierte nichts von alledem.

Der Kaffee war nicht gebrüht. Ihr Föhn gab den Geist auf, als sie ihn anstellen wollte. In ihrer Kommode fand sie keine frische Strumpfhose. Sogar die Wimperntusche streikte. Nachdem sie ein Auge geschminkt hatte, gab die Tube nichts mehr her.

Ihr Fehler. Alles.

Eigentlich hatte sie am Wochenende frischen Kaffee, einen neuen Föhn und Wimperntusche kaufen sowie ihre Wäsche waschen wollen …

Stattdessen hatte sie lauter Dinge getan, die nicht nötig waren.

Zum Beispiel hatte sie ihre komplette Wohnung so lange geputzt, bis auch das Gesundheitsamt sie für keimfrei befunden hätte. Abends saß sie vor dem Fernseher und schaute sich endlose Wiederholungen von Sex and the City an.

„Und weshalb?“, fragte sie ihr Spiegelbild am Montagmorgen im Bad.

Weil sie den Fremden, der sie beinahe verführt hätte, nicht aus dem Kopf bekam. Weil selbst die Erinnerung daran erniedrigend war.

Weil sie tief im Inneren wusste, dass es heuchlerisch gewesen war, ihm die Schuld an allem zu geben.

Er hatte sie nicht über seine Schulter geworfen und davongetragen.

Er hatte sie nicht unter einem Vorwand in das Sommerhaus gelockt.

Er hatte sie geküsst, das hatte er getan, und ihre Libido hatte den Rest besorgt – hatte sie in eine Frau verwandelt, die sie nicht kannte, die zuließ, dass ein Fremder Dinge mit ihr anstellte, die sie immer noch zum Erröten brachten …

Die immer noch Verlangen in ihr auslösten, wenn sie nur daran dachte.

Verdammt.

Es war völlig verrückt, dass ausgerechnet sie sich von der Sorte schmieriger Don Juan den Kopf verdrehen ließ, der im Leben ihrer Mutter aus- und eingegangen war.

Also gut, er hatte hervorragend ausgesehen, aber das taten alle Don Juans. Groß. Dunkel. Umwerfend. Dazu einen Touch Exotik.

Madison schnaubte verächtlich.

Vermutlich war er in Brooklyn geboren – warum verschwendete sie überhaupt ihre Zeit damit, an ihn zu denken?

Zur Hölle mit der Strumpfhose. Dem glatten, gezähmten Haar. Kaffee? An der Ecke lag ein Starbucks. Sie musste sich auf die Gegenwart konzentrieren, nicht auf die Vergangenheit.

Rasch zog sie sich an. Bequem. Weiße Bluse. Hellrosa Rock. Weiße Sandalen mit moderatem Absatz, keine Wimperntusche, weil sie keine mehr hatte, nur ein wenig Lipgloss und etwas Gel, um die Haare zu bändigen.

Der Montag hatte vielleicht nicht besonders gut begonnen, aber er würde brillant enden. Wenn alles vorbei und ihre Schwangerschaft bestätigt war, würde sie Barb die große Lektion erklären, die sie Freitagabend gelernt hatte.

Wenn man die Vorteile eines Mannes gegenüber einem Reagenzglas abwägen sollte, würde das Reagenzglas jederzeit gewinnen.

Es war schon erstaunlich, dass etwas, das er so sehr gefürchtet hatte, sein Gleichgewicht wiederherstellen würde.

Um sieben Uhr abends betrat Tariq das Foyer seines Penthouses, warf die Schlüssel auf den kleinen Marmortisch neben der Tür und schlüpfte aus dem Jackett.

Die ganze Prozedur am Morgen konnte er nur mit einem solchen Widerwillen erledigen, dass er schon beinahe nicht mehr wusste, warum er es überhaupt getan hatte.

Ja, er musste immer noch eine Ehefrau finden, aber jetzt konnte er dem Projekt die Zeit widmen, die es verdiente. Eine Heiratskandidatin auszuwählen war eben nicht dasselbe wie eine Begleitung für eine Party. Er musste die Sache gut planen, was ihm anfangs gar nicht klar gewesen war.

Tariq löste die Krawatte, während er die Stufen zu seinem Schlafzimmer hochstieg.

Er würde eine Liste mit Eigenschaften erstellen, die er bei einer Ehefrau suchte, und dann schauen, welche Frauen er kannte, die über solche Qualitäten verfügten.

Um ein Problem zu lösen, musste man eine Methodik entwickeln, die zur Lösung führte. Genauso verhielt es sich schließlich auch im Geschäftsleben. Warum hatte er nicht gleich daran gedacht, dass er auf dieselbe Art nach einer Ehefrau suchen musste?

Doch nicht an diesem Abend.

Tariq lächelte, während er seine Kleider ablegte.

An diesem Abend würde er sich eine Pause von seiner Ehefrauen-Suche gönnen. Eine Dusche. Ein Drink. Ein gutes Dinner.

Und eine Frau.

Er trat in die Glaskabine, drehte das Wasser auf und hielt sein Gesicht in den warmen Strahl. Ja, definitiv eine Frau. Er würde die Namen in seinem Blackberry durchforsten, einen Anruf tätigen …

Madison Whitney stand nicht in seinem Blackberry.

Tariq runzelte die Stirn, während er sein Haar einseifte.

Verdammt richtig, sie stand nicht drin. Welcher halbwegs vernünftige Mann würde sich auch mit einer Frau abgeben, die innerhalb von einer Sekunde von heiß auf kalt umschaltete?

Sie war eine Eisprinzessin … nur dass sie in seinen Armen vor Leidenschaft geglüht hatte. Als er von ihr träumte, hatte sie seine Küsse und Liebkosungen mit aller Hingabe erwidert, und heute Morgen, als er ihr Bild heraufbeschworen und sich vorgestellt hatte, wie er in sie eindrang, da schrie und keuchte sie, während er sie zum Höhepunkt brachte …

„Zur Hölle!“ Tariq drehte kaltes Wasser auf, zitterte unter dem eisigen Strahl, dann stellte er es ganz ab und trat aus der Kabine.

Verlor er jetzt völlig den Verstand, sich derart von einer Fantasie erregen zu lassen? Von einer Frau, die ihn beinahe an den Punkt geführt hatte, an dem es kein Zurück mehr gab?

Nein. Er war nur frustriert. Ein gesunder Mann, der zu lange auf Sex verzichtete, handelte sich eben Ärger ein …

Das Telefon klingelte, während er gerade den Reißverschluss seiner Hose zuzog. Sollte doch die Mailbox drangehen … Doch der Anrufer ließ es klingeln und klingeln und klingeln …

Tariq fluchte und griff nach dem Handy.

„Hallo“, bellte er, „es gibt besser einen guten Grund für …“

„Euer Hoheit!“

Sein Anwalt. Tariq seufzte. „Was gibt es, Strickland? Haben Sie weitere fünfzig Seiten für mich, die ich heute Morgen hätte unterschreiben sollen?“

„Das nicht, Euer … ich … mit … vor zwanzig Minuten … wusste das … und so …“ „Strickland, rufen Sie von Ihrem Handy aus an? Die Verbindung ist ständig unterbrochen.“ „… ja … Tunnel … habe gesprochen mit … keiner kann es erklären …“

„Verdammt, John, ich kann Sie nicht hören. Rufen Sie mich an, wenn Sie zu Hause sind. Oder noch besser, warten Sie bis morgen früh, und rufen Sie dann in meinem Büro …“

Plötzlich war die Verbindung einwandfrei.

„Mit Ihrer Probe ist etwas schiefgegangen“, sagte Strickland so klar und deutlich, als stünde er neben ihm. Tariq setzte sich aufs Bett. „Jetzt sagen Sie nicht, ich muss das Ganze noch mal machen.“

„Nein, Sir, darum geht es nicht. Das Problem hat nichts mit der Prozedur zu tun.“ „Womit dann?“ Eine Pause. War die Verbindung wieder unterbrochen?

Nein. Er konnte Strickland atmen hören.

„Nun reden Sie schon, Mann!“

„Ihre Probe wurde zum Labor von FutureBorn gebracht, genau wie vorgesehen, Sir.“

„Und?“

„Und an diesem Punkt hätte sie in die Aufbewahrung gehen sollen. Stattdessen wurde sie … sie wurde ausgeschickt.“

Ausgeschickt? Tariq sah ein lustiges kleines Bild vor sich, wie sich das Reagenzglas mit seinem Samen einen netten Abend in der Stadt machte. Lächerlich, nur dass es ihm plötzlich eiskalt den Rücken herunterlief.

„Wohin ausgeschickt?“, fragte er leise.

„In eine Arztpraxis.“

„Nun, dann holen Sie die Probe zurück!“

„Ich fürchte, das ist nicht möglich, Euer Hoheit. Sie wurde … sie wurde benutzt.“

„Benutzt?“

„Ja, Sir. Sie wurde … einer Empfängerin gegeben.“

„Sie meinen“, entgegnete Tariq ruhig, „Sie meinen, dass eine Frau mit meinem Samen geschwängert wurde?“ „Er wurde ihr eingepflanzt, Sir. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob sie wirklich …“

„Wie in aller Welt konnte so etwas passieren?“

„Ich weiß es nicht, Euer Hoheit.“

Tariq drehte sich der Kopf. Irgendwo in dieser riesigen Stadt war einer wildfremden Frau sein Samen eingepflanzt worden. Wenn sie schwanger wurde, wenn sie ein Kind zur Welt brachte …

„Wer ist die Frau?“

„Sir, bei allem Respekt …“

„Wer ist sie, Strickland?“

„Euer Hoheit, es geht hier um eine Frage der Privatsphäre. So lange ich keine weiteren Informationen …“

„Privatsphäre?“, donnerte Tariq und stand mit einem Ruck auf. „Irgendeine Frau, die ich noch nie gesehen habe, trägt meinen Samen in sich, und Sie machen sich Gedanken um ihre Privatsphäre? Sagen Sie mir, wer es ist, oder Sie werden es bereuen!“

Ein kurzes Zögern. Strickland räusperte sich.

„Ihr Name“, sagte er, „ihr Name ist Madison Whitney.“

Stille.

Tariq konnte es nicht fassen. Unmöglich. Strickland musste sich irren. Oder es gab noch eine andere Madison Whitney in New York.

Der Anwalt schloss diese Möglichkeit aus. Tariqs Sperma war, wie er es vorsichtig formulierte, „fehlgeleitet und benutzt“ worden. Benutzt von der Frau, deren Bild Tariqs „Spende“ überhaupt erst möglich gemacht hatte.

Die Ironie war so groß, dass man sie unmöglich übersehen konnte. Genauso wenig wie eine noch wesentlich beängstigendere Möglichkeit.

„Sie ist die Vizepräsidentin von FutureBorn“, erklärte er scharf.

„Ja, Euer Hoheit.“

„Vielleicht hat sie das absichtlich getan.“

„Euer Hoheit …“

„Wenn sie wusste, was ich vorhatte …“

„Es ist nicht besonders wahrscheinlich, dass sie …“

„Sie könnte gewusst haben, wer ich bin. Dass ich über einigen Wohlstand verfüge und …“

„Und was, Sir? Welchen Vorteil hätte sie davon? Selbst wenn sie schwanger wird – und das ist absolut nicht sicher – es ist doch ein wenig weit hergeholt, dass sie das alles eingefädelt haben soll, um an Ihr Geld zu kommen, wenn ich das so sagen darf. Außerdem scheint die Frau das Ganze schon seit Längerem geplant zu haben. Sie hatte bereits einen Spender ausgesucht.“

„Einen Mann, den sie kennt?“, fragte Tariq sofort, obwohl er nicht wusste, welche Rolle das spielen sollte.

„Sie hat sich für einen anonymen Spender entschieden, Sir.“

Tariq schloss die Augen, während Strickland weiterredete.

„Ich werde nachforschen, unter welchen Voraussetzungen wir klagen können, und …“

„Ist das Ihr Rat? Dass ich klagen soll und die ganze Welt über mich lacht?“

„Die Frau könnte klagen, selbst wenn Sie es nicht tun.“

Konnte dieser Albtraum noch schlimmer werden?

„Bislang hat ihr niemand von Ihrer Beteiligung erzählt. Sie ist vielleicht genauso wenig erfreut darüber wie Sie“, gab der Anwalt zu bedenken.

„Ich bin ein Prinz“, entrüstete sich Tariq daraufhin. Später sollte er diese Worte bereuen.

„Euer Hoheit, im Moment scheint es mir das Beste, erst mal gar nichts zu tun.“

„Und wenn die Frau schwanger wird? Glauben Sie wirklich, ich lasse mein Kind, einen Prinz von Dubaac, wie einen … einen Gassenjungen aufwachsen?“

„Das wohl kaum“, widersprach Strickland trocken. „Die Frau ist gebildet, sie hat eine sehr verantwortungsvolle Position, sie …“

„Von mir aus kann sie Mutter Teresa persönlich sein“, fauchte Tariq. „Das ist mir völlig egal!“ Er holte tief Luft und atmete langsam aus. „Also gut. Erst einmal tun Sie nichts. Stellen Sie sicher, dass keiner, der von der ganzen Geschichte weiß, etwas unternimmt. Ist das klar?“ Tariq sank wieder aufs Bett, die Hand über den Augen, sein cleverer Plan ein einziger Scherbenhaufen. „Wie lange wird es dauern, bis wir wissen, ob sie schwanger ist?“

„Ein Monat, Sir.“

Ein Monat. Vier Wochen. Vier endlose Wochen …

„Warten Sie den Monat ab“, ordnete Tariq an. „Und lassen Sie sie in der Zwischenzeit beobachten.“

„Sir?“

„Ich kenne die Frau flüchtig“, erwiderte Tariq kalt. „Ihre sexuellen Gewohnheiten lassen zu wünschen übrig. Wenn Sie in diesem Monat mit einem Mann schläft …“

„Natürlich, daran hätte ich denken sollen …“

„Das haben Sie aber nicht, sondern ich“, versetzte Tariq scharf. Er hielt kurz inne und rang um Beherrschung. „Warten Sie den Monat ab. Dann, wenn unser Handeln nötig werden sollte …“, er betonte jedes einzelne Wort, „dann werden Sie die Frau besuchen und ihr klarmachen, dass sie mein Kind ganz normal austragen, es gebären … und mir dann abtreten wird.“

4. KAPITEL

Dreißig Tage waren eine Ewigkeit, wenn ein Mann abwarten musste, ob mit seinem Samen eine wildfremde Frau geschwängert worden war.

Tariq vergrub sich in seine Arbeit. In etliche Meetings. Er ging mit einer Frau nach der anderen aus … nur um jede einzelne von ihnen unter verständnislosen Blicken auf der Türschwelle stehen zu lassen.

Er brachte Entschuldigungen vor. Er müsse am nächsten Tag früh raus oder nach Dubaac fliegen. Da wären noch ein paar Unterlagen, die er durchsehen müsse …

Einmal hatte er sogar Kopfschmerzen vorgetäuscht.

Erbärmlich.

Die Wahrheit war, dass er noch nie in seinem Leben so wenig Lust auf Sex verspürt hatte wie zu diesem Zeitpunkt.

Wenn er nachts schlaflos dalag, dann dachte er, dass es ihre Schuld war. Madison Whitney. Der hässliche Vorfall im Gartenhaus in Kombination mit dem Wissen, dass sie seinen Samen in sich trug …

Ihre Schuld, dass er keine Lust verspürte. Welchem Mann würde es anders gehen?

Doch sein Unterbewusstsein schien nichts davon zu wissen. Denn er hatte immer noch Träume, die ein erwachsener Mann nicht haben sollte, und in allen spielte eine gewisse Blondine eine prominente Rolle.

Auch das war ihre Schuld.

Dreißig Tage vergingen. Dann einunddreißig. Am zweiunddreißigsten Tag begann er aufzuatmen. Vielleicht war ja gar nichts passiert.

Am Abend erhielt er per Kurier einen Brief, der die Aufschrift „Persönlich“ trug. Tariq holte tief Luft, öffnete den Umschlag … und atmete keuchend aus.

Madison Whitney war schwanger.

Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätigt. Eine Fremde – eine Frau, die er allen Grund hatte zu verabscheuen – trug sein Kind in sich.

Rufen Sie mich an, wenn Sie so weit sind, schrieb Strickland in der beiliegenden Nachricht, dann können wir gemeinsam beschließen, wie wir die Frau von Ihrer Beteiligung in Kenntnis setzen wollen.

Seine Beteiligung. Tariq schnaubte verächtlich. Was für ein Wort, um dieses Desaster zu beschreiben!

Warum hatte sich Madison Whitney überhaupt ein Kind gewünscht? Sie war eine Frau ohne Ehemann, eine Frau mit glanzvoller Karriere, und dennoch hatte sie sich entschieden, ein Kind bekommen zu wollen. Was in aller Welt hatte sie dazu gebracht, dies auch noch ausgerechnet über künstliche Befruchtung zu tun?

Sie konnte doch bestimmt an jedem Finger zehn Liebhaber haben. Die Privatdetektive, die Strickland beauftragt hatte, konnten zwar keinen Mann in ihrem Leben finden, doch wenn sie so unbedingt schwanger werden wollte …

Tariq blickte erneut auf Stricklands Nachricht. Rufen Sie mich an, wenn Sie so weit sind.

Er war jetzt so weit, doch er würde nicht seinen Anwalt anrufen. Er hatte Fragen. Madison Whitney verfügte über die Antworten, doch er wollte nicht, dass sie durch Erklärungen seines Anwalts gefiltert wurden.

Tariq rief den Portier des Gebäudes an. Als er nach unten in die Lobby kam, wartete sein Porsche schon draußen vor der Tür.

Ihre Adresse war Teil des Laborberichts.

Es handelte sich um ein Hochhaus in einer nichtssagenden Straße der Upper East Side. Es gab zwar keinen Portier, aber die Lobby-Tür war verschlossen.

Tariq suchte die zahlreichen Namensschilder neben der Tür

ab. M. Whitney, Apt. 609.

Und nun? Im Film würde er jetzt klingeln und behaupten, er käme vom Lieferservice, aber das funktionierte um halb neun abends nicht mehr.

Himmel, was tat er hier eigentlich? Warum setzte er sich einer Situation aus, die sein Anwalt besser regeln konnte?

Er trat einen Schritt zurück – und genau in diesem Moment öffnete sich die Lobby-Tür. Eine Frau mittleren Alters, die einen kleinen Yorkshireterrier trug, kam heraus. Sie lächelte, doch der Hund bellte, während sie Tariq höflicherweise die Tür aufhielt.

Nun, warum nicht? Jetzt war er schon mal hier, da konnte er die Sache auch durchziehen. Also erwiderte er das Lächeln, bedankte sich, schritt durch die Lobby und nahm den Fahrstuhl in den sechsten Stock.

Warum musste alles zur selben Zeit passieren?

Murphys Gesetz, dachte Madison, als es genau in dem Moment an der Tür klingelte, als sie aus der Dusche trat.

Hatte Torino’s ihren Anruf nicht abgehört? Zuerst hatte sie eine Pizza geordert, sie dann aber wieder abbestellt. Allein bei dem Gedanken an all den überbackenen Käse wurde ihr schlecht.

„Sekunde!“, rief sie.

Okay. Dann würde sie wohl doch Pizza essen. Oder sie wegschmeißen. An einem derart wundervollen, magischen Tag würde sie sich nicht über den Fehler des italienischen Restaurants aufregen.

Es klingelte erneut.

Madison verdrehte die Augen, schlüpfte rasch in einen Bademantel, schob die nassen Haare aus dem Nacken und ging barfuß zur Tür hinüber.

„Okay“, sagte sie, während sie das Schloss öffnete, „ich habe Sie ja gehö…“

Der Rest des Satzes blieb ihr in der Kehle stecken.

„Guten Abend, Miss Whitney.“

Die Stimme klang genau so, wie sie sie in Erinnerung hatte. Tief. Rauchig. Und ja, definitiv mit einem leichten Akzent. Auch der große, muskulöse Körper war genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Athletisch, männlich, hart.

Und dieses Gesicht. Das Gesicht eines gefallenen Engels. Grausam. Gefährlich.

Unglaublich schön.

Madison reagierte ganz instinktiv, indem sie ihm die Tür vor der Nase zuschlagen wollte, doch er war schneller. Er streckte den Arm aus und stieß gegen die Tür, die auf diese Weise weit aufschwang.

„Ist das eine Art, einen Gast zu behandeln?“, fragte er sarkastisch.

„Treten Sie zurück oder ich schreie.“ Madison war stolz darauf, wie ruhig ihre Stimme klang.

„Ein Mann, ein alter Bekannter, schaut vorbei, und Sie wollen schreien?“ Er lachte spöttisch. „Nicht sehr gastfreundlich, habiba.“

„Wenn Sie glauben, dass Sie mir Angst machen können …“

„Angst machen? Oh, bitte, Miss Whitney. Ersparen Sie uns doch das Drama.“

Kein Drama. Er hatte recht. Offen und direkt. Das war die einzige Art, wie man mit diesem Mann fertig wurde.

„Was wollen Sie?“

Seine Belustigung verschwand. „Ich will mit Ihnen reden.“

„Es gibt nichts, worüber wir zu reden hätten.“

„Unglücklicherweise doch.“

Ohne auf ihren Protest zu achten, ging er einfach an ihr vorbei und betrat ihre Wohnung. Es war ein deutliches Zeichen, dass er tun würde, was er wollte, und sich nicht um ihre Wünsche scherte.

„Ich habe Sie nicht hereingebeten!“

„Nein, das haben Sie nicht. Aber was ich Ihnen zu sagen habe, möchte ich gern ungestört tun.“

Sein Blick glitt über sie. Unter seiner aufmerksamen Musterung errötete Madison. Mein Gott, sie trug rein gar nichts unter diesem dünnen Morgenmantel. Rasch verschränkte sie die Arme über der Brust.

„Verlassen Sie sofort meine Wohnung!“, forderte sie ihn auf.

„Glauben Sie mir, habiba, ich wünschte, ich könnte.“

„Hören Sie, Mister …“

„Euer Hoheit.“

„Wie bitte?“

Autor

Sandra Marton
Sandra Marton träumte schon immer davon, Autorin zu werden. Als junges Mädchen schrieb sie Gedichte, während ihres Literaturstudiums verfasste sie erste Kurzgeschichten. „Doch dann kam mir das Leben dazwischen“, erzählt sie. „Ich lernte diesen wundervollen Mann kennen. Wir heirateten, gründeten eine Familie und zogen aufs Land. Irgendwann begann ich, mich...
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