Der falsche Mann in meinem Bett?

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Nur ihrer Großmutter zuliebe trifft Gillian Nelson sich mit Ted Aston. Der sich als absoluter Traummann entpuppt und nicht, wie befürchtet, als fader Langweiler. Allerdings heißt er auch nicht Ted, sondern Ryan. Aber das findet Gillian erst am nächsten Morgen heraus …


  • Erscheinungstag 06.11.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754211
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Gillian Nelsons erstes Blind Date war so grauenhaft verlaufen, dass sie sich die nächsten zehn Jahre danach auf keines mehr eingelassen hatte.

Der Typ damals hatte mit jeder Frau außer ihr geflirtet, während er sich über das Büfett hergemacht hatte, für das letztendlich sie bezahlen musste. Sechzehn war sie damals gewesen, und wenn sie an diesem Abend nicht wegen einer Lebensmittelvergiftung in der Notaufnahme gelandet wäre, hätte sie die Sache inzwischen vielleicht sogar vergessen. Doch zu allem Übel musste sie sich auch noch vor den Augen eines gut aussehenden Assistenzarztes übergeben. Danach hatte sie sich geschworen, sich weder in diesem noch in einem anderen Leben je wieder auf ein Blind Date einzulassen.

Bis zu diesem Abend.

„Das wird eine Katastrophe“, murmelte Gillian vor sich hin, während sie auf den Eingang des exklusiven Restaurants zuging. „Jeder weiß das. Was will ich hier eigentlich?“

Eine dumme Frage, da sie doch die Antwort kannte. Sie und ihre beiden Schwestern hatten entscheiden müssen, wer von ihnen sich als Erste mit dem berüchtigten Ted Aston III. verabredete. Wie bei allen wichtigen Entscheidungen im Leben hatten sie auch diesmal geknobelt, und sie hatte wieder mal verloren. Deshalb war sie hier. Sie wählte meistens „Schere“, und leider wussten ihre Schwestern das.

Gillian betrat nun das überfüllte Foyer. Anscheinend waren Tische in diesem Restaurant genauso schwer zu bekommen wie Parkplätze in den umliegenden Straßen. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge der gut gekleideten Gäste, bis sie vor einer sehr jungen superschlanken Hostess stand.

„Ich bin mit Ted Aston verabredet“, sagte Gillian, und unterdrückte den Wunsch, dem Mädchen zu sagen, dass ein Sandwich von Zeit zu Zeit sie nicht umbringen würde.

Die Frau schaute in ihr Reservierungsbuch. „Mr. Aston ist bereits hier. Ich führe Sie an seinen Tisch.“

Gillian folgte ihr und bemühte sich, ihre normal breiten Hüften nicht mit denen vor ihr zu vergleichen, die praktisch nicht existierten. Dabei stellte sie fest, dass sie es weniger schlimm fand, sich minderwertig zu fühlen, als ein Treffen mit Ted Aston III. durchzustehen.

Wie konnte man nur mit einer Zahl hinter seinem Namen leben? Das erinnerte sie an Mr. Howell aus „Gilligans Insel“, einer Serie, die sie sich als Jugendliche gern im Fernsehen angeschaut hatte. Sofort erschien vor ihren Augen eine jüngere Version von Mr. Howell in gestreifter Hose und weißem Blazer, und sie musste ein Lachen unterdrücken.

Die Hostess blieb vor einem Tisch stehen und deutete auf jemanden, der ganz eindeutig nicht wie ein alternder, angeberischer Millionär aussah.

Ted Aston stand auf und lächelte. „Hallo, du musst Gillian sein.“

Beim Knobeln zu verlieren, war Gillian plötzlich noch nie so angenehm erschienen wie jetzt, wo sie bemerkte, dass der Mann sie überragte, obwohl sie Schuhe mit gefährlich hohen Absätzen trug. Ted sah ausgesprochen gut aus mit seinen dunklen Augen und dem Lächeln, das sie ein wenig an das Lächeln erinnerte, das der große, böse Wolf Rotkäppchen geschenkt haben musste.

Er wirkte weder dumm oder verzweifelt, und sie hatte nicht das Gefühl, er würde sie mit der Rechnung sitzen lassen.

„Hallo, Ted. Schön, dich kennenzulernen.“

Er zog einen Stuhl für sie heraus, eine höfliche Geste, die sie überraschte. Gillian betrachtete sein dunkles Haar, das kleine Grübchen auf seiner linken Wange und registrierte die dezente Krawatte, für die er vermutlich genauso viel ausgegeben hatte wie sie für die letzte Rate ihres Studiendarlehens auf den Tisch blättern musste.

„Die Situation ist ja ein bisschen peinlich“, erklärte sie munter, weil sie fand, dass es sinnlos war, um den heißen Brei herumzureden.

Ted zog die linke Braue hoch. „Nanu, kein Small Talk über das Wetter oder den Verkehr?“

„Sicher, wenn du möchtest. Das Wetter ist herrlich, aber was erwartest du, wir leben in Südkalifornien und nehmen es sozusagen als gegeben hin. Was den Verkehr angeht, der war okay. Und wie war dein Tag?“

Er lächelte erneut. „Du bist nicht das, was ich erwartet habe.“

Gillian konnte sich denken, was das war. „Ich bin also nicht zu jung, nicht mit zu viel Silikon ausgestattet und wirke nicht zu verzweifelt?“

Ted fühlte sich ertappt. „Schon wieder dieser Mangel an Höflichkeit. Was würde deine Mutter dazu sagen?“

„Trink nur ein Glas Wein, stell fest, ob er nett ist, und wenn du ihn magst, gib ihm deine Nummer.“

Nun musste Ted lachen. Es war ein angenehmes tiefes maskulines Lachen. Bisher war Gillian ziemlich nervös gewesen, doch das legte sich nun. Stattdessen verspürte sie ein verräterisches Kribbeln im Bauch.

Interessant. Vielleicht hätte sie dieser Sache mit dem Blind Date doch schon früher eine zweite Chance geben sollen.

„Das ist ein guter Ratschlag“, meinte Ted. „Ich glaube, ich mag deine Mutter.“

„Sie ist liebenswert.“

Der Kellner erschien, reichte ihnen die Speisekarte und fragte, was sie trinken wollten. Ted entschied sich für einen Scotch, während Gillian sich einen Wodka Tonic bestellte.

„Willst du den Rat deiner Mutter nicht befolgen?“, fragte er, als der Kellner wieder gegangen war.

„Ich bin viel zu erschöpft, um darüber nachzudenken. Es ist ein langer Tag gewesen.“

„Was machst du?“

„Ich arbeite in einer großen Kanzlei.“

„Du bist also Anwältin. Welches Spezialgebiet hast du? Menschenrechte?“

„Internationales Wirtschaftsrecht“, erwiderte sie. „Ich bin auf Verträge und Firmenbeteiligungen mit China spezialisiert.“

„Interessant.“

Es gefiel Gillian, wenn man sie unterschätzte, vor allem, wenn Männer es taten. „Es bot sich an, da ich fließend Mandarin spreche.“ Er ist gut, dachte sie anerkennend, da Ted sich offenbar rasch von seiner Verblüffung erholte.

„Beeindruckend.“

„Danke.“ Sie registrierte seine anerkennende Musterung.

„Okay, ich denke, wir sollten noch einmal von vorn beginnen.“

Nun musste Gillian lachen. „Warum? Es läuft doch gut.“

„Sicher. Für dich. Also, pass auf. Meine Tante Ruth hat mir erzählt, dass es da eine junge Dame gibt, die ich kennenlernen sollte. Mir wurden Zeit und Ort mitgeteilt, und hier bin ich. Ich hatte jemanden ganz anderes erwartet. Du bist eine nette Überraschung.“

Gillian betrachtete versonnen seine breiten Schultern. Entweder betrieb er regelmäßig Sport, oder er hatte gute Gene. Was auch immer, sie konnte mit beidem leben.

„Tust du immer das, was Tante Ruth sagt?“

„Meistens.“ Er zuckte mit den Schultern. „Sie ist eigentlich meine Großtante oder so. Aber sie ist gut zu mir, und ich mag sie. Sie bittet mich nicht um viel, wenn ihr also etwas wichtig ist, dann tue ich ihr den Gefallen. Dies hier war ihr wichtig.“

Entweder sagte er die Wahrheit, oder er hatte seinen Text sehr gut auswendig gelernt. Gillian hoffte, er war ehrlich.

„Du bist auch eine positive Überraschung“, gab sie zu und entschied, ihm vorerst einmal zu trauen. „Als ich hereinkam, habe ich einen Mr. Howell erwartet.“

„Aus ‚Gilligans Insel‘? Vielen Dank.“

Lachend fragte sie: „Wärst du lieber Gilligan gewesen?“

„Ich wäre lieber James Bond.“

„Du bist kein Brite.“

„An dem Akzent könnte ich arbeiten.“

Sie beugte sich zu ihm vor. „Sind es die technischen Spielereien oder die Frauen, die James Bond so anziehend machen?“

„Beides.“

„Du bist ehrlich.“

„Du klingst überrascht.“

Das war sie auch. „Ich kann mich anpassen“, erwiderte sie. „Okay, James-Ted, was ich von dir weiß, ist, dass du dich wie ein Geschäftsmann kleidest und dass du deine Tante Ruth magst. Ach ja, diese Sache mit der Zahl hinter deinem Namen sollten wir wohl lieber nicht weiter erörtern.“

„Was ist so schlimm an einer Zahl hinter dem Namen?“

„Nichts. Es ist okay. Ich muss dieses Kästchen immer auslassen, wenn ich mich auf Internetseiten registriere, aber du darfst eine große Drei eintragen.“

„Die Drei ist gar nicht so groß. Sie ist genauso groß wie alle anderen Zahlen. Sie wäre natürlich gern groß, aber unerfüllte Fantasien gehören nun mal zum Leben. Die Drei wird sich damit abfinden müssen.“

Der Mann ist absolut charmant, dachte Gilian gut gelaunt.

Der Kellner erschien mit ihren Drinks. Als er ging, hob Ted sein Glas.

„Auf die unerwartete Freude, eine kluge, lustige und schöne Frau kennengelernt zu haben“, sagte er.

Okay, das war ja auswendig gelernt, aber Gillian amüsierte sich genügend, um dieses Kompliment trotzdem anzunehmen.

„Danke.“ Sie stieß mit ihm an.

Aus Versehen streifte sie dabei seine Finger. Es war nur eine kurze, bedeutungslose Berührung. Aber Gillian war sich dieser Berührung merkwürdig bewusst. Ihre Schwester Wilma würde behaupten, dies sei ein Wink des Schicksals, auf den sie hören sollte. Und ihre Schwester Marina würde wissen wollen, ob Ted „der Richtige“ war.

„Und was machst du so?“, fragte sie.

Ted stellte sein Glas ab. „Ich bin Himmelsschreiber. Du weißt schon, diese furchtbaren Botschaften, die die Menschen einander am blauen Himmel hinterlassen. ‚Barney liebt Cathy‘, ‚John, bring Milch mit‘.“

Gillian nahm noch einen Schluck und wartete.

Ted seufzte. „Okay, das war ein Scherz. Ich bin Partner in einem Wirtschaftsunternehmen. Wir kaufen kleine Firmen auf, investieren Geld und Know-how und machen große Firmen aus ihnen. Dann verkaufen wir sie und verdienen dabei obszön viel Geld. Es ist widerlich. Ich sollte mich schämen.“

Gillian musste lachen. „Ich hätte gedacht, dass du die gemeinnützige Stiftung deiner Familie leitest.“

„Wir haben einen Vorstand, der sich darum kümmert. Ich baue lieber auf, als dass ich gebe.“

„Das klingt skrupellos.“

„Kann ich auch sein. Sehr. Die Leute neigen dazu, mich zu unterschätzen, wegen der Zahl hinter meinem Namen. Sie gehen davon aus, dass ich nutzlos bin. Bin ich aber nicht.“

Gillian glaubte ihm. Er war amüsant, einflussreich und attraktiv. Sie spürte, dass sie seine volle Aufmerksamkeit hatte, was sowohl aufregend als auch etwas beängstigend war.

„Aber dich unterschätzen die Leute auch“, fügte er hinzu.

„Woher weißt du das?“

„Weil ich es getan habe. Ich dachte, du würdest dich um Menschenrechte kümmern, als du sagtest, du arbeitest in einer internationalen Kanzlei.“

„Das tun Männer gern“, entgegnete sie. „Annehmen, dass Frauen sich eher für etwas interessieren, was mit Emotionen verbunden ist, als für knallharte Geschäfte.“

„Es passiert dir also öfter.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Ja, aber es macht mir nichts aus. Meine Karriere ist mir sehr wichtig, und die ersten Jahre in einer großen Anwaltskanzlei sind sehr hart. Da kann es manchmal sogar hilfreich sein, unterschätzt zu werden.“

Ihre Blicke trafen sich. Bis zu diesem Moment hatte Gillian ihren Drink und Teds Gesellschaft einfach nur genossen. Doch nun spürte sie plötzlich dieses gewisse Knistern zwischen ihnen, und ein Schauer durchrieselte sie. Sie hatte erwartet, Ted sei arrogant, und er hatte vermutlich gedacht, sie sei ein Dummerchen. Doch nun geriet ihr Vorsatz, erst nach dem zweiten Jahr in der Anwaltsfirma wieder an eine Beziehung zu denken, ins Wanken.

Es gefiel ihr, dass Ted einerseits schlagfertig und zynisch war und dass er andererseits auf das hörte, was seine alte Tante ihm sagte. Und sein Lächeln und das Interesse, das in seinen dunklen Augen aufflackerte, gefielen ihr auch. Zum ersten Mal seit langer Zeit wirkte ein Mann erregend auf sie, und sie verspürte ein angenehmes Ziehen zwischen ihren Schenkeln. Gut zu wissen, dass ihr Körper noch nicht völlig empfindungslos war.

„Erzähl mir von den Frauen in deinem Leben“, sagte sie.

Ted hätte sich fast an seinem Scotch verschluckt. „Ich habe keine Fotos mitgebracht.“

„Das ist schon in Ordnung. Ein kleiner Überblick genügt völlig. Auf die Lebensläufe verzichte ich diesmal.“

„Wie großzügig von dir.“ Er stellte sein Glas ab. „Da waren zum einen die Zwillinge.“

Gillian lächelte. „Du treibst es nicht mit Zwillingen. So leicht lasse ich mich nicht ins Bockshorn jagen.“

„Okay. Im Moment keine ernsthafte Beziehung.“ Ted räusperte sich. „Genau gesagt, gar keine Beziehung. Eine unangenehme Trennung im letzten Jahr. Keine Exfrauen, keine Exverlobten. Und du?“

„Ein Exverlobter. Im Moment niemand.“

„Was war mit dem Dummkopf?“

Gillian war zwar keine Expertin auf dem Gebiet des Flirtens, doch sie wusste, welche Themen man besser ausklammerte. Es war nicht nötig, ihre kleine, traurige Geschichte auszubreiten. „Es hat einfach nicht funktioniert.“

Der Kellner erschien und wollte wissen, ob sie Fragen zur Speisekarte hätten.

„Nein, dazu hätten wir erst einmal hineinschauen müssen“, erwiderte Ted und lächelte Gillian an. „Aber wir arbeiten daran.“

Gillian wartete, bis sie wieder allein waren. „Was soll das mit der Speisekarte? Du wirst sowieso ein fast rohes Steak und einen Salat bestellen. Nicht weil du unbedingt einen willst, aber weil man glauben würde, du wärst nicht gut erzogen, wenn du kein Gemüse isst.“

Er zog eine Braue hoch. „Und du würdest gern Steak essen, aber es gibt da diese Regel, die besagt, dass Frauen bei einer Verabredung nur eine Kleinigkeit essen, also wirst du Fisch bestellen, obwohl du ihn nicht besonders magst.“ Er nahm sein Glas. „Ich nehme das zurück. Du magst Fisch – aber nur als Filet und mit Pommes frites.“

„Ich mag Thunfisch“, erklärte Gillian leicht pikiert.

„Sachen aus der Dose zählen nicht.“

Sie lachte. „Okay, du hast gewonnen. Ich nehme das Steak und esse es sogar, aber du darfst mich nicht verpetzen.“

„Abgemacht. Und ich werde den verdammten Salat bestellen.“ Er beugte sich zu ihr über den Tisch und schaute sie eindringlich an. „Ich hatte erwartet, mich zu langweilen.“

„Ich auch. Außerdem dachte ich, dass ich mich dir moralisch und intellektuell überlegen fühlen würde.“

Er lachte schelmisch. „Die Sache mit der moralischen Überlegenheit kann ich akzeptieren.“

„Aber ich bin nicht klüger?“

„Ich bin ein ziemlich schlaues Bürschchen.“

Sie schwiegen, und es kam Gillian vor, als wäre die Temperatur im Raum plötzlich drastisch gestiegen.

Sie wollte nach ihrem Glas greifen, doch Ted nahm ihre Hand in seine. Seine Finger waren warm und kräftig. Als er über ihren Handrücken strich, kam es Gillian vor, als würden kleine Stromstöße sich von ihrem Arm aus auf ihren ganzen Körper ausbreiten. Sie verspürte eine angenehme Trägheit und kam sich auf einmal unheimlich feminin vor – eine Kombination, die für sie eher selten war. Normalerweise hatte sie die Dinge unter Kontrolle und wirkte auf andere eher einschüchternd.

„Ich habe eine technische Frage.“ Ted strich sanft mit dem Daumen über ihre Handfläche. „Es geht um meine Tante.“

„Ja?“

„Sie ist deine Großmutter.“

„So sagt man“, erwiderte Gillian und versuchte sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren, und nicht auf das Verlangen, das in ihr erwacht war. Sie wollte sich gern einreden, dass ihre Reaktion auf Ted eher damit zu tun hatte, dass sie seit über achtzehn Monaten kein privates Date mehr mit einem Mann gehabt hatte, und nicht mit dem, was er gerade tat. Doch es gelang ihr nicht.

„Wenn sie meine Großtante ist und deine Großmutter“, fuhr er fort. „Dann sind wir …“

Ah, okay. Jetzt verstand sie seine Sorge. „Nein, sind wir nicht. Sie war die zweite Frau deines Großonkels. Sie hatten keine gemeinsamen Kinder. Sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, als sie es uns erklärt hat. Hat sie es dir nicht erzählt?“

Ted zog seine Hand zurück und setzte sich auf. „Nein, das hat sie nicht.“

„Jetzt weißt du es.“ Ich schulde meiner Großmutter ein großes Dankeschön, dachte sie mit grimmigem Humor.

Ted stand auf und streckte Gillian eine Hand hin.

„Was hast du vor?“

„Ich möchte mit dir tanzen.“

Tanzen? Das hatte sie seit der Highschool nicht mehr getan, und selbst damals war sie keine besonders gute Tänzerin gewesen.

„Hier kann man nicht tanzen“, behauptete sie deshalb und blieb sitzen.

„Natürlich kann man das. Und jetzt, da ich weiß, dass wir nicht verwandt sind, werde ich es doppelt genießen können.“

Gillian war hin- und hergerissen zwischen der Angst, sich zum Narren zu machen und der aufregenden Aussicht, sich an Ted schmiegen zu können. Jetzt wo sie darauf achtete, hörte sie auch die leise Musik. Es klang nett, war aber nicht so verlockend wie der Mann, der vor ihr stand.

„Muss ich dich erst anflehen?“, fragte er.

„Würdest du es tun?“

Seine Mundwinkel zuckten. „Vielleicht.“

Sie stand auf, legte ihre Hand in seine, und Ted führte sie in einen Nebenraum, wo eine Drei-Mann-Combo spielte und sich einige Paare im Takt der Musik wiegten.

Ehe Gillian sich’s versah, zog Ted sie an sich und legte eine Hand auf ihre Taille. Sie waren sich nicht so nahe, dass ihre Brüste seinen Oberkörper berührten, doch es war nicht zu übersehen, wie muskulös er war, und sie verspürte das wilde und völlig unangebrachte Verlangen, sich ihm in die Arme zu werfen. Du warst zu lange ohne Mann, sagte sie sich.

„Du duftest gut“, murmelte Ted ihr ins Ohr.

„Das ist der Toner unseres Fotokopierers“, erwiderte sie. „Ich musste heute die Patrone auswechseln.“

„Kannst du nicht einmal ein Kompliment annehmen?“

„Okay, okay. Danke.“

„Das ist schon besser.“ Er lächelte sie an. „Du machst es einem nicht gerade leicht.“

„Dieses Kompliment kann ich schon eher akzeptieren.“

„Du bist gern schwierig?“

„Manchmal. Du nicht?“

Er zog sie fester an sich. „Manchmal.“

Gillian sah ihm in die Augen. „Du magst es nicht, wenn Leute dich in eine bestimmte Schublade stecken.“

„Du hast es getan.“

„Genau wie du mit mir. Wir sind quitt.“

„Wir sind mehr als quitt, Gillian. Wir sind …“

Atemlos wartete Gillian darauf, dass er den Satz beendete, doch stattdessen senkte er den Kopf und strich sanft mit seinen Lippen über ihren Mund. Der Kuss kam unerwartet, hatte jedoch einen unglaublichen Effekt. Gillian bekam Herzklopfen, und in ihren Brüsten spürte sie ein lustvolles Ziehen. Zu ihrem großen Bedauern vertiefte Ted den Kuss jedoch nicht.

Wir sind in der Öffentlichkeit, erinnerte sie sich. Er will mich bestimmt nicht in Verlegenheit bringen. Das sollte ich zu schätzen wissen. Und das werde ich auch … irgendwann.

Ted richtete sich wieder auf und räusperte sich. „Wir sollten wohl besser zurückgehen und etwas zu essen bestellen. Du weißt schon, uns verantwortungsbewusst benehmen.“

Eine Sekunde spielte Gillian mit dem Gedanken, nach der Alternative zu fragen. Was würde geschehen, wenn sie weitertanzten, sich weiterberührten und küssten? Sie hatte das sichere Gefühl, die Antwort auf diese Frage zu kennen.

Zu viel und zu schnell, dachte sie, als sie sich voneinander lösten. Sie war schon so lange nicht mehr verabredet gewesen, daher wäre es sinnvoll, es langsam angehen zu lassen. Aber dieser Mann führte sie heftig in Versuchung.

Ted behielt ihre Hand in seiner, als sie zusammen zurück zum Tisch gingen.

„Du hast mir noch gar nicht verraten, warum du hier bist“, meinte er, als sie wieder saßen. „Ich habe dir gesagt, dass Tante Ruth mich darum gebeten hat zu kommen. Wie lautet deine Entschuldigung?“

Er wusste es nicht? Das konnte interessant werden.

„Meine Mutter und meine Großmutter waren seit Jahren zerstritten. Ruth ist sozusagen erst vor wenigen Monten in unserem Leben aufgetaucht. Meine Schwestern und ich kannten sie nicht. Meine Mutter hat sie nicht nie erwähnt. Letzte Woche beim Essen sagte Ruth dann, dass sie einen Großneffen hätte, und schlug vor, eine von uns sollte mit ihm ausgehen.“

„Interessant.“

„Mehr als interessant. Sie bot uns … ach, es ist nicht so wichtig.“

„Natürlich ist es das.“

„Du wirst beleidigt sein.“

„Ich kann mit der Wahrheit umgehen“, versicherte er grinsend. „Was hat sie angeboten?“

„Geld.“

Ted starrte sie an. „Sie bezahlt dich dafür, dass du mit mir ausgehst?“

„Oh nein. Die Verabredung kostet sie gar nichts. Aber wenn ich dich heirate, dann bekomme ich eine Million Dollar. Und meine Schwestern und meine Mutter auch. Ein ziemlich ungewöhnliches Angebot, nicht?“

Ein Muskel zuckte in Teds Wange, aber ansonsten zeigte er keinerlei Regung. Gillian hatte keine Ahnung, was er dachte.

„Wir waren alle völlig überrascht“, fuhr sie fort. „Wir konnten uns nicht vorstellen, was mit dir ist, dass deine Tante so viel Geld bietet, damit dich jemand heiratet.“

„Was mit mir ist?“

„Ja.“

Sie genoss die ganze Sache, versuchte aber, es ihn nicht merken zu lassen.

„Wir entschieden, dass eine von uns zu der Verabredung geht, um herauszufinden, wie schrecklich du bist. Also haben wir geknobelt.“

Jetzt zuckte er doch zusammen. „Schere, Stein …“ Er räusperte sich. „Also hast du gewonnen.“

Gillian musste lächeln. „Oh nein, Ted, ich habe verloren.“

2. KAPITEL

Der Kellner kam, und Gillian bestellte und wartete dann, bis Ted seine Wünsche geäußert hatte. Er schaute kaum auf die Speisekarte, sondern hielt seinen Blick auf sie gerichtet.

„Du hast verloren?“, fragte er dann. „Mit anderen Worten, du hast nicht gewonnen?“

Sie gestattete sich ein kleines Lächeln. „Genau. Du kennst die Spielregeln. Der Verlierer muss die unangenehme Sache machen. In diesem Fall, mit dir ausgehen.“

„Du hast verloren?“

Er schien nicht begreifen zu können, dass die drei Schwestern nicht versessen darauf gewesen waren, seine Königin der Nacht zu werden. Ach, was sind Männer doch dumm, dachte Gillian belustigt.

„Wenn es dir hilft“, sagte sie und nippte an ihrem Drink. „Ich bin froh, dass ich verloren habe.“

„Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mich dein Geständnis berührt.“

„Du solltest es nicht so schwernehmen. Betrachte es doch mal aus unserer Perspektive. Deine Großtante, die dich dein Leben lang kennt, ist bereit, eine Frau zu bezahlen, damit sie dich heiratet. Wir sind davon ausgegangen, dass du mindestens einen Buckel hast oder irgendeine merkwürdige Krankheit, die dich zucken und zappeln lässt. So wie der Elefantenmensch.“

Ted erstickte fast an seinem Drink. „Ihr habt gedacht, ich sei der Elefantenmensch?“

„Es war eine Möglichkeit. Und trotzdem bin ich hergekommen.“

„Du hast verloren, deshalb gehst du gnädigerweise mit mir aus. Ich fasse es nicht, dass Ruth euch eine Million geboten hat.“

Gillian auch nicht, andererseits, jeder hatte merkwürdige Verwandte. „Nicht für die Verabredung. Aber ich habe eine ganz einfache Lösung für das Problem: Mach mir einfach keinen Heiratsantrag.“

Er lachte. „Du hast leicht reden, dann fehlt mir doch der Gesprächsstoff, wenn wir unser Dessert essen.“

Nun musste auch Gillian lachen. Ted war ganz anders, als sie erwartet hatte. Jeder, der eine Zahl hinter seinem Namen trug, musste spießig sein, doch das war er nicht. Sie mochte ihn.

„Du hättest dir auch für die Verabredung etwas zahlen lassen sollen“, meinte er. „Mindestens fünfzigtausend.“

„Ich weiß, aber daran habe ich gar nicht gedacht. Sollte Grandma es noch einmal erwähnen, verlange ich sofort einen Scheck.“

Er schaute ihr in die Augen. „Ich bin auch froh, dass du verloren hast.“

„Danke. Obwohl es vorauszusehen war. Ich nehme dummerweise immer wieder beim Knobeln die Schere, und meine Schwestern wissen das. Also wählt immer eine von ihnen den Stein.“

„Eine Interessante Methode, das Schicksal zu bestimmen.“

Gillian hob die Augenbrauen. „Schicksal? Willst du damit sagen, du bist mein Schicksal?“

Sie erwartete, dass er zusammenzuckte, doch Ted hob lediglich die Schultern. „Keiner von uns hat damit gerechnet, dass der Abend so gut verlaufen würde. Vielleicht hatte das Schicksal heute tatsächlich seine Hand im Spiel.“

„Bitte erspar mir das Gerede von Vorsehung und Ähnlichem. Meine Schwester Wilma erklärt uns ständig, dass jedem von uns ein Schicksal vorherbestimmt ist, dem man nicht entgehen kann. Sie ist total lieb, und ich mag sie wirklich sehr, aber manchmal könnte ich sie erwürgen. Dazu kommt noch, dass sie die merkwürdigsten Sachen isst … Sprossen und Tofu und solch ein Zeug.“ Gillian schüttelte sich.

Autor

Susan Mallery

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren Frauenromanen voll großer Gefühle und tiefgründigem Humor. Mallery lebt mit ihrem Ehemann und ihrem kleinen, aber unerschrockenen Zwergpudel in Seattle.

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