Die sinnlichen Küsse des stolzen Scheichs

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Eine Oase im Sonnenlicht, ein reich geschmücktes Wüstenzelt … und ein betörender Scheich, der Sophie so besitzergreifend in den Armen hält, dass sie wie verzaubert ist. Eigentlich träumt die junge Journalistin von einer Karriere - und nicht von einem Liebesmärchen! Doch was Sophie jetzt umgibt, hat nichts mit der Realität zu tun, in der sie gerade noch einem Skandal um die legendäre Chatsfield Dynastie auf der Spur war! Denn Zayn Al-Ahmar hat sie nicht nur entführt, mit seinem sinnlichen Kuss raubt er auch ihr Herz. Aber kann der Wüstenprinz ihr geben, wonach sie sich sehnt?


  • Erscheinungstag 05.07.2016
  • Bandnummer 2238
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706838
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Im Leben von Scheich Zayn Al-Ahmar gab es vieles, was er zutiefst bereute. Vorkommnisse von der Art, die ihn nachts überfielen und ihm die Luft zum Atmen abschnürten. Heimsuchungen, die ihn tagsüber weiter verfolgten und jede seiner Handlungen beeinflussten. Ständige Erinnerungen daran, warum er sein altes Ich hinter sich gelassen hatte und zu einem grundlegend anderen Menschen geworden war.

Doch ganz gleich, wie belastend die Erinnerungen waren, momentan gab es nur eines, was er bedauerte. Und zwar, dass er seine Hand nicht um James Chatsfields verdammte Kehle legen und zudrücken konnte, bis der miese Schuft sein wertloses Leben ausgehaucht hatte – in einer finsteren Gasse, hinter dem eigenen Familienhotel.

Stattdessen war Zayn gezwungen, sich zu beherrschen. Mit finsterer Miene umklammerte er das Revers von James’ Jackett und stieß den Mann brutal gegen die massive Backsteinmauer. Durchaus eine grobe Maßnahme, für Zayn bei Weitem nicht gewalttätig genug, um sich besser zu fühlen.

„Ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt weiß, was für eine Laus Ihnen über die Leber gelaufen ist, Al-Ahmar …“, murmelte James.

Angesichts der unbekümmert selbstbewussten Haltung des aalglatten Schönlings näherte sich Zayns Zorn dem Siedepunkt. Dazu kam noch der spöttisch amüsierte Ausdruck in den Augen! Beides kannte er nur zu gut.

Es war, als schaue er in einen Spiegel, der die Vergangenheit reflektierte.

Dazu kam, dass der miese Kerl etwas Unverzeihliches getan hatte und Zayn nicht auf alberne Spielchen stand. Schon gar nicht in einer dunklen Seitenstraße ohne Zeugen. „Ich glaube, Sie wissen sehr wohl, worum es geht, Chatsfield.“

Seit sechzehn Jahren kämpfte Zayn darum, seine Familie zu beschützen, den eigenen Ruf zu wahren und das Ansehen seines Landes. Und jetzt drohte dieser Schuft, all das zu zerstören. Er war eine Bedrohung für Surhaadi, für die Menschen dort und alles, was Zayn sich in seinem neuen Leben aufgebaut hatte.

„Sagen Sie jetzt nicht, es geht um Ihre Schwester …“

Mörderische Wut loderte in Zayn wie ein gewaltiges Feuer, und James’ Hinterkopf machte unsanft Bekanntschaft mit dem rauen Mauerwerk. „Um wen sonst? Sie haben sie entehrt – und damit auch mich, die gesamte königliche Familie und unser Volk!“

Trotz seiner bedrängten Lage zeigte James keine Spur von Furcht. Anstatt einzuknicken, wanderte nur eine arrogante Braue nach oben, und um den gut geschnittenen Mund zuckte ein spöttisches Lächeln. „Was für eine schwere Bürde, um sie so einem zarten Frauenkörper aufzulasten. Mir war nicht bewusst, dass die Integrität einer ganzen Nation von der Jungfräulichkeit Ihrer Schwester abhängt.“

Zayns Griff wurde noch fester. „Ein Mann, der nicht einen Funken Integrität besitzt, hat kein Recht, dieses Wort auch nur in den Mund zu nehmen“, knirschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Zumindest behandle ich keine Frau wie ein Besitztum“, kam es gelassen zurück.

Nein, das tut James Chatsfield sicher nicht! Sobald er eine Frau in seinem Bett hatte, interessierte sie ihn nicht mehr. Für ihn waren sie nur Kleiderpuppen, die man an- und ausziehen konnte, bis einen das Spiel langweilte und man sie in die Ecke warf.

Oder sie, wie im Fall seiner Schwester, für immer entehrt ihrem Schicksal überließ – mit einem Kind unter dem Herzen. Das jedoch würde James niemals erfahren, wenn es in Zayns Macht stand. Er hatte jedes Recht dazu verwirkt, genau wie das Recht, Leila je wieder zu berühren oder auch nur sehen zu dürfen …

„Mag sein, Chatsfield, aber Tatsache ist, dass Sie jemanden, der zu mir gehört, schlecht behandelt haben. Jedes einzelne Familienmitglied steht unter meinem ganz persönlichen Schutz. Sie können froh sein, nicht in meinem Land zu leben. Denn dort würde ich Sie für das, was Sie verbrochen haben, liquidieren.“

Mit einem Ruck und überraschender Kraft befreite sich James Chatsfield aus Zayns Griff. Offenbar steckte in ihm doch mehr, als Zayn dem oberflächlichen Playboy, den James brillant verkörperte, zutraute. „Ich werte das mal im biblischen Sinne als eine positive Eigenschaft, Al-Ahmar.“ Sorgsam richtete James sein maßgeschneidertes Jackett und schnippte ein imaginäres Staubkorn von seinem Revers. „Bedauerlicherweise habe ich weder Zeit noch Lust, mich auf diesen Auge-um-Auge-Unsinn einzulassen.“

Nichts hätte Zayn lieber getan, als ihm das überhebliche Lächeln mit der Faust aus dem Gesicht zu wischen. Doch er wollte es nicht riskieren, James misstrauisch zu machen. Keinesfalls sollte er sich fragen, ob seine Wut und sein Hass nicht auf etwas Gravierenderem beruhten als auf der simplen Verführung seiner Schwester.

„Sie werden der Presse gegenüber kein Wort über Ihre unglückliche Verbindung mit Leila verlauten lassen!“, grollte Zayn warnend.

„Warum sollte ich so etwas Absurdes tun?“, erwiderte James.

„Auch wenn meine Schwester für Sie nur eine Eroberung unter vielen bedeutet, bleibt die Tatsache bestehen, dass sie eine Prinzessin ist. Die verdammten Journalisten würden sich überschlagen, um die unselige Geschichte zur Titelstory zu machen.“

„Jetzt fühle ich mich aber wirklich von Ihnen auf den Schlips getreten, Al-Ahmar“, warf James ein. „In meinem Land gehöre ich nämlich selbst zur Aristokratie. Und wenn es um eine skandalträchtige Headline geht, brauche ich dafür nicht die Assistenz Ihrer Schwester.“

„Ich warne Sie, Chatsfield …“ Zayns Stimme war jetzt gefährlich leise und dabei hart wie Stahl. „Ein falsches Wort, und es geht Ihnen an den Kragen. Und das ist nicht metaphorisch gemeint.“

Der spöttische Zug um James’ Mund verschwand. Plötzlich wirkte sein anziehendes Gesicht wie aus Granit gemeißelt. „Oh, daran hege ich nicht den geringsten Zweifel.“ Erneut rückte er sein Jackett gerade, wandte sich um und verschwand in Richtung Hotel.

Zayn blieb in der dunklen Gasse zurück und fluchte. Er hasste dieses Gefühl der Hilflosigkeit. Es erinnerte ihn daran, dass er schon einmal versagt hatte, als es darum ging, seine andere Schwester zu beschützen.

Es begann zu regnen. Eine einsame Straßenlaterne mit schwachem gelbem Schein spendete das einzige Licht in der dunklen Gasse. Zayns Gedanken überschlugen sich, sein Puls raste. Wenn irgendetwas hiervon nach außen drang, wäre es das gefundene Fressen für die verdammte Pressemeute. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie Leila mit ihrer Schwangerschaft und der Neugier der Öffentlichkeit an allen Belangen der königlichen Familie umzugehen gedachte.

Erschwerend hinzu kam noch der Rummel um seine eigene bevorstehende Hochzeit, die das allgemeine Interesse nur noch mehr schürte!

Leila war auch so schon verwundbar genug in ihrem Zustand. Zusätzlichen Druck konnte sie wahrlich nicht gebrauchen. Und er würde alles tun, um seine Familie nicht noch einmal dieser grausamen öffentlichen Kritik und Verurteilung auszusetzen. Zayn war wild entschlossen, sie zu beschützen.

Ein klapperndes Geräusch im Hintergrund ließ ihn herumfahren. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er, die Dunkelheit zu durchdringen, und fluchte erneut. Die blecherne Mülltonne, die träge in den schwachen Lichtkegel rollte, konnte unmöglich von selbst umgestürzt sein.

Ich bin nicht allein in der Gasse hinter dem Chatsfield …

Was bedeutete, dass es einen oder mehrere Zeugen des brisanten Gesprächs zwischen James Chatsfield und ihm gab. Und das war absolut inakzeptabel!

Das Gefühl der Hilflosigkeit wurde von einem heißen Adrenalin-Flash weggefegt, der sein Blut wie glühende Lava durch die Adern jagte. Es war keine Furcht, sondern nur Wachsamkeit und nervöse Energie und ein willkommenes Ventil für seine mühsam im Zaum gehaltene Wut. Zayn spürte, wie sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte. Jetzt war er nicht mehr als ein primitives Raubtier, bereit zum Angriff.

Wieder schepperte es, dann erklang ein erschrockenes Quieken. Wie der Blitz schoss er zu der Stelle, griff zu und fühlte dichtes Haar und energischen Widerstand. Ein erneuter, weitaus hellerer Laut ließ ihn stutzen und seine Beute aus dem Dunkel ans Licht zerren.

„Wer sind Sie und was haben Sie hier verloren?“, fragte er barsch.

„Autsch!“

„Versuchen Sie nicht, sich mit irgendwelchen Verletzungen herauszureden!“ Im schwachen Schein der Laterne zeigte sich sein Spion ganz anders, als Zayn es erwartet hatte. Verblüfft musterte er die schlanke Blondine mit der zerzausten, honigfarbenen Haarfülle, in die er eben noch seine Finger gekrallt hatte. Sie trug ein schillerndes Paillettenkleid und eine ausgesprochen störrische Miene.

„Ich bin sogar außerordentlich verletzt …“, widersprach sie.

Zayn verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn Sie tatsächlich so empfindlich sind, sollten Sie sich besser nicht in dunklen Nebenstraßen herumdrücken, Lady“, empfahl er. „Das ist ziemlich gefährlich.“

„Scheint mir auch langsam so“, murmelte sie und bemühte sich, ihr derangiertes Outfit glatt zu streichen.

„Was haben Sie hier verloren?“, fragte Zayn misstrauisch.

„Ich bin James Chatsfield nach draußen gefolgt.“ Die Blondine richtete sich auf und warf mit einer selbstbewussten Geste das lange Haar über die Schultern zurück. Im Laternenschein schimmerte es wie flüssiges Gold.

Das ergab Sinn. Sie passte absolut in Chatsfields Beuteschema. Entweder war sie bereits eine seiner Gespielinnen oder hoffte womöglich darauf, aus dem, was sie gerade belauscht hatte, Kapital schlagen und so bei ihm landen zu können. Was für ein Desaster! Chatsfields Chance zur Rache in den Händen einer berechnenden Schlampe.

„Verstehe. Und wie viel haben Sie von unserer Diskussion mitbekommen?“

Ihre Augen weiteten sich unmerklich und nahmen einen wachsamen Ausdruck an. „Nichts, was mich interessieren könnte. Ehrlich gesagt, war ich derart gelangweilt, dass ich fast eingeschlafen wäre.“

„Netter Versuch.“ Zayn war mit seiner Geduld am Ende. Nach allem, was er bereits hatte durchmachen müssen, gefiel es ihm überhaupt nicht, sich im strömenden Regen mit einer erneuten Bedrohung für seine Familie konfrontiert zu sehen. Und ganz sicher würde er keiner blonden Sirene erlauben, sich ihm in den Weg zu stellen.

„Also, freiheraus gesagt bin ich Sympathisantin der Free-Food-Bewegung“, erklärte die Blondine plötzlich zu seiner Überraschung. „Unser Ziel ist es zu verhindern, dass verwertbare Lebensmittel einfach so im Müll landen. Sie glauben ja gar nicht, wie viele absolute Gourmetspeisen im Abfall dieses Luxushotels landen. Gerade fiel mir eine Foie Gras in die Hände, die absolut …“

„Sie haben doch gerade noch behauptet, James Chatsfield hierher gefolgt zu sein.“

Sein harscher Ton ließ sie zusammenzucken, aber nur kurz. „Ich dachte, er würde vielleicht auch wissen wollen, wo die Foie Gras …“

Jetzt reichte es Zayn endgültig. Mit festem Griff umfasste er ihren Arm und ließ auch nicht locker, als sie versuchte, sich zu befreien. „Hier draußen ist es viel zu kalt und ungemütlich“, erklärte er mit gepresster Stimme. „Warum setzen wir die Konversation nicht in meinem Wagen fort?“

„Oh, normalerweise liebend gern … Aber leider geht das nicht.“

„Und warum?“

„Weil ich prinzipiell nicht zu fremden Männern ins Auto steige.“

„Nach allem, was Sie von gerade belauscht haben, kann man uns wohl kaum als Fremde bezeichnen, oder?“, fragte Zayn zynisch und zog die Frau mit sich.

Was für eine absurde Situation! Für einen Sekundenbruchteil zweifelte er selbst an seinem Verstand und fragte sich, was zur Hölle er sich dabei dachte. Doch dann sah er wieder Leilas bleiches, angespanntes Gesicht vor sich, als sie ihm ihre Verfehlung gestanden hatte, und wusste, dass er das einzig Richtige tat.

Er schützte seine Familie. Da blieb kein Raum für Skrupel oder Schuldgefühle.

„Sorry, aber ich muss jetzt wirklich los!“, versuchte die Blondine noch einmal, sich aus der Klemme zu befreien. „Die Parkzeit für mein Fahrrad ist längst überschritten. Womöglich schneiden sie mir schon die Kette durch und …“

„Ich kaufe Ihnen ein neues Rad.“

„Nettes Angebot, doch dieses hat für mich einen besonders sentimentalen Wert.“

Abrupt blieb er stehen und musterte seine Begleitung finster. „Sie wollen mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass Sie bei dem Wetter und in dem Kleid mit dem Rad unterwegs sind.“

Ihr kleines, festes Kinn schoss stolz in die Höhe. „Nicht jeder kommt mit einem silbernen Löffel im Mund zur Welt.“

„Nein, in der Tat. Aber der in James Chatsfields arrogantem Mund ist Ihnen offensichtlich nicht entgangen.“

„Was wollen Sie damit sagen?“

Zayn schnalzte gereizt mit der Zunge, dirigierte die Blondine in Richtung der wartenden Limousine und riss die hintere Tür auf. „Dass Sie besser einsteigen, bevor ich endgültig die Geduld verliere.“

„Ich denke nicht daran!“

Sekundenlang maßen sie sich mit Blicken, seiner sengend, ihrer trotzig und defensiv.

„Mein Fehler …“, murmelte Zayn schließlich seidenweich. „Wie ich sehe, hat Sie mein bisher nachsichtiger Ton verwirrt, Miss. Das war keine Bitte oder Aufforderung, sondern ein Befehl.“ Dem er prompt Nachdruck verlieh, indem er die widerborstige Fremde kurzerhand auf das weiche Lederpolster drängte. Dabei kam er in unerwarteten Kontakt mit ihren herausfordernd weiblichen Kurven. Und da es schon lange zurücklag, dass er einer Frau derart nahe gekommen war, gab sich Zayn dem berauschenden Gefühl einen Herzschlagmoment willig hin, anstatt zurückzuzucken.

„Was … was machen Sie da?“, fauchte die Blondine. Sie versuchte, sich zu befreien, und drängte ihre runde Kehrseite dabei nur noch fester gegen seine spürbare Erregung.

Ja, was mache ich da eigentlich? fragte er sich selbst verwirrt, ohne die Kraft aufzubringen, das erotische Manöver abzubrechen.

Zayn fühlte sich wie entrückt. Was ihn aus der Bahn warf, waren unerwartete, heiße Situationen wie diese. Momente, in denen Lust und Verlangen ohne Vorwarnung überhandnahmen, ungeachtet des Ernstes der Lage. Momente, in denen er sich fragte, ob er sich wirklich verändert hatte. Oder ob er seit Jahren nur versuchte, seine Schwäche unter einem Berg guter Vorsätze zu verstecken. Schwer zu sagen, da derartige Erlebnisse mehr als rar waren, seitdem er den Fokus in seinem Leben auf andere Dinge richtete.

Doch egal, wie gut sich der weiche Frauenkörper in seinen Armen anfühlte … hier ging es allein um Leila – um ihre Ehre, ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen, sowohl physisch wie emotional.

Energisch schob er seinen unfreiwilligen Fahrgast weiter ins Wageninnere, rutschte selbst auf die luxuriöse Sitzbank und schloss die Tür hinter sich. Einen Moment befürchtete er schon, die Frau neben ihm hätte das Bewusstsein verloren, weil sie vollkommen reglos an seiner Schulter lehnte. Doch schon im nächsten Augenblick richtete sie sich wieder kerzengerade auf.

„Irgendwie nehme ich Ihnen nicht ab, dass Sie mich nur vor dem Regen beschützen wollen.“ Abrupt wandte sie sich ihm zu. „Versuchen Sie etwa, mich zu kidnappen?“

„Würde das nicht einen gewissen Vorsatz implizieren und ein Bedürfnis nach Lösegeld?“, fragte er zurück und schien sie damit zu verblüffen. „Wie Sie inzwischen sicher ahnen, leide auch ich keinen Mangel an silbernen Löffeln. Eine Entführung hätte nur dann Sinn gehabt, wenn ich von Ihrer Anwesenheit in der dunklen Gasse gewusst hätte.“

„Wenn Sie mich gegen meinen Willen hier festhalten, ist es trotzdem Kidnapping.“

„Bleiben Sie freiwillig, wenn ich Sie loslasse?“

„Nein.“ Sie zuckte zusammen, als sich die Limousine langsam in Bewegung setzte, ließ sich aber sonst nichts anmerken.

„Tja, dann ist es wahrscheinlich doch eine Entführung“, bestätigte Zayn trocken.

„Und damit haben wir ein Problem … beziehungsweise Sie.“

„Das da wäre?“

„Ich kann unheimlich laut schreien.“

„Das glaube ich sofort.“ Zayn hob die Hand und klopfte gegen die schwarz getönte Scheibe, die sie von der Fahrerkabine trennte. „Es würde Ihnen nur nichts bringen, da wir hier in einem absolut schallisolierten und kugelsicheren Kokon sitzen.“

„Was hat das kugelsicher zu bedeuten?“, fragte sie irritiert.

„Schussfestes Glas. Ich erwähne es nur für den Fall, dass Sie versuchen sollten, die Seitenscheiben einzuschlagen. Wäre doch schade, wenn Sie unnötig Ihren hübschen Ellenbogen malträtieren.“

„Mein Ellenbogen kann Ihnen doch egal sein, da Sie mir ohnehin Gewalt antun.“

„Davon ist überhaupt nicht die Rede.“

„Und wie nennen Sie es dann, wenn Sie mich gegen meinen Willen sonst wohin verschleppen?“

„Nicht sonst wohin …“ Sondern? Wenn ich das nur selbst wüsste!

Leider hatte Zayn nicht die leiseste Ahnung, wie viel diese nervtötende Frau tatsächlich gehört hatte. Ob sie seine Position kannte und wusste, worüber James Chatsfield und er geredet hatten. Solange das nicht geklärt war, wollte er keine unnötigen Fakten offenlegen.

„Sondern? Geben Sie mir doch einen Tipp“, forderte sie ihn heraus. „Vielleicht gefällt mir ja das Reiseziel.“

„Tut mir leid, aber das geht nicht.“

„Ha!“ Keine Frage, sie war verstimmt. „Ehrlich gesagt, habe ich keinen Schimmer, was das Ganze soll. Schließlich bin ich ein Niemand … oder nein, ganz im Gegenteil: Ich bin Jemand! Ich arbeite nämlich für eine sehr renommierte Zeitung, und wenn Sie mich nicht augenblicklich gehen lassen, werde ich …“

„Sie sind Journalistin?“, unterbrach er sie scharf.

Sein aufgeschreckter Ton ließ sie ihre Taktik augenblicklich ändern. „Oh ja, und sogar eine Art Starreporterin! Ebenso erfahren wie unerschrocken. Investigativer Journalismus, Sie verstehen?“

„Was hatten Sie wirklich in der dunklen Gasse verloren?“ Er musste es wissen. Denn wenn sie die Wahrheit sagte, konnte sie ihm noch weitaus gefährlicher werden als ein abgelegtes Betthäschen von James Chatsfield.

Allein die Vorstellung, dass diese Kanaille Leila vor aller Welt bloßstellen und damit quasi den Wölfen der gesamten Weltpresse zum Fraß vorwerfen könnte, bereitete ihm Übelkeit. Dass der Informant eine Frau war, würde die Verfehlung seiner kleinen Schwester – bei der man als Prinzessin ohnehin strengere Maßstäbe anlegte – in aller Augen noch viel schlimmer erscheinen lassen.

Das darf nicht geschehen!

Massive Bedrohungen erforderten ebenso radikale Mittel, um sie abzuwenden. In Zayns Adern floss das heiße Blut seiner Vorfahren, durchweg tapfere Wüstensöhne, denen Ehre und Familie alles bedeuteten. Wenn nötig, würde er diese Reporterin einfach mundtot machen, zumindest vorübergehend. Selbst, wenn er sie dazu nach Surhaadi verschleppen müsste.

Sein unfreiwilliger Fahrgast schien den Stimmungswechsel zu spüren und nach weiteren Finten und Tricks Ausschau zu halten, um sich aus der misslichen Lage zu befreien. Egal, was sie jetzt noch hervorbrachte, er würde ihr kein einziges Wort glauben.

„Also, ehrlich gesagt, habe ich mich an James’ Fersen geheftet, weil ich einer Sache auf der Spur bin, die seine Familie betrifft.“

„Wie ich annehme, handelt es sich dabei um etwas, was die Chatsfields nicht unbedingt öffentlich machen wollen?“, fragte Zayn lauernd.

„Tja, vermutlich nicht. Aber offenbar scheinen Sie ebenso wenig wie ich zur Fangemeinde von James Chatsfield und seiner Entourage zu gehören. Also dürfte Sie die aktuell aufpolierte Reputation der Hoteldynastie auch nicht gerade begeistern.“

„Was genau haben Sie im Visier?“

„Einen Skandal.“

„Natürlich, was denn sonst als investigative Journalistin?“, murmelte er zynisch und noch beunruhigter als zuvor. „Aber woraus schließen Sie, dass ich kein ausgesprochener Fan von James Chatsfield bin?“

„Wie sollten Sie, wenn ein Mann wie er sich an Ihre Schwester herangemacht hat?“

Zayn hatte das Gefühl, sein Blut sei plötzlich zu Eis gefroren. Egal, was noch kommen würde, eines war klar: Diese smarte Blondine, die er offenbar völlig unterschätzt hatte, wusste jetzt schon viel zu viel. Mit einer renommierten Zeitung im Rücken war sie so etwas wie eine tickende Zeitbombe, die unbedingt entschärft werden musste.

„Ja, in der Tat …“, murmelte er abwesend, während sein Hirn fieberhaft arbeitete. Dann beugte Zayn sich abrupt vor und drückte auf einen Knopf. „Wir fahren nicht zurück ins Hotel, sondern direkt zum Flughafen“, ordnete er seinem Chauffeur an.

2. KAPITEL

Es gehörte einiges dazu, um Sophie Parsons aus der Fassung zu bringen. Denn als eines dieser schüchternen Mauerblümchen hätte sie es unter Garantie nie bis dahin geschafft, wo sie heute stand.

Momentan fühlte sie sich allerdings extrem überfordert. Was angesichts der herrschenden Umstände wohl jeder nachvollziehen konnte. Immerhin hatte sie ein dunkler Fremder, der mindestens einen Kopf größer war als sie, in eine Limousine gezwungen, die offenbar auf direktem Weg den John F. Kennedy International Airport ansteuerte.

Sophie starrte aus der Seitenscheibe auf die vorbeifliegende Stadtkulisse, ohne wirklich etwas zu sehen.

„Die Türen sind verriegelt.“

Wie es aussah, war er nicht nur ein skrupelloser Kidnapper, sondern auch noch Gedankenleser. Obwohl er sich durch das Wort Kidnapper offensichtlich brüskiert fühlte. Aber das war ihr egal. Wenn hier jemand Grund hatte, brüskiert zu sein, dann doch wohl sie.

„Danke für die Info, aber ich würde nie auf den Gedanken kommen, mich aus einem fahrenden Wagen fallen zu lassen“, behauptete sie nicht ganz wahrheitsgetreu. „Obwohl ich nicht weiß, ob ich besser dran bin, wenn ich neben Ihnen sitzen bleibe und mich in mein Schicksal ergebe.“

„Von mir haben Sie nichts zu befürchten.“

Zum ersten Mal wandte sie sich ihm direkt zu. In der Gasse hinter dem Hotel war es zu dunkel gewesen, um seine Gesichtszüge genauer studieren zu können. Auch die gedimmte Beleuchtung in der Limousine erwies sich in dieser Hinsicht als nicht sehr hilfreich. Doch soweit Sophie es beurteilen konnte, war er außerordentlich attraktiv.

Was für eine abwegige Charakterisierung ihres Entführers! Aber in ihrem Job war eine ausgeprägte Beobachtungsgabe unerlässlich. Neben hohen, fein gemeißelten Wangenknochen zeichneten ihren Kidnapper eine feste Kinnlinie und ein gut geschnittener Mund aus, der einen gewissen Hang zur Melancholie verriet. Oder eher zur Grausamkeit?

„Was genau haben Sie eigentlich mit mir vor?“ Sie wollte es endlich wissen. Denn wenn er beabsichtigte, ihr etwas anzutun, musste sie allmählich anfangen, sich eine Art Waffe aus den Büroklammern und ihrem Kugelschreiber zu basteln, die in den Untiefen ihrer Handtasche lagen.

„Nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten.“

„So alltäglich diese Aktion Ihnen vielleicht erscheint, mache ich mir bereits seit einiger Zeit Sorgen darüber, was gerade mit mir geschieht“, gestand Sophie trocken. „Es sei denn, Sie interessieren sich rein theoretisch für Enthüllungsjournalismus und …“

„Weder fachlich noch persönlich!“, kam es schneidend zurück.

Nein, natürlich tut er das nicht. Allein schon deshalb, weil er offenbar selbst zu der Sorte Mensch gehört, die gewöhnlich zu den bevorzugten Opfern karrieresüchtiger Reporter zählt. Allerdings gefielen Sophie die möglichen Alternativen seines unverständlichen Interesses an ihrer Person noch viel weniger …

Verdammt! Dabei hatte sie doch nur ihrer Freundin Isabelle helfen wollen! Leider hatte sie außer Acht gelassen, dass der Versuch, einen Skandal im Umfeld der Chatsfield-Familie auszugraben, offenbar auch damit enden konnte, sich plötzlich in der Gewalt eines ebenso beunruhigenden wie attraktiven Fremden wiederzufinden. Und all das nur, um Spencer Chatsfield aus dem Dunstkreis ihrer Freundin zu vertreiben.

Sophie hatte gehofft, es würde reichen, sich an die Fersen von James Chatsfield, den sie als lohnendstes Opfer eingeschätzt hatte, zu heften, um zum gewünschten Ziel zu kommen.

Die Chatsfield Hotel-Dynastie kaprizierte sich nämlich aktuell auf eine feindliche Übernahme der Harrington Hotels. Wobei sich Spencer Chatsfield offenbar vorgenommen hatte, Isabelle Harringtons Leben gnadenlos zu ruinieren, als wenn er ihr in der Vergangenheit nicht bereits genug angetan hätte!

Deshalb hatte ihre Freundin sie gebeten, etwas Anrüchiges über ein Mitglied der berühmt-berüchtigten Hoteldynastie herauszufinden, um der geifernden Pressemeute einen Knochen vorzuwerfen, der zur Skandal-Headline taugte. Und während die Chatsfields um Schadensbegrenzung bemüht wären, hätte Isabelle Zeit und Gelegenheit, die notwendigen Bollwerke zu errichten, um den Harrington-Familienbetrieb zu schützen.

Autor

Maisey Yates
Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin.
Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen.

Von da an konnte nichts und niemand...
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