Ein Ring zum Fest der Liebe?

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Der Verlobungsring brennt in Lord Claremonts Hand! Einst wollte er ihn Sara anstecken - doch vorher verschwand sie spurlos. Ausgerechnet in der Weihnachtszeit treffen sie sich wieder und die Funken sprühen. Wird der Ring nun zum perfekten Geschenk?


  • Erscheinungstag 16.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728335
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Ladysmith Manor, Sussex, England

Dezember 1801

Sechs Jahre waren vergangen, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, doch versetzte sein Anblick ihr noch immer einen Stich ins Herz. Sie hätte ihn überall wiedererkannt.

Sara Blake faltete sittsam die Hände im Schoß, um zu verbergen, dass sie zitterten, und beugte sich näher an das hohe Fenster. Die Fensterscheibe beschlug von ihrem Atem, als sie hinuntersah auf die schneebedeckte Einfahrt. Ein schwarz gekleideter Gentleman stieg von seinem Wagen und ging auf das Haus zu. Sie erinnerte sich an ein anderes Weihnachtsfest, bei dem er nicht so ernst und düster ausgesehen hatte. Er war mit einem pfauenblauen Gehrock bekleidet gewesen, der seine Augen noch leuchtender erscheinen ließ, wenn sie gemeinsam lachten. Er war der bestaussehende Mann im Ballsaal des Generalgouverneurs gewesen.

Sechs Jahre. Wie sehr hatte sie ihn geliebt und ihm vertraut, so inbrünstig, wie nur eine Siebzehnjährige es kann. Er trug inzwischen die Haare kürzer, wie die Mode es vorschrieb. Doch als der Wind seine Frisur zerzauste, erinnerte sie sich daran, wie weich diese Locken sich angefühlt hatten, wie seidig sie sich an ihre Finger schmiegten, wenn er sie geküsst hatte.

„Sie wissen doch, wer das ist, nicht wahr, Miss Blake?“, fragte Clarissa Fordyce, eine verwöhnte Achtjährige, hochinteressiert. „Das ist der Gentleman, den Mama eigentlich gar nicht zu den Feiertagen einladen wollte, aber Albert bestand darauf.“

„Junge Gentlemen wie dein Bruder haben oft Freunde, mit denen ihre Mütter nicht einverstanden sind“, sagte Sara. Sie bemühte sich, ihre Stimme angemessen unbeteiligt klingen zu lassen, wie eine Gouvernante es immer tun sollte, obwohl ihr Herz viel zu schnell schlug, und die alten Ängste ihre Hände feucht werden ließen. „Man muss erst lernen, sich die richtigen Freunde auszusuchen, und das ist gar nicht so einfach.“

„Diese Wahl war überhaupt nicht klug“, erklärte Clarissa mit fester Stimme. Sie drückte ihre vom Marzipanessen klebrigen Finger an die Scheibe und beobachtete neugierig den Mann, der sicherlich der interessanteste Gast ihrer Mutter in dieser Woche war. „Albert hat gesagt, dass er von allen ‚Saphir-Lord‘ genannt wird und der böseste Teufelskerl von ganz Indien war.“

„Achte auf deine Ausdrucksweise, Clarissa“, meinte Sara tadelnd, aber ihre Wangen wurden warm bei ihren Erinnerungen an die aufregenden Zärtlichkeiten, die sie mit ihm getauscht hatte. Wieso wühlte sein Anblick sie nach all der Zeit noch so auf? „Eine Lady achtet nicht auf das, was alle anderen sagen. Ich bin sicher, der Gentleman hat einen richtigen Namen, mit dem du ihn anreden kannst.“

„Ja, Miss Blake“, antwortete Clarissa bereitwillig, aber offensichtlich ungerührt. Sie drückte sich noch näher an das Glas. Weit unten stieg der Gentleman gerade die breite Treppe hinauf, und der Reisemantel flatterte um seine breiten Schultern, als Albert Fordyce ihm entgegeneilte. „Sein richtiger Name ist Lord Revell Claremont, Miss Blake, und ich werde mich ihm gegenüber sehr respektvoll benehmen. Er ist Mamas Gast und sein Bruder ist ein Duke, außerdem würde Albert mich sonst schlagen. Aber Lord Revell sieht wirklich wie ein böser Teufelskerl aus, oder?“

Doch als Sara nach unten auf Revell Claremont blickte, sah sie viel mehr. Sie sah den Mann, den sie einst geliebt hatte – nicht nur von Herzen, sondern aus der Tiefe ihrer Seele heraus – aber sie sah auch ihre verlorene Unschuld und das Ende ihres märchenhaften Lebens in einem fernen Land. Sie sah Verrat und Herzeleid und den plötzlichen Verlust von allem, was ihr lieb und teuer gewesen war. Und einen Skandal, den sie für immer hinter sich lassen wollte, als sie ihren alten Namen und ihr früheres Leben in dem Land am anderen Ende der Welt für immer aufgegeben hatte. Nun würde ihre Vergangenheit und das schändliche Verbrechen ihres Vaters offenbar werden, ihre sofortige und unvermeidbare Entlassung aus diesem Haus würde folgen, und erneut stand ihr eine ungewisse Zukunft bevor. Revell Claremont hatte sie bereits einmal ihrem Schicksal überlassen, obwohl er behauptet hatte, sie zu lieben, und sie hatte absolut keinen Grund zu der Annahme, dass er sich jetzt anders verhalten würde.

Fröhliche Weihnachten, fürwahr.

Revell stand vor dem Kamin und streckte seine Hände den Flammen entgegen. Er gab vor, sich ausschließlich auf das Feuer zu konzentrieren, bis er den Diener aus dem Zimmer gehen und die Tür leise ins Schloss fallen hörte. Revell seufzte erleichtert und ließ die Schultern sinken, dann stöhnte er erschöpft. Hoffentlich kam Yates bald mit der bestellten Wanne zurück, und dann die Hausmädchen mit den dampfenden Krügen voll mit heißem Wasser aus der Küche.

Er war so verdammt müde – bis auf die Knochen und tief in die Seele. Wenn man so viel auf Reisen war, konnte einem das passieren, und Revell war seit über einem Jahr nie länger als drei Nächte an einem Ort geblieben. Rastlos wie ein vertrocknetes Blatt im Wind, so hatte sein älterer Bruder dieses unstete Leben beschrieben, und Revell musste ihm recht geben, denn es war nichts als die Wahrheit.

Andererseits – was wusste Brant schon von Rastlosigkeit, wenn er mit einem Brandy in der Hand gemütlich in seinem prächtigen Haus in London saß? Revell war derjenige, den sein Vater verwiesen hatte, ihn fallen gelassen hatte wie einen wertlosen, falschen Penny. Doch seitdem war Revell durch eigene Anstrengungen reich geworden und besaß jetzt ein Vermögen, das zu seinem Titel passte. Er war nun mächtig und einflussreich und wurde von jedermann respektiert. Als Kind hatten er und seine beiden Brüder sich geschworen, reich zu werden. Brant und George hatten es auch geschafft, und er hatte nie gehört, dass einer von beiden über sein Schicksal klagte. Doch Rastlosigkeit und Einsamkeit waren der Preis des Erfolges.

Revell schüttelte den Kopf, um nicht wieder in die alte Bitterkeit zu verfallen, und hielt die Hände noch dichter über das Feuer. Er war so lange fortgewesen, dass er vergessen hatte, wie kalt Sussex im Dezember sein konnte. Doch vielleicht war dieses Frösteln ja auch, genau wie die Müdigkeit, nur ein weiteres Anzeichen dafür, dass er alt wurde. Finster betrachtete er sich in dem Spiegel über dem Kaminsims. Erstaunlicherweise war sein dichtes schwarzes Haar aber noch nicht mit weißen Strähnen durchzogen, und auch seine scharfen blauen Augen waren noch nicht wässrig vom Alter, obwohl er im kommenden Monat immerhin schon achtundzwanzig wurde. Er schüttelte wieder den Kopf. Wie schnell doch die Zeit vergangen war.

Aus alter Gewohnheit griff er in die Innentasche seiner Weste und zog ein kleines Etui hervor. Das goldgeprägte Leder war etwas abgenutzt, weil er es schon so oft berührt hatte. Mit dem Daumen öffnete er den Deckel, und sofort glitzerten die Saphire im tanzenden Licht der Flammen. Leuchtendblaue Funken und Sterne funkelten, als er den goldenen Ring hin- und herdrehte. Seit sechs Jahren trug er diesen Verlobungsring immer bei sich, dicht an seinem Herzen, um immer an die eine Frau erinnert zu werden, die ihn hatte tragen sollen. Es war die einzige Frau, die er je lieben konnte und die daran schuld war, dass alle anderen Frauen ihm nichts bedeuteten.

Liebe. Leise fluchend klappte er die kleine Schachtel zu und schob sie wieder in die Tasche. Könnte er doch nur die Erinnerung an sie ebenso einfach wegstecken. Sie hatte ihn weiß Gott schnell genug vergessen, war aus Kalkutta ohne Erklärung oder Bedauern oder auch nur ein einziges Abschiedswort verschwunden.

Sechs Jahre, und doch konnte er sich jederzeit ihr perlendes Lachen ins Gedächtnis rufen, oder ihren sanften Blick und ihre rosa angehauchten Wangen, wenn sie ihn ansah. Und die Süße ihres Mundes, wenn er sie küsste.

Seine entzückende, geliebte Sara …

Sechs Jahre, verflucht. Er wurde langsam alt und sentimental und fing schon an, sich vor dem Alleinsein zu fürchten. Darum hatte er Albert Fordyces Einladung nach Ladysmith angenommen. Sie waren zusammen zur Schule gegangen, aber Revell hatte Albert seit Jahren nicht mehr gesehen, als sie sich durch einen puren Zufall letzte Woche in der Drury Lane begegnet waren. Die Aussicht auf Weihnachtsgans, Rumpunsch und mit Stechpalme geschmückte Türen, einen lodernden Weihnachtsklotz im Kamin und den Maskenball hatte Revell hierher gelockt. Zwei Wochen lang würde er schweres Essen zu sich nehmen, quietschende Geigenmusik ertragen und an langweiligen geselligen Veranstaltungen teilnehmen, bei denen er sich mit rotgesichtigen Landedelmännern und ihren molligen Ladies abgeben musste.

Aber nichts davon würde ihm helfen, Sara zu vergessen, gar nichts.

Fröhliche Weihnachten, fürwahr.

Bestimmt zum tausendsten Male schaute Sara auf die große, weihnachtlich geschmückte Standuhr in der Ecke des Salons. Nur noch fünf Minuten, dann war es sieben Uhr, und Lady Fordyce würde ihre Gäste zum Essen in das Speisezimmer führen. Sara und Clarissa hingegen würden sich auf den Weg nach oben zum Kinderzimmer machen, um dort ihr etwas bescheideneres Mahl einzunehmen.

Nur noch vier Minuten. Würde das Glück endlich einmal auf ihrer Seite sein? Unruhig strich Sara die Rüschen an ihrem Ärmel glatt. Wenn Revell eine Einladung wie alle anderen Gäste erhalten hatte, würde er bis Twelfth Night, also dem Dreikönigstag, in Ladysmith bleiben. Irgendwann mussten sich ihre Wege kreuzen, das war in einem Haus dieser Größe unvermeidbar, aber diese Begegnung wollte sie möglichst lange aufschieben. Freilich war es äußerst unhöflich von Revell, dass er an seinem ersten Abend die Gastgeberin nicht vor dem Dinner im Salon begrüßte, aber für Sara bedeutete es einen weiteren Tag, an dem sie ihr Geheimnis noch bewahren konnte.

Drei Minuten. Es gab natürlich die kleine Chance, dass Revell sie nicht erkennen würde. Sara wusste, dass sie sich ziemlich stark verändert hatte, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. Die Spuren der Sorgen in ihrem Gesicht waren unverkennbar, und ihre schlichte, zweckmäßige Kleidung war nicht besonders schmeichelnd. Außerdem war sie als Clarissas Gouvernante nichts weiter als eine Bedienstete der Familie und als solche so gut wie unsichtbar. Sie hatte die letzte halbe Stunde am Fenster neben Clarissa gestanden, während das Kind von den Gästen gehätschelt und verwöhnt worden war, aber sie bezweifelte, dass irgendeine der elegant gekleideten Damen oder irgendeiner der ansehnlichen, freundlichen Gentlemen sie überhaupt wahrgenommen hatten. Sie betete, dass Revell es ihnen gleichtat.

„Miss Blake“, sagte Lady Fordyce und trat auf Sara zu. Sie war eine große attraktive Frau, freundlich und gutherzig, und behandelte ihre beiden Kinder mit der gleichen liebevollen Zuneigung, die ihr Gatte ihr zukommen ließ. „Ich glaube, es ist an der Zeit für Clarissa, sich nach oben zurückzuziehen.“

„Ja, Mylady“, sagte Sara erleichtert und knickste. Sie konnte zwei Minuten früher entkommen. „Clarissa fand die Ferien bisher sehr aufregend.“

„Das liegt wohl eher an ihrem Bruder als an den Ferien“, meinte Lady Fordyce und rümpfte verärgert die Nase, als sie ihren Kindern zusah. Clarissa ritt gerade begeistert auf den Schultern ihres Bruders und sang aus voller Kehle Weihnachtslieder, wobei sie ihre Arme auf und ab bewegte wie ein Dirigent und nicht wie eine junge Lady.

„Albert“, rief Lady Fordyce mit strenger Stimme. „Albert! Bitte lasse deine Schwester auf der Stelle herunter, damit Miss Blake sie nach oben bringen kann.“

„Nein, Mama!“, jammerte Clarissa, als Albert sie folgsam auf dem Teppich abstellte. „Es ist noch nicht spät … bitte!“

„Es tut mir leid, Clarissa, aber es ist wirklich spät“, sagte Sara mitfühlend und nahm das Kind an die Hand. „Komm jetzt, gib deiner Mama einen Gutenachtkuss.“

Clarissa machte ein trauriges Gesicht und schaute mitleidheischend in die Runde der erwachsenen Gesichter rings um sie herum. Momentan war sie das einzige Kind im Haus, und sie benahm sich entsprechend wie eine kleine Königin inmitten ihres Hofstaates. Aber selbst Königinnen können verbannt werden, und aus leidvoller Erfahrung wusste Clarissa, dass von ihrer Mutter keine Begnadigung zu erwarten war, wenn das Dinner serviert wurde.

„Ich will auch einen Kuss, Clary“, sagte Albert, herzlich wie immer. Er war zwar noch keine dreißig Jahre alt, aber er entwickelte sich bereits zu einem aufrechten englischen Country-Gentleman, der seine Hunde und Pferde den in Leder gebundenen Büchern in der Bibliothek seines Vaters vorzog. „Wer ist mein kleiner Liebling, hm? Wer ist meine süße Lieblingsschwester?“

„Doch nur, weil ich deine einzige Schwester bin, Albert“, entgegnete Clarissa, aber sie küsste ihn trotzdem auf die Wange. „Und das weißt du auch ganz genau.“

„Deine Schwester, Fordyce?“, sagte in diesem Moment eine tiefe, sonore Stimme, von der Sara angenommen hatte, sie nie wieder zu hören. „Wie kann so eine charmante kleine Elfe deine Schwester sein?“

Unwillkürlich drehte Sara den Kopf zu ihm, das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie wäre am liebsten sofort weggelaufen. Revell stand so nahe bei ihr, dass sie die kleine, halbmondförmige Narbe hell im Schatten der glattrasierten Wange leuchten sah.

Wenn er sich morgens im Spiegel betrachtete, erinnerte er sich dann an die Nacht, in der er die Narbe erhalten hatte? Wie er sich damals verletzt hatte, als er über die hohe Mauer gestiegen war, die die große weiße Villa ihres Vaters auf der Chowringhee Road umgab? Dachte er noch daran, wie oft er sie besucht hatte … nein, bei ihr geblieben war, und sie die ganze herrliche Nacht lang geliebt hatte? Erinnerte jede Berührung der Narbe ihn heute noch an sie? Daran, wie er über die raue Mauer und durch die dichten Bäume und Schlingpflanzen zu der Bank aus Teakholz geschlichen war, wo sie auf ihn wartete – dort in der samtenen Schwüle der schwarzen, indischen Nacht?

„Kleine Miss“, fuhr Revell fort. Er übersah Sara und verbeugte sich vor Clarissa. „Es ist mir eine Ehre.“

Fasziniert löste das Mädchen seine Hand aus Saras und trat vor. Kokett breitete es seine Röcke aus und knickste vor dem neuen Verehrer. Alle Umstehenden verstummten und beobachteten begeistert das interessante Schauspiel. Schon früher am Abend hatte sich das Gerücht unter den Gästen verbreitet, dass der bekannte – einige meinten berüchtigte – Lord Revell Claremont zu der Party gekommen war, und einige von ihnen konnten jetzt zum ersten Mal einen Blick auf ihn werfen.

Er enttäuschte sie nicht. Wenngleich er Clarissa mit einem warmen Lächeln ansah, gab sein Blick keine Emotion preis, und obwohl er ruhig dastand, strahlte er die Ruhelosigkeit und Anmut eines wilden Tigers aus, die er kaum unter seinem schwarzen Abendanzug und dem weißen, holländischen Leinenhemd verbergen konnte.

Etwas später hörte Sara das Getuschel der anderen Gäste mit an. Die Frauen bewunderten seine beeindruckend breiten Schultern und die faszinierende Aura von Gefahr, die ihn umgab. Sie gehörte so selbstverständlich zu ihm wie seine Weste und der unerhört große Cabochon-Saphir – mindestens so groß wie ein Taubenei! –, den er in einem Ring an seiner rechten Hand trug. Die Gentlemen hingegen kommentierten die tiefen Furchen, die sich um seine kalten blauen Augen eingegraben hatten, und seinen erbarmungslos aussehenden Mund. Man war sich einig, dass er zu lange in einem heidnischen Land wie Indien gelebt hatte, und dass sie niemals Ärger mit so einem kaltherzigen Bastard wie Claremont haben wollten.

Doch Sara sah nur, dass alle Sanftheit aus Revells Gesicht verschwunden und durch Härte ersetzt worden war, sodass sie sich fragte, ob er jemals lachte, und ob er überhaupt noch lachen konnte.

Lady Fordyce trat in einer gleitenden Bewegung auf ihn zu und legte beschützend eine Hand auf die Schulter ihrer Tochter, während sie Revell die andere entgegenstreckte. Sara verstand sofort die unausgesprochene Botschaft, die sich in dieser Haltung ausdrückte. Lady Fordyce nahm ihre Position und Verantwortung als einflussreiche Gastgeberin der Grafschaft sehr ernst, und Revell hatte bereits einen schweren Fehler begangen, indem er zu spät im Salon aufgetaucht war.

„Sie sind Lord Revell Claremont, nicht wahr?“, sagte Lady Fordyce.

Revell nickte und hob ihre Hand zu seinen Lippen, um die Luft darüber zu küssen. „Das bin ich, Mylady.“

„Dann begleiten Sie doch sicher gern Lady Lawrence zu Tisch, Mylord“, sagte Lady Fordyce und zog demonstrativ ihre Hand zurück. „Ihre Anwesenheit bei uns ehrt uns, Mylord, aber ich möchte meine Gäste nicht warten lassen … und auch nicht die Köchin.“

Er verneigte sich ein zweites Mal und wandte sich Lady Lawrence zu, einer ältlichen Witwe in violetter Seide, die offensichtlich erschrocken und begeistert zugleich war, ihn als Tischherr beim Dinner zu haben. Die übrigen Gäste folgten der Rangordnung gemäß mit ihren Partnern und gingen durch die mit Stechpalmen geschmückte Bogentür in das Speisezimmer. Nur Sara und Clarissa blieben zurück.

„Oh, Miss Blake, habe ich es Ihnen nicht gesagt!“, rief Clarissa hingerissen. „Dieser Lord Revell ist wirklich ein verruchter Teufelskerl, nicht? Er hat sich noch nicht einmal bei Mama für die Verspätung entschuldigt, und es hat ihm offenbar auch gar nicht leidgetan!“

„Sei still, Clarissa“, sagte Sara leise und blickte immer noch auf die Tür. „Es gehört sich nicht für dich, Lord Revells Charakter zu beurteilen.“

Autor

Miranda Jarrett
Hinter dem Pseudonym Miranda Jarrett verbirgt sich die Autorin Susan Holloway Scott. Ihr erstes Buch als Miranda Jarret war ein historischer Liebesroman, der in der Zeit der amerikanischen Revolution angesiedelt war und 1992 unter dem Titel "Steal the Stars" veröffentlicht wurde. Seither hat Miranda Jarrett mehr als dreißig Liebesroman-Bestseller geschrieben,...
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