Ein Sommer voller Leidenschaft

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Der mysteriöse und sexy Nick Trejo verlangt ein Treffen unter vier Augen mit ihr! Tess Baron ist hingerissen. Dass Nick nur vollen Einsatz zeigt, weil er an ihr wertvolles Erbe kommen will – das ahnt Tess nicht. Nein, sie wünscht sich nichts sehnlicher als in seinen Armen zu liegen und in seinen intensiven Blicken zu versinken ...


  • Erscheinungstag 25.07.2022
  • Bandnummer 05
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514989
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der große, schlanke, gebräunte Mann stand am Rand der Terrasse und beobachtete sie schon seit einer Viertelstunde. Tess Baron versuchte ihn zu ignorieren und sich stattdessen auf ihre Partygäste zu konzentrieren, musste jedoch feststellen, dass das unmöglich war. Irgendetwas an seiner unbeweglichen Haltung erzwang ihre Aufmerksamkeit. Eine eigenartige Anspannung, die nicht zu der heiteren Umgebung passte, schien von ihm auszugehen.

Dies war ihre Geburtstagsparty. Tess kannte jeden hier. Bis auf ihn.

Sie überblickte die Menge und fragte sich, wer ihn mitgebracht hatte. Aber ihre Gäste tanzten entweder oder unterhielten sich. Niemand sah aus, als hätte er jemanden mitgebracht und ihn dann vergessen. Außerdem, überlegte sie, kann man einen Mann wie ihn unmöglich vergessen.

Hinter ihm versank allmählich die Sonne als riesiger glutroter Ball im Golf von Mexiko. Vor diesem beeindruckenden Naturschauspiel zeichnete sich die imposante Silhouette des Mannes an. Wie ein Sonnengott, schoss es Tess durch den Kopf.

Normalerweise neigte sie nicht zu solchen Fantasien. Sie nahm sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf die Party. Alles lief bestens.

Passend zum sinnlichen Bossa Nova, den die Band spielte, wehte eine warme Brise vom Golf her. Eiskalte Margaritas und Bier aus Flaschen wurden serviert, zusammen mit großen Shrimps und frischen Austern. Auf dem Rasen wurde über einem Feuer ein Spanferkel am Spieß gedreht.

Der mysteriöse Fremde aß und trank nichts, obwohl sie beobachtet hatte, wie Kellner ihm Drinks anboten.

„Herzlichen Glückwunsch, Tess.“

Die Stimme der langjährigen Freundin lenkte sie von dem Fremden ab. „Danke, Becca.“ Sie küsste die hübsche junge Frau auf die Wange und umarmte Beccas College-Liebe und Ehemann, Mel Grant. „Ich bin so froh, dass ihr beide kommen konntet.“

Becca lachte. „Machst du Witze? Deine Geburtstagspartys sind viel zu amüsant, um sie sich entgehen zu lassen. Außerdem ist Corpus Christi eine tolle Stadt.“

Mel grinste. „Inzwischen ist es jedes Jahr ein beliebtes Ratespiel, wo du deinen Geburtstag diesmal feiern wirst. Die Party in Kuala Lumpur ist mittlerweile legendär. Letztes Jahr war ich allerdings ein wenig enttäuscht.“

Tess runzelte die Stirn. „Ach ja?“

„Southfork?“ Er schüttelte den Kopf. „Nicht sehr originell, und viel zu nah an zu Hause.“

Sie lachte. „Tut mir leid, aber die Orte, an denen ich meine Geburtstagspartys feiere, hängen von meinem Arbeitsplatz ab. Und letztes Jahr habe ich zu Hause gearbeitet.“

„Ich weiß. Trotzdem hatte ich persönlich auf eine Bohrinsel im Südchinesischen Meer gehofft.“

„Auf einer Bohrinsel feiert man keine Party, wie du sehr wohl weißt. Die Gefahr, dass Schaden entsteht, ist für beide Seiten zu groß.“

Mel arbeitete für Coastal Petroleum, eine der größten Ölfirmen der Welt. „Na schön, du hast recht. Außerdem gebührt dir ein Kompliment für dieses Jahr.“

„Da bin ich aber froh“, erwiderte sie trocken.

„Ja. Dies ist ein großartiges Haus, direkt am Strand, mit einer fantastischen Aussicht. Ich würde sagen, du hast die Punkte, die du letztes Jahr verloren hast, wieder gutgemacht.“

„Ignoriere ihn einfach, Tess“, riet Becca.

„Er ist viel zu unterhaltsam, um ihn zu ignorieren. Außerdem hat er recht. Es ist ein großartiges Haus. Ich habe es gemietet, weil ich hier direkt vor der Küste nach Öl bohre.“ Sie deutete auf den Golf. „Und weil es neben dem Haus einen tollen Landeplatz für Hubschrauber gibt.“

Mel nickte. „Ich gratuliere übrigens. Wie man hört, hältst du das Ölvorkommen, das du entdeckt hast, für deinen bisher größten Fund.“

Tess verzog das Gesicht und hielt sich automatisch den Magen. Sobald sie daran dachte, was dieses Vorhaben für sie bedeutete, bekam sie Angst. „Tu mir einen Gefallen und gratuliere mir noch nicht. Ich bin abergläubisch. Die ersten Tests waren sehr ermutigend, aber wir wissen beide, dass das unter Umständen nichts zu bedeuten hat. Ich möchte nicht feiern, bis wir auf das erste Öl gestoßen sind und die Quelle tatsächlich sprudelt.“

Becca winkte ab. „Wenn es um Öl geht, bist du wie ein Bluthund. Ich würde mich eher auf deinen Instinkt verlassen als auf geologische Untersuchungen. Wenn du für gut befindest, was du hier gesehen hast, dann ist das Öl schon so gut wie in der Pipeline.“

Becca hatte recht. Bisher hatte Tess stets auf ihrem Instinkt vertrauen können. Doch bei diesem Projekt stand so viel auf dem Spiel, dass sie nicht sicher sein konnte, ob ihre Instinkt nicht durch den Erfolgs- und Zeitdruck getrübt war.

„Man hört außerdem, dass du ein paar Probleme hast“, fuhr Mel fort. „Falls du Hilfe brauchst, denk dran, dass meine Firma immer interessiert ist.“

Unglücklicherweise war es sehr schwer, in der Ölbranche Geheimnisse zu wahren. „Du weißt doch, wie ich über meine Öl-Projekte denke, Mel.“

„Ja, ich weiß. Sie sind deine Babys, und du behältst sie, bis sie groß und erwachsen sind.“

Sie nickte. „Das ist eine Familientradition.“ Sie hatte gehofft, sich amüsieren und abschalten zu können, was ihr seit langem nicht mehr gelungen war. Dummerweise waren ihre Nerven jedoch angespannter denn je. Dazu trugen Mels wohlmeinende Worte über ihre Probleme zu und dieser Mann … Er hatte sich nicht bewegt und beobachtete sie nach wie vor mit einem durchdringenden Blick, den sie fast wie eine körperliche Berührung empfand.

„Kennt einer von euch den Mann, der dort drüben am Geländer lehnt?“

Becca und Mel schauten zugleich über ihre Schultern. „Nein, aber wenn ich heute Abend nicht mit Mel hier wäre, würde ich ihn gern kennenlernen.“

Mel sah seine Frau finster an. „Entschuldige, aber das finde ich nicht komisch.“

„Nein?“ Beccas Augen funkelten amüsiert. Sie nahm die Hand ihres Mannes. „Wie wäre es dann, wenn du mit mir tanzt? Vielleicht fällt mir dann wieder ein, weshalb ich dich so sehr liebe.“

„Das klingt nach einer Herausforderung, die ich gern annehme.“ Mel zwinkerte Tess zu und zog seine Frau zur Tanzfläche. „Bis später.“

„Bestimmt.“ Es gab sicher eine einfache Erklärung für die Anwesenheit dieses Mannes. Tess dachte nach. Einer ihrer Gäste musste ihn mitgebracht haben. Aber wenn es so war, wieso war niemand bei ihm? Wieso hatte man ihn ihr noch nicht vorgestellt? Und vor allem, wieso beobachtete er sie die ganze Zeit?

Verdammt, wo steckte Ron? Er konnte ihr vielleicht etwas über die Identität dieses Mannes verraten. Ron Hughes war ein kluger, fähiger junger Mann Ende zwanzig. Als ihr Assistent war es seine Aufgabe, alles und jeden zu kennen, worauf man sich gewöhnlich auch verlassen konnte. Aber wahrscheinlich war er noch im Haus und arbeitete in den zwei Zimmern, die sie für die Dauer ihres Aufenthaltes zu ihren Büros gemacht hatten.

Jemand umfasste sanft ihren Ellbogen. „Möchtest du tanzen?“

Tess erschrak und drehte sich um. „Colin! Schön, dass du es geschafft hast.“

„Hast du auch nur eine Minute daran gezweifelt?“

Sie lächelte. „Nein.“

Colin Wynne, gebräunt, höflich und unglaublich gut aussehend, war einer der begehrtesten Junggesellen in Dallas. Er war ihr außerdem einer der liebsten Menschen, obwohl sie nie miteinander ausgegangen waren. Tess hatte nie das Bedürfnis gehabt, mit ihm anders als in einer Gruppe auszugehen, und sie wusste, dass diese Einstellung auf Gegenseitigkeit beruhte. Mit den Jahren hatte sie Freundschaften befriedigender gefunden als ein Liebesleben. Colin bot ihr die Hand.

„Danke“, sagte Tess, „aber jetzt nicht. Ich muss mich noch um ein paar Dinge kümmern. Die Party geht ja gerade erst los.“

„Unsinn. Ich bin hier. Du bist hier. Damit hat die Party offiziell begonnen.“

Sie grinste. Nur wenige Menschen besaßen ein solches Selbstbewusstsein wie Colin. Er ließ alles, was er tat, leicht aussehen, obwohl er einer der am härtesten arbeitenden Menschen war, die Tess kannte. „Wen hast du heute Abend mitgebracht?“

„Keine Freundin, falls du das meinst – nur eine Flugzeugladung voller Bekannter.“

„Ach ja, ich hörte, du würdest ein paar Leute in deinem neuen Jet hierher fliegen. Danke.“

„Kein Problem.“

Sie beugte sich näher zu ihm. „Kennst du den Mann, der dort drüben am Rand der Terrasse steht?“

Er warf einen gleichgültigen Blick über die Schulter. „Nein. Wer ist das? Ein uneingeladener Gast?“

Sie schüttelte den Kopf. „Er muss mit jemandem hergekommen sein. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, mit wem.“

„Soll ich mal zu ihm gehen und ihn fragen?“

„Nein, das mache ich gleich selber.“

„Herzlichen Glückwunsch, Tess“, meldete sich eine kühle Stimme. Tess und Colin drehten sich um.

„Jill.“ Tess umarmte ihre Schwester kurz und automatisch. Dieser Umarmung fehlte die Spontanität und Ungezwungenheit, die zwischen Tess und Becca spürbar gewesen war. Doch Tess bildete sich sein, dass niemand es bemerkte. Außer vielleicht Jill. Und Colin, der sie beide gut genug kannte.

Rasch ließ sie ihre zweitjüngste Schwester wieder los und trat zurück. Jill trug ein kurzes schwarzes Schlauchkleid von Armani, das ihre natürliche Eleganz und Kultiviertheit hervorhob. Bis ihre Schwester erschien, hatte Tess geglaubt, sie sähe in ihrem kurzen elfenbeinfarbenen Seidenkleid mit dem von schmalen Trägern gekreuzten tiefen Rückenausschnitt gut aus. Aber es war nun einmal Jill, die die klassische Schönheit und Eleganz ihrer Mutter geerbt hatte, nicht Tess oder Kit. Jills Haare waren so kunstvoll hochgesteckt, dass keine Strähne es wagen würde, sich daraus zu lösen. Ärgerlich registrierte Tess, wie der Wind mit ihren eigenen blonden Strähnen spielte, die sich aus dem Seidenschal gelöst hatten, mit dem sie ihre Haare zusammengebunden hatte.

„Du kommst spät. Was ist passiert? Ich habe dich früher erwartet.“

„Meine Mitfluggelegenheit hat mich versetzt, daher musste ich neue Arrangements treffen, um herzukommen.“ Jill warf Colin einen vorwurfsvollen Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen zu.

Colin hob unschuldig die Hände. „Ich musste einen Fahrplan einhalten.“

„Du fährst keinen Bus, Colin“, konterte Jill mit eisiger Stimme. „Du fliegst dein eigenes Flugzeug.“

„Hast du schon mal etwas von einem Flugplan gehört?“

„Ja, habe ich. Und ich weiß, dass es darin auch einen gewissen Spielraum gibt.“

Er zuckte die Schultern. „Alle anderen waren schon an Bord. Ich sah nicht ein, wieso sie darunter leiden sollten, nur weil du dir die Zeit nicht so einteilen kannst, dass du rechtzeitig am Flughafen bist.“

Tess verdrehte die Augen, obwohl es weder Colin noch Jill bemerkte. Die beiden waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Tess war daran gewöhnt. Aus welchem Grund auch immer – sobald die beiden zusammenkamen, war die Atmosphäre zwischen ihnen geladen, was meistens Streit bedeutete.

„Ich habe eine Idee“, mischte sich Tess ein. „Wieso geht ihr beiden nicht tanzen, und wir treffen uns später wieder?“

Colin sah erst sie an, dann Jill. Schließlich hielt er Jill die Hand hin. Jill zögerte und sah zu Tess. „Sind Onkel William und Des schon da?“

„Onkel William geht es nicht besonders gut, daher wird er nicht kommen.“

Jill runzelte ihre hübsche Stirn. „Ist es ernst?“

Colin ließ die Hand sinken.

„Er hat mir keinen Grund zu dieser Annahme gegeben. Im Übrigen weißt du, dass Des uns benachrichtigen würde, falls es etwas Ernstes wäre.“

Jill nickte. „Was ist mit Des?“

Gute Frage, dachte Tess. Das war die ewige Frage, die sie und ihre Schwestern beschäftigte. „Ich habe keine Ahnung, ob er überhaupt kommt.“

„Hast du nichts von ihm gehört?“

„Du weißt, dass er uns nur selten darüber informiert, was er vorhat.“

„Stimmt.“ Jill kaut für einen Moment auf ihrer Unterlippe, wie sie es schon als Kind getan hatte. „Lass es mich wissen, falls Des auftaucht, ja?“

Einen Teufel werde ich tun, dachte Tess.

Jill richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Colin. „Nun?“

„Nun was, Jill?“

„Willst du tanzen?“

Diesmal zögerte Colin. „Vielleicht später“, erklärte er dann und ging davon.

Tess unterdrückte ein Lächeln. Wenn Blicke töten könnten, wäre Colin jetzt tot. Jill schaute ihm noch einen Moment länger nach. Dann wandte sie sich ab und ging in die entgegengesetzte Richtung.

Des, nach dem Jill sich erkundigt hatte, war Onkel Williams Stiefsohn, ein äußerst erfolgreicher Anwalt. Er zog die Frauen an wie Honig die Bienen, doch für Tess und ihre Schwestern war er weit mehr als nur ein begehrenswerter Junggeselle. Sie, Jill und Kit hatten nach dem Tod ihres Vaters je ein Sechstel des Familienunternehmens geerbt. Allerdings nur unter ganz bestimmten Bedingungen, die jede von ihnen erfüllen musste. Des hingegen würde nach dem Tod von Onkel Williams sofort fünfzig Prozent des Familienunternehmens erben.

Diese Tatsache machte ihn für Tess und ihre Schwestern so interessant. Theoretisch würden sie nämlich durch eine Heirat mit ihm die Kontrolle über das Unternehmen gewinnen. Und es gab keine unter ihnen, die es nicht darauf abgesehen hatte und bereit war, sich dafür an Des heranzumachen. Zu dumm für ihre zwei Schwestern, dass Tess die Absicht hatte, ihn zu bekommen.

Allerdings war es frustrierend, Des nachzustellen. Sie war zwar keine Expertin in Sachen Liebe, aber vermutlich waren die Chancen, dass Des sich in sie verliebte, am größten, wenn sie Zeit mit ihm verbrachte. Doch Zeit war etwas, womit er leider geizte.

Das schreckte jedoch weder sie noch ihre Schwestern ab. Die Kontrolle über die Firma zu erlangen war für jede von ihnen zu wichtig. Falls Des heute Abend noch auftauchen würde, würde Jill sich sofort auf ihn stürzen. Allerdings würde sie sich hinter Tess anstellen müssen. Aber da war natürlich auch noch Kit.

Die drei konkurrierten seit der Geburt miteinander, ermutigt und angestachelt von ihrem Vater. Er hatte jeder von ihnen eingebläut, wie wichtig es war, die Beste zu sein, was immer sie auch taten. Einer ihrer Konkurrenzkämpfe drehte sich zum Beispiel darum, wer am Ende eines Steuerjahres das meiste Geld für die Firma verdient hatte. Und es gab nicht viel, was sie nicht getan hätten, um diesen jährlichen Wettkampf zu gewinnen. Oder um Des zur Heirat zu bewegen.

Doch in diesem Jahr musste Tess im Gegensatz zu ihren Schwestern einen ganz besonders enormen Betrag nachweisen.

„Tanzen Sie mit mir.“

Sie sah auf und wich automatisch zurück. Sie war in Gedanken so in den zermürbenden Konkurrenzkampf innerhalb ihrer Familie vertieft gewesen, dass sie ihren unbekannten Gast vorübergehend vergessen hatte. Jetzt stand er vor ihr, groß, breitschultrig und ein wenig überwältigend.

Tess stellte fest, dass er wundervolle bernsteinfarbene Augen hatte. „Wer sind Sie?“

„Jemand, der sehr gern mit Ihnen tanzen würde.“

Seine warme, tiefe Stimme ließ ihr Herz schneller schlagen. Sein Blick hielt ihren gefangen. Wer war dieser Mann? Sie kannte nicht mal seinen Namen. Aber das war egal.

Er nahm ihre Hand, und plötzlich fand Tess sich auf der Tanzfläche wieder, ohne dass sie genau zu sagen vermocht hätte, wie sie dorthin gelangt war. Mit seinen starken Armen hielt er sie an sich gedrückt. Seine Tanzschritte waren elegant, sodass es leicht war, sich von ihm führen zu lassen, was ihr wiederum die Gelegenheit bot, sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Wie zum Beispiel die Wärme, die sein Körper ausstrahlte – sie hatte die Kraft, einen Eisberg zum Schmelzen zu bringen.

Dieser Mann war sich seiner Sexualität voll bewusst, und er tat nichts, um sie zu unterdrücken. Außerdem waren seine Augen von einer faszinierenden Tiefe, die Tess nicht erwartet hätte. Seine Haut war goldbraun, was darauf schließen ließ, dass er einen Großteil seiner Zeit draußen verbrachte. Sein dunkles Haar war von Strähnen durchzogen, die nur die Sonne gebleicht haben konnte.

Tatsächlich, er könnte ein Sonnengott sein. Falls sie an solche Dinge glaubte.

Trotzdem warnten sämtliche Instinkte sie, dass es besser für sie wäre, wenn sie einfach von ihm wegging. Da gab es nur ein Problem. Sie war nicht sicher, ob sie es konnte. Sein Körper war plötzlich zum Mittelpunkt ihres persönlichen Universums geworden.

Zum Glück konnte sie noch denken, und genau genommen war sie viel zu neugierig, um ihn jetzt stehen zu lassen. „Waren Sie auf meine Party eingeladen?“

„Nein.“

Nur dieses eine Wort. Keine Erklärung, als sei keine nötig. „Sind Sie mit einem meiner Gäste gekommen?“

„Nein.“

Ein Schauer rann ihr den Rücken hinunter. Er betrachtete sie, als sei sie ein Buch, in dem er zu lesen versuchte. Dennoch stellte er keine Fragen. Das überließ er ihr.

„Warum sind Sie dann hier?“

„Ihretwegen.“ Seine Stimme war sanft und doch intensiv, mit der schwachen Andeutung irgendeines verborgenen Gefühls. „Sie sind wirklich sehr attraktiv. Das habe ich nicht erwartet.“

„Ach nein?“

Langsam schüttelte er den Kopf, ohne den Blick von ihr abzuwenden.

Tess stellte fest, dass sie sprachlos war. Sie fühlte sich, als hätte er sie vom Rest der Welt isoliert, obwohl sie von Freunden umgeben war, die nicht im Geringsten alarmiert schienen, dass sie mit einem völlig Fremden tanzte, von dem eine kaum unterdrückte gefährliche Energie ausging. Andererseits sahen sie nicht, was Tess sah, und ahnten nichts von dem Gefühlstumult in ihrem Innern.

Sie hätte nicht zu sagen vermocht, was die Band gerade spielte. Sie nahm lediglich wahr, dass sie beide sich in perfektem Einklang bewegten. Und merkwürdigerweise kam ihr das richtig vor, obwohl sie ihre Reaktion absolut unverständlich fand.

Die Sonne war fast vollständig untergegangen und ließ nur noch allmählich verschwindende rote, orangefarbene und goldene Streifen am Horizont zurück. Die Lichter um die Tanzfläche und in den Bäumen waren angegangen.

„Herzlichen Glückwunsch, Tess!“, rief jemand.

„Danke“, erwiderte sie abwesend in die Richtung, aus der gerufen wurde, und wandte sich gleich wieder dem Unbekannten zu, dessen warmer, fester Körper sich an ihren schmiegte. Ihre Brüste wurden gegen seinen Oberkörper gedrückt, ihre Beine rieben sich an seinen harten Oberschenkeln. Tess kannte noch nicht einmal seinen Namen, und doch war seine Wirkung auf sie überwältigend. Er weckte Sehnsüchte in ihr, die für sie so neu waren, dass sie nicht wusste, was sie mit ihnen anfangen sollte.

„Sie geben eine tolle Party“, bemerkte er leise. Zum ersten Mal lächelte er. Es war ein halbherziges, wissendes Lächeln, und vollkommen selbstbewusst.

„Danke. Tauchen Sie immer uneingeladen auf Partys auf?“

„Um ehrlich zu sein, dies ist das erste Mal.“

„Amüsieren Sie sich?“

„Bis jetzt kann ich mich nicht beklagen.“

„Wenn Sie mir Ihren Namen verraten, kann ich Sie für nächstes Jahr auf die Gästeliste setzen. Oder wollen Sie lieber wieder uneingeladen auftauchen?“

„Weder noch. Ich fürchte, ich kann kein Jahr warten, bis ich Sie wieder sehe.“

„Wieso …“ Jemand stieß gegen ihren Rücken. Der Unbekannte zog sie beschützend enger an sich und führte sie in eine andere Richtung.

„Hallo, Schwesterherz. Herzlichen Glückwunsch.“

Tess schaute sich um und seufzte im Stillen. Sie hätte es wissen müssen. Niemand außer ihrer jüngsten Schwester Kit würde sie absichtlich anstoßen. Und niemand außer Kit wäre bei einem solchen feierlichen Anlass in engem T-Shirt, noch engerer Jeans und verschrammten Cowboystiefeln erschienen, die, das wusste Tess, schon acht Jahre alt waren. „Danke.“

Der Mann ließ sie nicht los, nur so weit, dass sie sich zu ihrer Schwester umdrehen konnte.

„Kommt Des auch?“, fragte Kit, während sie einen Tanz vollführte, der erstaunlich gut zur Musik passte. Ihre roten Haare wehten, ihre grünen Augen leuchteten. Sie warf die Arme in die Luft und schwang sexy die Hüften. Tess verspürte ein wenig Neid, dass Kit sich so ungehemmt bewegen konnte. Kits Partner war jemand, den sie nicht kannte. Doch seinen Jeans, dem Westernhemd und den Stiefeln nach zu urteilen, tippte sie auf einen neuen Cowboy, der auf der Familienranch arbeitete.

„Ich habe keine Ahnung. Er hat die Einladung nicht bestätigt.“

Kit blieb abrupt stehen, was ihr Partner offenbar nicht bemerkte, da er weitertanzte. „Des könnte nicht ärgerlicher sein, selbst wenn er es versuchen würde. Obwohl ich manchmal den Eindruck habe, dass er genau das probiert.“

„Da gebe ich dir recht.“

Tess wusste, dass Kit mit ihrer Alltagskleidung und der Tatsache, dass sie einen der Cowboys von der Ranch mit zur Party brachte, nur die Tradition verspotten und ihre Schwestern in Verlegenheit bringen wollte. Offenbar war Kit nicht klar, dass sie in Jeans und T-Shirt besser aussah als die Hälfte der Frauen in Designer-Kleidern. Ein Blick in die Menge bewies Tess, dass mindestens drei ihrer alleinstehenden Freundinnen und zwei der verheirateten Kits Begleiter unverhohlen anstarrten.

Kit hakte die Daumen in die Hosentaschen und schenkte Tess’ Tanzpartner ein Lächeln, das ihre Grübchen zum Vorschein brachte. „Wer ist dein Begleiter, Tess?“

„Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“

Kit hob die Brauen. „Cool“, erwiderte sie und entfernte sich tanzend.

Der Mann lachte.

Tess drehte sich von ihm weg und sah ihn an. „Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb Sie mir Ihren Namen nicht sagen wollen? Stehen Sie vielleicht ganz oben auf der FBI-Liste der meistgesuchten Verbrecher?“

„Nein.“

„Dann verraten Sie ihn mir.“

„Ich glaube nicht, dass mein Name Ihnen etwas sagen wird.“

Tess verlor allmählich die Geduld. „Warum lassen Sie mich das nicht entscheiden? Ich habe dieses kleine Spiel langsam satt. Sagen Sie mir Ihren Namen, oder ich gehe.“

Ein schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ah, das Geburtstagskind droht mir.“

Tess versuchte vergeblich, die Wirkung seines Lächelns zu ignorieren. „Verraten Sie mir nun Ihren Namen oder nicht?“

„Mein Name ist Nick Trejo.“

Der Name kam ihr vage bekannt vor, doch sie hatte nicht die geringste Ahnung, woher. „Na schön, Sie haben recht. Ich verbinde nichts mit Ihrem Namen.“

„Das habe ich mir gedacht.“

„Also gut. Lassen Sie es mich anders versuchen. Wie haben Sie von dieser Party erfahren?“

„Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, so viel wie möglich über Sie in Erfahrung zu bringen.“ Da er ihr Unbehagen bemerkte, fügte er hinzu: „Keine Sorge, ich verfolge Sie nicht.“

„Nein? Dann wird es aber höchste Zeit, dass Sie mir endlich verraten, was Sie wollen, Nick Trejo.“

„Das ist einfach“, erwiderte er, zog sie wieder an sich und sah ihr in die Augen. „Ich will Frieden auf Erden und Nahrung und Unterkunft für alle. Im Moment bin ich aber schon zufrieden, nur mit Ihnen tanzen zu können.“ Mit sinnlich-rauer Stimme fügte er hinzu: „Sie fühlen sich gut an.“

Er schaffte es, dass sie in der einen Minute wachsam war und in der nächsten dahinschmolz.

„Habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie wunderschön sind?“

Sie konnte kaum noch denken. Es war, als hätte dieser Mann von ihrem Körper, ihrem Geist und ihrer Seele Besitz ergriffen. Sie war nicht daran gewöhnt, dass man sie wunderschön nannte, und sie hatte sich als schön betrachtet. Nicht mit einer Schwester wie Jill.

Abrupt befreite sie sich aus seiner Umarmung. „Ich brauche etwas zu trinken.“

„Es ist Ihre Party“, entgegnete er. „Ich nehme an, Sie können haben, was Sie wollen.“

Autor

Fayrene Preston
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