Ein Sommer zum Verlieben

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Maxie führt ein Traumleben auf der griechischen Insel Chymos. Ihr steinreicher Ehemann Angelos umgibt sie mit allem denkbaren Luxus. Doch eines fehlt ihr in diesem Paradies: wahre Liebe. Denn Angelos glaubt, sie wolle nur sein Geld - und lässt sie dafür büßen.


  • Erscheinungstag 14.09.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719890
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Und da Leland mir Handlungsvollmacht erteilt hat, werde ich dieses kleine Flittchen vor Gericht schleifen und es ruinieren“, verkündete Jennifer Coulter rachsüchtig.

Angelos Petronides ließ sich seine Verachtung nicht anmerken, als er die Stiefschwester seiner verstorbenen Mutter betrachtete. Die Informationen, die Jennifer ihm gerade unerwartet geliefert hatte, waren unbezahlbar. Maxie Kendall, das Model, das in der Presse als „Eiskönigin“, bezeichnet wurde, die erste und einzige Frau, die ihm je eine schlaflose Nacht bereitet hatte, war verschuldet …

„Leland hat auch ein Vermögen für sie ausgegeben!“ Wütend ging Jennifer in seinem ebenso großen wie beeindruckenden Londoner Büro auf und ab. „Du hättest die Rechnungen sehen sollen, die ich entdeckt habe … Nicht zu fassen, was die ganzen Designerklamotten für diese kleine Schlampe gekostet haben!“

„Eine Geliebte erwartet eine anständige Garderobe … und Maxie Kendall ist ehrgeizig. Wahrscheinlich hat sie sich von Leland genommen, was sie haben konnte“, schürte Angelos ungerührt die Wut seiner Besucherin.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Leuten hatte er sich nie der Illusion hingegeben, dass Jennifer gänzlich unschuldig war, dass ihre Ehe mit Leland vor drei Jahren gescheitert war. Und genauso wenig beeindruckten ihn ihre Behauptungen, sie sei nun mittellos. Jennifer, eine Blondine mittleren Alters, war reich geboren und würde noch reicher sterben, und ihr Geiz war in der Londoner Gesellschaft oft Anlass zu Klatsch.

„Das ganze Geld ist weg“, sagte sie. „Und jetzt finde ich auch noch heraus, dass Leland dieser kleinen Schlampe ein so hohes Darlehen gewährt hat …“

Angelos hatte sich wieder verspannt. Flittchen, Schlampe? Jennifer hatte keinen Stil. Allerdings hatte Leland gegen die Regeln verstoßen. Ein intelligenter Mann verließ seine Frau nicht, um mit seiner Geliebten zusammenzuziehen. Kein Grieche wäre so dumm gewesen. Leland Coulter hatte sich zum Narren gemacht und seine ganze Familie blamiert.

„Aber du hast zurückbekommen, was du dir deinen eigenen Worten zufolge am meisten gewünscht hast“, unterbrach Angelos sie. „Deinen Mann.“

Jennifer errötete und verzog dann die Lippen. „Oh ja, nach seinem Herzinfarkt. Habe ich dir eigentlich erzählt, dass dieses Miststück ihn im Krankenhaus verlassen hat? Sie hat dem Arzt einfach gesagt, er solle Lelands Frau benachrichtigen. Jedenfalls brauche ich das Geld jetzt, und ich werde alles daransetzen, um es zu bekommen. Mein Anwalt hat ihr bereits einen Brief geschickt …“

„Du hast jetzt andere Sorgen, Jennifer. Und Leland wäre sicher nicht erbaut darüber, wenn seine Frau seine ehemalige Geliebte vor Gericht bringen würde. Überlass die Angelegenheit mir. Ich werde dir das Geld erstatten.“

Entsetzt sah sie ihn an. „Du?“

„Sind wir nicht eine Familie?“

Wider Willen fasziniert, nickte sie langsam. In seinen unglaublichen dunklen Augen lag ein beinah herzlicher Ausdruck, und da Angelos Petronides bisher immer alles andere als herzlich auf sie gewirkt hatte, irritierte es sie.

Als unumstrittenes Oberhaupt des Petronides-Clans war Angelos rücksichtslos, unberechenbar und selbstgenügsam. Außerdem war er reich und mächtig. Allein durch seine Gegenwart machte er seinen Mitmenschen Angst. Und da er gewusst hatte, dass sie zuerst untreu geworden war, war sie ihm seit ihrer Trennung von Leland aus dem Weg gegangen …

Sie hatte sich jetzt nur an ihn gewandt, weil sie nicht wusste, was unter ihrer Leitung aus Lelands erfolgreicher Kasinokette werden würde.

„Du willst sie dazu bringen, zu zahlen?“, brachte sie hervor.

„Ich habe meine eigenen Methoden“, sagte Angelos leise und gab ihr damit deutlich zu verstehen, dass dieses Thema sie nun nichts mehr anging.

Sein Gesichtsausdruck ließ sie frösteln. Dennoch triumphierte sie innerlich, denn für sie war nur wichtig, dass diese kleine Schlampe bluten würde.

Als Angelos wieder allein war, wies er seine Sekretärin an, keine Anrufe durchzustellen, und lehnte sich in seinem Ledersessel zurück. Keine kalten Duschen mehr. Ein sinnliches Lächeln umspielte seine Lippen. Keine einsamen Nächte mehr. Nun strahlte er förmlich. Nach drei Jahren des Wartens würde die Eiskönigin endlich ihm gehören.

Obwohl er sich für einen Frauenkenner hielt, war er verblüfft gewesen, als er sie zum ersten Mal in natura sah. Sie erinnerte ihn an Dornröschen. Unberührbar, unberührt … Angelos lachte grimmig auf. Was für unsinnige Fantasien! Sie war drei Jahre lang die Geliebte eines Mannes gewesen, der ihr Großvater hätte sein können.

Trotzdem würde er das Geld nicht als Druckmittel einsetzen, sondern sich wie ein Gentleman verhalten. Er würde ihr aus ihrer finanziellen Notlage helfen und sich ihrer Dankbarkeit und schließlich auch ihrer Loyalität versichern. Ihm gegenüber würde sie sich nicht kühl geben. Und als Belohnung dafür würde er ihr ein Leben in Luxus ermöglichen. Sie würde nie wieder arbeiten müssen. Was konnte sich eine vernünftige Frau mehr wünschen?

Maxie stieg aus dem Taxi, das sie am Bahnhof genommen hatte, und richtete sich zu ihrer vollen Größe von eins achtzig auf. Ihr langes blondes Haar, ihr Markenzeichen, wehte im Wind, als sie das Haus ihrer verstorbenen Patentante betrachtete. Gilbourne war ein elegantes georgianisches Haus auf einem herrlichen Grundstück.

Als sie zur Tür ging, blinzelte sie, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. An dem Tag, als sie sich zum ersten Mal in Lelands Begleitung in der Öffentlichkeit gezeigt hatte, hatte ihre Patentante Nancy Leeward ihr geschrieben, sie wäre hier nicht mehr willkommen. Doch vor vier Monaten hatte Nancy sie in London besucht, und sie hatten sich halbwegs versöhnt. Allerdings hatte Nancy mit keiner Silbe erwähnt, dass sie krank war, und die Nachricht von ihrem Tod hatte sie, Maxie, erst nach ihrer Beerdigung erhalten.

Daher erschien es ihr auch nicht richtig, nun zur Verlesung von Nancys Testament zu erscheinen. Der Brief, den sie an diesem Morgen erhalten hatte, hatte ihre Hoffnungen, dass sie nun endlich frei sein würde, zerstört und sie an ihre Schulden erinnert. Naiverweise hatte sie gehofft, Leland hätte das Geld abgeschrieben, als er sich von ihr getrennt hatte. Er hatte ihr bereits drei Jahre ihres Lebens genommen, und sie hatte jeden Penny, den sie verdient hatte, darauf verwendet, das Darlehen zurückzuzahlen.

Jetzt hatte sie keine Wohnung, kein Geld und wegen der sensationslüsternen Berichte in der Presse auch kaum Aussicht auf ein Engagement. Warum tat Leland ihr das an? Hätte er ihr nicht etwas Zeit lassen können, bevor er das Geld zurückverlangte?

Bevor Maxie klingeln konnte, öffnete ihr die Haushälterin und musterte sie missbilligend. „Miss Kendall“, sagte sie eisig. „Miss Johnson und Miss Fielding warten im Wohnzimmer. Mrs Leewards Anwalt Mr Hartley müsste gleich eintreffen.“

„Danke … Ich kenne den Weg.“

Bevor sie das Wohnzimmer betrat, blieb Maxie an dem Fenster mit Blick auf den Rosengarten stehen, der Nancy Leewards ganzer Stolz gewesen war. Unwillkürlich erinnerte Maxie sich an die Teegesellschaften, die Nancy damals an warmen Sommernachmittagen für ihre drei Patentöchter Maxine, Darcy und Polly gegeben hatte. Diese waren immer besonders artig gewesen, denn Nancy, die nie selbst Kinder gehabt hatte, war sehr altmodisch gewesen.

Im Gegensatz zu Darcy und Polly, die in gesicherten Verhältnissen lebten, hatte Maxie nie etwas Ordentliches zum Anziehen gehabt, und Nancy war jedes Mal mit ihr einkaufen gegangen. Zum Glück hatte sie nicht gewusst, dass ihr, Maxies, Vater die Sachen immer gleich wieder verkauft hatte.

Ihre verstorbene Mutter Gwen war Nancys Gesellschafterin gewesen, und diese hatte sie immer als Freundin betrachtet, jedoch keinen Hehl daraus gemacht, dass sie Russ Kendall nicht mochte.

Obwohl Russ Kendall labil, egoistisch und unzuverlässig war, hielt Maxie zu ihm, denn er hatte sie allein großgezogen und sie auf seine Art geliebt.

Immer wenn er sie nach Gilbourne gebracht hatte, war er dort länger geblieben als erwünscht, hatte Nancy geschmeichelt und schließlich versucht, Geld von ihr zu leihen, obwohl diese nie einen Hehl aus ihrer Verachtung ihm gegenüber machte.

„Ich dachte, ich hätte einen Wagen gehört, aber ich habe mich wohl geirrt. Ich wünschte, Maxie würde kommen … Ich freue mich darauf, sie zu sehen“, sagte eine Frauenstimme.

Als Maxie sich überrascht umdrehte, stellte sie fest, dass die Tür zum Wohnzimmer nur angelehnt war. Es war Pollys Stimme gewesen. Sie war so sanft wie Polly selbst.

„Darauf kann ich gern verzichten“, sagte eine andere Frau scharf. „Maxie, die lebende Puppe …“

„Sie kann nichts dafür, dass sie schön ist, Darcy.“

Maxie war angesichts der Feindseligkeit in Darcys Stimme erstarrt. Darcy hatte ihr also noch immer nicht verziehen. Ihr Bräutigam hatte sie vor dem Altar stehen lassen und ihr im letzten Moment gestanden, er hätte sich in eine ihrer Brautjungfern verliebt. Diese Brautjungfer war sie, Maxie, gewesen. Allerdings hatte sie nie mit ihm geflirtet, geschweige denn sich für ihn interessiert.

„Ist das eine Entschuldigung dafür, dass sie einer anderen den Mann weggenommen hat?“

„Ich glaube, niemand sucht sich aus, in wen er sich verliebt“, sagte Polly erstaunlich bewegt. „Und nun, da er zu seiner Frau zurückgekehrt ist, muss Maxie am Boden zerstört sein.“

„Maxie hätte Leland Coulter keines Blickes gewürdigt, wenn er nicht so reich gewesen wäre“, spottete Darcy. „Geldgier liegt ihr im Blut. Erinnerst du dich nicht mehr daran, wie Russ immer versucht hat, die arme Nancy anzupumpen?“

„Ich erinnere mich noch daran, wie peinlich Maxie sein Verhalten war“, erwiderte Polly angespannt.

Daraufhin herrschte betretenes Schweigen, und Maxie legte die Arme um sich. Sie fühlte sich elend. Nichts hatte sich geändert. Sie hatte gehofft, sich wenigstens mit Darcy aussöhnen zu können.

„Sie ist nun mal atemberaubend schön. Wer kann ihr einen Vorwurf daraus machen, dass sie es ausnutzt?“, versuchte Darcy schließlich einzulenken. „Aber was hat sie sonst zu bieten? Sie war noch nie besonders clever …“

„Wie kannst du so etwas sagen? Sie ist Legasthenikerin“, erinnerte Polly sie vorwurfsvoll.

Maxie wurde kreidebleich, denn das war ihr größtes Geheimnis.

Wieder herrschte angespanntes Schweigen.

„Und trotzdem ist sie jetzt so berühmt“, meinte Polly und seufzte.

„Sicher, wenn man unter Berühmtsein versteht, Goldlöckchen in Shampoowerbung zu spielen“, konterte Darcy.

Maxie ging auf Zehenspitzen zur Tür, kehrte dann in normaler Lautstärke zurück und betrat das Wohnzimmer.

„Maxie!“, rief Polly und stand etwas unbeholfen auf.

Auf halbem Weg zu ihr blieb Maxie stehen. Polly, die zart und dunkelhaarig war, war schwanger.

„Wann hast du geheiratet?“, fragte Maxie lächelnd.

Polly errötete. „Ich habe nicht … Ich meine, ich bin nicht …“

Maxie war verblüfft, denn Polly war sehr puritanisch erzogen worden. Sie lachte gezwungen. „Na wenn schon.“

„In Pollys Kreisen ist es leider nicht so selbstverständlich, als ledige Frau ein Kind zu bekommen, wie in deinen.“ Darcy stand am Fenster. Ihr rotes Haar schimmerte im Sonnenlicht, und ihre grünen Augen funkelten herausfordernd.

Darcy hatte selbst ein Kind, doch Maxie ging bewusst nicht auf ihre Bemerkung ein. „Polly weiß, was ich gemeint habe …“

„Ach ja?“

„Mir ist schwindelig!“, verkündete Polly plötzlich.

Daraufhin eilten sie beide zu ihr. Maxie half ihr in den nächsten Sessel und stellte ihr eine Fußbank hin, da ihre Knöchel geschwollen waren. Nachdem sie den Teewagen bemerkt hatte, schenkte sie ihr eine Tasse Tee ein und nötigte sie, einen Keks zu essen.

„Meinst du, du musst zum Arzt?“, fragte Darcy. „Zum Glück war ich nie krank, als ich mit Zia schwanger war.“

„Ich war gestern beim Arzt“, erwiderte Polly leise. „Ich bin nur müde.“

Im nächsten Moment führte die Haushälterin einen Mann mittleren Alters in einem dunklen Anzug herein, Nancys Anwalt, der sich als Edward Hartley vorstellte. Nachdem er Platz genommen hatte, nahm er ein Dokument aus seiner Aktentasche.

„Bevor ich mit der Verlesung des Testaments beginne, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass das Geld nur ausgezahlt wird, wenn die Bedingungen meiner verstorbenen Klientin erfüllt werden …“

„Drücken Sie sich klarer aus“, unterbrach Darcy ihn ungeduldig.

Mr Hartley nahm seine Brille ab und seufzte leise. „Sicher wissen Sie alle, dass Mrs Leeward in jungen Jahren eine sehr glückliche, aber kurze Ehe geführt hatte und nie über den vorzeitigen Tod ihres Mannes hinweggekommen war …“

„Ja“, bestätigte Polly. „Unsere Patentante hat oft mit uns über Robbie gesprochen.“

„Er kam sechs Monate nach der Hochzeit bei einem Autounfall ums Leben“, fuhr Maxie fort. „Mit der Zeit ist er in ihrer Erinnerung zu einem Heiligen geworden und die Ehe zu einer Art Heiliger Gral.“

„Vor ihrem Tod hat Mrs Leeward Sie alle besucht. Danach hat sie ihr Testament geändert“, informierte Edward Hartley sie in einem teils trockenen, teils bedauernden Tonfall. „Ich habe sie darauf hingewiesen, dass es für Sie sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich sein dürfte, die Bedingungen zu erfüllen, doch sie ließ sich nicht umstimmen.“

Maxie hielt den Atem an und ließ den Blick zu den anderen schweifen. Polly wirkte erschöpft und Darcy zutiefst besorgt.

Anschließend begann der Anwalt, das Testament zu verlesen. Nancy Leeward hatte ihren gesamten Besitz zu gleichen Teilen ihren drei Patentöchtern hinterlassen, unter der Bedingung, dass sie alle innerhalb eines Jahres heirateten und mindestens sechs Monate verheiratet blieben. Erst dann würden sie ihren Anteil bekommen. Erfüllte eine von ihnen die Bedingungen nicht, würde ihr Anteil an die Krone fallen.

Maxie war entsetzt. Sie hatte gehofft, dass sie von der Schuldenlast befreit sein würde, die fast ihr Leben zerstört hatte. Doch nun hatte sie erfahren, dass es nicht so einfach sein würde – wie alles andere in ihrem Leben, denn bereits als Kleinkind hatte sie ihre Mutter verloren, und ihr Vater war ein notorischer Spieler.

Darcy lachte auf. „Sie machen wohl Witze.“

„Ich kann diese Bedingungen nicht erfüllen.“ Polly betrachtete ihren runden Bauch und wandte den Blick beschämt ab.

„Ich auch nicht“, gestand Maxie ausdruckslos, während sie Polly betrachtete. Der Vater des Kindes hatte die gutgläubige Polly offenbar verführt und dann sitzen lassen.

Darcy warf Maxie einen ärgerlichen Blick zu. „Die Männer werden bei dir Schlange stehen …“

„Bei meinem Ruf?“

Darcy errötete. „Alles, was jede von uns braucht, sind ein Mann und ein Ehering. Ich werde nur einen finden, wenn ich ihm einen Anteil meines Erbes biete.“

„Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie den Anspruch auf Ihr Erbe damit automatisch verwirken würden“, verkündete Edward Hartley ernst.

Maxie war klar, was ihre verstorbene Patentante mit ihrem Testament bezweckt hatte. Sie hatte Polly, Darcy und sie vor einigen Monaten besucht und musste von ihnen zutiefst enttäuscht gewesen sein.

Sie hatte erfahren, dass sie, Maxie, vermeintlich mit einem älteren Mann zusammenlebte. Sie hatte herausgefunden, dass Polly ein uneheliches Kind zur Welt bringen würde. Und Darcy? Maxie verspürte heftige Schuldgefühle, und ihr Magen krampfte sich zusammen. Wenige Monate nachdem ihr Bräutigam sie so gedemütigt hatte, hatte Darcy ein Kind zur Welt gebracht. War es daher ein Wunder, dass sie die Männer seitdem hasste?

„Es ist wirklich schade, dass deine Patentante diese Bedingungen an das Erbe geknüpft hat“, beschwerte sich Maxies Freundin Liz am darauffolgenden Nachmittag, während sie über den Brief des Anwalts sprachen, in dem dieser die sofortige Rückzahlung des Darlehens forderte. „Sonst wären deine Probleme gelöst gewesen.“

„Vielleicht hätte ich Nancy sagen sollen, warum ich wirklich in Lelands Haus lebe … Ich wollte ihr nur nicht den Eindruck vermitteln, dass ich von ihr erwarte, dass sie meine Schulden bezahlt, zumal sie meinen Vater immer verachtet hat.“ Schicksalsergeben zuckte Maxie die Schultern.

„Du brauchst jetzt unbedingt rechtlichen Beistand. Schließlich warst du erst neunzehn, als du den Vertrag unterzeichnet hast, und standest unter enormem Druck. Du hattest Angst um das Leben deines Vaters.“

Maxie, die auf der anderen Seite des Küchentisches saß und eine weite Bluse sowie verwaschene Jeans trug, betrachtete das sommersprossige, von rotblondem, bereits ergrauendem Haar umrahmte Gesicht ihrer Freundin. Liz Blake hatte ihr angeboten, so lange bei ihr zu wohnen, wie sie wollte. Sie war der einzige Mensch, dem sie ihre Geheimnisse anvertraute. Da sie von Geburt an blind war, hatte sie sich nie von ihrem Aussehen beeinflussen lassen, das bei vielen Leuten Ablehnung oder Unsicherheit hervorrief. Sie war sehr unabhängig, hatte als Töpferin ein sehr gutes Auskommen und einen großen Bekanntenkreis.

„Immerhin habe ich Daddy damit gerettet“, erinnerte Maxie sie. „Und seitdem hat er mich nie mehr um Geld gebeten …“

„Weil du ihn seit drei Jahren nicht mehr gesehen hast“, erklärte Liz grimmig.

Maxie verspannte sich. „Weil er sich schämt, Liz.“

Liz runzelte die Stirn, als ihr Blindenhund Bounce, ein schwarzer Labrador, aufsprang und sie anstupste. „Da kommt jemand … Aber ich erwarte niemanden.“

Als es klingelte, war Liz bereits im Flur, um zu öffnen. Kurz darauf erschien sie wieder auf der Schwelle. „Du hast Besuch. Er ist Ausländer, sehr groß und hat eine tolle Stimme. Er sagt, er sei ein guter Freund von dir …“

„Von mir?“, wiederholte Maxie verwirrt.

„Wie hätte er sonst herausfinden können, wo du wohnst? Ich habe ihn ins Wohnzimmer geführt. Ich bin im Studio, weil ich den Auftrag unbedingt noch fertig machen muss, bevor ich morgen abreise.“

Maxie fragte sich, wer der Besucher sein mochte, denn außer der Post und ihrer Agentur wusste niemand, wo sie wohnte. Angespannt eilte sie ins Wohnzimmer.

Als sie sah, wer dort auf sie wartete, blieb sie stehen und wich dann entsetzt einen Schritt zurück. Alles schien sich um sie zu drehen.

„Maxie … wie geht es Ihnen?“, erkundigte sich Angelos Petronides sanft, während er ihr die Hand entgegenstreckte.

Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. „Mr Petronides …?“

„Angelos, bitte.“ Er lächelte schwach.

Maxie blinzelte verwirrt. Sie hatte ihn noch nie lächeln sehen. In den letzten drei Jahren war sie ihm ungefähr ein halbes Dutzend Mal begegnet, doch bisher hatte er sie stets ignoriert. Und drei Mal hatte Leland sie – offenbar auf seinen Wunsch hin – frühzeitig mit einem Taxi nach Hause geschickt.

Angelos ließ die Hand wieder sinken. Seine dunklen Augen funkelten amüsiert.

Maxie verspannte sich. „Ich weiß nicht, was Sie herführt … oder wie Sie mich gefunden haben …“

„Waren Sie denn verschwunden?“ Er musterte sie anzüglich. „Sie wissen ganz genau, warum ich hier bin.“

Prompt errötete sie. „Ich habe keine Ahnung …“

„Jetzt sind Sie frei.“

Vor fast sechs Monaten hatte er sie einmal dabei ertappt, wie sie ihn betrachtete, und ihr daraufhin einen Blick zugeworfen, aus dem nacktes Verlangen sprach. Dann hatte er sich wieder abgewandt, doch seine Reaktion hatte sie zutiefst erschüttert.

Sie hatte sich eingeredet, dass sie es sich nur eingebildet hatte. Fast war sie froh darüber gewesen, dass dieser arrogante griechische Industriemagnat ihr gegenüber so gleichgültig war, obwohl sie es gelegentlich als demütigend empfunden hatte. Andererseits hatte Angelos Petronides es im Gegensatz zu Leland auch nicht nötig, eine Frau wie einen preisgekrönten Pudel bei einem Geschäftsessen vorzuführen.

„Und nun, da Sie frei sind, möchte ich Sie haben“, informierte Angelos sie mit der Überlegenheit eines Mannes, dem noch nie eine Frau etwas verweigert hatte.

Ganz entgegen ihrer sonstigen Art verlor Maxie die Fassung und begann zu zittern. „Sie glauben tatsächlich, dass Sie hier einfach so hereinspazieren und mir sagen können …?“

„Ja“, fiel er ihr ins Wort. „Bei mir brauchen Sie nicht die Prüde zu spielen. Ich habe durchaus gemerkt, dass Sie sich für mich interessieren.“

Unbändiger Zorn erfasste sie. Noch nie zuvor war sie so aufgebracht gewesen. Angelos Petronides war so feinfühlig wie ein Vorschlaghammer. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie sich tatsächlich zusammenreißen müssen, um ihn nicht anzustarren. Umwerfend attraktive Männer wie er waren selten, umwerfend attraktive, intelligente Männer noch seltener. Und die Aura der Macht, die ihn umgab, übte eine fatale Anziehungskraft aus.

Er hatte lediglich ihre Neugier geweckt, das war alles. Sie, Maxie, hatte nie erfahren, was es bedeutete, einen Mann zu begehren. Die meisten Männer mochte sie nicht, weil sie ihnen nicht traute. Welcher Mann hatte sie je als Individuum mit Gefühlen betrachtet und nicht als Trophäe, mit der er sich schmücken konnte?

Und nun hatte Angelos Petronides bewiesen, dass er genauso war wie alle anderen Männer. Dass sie darüber zutiefst enttäuscht war, begriff sie allerdings nicht.

„Sie zittern ja … Warum setzen Sie sich nicht?“ Er zog einen Sessel für sie heran, doch sie rührte sich nicht von der Stelle. Daraufhin betrachtete er sie gereizt. „Sie haben Ringe unter den Augen, und Sie haben abgenommen. Sie sollten besser auf sich aufpassen.“

Maxie schwor sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. Wie konnte er es wagen, hier aufzutauchen und seine eindeutigen Absichten kundzutun und sich dann so aufzuführen, als erwartete er dafür noch Beifall?

„Ihr Interesse an meinem Wohlergehen ist unerwünscht und unnötig, Mr Petronides“, erklärte sie mit bebender Stimme und setzte sich, weil sie befürchtete, sonst doch der Versuchung nachzugeben und ihm eine schallende Ohrfeige zu verpassen.

Angelos nahm ihr gegenüber Platz – zu ihrer großen Erleichterung, denn selbst wenn sie ihm gegenüberstand, überragte er sie noch.

Dafür, dass er so groß und kräftig war, bewegte er sich überraschend geschmeidig. Er war dunkelhaarig und dunkelhäutig, hatte markante Wangenknochen, eine schmale Nase und einen sinnlichen Mund. Das Auffallendste an ihm waren jedoch seine außergewöhnlichen, von langen Wimpern gesäumten Augen. Sein Blick verriet keinerlei Gefühle.

„Lelands Frau wollte Sie wegen dieses Darlehens verklagen“, sagte er schließlich und brach damit das angespannte Schweigen.

Maxie verspannte sich noch mehr und sah ihn entsetzt an. „Wie haben Sie von dem Darlehen erfahren?“

Er zuckte die breiten Schultern. „Das ist unwichtig. Jennifer wird Sie nicht verklagen. Ich habe das Geld in Ihrem Namen zurückgezahlt.“

Langsam beugte sie sich vor. „Sagen Sie das noch einmal“, bat sie ihn mit bebender Stimme, da sie ihren Ohren nicht traute.

Angelos Petronides betrachtete sie mit einem unergründlichen Ausdruck in den Augen. „Ich verlange das Geld nicht von Ihnen zurück, Maxie. Dass ich mich eingeschaltet habe, war lediglich eine Geste in gutem Glauben.“

„In gutem … Glauben?“, wiederholte sie stockend. Ihre Stimme klang ungewöhnlich schrill.

„Was sonst?“ Er machte eine ausdrucksvolle Geste, während er ihre entsetzte Miene betrachtete. „Welcher richtige Mann würde versuchen, eine Frau zu erpressen, damit sie mit ihm schläft?“

2. KAPITEL

Maxie sprang auf. Ihr hübsches Gesicht war vor Zorn gerötet. „Glauben Sie, ich bin völlig bescheuert?“, schrie sie so laut, dass ihre Stimme sich überschlug.

Langsam stand Angelos Petronides wieder auf. „Wenn ich an einige Entscheidungen denke, die Sie früher getroffen haben … Wie offen darf ich zu Ihnen sein?“

Maxie atmete scharf ein, schlug die Hand vor den Mund und wandte sich ab. Sie war entsetzt, weil er sie so aus der Fassung gebracht hatte. Wie aus weiter Ferne drangen die Geräusche spielender Kinder durch das geöffnete Fenster an ihr Ohr.

„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen“, fuhr Angelos mit einem spöttischen Unterton fort. „Ich habe schon oft miterlebt, wie Sie blass geworden sind und sich angespannt haben. Immer wenn Leland Sie in der Öffentlichkeit berührt hat, hat es Sie große Überwindung gekostet, seine Hand nicht abzuschütteln. Im Schlafzimmer muss es wirklich lustig gewesen sein …“

Am liebsten hätte sie ihn umgebracht. Doch sie konnte nicht einmal sprechen und war umso fassungsloser, weil sie noch nie zuvor so wütend gewesen war und nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte.

„Aber mir war schon immer klar, dass der größte Reiz für Leland darin bestand, Sie bei jeder Gelegenheit in der Öffentlichkeit vorzuführen“, fuhr er amüsiert fort. „Wahrscheinlich wollte er sich gar nicht so oft im Schlafzimmer amüsieren. Schließlich war er nicht mehr der Jüngste …“

„Und Sie sind … der widerlichste Kerl, dem ich je begegnet bin!“, rief sie.

„Sie werden sich schon an mich gewöhnen. Schließlich brauchen Sie einen Mann wie mich.“ Ohne Vorwarnung umfasste er ihre Schultern und drehte sie zu sich herum.

„Von wegen!“ Energisch befreite sie sich aus seinem Griff. „Und fassen Sie mich nicht an … Ich lasse mich nicht gern betatschen.“

„Warum sind Sie so wütend? Ich musste Ihnen von dem Darlehen erzählen“, meinte er ruhig. „Ich wusste, dass der Anwalt der Coulters Ihnen geschrieben hat, und wollte Sie beruhigen.“

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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