Eingeschneit mit dem sexy Milliardär

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Edle Stoffe, Designermöbel und ein Traummann: Die junge Innenarchitektin Phoebe richtet das Strandhaus des Milliardärs Matteo Bianchi in den Hamptons neu ein. Eng arbeitet sie mit dem attraktiven Italiener zusammen - und verbringt sogar die Silvesternacht mit ihm, weil ein Schneesturm sie überrascht. Schicksal? Noch zwei Sekunden: Matteo zieht sie an sich. Noch eine Sekunde: Er küsst sie. Mitternacht: heiße Hände auf nackter Haut! Aber kaum beginnt das neue Jahr, verlangt Matteo etwas, das Phoebes Glück in tausend Scherben zerspringen lässt …


  • Erscheinungstag 06.11.2018
  • Bandnummer 232018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710538
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der schrille Klingelton des Telefons riss sie brutal aus ihrem Traum. Und das ausgerechnet, als sie an Hugh Jackmans Seite die Welt retten wollte! Phoebe streckte eine Hand unter der warmen Bettdecke hervor und tastete blind nach dem Apparat.

Wie dreist, sie ausgerechnet in der Sekunde zu stören, während sie Hughs Hemd aufknöpfte … natürlich alles im Namen der Weltrettung!

Nach etlichen Tastversuchen fand sie das Telefon, zog es unter die Bettdecke und an ihr Ohr. „Phoebe Gates …“, murmelte sie mit belegter Stimme und zuckte zusammen, als der kalte Hörer auf ihre schlafwarme Haut traf. New York war in den letzten Tagen von einem ungemütlichen Schneesturm heimgesucht worden, und ihre Heizung führte sich mal wieder auf wie ein zickiger Teenager.

„Miss Gates, würden Sie gern eine Viertelmillion Dollar verdienen?“

Eine Männerstimme … tief, samtig und mit einem unverkennbar italienischen Akzent. Sie ließ einen an geschmolzene dunkle Schokolade denken.

„W…was?“, stammelte sie und kroch tiefer unter die weiche Bettdecke. Vielleicht schlief sie ja noch, und das Ganze war Teil ihres aufregenden Traums.

„Ich will wissen, ob Sie Lust haben, eine Viertelmillion Dollar zu verdienen?“

Phoebe gähnte und rollte sich träge auf den Rücken. „Das wäre wunderbar.“

„Okay, Sie sind also frei?“

„Pardon?“

„Ich meine terminlich, für den gesamten nächsten Monat?“

Langsam begann ihr Verstand Fahrt aufzunehmen. „Hey, warten Sie eine Minute. Sie sind einer dieser gruseligen Stalker, oder? Na, auf jeden Fall hast du dir das falsche Mädchen ausgesucht, mein Freund! Denk nicht mal daran, mir …“

„Miss Gates …“

Wahrscheinlich war es dieser kühle Hauch von Ungeduld, der sie endgültig weckte.

„Also, wenn Sie kein Stalker sind, dann auf jeden Fall ein Betrüger. Jetzt fehlt nur noch, dass ich Ihnen Kontonummer und Passwort liefern soll, damit Sie mir das Geld direkt überweisen können.“ Empört setzte sie sich im Bett auf und blinzelte gegen das grelle Licht an. Schnee reflektierte offenbar nur wieder Schnee.

Entnervt fuhr sie sich mit den Fingern durch ihr wirres Haar, dann stutzte sie und runzelte die Stirn. „Verflixt! Wissen Sie eigentlich, was für ein Tag heute ist?“ Sie blinzelte in Richtung Wecker. „Und wie spät, beziehungsweise wie früh? Es ist der 26. Dezember, acht Uhr morgens!“, erklärte sie vorwurfsvoll.

Am anderen Ende der Leitung ertönte ein ungeduldiger Seufzer. „Miss Gates … sind Sie denn nun in den nächsten Wochen verfügbar oder nicht?“

Das reichte. Arrogant und unverschämt! Er verdarb ihr den besten Traum ihres Lebens, ruinierte den Start in ihren wohlverdienten Urlaubstag und glaubte dann auch noch herablassend sein zu können? „Kommt ganz darauf an, mit wem ich rede und worüber. In meiner Welt nennt man das schlechte Manieren, wenn jemand etwas von einem will und sich nicht einmal vorstellt.“

Tiefes Schweigen. Gut so, vielleicht wartete Hugh ja immer noch auf sie.

„Ich bitte um Verzeihung, Miss Gates. Meine Großmutter dreht sich sicher gerade in ihrem Grab um und schlägt mich auf den Hinterkopf.“

Diesmal schwang eindeutig ein Hauch von Humor in der sonoren Stimme mit.

„Mein Name ist Matteo Bianchi. Ich besitze ein Haus … tatsächlich sind es zwei Häuser, an denen einiges getan werden muss. Ich brauche beide innerhalb der nächsten Wochen renoviert und neu ausgestattet, um sie dann gewinnbringend verkaufen zu können.“

Echte Arbeit! Hier ging es offenbar um einen reellen Auftrag.

Trotzdem, sie konnte nicht anders: „Und deshalb stören Sie mich am Boxing Day um acht Uhr morgens?“

„Na und? Weihnachten ist vorbei, und ich verschwende nicht gern meine Zeit. Haben Sie jetzt Interesse oder nicht?“

Er behandelte sie schon wieder von oben herab. Phoebe wechselte ihre Sitzposition und schaute hinaus in den leise fallenden Schnee. Eigentlich hatte sie vorgehabt, heute auf Schnäppchenjagd zu gehen. Am Boxing Day starten viele Geschäfte traditionell ihren Winterschlussverkauf, doch der Gedanke an das üble Wetter und überfüllte Läden ließ sie gleich wieder tiefer unter ihre Decke rutschen.

„Wo liegen die Häuser?“

„Das eine in den Hamptons“, kam es schnell zurück. „Genau gesagt, Southampton.“

Phoebe spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Die Hamptons! Millionen-Dollar-Häuser mit Millionen-Dollar-Budgets. Zwei Dinge, von denen sie immer geträumt hatte. Besonders seit die Kosten für die medizinische Versorgung ihrer Mutter stetig anstiegen. Sie versuchte, ihre Stimme zu kontrollieren. „Und das zweite?“

Wie viel Dollar hatte er ihr noch mal in Aussicht gestellt?

„Rom.“

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Rom! Unzählige Flugstunden von New York entfernt … einmal über den großen Teich. Wie sollte sie denn nach Rom kommen? Phoebe fühlte einen kalten Schauer über ihren Rücken rinnen.

„Oh.“ Mehr brachte sie auf Anhieb nicht heraus.

„Sie müssten allerdings gleich durchstarten. Ich werde Ihnen eine Firmenkreditkarte zukommen lassen, mit der alle Umbauten und Wohnaccessoires, für die Sie sich entscheiden, gedeckt sind.“

Phoebes Stimme war wie eingefroren, dafür drohte ihr das Herz vor Aufregung und zunehmender Panik aus der Brust zu springen. Rom!

„Miss Gates? Sind Sie noch da?“

„Ja. Das mit den Hamptons geht in Ordnung. Ich kann mir das Haus ansehen, wann immer es Ihnen passt. Was Rom betrifft … das könnte zu einem Problem werden.“

„Warum müssen Sie die Häuser überhaupt vorher sehen?“

„Ich schaue mir jedes Objekt an, bevor ich einen Auftrag annehme.“ Oh ja, auch sie konnte arrogant und überheblich sein! Auf ihren Kommentar, was Rom betraf, ging er zum Glück nicht weiter ein. Dafür hörte sie einen erneuten Seufzer.

Phoebes Neugier war geweckt. Sie hatte noch nie zuvor von Matteo Bianchi gehört, da war sie sicher. Bei dem sexy Akzent würde sie sich garantiert an ihn erinnern, wenn sie sich schon einmal über den Weg gelaufen wären.

„Also gut, in einer Stunde bin ich bei Ihnen.“

„Was?“ Schlagartig saß sie kerzengerade in ihrem Bett.

„Sie wollen doch das Haus sehen, oder nicht? Ich hole Sie ab, und wir fahren hin.“

Phoebe konnte es nicht fassen, in der einen Minute war sie noch in einem glückseligen Traum gefangen, in der nächsten schon wieder mit einem Bein mitten in der Arbeit. Im Weihnachtsurlaub! Irgendetwas musste daran faul sein. „Mr. Bianchi, wo haben Sie eigentlich von mir gehört?“

„Ich kenne eine Wohnung in der Nähe des Central Parks, die Sie eingerichtet haben.“ Kurze Pause. „Hat mir sehr gefallen.“

Ihre Mundwinkel hoben sich in einem Lächeln. „In Madison Court?“

Diesen Job hatte sie geliebt. Das Apartment gehörte einem Kapitän im Ruhestand, der sich verkleinern und deshalb ausziehen wollte. Ihre Konkurrenz hatte dem alten Seebären vorgeschlagen, sein geliebtes Domizil komplett zu räumen, alle Wände weiß zu streichen und sämtliche Böden zu kacheln. Sie war die einzige Innenarchitektin mit einer anderen Vision gewesen.

Sie wollte Captains Monaghans Abenteuerleben in der Ausstattung der Wohnung würdigen, auch noch nach seinem Auszug. Dafür hatte sie einige seiner Fundstücke und Souvenirs aus aller Welt konzentriert gekonnt in Szene gesetzt: Ein altes Steuerrad, ein antiker geschnitzter Leuchtturm und zwei kleine Modelle der Schiffe, auf denen er gefahren war. Die Wohnung ließ sich weit über Captains Monaghans Preisvorstellung hinaus verkaufen, allerdings unter der einen Bedingung, nichts am vorhandenen Design zu verändern.

Ein warmes Gefühl breitete sich in Phoebes Innern aus. Dass Matteo ihre Arbeit gesehen hatte und sie ihm gefiel, tat gut. Madison Court war ihr bisher größter Job gewesen. Dass sie den alten Kapitän im selben Krankenhaus kennengelernt hatte, in dem ihre Mutter zur Chemotherapie war, behielt sie für sich. Schon kurios, diese unerwarteten Wendungen im Leben …

„Ja, Madison Court, ein wirklich … ungewöhnliches Projekt“, brachte sich ihr möglicher Auftraggeber wieder in Erinnerung. „Also, wie sieht’s aus? Sind Sie in den nächsten Wochen verfügbar, Miss Gates?“

Phoebes Lächeln vertiefte sich. Dieselben Worte, eine völlig andere Wirkung. Dazu winkte er mit einer Viertelmillion Dollar …

Dies könnte die Antwort auf ihre Gebete sein und die dunklen Sorgenfalten ihrer Mutter vertreiben. Fest stand, ihrer beider Ersparnisse reichten nicht annähernd aus, um die schwindelerregend hohen Arztkosten zu decken.

„In einer Stunde sagten Sie?“

„Ich freue mich auf unsere Verabredung, Miss Gates.“

Der neue Ton ließ sie aufhorchen und die Stirn runzeln. Irgendetwas irritierte sie.

Okay, die Wohnung am Central Park mochte ihr gelungen sein, auf der anderen Seite gab es in New York Dutzende von Innenarchitekten und der Wettbewerb war knüppelhart. Und wenn Matteo Bianchi Eigentum in den Hamptons besaß, musste er noch eine ganze Reihe anderer Kontakte haben.

„Mr. Bianchi …?“

„Ja, Miss Gates?“

„Mit wie vielen Innenarchitekten haben Sie heute Morgen schon gesprochen, bevor sie mich geweckt haben?“

Er zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. „Ich glaube, es waren … sieben.“

Phoebe lachte. „Wir sehen uns in einer Stunde“, sagte sie und legte auf.

Bereits zum fünften Mal starrte Matteo auf die Uhr und fluchte unterdrückt. Der New Yorker Verkehr und die extremen Schneefälle schienen sich einfach nicht zu vertragen. Durchschnittsgeschwindigkeit: ein Kilometer pro Stunde!

Viel zu spät stoppten sie vor der anvisierten Adresse, und keine zwei Sekunden später tauchte eine dick vermummte Gestalt, von der man kaum die Nasenspitze sah, neben der Limousine auf. Der Fahrer öffnete die Wagentür, und gleich darauf ließ Phoebe Gates sich auf den Sitz neben ihn sinken. Er hoffte zumindest, dass sie es wahr.

Lachend schob sie gleich zwei große Kapuzen nach hinten und fixierte ihn aus lebhaften braunen Augen. Sie war jünger und weitaus hübscher als erwartet. Eine Fülle dunkler Locken umrahmte ihr herzförmiges Gesicht, die samtene Haut erinnerte an sehr hellen Milchkaffee.

Seine neue Innenarchitektin schenkte Matteo ein breites, offenes Lächeln, während sie sich aus etlichen Lagen Stoff schälte. „Könnte sein, ich habe es ein wenig übertrieben. Aber der viele Schnee hat mich vorübergehend in Panik versetzt.“

„Das ist nicht zu übersehen“, murmelte er trocken und schüttelte fassungslos den Kopf, als Miss Gates nach und nach einen Regenmantel, einen schwarzen Parka und einen Kapuzenpulli auszog, bevor sie mit allen zehn Fingern versuchte, Ordnung in ihr Lockengewirr zu bringen, während sie sich in der geräumigen Luxuslimousine umschaute.

„Beeindruckend“, lautete ihr Urteil. „Aber ziemlich heiß hier drinnen.“

Das ließ er unkommentiert und verfolgte fasziniert, wie Phoebe Gates um eine bequeme Sitzposition rang, ehe sie das Gespräch eröffnete. „Ich war also Nummer acht, ja?“

Matteo zuckte mit den Schultern. „Habe anscheinend die falsche Jahreszeit ausgesucht, um einen Innenarchitekten zu engagieren.“

„Ich würde sagen, eher den falschen Tag erwischt.“

Es gefiel ihm, dass sie frei heraus sagte, was ihr gerade durch den Kopf ging. Auch ihr Lachen mochte er …

„Warum überhaupt diese Eile?“, fragte Phoebe neugierig und stieß, noch ehe er antworten konnte, einen spitzen Schrei aus. „Stopp! Anhalten!“, rief sie in Richtung des Fahrers, der daraufhin so hart auf die Bremse stieg, dass ihr Sitznachbar und sie fast nach vorn geflogen wären.

„Was ist?“, fragte Matteo scharf. „Haben wir jemanden angefahren?“

Phoebe schüttelte den Kopf und grinste verschwörerisch, eine Hand bereits am Türgriff. „Da vorn ist mein Lieblings-Kaffeestand. Was soll ich Ihnen mitbringen?“

Nur mit Mühe gelang es Matteo den Kraftausdruck hinunterzuschlucken, der ihm bereits auf der Zunge lag. „Sie haben diesen Aufstand allein aus Kaffeedurst gemacht?“, fragte er ungläubig.

Phoebe starrte ihn prüfend aus schmalen Augen an, dann zuckte sie mit den Achseln und tippte dem Fahrer auf die uniformierte Schulter. „Sie sind der Macchiato-Typ, oder?“

Matteos Chauffeur blinzelte überrascht und nickte zögernd.

„Dazu einen Schokoladendonut?“ Erneutes Nicken.

Phoebe stieg aus, lehnte sich noch einmal ins Wageninnere und musterte ihren potenziellen Arbeitgeber mit gefurchter Stirn.

„Was?“, fragte er gereizt.

„Ich versuche zu entscheiden, ob Sie der Doppel-Espresso- oder der Americano-Typ sind.“ Damit drehte sie sich um, sprach mit dem Verkäufer, der lachte und ihre Bestellung ausführte. Zwei Minuten später saß sie wieder im Wagen, bediente zuerst den Fahrer, dann reichte sie Matteo einen heißen Pappbecher und etwas in einer Tüte. Als er beides nur finster anstarrte, wanderten ihre Brauen nach oben. „Ich bin morgens auch schlecht gelaunt, solange ich keinen anständigen Kaffee hatte.“ Phoebe seufzte und schüttelte den Kopf. „Und das würde Ihnen nicht gefallen, glauben Sie mir.“

Süßes Karamellaroma stieg auf, als Phoebe ein Gebäckstück aus ihrer Tüte fischte und herzhaft hineinbiss. „Beste Donuts in ganz New York“, murmelte sie undeutlich. „Na los …“, forderte sie Matteo auf. „Probieren Sie Ihren.“

Phoebe Gates war absolut nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Die letzte Innenarchitektin, mit der er sich hatte auseinandersetzen müssen, hatte ein typisches Businessoutfit, High Heels getragen. Ihre Assistentin hatte wie ihr Klon gewirkt und ununterbrochen Notizen in ein Notebook getippt sie. Beide waren professionell und distanziert gewesen.

Matteo starrte auf den dampfenden Americano in seiner Hand … fatalerweise war er genau so, wie er ihn mochte. Ein Blick in die Tüte verriet ihm, dass auch der Donut seinem Geschmack entsprach. Keine Glasur, keine Streusel, nur Teig und Zucker. „Woher wussten Sie das?“

Phoebe gönnte sich einen weiteren Schluck Kaffee. „Wusste ich was?“

Er hielt Kaffeebecher und Gebäcktüte hoch. „Also, woher?“ Da er von Natur aus misstrauisch war, schaffte es kaum jemand, ihn zu überraschen. Und dass seine Kaffee- und Gebäckvorlieben irgendwo im Internet herumschwirren sollten, erschien ihm doch irgendwie unwahrscheinlich.

Phoebe zuckte erneut mit den Schultern und lächelte. „Ich kenne mich einfach aus in diesen Sachen. Innenarchitektur … ein Beruf, der zum Großteil auf Beobachtung und Intuition basiert.“

Verflixt! Womöglich war es ein Fehler gewesen, spontan „Nummer Acht“ zu engagieren. Aber dass er sie überhaupt anrief, war quasi aus höchster Not heraus geschehen: Denn das Einzige, worauf seine große italienische Familie sich während der angespannten Weihnachtstage hatte einigen können, war der Entschluss, endlich einige ihrer Besitztümer zu verkaufen.

Nach kurzem Zaudern hatte Matteo zähneknirschend zugestimmt, Verhandlung und Abwicklung zu übernehmen, und war jetzt wild entschlossen, alles so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Er ging davon aus, dass sich angesichts des mehr als großzügigen Honorars jeder Innenarchitekt um den Job reißen würde, lag damit aber offensichtlich falsch.

Bei vier Designern, die er angerufen hatte, hatte er nur den Anrufbeantworter erreicht. Zwei Innenarchitekten hatten aufgrund familiärer Verpflichtungen abgelehnt, einer war noch eine Weile in Washington beschäftigt, und als Matteo schließlich Phoebe am Telefon hatte, wollte er nur noch, dass sie „Ja“ sagte.

Aber dann hatte sie ihn überrascht, um nicht zu sagen überrumpelt.

Er war es gewohnt, Geschäfte zu machen, bezahlte grundsätzlich großzügig und erwartete, dass die Arbeit prompt erledigt wurde. Ende der Geschichte.

Deshalb hatte es ihn irritiert, dass Phoebe zuerst das Anwesen sehen wollte, anstatt sich sofort den Job zu sichern. Ein in seinen Augen überflüssiger Akt, den er sich gern erspart hätte, besonders im Moment.

Er hielt sie ja nicht grundsätzlich für unprofessionell, das wäre ein zu hartes Urteil gewesen. Sie erschien ihm nur … viel zu entspannt.

Immerhin war er bereit, eine Viertelmillion Dollar zu zahlen. Durfte man dafür nicht etwas mehr Respekt erwarten? Oder geriet man dabei automatisch in Gefahr, als archaisch oder gar sexistisch abgestempelt zu werden? In der heutigen Zeit war ja beides nicht akzeptabel und würde ihm in jedem Fall einen Schlag auf den Hinterkopf von seiner energischen Schwester einbringen.

Ein spitzer Ellenbogen in seiner Rippengegend ließ ihn zusammenzucken.

„Na los, nun essen Sie schon auf, sonst beginne ich womöglich noch, an meinen Instinkten zu zweifeln. Endlich haben wir Zeit für uns. Warum erzählen Sie mir nicht etwas über die Geschichte des Hauses, um das es geht?“

Matteo nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee. Überraschend gut für einen Straßenstand, lautete sein Urteil. Er gab sich einen Ruck, öffnete den Mund und genau da klingelte sein Handy. Entnervt starrte er aufs Display und fluchte unterdrückt.

Vittore. Sein Bruder, der zweifellos mal wieder auf einen Kampf aus war.

Zumindest einen positiven Effekt hatte die unwillkommene Unterbrechung: Sie gab ihm Zeit, seine Gedanken zu ordnen. „Ich werde Ihnen keinerlei Hintergrundinformationen über das Haus geben“, erklärte er an Phoebe gewandt. Er gab sich Mühe, nicht zu amüsiert zu wirken. „Stattdessen bin ich gespannt auf Ihren ersten Eindruck.“ Damit lehnte er sich zurück und nahm das Gespräch an. „Vittore?“

Phoebe seufzte abgrundtief, allerdings innerlich und damit absolut lautlos.

Die gesamte letzte Stunde hatte sie damit verbracht, aus dem Fenster zu starren und auf die Chance zu hoffen, endlich auch mal zu Wort zu kommen. Doch frustrierenderweise schien Mr. Bianchi den Großteil seiner Geschäfte per Handy zu regeln.

Genau in dieser Sekunde hätte sie vielleicht im Macy’s das Schnäppchen der Saison zum halben Preis ergattern können. Möglicherweise sogar den schicken lila Mantel, den ihre Mutter so bewundert hatte – das perfekte Wohlfühlgeschenk, um ihr endlich mal wieder ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.

Alles war besser als eine Stunde erzwungener Stille …

Je weiter sie Manhattan hinter sich ließen, umso mehr Schnee schien liegen zu bleiben und verwandelte die Gegend in ein Winterwunderland. Kein Wunder, dass die Hamptons – diese hinreißende Region an der Küste von Long Island – derart beliebt und angesagt waren. Hier fand man einige der luxuriösesten und teuersten Immobilien im ganzen Bundesstaat New York. Und nebenbei galten die Hamptons als ein äußerst beliebter Drehort für Filme und Fernsehshows.

Phoebe kannte die Gegend von Ausflügen aus Kinder- und Teenagertagen, hatte sogar ein Semester an der hiesigen Uni studiert und dabei beobachten können, wie die andere Hälfte der Bevölkerung lebte: Je weiter entfernt von der Stadt, desto relaxter und exklusiver.

Sie selbst brauchte die Hektik und den Trubel in New York und fühlte sich dort absolut zu Hause. Inmitten des lebhaften Menschengewimmels, in der Stadt, die niemals schlief. Aber sie liebte auch die Hamptons. Okay, leider fehlte ihr das dazugehörige Millionen-Dollar-Konto. Als die ersten Strandhäuser in Sicht kamen, beschleunigte sich ihr Puls vor lauter Freude.

Jede der zauberhaften Villen unterschied sich in Stil und Ausstattung von den Nachbarhäusern und trug ihren ganz eigenen Charakter zur Schau. Einige von ihnen standen bereits länger als hundert Jahre hier, andere waren Ende der Achtziger im damals hochmodernen Design errichtet worden, das inzwischen allerdings auch leicht antiquiert wirkte.

Durch die Straßen zu fahren und die luxuriösen Häuser zu begutachten war eine beliebte Freizeitaktivität hier in der Gegend. Einige Hausbesitzer schien das zu stören. Warum sonst wurden so viele der Schmuckstücke möglichst weit hinten auf dem Grundstück platziert? Phoebe rümpfte die Nase. Was nützte ein Haus, das man von der Straße aus gar nicht sehen konnte?

Die Limousine verlangsamte ihre Fahrt, und Phoebes Augen weiteten sich. Sie kannte die Umgebung, wenn auch nur aus dem Fernsehen. Eine der Straßen hier wurde auch „Straße der Milliardäre“ genannt. Hier fanden sich einige der teuersten Anwesen der gesamten USA …

Phoebe lehnte sich im weichen Ledersitz zurück und musterte Matteo mit einem verstohlenen Seitenblick. Okay, gesagt hatte er „Southampton“. Allerdings wäre sie nie darauf gekommen, dass er ausgerechnet diese Straße gemeint haben könnte!

Der Wagen fuhr durch riesige schmiedeeiserne Torflügel auf ein Strandgrundstück und rollte gemächlich eine lange gewundene Auffahrt entlang.

Phoebe hielt den Atem an. Keine Frage, dies war eines der größten Häuser und spektakulärsten Anwesen auf Long Island …

Sie war so aufgeregt, dass sie kaum atmen konnte, und ausgerechnet jetzt musste Matteo Bianchi sein Dauertelefonat beenden! Hoffentlich erwartete er keinen, wie auch immer gearteten Kommentar von ihr. Doch das schien nicht der Fall zu sein. Anders als sie, wirkte er eher entnervt, denn begeistert.

Irgendwie gleichgültig, ja, fast feindselig.

Phoebe blinzelte, schluckte krampfhaft und sah etwas auf dem Dach aufblitzen. Offenbar spiegelte sich die Wintersonne in einer Art Glaskuppel wider. Oder – wesentlich wahrscheinlicher – es war eine Halluzination, geschuldet ihrer momentanen Überforderung.

Sie wollte schon mit einer Frage rausplatzen, da sah sie noch etwas anderes in Matteos angespannter Miene. Antipathie … Widerwillen. Gegenüber so einem Haus?

Bleib cool! rief Phoebe sich zur Ordnung und wiederholte die Parole wie ein Mantra in ihrem Kopf. Sie hatte nicht gescherzt, als sie sagte, sie würde sich eine Immobilie immer vorher ansehen, bevor sie einen Auftrag annahm. Und fast ebenso wichtig war es ihr, auch den Kunden erst einmal persönlich zu treffen. So etwas wie eine Beziehung zu ihrem Klienten aufzubauen, hatte ihr schon mehrfach Türen geöffnet.

Damit ihr Engagement aber nicht missverstanden wurde, stellte Phoebe ihre eigene Sicherheit an oberste Stelle.

Das war einfach gewesen, solange sie noch Jason im Rücken hatte. Ein Blick auf den durchtrainierten Ex-Marinepiloten, und alle verwegenen bis fehlgeleiteten Gedanken ihrer Auftraggeber hatten sich umgehend verflüchtigt.

Doch vor drei Jahren hatte sich ihr Leben auf dramatische Weise verändert. Und zwar in dem grauenvollen Moment, als gleichzeitig zwei Flugzeugmotoren ausfielen, was nicht passieren durfte und zuvor auch noch nie geschehen war … außer bei ihrem Verlobten.

Als sie von seinem Tod erfahren hatte, wusste Phoebe, dass ihr Leben nie mehr dasselbe sein würde. Sie hatte sich wie im freien Fall gefühlt und gewöhnte sich nur mühsam daran, auch einmal ohne Notfallplan zu agieren.

Warum sie sich ausgerechnet bei Matteo Bianchis überraschendem Anruf und Angebot keine Sorgen machte und irgendwie auf der sicheren Seite fühlte, hätte sie nicht begründen können.

Erneut linste sie zu ihm hinüber. Er wirkte wie der typische New Yorker Millionärs-Workaholic. Ein außergewöhnlich attraktiver italienischer Workaholic …

Wirklich interessant – nicht sein Aussehen, sondern, dass sie es registrierte. Drei Jahre war sie, was Männer betraf, so gut wie blind gewesen.

Matteo Bianchi wies alle Merkmale eines südländischen Filmhelden auf, wie Phoebe sie aus dem Kino kannte: dichtes nachtschwarzes Haar, tiefgrüne Augen, bronzefarbene Haut, schneeweiße Zähne. Das Einzige, was seine Attraktivität schmälerte, war das ständige Stirnrunzeln.

Außerdem machte er einen ungeduldigen, fast gehetzten Eindruck. Kaum, dass die Limousine vor der cremefarbenen Villa hielt, riss er die Wagentür auf, während Phoebe sich durch ihren Jackenhaufen wühlte und sich ein dickes rotes Kapuzenteil anzog. Dann stieg auch sie aus und schaute sich neugierig um.

Das Grundstück war gepflegt, die elegante Hausfassade etwas verwittert, was natürlich an der Seeluft lag. Die Doppelflügeltür mit den gewölbten Scheiben war aus massivem Mahagoni, ebenso wie die Fenster, auf deren Innenseite Jalousien vor zu viel Sonne schützten. Ein wunderschönes Haus, das an eine Festung erinnerte.

Wenn Phoebe für eine Sekunde die Augen schloss, vermochte sie sich vorzustellen, wie es hier zu Weihnachten aussehen könnte, mit festlich dekoriertem Christbaum und beleuchtet von unzähligen Kerzen.

Stattdessen wirkte es dunkel, kalt und missachtet wie ein unerwünschtes Geschenk, das niemand auspacken wollte.

„Nutzen Sie dieses Haus nur im Sommer?“

„Wir haben es nie wirklich genutzt.“

„Was?“ Phoebe glaubte, sich verhört zu haben. „Wie meinen Sie das?“

Autor

Scarlet Wilson

Scarlet Wilson hat sich mit dem Schreiben einen Kindheitstraum erfüllt, ihre erste Geschichte schrieb sie, als sie acht Jahre alt war. Ihre Familie erinnert sich noch immer gerne an diese erste Erzählung, die sich um die Hauptfigur Shirley, ein magisches Portemonnaie und eine Mäusearmee drehte – der Name jeder Maus...

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