Es war einmal am Valentinstag ...

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"Ich habe kein Interesse an einer Beziehung." Die schöne Shea ist dem Unternehmer Pax Merrick ein Rätsel. Warum weigert sie sich so beharrlich, ihn nach einer wundervollen Liebesnacht wiederzusehen?


  • Erscheinungstag 21.09.2020
  • Bandnummer 11
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719289
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Dezember

An allem war nur dieses Hemd schuld.

Das Hemd von diesem umwerfenden Mann, um genau zu sein.

Allerdings wäre es gar kein Problem gewesen, wenn er es einfach nur anbehalten hätte. Aber nein, er musste ja unbedingt den Gentleman markieren. Weil sie bis auf die Haut durchnässt und am Erfrieren war, nachdem ein eisiger Sturm Seattle lahmgelegt hatte.

Damit hatte alles angefangen.

Ganz offensichtlich hatte sie in diesem Augenblick den Verstand verloren.

Welche Erklärung konnte es sonst dafür geben, dass sie gerade auf ein paar Kissen im Büro der Schiffsbaufirma Merrick & Sullivan auf dem Fußboden lag? Und dafür, dass Paxton Merrick einen sehnigen Arm um ihre Taille geschlungen hatte und wie selbstverständlich eine Hand auf ihrer Brust ruhen ließ?

Shea Weatherby lag reglos da und hoffte, dass er nicht aufwachen würde.

Es war Morgen. Sonnenlicht durchflutete den Raum. Der Sturm, der sie dazu gebracht hatte, im Büro von Pax Zuflucht zu suchen, als ihr Auto nicht anspringen wollte, war vorüber. Sie schloss die Augen und fragte sich, wie sie sich noch einen Rest Selbstachtung bewahren konnte.

Sie kannte Pax schon über zwei Jahre. So lange war sie nicht auf seine Flirtversuche eingegangen. Jetzt war ihr Widerstand nach nur einem gemeinsamen Abend in sich zusammengebrochen. Nur weil sie es sich nicht leisten konnte, ihre Schrottkarre zu ersetzen.

Er hatte ihr sein Hemd gegeben, weil ihre Sachen tropfnass waren. Er hatte sie in den Arm genommen, um sie warm zu halten, als der Strom wegen des Sturms ausgefallen war. Dann …

Sie war sich nicht mal sicher, wer wen zuerst geküsst hatte. Shea befürchtete sogar, dass sie den ersten Schritt getan hatte.

Sie umklammerte das Kissen und dachte an etwas anderes. Oder versuchte es zumindest. Das war schwierig, weil sie sich so wohl und entspannt fühlte wie seit Jahren nicht mehr.

Und in sexueller Hinsicht befriedigter als je zuvor.

Sie wusste, dass sie dankbar sein sollte, dass Pax überhaupt in seinem Büro war. Er verbrachte wesentlich mehr Zeit auf der Werft. Wenn er nicht da gewesen wäre, hätte sie während des eisigen Sturms im Auto ausharren müssen. Sie arbeitete erst eine Woche für Cornelia im Büro nebenan. Die Verantwortung für einen Schlüssel hatte sie deswegen abgelehnt. Und so kam sie, nachdem sie das Haus einmal verlassen hatte, nicht mehr hinein. Als der Sturm losgebrochen war, waren alle anderen Mitarbeiter schon weg.

Sie unterdrückte einen Seufzer und öffnete die Augen.

Pax hatte ihnen aus den Polstern der Clubsessel in seinem Büro ein Lager gebaut. Außerdem hatte er eine Plane gefunden, die sie als Decke verwenden konnten, und ein paar Kerzenstummel, die er in ein paar Kaffeetassen gesteckt hatte, damit sie Licht hatten.

Shea ließ den Blick von einem polsterlosen Sessel zu dem runden Tisch in der Mitte des Büros wandern. Die korrekte Bezeichnung war wohl eher „Ausstellungsraum“ als Büro. Denn abgesehen von den Sesseln war das einzige Möbelstück dieser Tisch, auf dem das Modell eines Segelschiffs prangte.

Pax und sein Partner Erik Sullivan bauten Segelschiffe. Große, wunderschöne Jachten. Beide Männer waren Junggesellen. Beide sahen unglaublich gut aus. Sie waren Teil der Segelwelt mit allem, was dazugehörte – vor allem Reichtum und Schönheit. Aber die beiden engagierten sich auch für gute Zwecke. Deswegen hatte Shea Pax überhaupt erst kennengelernt. Als sie einen Artikel für die Zeitung geschrieben hatte, bei der sie arbeitete. Für die Seattle Washtub.

Shea verzog das Gesicht. Sie konnte nicht mehr stillliegen. Sobald sie sich regte, fuhr Pax ihr langsam mit dem Daumen über die Brust. Zu ihrem Entsetzen sehnte sie sich nach mehr. Sie erstarrte.

Shea war stolz darauf, praktisch veranlagt zu sein. Sie wusste ganz genau, dass es zu nichts führte, sich etwas vorzumachen.

Oder ein schiefes Lächeln zum Anlass von Tagträumen zu nehmen.

So etwas hatte sie schon mal erlebt. Das hatte ihr nur Liebeskummer eingebracht.

Pax streichelte sie. „Du denkst zu viel.“ Seine Stimme war tief und rau und geradezu unverschämt erotisch. Behutsam ließ er die Finger über ihren Körper gleiten.

Shea schlug sich mit Gewalt alle romantischen Hirngespinste aus dem Kopf. „Ich denke überhaupt nicht.“

Er drehte sich um. Jetzt spürte sie die Wärme seines Körpers von den Kniekehlen bis zum Nacken. Oh ja, er war hellwach. „Es würde viel mehr Spaß machen, wenn wir uns auf unsere Gefühle konzentrieren würden.“

Sie rollte sich auf den Rücken. Dann sah sie ihn an.

Selbst wenn man untertrieb, musste man Pax als unglaublich gut aussehend bezeichnen. Die dunklen Bartstoppeln ließen seine markanten Gesichtszüge weicher erscheinen. Braune Locken fielen ihm über dunkelbraunen Augen in die Stirn.

Unbarmherzig presste sie die flache Hand gegen seinen Oberkörper und schob ihn von sich weg. Dann kämpfte sie sich unter der Leinwandplane hervor. „Das war ein Fehler.“

Irgendwie schaffte Pax es, gleichzeitig amüsiert und sexy auszusehen. Als wüsste er, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie.

„Vorhin hast du dich ganz anders angehört.“ Er verzog die Lippen zu seinem typischen entspannten Lächeln. „Ich erinnere mich da eher an …“ Er senkte die Stimme. „‚Ich will mehr.‘“

Das Problem war, dass sie wirklich mehr wollte.

Das war gar nicht gut.

„Jetzt nicht mehr.“ Sie schnappte sich ihren Pulli vom Bug des Schiffsmodells, wo Pax ihn zum Trocknen aufgehängt hatte. Dabei fragte sie sich, ob das Schiff schon einmal als Wäscheleine hatte herhalten müssen.

Wie sie Pax kannte, war das durchaus denkbar. Shea zog sich den feuchten Pullover über den Kopf und war dankbar, dass er ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. Ihren nassen BH hatte sie in der Toilette gelassen. Und ihr Slip steckte immer noch irgendwo unter der Plane, zusammen mit Pax und seinem verdammten Hemd.

Daher beschränkte sie sich darauf, ihre Cordhose anzuziehen. Sie schauderte. Der Stoff war kalt und klamm. Dann ging sie zum Fenster. Die Straße vor dem historischen Ziegelbau wirkte verlassen.

Ihr Auto stand immer noch vor der Tür. Die Eiszapfen an der Stoßstange wirkten wie eine Weihnachtsdekoration. Shea hoffte, dass die Reparatur kein Vermögen kosten würde. Gerade erst hatte sie ihren Kontostand aus den roten Zahlen herausmanövriert. Und das auch nur wegen ihres Teilzeitjobs bei Cornelia.

„Wie sieht’s draußen aus?“

„Eisig.“ Als sie sich umdrehte, sah sie ihn nicht länger an als nötig. Sie war keine Frau, die One-Night-Stands hatte. Und sie hatte auch keine Liebesabenteuer. Punktum.

Sie hob die Kaffeetassen mit den Kerzen hoch und stellte sie neben dem Modell ab. „Für einen heißen Kaffee jetzt sofort würde ich töten …“ Es war sicherer, sich auf ihr Verlangen nach Koffein zu konzentrieren, als auf ihr Verlangen nach ihm.

„Bis der Strom wieder da ist, gibt’s hier nur kalten Kaffee.“ Pax setzte sich auf.

Shea schluckte schwer und ging hastig in die Toilette. Als sie den Lichtschalter betätigte, passierte nichts. Aber es fiel genug Licht durch das schmale Fenster, um wenigstens ein bisschen sehen zu können. Ihr BH war noch so feucht wie ihre anderen Sachen. Sie stopfte ihn in die Hosentasche. Noch eine Lage feuchten Stoff auf der Haut konnte sie einfach nicht ertragen. Widerwillig kehrte sie in den Ausstellungsraum zurück.

Pax hatte inzwischen die Plane zur Seite geschlagen und seine Jeans angezogen.

Unwillkürlich glitt ihr Blick über seine straffen Bauchmuskeln. Als ihre Augen sich begegneten, wurde sie rot.

An allem war nur sein Hemd schuld. Wirklich.

Er grinste. Als ob er genau wusste, was sie gedachte hatte. Dann bückte er sich und hob das verflixte Ding vom Fußboden auf.

„Ich muss nach Hause“, verkündete sie abrupt. „Meine Katze ist krank.“

Er grinste nur noch breiter. „Also, diese Ausrede habe ich noch nie gehört.“

„Marsha-Marsha.“ Shea hasste die Nervosität, die in ihr aufstieg. Und das merkwürdige Gefühl im Magen, das sie jedes Mal hatte, wenn sie ihn ansah. „Sie ist sechzehn Jahre alt. Ich muss ihr Antibiotika geben.“

Sein amüsierter Gesichtsausdruck änderte sich, wurde sanfter. Das kam unerwartet. Er zog sich das Hemd an. „Wie lange hast du sie schon?“

Shea schaffte es, wegzusehen und sich auf das hölzerne Schiffsmodell zu konzentrieren. „Seit sie ein Kätzchen war. Mein … mein Stiefvater Ken hat sie mir geschenkt.“ Ken war der dritte Ehemann ihrer Mutter gewesen. Von insgesamt sieben. Er war längst Geschichte. Aber Marsha-Marsha gab es noch.

„Dann musst du natürlich nach Hause“, sagte Pax ernst und meinte es auch so.

Gestern war ihr Auto nicht angesprungen. Sie bezweifelte, dass eine Nacht im eisigen Sturm die Probleme beseitigt hatte. „Meinst du, dass die Busse wieder fahren?“ Am Vortag war der öffentliche Nahverkehr zum Erliegen gekommen.

Er lächelte. „Das spielt keine Rolle. Wenn die Straßen frei sind, bringe ich dich nach Hause.“

Wieder diese Schmetterlinge im Bauch.

„Aber ich wohne auf der anderen Seite von Fremont“, warnte sie. Ihr Apartment lag nicht gerade um die Ecke.

„Das weiß ich.“

Sie musterte ihn. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dir erzählt habe, wo ich wohne.“ Abgesehen von den Interviews, die sie mit ihm geführt hatte, waren ihre Gespräche bisher oberflächlich gewesen. Normalerweise endeten sie damit, dass er sie zu überzeugen versuchte, dass ihr Leben nie vollkommen sein würde, wenn sie nicht mit ihm ausging.

„Nur weil du dafür bezahlt wirst, heißt das nicht, dass du der einzige Mensch auf der Welt bist, der jemals Fragen stellt“, meinte Pax trocken.

„Wen hast du denn über mich ausgefragt? Mrs Hunt etwa?“ Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Cornelia Hunt für Klatsch und Tratsch zu haben war. Aber Shea hatte sich auch nicht vorstellen können, dass Cornelia eine so ungewöhnliche Geschäftsidee entwickeln würde. Schließlich hatte Cornelia es nicht mal nötig zu arbeiten. Sie war mit einem der reichsten Männer des Landes verheiratet. Trotzdem hatte sie ein Unternehmen gegründet, um Frauen zu geschäftlichem Erfolg zu verhelfen.

Jetzt trug Shea einen kleinen Teil zu diesem Projekt bei. Cornelia hatte sie auf Teilzeitbasis eingestellt. Shea sollte Bewerber überprüfen. Wenigstens nahm Cornelia Sheas Recherchetalent ernst. Sheas Boss bei der Washtub war da ganz anders.

„Da gibt es diesen Redakteur bei der Tub“, sagte Pax, als ob er ihre Gedanken gelesen hatte.

„Harvey Hightower. Ein komischer alter Kauz.“ Er nannte Shea „Zuckerpuppe“ und teilte sie immer nur für rührselige Geschichten ein, auch wenn sie noch so sehr darum bettelte, andere Themen bearbeiten zu dürfen. Dabei spielte es nicht mal eine Rolle, dass die kostenlose Lokalzeitung, die zweimal in der Woche erschien, nur über ein winziges Budget verfügte. Harvey bezahlte einfach lieber „richtige“ Journalisten für „schwierigere“ Sachen.

Shea schnaubte. „Du bist so eine Nervensäge.“

Pax lachte leise.

Es war besser, sich zu beschäftigen, als ihn zu beobachten. Daher hob sie ein Polster auf und legte es wieder an seinen Platz. Darunter entdeckte sie ihren Slip. Eilig stopfte sie ihn in die andere Hosentasche.

Ein Glück, dass ihr Pullover lang genug war, um die Taschen zu verdecken! Sie tat so, als ob Pax nicht die ganze peinliche Szene mit angesehen hatte. Weil es nichts mehr zu tun gab, setzte sie sich und zog ihre Lederstiefel an. Dann ging sie wieder zum Fenster.

„Es gibt immer noch keinen Netzempfang.“

Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, wie Pax sein Handy in die Hosentasche steckte.

„Ich habe es auch schon mit dem Festnetz versucht“, fügte er hinzu. „Genauso tot wie mein Handy.“

„Das überrascht mich nicht.“ Sie deutete auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite. Ein Strommast war so mit Eis bedeckt, dass er schief stand und fast gegen das Lagerhaus fiel. „Alles voller Eis.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Die Straßen sind wahrscheinlich auch immer noch spiegelglatt.“

Pax legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Lass uns erst mal rausgehen“, sagte er gelassen. „Wenn es zu gefährlich ist, fahren wir nicht.“

Shea sah ihn nicht an. „Ich habe keine Angst.“

„Natürlich nicht.“ Sein Tonfall war trocken wie die Wüste.

Sie presste die Lippen zusammen und machte einen Schritt zur Seite. Er würde sie vergessen, sobald sein Blick auf eine andere Frau fiel – das durfte sie nicht vergessen.

Sie holte Pax an der Tür zu der überdachten Fläche zwischen seinem Büro und dem von Cornelia ein. Dort stand sein roter Sportwagen. Über das Auto hinweg konnte sie die Segelschiffe erkennen, die im Hafenbecken schaukelten. Boote von Merrick & Sullivan waren jedoch nicht dabei. Pax hatte ihr erklärt, dass momentan die ganze Flotte zur Überholung an Land war.

„Bleib im Haus, während ich das Auto in Gang bringe.“

Nur zu gern. Beim ersten eisigen Luftzug bekam sie sogar auf den Augenlidern eine Gänsehaut. Sie wartete, bis er den Motor anließ und kurz hupte. Dann schloss sie die Tür hinter sich und rannte zum Auto. „Schließt die Haustür automatisch?“

„Ja.“ Luft kam aus den Düsen und versprach Wärme. „Anschnallen.“

Sie spürte, wie sie rot wurde. „Cornelias Tür schließt auch automatisch“, sagte sie. „Darum konnte ich gestern nicht wieder rein.“

Er warf ihr einen Blick zu. „Das hast du bereits erwähnt.“

Sie errötete noch heftiger. Natürlich. Sie hatte ihm alle möglichen Erklärungen aufgetischt. Einschließlich der Tatsache, was für einen Fehler sie gemacht hatte, weil sie ihr Auto nicht zur Werkstatt gebracht hatte, als es plötzlich merkwürdige Geräusche von sich gegeben hatte. Und dass sie auf die Unwetterwarnungen nichts gegeben hatte.

Sie hatte einen Fehler nach dem anderen gemacht. Und der letzte war der größte gewesen. Möglicherweise der größte ihres Lebens.

Ihr Blick fiel auf seine Oberschenkel. Unter den verblichenen Jeans zeichneten sich deutlich seine kräftigen Muskeln ab.

Pax legte den Gang ein, fuhr vorsichtig aus dem Carport und bog in die Straße ein.

Erst nach drei Blocks begegneten sie einem anderen Fahrzeug. Die Heizung lief inzwischen auf Hochtouren, und Shea stellte sich vor, dass ihre Kleidung zu dampfen anfing. Das war eine angenehmere Vorstellung als der Gedanke, dass ihr nur so heiß war, weil sie neben Pax saß.

Sie zwang sich, den Blick abzuwenden.

„Du grübelst doch schon wieder.“

Wie machte er das nur? „Ich denke nur darüber nach, wie ich morgen zur Arbeit komme“, log sie.

Er schnaubte. „Ich würde die Honey Girl dafür verwetten, dass das nicht stimmt.“

Sie wusste, dass die Honey Girl das Schiff war, welches er eigenhändig gebaut hatte und was sein größter Schatz war. Jede Frau in der ganzen Stadt verzehrte sich nach der Gelegenheit, mal an Bord dieses Schiffes eingeladen zu werden.

„Selbst wenn du gerade über deinen Job nachgedacht hast …“ Er grinste sie an. „… bin ich mir ziemlich sicher, dass morgen keiner bei der Tub arbeitet. Hör mal.“ Er schaltete das Radio ein. „Es wird noch immer geraten, das Haus nur in Notfällen zu verlassen.“

„Mich nach Hause zu fahren fällt wahrscheinlich nicht darunter.“

„Aber sicher. Das ist doch medizinischer Notfall.“

„Bei einer Katze.“

„Deshalb ist das trotzdem wichtig.“ Pax hielt an einer Kreuzung. Obwohl er so langsam fuhr, brach der Wagen ein wenig zur Seite aus. Zum Glück waren keine anderen Autos in der Nähe. „Wenn mein Hund Hooch Medikamente bekommen müsste, würde ich immer eine Möglichkeit finden, sie ihm zu geben.“

Shea hatte acht Artikel über Pax geschrieben. Sie wusste, dass er in der Kleinstadt Port Orchard aufgewachsen war. Dort hatten er und sein Geschäftspartner angefangen, Segelboote zu bauen. Jetzt wohnte er im Penthouse eines Luxushochhauses in Belltown, einem der vornehmsten Viertel von Seattle. „Du hast nie erwähnt, dass du einen Hund hast.“

„Hättest du dann Ja gesagt, als ich dich das erste Mal eingeladen habe? Oder beim zweiten oder beim dritten Mal?“

Ihr Exverlobter Bruce hatte einen Hund gehabt. Zwei Tage vor der Hochzeit hatte er mit ihr Schluss gemacht.

„Nein.“

Pax musterte sie einen Augenblick lang. Dann fuhr er über die verlassene Kreuzung. „Und jetzt?“

„Das habe ich doch schon gesagt. Das war ein …“

„… ein Fehler. Ja, ich erinnere mich. Warum?“

Shea unterdrückte einen Seufzer. „Darum!“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich hätte gedacht, dass eine Journalistin sich besser ausdrücken kann, Süße.“

„Selbst wenn ich an Beziehungen glauben würde – was ich nicht tue –, wäre ich nicht so dumm, irgendetwas von dir zu erwarten. Und ich habe keine Zeit für Spielchen.“ Sie hatte viel zu viel damit zu tun, sich mit ihrer Arbeit bei der Tub und ihrem Job bei Cornelia über Wasser zu halten.

Er verzog die Lippen. „Du hast mein Selbstwertgefühl schon immer strapaziert.“

„Ich bitte dich.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Für dich ist Flirten so natürlich wie das Atmen. Nichts, was ich sage oder tue, könnte deinem Ego jemals zusetzen.“

„Warum hältst du nichts von Beziehungen?“

Shea starrte wieder aus dem Fenster. Zum Glück waren sie nur noch wenige Blocks von ihrer Wohnung entfernt. „Welcher vernünftige Mensch tut das schon? Lass mich da oben aussteigen. Wenn die Straße vereist ist, kommst du sonst nicht mehr weg.“

„Dann werde ich wohl meinen Eltern mitteilen müssen, dass sie keine vernünftigen Menschen sind“, sagte er milde.

„Ausnahmen bestätigen die Regel.“

„Wie alt bist du? Fünfundzwanzig? Sechsundzwanzig?“

„Achtundzwanzig“, sagte sie. Pax war zehn Jahre älter als sie. An seinem Geburtstag im August hatte Harvey sie gezwungen, mit der Kamera vor dem Club gegenüber von dem Apartmenthaus zu warten, in dem Pax wohnte. Sie sollte von allen Gästen, die für Schlagzeilen sorgen würden, ein Foto schießen.

Als sie ihm die Fotos von Pax und seinen Begleiterinnen gezeigt hatte, war ihr Chef vor Freude beinahe außer sich gewesen. Jawohl, Begleiterinnen. Plural. Pax war in Begleitung von drei Damen angekommen und hatte den Club erst in den frühen Morgenstunden verlassen. Und damit war die Party ganz offensichtlich noch nicht zu Ende gewesen.

„Das ist trotzdem zu jung, um so desillusioniert zu sein“, sagte er.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich lerne schnell. Warte …“ Er bog in ihre Straße ein und fuhr im Schneckentempo den steilen Hügel hinunter. „Ich habe doch gesagt, du sollst mich oben aussteigen lassen!“

„Und ich habe dich ignoriert.“ Die Reifen knirschten auf der Straße. Endlich hielt Pax vor dem schäbigen Wohnblock an, in dem sie wohnte. Er sah sie an. „Das mache ich immer, wenn jemand Blödsinn redet.“

„Du meinst, wenn jemand etwas sagt, was du nicht hören willst.“

Seine Lippen zuckten. „Auch das.“

Ihr Herz machte einen Satz, als er den Blick auf ihrem Mund ruhen ließ. Sie presste die Lippen zusammen. „Ob du das jetzt hören willst oder nicht: Die letzte Nacht hätte nicht passieren dürfen.“

„Was meinst du genau? Wir hätten nicht miteinander schlafen sollen? Zusammen ins Bett oder vielmehr unter die Leinwandplane gehen sollen? Sex haben sollen?“ Seine braunen Augen glitzerten. „Uns lieben sollen?“

„Wir hätten keinen Sex haben sollen“, brachte Shea schließlich mit strengem Ton heraus. „Das ändert nichts.“

Er streckte die Hand nach ihr aus und zwirbelte eine zerzauste Haarsträhne um seinen Finger. „Sei dir da mal nicht so sicher, Süße.“

„Bin ich aber.“ Sie zog ihr Haar aus seiner Hand, löste den Sicherheitsgurt und öffnete die Autotür. „Danke fürs Mitnehmen, Pax. Aber sieh dich bitte irgendwo anders nach deiner nächsten Eroberung um. Es gibt jede Menge Frauen, die nur auf diese Chance warten.“ Sie nahm ihre Handtasche, sprang aus dem Wagen und knallte die Tür zu, bevor Pax noch etwas sagen konnte.

Sie hatte den eisglatten Bürgersteig noch nicht überquert, als sie das Surren des elektrischen Fensterhebers hinter sich hörte. „Meine Eltern geben zu Weihnachten eine Party. Du solltest mit mir hingehen.“

Genervt drehte sie sich um. „Pax …“

„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich Unsinn ignoriere, wenn ich ihn höre. Ich rufe dich an.“ Dann schenkte er wieder sein typisches Lächeln, ließ das Fenster wieder hochgleiten und fuhr davon.

Shea stieß einen zittrigen Atemzug aus. „Dieses verdammte Hemd!“

2. KAPITEL

Februar

„Sie ist da.“

Pax blickte von dem Vertrag auf, den er gerade las. Seine Sekretärin Ruth stand in der Tür zu seinem Büro. „Wie bitte?“

Ruth zog vielsagend die Augenbrauen hoch. „Shea Weatherby“, sagte sie mit übertriebener Geduld. „Ich habe gesehen, wie sie gerade nebenan ins Büro von Mrs Hunt gegangen ist. Tun Sie gar nicht erst so, als ob Sie nicht auf sie gewartet hätten. Sie wären doch sonst auf der Werft.“

Pax richtete den Blick immer noch auf den Vertrag. „Danke für die Warnung.“

Ruth seufzte, halb ungläubig, halb genervt. „Dann zieren Sie sich eben weiter. Es ist Valentinstag, und ich mache heute früher Feierabend, weil ich mit meinem Mann zum Essen ausgehe.“

„Lassen Sie sich bloß nicht von der Romantik des Augenblicks so hinreißen, dass Sie wieder Schwangerschaftsurlaub brauchen.“

Ruth lachte nur und ging hinaus.

Er wartete, bis sich die Haustür hinter ihr schloss. Dann ließ er den Stift fallen.

Autor

Allison Leigh

Allison Leigh war schon immer eine begeisterte Leserin und wollte bereits als kleines Mädchen Autorin werden. Sie verfasste ein Halloween-Stück, das ihre Abschlussklasse aufführte. Seitdem hat sich zwar ihr Geschmack etwas verändert, aber die Leidenschaft zum Schreiben verlor sie nie. Als ihr erster Roman von Silhouette Books veröffentlicht wurde, wurde...

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