Falsches Spiel, wahres Verlangen

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Journalistin Carrie ist sich sicher: Der griechische Tycoon Andreas Samaras hat ihre Schwester ruiniert! Um ihn zu Fall zu bringen, schleicht sie sich undercover als neue Privatassistentin in sein Leben ein. Ein gewagtes Spiel! Nicht nur, dass Andreas’ Sex-Appeal ihr insgeheim den Atem raubt. Als er ihr durch Zufall auf die Spur kommt, will er sie zur Heirat zwingen. Natürlich nur, weil es der beste Beweis für seine Geschäftspartner ist, dass Carries Verdacht haltlos ist! Nicht weil es trotz allem immer erregender zwischen ihnen knistert, oder?


  • Erscheinungstag 19.06.2018
  • Bandnummer 132018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710231
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Andreas Samaras betrat das Vorzimmer seines Büros. Den ganzen Tag hatte er in einer internationalen Telefonkonferenz festgesteckt. Jetzt musste er dringend ein paar Dinge mit seiner Sekretärin besprechen.

„Irgendetwas Wichtiges?“, erkundigte er sich.

„Abgesehen davon, dass die Welt dabei ist, vor die Hunde zu gehen?“

„Ja.“ Er unterdrückte ein Schmunzeln. Debbie war im ganzen Unternehmen für ihr dramatisches Auftreten bekannt. Andreas hätte sich vielleicht daran gestört, wäre sie zugleich nicht auch die beste Sekretärin, die er je gehabt hatte. „Abgesehen davon.“

„Nein“, entgegnete sie. „Nichts Wichtiges.“

„Wie sind die Vorstellungsgespräche gelaufen? Haben Sie schon eine Liste für mich?“

Rochelle, seine Assistentin für persönliche Angelegenheiten, hatte vor Kurzem gekündigt, um in den Hafen der Ehe einzulaufen. Sie fand, dass ein Job, in dem man ständig auf Reisen war, dem häuslichen Glück nicht unbedingt zuträglich war. Und sie war auch bei diesem Standpunkt geblieben, als Andreas ihr eine Gehaltserhöhung und zusätzliche Urlaubstage angeboten hatte.

Danach hatte er eine Weile gehofft, dass sie ihre Meinung doch noch ändern würde, was aber nicht geschehen war. Also hatte er sich wohl oder übel auf die Suche nach einer neuen Assistentin gemacht, die sein Privatleben für ihn regelte.

Debbie hielt ihm einen Stapel Papiere hin. „Ich bin auf fünf Kandidatinnen runter“, erklärte sie.

Andreas hatte Debbie mit der Vorauswahl betraut, weil sie ganz genau wusste, nach was für einer Art von Mitarbeiterin er suchte. Es handelte sich um einen Fulltime-Job, bei dem die neue PA stets an seiner Seite sein würde. Schon allein darum brauchte er jemanden, der ehrlich, loyal, unauffällig und flexibel war. Außerdem mussten die Bewerberinnen für die Stelle einen tadellosen Lebenslauf und ein unbeflecktes polizeiliches Führungszeugnis vorweisen können.

Er nahm die Unterlagen entgegen und überflog die Papiere. Auf dem Deckblatt der jeweiligen Hefter waren die Fotos der Kandidatinnen angeheftet.

Neben Debbies Computer lag der Stapel mit den Absagen. Aus irgendeinem Grund erweckte die Akte, die ganz oben lag, sein Interesse.

Die Frau auf dem Foto kam ihm … bekannt vor.

„Warum haben Sie diese hier aussortiert?“, fragte er und nahm den Hefter vom Stapel. Die junge Frau hatte tiefbraune Augen, deren Blick sich geradewegs in ihn hineinzubohren schien.

„Oh, das ist Caroline Dunwoody. Sie hat sich beim Interview sehr gut angestellt, aber irgendetwas an ihr erweckte mein Misstrauen. Ich kann nicht einmal genau sagen, was es war. Ein Gefühl, mehr nicht. Aber …“

„Aber?“

„Nun ja, daraufhin habe ich mir die Mühe gemacht, ihre Zeugnisse und Referenzen besonders gründlichen zu prüfen. Eine davon scheint in Ordnung zu sein, aber die andere …“

„Ja?“

„Angeblich war Miss Dunwoody zwei Jahre als Hausdame bei Hargate Manor beschäftigt. Ihre Unterlagen enthalten ein entsprechendes Empfehlungsschreiben. Ich habe sogar mit dem Herrn gesprochen, der das Zeugnis verfasst hat, und er hat alles bestätigt.“

„Und wo liegt dann das Problem?“

„Es gibt kein Hargate Manor.“

Andreas hob eine Braue. „Es gibt kein Hargate Manor?“

„Zumindest nicht dort, wo es angeblich liegen soll – und auch nicht im Umkreis von fünfzig Kilometern.“

Wenn Debbie sagte, dass es kein Hargate Manor gab, dann entsprach das den Tatsachen. Sie war der gründlichste Mensch, der ihm je begegnet war.

Er schaute sich Caroline Dunwoody genauer an und zermarterte sich das Gehirn bei dem Versuch, sich zu erinnern, wo er sie schon einmal getroffen haben konnte. Doch obwohl er ein exzellentes Gedächtnis für Gesichter besaß, kam er einfach nicht drauf.

Sie hatte kastanienbraunes Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel, hübsche, gleichmäßige Züge, eine gerade Nase, volle Lippen und ein niedliches, herzförmiges Gesicht. Attraktiv, ja – aber nichts, was ihm sofort bekannt vorkam.

Die Augen aber hatte er definitiv schon irgendwo gesehen.

Er wollte Debbie gerade darum bitten, weitere Informationen über diese Frau auszugraben, als es ihm plötzlich einfiel.

Ausgraben, natürlich! Genau das war es, was Journalisten taten.

Caroline … Carrie …

Carrie Rivers!

Journalistin bei der Daily Times und Schwester der ehemaligen besten Freundin seiner Nichte. Sie hatte sich einen Namen gemacht, indem sie die illegalen und zwielichtigen Methoden reicher Geschäftsmänner ans Licht brachte. Und er erinnerte sich daran, weil sie erst kürzlich James Thomas, einen seiner früheren Geschäftspartner, ins Visier genommen hatte. Dank ihrer lückenlosen Recherche war James im letzten Monat zu einer fünfzehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Andreas hatte davon gelesen und innerlich gejubelt. Er hoffte, dass James in seiner Zelle verrottete.

Hastig zückte er sein Handy und fütterte eine Internetsuchmaschine mit ihrem Namen. Online gab es keine Fotos von Carrie. Trotzdem war er sich sicher, dass sie es war.

Er hatte sie nur einmal getroffen, vor drei Jahren und nur für einen kurzen Moment. Kein Wunder also, dass er sich nicht gleich erinnert hatte. Vor drei Jahren war sie zudem noch blond und deutlich üppiger in Erscheinung getreten.

Nur ihre Augen hatten sich im Lauf der Zeit nicht verändert. Ihre Blicke waren sich damals begegnet, als er das Büro der Direktorin vom Internat seiner Nichte verlassen hatte. Carrie und ihre Schwester Violet hatten auf dem Flur gesessen und darauf gewartet, selbst vorgelassen zu werden. Violet hatte beschämt zu Boden gesehen – anders als Carrie.

Er hatte damals veranlasst, dass das gemeinsame Zimmer von Violet und seiner Nichte durchsucht worden war. Violet war wegen Drogenbesitzes mit sofortiger Wirkung der Schule verwiesen worden.

Und drei Jahre später bewarb Carrie sich plötzlich als Assistentin bei ihm – unter einem anderen Namen und mit gefälschten Referenzen? Das waren keine guten Anzeichen. Andreas fragte sich, warum sie es auf ihn abgesehen haben sollte.

Er führte sein Unternehmen mit einer weißen Weste, zahlte seine Steuern, behandelte seine Mitarbeiter gut, und seine romantischen Techtelmechtel waren allesamt diskret und einvernehmlich verlaufen.

Wenn er in seinen siebenunddreißig Lebensjahren eines gelernt hatte, dann, dass man einen kühlen Kopf bewahren musste, wenn Probleme auftauchten. Und dass man sich sofort um solche Angelegenheiten kümmern sollte, ehe sie sich zu einer ausgewachsenen Katastrophe entwickelten.

Ein Plan reifte in seinem Kopf heran. Andreas holte tief Luft und lächelte. „Debbie, ich möchte, dass Sie Miss Dunwoody anrufen und für ein zweites Interview herbestellen.“

Debbie schaute ihn an, als wäre ihm plötzlich ein zweiter Kopf gewachsen, sagte aber nichts.

„Setzen Sie außerdem ein Anschreiben auf. Darin werden Sie Folgendes schreiben …“

Carrie saß in dem geräumigen Empfangsraum des Londoner Hauptquartiers von Samaras Fund Management und versuchte sich daran zu erinnern, wie man atmete. Ihr Herz hämmerte wie verrückt und so laut, dass sie das Gefühl hatte, man müsste es im ganzen Gebäude hören.

Sie hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Nach dem Aufstehen war sie nicht einmal in der Lage gewesen, ihre übliche Tasse Morgenkaffee herunterzubekommen. An essen war nicht einmal zu denken gewesen.

Für gewöhnlich war sie nicht der Typ Mensch, der übermäßig nervös wurde. Doch der Gedanke, gleich in Andreas Saramas’ Büro geführt zu werden, beschwor einen gefährlichen Cocktail aus Gefühlen in ihr herauf.

Als sie undercover gegen James Thomas ermittelt hatte, war sie kühl und fokussiert gewesen. Systematisch hatte sie Beweise gegen ihn gesammelt, mit denen es ihr gelungen war, ihn der abscheulichen Verbrechen zu überführen, die er begangen hatte. Nach drei langen Jahren war der Tag von James’ Urteilsverkündung ein echter Lichtblick für sie gewesen.

Andreas hatte ihrer Schwester die Drogen, die ihren jugendlichen Körper zerstört hatten, vielleicht nicht eigenhändig eingeflößt. Doch sein Beitrag zu Violets Niedergang war mindestens ebenso tödlich gewesen wie der von James – und darüber hinaus sehr viel persönlicher. Jetzt war er an der Reihe, für seine Sünden zu bezahlen. Carrie durfte nicht zulassen, dass ihre Nerven ihr einen Strich durch die Rechnung machten.

Doch dieses Mal war alles anders.

Es war allgemein bekannt gewesen, dass James Thomas in schmutzige Geschäfte verwickelt gewesen war. Die Erlaubnis, in dieser Story recherchieren zu dürfen, hatte sie problemlos bekommen. Jeder bei der Daily Times war erpicht darauf gewesen, Thomas hinter Gittern zu sehen.

Andreas Samaras, griechischer Milliardär, Investor und Besitzer von Samaras Fund Management, dagegen war ein vollkommen anderes Kaliber. In seiner Vergangenheit gab es nichts, was darauf hindeutete, dass er in dunkle Machenschaften involviert war. Auch die Gerüchteküche gab in dieser Hinsicht nichts her. Nur Carrie wusste es besser. Und als sie über eine Annonce gestolpert war, in der er nach einer neuen persönlichen Assistentin gesucht hatte, hatte sie nicht gezögert. Ihr war klar, dass sie ein großes Risiko einging, indem sie so tief in sein Privatleben vorstieß – doch sie musste es eingehen, wenn sie etwas erreichen wollte.

Vor drei Jahren hatte sie zwei Namen auf ein Blatt Papier geschrieben. Den von James hatte sie inzwischen gestrichen. Nun war es an der Zeit, sich Andreas zuzuwenden.

Um ihre Zeitung dazu zu bringen, sie bei ihren Recherchen zu unterstützen, war es jedoch nötig gewesen, zu einer kleinen Notlüge zu greifen. Mit Erfolg. Da niemand ihre Worte anzweifelte, hatte sie schnell grünes Licht bekommen.

Wenn herauskam, dass sie in Wahrheit eine persönliche Vendetta führte, würde dies das Ende ihrer Karriere bedeuten. Die Daily Times war kein Boulevardblatt, das für Schlagzeilen alles tat, sondern eine angesehene Zeitung mit tadellosem Ruf.

Doch wenn Carrie den Job bei Andreas bekäme, würde sie das geradewegs in sein persönliches Umfeld befördern. Sie wäre ihrem Ziel näher als jemals zuvor. Und niemand konnte voraussagen, was sie herausfinden würde.

Als sie bei James in der Buchhaltung angefangen hatte, hatte sie gewusst, wonach sie Ausschau halten musste. Andreas war der Freund dieses Verbrechers. Wer konnte sagen, worin er verwickelt war?

Die Chancen, dass sie den Job bei Andreas tatsächlich bekam, waren verschwindend gering. Selbst mit ihrem angepassten Lebenslauf und den falschen Referenzen. Auf dem Papier war sie die perfekte Kandidatin für die Rolle. Aber es hatte alles schnell gehen müssen, um die Bewerbungsfrist einzuhalten. Sie befürchtete, dass ihre Unterlagen das eine oder andere Loch aufwiesen.

Hinzu kam, dass das Vorgespräch mit seiner Assistentin nicht sonderlich gut gelaufen war. Am Ende hatte sie das Gebäude in der sicheren Gewissheit verlassen, es verbockt zu haben. Umso überraschender war der Anruf mit der Einladung zu einem zweiten Gespräch für sie gekommen. Und nun, während sie darauf wartete, endlich zu dem Mann, um den es ging, vorgelassen zu werden, konnte sie nur daran denken, wie er sie bei ihrer letzten Begegnung angesehen hatte: voller Hass und Abscheu.

„Miss Dunwoody?“

Carrie blinzelte, blickte auf und sah sich der jungen Rezeptionistin gegenüber, die sie fragend anblickte.

Sie lebte nun schon so lange unter dem Namen Rivers, dass er ihr in Fleisch und Blut übergegangen war. Ihren wirklichen Namen zu hören, fühlte sich irgendwie fremd an.

Ihre Mutter hatte wieder geheiratet, als Carrie vier Jahre alt gewesen war. Seitdem war sie unter dem Namen Rivers bekannt und hatte sich auch weiterhin so genannt, als sie ihre Karriere als Enthüllungsjournalistin begann. In ihren Ausweispapieren aber stand der Name Dunwoody.

„Mr. Samaras ist jetzt bereit, Sie zu empfangen“, erklärte die junge Frau.

Nachdem er mich über eine Stunde hat warten lassen …

Sie schluckte den Kloß, der ihr in der Kehle steckte, herunter, nahm ihre Tasche und folgte der Rezeptionistin über einen langen Korridor. Das Büro, in das sie geführt wurde, war doppelt so groß wie das ihrer ganzen Abteilung bei der Daily Times.

Und hinter einem gewaltigen Eichenschreibtisch, vor einem Computer und drei riesigen Bildschirmen saß Andreas Samaras.

Das Herz hämmerte hart gegen Carries Rippen, und einen furchtbaren Moment fürchtete sie, sich übergeben zu müssen.

Ohne auch nur zu ihr aufzublicken sagte er: „Einen Moment.“

Carrie erinnerte sich nur zu gut an seine tiefe, rauchige Stimme von dem einen Telefonat, das sie vor fünf Jahren miteinander geführt hatten. Ihre Schwester und seine Nichte waren auf dasselbe Internat gegangen und rasch beste Freundinnen geworden, die am liebsten all ihre Wochenenden und Ferien miteinander verbringen wollten. Eines Tages hatte Carrie einen Anruf von Andreas bekommen, weil er einige Grundregeln für diesen Wunsch festlegen wollte. Danach hatte ihr Kontakt ausschließlich aus Textnachrichten bestanden.

Diese Nachrichten waren zu einem Bestandteil von Carries Leben geworden, bis zu dem Tag, an dem Andreas den Rausschmiss ihrer Schwester aus dem Internat arrangiert hatte.

Jetzt schaute er von seinem Computer auf, schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Seine Körpergröße und die schiere Aura von Macht und Erfolg, die ihn umgab, waren ebenso stark wie damals, als er im Korridor vor dem Schulleiterbüro an ihr vorbeigegangen war.

„Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Miss Dunwoody.“

Er reichte ihr die Hand, und Carrie zwang sich, sie zu schütteln.

„Nehmen Sie doch bitte Platz“, bat er anschließend und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch, wo er eine dünne Aktenmappe zur Hand nahm.

Carrie atmete auf. Dass er sie nicht erkannt hatte, war offensichtlich. Ansonsten hätte sie es niemals bis zum zweiten Vorstellungsgespräch geschafft. Trotzdem schwitzten ihre Handinnenflächen, während er ihre Bewerbungsunterlagen durchblätterte.

Als er aufsah, schluckte Carrie hart. Was für ein Mann auch immer Andreas sein mochte, es ließ sich nicht leugnen, dass er definitiv ein Fest für die Augen bot.

Sein dunkles Haar wirkte ungezähmt, die Wangenknochen extrem scharf geschnitten. Das kantige Kinn zierte ein gepflegter Dreitagebart, und seine Haut hatte einen warmen Oliveton.

Unbestreitbar war er der attraktivste Mann, dem Carrie jemals begegnet war.

Er schenkte ihr ein Lächeln, das ihr Herz wie verrückt rasen ließ. „Herzlichen Glückwunsch, dass Sie es bis in die Endauswahl geschafft haben“, sagte er. Sein Englisch war so tadellos, dass sein Akzent wie schmückendes Beiwerk wirkte. „Ich will ehrlich sein und Ihnen sagen, dass Sie meine Favoritin sind.“

Das überraschte sie. „So? Bin ich das?“

Seine Augen funkelten. „Bevor ich ins Detail gehe, was meine Anforderungen betrifft, würde ich gern noch ein paar Dinge über Sie erfahren.“

Sie bemühte sich, die plötzliche Panik hinter einem Lächeln zu verbergen. Er hatte die Löcher in ihrem Lebenslauf bemerkt, davon war sie mit einem Mal überzeugt.

Nach einer Pause, die ihr unglaublich lang und unbehaglich erschien, räusperte sie sich. „Natürlich. Was möchten Sie wissen?“

„Zeugnisse und Bewerbungsbögen verraten einem nicht alles über eine Person. Wenn ich Ihnen den Job gebe, werden wir viel Zeit miteinander verbringen. Sie werden meine rechte Hand sein, was mein Privatleben betrifft, und meine intimsten Geheimnisse kennenlernen. Also, Miss Dunwoody … Oder darf ich Sie Caroline nennen?“

Sie nickte. Die einzige andere Person, die sie je Caroline genannt hatte, war ihre Mutter gewesen. Doch bei ihr hatte der Name nicht wie Engelsgesang geklungen.

„Caroline, wenn ich Ihnen den Job gebe, muss ich Ihnen bedingungslos vertrauen können.“

Er wirkte vollkommen entspannt, was sie annehmen ließ, dass ihr Schwindel nicht aufgeflogen war. Dennoch gelang es ihr nicht, das Gefühl von Gefahr abzuschütteln.

Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie ihre Tasche und ihren Mantel nehmen und auf der Stelle sein Büro verlassen sollte.

Stattdessen blieb sie sitzen. „Selbstverständlich“, sagte sie.

„Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer festen Beziehung?“, erkundigte er sich. „Ich frage, weil Sie in diesem Fall viel Zeit von Ihrem Partner getrennt verbringen werden. Ihr Privatleben wird sich ausschließlich in Ihrer Freizeit abspielen – und davon werden Sie, offen gestanden, nicht sonderlich viel haben.“

„Es gibt niemanden.“ Hatte es nie und würde es nie. Männern konnte man nicht vertrauen. Das hatte sie bereits als kleines Mädchen lernen müssen.

„Kinder?“

Sie schüttelte den Kopf, musste aber sofort an Violet denken, die sie wie ihr eigenes Kind liebte.

„Sonst irgendjemanden, der von Ihnen abhängig ist? Ein Hund? Eine Katze? Einen Goldfisch?“

„Nein.“

„Gut. Ich lasse keine Ausflüchte gelten. Ich bin ein sehr fordernder Arbeitgeber, und bei diesem Job gibt es keinen Feierabend. Was hat Debbie Ihnen im Vorgespräch bereits erklärt?“

„Dass die Stelle die tägliche Führung Ihrer Haushalte umfasst.“

Er neigte den Kopf, und seine Miene wurde nachdenklich. „Ja, so ist die Stelle in der Tat ausgeschrieben. Aber offen gestanden geht es eher darum, mein tägliches Leben zu führen. Meine private Assistentin kümmert sich natürlich um meine verschiedenen Haushalte, allerdings wird nicht von ihr erwartet, dass sie sich selbst um die einfachen Tätigkeiten kümmert. Für solche Aufgaben habe ich Hausangestellte. Ich arbeite lange, und wenn ich am Abend heimkehre, wünsche ich mir jemanden, der all meine Bedürfnisse erfüllt und sich ohne Gegenfragen darum kümmert, dass ich es behaglich und komfortabel habe. Jemanden, der mir Drinks einschenkt, meine Kleidung für mich herauslegt und mir nach dem Sport ein Handtuch reicht. Diese Art von Aufgaben.“

Carrie stutzte. Was der Mann wollte, war keine persönliche Assistentin, sondern eine Sklavin.

„Im Gegenzug …“, fuhr Andreas fort, „biete ich ein mehr als großzügiges Gehalt.“ Er nannte einen Betrag, der sie zusammenzucken ließ. Es war vier Mal so viel, wie sie bei der Daily Times verdiente.

Jede ernsthafte Bewerberin würde alles tun, um für ihn arbeiten zu dürfen. Es war eine Menge Geld dafür, dass man mehr oder weniger einfach nur Mädchen für alles spielte.

Er beugte sich vor und schaute sie so eindringlich an, dass ihr Magen Purzelbäume schlug. Wenn er ihr den Job gab, musste sie vorsichtig vorgehen, solange sie unter einem Dach lebten. Dieser Mann war gefährlich. Das durfte sie nie vergessen.

„Nun, Caroline“, meinte er schließlich, „es gibt noch eine weitere Anforderung, die ich an meine potenzielle persönliche Assistentin stelle.“

„Und die wäre?“

„Ich suche nach jemandem, der ein sonniges Gemüt hat.“

Sie war drauf und dran, aufzustehen und zu gehen. Wie sollte sie sich in der Gegenwart eines Mannes, der so viel Schaden angerichtet hatte, fröhlich und gutgelaunt geben?

„Ein sonniges Gemüt?“, fragte sie heiser nach.

„Genau. Sehen Sie, ich habe in meinem Beruf genug Stress. Wenn ich nach Hause komme, möchte ich daher mit einem Lächeln empfangen werden. Sie können doch lächeln, oder?“

Er sagte es mit einer solchen Ernsthaftigkeit, dass sie unwillkürlich lächeln musste.

Sofort fingen seine Augen an zu leuchten. „Na, das ist doch schon viel besser.“ Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich denke, dass wir beide gut zusammenpassen werden. Der Job gehört Ihnen, wenn Sie ihn wollen.“

„Wirklich?“ Sie hätte nicht erwartet, dass es so leicht werden würde.

War es nicht schon fast zu leicht? Andreas war einer der reichsten Männer auf der Welt. Er war hochintelligent – Gerüchten zufolge konnte sich sein IQ mit denen von Genies messen. Doch er hatte außerdem die gewisse Cleverness, die nötig war, um es im Geschäft weit zu bringen. Kurz gesagt, er war kein Idiot. Und mit diesem Job würde er sie mitten in sein Leben vorlassen.

„Wollen Sie?“, fragte er herausfordernd in die Stille.

„Ja.“ Sie nickte und versuchte, Enthusiasmus auszustrahlen. Irgendwie gelang es ihr, ein weiteres Lächeln auf ihr Gesicht zu zwingen. „Ja, das will ich absolut. Vielen Dank.“

„Gut.“ Sein Lächeln erinnerte sie an das Zähnefletschen eines Raubtiers. „Haben Sie Ihren Pass mitgebracht?“

„Ja.“ Das Schreiben, das sie zu ihrem zweiten Vorstellungsgespräch erhalten hatte, war in dem Punkt mehr als deutlich gewesen. Sie nahm an, dass man ihre Ausweisdokumente benötigte, um ihrer Personalakte eine Fotokopie davon hinzufügen zu können.

Andreas erhob sich. „Dann wollen wir mal los. Der Flieger wartet nicht.“

Carrie starrte ihn an. „Flieger? Los?“

„In dem Brief, den Sie erhalten haben, stand klar und deutlich, dass Sie die Stelle mit sofortiger Wirkung antreten müssen, wenn Sie den Job bekommen.“

„Das stimmt, aber …“ Aber sie hatte nicht wirklich geglaubt, dass dieses Sofort praktisch auf der Stelle bedeutete. „Heißt das, wir fliegen jetzt ins Ausland?“

Da war es wieder, dieses Blitzen in seinen Augen. „Genau das. Stellt das ein Problem für Sie dar?“

„Kein Problem“, beeilte sie sich ihm zu versichern und stand ebenfalls auf. Der Job gehörte ihr, und sie würde ihm keinen Anlass geben, seine Meinung zu ändern. Und sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, würde sie vor dem Spiegel lächeln üben. „Es ist nur so, dass ich keine Wechselkleidung mitgebracht habe.“

„Sie erhalten alles, was Sie benötigen, sobald wir angekommen sind. Geben Sie Debbie einfach Ihre Kleidergröße.“

„Wohin geht die Reise?“

„An einen Ort, an dem es nicht regnet“, erklärte er kryptisch, öffnete die Bürotür und scheuchte sie hinaus.

2. KAPITEL

Andreas saß am Schreibtisch in seinem Privatjet, sein Laptop stand offen vor ihm. Keine drei Meter entfernt kämpfte Carrie sich durch den dicken Ordner, der sämtliche Details zu all seinen Anwesen und Haushalten enthielt. Die Lektüre war alles, aber ganz sicher kein Vergnügen, davon war er überzeugt.

All sein Grundbesitz war darin aufgelistet, abgesehen von einem – und genau zu diesem waren sie unterwegs.

„Auf welches soll ich mich konzentrieren?“, hatte sie gefragt, als er ihr den Ordner überreicht hatte.

„Auf alle gleichermaßen.“ Er hatte gelächelt. „Ich werde Sie einem kleinen Test unterziehen, wenn wir eintreffen.“

„Und wann wird das sein?“

Nach einem kurzen Blick auf seine Uhr hatte er geantwortet: „In etwa elf Stunden.“

Es war ihm ein Vergnügen gewesen zu beobachten, wie sie sich förmlich zwingen musste, ihre Fragen zurückzuhalten. Überhaupt war bisher alles zu seiner Zufriedenheit verlaufen. Immer wieder zu sehen, wie sie ins Schwitzen geriet, hatte ihn amüsiert. Und das war befriedigend genug, um den Zorn im Zaum zu halten, der in ihm kochte.

Wut verhinderte logisches Denken, und er musste einen klaren Kopf behalten, wenn er diese Schlange austricksen wollte.

Sein Plan war es, sie aus England fortzubringen – so weit weg wie möglich von ihrem Zuhause und ihrer echten Arbeit – und sie in eine Falle zu locken. Denn wenn er sie erst einmal in seinem Haus hatte, abgeschnitten von der Außenwelt, würde er Antworten verlangen. Viele Antworten.

Er wollte alles wissen. Warum sie gegen ihn ermittelte und wer sie auf ihn angesetzt hatte. Er hatte selbst diskret Erkundigungen eingeholt, doch seine Medienkontakte waren wenig hilfreich gewesen. Niemand hatte auch nur Gerüchte über einen bevorstehenden Skandal gehört.

Sein Instinkt sagte ihm, dass Carries Gründe vermutlich persönlicher Natur waren. Für einen Zufall war das alles zu weit hergeholt.

Was auch immer dahintersteckte, er würde es schon früh genug erfahren. Zuvor hatte er allerdings vor, sich noch ein bisschen mit ihr zu vergnügen. Sie ein bisschen leiden zu lassen.

Das war das Mindeste, was sie verdiente.

Glaubt sie wirklich, dass ich jemanden brauche, der mir Drinks reicht und mir den Schweiß von der Stirn tupft? Andreas mochte Komfort und Luxus, aber er war kein kleines Kind, dem man ständig hinterherlaufen musste.

In den kommenden Tagen jedoch würde er genau diese Rolle spielen. Er würde sich von vorn bis hinten von ihr bedienen lassen, und sie würde jede einzelne Minute in seiner Gegenwart hassen.

Wunderbar.

Er beobachtete, wie sie den Notizblock, auf dem sie geschrieben hatte, zur Seite legte und ihr Telefon aus der Handtasche nahm. Sie drehte sich so, dass sie mit dem Rücken zu ihm saß, als sie es einschaltete. Kurz darauf fuhr sie sich nervös durchs Haar.

Autor

Michelle Smart
Michelle Smart ist ihrer eigenen Aussage zufolge ein kaffeesüchtiger Bücherwurm! Sie hat einen ganz abwechslungsreichen Büchergeschmack, sie liest zum Beispiel Stephen King und Karin Slaughters Werke ebenso gerne wie die von Marian Keyes und Jilly Cooper. Im ländlichen Northamptonshire, mitten in England, leben ihr Mann, ihre beiden Kinder und sie...
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