Heißer Flirt mit dem Playboy-Milliardär

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Als der glutäugige Grieche ihr in der Oper eine Eintrittskarte anbietet, weil Leah ihr Ticket verloren hat, will die junge Rezeptionistin zunächst ablehnen. Doch dem Charme eines Theo Savas kann sie nicht widerstehen, genauso wenig wie seinen Küssen, mit denen der Playboy sie nach der Premiere in seiner Hotelsuite verführt. Aber ihr heißer Flirt hat süße Folgen, und plötzlich will der smarte Tycoon sie nicht nur sofort heiraten, er entführt sie auch auf seine Privatinsel. Eigentlich ein Traum, aber Theos Bedingungen brechen Leah das Herz …


  • Erscheinungstag 03.11.2020
  • Bandnummer 2465
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714505
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Du solltest dich ausruhen, statt dir Sorgen um mich zu machen.“ Theo Savas tigerte durch das Foyer des Theaters, während er sein Smartphone an das Ohr hielt und versuchte, sich seine eigene Besorgnis nicht anhören zu lassen. Seitdem er zehn Jahre alt war, lebte er mit seinem Großvater zusammen, und heute war das erste Mal, dass der alte Mann etwas so Persönliches direkt angesprochen hatte. Was unter den gegebenen Umständen ziemlich verstörend war. „Du hast gerade eine große Operation hinter dir …“

„Und das hat mir die Gelegenheit zum Nachdenken gegeben. Es ist an der Zeit, Theodoros. Dein Geburtstag ist in wenigen Wochen.“

Die Lichter an der Wand flackerten, das Signal, dass die Gäste ihre Plätze einnehmen sollten. Aber er konnte den Anruf nicht beenden, bevor er Dimitri nicht beruhigt hatte.

„Willst du damit sagen, dass ich alt werde?“ Der Witz war schwach, aber Theo würde alles probieren, um die wachsende Angst seines Großvaters zu mildern. „Es ist noch genug Zeit …“

„Wenn das so weitergeht, lerne ich meine Urenkel niemals kennen …“

„Du stirbst noch nicht“, unterbrach Theo ihn. Er hatte dafür gesorgt, dass Dimitri von den besten Spezialisten behandelt wurde, und sie hatten ihm versichert, dass er mit ausreichender Ruhe bald wieder der Alte wäre. „Du hast noch viele Jahre vor dir.“

„Ich meine es ernst. Du musst endlich sesshaft werden …“

„Und das werde ich auch“, versicherte Theo ihm sanft und ließ seine Schultern kreisen.

Zu gerne wollte er sich Dimitris Versuch widersetzen, ihm noch eine Verantwortung aufzubürden, aber er konnte ihn nicht einfach abwimmeln.

Er beobachtete, wie die anderen Theaterbesucher von den Platzanwärtern zu ihren Logen geführt wurden. Wenn er es noch rechtzeitig auf seinen Platz schaffen wollte, musste er sich beeilen. Er machte einen Schritt vor, als in diesem Moment eine Frau an ihm vorbeiwirbelte und ihm den Weg abschnitt. Der große, schlanke Tornado blieb nicht stehen, um sich zu entschuldigen, sondern schien nicht einmal bemerkt zu haben, dass er abrupt hatte anhalten müssen, um nicht mit ihr zusammenzustoßen. Während sie auf den Platzanweiser zueilte, wühlte sie in ihrer Handtasche.

„Wie wäre es mit Eleni Doukas? Sie ist wunderschön“, hörte Theo wieder die Stimme seines Großvaters an seinem Ohr. Er schüttelte sich innerlich. Dimitri schlug ihm ernsthaft eine Frau vor?

„Magst du keine schönen Frauen?“, fragte der alte Mann.

Theo verzog das Gesicht. Klar mochte er Frauen – und Schönheit war nur eines der Attribute, die ihn anzogen. Doch die meisten Frauen, die er traf, wollten wesentlich mehr, als er zu geben bereit war.

„Oder Angelica“, schlug sein Großvater vor. „Sie wäre sehr passend. Du hast sie seit Jahren nicht mehr gesehen.“

Wofür Theo gute Gründe hatte. Ironischerweise waren das die gleichen Gründe, warum sein Großvater diese Frau nur zu gerne in der Familie willkommen heißen würde. Kultiviert, gebildet, mit perfekten Verbindungen, hatte Angelica schon vor Längerem klargemacht, dass sie gewillt wäre, eine Ehe einzugehen und vier Kinder zur Welt zu bringen, während sie gleichzeitig vor außerehelichen Affären ihres Ehemannes die Augen verschließen würde.

Aber Theo hielt nichts vom Fremdgehen, und er würde auch niemals Untreue von seiner Frau akzeptieren. Die Narben, die solche Affären hinterließen, kannte er nur zu gut. Auch wenn Angelica sich als die perfekte Ehefrau angeboten hatte und die Menschen in seiner Gesellschaftsschicht genau so eine Ehe von ihm erwarteten, stieß ihn eine solche Vereinbarung ab.

Aber das musste Dimitri nicht wissen.

„Es ist eine Weile her …“, murmelte Theo.

Sein Blick blieb an der Szene hängen, die sich vor der Tür zum Theatersaal abspielte. Die Brünette wühlte immer noch in ihrer Tasche. Anders als die anderen Theaterbesucherinnen trug sie kein schimmerndes Kleid, sondern eine schwarze, schmal geschnittene Hose, die ihre endlos langen Beine betonte. Er schaute auf ihre Füße und sah, dass sie in flachen Schuhen steckten. Sie war wirklich sehr hochgewachsen.

Interesse keimte in ihm auf, wie eine leichte Brise, die einem an einem heißen Sommertag Erleichterung verschaffte. Über ihrer grauen Bluse, die bis zum Hals zugeknöpft war, trug sie eine schwarze Strickjacke. Die fade Kombination verriet von ihrer Figur nur, dass sie schlank war. Doch es war ihr Gesichtsausdruck, der ihn näher herantreten ließ.

Während ihre Hand noch in der Tasche steckte, warf sie dem Platzanweiser verzweifelte Blicke zu. Als Theo näher trat, hörte er sie panisch flüstern. Versuchte sie, Zeit zu schinden? Sich in die Vorstellung zu schummeln? Wenn ja, machte sie das gut, denn ihr Verhalten zupfte sogar an Theos sicher verbarrikadiertem Herzen. Ihre Augen schimmerten verdächtig, und tatsächlich wich jetzt alle Farbe aus ihrem Gesicht, als die anderen Türen geschlossen worden.

„Wenn nicht Angelica …“

„Arrangier etwas“, unterbrach Theo seinen Großvater entschlossen. Der Gedanke an eine Brautparade war zwar verrückt, aber er würde allem zustimmen, nur damit Dimitri etwas hatte, worauf er sich freuen konnte.

Er ging auf die Frau zu, die immer noch vor der letzten offenen Tür zum Saal stand. Sie war inzwischen so blass, dass er fürchtete, sie würde gleich ohnmächtig werden. Der flehende Ausdruck auf ihrem Gesicht traf ihn wie ein Dolchstoß.

„Ich fliege morgen früh heim, und wir treffen uns dann am Nachmittag“, sagte er zu Dimitri. „Ich verspreche, dass wir dann weiter darüber reden. Aber jetzt muss ich arbeiten.“

„Gut, Theodoris“, murmelte sein Großvater rau. „Danke.“

„Ist schon gut.“ Theo räusperte sich. Sein Großvater musste ihm nicht danken. Er war derjenige, der Dimitri alles zu verdanken hatte. „Schlaf gut.“

Er legte auf und ging die letzten paar Schritte zur Tür. Als Hauptsponsor der Ballettproduktion war ihm der beste Platz im Haus zugewiesen worden. Den er, wenn er sich nicht irrte, gerade verloren hatte, denn der Platzanweiser hatte die Tür mit brüsker Endgültigkeit zugedrückt.

Wäre er ein wenig schneller gegangen, hätte er es vielleicht noch geschafft, aber die große Brünette lenkte ihn immer noch ab. Und eine Ablenkung brauchte er im Moment dringend.

„Es tut mir so leid“, flehte sie gerade den Platzanweiser an, während sie sich eine Strähne hinters Ohr schob, die sich aus ihrem langen Zopf gelöst hatte. Ihr Blick war verzweifelt, und sie wühlte erneut in ihrer Handtasche. „Ich hatte sie, wirklich. Ich schwöre es …“

„Es tut mir leid, Ma’am.“ Der Platzanweiser stand unerschütterlich vor der geschlossenen Tür. „Aber ohne Ihre Eintrittskarte …“

Die Schultern der Frau sackten herab. „Ja, natürlich. Es ist nur … Sie war hier drin.“ Sie ließ ihren Blick suchend über den Fußboden gleiten. „Ich verspreche, dass ich sie hatte …“

„Unglücklicherweise ist es jetzt zu spät“, beendete der Platzanweiser die Unterhaltung abrupt.

Mit gesenktem Kopf drehte sich die Frau um.

„Gibt es ein Problem?“ Theo trat ihr in den Weg.

Sie schaute abwesend zu ihm auf und zuckte dann kurz zurück. Ihre Augen wurden groß, und nun starrte sie ihn wie schockiert an. Theo erwiderte ihren Blick fröhlich.

Ihre Augen waren von einem fast violetten Blau. „Sie können Ihr Ticket nicht finden?“

Sie schüttelte den Kopf.

Theo konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Offensichtlich hatte sie auch ihre Stimme verloren. Er war es gewohnt, dass Frauen auf eine besondere Weise auf ihn reagierten, aber mit Sprachlosigkeit?

Wenigstens kehrte jetzt etwas Farbe in ihre Wangen zurück. Aber dann schluckte sie und drehte sich weg. Er musste ihr einfach folgen. An einem Tisch blieb sie stehen, und amüsiert beobachtete er, wie sie erneut ergebnislos in ihrer Tasche suchte.

„Wissen Sie, nach Beginn der Vorstellung wird niemand mehr hineingelassen“, sagte er sanft. „Egal, ob mit Eintrittskarte oder ohne.“

Sie ließ die Hände sinken und warf ihm einen Blick zu. „Ich weiß.“ Ihre Stimme klang auf bezaubernde Weise rau, ihr englischer Akzent weich und klar. „Es ist nur … ich hatte sie wirklich.“

Und sie wollte diese Ballettaufführung unbedingt sehen, das war offensichtlich. Ihre Enttäuschung berührte ihn, und ihn überfiel der absurde Drang, sie zum Lächeln zu bringen.

„Oh, Mr. Savas.“ Der Platzanweiser tauchte neben ihm auf und wirkte etwas nervös. „Ich kann Sie gerne noch hineinschummeln, wenn Sie mir schnell folgen mögen …“

Kurz traf sein Blick den der Fremden, und er sah Empörung in ihren lavendelblauen Augen aufflackern.

„Ich würde die anderen Besucher nur ungern stören“, lehnte er das Angebot geschmeidig ab. „Aber trotzdem vielen Dank.“

Der Platzanweiser zog sich zurück, und Theo wandte sich wieder der langbeinigen Brünetten zu.

„Niemand kommt später rein, außer er ist unglaublich reich?“, murmelte sie mit leichter Missbilligung.

Äh … ja. „Ich habe eine weitere Karte, mit der Sie sich wenigstens die zweite Hälfte anschauen können“, erwiderte er aus einem Impuls heraus.

Sie wandte den Blick ab, als würde sein Anblick sie schmerzen. „Das … das ist wirklich nett von Ihnen, aber das kann ich unmöglich annehmen.“

„Warum nicht?“ Er wollte, dass sie Ja sagte, und normalerweise bekam Theo, was er wollte.

Ihre Finger spielten nervös mit dem Riemen ihrer Handtasche. Die leichte Röte in ihren Wangen verriet Theo, dass sie verlockt, aber auch misstrauisch war.

„Das ist kein Trick“, versicherte er ihr. „Es ist nur eine Eintrittskarte.“

„Wirklich?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und sah ihn fragend an.

„Ja, wirklich.“ Er unterdrückte ein Schmunzeln. Normalerweise hatten die Leute kein Problem, etwas von ihm anzunehmen. „Das ist keine große Sache.“

Die Röte in ihren Wangen vertiefte sich. „Sie haben keine … Begleitung bei sich?“

War das der Grund für ihre fassungslose Miene? Er unterdrückte ein weiteres Lächeln. „Nein. Und Sie?“

„Nein.“ Schnell schüttelte sie den Kopf.

„Dann schätze ich, dass es vom Schicksal so bestimmt ist, oder?“

„Ich …“ Sie hielt kurz inne. „Richtig.“

„Und während wir warten, können wir genauso gut einen Drink zu uns nehmen, was meinen Sie?“ Er nickte in Richtung der schimmernden Theaterbar, während Vorfreude in ihm aufstieg.

Die Fremde drehte sich komplett zu ihm herum, schaute ihm direkt in die Augen und reckte stolz das Kinn. „Darf ich Ihnen einen Drink ausgeben? Sozusagen als Dankeschön?“

Kurz war Theo sprachlos. Die Frauen, mit denen er ausging, boten nie an, zu bezahlen. Sie kannten ihn, wussten, wie wohlhabend er war, und ließen sich nur zu gern auf seinen Lebensstil ein. Aber diese Jungfrau in Nöten hatte keine Ahnung, wer er war, und offensichtlich auch kein Verlangen, sich von ihm zu nehmen, was sie nur konnte.

„Bitte“, fügte sie an. „Ich möchte nicht das Gefühl haben, in Ihrer Schuld zu stehen.“

Wegen einer einfachen Eintrittskarte fürs Ballett? Fürchtete sie, er würde sie bitten, ihm den Gefallen auf nicht jugendfreie Weise zurückzuzahlen? Tja, da konnte sie ganz ruhig bleiben. Theo hatte noch nie eine Frau zu etwas zwingen müssen.

„Okay“, sagte er, konnte aber nicht umhin, sie ein wenig aufzuziehen. „Sind Sie sicher, dass Sie Ihr Portemonnaie dabeihaben? Sie wollen doch kein Versprechen geben, das Sie nicht einhalten können.“

„Sehr lustig.“ Funken blitzten in ihre lavendelfarbenen Augen auf, bevor sie das Gesicht verzog. „Na toll. Jetzt haben Sie mich tatsächlich so verunsichert, dass ich nachschauen muss.“ Sie wühlte wieder in ihrer Tasche und holte schwungvoll ein kleines Portemonnaie heraus.

„Ich wusste es“, sagte sie triumphierend. „Aber ich schwöre, dass ich auch die Karte hatte.“ Kopfschüttelnd stöhnte sie auf. „Was für eine Idiotin ich bin.“ Sie kicherte leise.

Zu seinem Erstaunen verengte sich in diesem Moment seine Welt, bis er nur noch sie sah – diese funkelnden Augen, diese schönen Lippen – und ihr Lächeln einfach erwidern musste. Ehrlich gesagt hatte er seit Monaten nicht mehr so viel gelächelt wie in den letzten Minuten.

„Wie wäre es, wenn Sie schon mal vorgehen und bestellen?“, schlug er vor. „Ich brauche eine Sekunde, um das mit dem Sitzplatz zu organisieren.“

„Was würden Sie denn gern trinken?“

„Ihre Entscheidung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich nehme, was auch immer Sie nehmen.“

„Sind Sie sicher, dass Sie das riskieren wollen?“ Sie lächelte verschmitzt.

„Nun bin ich fasziniert. Ja, entscheiden Sie auf jeden Fall für uns beide.“

Er konnte nicht widerstehen, ihr nachzusehen, als sie zur Bar ging. Sie faszinierte ihn tatsächlich mit ihrer Mischung aus schüchtern, ungelenk und selbstsicher. Groß, schlank, weiblich und unglaublich erfrischend. Genau das, was ihn nach zwei Monaten voller Stress, Isolation und Unsicherheit wie magisch anzog. Aber sie war vorsichtig, und vermutlich tat sie gut dran, wenn er an sein spontanes Verlangen dachte, das Ballett komplett ausfallen zu lassen und sie für eine Nacht mit in sein Bett zu nehmen. Er würde diese langen Beine anbeten und hart daran arbeiten, ein Lächeln auf ihre vollen Lippen zu zaubern …

Das ist vollkommen unangebracht! Und so untypisch für ihn. Er war nie in die Playboy-Fußstapfen seines Vaters getreten und hatte es auch in Zukunft nicht vor. Schnell machte er sich auf den Weg, um die Sache mit der Karte zu klären. Ein Drink, dann zurück an die Arbeit.

Als er kurz darauf zur Bar ging, saß sie allein mit zwei hohen Gläsern vor sich und versuchte offensichtlich, sich ihr Unbehagen nicht anmerken zu lassen.

Er legte die Eintrittskarte neben die beiden Drinks, bevor er einen davon in die Hand nahm. „Alles arrangiert.“

Er brauchte den Drink. Doch nach dem ersten Schluck verzog er das Gesicht. Dieses saure Zeug war nicht gerade der Champagner, den er erwartet hatte. Anfangs hatte er die Fremde für eine Romantikerin gehalten, aber dann hatte sie ihn mit ihrem unterschwelligen Sarkasmus überrascht. Und nun damit, dass sie scheinbar Raketentreibstoff als Aperitif bevorzugte.

„Danke“, sagte sie ernst. „Das ist sehr nett von Ihnen.“

Seltsamerweise wollte er nicht, dass sie ihn für nett hielt. Er wollte … er wollte mehr. Und das war vollkommen unangebracht.

Leah Turner nippte an ihrem Drink und unterdrückte den Drang, sich zu kneifen. So etwas wie das hier passierte ihr nie. Irgendwie hatte der umwerfendste Mann aller Zeiten sie in ihrem schlimmsten Moment seit Monaten erwischt und ihre Enttäuschung galant in etwas komplett anderes verwandelt.

Und wie umwerfend er war: groß, schlank, muskulös, mächtig. Dazu strahlte er eine Sinnlichkeit aus, die ihr schier die Sprache verschlug. Alles in allem fiel es ihr in seiner Gegenwart schwer zu denken, und sie war nicht sicher, worüber sie sich mehr freute: darüber, dass sie doch nicht die ganze Aufführung verpassen würde, oder darüber, dass sie diesem Mann ein paar Minuten seiner Zeit stehlen konnte.

Denn diese grünen Augen … Sie kannte blaugrüne Augen, grüngraue und grüne mit braunen oder bronzenen Sprenkeln darin. Doch seine Augen waren von einem klaren Waldgrün. Und sie musste sich ständig ermahnen, ihn nicht anzustarren. „Sind Sie jemand Wichtiges hier am Theater?“, fragte sie.

„Nein.“

Das glaubte sie ihm nicht. Sie hatte gesehen, wie untertänig die Theatermanagerin im Gespräch mit ihm gelächelt hatte. Er hatte mehr als nur Charme. Er hatte Macht. Verdammt, er hatte Leah das Gefühl gegeben, als hätte sie ihm einen Gefallen getan, indem sie die Karte angenommen hatte.

Sein Lächeln hatte etwas Gefährliches an sich. „Warum sind Sie allein hier?“

Sein Akzent ließ sie dahinschmelzen wie eine Schneeflocke auf einer sonnigen Fensterbank.

„Das bin ich nicht.“ Sie reckte das Kinn. „Meine Freundin ist bereits hier, aber sie steht auf der Bühne.“

„Sie ist Tänzerin?“

„Ja. Sie hat mir die Eintrittskarte geschickt, aber ich war spät dran, weil ich Maeve noch etwas helfen musste.“

„Maeve?“

„Eine der Bewohnerinnen in dem Pflegeheim, in dem ich arbeite. Sie ist bezaubernd, und wir haben …“ Leah hielt inne, als ihr auffiel, dass sie brabbelte. „Wir sind befreundet.“ Er musste nichts über ihren neuen Job und die Menschen wissen, die ihr bereits ans Herz gewachsen waren. „Warum waren Sie so spät?“

„Ich hatte noch einen Anruf.“

„Frauenprobleme?“, riet sie, was zwar eine sehr persönliche Frage war, aber sie konnte sich nichts anderes vorstellen. „Sind Sie deshalb allein hier? Hat sie Sie sitzenlassen?“

Er hob fragend die Augenbrauen.

„Was? Sind Sie noch nie sitzengelassen worden?“, fragte sie, bevor sie dachte: Nein, natürlich nicht.

„Keine Frauenprobleme.“ Das wunderbare Lächeln breitete sich wieder auf seinem Gesicht aus, als freute es ihn, dass er sie korrigieren konnte. „Und genau das ist das Problem. Zumindest, wenn man meinem Großvater glaubt.“

„Sie haben mit Ihrem Großvater telefoniert?“ Das überraschte sie. „Und er möchte, dass Sie sesshaft werden?“

Er nickte gespielt ernst. „Und dass ich Erben für das Familienvermögen produziere.“

Natürlich gab es ein Familienvermögen. Sein Anzug saß so gut, dass er garantiert maßgeschneidert war, und die glänzende Uhr an seinem Handgelenk war sicher von einer der teuersten Marken überhaupt.

„Aber Sie wollen nicht?“, hakte sie nach.

„Noch nicht.“ Die Vorstellung schien ihn zu verschrecken.

„Noch nicht?“ Das verschmitzte Funkeln in seinen Augen brachte sie zum Lachen. Er wollte sein Leben offensichtlich noch genießen. Und wieso sollte er auch nicht? Es war vermutlich sehr leicht, weil alle Frauen ihn haben wollten. Dennoch spielte sie mit. „Weil Sie zu viel mit Ihrer Arbeit zu tun haben? Weil es zu viele andere Optionen gibt?“

„Nichts dergleichen. Und deshalb gehe ich allein ins Ballett.“

„Dass es Ihnen an Möglichkeiten mangelt, glaube ich nicht“, sagte sie. „Sie haben sich entschieden, allein zu gehen.“ Fragend sah sie ihn an. „Weil Sie gar nicht sesshaft werden wollen?“

Er fing ihren Blick auf und lächelte amüsiert.

Sie schüttelte traurig den Kopf. „Warum habe ich nur das dumme Gefühl, dass Ihr armer Großvater sich noch eine ganze Weile gedulden muss …?“

Der Humor in seinen Augen schwand, und etwas Ernsteres flackerte auf. „Es geht ihm in letzter Zeit nicht gut, er ist angeschlagen. Daher seine Vorhaltungen.“

Leah sah zu, wie er den Anflug von Schmerz wegblinzelte. Dass er den Anruf nicht rechtzeitig beendet hatte, um noch in den Saal zu kommen, zeigte, dass er seinem Großvater gegenüber sehr geduldig und respektvoll war.

„Die Erwartungen der Familie zu erfüllen kann schwer sein“, tröstete sie ihn. „Ich bin für meine eigene eine konstante Enttäuschung.“

Er sah ihr wieder in die Augen und hielt ihren Blick für einen Moment fest. Leah hatte den Eindruck, dass hinter seiner perfekten Fassade noch sehr viel mehr steckte.

„Ich glaube nicht, dass Sie je jemanden enttäuschen könnten“, murmelte er schließlich so leise und ernst, dass sie es nicht einfach abschütteln und darüber lachen konnte.

Stattdessen schoss ihr das Blut in die Wangen, und sie schluckte gegen den Kloß an, der sich in ihrer Kehle gebildet hatte. „Tja, da irren Sie sich.“

Wieder musterte er sie eindringlich, bevor er blinzelte und lächelte. „Ihre Familie will auch, dass Sie heiraten?“

Jetzt musste sie doch lachen. Sie schüttelte den Kopf.

„Stimmt, das ist ja auch eine grauenhafte Vorstellung“, zog er sie auf.

„Nein“, erwiderte sie entschlossen. „Das ist es nicht …“

„Jetzt irren Sie sich.“ Er prostete ihr zu. „Alle Ehen enden im Elend.“

„Wow … Das ist Ihnen also passiert?“

Beinahe hätte er sich an seinem Drink verschluckt. „Nein, ich war nie verheiratet. Und ich werde niemals heiraten.“

„Weil …?“ Sie atmete tief ein, während sie ihn musterte. „Ihre Eltern?“

In seinen Augen blitzten Schmerz, Leugnung und der Wunsch nach Vergeltung auf.

„Ja“, murmelte sie schwach. „Armer Großvater.“

„Sie halten mich für so durchschaubar?“

„Ich glaube, dass jeder ab und zu Schmerz empfindet“, sagte sie. „Und oft tun uns die Menschen am meisten weh, die uns am nächsten stehen sollten.“

„Ich stehe ihnen nicht nahe“, widersprach er sanft. Dann zwang er sich zu einem Lächeln. „Also, erzählen Sie mir von Ihrer Freundin, der Tänzerin. Ist das heute ihr Debüt?“

„Nein. Ich bin aber erst vor Kurzem nach London gezogen und hatte vorher noch keine Zeit, mir einen ihrer Auftritte anzuschauen.“ Bei der Erinnerung daran verlagerte sie unbehaglich das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. „Und jetzt habe ich ihn verpasst.“

„Aber nur die erste Hälfte. Und das müssen Sie ihr ja nicht verraten.“

„Sie meinen, ich soll sie anlügen?“

„Nein, Sie verschweigen nur einen Teil der Wahrheit. Das ist keine Lüge.“

„Natürlich ist das eine Lüge“, widersprach sie ausdruckslos. „Denn es ist nicht komplett aufrichtig.“

„Und wir sollten alle immer komplett aufrichtig sein?“ Lächelnd schüttelte er den Kopf.

„Sie finden das falsch?“

„Eher naiv.“ Er beugte sich vor. „Wenn die Wahrheit dazu führt, dass man jemand anderem wehtut, warum sollte man sie dann auch noch aussprechen?“ Er brach ab und holte scharf Luft, was ihr den Eindruck vermittelte, dass er in diesem Moment nicht über ihre kleine Lüge bezüglich der ersten Hälfte der Aufführung sprach.

„Also verschweigen Sie die Wahrheit oder erzählen eine Lüge, um jemanden zu schützen?“, hakte sie nach.

„Natürlich.“

Das sagte er mit solch einer Gewissheit, dass sie wusste, er hatte es schon getan und würde es wieder tun. Erneut dachte sie an seinen Großvater und daran, wovor er ihn wohl beschützen wollte.

Der fragende Blick hatte sich in seine Augen zurückgestohlen. „Was würde Ihrer Freundin mehr wehtun – zu wissen, dass Sie die erste Hälfte verpasst haben, oder es niemals zu erfahren?“

„Am meisten würde ihr wehtun, wenn sie erführe, dass ich sie angelogen habe. Aber wenn ich ihr die Wahrheit erzähle, wird sie nur lachen.“

„Und das tut Ihnen nicht weh?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Mein Verbrechen ist nicht schlimm, nur eine sehr, sehr dumme Unzulänglichkeit, und ich muss ja selbst schon darüber lachen.“ Sie musterte ihn. „Wir können gemeinsam lachen. Geteilter Schmerz nimmt ihm die Schärfe, oder?“

„Nicht immer.“

„Hm.“ Sie dachte darüber nach. „Das Problem ist, ein kleines Verschweigen führt unweigerlich zu mehr Lügen. Sie wird mich fragen, was ich zu irgendetwas in der ersten Hälfte meine, und dann müsste ich lügen.“

„Oder Sie könnten auch einfach nicht darüber reden.“

Sie lachte. „Ihre Strategie ist es also, alles unter den Teppich zu kehren und in einem Zustand der Leugnung zu leben? So zu tun, als wäre nie etwas Schlimmes passiert?“ Nun beugte sie sich ein wenig vor. „Das wird Sie für den Rest Ihres Lebens verfolgen.“

„Erzählen Sie mir nicht, dass Sie an Geister glauben.“

„Nun, ich glaube daran, dass einige Dinge – vor allem Gefühle – nicht für immer vergraben bleiben können. Sie erheben sich irgendwann wie Zombies und fressen Ihr Gehirn auf, sodass Sie nicht mehr klar denken können.“ Das passierte ihr selbst mit schöner Regelmäßigkeit.

„Also handeln Sie immer nach Ihren Gefühlen?“, fragte er. „Anstatt Rationalität walten zu lassen?“

Sie seufzte. „Ich bin nur ein Mensch. Ich versuche, ein guter zu sein und niemand anderem wehzutun.“

„Also absolute Ehrlichkeit?“

„Im Idealfall ja.“

„Im Idealfall.“ Er schenkte ihr ein Lächeln. „Also wie wird Ihre Freundin im Idealfall reagieren?“

„Wie gesagt: Sie wird lachen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich es vermasselt habe.“

„Sie kennen sie schon länger?“

„Wir sind in der gleichen Stadt aufgewachsen und gemeinsam zum Ballettunterricht gegangen.“

„Aber Sie tanzen nicht mehr?“

„Meine Leidenschaft war größer als mein Talent.“

„Leidenschaft ist doch aber das Wichtigste, oder?“ Seine Augen funkelten. „Talent ohne Leidenschaft ist nichts. Fähigkeiten kann man sich aneignen, Leidenschaft nicht.“

„Tja, das mag sein, aber dazu bin ich auch noch größer als der Durchschnitt.“ Sie zuckte gekonnt lässig mit den Schultern. „Stecken Sie mich dazu in Spitzenschuhe, und ich überrage die meisten Männer.“

Das war zwar nicht der einzige Grund, aus dem sie mit dem Tanzen aufgehört hatte, aber er musste nicht noch mehr erfahren über ihre konstante Unfähigkeit, die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen.

„Tragen Sie deshalb flache Schuhe? Damit Sie nicht größer sind als Ihre Männer?“

Ihre Männer? Bei dem Gedanken hätte sie fast laut aufgelacht. „Ich trage sie, weil sie bequem sind. Meine Kleidung wähle ich danach aus, dass ich mich darin wohlfühle, und nicht danach, dass sie einem Mann gefällt.“

Er grinste zustimmend. „Klar. Aber Sie sind nicht größer als ich. Wenn wir zusammen ausgehen, könnten Sie High Heels tragen.“

„Ich werde nicht mit Ihnen ausgehen.“

„Tun wir das nicht gerade schon?“, zog er sie auf.

Sie schüttelte den Kopf. „Das ist zufällig, nicht absichtlich.“

„Also würden Sie nicht mit mir ausgehen, wenn ich Sie frage?“

„Würden Sie denn fragen?“

Autor

Natalie Anderson
Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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Natalie Anderson
Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
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