Heißer Flirt mit einem Fürsten

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Bankier, attraktiv und dazu auch noch ein Fürst. Wie kann man bei diesem Mann stark bleiben? Alexa erwidert seine Küsse stürmisch, doch bevor sie ganz diesem heißen Flirt erliegt, verlässt sie fluchtartig Fürst Luka Bagatons Hotel. Dass ein Kollege von ihr sie dabei heimlich fotografiert hat, kann sie am nächsten Morgen in der Zeitung sehen! Und sich kurz darauf am Telefon wütende Beschimpfungen anhören! Luka glaubt, dass sie der Presse einen Tipp gegeben hat! Schon das Ende ihrer kurzen Romanze, bevor sie überhaupt richtig begann?


  • Erscheinungstag 05.10.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727765
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Sichtlich gestresst stürmte die Veranstaltungsmanagerin des Hotels in den Umkleideraum des weiblichen Personals und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie die junge Frau erblickte. „Alexa, dem Himmel sei Dank, dass du es noch rechtzeitig geschafft hast!“, rief sie theatralisch. „Unter unseren Servierkräften wütet diese verflixte Grippe. Und leider sind vor allem die als unbedenklich eingestuften erkrankt.“

„Hi, Carole“, sagte Alexa Mytton fröhlich, während sie die schwarze Seidenstrumpfhose über die langen Beine zog. „Was meinst du mit ‚unbedenklich‘?“

„Nun ja“, Caroles Miene verriet leichtes Unbehagen, „im Vorfeld dieser Konferenz der weltweit finanzkräftigsten Bankiers, unter denen sich auch der Fürst von Venosina befindet, hat die Hotelleitung unser gesamtes Personal einschließlich der Aushilfskräfte sicherheitsdienstlich überprüfen lassen. Auch dich.“ Carole lächelte. „Keine Sorge, du hast eine blütenreine Weste.“

„Wie beruhigend“, meinte Alexa trocken. „Weiß man, dass ich seit kurzem als Fotografin arbeite?“

„Das habe ich lieber nicht erwähnt, da diese Leute geradezu unter Verfolgungswahn leiden.“ Carole verzog das perfekt geschminkte Gesicht. „Bestimmt hätte ich den misstrauischen Sicherheitschef des Fürsten nicht davon überzeugen können, dass du eine aufstrebende Studiofotografin bist und kein verkleideter Paparazzo.“

Die beiden Frauen kannten sich bereits seit fünf Jahren. Damals hatte Carole eines der besten Feinschmeckerrestaurants Aucklands geleitet und Alexa als Teilzeitkraft eingestellt. Die junge Studentin im ersten Semester war ihr dafür sehr dankbar gewesen und hatte ihr auch später immer wieder ausgeholfen, wenn Not am Mann war.

„Ich hatte schon befürchtet, du würdest keine Aushilfsjobs mehr annehmen.“

Alexa strich den langen schwarzen Rock über den schlanken Hüften glatt und schlüpfte dann in eine klassisch geschnittene weiße Bluse. „Solange ich das Geld für meine Reise nach Italien nicht beisammen habe, verdiene ich mir gern noch etwas nebenbei.“

„Du willst also tatsächlich in Italien nach deinem Großvater suchen?“ Carole begutachtete Alexa mit geschultem Blick von Kopf bis Fuß. „Gib mir rechtzeitig Bescheid, bevor du fliegst.“

„Es wird noch einige Monate dauern“, versicherte Alexa und lachte. „Aber selbst wenn ich den Flug schon gebucht hätte, würde ich mir die einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Prinzen von Venosina und umschwärmten Liebling der Regenbogenpresse aus nächster Nähe zu bewundern.“ Sie verlieh ihren eisgrauen Augen einen verzückten Ausdruck und klimperte mit den dichten langen Wimpern. „Welch große Ehre für uns alle, dass er Neuseeland eines Besuches für würdig erachtet.“

Carole lehnte sich vor und senkte die Stimme. „Spotte nur, aber er sieht wirklich fantastisch aus.“

„Hoffentlich bin ich von seinem Anblick nicht so sehr überwältigt, dass ich vor lauter Aufregung das Tablett mit den Hummerpastetchen fallen lasse.“

Ach, wäre ich doch ebenfalls noch einmal dreiundzwanzig, dachte Carole ein wenig wehmütig, wenngleich sie nie eine so strahlende Schönheit wie Alexa gewesen war. In dem düsteren Umkleideraum wirkte das junge Mädchen mit dem kupferroten Haar und der goldbraunen Haut wie eine exotische Blume.

„Hummerpasteten sind aus der Mode“, klärte Carole sie auf. „Neuerdings servieren wir bei solchen Anlässen Austern. Hast du übrigens von dieser italienischen Universität Näheres über deinen Großvater erfahren?“

Alexa schüttelte den Kopf. „Bisher hat man mir nicht geantwortet.“ Mit geübten Fingern begann sie, ihr dichtes, langes Haar zu einem französischen Zopf zu flechten. „Entweder will man mir keine Auskunft geben, oder mein Italienisch ist so schlecht, dass man aus meinem Brief nicht schlau geworden ist.“

„Schade.“ Damit war Caroles Mitgefühl auch schon wieder erschöpft. Sie warf einen kurzen Blick auf das Klemmbrett in ihren Händen. „Übrigens, der dem alten Fürstengeschlecht der Bagatons entstammende Luka ist als Nachfolger seines vor einem Jahr verstorbenen Vaters nicht mehr Prinz, sondern Fürst von Venosina.“

„Meinen Segen hat er“, entgegnete Alexa flapsig und suchte in ihrer Tasche nach dem Lipgloss. „Wie muss ich ihn ansprechen, wenn er etwas zu mir sagt?“

„Er hat angeordnet, dass wir ihn einfach nur ‚Sir‘ nennen sollen.“ Carole seufzte. „Es ist wirklich ungerecht, wie sehr manche Menschen vom Schicksal begünstigt sind! Der Mann hat Macht, Geld, sieht unverschämt gut aus und ist auch noch intelligent.“

„Intelligent?“, wiederholte Alexa und lachte. „Er ist nichts weiter als ein Playboy, der jede Woche mit einer anderen Schönen des internationalen Jet-Sets die Titelbilder der einschlägigen Magazine ziert.“

„Ohne Verstand hätte er es kaum zum Chef einer der größten Banken der Welt gebracht.“

„Vermutlich hat es eher damit zu tun, dass sein Daddy die Bank gegründet hat“, entgegnete Alexa ironisch.

Carole lächelte. „Wart nur ab, bis du ihn persönlich kennenlernst. Er ist einfach umwerfend.“

„Nach den Fotos zu urteilen, sieht er tatsächlich nicht schlecht aus – falls man große dunkelhaarige Männer mit plattem Charme mag.“

„Er ist nicht platt. Was immer man unter Charisma versteht, er hat es im Überfluss. Sicher mit ein Grund, weshalb die Presseleute so hinter ihm her sind.“ Caroles versonnener Gesichtsausdruck machte jäher Ernüchterung Platz. „Etliche Fotografen aus Übersee haben bereits einige unserer Angestellten mit Geld zu bestechen versucht.“

„Wieso habe ich nur keine Minikamera eingesteckt, wie die Agentinnen in James-Bond-Filmen sie immer bei sich tragen“, scherzte Alexa. „Wahrscheinlich könnte ich mit einem einzigen heimlich gemachten Foto von der Cocktailparty meine ganze Italienreise finanzieren.“ Sie begann sich die Lippen nachzuziehen.

„Du bist viel zu anständig, um so etwas zu tun. Abgesehen davon rate ich dir nicht, zu versuchen, Fürst Luka zu täuschen.“

Alexa setzte den Lippenstift ab, ihr Blick begegnete im Spiegel Caroles. „Dann ist er also doch nicht so nett, wie du mir weiszumachen versuchst?“

„Ganz im Gegenteil. Jeder im Hotel, der bisher mit ihm zu tun hatte, findet ihn außerordentlich sympathisch.“

„Aber?“ Alexa schloss den Lippenstift, musterte sich im Spiegel und drehte sich dann zu Carole um. „Du brauchst nicht zu antworten. Tut mir leid, dass ich überhaupt gefragt habe. Ich weiß, in deinem Beruf ist Diskretion oberstes Gebot.“

„Er ist schwer zu beschreiben“, sagte Carole nachdenklich. „Was mich an ihm fasziniert, ist nicht nur sein Äußeres, sondern das, was er ausstrahlt. Er ist liebenswürdig und charmant, strahlt aber auch irgendwie eine ungeheure innere Kraft und Energie aus.“

„Allmählich werde ich richtig neugierig auf ihn.“

„Leider bist du da nicht die Einzige. Falls dich jemand über ihn auszufragen versucht, sag bitte sofort dem Sicherheitsdienst Bescheid.“

„Mach ich“, versprach Alexa und verstaute den Lippenstift in ihrer Tasche.

„Und danke, dass du eingesprungen bist.“ Carole warf einen Blick auf ihre Uhr. „Ich muss los. Falls es Probleme gibt, dann lächle einfach. Deinem hinreißenden Lächeln kann niemand widerstehen.“

„Es wird mir wenig helfen, wenn ich jemandem die teuren Designerklamotten bekleckere“, meinte Alexa trocken. „Aber ich habe schon den ganzen Nachmittag geübt, um einen ernsten, respektvollen Gesichtsausdruck aufsetzen zu können. Zum Glück handelt es sich nur um einen Cocktailempfang und kein Bankett mit mehreren Gängen.“

„Erinnere mich nicht an das Bankett!“, rief Carole theatralisch. „Nur mit Mühe habe ich dafür das Bedienungspersonal zusammenbekommen. Hoffentlich fällt nicht noch jemand in letzter Minute aus. Und nun komm, ich bringe dich nach unten. Vielleicht kannst du sogar deine Sprachkenntnisse nutzen.“ Sie öffnete die Tür zum Flur. „Auf Venosina wird Italienisch gesprochen.“

Alexa hatte schon während der Schulzeit als zweite Fremdsprache Italienisch gewählt. Später hatte sie ihre Sprachstudien an der Universität fortgesetzt, da sie plante, irgendwann nach Italien zu reisen und dort nach dem Grab ihres Großvaters zu suchen – vielleicht sogar noch Verwandte ausfindig zu machen.

Natürlich musste sie damit rechnen, dass man an einer Enkelin, deren Vater unehelich geboren worden war, kein Interesse hatte. Aber wenigstens würde sie sich mit der Gewissheit, noch lebende Verwandte zu haben, nicht mehr so völlig verloren in der Welt fühlen.

In den letzten hektischen Minuten trainierte Alexa nochmals übermütig mit zwei Kolleginnen, respektvoll und zurückhaltend zu lächeln, und hob dann eines der Silbertabletts hoch, auf denen sich in exquisiten Porzellanschälchen angerichtete Austern befanden.

Mit professioneller Geschicklichkeit balancierte sie das Tablett auf einer Hand und betrat den Raum, in dem sich die derzeit einflussreichsten und mächtigsten Männer der internationalen Finanzwelt mit einigen einheimischen Politikern und Wirtschaftsfachleuten samt Begleiterinnen vor dem Dinner zu einem Aperitif versammelt hatten.

Sie versagte sich neugierige Blicke auf die Garderoben der Damen, doch noch ehe sie der ihr am nächsten stehenden Gruppe etwas anbieten konnte, hörte sie eine befehlsgewohnte Frauenstimme rufen: „Kellnerin, hierher bitte!“

Blöde Ziege! dachte Alexa, lächelte jedoch liebenswürdig, als sie sich mit ihrem Tablett einen Weg zu der elegant gekleideten Blondine bahnte.

„Wir möchten die Austern probieren“, sagte die Frau.

„Ja, Madam.“ Alexa präsentierte ihr Tablett.

Lächelnd wandte die Blondine sich an den Mann neben ihr und sagte in völlig verändertem, einschmeichelndem Ton: „Versuchen Sie unsere Austern, Sir. Sie sind eine neuseeländische Spezialität und die besten der Welt.“

„Eine kühne Behauptung.“ Die tiefe Männerstimme klang kühl und selbstbewusst.

Verstohlen ließ Alexa den Blick über schmale Hüften und breite Schultern – bekleidet mit einem erstklassig geschnittenen Smoking – nach oben gleiten. Das also war der angeblich so charismatische, viel fotografierte Fürst Luka Bagaton von Venosina. Er war mindest einen Meter neunzig groß und sah noch attraktiver aus als auf den Fotos. Seine Gesichtszüge waren wie aus Stein gemeißelt, mit einem wohl geformten Mund, der nicht nur sinnlich war, sondern auch auf einen starken Charakter und Selbstbeherrschung schließen ließ.

Unversehens begegneten sich ihre Blicke. Er hatte ungewöhnliche bernsteinfarbene Augen, mit denen er Alexa eingehend musterte. Sie hatte das Gefühl, als würde sie geprüft, bewertet und – begehrt. Ihre Hände begannen zu zittern. Carole hat recht, dachte sie, ein faszinierender Mann – aber gefährlich!

Mit klopfendem Herzen bemühte sie sich, das Tablett ruhig zu halten, als er sich bediente. Seine Finger waren schlank und gepflegt.

„Danke.“ Mehr sagte er nicht.

Schon wollte Alexa weitergehen, hob dann jedoch wie unter Zwang noch einmal den Blick und bemerkte, dass der Fürst sie noch immer ansah. In seinen Augen war ein Anflug von Spott zu lesen. Dann blitzte für einen kurzen Moment unverhülltes Verlangen in ihnen auf. Gleich darauf veränderte sich sein Gesichtsausdruck jedoch und wurde hart.

„Danke, das ist alles, was wir benötigen.“ Die Stimme der Blondine klang äußerst frostig.

Alexa rang sich ein nichts sagendes Lächeln ab und steuerte mit ihrem Tablett auf die nächste Gruppe zu. Man hätte mich warnen sollen, wie bedrohlich eine charismatische Ausstrahlung sein kann, ging es ihr durch den Kopf, während sie versuchte, ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Es war verrückt, aber sie hatte den Blick des Fürsten wie eine Berührung empfunden, als hätte er von ihr Besitz ergriffen und ihr seinen Stempel aufgedrückt.

Nun dreh nicht gleich durch, ermahnte sie sich. Er hatte sie angesehen und sie ihn. Und da sie von Berufs wegen für visuelle Reize besonders empfänglich war, hatte sie der Anblick eines so umwerfend attraktiven Mannes natürlich überwältigt.

Sorgsam vermied sie es, noch einmal in seine Nähe zu kommen, und atmete erleichtert auf, als sich schließlich alle Gäste wie auf ein geheimes Zeichen hin in den Bankettsaal begaben.

Sehr viel später, nachdem ihre Schicht vorüber war und sie sich umgezogen hatte, traf sie auf dem Weg zum Aufzug eine nun wesentlich entspannter wirkende Carole. „Das Bankett ist reibungslos verlaufen“, berichtete die Veranstaltungsmanagerin gut gelaunt. „Na, wie hat dir der Fürst gefallen?“

„Er ist einfach fürstlich!“ So ganz gelang Alexa der beabsichtigte scherzhafte Ton nicht. „Wer war seine Begleiterin?“

„Die elegante Blondine? Das ist Sandra Beauchamp, Staatssekretärin im Außenministerium und anscheinend eine alte Flamme von ihm.“

Alexa verspürte ein primitives Gefühl von … nein, mit Eifersucht hatte das absolut nichts zu tun. „Alt? Das würde sie bestimmt nicht gern hören.“

Carole lächelte ihr vertraulich zu, sozusagen von Frau zu Frau. „Hat sie dich weggeekelt? Man kann es ihr nicht verdenken, wenn sie die erneute Chance nutzen möchte, ihn sich doch noch zu angeln. Aber nun verrat mir, welchen Eindruck er auf dich gemacht hat?“

„Er ist ein faszinierender Mann“, räumte Alexa ein und versuchte, ihre Verwirrung mit einem, wie sie hoffte, ironischen Lächeln zu überspielen. „Ich könnte ihn mir gut als Superhelden in einem kitschigen Hollywoodfilm vorstellen – oder als Bösewicht.“

„Jedenfalls hat er eine hervorragende Tischrede gehalten. Witzig, bewegend, intelligent und kurz!“

„Hoffentlich hat er den Schreiber dafür gut bezahlt!“

„Entdecke ich da eine Spur von Sarkasmus in deiner Stimme?“, fragte Carole, während sie beide zum Personalaufzug gingen. „Bist du etwa eine Gegnerin der Monarchie?“

Alexa konnte ihr schlecht erzählen, dass der Fürst sie völlig in seinen Bann gezogen hatte. Das hätte geklungen, als hätte sie sich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Betont gleichmütig zuckte sie die Schultern. „Als Institution ist sie wahrscheinlich überholt, aber die Menschen von Venosina wissen sicher am besten, welche Regierungsform sie bevorzugen. Offenbar mögen sie ihren Fürsten, und durch seine Bank ist Venosina zu einem internationalen Finanzplatz geworden.“

„Er hat sogar die Kronjuwelen als Sicherheitsgarantie für die Bank eingesetzt“, sagte Carole fast ehrfürchtig und blieb vor dem Aufzug stehen.

Alexa spürte plötzlich, wie müde sie war. „Die Kronjuwelen?“ Sie unterdrückte ein Gähnen. „Ach ja, ich erinnere mich, irgendwo etwas von herrlichen Smaragden gelesen zu haben.“

„Es handelt sich nicht nur um Smaragde, sondern um Schätze von unermesslichem Wert.“ Der Aufzug kam, und Carole betrat ihn. „Bist du mit dem Auto hier?“

„Das ist leider zur Reparatur.“

„Dann nimm dir ein Taxi und schick uns die Quittung.“

„Mach ich, danke. Gute Nacht.“

Der Aufzug fuhr mit Carole nach oben. Alexa nahm den nächsten nach unten ins Erdgeschoss, beschloss jedoch nach einem Blick auf die zum Ausgang strebende Menschenmenge im Foyer, ein Stockwerk tiefer zu fahren. Bestimmt würde sie schneller einen Wagen bekommen, wenn sie zu dem nur wenige hundert Meter entfernt liegenden Taxistand ging. Da die Ausfahrt der Hoteltiefgarage auf dieselbe Straße mündete, würden genügend Autos unterwegs sein, so dass sie sich sicher fühlen könnte.

Sie streifte den Gurt ihrer Tasche über die Schulter und trat auf die Straße. Es war deutlich kühler geworden war, und Alexa fröstelte. Offenbar hatte es geregnet, während sie den Reichen und Mächtigen erlesene Leckerbissen serviert hatte.

Luka stand in einem abgegrenzten Bereich der Tiefgarage neben dem Leihwagen, den ihm einer seiner Leute besorgt hatte, und hörte seinem Sicherheitschef höflich zu.

„Lass mich dir wenigstens hinterherfahren“, drängte Dion. „Mir gefällt die ganze Sache nicht. Warum wollen sie sich unbedingt mit dir allein treffen?“

„Diese Menschen kennen seit zwanzig Jahren keinen Frieden in ihrem Land“, erwiderte Luka ruhig. „Vermutlich trauen sie niemandem mehr.“ Er konnte das Verhalten gut verstehen, da auch sein Leben von einem Mangel an Vertrauen geprägt war.

„Ein Grund mehr, dich nicht in ihre Gewalt zu begeben. Luka, bitte, überleg doch!“, beschwor Dion ihn. „Dein Vater hätte nicht erlaubt, dass du ein solches Risiko eingehst.“

„Mein Vater hat Risiken anders eingeschätzt als du.“

„Dein Vater hätte für Venosina alles riskiert, aber hier geht es nicht um Venosina“, widersprach Dion verärgert. „Diese Leute haben nichts mit dir zu tun. Ihre Insel liegt im Pazifik, Tausende Kilometer von Venosina entfernt. Wenn sie sich gegenseitig umbringen wollen, ist das allein ihre Sache.“

„Ich denke nicht, dass es so einfach ist.“ Lukas Stimme klang schroff. „Neben meiner zweifellosen Neutralität muss es noch einen anderen Grund geben, weshalb sie ausgerechnet mich gebeten haben, zwischen ihnen und ihren Gegnern zu vermitteln.“

„Und welcher Grund wäre das?“

„Das will ich eben herausfinden. Bei diesen Leuten handelt es sich um keine Rebellen, sondern um die gewählte Regierung von Sant‘Rosa. Sie werden mir nichts tun. Und abgesehen von den humanitären Aspekten, sollten wir nicht vergessen, dass sie die größte Kupfermine in der pazifischen Region besitzen. Falls es gelingt, die Insel zu befrieden, könnte dort außerdem ein tropisches Ferienparadies entstehen, das lukrative Investitionsmöglichkeiten für unsere Bank bietet.“

„Aber warum wollen Sie dich allein und mitten in der Nacht treffen?“, fragte Dion, der genau wusste, dass es Luka weniger um Geschäftsinteressen als um humanitäre Hilfe ging.

„Vermutlich soll vorerst niemand davon erfahren. Falls das Treffen heute Abend zu weiteren Diskussionen zwischen den verfeindeten Parteien führt und ich sie am Ende dazu bringe, einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, wäre das doch auch ein Gewinn für unser Land.“ Und nach einer kleinen Pause fügte Luka kühl hinzu: „Jedenfalls hätte mein Vater sich eine solche Chance nicht entgehen lassen.“

Dion runzelte die Stirn. „Dann lass mich dich wenigstens beschatten“, beharrte er. „Niemand wird etwas merken.“

„Nein. Ich habe versprochen, allein zu kommen, und daran werde ich mich halten.“ Eindringlich blickte Luka den Mann an, der seit vielen Jahren sein Freund war. „Gib mir dein Wort, dass du nichts unternimmst, was dieses Treffen gefährden könnte“, verlangte er.

In Dions Augen war leichte Verzweiflung zu erkennen. „Du hast mein Wort“, sagte er steif, trat zurück und hielt seinem Landesherrn die Wagentür auf.

Geschmeidig glitt Luka hinter das Steuer und ließ den Motor an. Er war eine Stunde zu früh dran. Da er jedoch fremd in Auckland war, hatte er im Zeitplan einkalkuliert, dass er sich in der Dunkelheit das eine oder andere Mal verfahren würde.

Er lenkte den Wagen langsam zur Ausfahrt, schob die Karte in den Automaten und wartete, bis die Schranke sich öffnete. Der dort postierte Sicherheitsmann musterte ihn scharf und grüßte mit respektvollem Nicken.

Die nasse Straße wirkte verlassen, doch dann entdeckte Luka in einiger Entfernung auf dem Bürgersteig eine schnell gehende Frau und nicht weit hinter ihr zwei wenig vertrauenerweckende Gestalten, die sich an sie heranschlichen. Jäger, die ihr Opfer anvisierten.

Luka drückte auf die Hupe und gab gleichzeitig Gas. Die Frau wirbelte herum und öffnete den Mund zu einem durchdringenden Schrei, den er trotz quietschender Reifen und aufheulendem Motor hören konnte. Als er den Wagen zwischen ihr und ihren Verfolgern auf dem Bürgersteig zum Stehen brachte, stand sie mit dem Rücken zu einer Wand und hielt die Hände in klassischer Verteidigungspose vor den Körper.

Nicht professionell, aber eine gute Reaktion, dachte Luka, der in verschiedenen Kampfsportarten ausgebildet war, anerkennend. Als er mit einem Satz aus dem Auto sprang, hatten die beiden Männer bereits die Flucht ergriffen, und er verfolgte sie nicht weiter.

„Sind Sie in Ordnung?“, fragte er die Frau.

Im Schein der Straßenlampe erkannte er sie. Ihr Gesicht spukte ihm ja im Kopf herum, seit sie auf der Cocktailparty mit dem Tablett vor ihm gestanden hatte. Ausgerechnet Austern hatte sie angeboten, die als sexuell stimulierend galten, und er war darüber amüsiert gewesen. Er hatte in ihre Augen geblickt, die eisgrau wie ein Wintersturm und von langen dunklen Wimpern umrahmt waren, und plötzlich ein wildes Verlangen gespürt, das ihn erschreckt und irritiert hatte.

„Ich bin … okay, dank Ihnen“, erwiderte sie stockend.

Obwohl sie blass war, bebte ihr weicher, schön geschwungener Mund nicht. Luka musste zugeben, dass sie sich bewundernswert in der Gewalt hatte. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie sie aussehen würde, wenn sie die Kontrolle über sich verlieren würde: die eisgrauen Augen von sinnlicher Lust erfüllt, das kupferrote Haar zerzaust, die zarte Haut gerötet und die Lippen erwartungsvoll geöffnet.

Du führst dich wie der letzte Macho auf, ermahnte er sich und sagte ruhig: „Sie sind in Sicherheit und können die Arme herunternehmen.“

Sie ließ sie sinken, brachte sogar ein kleines Lächeln zu Stande. „Danke.“

„Wofür?“

„Dass Sie sich eingemischt haben. Viele hätten es nicht getan.“ Sie atmete tief durch.

Luka musste sich zwingen, nicht auf ihre sich hebenden und senkenden Brüste zu starren, weshalb seine Stimme unbeabsichtigt schroff klang, als er fragte: „Wie heißen Sie, und was machen Sie um diese Zeit allein auf dieser unbelebten Seitenstraße?“

„Mein Name ist Alexa Mytton“, trotzig hob sie das Kinn, „und ich bin auf dem Weg zum Taxistand um die Ecke.“

„Warum haben Sie nicht den Portier gebeten, Ihnen ein Taxi zu besorgen?“

Er hatte sie also wieder erkannt. Ein warmes Gefühl durchflutete Alexa. Sie fühlte sich in ihrer Weiblichkeit angenehm bestätigt, befürchtete aber einen Zusammenbruch, wenn sie sich zu sehr entspannte. Sie straffte die Schultern und sagte schnell: „Ich bin kein Hotelgast. Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich … ich gehe jetzt und besorge mir ein Taxi.“

„Ich komme mit.“ Der Klang seiner Stimme verriet, dass er sich nicht würde abweisen lassen.

Ein Schauer überlief Alexa, Nachwirkung des soeben erlittenen Schreckens. „Ihr Wagen blockiert den Weg“, wandte sie schwach ein. „Sie können ihn nicht einfach so stehen lassen.“

„Darf ich Ihnen dann anbieten, Sie bis zum Taxistand mitzunehmen? In Ihrer jetzigen Verfassung sollten Sie nicht allein gehen.“

Alexa glaubte, in seinem Ton eine Spur von Ungeduld wahrzunehmen. Sie wusste, dass sie ablehnen und schnell das Weite suchen sollte. Unschlüssig sah sie ihn an. Seine Miene zeigte keine Regung, und sie wandte den Blick wieder von ihm ab. Zugegeben, der Mann war gefährlich, es ging jedoch keine kriminelle Bedrohung von ihm aus. Die Gefahr lag in seiner starken, sinnlichen Ausstrahlung. „Danke“, sagte sie kurz angebunden.

Höflich, aber offenbar in Eile, half der Fürst ihr beim Einsteigen und fuhr die wenigen Meter um die Ecke.

Leider war der Taxistand leer – genauso wie die Straße. Bis auf einen Mann, der von einem Lampenpfosten zum anderen torkelte. Alexa unterdrückte einen Seufzer.

„Wenn Sie mir verraten, wo Sie wohnen, bringe ich Sie nach Hause“, sagte er und hielt am leeren Taxistandplatz.

„Danke, aber das ist nicht nötig“, wehrte sie ab, und da er zögerte, fügte sie schnell hinzu: „Vielleicht könnten Sie mich stattdessen zum nächsten Polizeirevier fahren, falls es Ihnen nicht zu viel Mühe macht.“

„Selbstverständlich nicht.“ Er legte den Gang ein und wartete, dass sie ihm erklärte, in welche Richtung er zu fahren hatte. „Versprechen Sie mir, dass Sie künftig nicht mehr nachts allein durch finstere Straßen wandeln.“

„Normalerweise tue ich das nicht“, verteidigte sie sich. „Wahrscheinlich dachten die beiden, sie könnten mir meine Tasche wegnehmen und sich aus dem Staub machen, ehe jemand kommt.“

„Möglich. Aber vielleicht hatten sie es gar nicht auf Ihr Geld abgesehen.“

„Sie meinen, sie wollten mich …“ Jäh verstummte sie, und ein eiskalter Schauder lief ihr über den Rücken. Sie hatte nur einen flüchtigen Blick auf die Männer werfen können, doch deren Gesichter hatten sich ihr eingeprägt. „Die beiden haben doch wohl nicht geglaubt, sie könnten mitten auf der öffentlichen Straße über mich … herfallen? Jeden Augenblick hätte jemand kommen und …“

„Sie vergessen den Wagen“, unterbrach er sie. „Hat Ihre Mutter Sie nicht gewarnt, dass schöne Frauen besonders gefährdet sind?“

„Welchen Wagen?“ Obwohl sie über seine Worte erschrak, erregte sie es, dass er sie schön fand.

„Die beiden hatten ihr Auto etwas weiter unten an einem kleinen Seitenweg geparkt. Haben Sie sie nicht wegfahren hören?“

„Nein.“ Ihre Aufmerksamkeit hatte ja ausschließlich ihm gegolten. Erst jetzt wurde ihr klar, in welcher Gefahr sie geschwebt hatte. Sie begann zu zittern und flüsterte: „Es war einfach Pech.“

„Und Leichtsinn.“ Prüfend blickte er sie von der Seite an, schaltete den Motor aus und begann dann, seine Jacke auszuziehen, die genauso perfekt gesessen hatte wie das Dinnerjacket, das er während des Cocktailempfangs getragen hatte. Noch ehe Alexa protestieren konnte, hatte er ihr das Kleidungsstück auf den Schoß geworfen. „Hängen sie sich die Jacke um. Sie haben einen Schock und frieren.“

„Nein, ich bin in Ordnung.“

Autor

Robyn Donald
<p>Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich. Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende...
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