Herrscher meines Herzens

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Erotische Kalenderfotos von seiner Traumfrau? Das kann Scheich Hashim eigentlich nicht zulassen. Er trennt sich von Sienna, aber er kann die verführerische Schöne einfach nicht vergessen …


  • Erscheinungstag 06.09.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742867
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wenn es nur irgendeine Warnung gegeben hätte … vielleicht Sturmwolken, die sich am Himmel auftürmten oder ein plötzliches Gewitter, das sich mit Blitz und Donner entlud. Wie ein Omen. Aber der Tag war sonnig und warm und ließ keine bösen Vorzeichen erkennen.

Und selbst wenn sie es gewusst hätte – was hätte sie tun können, um den Lauf der Dinge aufzuhalten? Nichts. Dem Schicksal gegenüber war sie so machtlos wie ein Blatt im Wind.

Also ging sie völlig ahnungslos und gut gelaunt den von Efeu gesäumten Pfad entlang zum Hintereingang des Brooke Hotels. Dies war ihr Lieblingsweg zum Hotel, denn er führte durch einen Garten in einen kleinen versteckten Innenhof. Es war so ruhig hier, dass man glatt vergaß, sich mitten im Zentrum Londons zu befinden – dabei waren der laute Verkehr und die geschäftigen Straßen nur einen Steinwurf weit entfernt.

Sienna liebte das Brooke. Dort hatte sie Zuflucht gefunden und Karriere gemacht. Als sie schließlich die riskante Entscheidung traf, sich als Veranstaltungsmanagerin selbstständig zu machen, vermittelte ihr das Brooke den Großteil ihrer Kunden, für die sie Hochzeiten, Geburtstage, Buchvorstellungen und Businesspartys organisierte. Sie war so gut, dass ihr Name immer bekannter wurde in den gesellschaftlichen Kreisen Londons. Von den bescheidenen Anfängen hatte sie sich mittlerweile ein ganzes Stück entfernt.

Geld und Macht waren der Hintergrund der einflussreichen Kundschaft des Brooke Hotels. Filmstars. Businesstycoons. Hochadel. Alles, was Rang und Namen hatte, logierte in dem aus dem achtzehnten Jahrhundert stammenden Herrenhaus und bezahlte bereitwillig den hohen Preis für Luxus und Diskretion. Sienna fuhr mit dem Penthouse-Lift hinauf. Sie war mit einem Mr. Altair verabredet, und wie jedes Mal, bevor sie einen Kunden traf, fragte sie sich, was für eine Art Veranstaltung er wohl plante. Vielleicht eine Mottoparty? Ihr fiel das riesige Zelt ein, das sie einmal hatte aufstellen lassen, um einen französischen Zirkus darzustellen. Oder der Ballsaal, den sie mit Tausenden von roten Rosen für eine Verlobungsfeier hatte schmücken lassen.

Sienna lächelte. Ihr Job verlangte die logistischen Fähigkeiten eines Armeegenerals und die glatte Zunge eines Berufsdiplomaten.

Als der Lift oben ankam, öffnete ihr ein großer Mann mit bronzefarbener Haut die Tür zum Penthouse. Eine Art sechster Sinn hätte sie in diesem Moment stutzig machen müssen – andererseits sah er mit seinen schwarzen Augen und dem teuren Anzug, der nicht ganz die Pistole im Innenhalfter verbarg, wie jeder andere ausländische Bodyguard aus, und denen begegnete sie bei ihrer Arbeit ständig.

„Hallo.“ Sie lächelte. „Mein Name ist Sienna Baker. Ich habe eine Verabredung mit Mr. Altair.“

Eine leichte Regung zeichnete sich auf seinem ansonsten undurchdringlichen Gesicht ab, aber er nickte lediglich und stieß die Tür zum Penthouse weiter auf. Dann trat er zur Seite und ließ sie vorgehen, folgte ihr jedoch nicht hinein. Als sich die Tür hinter ihr mit einem deutlich vernehmbaren Laut schloss, empfand Sienna plötzlich leises Unbehagen. Sie fühlte sich wie eingesperrt, obwohl Platzangst das Letzte war, was man in einem so großen Raum wie diesem befürchten musste.

Für einen Moment war sie von dem hellen Licht geblendet, das durch die enormen Fenster hereinfiel, sodass sie die Augen zusammenkniff, während sie gleichzeitig einen verstörend vertrauten Geruch wahrnahm. Der exotische Duft war angenehm und beunruhigend zugleich, aber ihr wurde nicht sofort klar, aus welchem Grund.

Und dann sah sie den Mann, der vollkommen bewegungslos am Fenster stand und ihr den Rücken zuwandte – seine Silhouette zeichnete sich gegen die Londoner Skyline ab. Sienna spürte alle Farbe aus ihrem Gesicht entweichen.

Scharf sog sie die Luft ein, während sie die vertrauten Details registrierte. Sein dichtes schwarzes Haar mit der leichten Welle darin. Seine breiten Schultern und langen Beine. Seine arrogante Körperhaltung.

Ihr stockte der Atem, und sie schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Ja, sie betete mindestens genauso inbrünstig wie vor fünf Jahren, als sie sich an eine höhere Macht gewandt und darum gefleht hatte, den Schmerz von ihr zu nehmen. Damals war sie nicht erhört worden – aber vielleicht ja jetzt, in diesem Moment.

Lass es nicht ihn sein. Oh bitte, lass es nicht ihn sein.

Doch ihr Herz sank, als er sich umdrehte.

Hashim betrachtete sie mit funkelnden schwarzen Augen. Die plötzlich in ihm aufflammende wilde Begierde begrüßte er mit einer Art grimmigem Vergnügen. Als er sich daran erinnerte, mit welch sinnlicher Intensität sie sich ihm damals geöffnet hatte, wurde sein Verlangen noch schmerzhafter.

Er hatte sich diesen Augenblick lange versagt, doch zuletzt war die Begierde stärker gewesen. Hashim verachtete sich für dieses Verlangen, aber gleichzeitig wusste er, dass er es nicht unterdrücken konnte. Und er würde jeden Moment der Erfüllung genießen. Diese Frau, die ihn betrogen hatte, würde dafür bezahlen – und zwar mit ihrem Körper!

Es war schwer zu sagen, was sie so begehrenswert machte – denn sie entsprach nicht dem gängigen Schönheitsideal. Dafür war sie zu klein und ihre Figur zu weiblich, aber für ihren Körper würde ein Mann sterben. Wenn man dann noch die Zutaten Unschuld und Sinnlichkeit hinzufügte …

Unschuld!

Hashim presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, während er daran dachte, wie sehr der äußere Schein trügen konnte.

Sein Blick wanderte zu ihrem Gesicht. Wie weiß ihre Haut war – was für ein Gegensatz zum tiefen Rot ihrer Lippen. Ah, diese Lippen! Als Erstes war ihm damals ihr sinnlicher Schmollmund aufgefallen, für den andere Frauen Tausende Dollars beim Schönheitschirurgen hinlegten – bei Sienna war er echt.

„Sienna“, murmelte er und spürte, wie sein Verlangen heftiger wurde.

Die Art, wie er ihren Namen aussprach, erinnerte sie schmerzhaft an die Vergangenheit. Sie starrte den Mann an, den sie einst zu lieben geglaubt hatte.

Sein Gesicht war einzigartig – hässlich und schön zugleich. Es war durchzogen von auffälligen Linien und Narben, die von Kriegsverletzungen stammten. Seine exotischen Züge, die markante Nase und der scharf geschnittene Mund wirkten unglaublich attraktiv. Mit einem Blick aus seinen dunklen Augen konnte er einer Frau das Gefühl geben, dass er sie langsam auszog …

Sienna spürte die vertraute Sehnsucht nach ihm, hatte gleichzeitig aber das Gefühl, auf der Hut sein zu müssen … Was zum Teufel tat er hier?

„Hashim“, flüsterte sie wie jemand, der aus einem langen Traum erwachte. „Bist du es wirklich?“

„Ja, ich bin es wirklich.“ Ihr sichtbares Unbehagen erfüllte ihn mit Genugtuung. „Du wirkst überrascht, Sienna.“

„Überraschung bedeutet meist etwas Erfreuliches“, entgegnete sie mit zitternder Stimme.

Er hob eine Augenbraue. „Und ist es nicht erfreulich?“

„Natürlich nicht!“ Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und wünschte sich sogleich, sie hätte es nicht getan, denn er folgte der Bewegung mit Argusaugen. „Ich bin geschockt – wie es jede an meiner Stelle wäre.“

„Das bezweifle ich – die meisten Frauen würden sich darüber freuen, einen Mann wiederzusehen, der einmal eine Rolle in ihrem Leben gespielt hat, aber ich schätze, in deinem Fall ist es wohl anders.“

Mit einem flehenden Blick aus ihren Augen bat sie ihn darum, aufzuhören, doch er ignorierte ihn. Stattdessen verzog er den Mund zu einem grausamen Lächeln.

„Ich nehme an, deine Vergangenheit holt dich immer wieder ein – aber daran bist du selbst schuld, meine Liebe. Wenn du nicht so viele düstere Geheimnisse hättest, würdest du vielleicht ein wenig ruhiger schlafen.“ Er ließ seinen Blick auf dem Ansatz ihrer Brüste ruhen und verspürte Begierde, die sich mit dem unerträglichen Gefühl vermischte, betrogen worden zu sein. Sein Mund verhärtete sich. „Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass irgendein Mann dich ruhig schlafen lassen würde.“ Außer ihm vielleicht. Der verrückte, bescheuerte Narr, der sie beschützt und respektiert hatte. Der sie auf einen Sockel gestellt hatte, als wäre sie eine Göttin!

Und der dann ihren abgrundtiefen Fall beobachtet hatte.

Aber er war nicht länger ein Narr … diese Tage waren vorbei … und würden nie wiederkommen.

Sienna schluckte. Sie versuchte sich einzureden, dass es ein furchtbarer, unglücklicher Zufall sein musste – es musste so sein …

Oder etwa nicht? Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher. Geschahen die Dinge jemals wirklich zufällig?

„Was machst du hier, Hashim?“

Er bemerkte, wie leicht ihr sein Name über die Lippen kam. Wie wenig sie die Ehre zu schätzen wusste, dass sie ihn beim Vornamen nennen durfte, wo doch die meisten Frauen in seiner Anwesenheit demütig den Blick senkten! „Du weißt sehr gut, warum ich hier bin“, antwortete er mit rauchiger Stimme.

Als sie das Verlangen in seinen Augen las, schien die Welt für einen Moment stillzustehen. Es war, als hätte sein Blick etwas in ihrem Körper ausgelöst, das sie nicht mehr zu stoppen vermochte. Sie schüttelte den Kopf und versuchte, das verhasste Verlangen zu unterdrücken. „Ich weiß wirklich nicht, warum du hier bist“, entgegnete sie.

„Schäm dich, Sienna – reagierst du immer so, wenn du einen geschäftlichen Termin hast? Du wirst dafür bezahlt, dass du eine Party für mich organisierst – erinnerst du dich?“

Seine spöttischen Worte schnürten ihr die Kehle zu, mühsam versuchte sie, sich ihre aufsteigende Angst nicht anmerken zu lassen. Es war vollkommen unmöglich, dass sie irgendetwas für ihn tat – weder geschäftlich noch anderweitig. Das musste ihm doch klar sein!

„Ich sollte einen Mr. Altair treffen, nicht dich!“ Sie versuchte ihre Fassung zu bewahren, doch als sie bei ihren Worten den Kopf schüttelte, geriet ihr hochgestecktes dunkles Haar dermaßen in Bewegung, dass sich ihre Frisur aufzulösen drohte.

Er lächelte kalt. „Aber ‚Mr. Altair‘, das bin ich, Sienna. Wusstest du das nicht?“ Sein Lächeln wurde noch kälter, während er sich danach sehnte, die Nadeln aus ihrem Haar zu ziehen, sodass es frei herabfiele. Über seine warme nackte Brust. Und seinen Bauch …

„Altair ist einer meiner vielen Decknamen“, bemerkte er. „Ich habe ihn doch sicherlich auch benutzt, als wir uns noch trafen?“

„Nein“, flüsterte sie. „Nein, das hast du nicht.“

„Ah, so vieles ändert sich im Laufe der Zeit, nicht wahr, Sienna? Was sich wohl sonst noch geändert hat, frage ich mich.“

Sie fühlte sich wie eine Frau, die an einem fremden Ort aufwachte, an dem plötzlich völlig neue Überlebensregeln galten. Sie wusste, dass sie unbedingt wieder die Kontrolle übernehmen musste – nicht nur über sich selbst, sondern auch über die Situation. Schließlich war sie kein naives junges Mädchen mehr, das verrückt war nach einem Mann, der ihr Lichtjahre an Erfahrung voraushatte. Der falsche Mann, wie ihr plötzlich wieder schmerzhaft bewusst wurde.

Mit Mühe gelang es ihr, ihm ein Lächeln zu schenken. Ein sehr erwachsenes Lächeln. „Schau, Hashim, ich nehme an, dass du deine Meinung geändert hast. Du kannst nicht wirklich erwarten, dass ich für dich arbeite“, sagte sie gefasst.

Er lachte laut. „Für jemanden, der einen Auftrag erfüllen soll, maßt du dir allerhand an. Das könnte dich eines Tages in Schwierigkeiten bringen, wenn du nicht vorsichtig bist.“

Sie hatte vergessen, was für eine ungewöhnliche Mischung aus alt und modern, aus liberal und konservativ er darstellte. Er war einer der intelligentesten Männer, die sie je getroffen hatte – warum also verstand er sie absichtlich falsch? „Oh, Hashim – sei nicht so … dumm!“

„Dumm?“ Er schob sein Kinn vor, und seine schwarzen Augen funkelten gefährlich. „Du wagst es, mich – einen Scheich – dumm zu nennen?“

Als sie damals mit ihm zusammen gewesen war, hatte er niemals seinen Rang ausgespielt – aber das war auch nicht nötig gewesen. Seine Position war ihr egal gewesen – zu Beginn hatte sie nicht mal davon gewusst. Und mit der Zeit hatte es keine Rolle gespielt. Oder zumindest hatte sie das geglaubt – doch das zeigte nur erneut, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte.

Denn natürlich hatte sein Rang eine Rolle gespielt.

Eine sehr große sogar …

Eigentlich hätte sie ihm niemals über den Weg laufen dürfen – dazu kamen sie aus viel zu unterschiedlichen Welten. Aber Mädchen vom Land zogen manchmal in die große Stadt und wurden Rezeptionistin in einem Luxushotel – dem Ort, an dem man einem echten Scheich auf dem Weg zur Arbeit begegnete. Wie in einem Märchen. Und manchmal wurden Märchen wahr – bloß, dass man darüber allzu leicht vergaß, dass es immer auch eine dunkle Seite gab.

Sienna war aus den üblichen Gründen nach London gegangen, aber es hatte noch einen weiteren gegeben. Sie hatte dringend eine größere Geldsumme gebraucht und verzweifelt nach einer Lösung des Problems gesucht – die sie schließlich auch fand. Danach … nun, danach hatte sie einfach nur vergessen wollen.

Das erste Mal sah sie Hashim, als sie auf dem Weg zu ihrer Spätschicht war. Es war ein wunderschöner Tag, und sie genoss den Sonnenschein.

Sie trug nichts Außergewöhnliches – ein luftiges Sommerkleid –, aber ihr Haar fiel offen über ihren Rücken, und sie bewegte sich mit der unbewussten Energie der Jugend.

Und dann sah sie den Mann, der aus der großen schwarzen Limousine stieg. Für den Bruchteil einer Sekunde blickten sie sich in die Augen, und es war wie in einem dieser altmodischen Filme, die sie so liebte. Als wenn sie ihr ganzes Leben darauf gewartet hätte, dass dieser Mann sie in genau diesem Moment ansah.

Während sie die Straße hinunterging, wusste sie, dass seine schwarzen Augen sie verfolgten, sich in ihren Rücken bohrten und sie mit ihrer exotischen Kraft brandmarkten.

Und dann, ein paar Wochen später, erschien er plötzlich an der Rezeption des Hotels, als Sienna gerade Dienst hatte, und sie erstarrte bei seinem Anblick.

Die Erfahrung hatte sie gelehrt, Männern gegenüber misstrauisch zu sein, weshalb ihre heftige Reaktion auf ihn sie überraschte. Noch nie vorher in ihrem Leben hatte sie beim Anblick eines Mannes Verlangen empfunden und war verwirrt durch die Gefühle, die er in ihr auslöste. „Ähm, ähm …“ Sie spürte, wie sie rot wurde. Wie unprofessionell! „Ich meinte, guten Morgen, Sir.“

Hashims Augen verengten sich. Es war das Mädchen mit den grünen Augen und dem fantastischen Körper!

Lässig hob er die Hand, um seinen Bodyguards zu bedeuten, dass sie zurückbleiben sollten. Er war sich deutlich bewusst, welche Wirkung er auf dieses Mädchen hatte. „Hallo“, sagte er sanft.

Seine Stimme war dunkel und tief, und sie merkte, wie sich die Röte auf ihren Wangen vertiefte. „Kann … kann ich Ihnen helfen, Sir?“

Seit seinen Kindertagen hatte man ihm jede Unverschämtheit durchgehen lassen, und so hätte er am liebsten geflüstert, danke ja, Sie können den Nachmittag mit mir im Bett verbringen – aber ihr unschuldiges Erröten bedeutete, dass sie nicht die Sorte Frau war, mit der man ungestraft schamlos flirtete.

„Ich bin mit einem Ihrer Gäste zum Lunch verabredet“, sagte er also stattdessen.

„Wie ist der Name des Gastes, Sir?“, fragte sie und schaute auf die Buchungsliste hinunter, wobei sie sich wünschte, das Rot würde endlich aus ihrem Gesicht verschwinden.

Er nannte den Namen und sah, wie sich ihre Augen weiteten – denn der Politiker, mit dem er sich treffen wollte, war äußerst bekannt, und Hashim wusste sehr gut um die Wirkung von Macht und einflussreichen Verbindungen.

„Er wartet am Tisch, Sir. Ich bringe Sie zu ihm.“

Sie stand auf, um ihm den Weg zu zeigen, und er genoss es, ihr ins Restaurant zu folgen, denn so konnte er sie ungestört betrachten.

Sie hatte eine atemberaubende Figur, aber es waren ihre mandelförmigen grünen Augen, die Röte ihrer Wangen und der sinnliche Schwung ihrer vollen Lippen, die ihn am stärksten beeindruckten. Während des Lunchs ging sie ihm nicht aus dem Kopf, und so winkte er einen seiner Leibwächter zu sich heran und trug ihm in seiner Muttersprache auf, das Mädchen an der Rezeption nach ihrer Telefonnummer zu fragen.

Aber Sienna weigerte sich, sie herauszugeben. Was für eine Unverschämtheit – da schickte er seinen Lakaien! Sie wünschte, sie könnte in ihre Mittagspause gehen, aber bis dahin waren es noch Ewigkeiten, und so saß sie immer noch an der Rezeption, als er das Restaurant wieder verließ.

Sie sah geradewegs durch ihn hindurch, so als wäre er gar nicht da – etwas, was ihm noch nie zuvor passiert war. Aber er war viel zu fasziniert, um darüber wütend zu sein, und ein vorher nie gekanntes Gefühl lenkte seine Schritte in ihre Richtung.

„Sie wollten mir Ihre Telefonnummer nicht geben“, sagte er.

„Sie haben mich nicht danach gefragt.“

„Und war das eine derart unverzeihliche Sünde?“, neckte er sie.

Sie wandte den Kopf ab, denn sie hatte keine Ahnung, wie sie mit diesem exotischen Mann fertig werden sollte, der solch ungewohnte Empfindungen in ihr auslöste.

„Wie ist Ihr Name?“, fragte er unvermittelt, woraufhin sie sich ihm wieder zuwandte und von seinem dunklen Blick gefangen war.

„Sienna“, sagte sie mit leiser Stimme. Es war, als hätte er ihr ihren Namen ohne ihr Einverständnis entlockt.

„Sienna“, wiederholte er sanft und nickte. „Also, Sienna, gehen Sie mit mir essen?“

Sie schluckte und wurde erneut rot. „Ich kenne ja nicht mal Ihren Namen!“, platzte sie dann heraus.

„Ah! Hat nicht einer eurer berühmtesten Dichter einst gesagt: ‚Was ist schon ein Name?‘“ Er kniff seine schwarzen Augen zusammen. „Ich bin Scheich Hashim Al Aswad.“

Scheich? Scheich? Sie starrte ihn ungläubig an. „Sie sind nicht wirklich ein Scheich, oder?“

„Ich fürchte doch“, gab er trocken zurück.

Sie schaute ihn an. Plötzlich ergaben sein dunkles Aussehen und die unverkennbare Aura von Macht und Autorität einen Sinn. „Aber was in aller Welt sollte ich anziehen, wenn ich mit Ihnen ausgehe?“

Da lachte er. „Es spielt keine Rolle“, meinte er. „Sie sind so jung und schön, dass Sie in allem wundervoll aussehen würden.“ Oder natürlich in nichts.

An diesem Abend führte er sie in ein Restaurant mit Blick auf den silbrig schimmernden Fluss, der sich wie eine Schlange durch die Stadt wand. Hashim ignorierte die Tatsache, dass zwei bewaffnete Bodyguards nur ein paar Tische weiter saßen und noch mehr von ihnen draußen warteten. Dieses Date war anders als alle, die er zuvor erlebt hatte, und er war sich nicht sicher, warum. Vielleicht weil sie so unglaublich unschuldig wirkte?

„Erzählen Sie mir von sich“, forderte er sie auf.

Sienna zögerte, denn sie fragte sich, wo sie anfangen sollte. Sie hatte einst etwas getan, worauf sie nicht besonders stolz war – aber das war eine einmalige Ausnahme gewesen, und es definierte sie doch bestimmt nicht als Person, oder? Vermutlich würde sie ihn nach diesem Abend ohnehin nie wieder sehen – warum also sollte sie ihm ein Geheimnis anvertrauen, das vielleicht diese Stunden ruinieren würde?

„Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Sie wissen schon – ein echtes englisches Dorf mit Schafen auf den Wiesen und Kirschblüten an den Bäumen im Frühling.“

„Und im Sommer?“

„Da hat es geregnet!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Nein, eigentlich hat es das nicht – es wirkt nur heute so. Vielleicht liegt das daran, dass ich jetzt erwachsen bin. Als ich ein Kind war, schien immer die Sonne zu scheinen.“ Sie blickte in sein Gesicht und dachte, dass sie noch niemals so dunkle Augen gesehen hatte. „Ich schätze, dass das bei den meisten Menschen so ist. Wir sehen die Kindheit durch eine rosarote Brille.“

„Wenn es so idyllisch war, warum sind Sie dann von zu Hause weggegangen?“, fragte er.

Sienna presste ihre Serviette zusammen. „Junge Vögel werden irgendwann flügge und müssen dem Nest entfliehen.“

„Ja, das stimmt.“ Er schaute sie aufmerksam an. „Und ist das Leben außerhalb des Nests so, wie Sie es sich vorgestellt haben?“

Sie zögerte mit ihrer Antwort. Das Leben konnte einem manchmal Angst machen. Man musste so viele Entscheidungen treffen und wusste oft nicht, ob es die richtigen waren. „Nun, natürlich gewinnen Sie Freiheit – aber Sie verlieren auch Stabilität. Ich schätze, darum geht es im Leben – um Gewinne und Verluste, man kann nur hoffen, dass es sich im Endeffekt ausgleicht.“

„Für ihr Alter verfügen Sie über bemerkenswert viel Klugheit“, äußerte er.

„Sie machen sich über mich lustig.“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf und lächelte sanft. „Ich finde Ihre Einstellung sehr charmant. Wie alt sind Sie übrigens?“

Würde er sie für zu jung halten? Zu jung für was, Sienna? „Fast zwanzig.“

Er lächelte. „Nur fast?“, neckte er sie.

„Jetzt sind Sie dran“, entgegnete sie. „Was in aller Welt tut ein Scheich?“

Um seine Mundwinkel zuckte es. Sie war wirklich unwiderstehlich. „Manchmal stelle ich mir dieselbe Frage. In erster Linie regiert man ein Land, und das bedeutet einen ständigen Kampf um die Macht – aber man muss sich auch um Ölexporte kümmern, weshalb ich hier bin.“ Und man ist von einem Reichtum umgeben, den die meisten Menschen nicht begreifen können. Vor allem sie nicht.

Sienna zerkrümelte ein Stückchen Brot. „Und wo ist Ihr Zuhause?“

Mit einem Lächeln antwortete er: „Qudamah ist meine Heimat – aber ich stamme von einem Nomadenvolk ab.“ Seine dunklen Augen funkelten. „Wir haben Schwierigkeiten damit, uns niederzulassen.“

Später, in der schwarzen Limousine, berührten sich ihre Schenkel, und Sienna konnte kaum atmen, als sie ihn so dicht bei sich spürte. Aber es gab keinen Kuss, nur die Bitte – nein, die Forderung, dass er sie wiedersehen durfte.

Es geschah alles so schnell – Hashims Leben bekam eine andere Zeitdimension, und er erlebte etwas, das er nie zuvor gekannt hatte: einen Aufruhr an Gefühlen, den er jedoch nicht Liebe nennen mochte. Trotzdem erkannte er, dass Sienna einen Teil von ihm berührte, den er vernachlässigt hatte. Als wenn ihre Unschuld und Schönheit etwas in ihm zum Schmelzen gebracht hatten, von dem er nicht wusste, dass es gefroren war.

Vielleicht war es sein Herz.

Sie zitterte, wenn er sie küsste, und er spürte ihre Mischung aus freudiger Erwartung und Angst, wenn er sie in seine Arme nahm. Es schien unglaublich – zumal wenn man ihre westliche Erziehung bedachte –, aber sein Instinkt sagte ihm, dass sie noch unberührt war.

Autor

Sharon Kendrick
Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr. Sharon träumte davon, Journalistin zu werden,...
Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Das Herz des Wüstenprinzen