Julia Collection Band 119

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1000 KÜSSE FÜR DIE BRAUT von ORWIG, SARA
Ashleys leidenschaftliche Affäre mit dem aufregenden Milliardär Ryan Warner währt nur ein Wochenende lang, dann ist alles vorbei. Doch als er erfährt, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt, besteht er plötzlich auf einer Heirat. Aber Ashley will keine Ehe ohne Liebe …

KÜSS MICH, GELIEBTER FEIND von ORWIG, SARA
Das sanfte Schaukeln der Jacht, prickelnder Champagner und ein Mann, der ihr Liebesschwüre ins Ohr flüstert - Abby ist glücklich in Nicks Armen. Dabei ist der Milliardär der Feind ihres Vaters, und sie sollte ihn eigentlich hassen. Doch seine Küsse schmecken so süß …

ERST DIE HOCHZEIT UND DANN DAS VERGNÜGEN von ORWIG, SARA
Eine Ehe ohne Liebe, die nur auf Kalkül beruht? Das ist nichts für Emily! Und doch - die Sekretärin überlegt, den Antrag ihres Chefs Jake Thorne anzunehmen. Denn seine Augen funkeln leidenschaftlich, und sie ahnt, dass er sie nicht nur aus Berechnung zum Altar führen will …


  • Erscheinungstag 27.04.2018
  • Bandnummer 0119
  • ISBN / Artikelnummer 9783733711306
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Sara Orwig

JULIA COLLECTION BAND 119

1. KAPITEL

Um Himmels willen, was hatte der denn hier zu suchen?

Der von Ashley Smith seit Monaten gefürchtete Moment war zu ihrem Entsetzen Realität geworden.

Bräutigam und Braut schwebten glücklich vereint über die Tanzfläche im exklusiven Country Club von Dallas. Doch Ashleys Erleichterung über den reibungslosen Ablauf der Hochzeitsfeier war verpufft. Schuld daran war der Anblick des hochgewachsenen, schwarzhaarigen Mannes im dunkelblauen Anzug und blütenweißen Hemd, der deutlich aus der übrigen Gästeschar herausstach – Ryan Warner, millionenschwerer Eigentümer der Warner Hotelkette. Der Mann, mit dem sie vor vier Monaten eine kurze, wenn auch leidenschaftliche Affäre gehabt hatte.

Leichter Schwindel erfasste Ashley, und ihrem ersten Impuls folgend hätte sie am liebsten fluchtartig den Saal verlassen. Keine gute Idee, wie ihr sogleich bewusst wurde. Damit wäre sie als Hochzeitsplanerin wohl ein für alle Mal erledigt gewesen.

Trotz ihres Schocks konnte sie nicht anders, als Ryan auch jetzt mit bewundernden Blicken zu verschlingen. Er war zweifellos der bestaussehende Mann, der ihr je begegnet war. Mit einem wohligen Schauer erinnerte sie sich an seine Lippen auf ihrem Körper …

Während der vergangenen Monate hatte sie sich oft gefragt, was nur in sie gefahren war, sich derart hemmungslos in eine Affäre mit einem Mann zu stürzen, den sie kaum kannte. Jetzt wusste sie es wieder. Gegen diese geballte Portion Sexappeal gepaart mit unwiderstehlichem Charme kam wohl keine Frau an. Hungrige Küsse, forschende Hände, die ganz wunderbare Dinge mit ihr anstellten … Szenen heißer Lust flammten in ihrer Erinnerung auf. Nach jedem Liebesspiel hatte Ashley sich noch Stunden wie auf Wolken gefühlt.

Und jetzt war er hier, stand nur wenige Meter von ihr entfernt, lässig einen Drink in der Hand haltend. Plötzlich wurde Ashley sich ihrer eigenen Erscheinung bewusst in ihrem blassgelben Leinenkostüm, der gelben Seidenbluse und den dazu passenden Pumps. Ziemlich bieder, wie sie fand. Unwillkürlich strich sie sich glättend über den Rock und zupfte eine widerspenstige blonde Haarsträhne zurecht.

Hätte sie gewusst, dass Ryan heute hier sein würde, hätte sie ihre Assistentin für diesen Empfang eingeteilt. Doch sein Name stand nicht auf der Gästeliste, da war sie sicher. Den hätte sie unmöglich übersehen, denn er war wirklich der letzte Mensch auf Erden, dem sie begegnen wollte. Bis jetzt schien er sie nicht entdeckt zu haben, und sie hoffte inständig, das würde so bleiben.

Eine attraktive Brünette im Arm, gesellte er sich nun zu den Paaren auf der Tanzfläche. Umso besser. Vielleicht hatte sie Glück, und er würde sich bald mit seiner Begleiterin verabschieden. Halbwegs erleichtert widmete sich Ashley wieder ihren Aufgaben, erteilte den Kellnern rasche Anweisungen und sorgte dafür, dass das Büfett aufgefüllt wurde. Schließlich wurde es Zeit fürs Anschneiden der Hochzeitstorte.

Ashley zupfte die Braut am Ärmel. „Los geht’s, Emily, der Fotograf wartet schon.“

„Oh, danke, Ashley, Sie haben sich selbst übertroffen. Es ist so ein wundervolles Fest.“ Emily strahlte.

„Freut mich. Übrigens, ich kann mich gar nicht an Ryan Warners Namen auf der Gästeliste erinnern“, bemerkte Ashley beiläufig.

„Jake, Ryan und unser Trauzeuge Nick Colton sind seit einer halben Ewigkeit befreundet. Ursprünglich hatten wir nicht mit Ryan gerechnet, da Geschäfte ihn in Europa festhielten. Doch dann konnte er sich wohl noch rechtzeitig loseisen und tauchte heute Morgen ganz überraschend bei uns auf.“ Emily musterte ihr Gegenüber neugierig. „Warum fragen Sie? Kennen Sie …“

„Hier kommt der Fotograf“, unterbrach Ashley sie rasch. „Also los, ich erwarte hinreißende Fotos!“ Damit tauchte sie in Richtung Waschraum ab, froh, dass aller Augen sich auf das glückliche Brautpaar richteten. Nachdem sie sich gefasst hatte, kehrte sie an ihren Platz zurück, um den weiteren Verlauf der Feier zu dirigieren – sie näherten sich langsam dem Höhepunkt, dem Werfen des Brautstraußes. Nicht mehr lange also, dann hätte sie diesen Empfang überstanden.

Die Gefahr schien ohnehin gebannt, denn Ashley konnte Ryan nirgends mehr entdecken. Vermutlich war er inzwischen mit seiner hübschen Begleiterin gegangen.

Ashley kontrollierte noch einmal das Büfett und begutachtete gerade die Eisskulptur in Form eines Schwans, da schloss sich eine Hand leicht um ihr Handgelenk.

„Hallo“, schnurrte eine tiefe männliche Stimme, und Ashleys Herz setzte einen Schlag aus.

Erschrocken wirbelte sie herum und blickte in zwei verwirrend grüne Augen, die, passend zum dunklen Haarschopf, von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden. Augen so grün wie Smaragde und so sexy, dass ihr ganz schwach wurde vor Verlangen. Es waren diese unvergleichlichen Augen, die sie stets wehrlos machten – damals wie heute.

„Was tust du denn hier?“, wollte er wissen. „Kennst du Emily und Jake?“

„Ja. Nett, dich zu sehen“, erwiderte sie knapp, zur Flucht entschlossen. Wenn da nicht sein Griff um ihr Handgelenk wäre … bestimmt spürte er das wilde Jagen ihres Pulses.

„Komm, lass uns tanzen“, schlug Ryan vor und zog sie in Richtung Tanzfläche.

„Das geht nicht“, wehrte sie gereizt ab. „Ich bin hier die Hochzeitsplanerin und habe zu arbeiten.“ Ashley versuchte, sich unauffällig von ihm zu lösen. Sie wollte keine Szene machen, aber mit ihm zu tanzen, kam absolut nicht infrage.

„Unsinn“, überging er ihren Einwand mit einem charmanten Lächeln und zog sie in die Arme.

Obwohl sie nur weg wollte, konnte sie sich doch nicht bremsen, seine markanten Züge zu bewundern: das energische Kinn, die hohen Wangenknochen, die gerade Nase. Und dann diese breiten Schultern … leise seufzend erinnerte sie sich daran, wie gern sie sich immer an seine muskulöse Brust geschmiegt hatte, sicher geborgen in seinen starken Armen.

Stopp, rief sie sich rasch zur Ordnung. Du musst diesen Kerl aus deinem Leben verbannen, je eher, desto besser. Sein sehnsüchtiger Blick auf ihrem Mund brachte sie schon wieder ins Wanken.

„Du hast mich sitzen lassen“, sagte er übergangslos und musterte sie forschend.

„Tja, nun, das Wochenende mit dir war ein Fehler, den ich bitter bereut habe.“

„Autsch!“ Er tat gekränkt. „Damals hast du gar nicht so furchtbar unglücklich gewirkt.“

„Mag ja sein, aber das Ganze entspricht mir eigentlich gar nicht … ich lasse mich normalerweise nicht derart gehen. Hör mal, ich muss jetzt arbeiten und habe keine Zeit für solche Diskussionen“, versuchte sie ihn loszuwerden. Gleichzeitig ärgerte sie sich, dass ihre Stimme nicht ein wenig energischer klang. Aber wie sollte sie auch, wo Ashley sich der Wärme seines Körpers nur zu bewusst war.

„Du bist genauso schön wie in meiner Erinnerung“, ignorierte er erneut ihren Protest.

Der Klang seiner tiefen Stimme ließ Ashleys Haut prickeln und ihren Widerstand schwinden.

„Wie vielen Frauen hast du das in letzter Zeit zugesäuselt?“, versetzte sie spitz. „So, Schluss jetzt, ich muss …“

„Nein, musst du nicht. Der Empfang ist ein voller Erfolg, und das Brautpaar hat jede Menge Spaß. Also entspann dich und genieß diesen Tanz. Und verrat mir endlich, warum du damals so sang- und klanglos abgetaucht bist.“

„Das habe ich dir doch gerade erklärt. Hörst du nicht zu?“

„Was für ein bemerkenswerter Sinneswandel. Achtundvierzig Stunden lang sind wir doch bestens miteinander ausgekommen. In jeder Hinsicht“, fügte er bedeutungsvoll hinzu.

Er meinte im Bett, das wusste sie, und dummerweise hatte er recht. Was sie natürlich nicht zugeben würde. Eher wollte sie sich die Zunge abbeißen. „Es ist aus“, erklärte sie und merkte selbst, wie lahm ihr Einwand klang. Gleichzeitig hasste sie ihn für die Macht, die er über sie besaß.

„Was du nicht sagst. Ich habe überall nach dir gesucht, aber nirgends ist eine A. Smith, Hochzeitsplanerin, im Telefonbuch gelistet.“

„Ich habe keinen Festnetzanschluss.“ Himmel, wie schrecklich zivilisiert sie miteinander umgingen! Dabei war sie in Wirklichkeit hin und her gerissen zwischen dem Verlangen, sich ihm hemmungslos an den Hals zu werfen, und dem Wunsch, ihm wütend gegen das Schienbein zu treten, damit er sie endlich gehen ließ.

„Und ausgerechnet mein alter Kumpel Jake heuert dich an.“

„Nun, eigentlich arbeite ich eher mit Emily zusammen.“

„Okay, aber Jake wusste immerhin von dir, kannte deinen Namen. Natürlich fiele mir nicht im Traum ein, mich nach seiner Hochzeitsplanerin zu erkundigen. Ich hab’s nicht so mit dem Heiraten, weißt du.“

„Oh, daran hast du schon damals keinen Zweifel gelassen.“

Ein vergnügtes Lächeln legte sich um seine Lippen. „Zumindest hast du mich nicht vergessen.“

„Das konnte ich wohl kaum“, platzte sie heraus und bereute ihren Ausbruch sofort.

Ryan musterte sie mit hochgezogenen Brauen. „Wieso habe ich das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt?“

„Ganz einfach, weil ich nicht mit dir tanzen sollte. Ich muss arbeiten, schon vergessen?“

„Nein, das ist es nicht.“ Nachdenklich schüttelte er den Kopf.

Ashley zog es vor, seinem forschenden Blick auszuweichen. Ryan war ihr überlegen, damals wie heute. Nervös spürte sie, wie er sie fester an sich zog.

Seine intensive Nähe benebelte ihren Verstand, eine gefährliche Situation, wie sie erkannte. Und doch konnte Ashley nichts dagegen tun, sie fühlte sich nicht imstande, sich aus seinen Armen zu lösen. „Verstehst du denn nicht“, unternahm sie einen weiteren kläglichen Versuch, ihn loszuwerden, während er sie zielsicher in eine Ecke dirigierte, „es war eine Wochenendaffäre, weiter nichts. Anschließend hat jeder von uns mit seinem Leben weitergemacht.“ Oh, toll, das klang richtig abgeklärt.

Leider erzielte sie nicht den gewünschten Erfolg. „Hey, normalerweise lässt man mich nicht einfach auflaufen“, sagte er. Das glaubte sie gern. „Ich will mit dir reden.“ Seine Stimme klang verführerisch, und er verstärkte den Griff um Ashleys Mitte.

„Aber Ryan, ich …“

Wieder ließ er sie nicht ausreden. „Ich dachte, wir kämen super miteinander aus. Ja, tatsächlich hatte ich den Eindruck, du seist genauso glücklich mit unserem Arrangement wie ich.“

„Ich sagte doch bereits, dass ich mich zu etwas habe hinreißen lassen, was eigentlich überhaupt nicht zu mir passt.“ Sie wand sich in seinen Armen, um wenigstens ein bisschen Distanz zu schaffen. Trotzdem war er immer noch viel zu nahe, sein Mund nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt.

Wieder fühlte sie sich hin und her gerissen zwischen der Sehnsucht, ihn zu küssen, und dem Drang, einfach wegzulaufen. Noch behielt die Stimme der Vernunft die Oberhand. Ashley musste nur dafür sorgen, dass das auch so blieb.

Doch bereits seine nächsten Worte ließen sie wieder dahinschmelzen. „Es war so umwerfend schön mit dir, Ashley“, gestand er rau und ließ einen glutvollen Blick folgen. „Ich habe dich vermisst und nach dir gesucht.“

„Tut mir leid.“ Mit aller Macht rief sie sich in Erinnerung, warum sie diesem Gespräch sofort ein Ende setzen musste. „Mag ja sein, dass ich dein Ego angekratzt habe – so schlimm kann es aber nicht gewesen sein. Prangte mir nicht neulich erst in einer Illustrierten ein Foto von dir in Begleitung einer hinreißenden Rothaarigen entgegen? So tief kann dein Schmerz über unsere Trennung also nicht gewesen sein. Es ist aus, Ryan, krieg das doch endlich in deinen Schädel. Auch wenn du es sicher nicht gewöhnt bist, dir eine Abfuhr einzuhandeln.“

„Okay, du sagst also, es ist vorbei. Aber was spricht dagegen, da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben?“ Er umfasste sanft ihre Handgelenke.

„Falls es dich glücklich macht – ich gebe zu, dass ich dich immer noch ziemlich sexy finde. So, jetzt muss ich aber endlich an meine Arbeit zurück.“

„Seltsam.“ Ryan legte ihr die Arme um die Taille und sah ihr in die blauen Augen. „Ich merke doch, dass du unser Wochenende ebenfalls nicht vergessen hast. Und du bereust es längst nicht so heftig, wie du behauptest.“

„Oh doch, das tue ich“, erklärte sie mit Inbrunst. Sie wusste, es wurde höchste Zeit, sich umzudrehen und ihn stehen zu lassen, doch sie rührte sich nicht von der Stelle, gebannt von seinem intensiven Blick, der suggerierte, sie sei die einzige Frau auf Erden.

„Dann widme dich jetzt deiner Arbeit. Aber anschließend gehst du mit mir essen, und wir reden über alles, ja? Diesen kleinen Gefallen kannst du mir doch tun, oder?“ Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen.

„Das ändert auch nichts.“ Am liebsten hätte sie ihn mit einer Ausrede abgespeist, aber auf die Schnelle fiel ihr nichts ein.

Er hob bedeutungsvoll die Brauen. „Kann man nie wissen. Und nimm meiner Fantasie nicht gleich den Wind aus den Segeln“, fügte er mit blitzenden Augen hinzu. „Wann bist du hier fertig?“

„Sobald das Brautpaar in die Flitterwochen aufbricht. Den Rest erledigt meine Assistentin.“

„Großartig! Dann bleibt dir ja genügend Zeit für mich.“

„Ich sehe wirklich keinen Sinn …“

„Ashley“, beklagte er sich theatralisch, während ein schelmisches Lächeln über sein Gesicht huschte, „du willst meinem Selbstbewusstsein doch sicher keinen bleibenden Schaden zufügen?“

„Oh, die Gefahr besteht wohl kaum“, konterte sie resignierend. „Also gut, du kriegst deinen Willen.“

„Nur, was das Dinner betrifft. Ich will aber mehr.“

Ashley blieb förmlich die Luft weg. Woher nahm dieser Mann nur seine unerschütterliche Selbstherrlichkeit? Das Schlimme war, er kam damit auch noch durch. Sie zumindest war ihm gegenüber völlig machtlos, seinem Charisma hilflos ausgeliefert …

„Ich muss mich jetzt um die Braut kümmern“, sagte sie energisch und wandte sich zum Gehen.

Ryan hielt sie am Arm zurück. „Dann bis später. Und schau mich bitte nicht so an, als sei ich der Henker, der dich zur Hinrichtung führt.“

Ashley wurde bewusst, dass ihr Widerstand ihn nur noch mehr reizte. Mit ihrem Verhalten erreichte sie also genau das Gegenteil von dem, was sie wollte. „Du bist es nur nicht gewöhnt, ein Nein von einer Frau zu akzeptieren.“

„Mag sein. Im Moment interessiert mich einfach der Grund für dein Nein. Aber darüber reden wir später. Jetzt kümmre du dich um deine Arbeit.“

In diesem Moment gesellte sich Nick Colton zu ihnen. „Ich sehe, ihr kennt euch bereits.“ Zu Ashley gewandt, fügte er hinzu: „Nachdem Sie meinen alten Kumpel Ryan einen Tanz gegönnt haben, bin ich jetzt an der Reihe.“

Noch bevor Ashley ablehnen konnte, schob sich Ryan zwischen sie und Nick und legte ihr besitzergreifend den Arm um die Schultern. „Das ist etwas anderes, wir sind nämlich gute alte Freunde, da macht Ashley schon mal eine Ausnahme. Ansonsten lehnt sie es strikt ab, während der Arbeit zu tanzen. Pech gehabt.“

Ashley wollte schon protestieren, da fing sie Emilys Blick auf. Die Braut winkte sie zu sich, und Ashley nutzte die Gelegenheit zur Flucht.

Nachdem das Brautpaar aufgebrochen war, übergab Ashley ihrer Assistentin Jenna Fremont das Kommando und machte selbst, dass sie wegkam. Nach kurzem Abwägen hatte sie beschlossen, sich nicht auf das Date mit Ryan einzulassen. Wieder eine Premiere, dachte sie traurig.

Normalerweise war es nicht ihre Art, Verabredungen nicht einzuhalten. Aber in diesem Fall schien es ihr das Vernünftigste, auch wenn sie bei dem Gedanken, Ryan nun vermutlich nie mehr wiederzusehen, eine gewisse Wehmut erfüllte. Dass er noch einmal versuchen würde, sie zu treffen, hielt sie für ausgeschlossen. Männer wie er hatten es nicht nötig, einer Frau nachzulaufen.

In ihrer Maisonnettewohnung in einer bewachten Wohnsiedlung verbrachte Ashley einen nachdenklichen Abend. Ryan ging ihr einfach nicht aus dem Sinn.

Klar und deutlich, als wäre es erst gestern gewesen, erinnerte sie sich an den Sonntagmorgen nach ihrer heißen Liebesnacht. Ashley hatte die Augen aufgeschlagen und festgestellt, dass sie allein im Bett lag. Auf der Suche nach Ryan hörte sie plötzlich leise Stimmen, seine und die einer Frau. Es klang ganz so, als würden sie streiten.

Natürlich, wie sollte es auch anders sein. Ein millionenschwerer Playboy wie er gab sich doch nicht mit einer Frau zufrieden. Wie hatte sie nur so naiv sein können, sich überhaupt auf ihn einzulassen. Rasch zog Ashley sich an und rief sich über ihr Handy ein Taxi. Dann schlüpfte sie unbemerkt aus der Hintertür seines Stadthauses, ohne sich von ihm zu verabschieden. Seitdem hatten sie keinen Kontakt mehr – bis heute.

In dieser Nacht fand Ashley nur schwer in den Schlaf. Unruhig warf sie sich im Bett hin und her. Später träumte sie von Ryan, lag wieder in seinen Armen und gab sich ihm voller Leidenschaft hin. Kein Wunder, dass sie sich am nächsten Morgen wie gerädert fühlte.

Auch im Lauf des Tages wurde sie den Gedanken an Ryan nicht los. Er verfolgte sie, was sie auch anstellte, um ihn zu vergessen.

Lächerlich! Das Beste wäre, ihn sich sofort wieder aus dem Kopf zu schlagen. Sie hatten nicht das Geringste gemeinsam. Sie, Ashley, entstammte einer einfachen Farmerfamilie, war in die Stadt gezogen, um Arbeit zu finden. Von ihrem Einkommen unterstützte sie ihre Familie. Ihr Vater litt unter einer schwachen Gesundheit, und eine Flut im letzten Jahr hatte ihre Familie fast ruiniert. Ihr Bruder war sogar gezwungen gewesen, sein Studium abzubrechen, um zu Hause auszuhelfen.

Ryans Welt war Lichtjahre von ihrer entfernt. Als Selfmademan und Multimillionär bewegte er sich im internationalen Jetset. Und zwar stets mit einer weltgewandten Schönheit an seiner Seite.

Dass er sie, Ashley, damals auf der Party im Dallas Country Club überhaupt bemerkt hatte … Aber sie war ihm ja buchstäblich vor die Füße gefallen, beziehungsweise hatte er sie in seinen starken Armen aufgefangen, als sie einem Kellner auswich, dem das mit vollen Champagnerkelchen beladene Tablett aus der Hand glitt.

Ein Blick in Ryans faszinierend grüne Augen genügte, und es war um sie geschehen. Kaum hatten sie sich einander vorgestellt, fing er auch schon an, schamlos mit ihr zu flirten, und sie ging ebenso schamlos darauf ein. Noch am selben Abend landete sie in seinem Bett.

Sie hatte sich ihm nicht nur körperlich hingegeben, sondern ihm auch noch ihre Familiengeschichte anvertraut, die finanziellen Schwierigkeiten ihrer Eltern, ihre einfache Herkunft. Bis heute fragte sie sich, was sie bewogen hatte, sich ihm derart zu öffnen.

Irritiert widmete sie sich wieder ihrer privaten Buchführung, schrieb einen Scheck für ihren Vater aus und verbrachte eine weitere ruhelose Nacht.

Am Montagmorgen ging sie mit dem festen Vorsatz zur Arbeit, keinen weiteren Gedanken mehr an Ryan zu verschwenden. Voller Enthusiasmus stürzte sie sich ins Tagesgeschäft, vereinbarte Termine mit möglichen Klienten, traf Absprachen mit verschiedenen Caterern und Floristen. Trotzdem ertappte sie sich immer wieder dabei, wie ihre Gedanken abdrifteten – zu Ryan natürlich.

Seit dem Hochzeitsempfang hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Gut so, sagte sie sich, und spürte gleichzeitig einen schmerzlichen Stich. Herrje, Ashley, entscheide dich doch mal! Sie hatte Ryan doch aus ihrem Leben verbannen wollen, und genau dieser Wunsch war offenbar in Erfüllung gegangen. Darüber sollte sie froh und dankbar sein.

Kurz vor Büroschluss besprach sie noch ein paar Details über die Wünsche eines Kunden mit ihrer Vorzimmerdame Carlotta. Während diese eine telefonische Anfrage tätigte, trat Ashley an die große Fensterfront und blickte hinaus. Im selben Moment sah sie einen schnittigen schwarzen Sportwagen in eine freie Parklücke vor dem Gebäude einscheren. Die Tür wurde schwungvoll aufgestoßen, und heraus stieg Ryan.

Ashley stockte der Atem. Wie üblich strahlte Ryan Zielstrebigkeit und Selbstbewusstsein aus. In seiner dunkelblauen Hose, dem weißen Hemd und der blau gestreiften Krawatte sah er tadellos aus. Selbst das vom Wind leicht zerzauste Haar wirkte, als sei der Schnitt vom Friseur genau berechnet, um diesen Effekt zu erzielen.

Auf keinen Fall wollte Ashley mit ihm vor Publikum streiten, also eilte sie zur Tür und ging hinaus. Den strahlenden Sonnenschein, den süßen Duft der blühenden Obstbäume und das sanfte Plätschern eines Springbrunnens in der Nähe nahm sie nicht wahr. Ihre ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf den Mann, der ihr entschlossenen Schritts entgegenkam. Sie straffte die Schultern, wappnete sich innerlich für die Begegnung. Begriff er denn nicht, dass sie keinen weiteren Kontakt mit ihm wünschte?

Wem wollte sie hier eigentlich etwas vormachen? Mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sie sich danach, wieder in seinen starken Armen zu liegen – so sah die Sache aus. Gleichzeitig wusste sie natürlich, dass es für sie beide keine gemeinsame Zukunft gab. Was bedeutete, sie musste jetzt stark sein. Sehr stark …

Sicher, irgendwann musste sie ihm die ganze Wahrheit sagen, aber jetzt noch nicht. Im Moment war sie fest entschlossen, nach ihren eigenen Regeln zu leben. Sie brauchte niemanden, der sich in ihre Angelegenheiten mischte, schon gar nicht eine so dominante Persönlichkeit wie Ryan.

Es handelte sich nicht gerade um eine Kleinigkeit, die sie ihm verschweigen wollte. Ashley war nämlich schwanger von ihm – dieses eine stürmische Liebeswochenende war nicht ohne Folgen geblieben.

Mit abwehrend vor der Brust verschränkten Armen trat sie ihm entgegen und musterte ihn kühl. „Was willst du, Ryan?“

2. KAPITEL

Ryans grüne Augen blitzten spöttisch. „Oh, hi, ich grüße dich auch.“

„Habe ich nicht deutlich gesagt, dass ich dich nicht sehen will?“

„Klar doch, und im selben Atemzug hast du eingewilligt, mit mir zu essen. Und ich erinnere mich deutlich an zart gerötete Wangen, einen rasenden Puls … Sorry, aber irgendwie passen deine Worte nicht so recht zu deinem Verhalten.“

„Ich versuche nur, vernünftig zu sein.“ Ashley wurde sich unangenehm bewusst, dass sie inzwischen wahrscheinlich schon die Aufmerksamkeit ihrer Mitarbeiter auf sich zogen. „Also, ich muss jetzt zurück an die Arbeit. Entschuldige mich bitte.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt.

„Halt, halt, nicht so schnell.“ Ryan hielt sie sanft am Arm fest. „Zufällig weiß ich, dass du ab fünf keine Termine mehr hast, das hat mir deine Sekretärin heute Morgen am Telefon verraten. Genau genommen bin ich dein letzter Termin. Du möchtest einen potenziellen Kunden doch sicher nicht vor den Kopf stoßen?“ Er zwinkerte ihr schelmisch zu.

Dieser raffinierte Kerl! Ashley, gleichermaßen entrüstet über seine Dreistigkeit und beeindruckt von seiner Hartnäckigkeit, gab sich geschlagen. Letztes Mal war sie ihn erfolgreich losgeworden, und er war offenbar entschlossen, das nicht noch einmal zuzulassen. Am besten, sie brachten es hinter sich. „Also gut, ich hole nur rasch meine Sachen und sage Bescheid, dass ich jetzt gehe.“

Ryan parkte vor einem vornehm wirkenden Lokal mit einer gelb-weiß gestreiften Markise über dem Eingang. Der livrierte Portier öffnete ihnen die schwere Glastür zu einer ausgedehnten Sonnenterrasse direkt am Wasser. Unzählige Seerosen verströmten einen zarten Duft. Über den Tischen hingen bunte Lampions, und prächtige Bougainvilleen quollen aus massigen Kübeln.

Der Ober führte sie an einen mit einer makellos weißen Leinentischdecke bedeckten Tisch direkt neben dem Wasser. Nachdem er Ashley die Speise- und Ryan die Weinkarte ausgehändigt hatte, zog er sich diskret zurück.

„Falls du Hummer magst, der ist hier vorzüglich. Die Steaks sind allerdings auch nicht zu verachten.“

Ryan reichte ihr die Weinkarte, doch Ashley schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, aber ich ziehe eisgekühltes Wasser vor.“

Er griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand. „Ashley, es muss doch einen Grund geben, warum du mich nicht wiedersehen wolltest.“

„Versuch mich zu verstehen, Ryan. Das, was an diesem Wochenende geschehen ist, entsprach so gar nicht mir.“

„Das verstehe ich schon. Aber es ist nun mal passiert, und ich bleibe dabei, wir haben uns toll verstanden. Ich meine, es entwickelte sich nicht zu einem peinlichen Fiasko, sondern ganz im Gegenteil.“ Er bekräftigte seine Worte mit einem sanften Händedruck, und Ashleys Herz klopfte schneller. „Was hältst du davon … wir könnten doch einfach noch mal von vorn anfangen. Ich führe dich zum Dinner aus, wir reden, lernen uns besser kennen …“

„Klingt verlockend, ist aber ziemlich unrealistisch, denke ich. Du wirst auf Sex nicht verzichten wollen, weil wir ja schon einmal so weit waren. Ich will aber nicht mehr.“

„Hast du mir nicht zugehört? Ich möchte die Sache noch mal ganz langsam angehen.“

„Ryan“, wurden sie in diesem Moment von einer leicht schrillen Frauenstimme unterbrochen.

Abrupt ließ er Ashleys Hand los und stand auf. „Hi, Kayla.“ Seine Stimme klang gezwungen. „Darf ich vorstellen? Kayla Landon, Ashley Smith.“

Ashley bedachte die aufregende Rothaarige mit einem reservierten Lächeln. Wenn Ryan die haben konnte – und das konnte er ganz offensichtlich –, was wollte er dann von ihr, Ashley? „Hi, wie geht’s?“

Sie erntete einen frostigen Blick und ein knappes Nicken. Dann wandte Kayla sich mit schmelzendem Ton an Ryan. „Du kommst doch am Samstag zu meiner Party? Ich hab dir eine Nachricht auf deinem AB hinterlassen. Letztes Mal hatten wir so viel Spaß“, schnurrte sie und legte ihm besitzergreifend die Hand auf den Arm.

„Ich rufe dich an, Kayla“, erwiderte er ohne besonderes Interesse.

„Also höre ich dann morgen von dir?“ Kayla streifte seine Wange mit einem flüchtigen Kuss und stolzierte davon, ohne Ashley auch nur eines Blickes zu würdigen.

„Wo waren wir stehen geblieben?“ Ryan setzte sich und fuhr sich geistesabwesend durchs Haar.

„Das ist die Frau, die ich damals in deinem Haus gesehen habe.“

„Ah …“ Er sah sie forschend an. „Deshalb bist du ohne ein Wort verschwunden.“

„Nicht wirklich. Aber die Anwesenheit dieser Frau erinnerte mich an unseren völlig gegensätzlichen Hintergrund. Auf der einen Seite der reiche Millionär und sein glamouröser Lebensstil, auf der anderen das Mädchen vom Land, das ihr Glück in der großen Stadt sucht. Irgendwie passt das nicht zusammen. Hey, ich hab gewissermaßen noch Stroh im Haar.“

Lächelnd streckte er die Hand aus und rieb eine seidige Strähne ihres blonden Haars zwischen den Fingerspitzen. „Später beschäftige ich mich ausgiebig mit deinem Haar“, versprach er verführerisch. „Mal sehen, ob ich ein bisschen Heu finde.“

„Du machst mir die Sache wirklich nicht leicht“, seufzte Ashley.

„Moment, ich bin es nicht, der alles verkompliziert. In meinen Augen stellt es sich ganz simpel dar: Mann möchte mit Frau ausgehen. Mann und Frau haben eine tolle Zeit zusammen. Was ist daran so schwierig?“

„Zum Beispiel dein Tempo.“

„Okay, gehen wir es langsam an, wie versprochen. Besagtes Wochenende radieren wir einfach aus. Wir haben uns am Sonnabend auf dem Hochzeitsempfang zum ersten Mal getroffen, ich wollte dich wiedersehen, du hast meine Einladung zum Essen angenommen. Klingt gut, oder? Unkompliziert und gut.“

Er nahm ihre Hand und verflocht seine Finger mit ihren. „Um uns den schönen Abend nicht zu verderben, lass uns diese Diskussion auf später verschieben, ja?“

„Prima Methode, jede Meinungsverschiedenheit im Keim zu ersticken.“

Ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, fragte er: „Was weißt du noch über mich, außer dass ich vom Mars bin und du von der Venus?“

„Na ja, zum Reden sind wir nicht groß gekommen, wenn ich mich recht erinnere …“, erwiderte sie verlegen. Das heißt, sie hatte alles Mögliche von sich preisgegeben, während er nur zugehört und sich selbst in Schweigen gehüllt hatte. Das wurde ihr erst jetzt richtig bewusst.

„Stimmt.“ Seine Augen blitzten. „Aber wir wollten das Wochenende doch aus unserem Gedächtnis streichen. Also, ich bin auch nicht mit dem sprichwörtlichen silbernen Löffel im Mund geboren, falls du das denkst. Mein Vater nahm jede nur erdenkliche Arbeit an, als Tellerwäscher, Kellner. Meine Mutter hat geputzt. Damit konnten wir uns gerade so über Wasser halten. Ich wage zu behaupten, dass dir eine angenehmere Jugend beschieden war.“

„Das wusste ich gar nicht.“ Ashley war ehrlich erstaunt. „Die Hochglanzmagazine konzentrieren sich lieber auf die Damen an deiner Seite, fürchte ich, und nicht so sehr auf deine Vergangenheit.“

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Klar doch, die sind an Sensationen interessiert, nicht an Fakten. Meine Geschichte ist ziemlich simpel. Mom starb viel zu früh. Dad lebt noch. Meine beiden Brüder und ich kümmern uns um ihn. Er hat sein ganzes Leben lang hart gearbeitet und kann sich jetzt endlich ausruhen. Ich bin übrigens der Älteste und hatte das Glück, meinen Brüdern unter die Arme greifen zu können. Brett ist Pilot, und Cal, unser jüngster, arbeitet als Controller in meinem Unternehmen. Mit elf Jahren fing ich an, Geld zu verdienen, indem ich anderen Leuten den Rasen mähte.“

Ashley erkannte, dass sie mehr gemeinsam hatten als gedacht. Trotzdem konnte sie sich ihn nur schwer als mittellosen Jungen vorstellen. „Aber wie hast du den Sprung in die Liga der Millionäre geschafft?“

„Das ist eine lange Geschichte. Eine Portion Glück, harte Arbeit und Unterstützung von Freunden waren die entscheidenden Faktoren. Nick Colton, Jake Thorne und ich schlossen auf dem College einen Pakt: Wir nahmen uns fest vor, reich zu werden und einander auf dem Weg dorthin in jeder Hinsicht zu unterstützen.“

„Wow!“, sagte sie ehrlich beeindruckt. „Und ihr habt es tatsächlich geschafft.“

„Yeah, das haben wir. Nach dem Grundstudium haben wir uns ganz auf Football konzentriert und ein paar Jahre als Profis gespielt. Jeden Penny habe ich zusammen mit Jake investiert. Der Mann ist ein unglaubliches Finanzgenie. So erwirtschafteten wir jeder ein ansehnliches Startkapital. Meins steckte ich in den Aufbau einer Hotelkette.“

„Kein Wunder, dass ihr drei die besten Kumpel seid.“

„Ja, ohne sie wäre ich nie so weit gekommen.“ Er stocherte in seinem kunstvoll auf Kristallglastellern angerichteten Salat, den der Ober ihnen inzwischen serviert hatte. „Aber jetzt zu dir. Wie oft fährst du nach Hause auf eure Farm?“

„Leider nicht so häufig, wie ich gern möchte. Die Wochenenden sind meist mit Hochzeiten verplant, das bringt mein Job so mit sich. Zuletzt habe ich meine Familie im Februar besucht. Da hat meine Assistentin mich vertreten.“

Der Ober brachte das Hauptgericht: Shrimps unter einer delikaten Kruste aus getrockneten Tomaten und Pilzen mit Pasta für Ashley und ein saftiges Filetsteak für Ryan.

Nach dem ersten Bissen verzog Ashley verzückt das Gesicht. „Köstlich … kein Wunder, dass dies dein Lieblingsrestaurant ist.“

„Was will man mehr? Essen im Lieblingsrestaurant an der Seite der Lieblingsfrau“, schmeichelte er und machte Schlafzimmeraugen.

Der Mann nutzte aber auch jede Vorlage zum Flirten! „Höchste Zeit, die Taktik zu wechseln“, konterte Ashley kess. „Spröde Frauen scheinen eine unwiderstehliche Herausforderung für dich zu sein. Ab jetzt werde ich dich anhimmeln wie die übrige Damenwelt.“ Sie nahm seine Hand und schaute ihn schmachtend an. „Oh Ryan, ich will unbedingt mehr über dich wissen“, hauchte sie atemlos.

Jeder Funken Belustigung schwand aus seiner Miene und machte purem Verlangen Platz. „Wenn du dich weiter so ins Zeug legst, verlange ich auf der Stelle die Rechnung, um dich in meine Höhle zu schleppen … in diesem Fall meine Wohnung“, sagte er.

Abrupt zog sie ihre Hand zurück. „Genau darauf bin ich eigentlich nicht scharf“, versetzte sie kühl.

„Mist, das habe ich gründlich vermasselt“, sagte er in gespieltem Bedauern. „Bist du sicher, dass du nicht bei deiner neuen Rolle bleiben möchtest?“

„Mach dir keine Hoffnungen, niemals.“

„Na gut, damit muss ich mich wohl abfinden. Also dann, erzähl mir doch ein bisschen mehr von dir, ja? Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Was erwartest du vom Leben?“

Seine Frage katapultierte sie unsanft in die Realität zurück. Sie rief sich in Erinnerung, dass sie Ryan um jeden Preis loswerden wollte … und vor allem, warum. Achselzuckend erwiderte sie: „Ich mag meine Arbeit und möchte gern in diesem Bereich weitermachen. Als Franchisenehmerin bin ich gewissermaßen meine eigene Chefin. Und je größer der Umsatz, desto höher mein Anteil.“

„Gut. Es macht Spaß, selbständig und erfolgreich zu sein.“

„Du musst es ja wissen“, gab sie amüsiert zurück.

„Ich kann mir vorstellen, dass dein Job dich erfüllt. Schließlich beschäftigst du dich ja ausschließlich mit dem schönsten Tag im Leben. An welche Feier erinnerst du dich besonders gern?“

„Lass mich überlegen …“ Sie krauste die Nase. „An eine im letzten Dezember, kurz vor Weihnachten. Da konnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Weihnachts- und Hochzeitsdekoration in Hülle und Fülle.“

Zu Ashleys Verwunderung schien Ryan sich wirklich dafür zu interessieren. Ganz ungezwungen gerieten sie von einem Thema zum anderen, und erst, als Ryan die Rechnung verlangte, bemerkte Ashley, dass sie fast die letzten Gäste waren. Ein Blick auf die Uhr ließ sie erstaunt nach Luft schnappen. „Was? Schon zehn? Die Zeit ist ja wie im Flug vergangen.“

„Ein positives Zeichen, findest du nicht? Wenn man sich gut unterhält, merkt man nicht, wie die Zeit vergeht.“ Er bedachte sie mit einem zärtlichen Lächeln. „Ich zumindest habe mich heute Abend sehr wohlgefühlt.“

Das Licht der Lampions ließ seine Haut golden schimmern und betonte seine markanten Wangenknochen. Hach, wie gut er aussah … Dieses Attribut, gepaart mit seiner Selbstsicherheit und der Tatsache, dass er sich als interessanter Gesprächspartner erwies, machte ihn nahezu unwiderstehlich. Ashley wünschte, die Dinge lägen anders und sie könnte den Dingen einfach ihren Lauf lassen.

Ryan rief den Kellner und zahlte.

„Ich fand den Abend auch schön“, gestand sie, als der Ober wieder verschwunden war und sie sich erhoben. „Du kannst es doch gar nicht erwarten, dass ich das zugebe, oder?“

„Zumindest zerstreuen deine Worte meine letzten Selbstzweifel.“ Er verzog belustigt die Lippen.

„Selbstzweifel?“ Ashley hob spöttisch die Brauen. „Dieses Wort kommt in deiner Realität nicht vor.“ Lachend schlenderte sie neben ihm her zum Wagen.

„Soll das etwa heißen, du findest mich arrogant?“ Er hielt ihr die Tür auf.

„Hm … souverän, wie gefällt dir das?“

„Schon besser. Ja, ich entscheide mich für souverän.“ Ryan ging um den Wagen herum und setzte sich hinters Steuer. „Zu dir oder zu mir?“, fragte er ohne Umschweife.

Ashley blieb förmlich die Luft weg. Der Mann verlor wirklich keine Zeit!

„Moment, erst überlegen, dann reden. Also, ich habe dir versprochen, es langsam angehen zu lassen, und mich daran gehalten. Stimmen wir da überein?“

„Ja“, gab sie notgedrungen zu. Doch änderte dies leider nichts an der Tatsache, dass es kein gemeinsames Morgen für sie geben durfte.

„Verrate mir, wo du wohnst, dann hole ich dich morgen früh ab und bringe dich zur Arbeit. Du hast deinen Wagen dort stehen lassen, falls du das vergessen hast.“

„Okay, das klingt nach einem guten Plan.“ Sie nannte ihm ihre Adresse. Nachdem sie die Sicherheitsschranke zu ihrer Wohnsiedlung passiert hatten, schlängelte er sich im Schritttempo durch die hübsch angelegte Anlage mit ihren roten Backsteinhäusern. Ashley dirigierte ihn zu ihrem Haus, und er begleitete sie zur Vordertreppe.

„Es war ein zauberhafter Abend. Danke, Ryan.“

„Der Abend muss ja noch nicht vorbei sein.“ Er warf einen raschen Blick auf seine Uhr. „Es ist noch ziemlich früh, und mich würde brennend interessieren, wie du wohnst.“

Ashley betrachtete ihn mit gemischten Gefühlen. Die Vernunft befahl ihr, ihn wegzuschicken, aber ihr albernes Herz sabotierte ihren gesunden Menschenverstand … wieder mal. „Möchtest du noch auf einen Kaffee reinkommen?“, hörte sie sich sagen und hätte sich am liebsten selbst gegen das Schienbein getreten, denn sie kannte seine Antwort natürlich bereits.

„Gute Idee, gern“, erwiderte er denn auch mit schlecht verhohlenem Triumph.

Sie schloss seufzend auf, schaltete die Alarmanlage aus und ließ Ryan eintreten. „Ich bin erst vor knapp einem Monat eingezogen und gerade dabei, mich neu einzurichten“, meinte sie entschuldigend, denn plötzlich sah sie ihre Wohnung mit seinen Augen: den Kunstdruck im vergoldeten Rahmen über dem Kaminsims, das Sofa und den Schaukelstuhl mit den blauen Samtkissen, den polierten Dielenboden. Alles ganz nett, aber kein Vergleich mit seiner luxuriös ausgestatteten, großzügig geschnittenen Wohnung, von der aus man einen umwerfenden Blick über Dallas hatte.

Wenn sie sich recht erinnerte, verfügte er über vier Schlafzimmer, ein Fernsehzimmer mit Entertainment Center, einen Fitnessraum und ein riesiges Wohnzimmer mit offener Küche und angrenzendem Essbereich. Natürlich alles mit exklusiven Möbeln und jedem Komfort ausgestattet.

„Das hier ist meine Kuschelecke.“ Ashley öffnete die Tür zu einem kleinen, behaglich eingerichteten Raum. Ein einladend wirkendes Sofa mit buntem Blumendruck und zwei dazu passende Sessel luden zum Faulenzen ein.

Ryan trat an den in einer Ecke platzierten Spieltisch, auf dem ein Schachspiel stand. „Ah, interessanter Spielstand.“

„Ich habe einen Internet-Spielpartner.“

„Wirklich? Ich würde zu gern einmal mit dir spielen.“ Ihm gefielen Frauen, mit denen man etwas anfangen konnte und die sich nicht nur damit begnügten, den neuesten Klatsch auszutauschen.

„Du bist bestimmt ein exzellenter Spieler.“ Ashley zweifelte keine Sekunde daran, dass er alles, was er anpackte, mit Bravour meisterte.

„Vielleicht, selbst kann man das immer schwer einschätzen.“

„Von wegen.“ Ashley musste lachen. „Du willst nur nicht zugeben, wie gut du wirklich bist, um mich in Sicherheit zu wiegen.“

„Ich muss dringend etwas unternehmen, mein schlechtes Image aufzupolieren. Irgendwie scheinst du einen ganz falschen Eindruck von mir zu haben.“

„Nicht nötig“, versicherte sie ihm eilig. Eine weitere Charmeoffensive fehlte ihr gerade noch. Sie hatte sich von der ersten ja noch nicht erholt.

Ryan wandte sich ihren prall gefüllten Bücherregalen zu, die eine ganze Wand einnahmen, und studierte die Buchrücken. Wie er da so stand, sah Ashley ihn plötzlich in ihrer Fantasie nackt vor sich … muskulös und äußerst erregend.

Um sich abzulenken, dirigierte sie ihn in Richtung Küche. „Klein, aber zweckmäßig.“ Mit einer lässigen Handbewegung wies sie auf die gemütliche Essecke und die Kochinsel in der Mitte des Raums. „Ja, das war’s auch schon, Führung beendet“, sagte sie munter. „Mein Bad willst du sicher nicht bewundern.“

„Dein Schlafzimmer dafür umso lieber“, bekannte er mit blitzenden Augen.

„Okay.“ Sie verlieh ihrer Stimme einen möglichst gleichmütigen Klang. Beim Anblick des Bettes versuchte sie sogar, sich nicht zusammen mit Ryan darin vorzustellen.

Ryan ließ den Blick aufmerksam durch den ganz in Blau gehaltenen Raum schweifen, betrachtete die gerahmten Fotos an der Wand und die Erinnerungsstücke im Regal, unter anderem ihre zahlreichen Tennispokale. „Ah, Tennis spielst du also auch, offensichtlich recht gut, wenn diese Sammlung nicht täuscht. Wie wäre es mal mit einem Match?“

„Zu dumm, ich habe gerade damit aufgehört.“

„Was du nicht sagst …“ Er musterte sie fragend. „Wieso denn?“

Die wahre Antwort durfte er nicht erfahren, also nahm Ashley Zuflucht zu einer Ausrede. „Tennisellbogen, du weißt schon.“

„Langwierige Geschichte, ja, ich weiß. Schade. Ich hatte mich schon auf ein Match gefreut. Schach und Tennis. Beides Dinge, die mir ebenfalls Spaß machen.“

„Und beides wettbewerbsbetont.“

„Umso besser“, meinte er sanft. „Ich liebe es, mich mit dir zu messen.“

„Vermutlich liebst du den Wettbewerb, weil du meist als Sieger daraus hervorgehst.“

Er lächelte nur und trat auf sie zu. „Wie behandelst du deinen Ellbogen?“

„Oh, da kann man nicht viel machen“, erwiderte sie leichthin und wich seinem Blick aus. „So, nun hast du also auch mein Schlafzimmer präsentiert bekommen“, wechselte sie rasch das Thema.

Ryan drehte sich zu ihrem Bett um. „Jetzt weiß ich, wo ich dich mir vorstellen kann, wenn ich mit dir telefoniere.“ Seine Stimme klang weich und dunkel.

Ashley erschauerte unwillkürlich und dachte sofort wieder an ihr heißes Liebeswochenende. Ob er das wohl auch gerade im Sinn hatte?

„Führung beendet“, erklärte sie energisch. „Möchtest du etwas trinken?“

„Gern, ein Wasser bitte.“

Gefolgt von Ryan, holte sie einen Krug mit Eiswasser und einen Teller mit Keksen. „Komm, gehen wir ins Wohnzimmer, da ist es gemütlicher als in der Küche.“

Sekunden später machte Ashley es sich auf dem geblümten Sofa bequem, während Ryan sich in einen Sessel setzte. In angemessener Entfernung, wie sie zufrieden registrierte. Er war also gewillt, sich an sein Versprechen zu halten, sie nicht zu bedrängen.

„War deine Familie schon hier, um dein kleines Reich zu bestaunen?“

„Nein, bis jetzt noch nicht. Dad und meinen Bruder lockt man am besten mit einer Viehauktion in die Stadt. Und meine Großmutter bleibt lieber zu Hause.“

„Wie geht es deinem Vater?“

„Einigermaßen, glaube ich. Jeff meint zwar, er arbeite zu hart für einen Mann, der einen Herzinfarkt hinter sich hat, aber wie sollen wir ihn daran hindern? Die Flut letztes Jahr hat ihn fast in den Ruin getrieben.“

„Ja, das hast du mir schon erzählt … Hm, eine üble Situation. Unterstützt du sie finanziell?“, fragte Ryan geradeheraus.

„Ja, glücklicherweise bin ich in der Lage dazu.“

„Ich verstehe, was du meinst.“ Er streckte die langen Beine aus. „Tut mir leid, dass deine Familie in Schwierigkeiten steckt.“

„Das wird schon wieder. Dad sagt, wir haben es bis jetzt noch immer geschafft.“

Sie unterhielten sich noch ein bisschen über anstehende Projekte, wobei Ashley angenehm berührt feststellte, dass Ryan gut zuhören konnte. Noch ein Pluspunkt für ihn, wo sie im Moment doch lieber Minuspunkte gegen ihn gesammelt hätte.

Nach einer Weile stand er auf und trug, ganz Gentleman, die Gläser in die Küche. „Höchste Zeit zu verschwinden. Es ist spät.“

Es war schon ein Uhr nachts, wie Ashley erstaunt feststellte. Wieder war ihr nicht bewusst geworden, wie die Zeit vergangen war.

„Sorry, dass ich dich so lange vom Schlafen abgehalten habe. Du hättest mich rausschmeißen sollen.“ Er trat auf sie zu. „Da ich dich morgen früh ohnehin abhole, tust du mir den Gefallen und frühstückst mit mir? Ganz harmlos“, fügte er schnell hinzu.

„Ryan, mit dir ist nichts harmlos. Trotzdem danke für die Einladung, ich gehe das Risiko ein.“

„Oh, ich bewundere deinen Mut“, gab er scherzhaft zurück. „Andererseits, du musst zugeben, dass ich ein braver Junge war. Keine Annäherungsversuche, und nicht mal den Hauch von einem Kuss habe ich dir abgeluchst.“

„Klar warst du ein braver Junge“, stimmte sie großmütig zu.

„Gut. Es ist mir nämlich wichtig, dein Wohlwollen zu erlangen“, erwiderte er in seiner Rolle als Unschuldslamm.

Ashley musste sich eingestehen, dass die Wortgeplänkel mit ihm ihr zunehmend Spaß machten. Gefährlich, gefährlich, meldete sich eine warnende innere Stimme. Die sie sofort ignorierte, denn im Lauf des Abends war eine heftige Sehnsucht in ihr erwacht. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte sich Ryan an den Hals geworfen, um endlich seine Nähe zu spüren.

Jede flüchtige, noch so harmlose Berührung hatte diese Sehnsucht geschürt. Obwohl sie nicht beabsichtigte, ihren Gefühlen nachzugeben, konnte sie sich nicht vorstellen, dass Ryan tatsächlich ohne einen Kuss gehen würde. Nun, mal abwarten, was passierte …

„Okay, dann also bis morgen. Wann soll ich hier sein?“

Ashley zögerte. „Ich brauche meinen Schlaf. Am besten, ich rufe morgen früh im Büro an und sage Bescheid, dass ich später komme. Wäre dir halb neun recht?“

„Halb neun ist perfekt.“

Sie gingen zur Tür. „Danke für das köstliche Essen. Es war ein richtig schöner Abend.“ Ashley lächelte warm.

„Schön ist noch untertrieben, ich fand den Abend fantastisch. So fantastisch, dass ich das Frühstück kaum abwarten kann. Gute Nacht, Ashley.“

„Gute Nacht.“ Jetzt … jetzt würde er sie gleich küssen … Ashleys Herz pochte erwartungsvoll. Und dann tat er das Unfassbare: Er drehte sich um und ging, ohne auch nur ihre Hand zu berühren.

Am nächsten Morgen unter der Dusche wurde Ashley bewusst, dass sie einen fatalen Fehler gemacht hatte. Wie hatte sie so dumm sein können, sich ausgerechnet zum Frühstück mit Ryan zu verabreden? Kaum zu glauben, aber ihre Schwangerschaft und die damit zusammenhängende Morgenübelkeit waren ihr in dem Moment völlig entfallen. Und jetzt war es zu spät. Sie konnte nur hoffen, dass es heute nicht so schlimm wurde und er nichts merkte.

In einem schlichten dunkelblauen Rock mit weißer Bluse öffnete sie die Tür, als es pünktlich um halb neun klingelte. Ryans Anblick raubte ihr den Atem: Er war umwerfend attraktiv in seinem anthrazitfarbenen Anzug und mit der rot-weiß gestreiften Krawatte zum eierschalenfarbenen Hemd. „Himmel, siehst du toll aus“, entschlüpfte es ihr unbewusst. Da konnte man nur hoffen, dass ihr Baby nach ihm schlug.

„Oh, danke, das Kompliment gebe ich zurück.“

„Ach, jetzt übertreibst du aber.“ Sie blickte verlegen an sich hinab. „Das ist nur meine ganz normale Bürokluft, total langweilig, wenn du mich fragst.“

„Und wenn du mich fragst, ich finde dich hinreißend. Ganz besonders ohne Bürokluft.“ Er zwinkerte ihr bedeutungsvoll zu.

Ashley zog es vor, rasch in den Schutz ihrer Wohnung abzutauchen, ehe sie womöglich direkt zu seinen Füßen dahinschmolz. „Sekunde, ich hole nur rasch meine Tasche.“

Im Wagen bemühte Ashley sich um unverfängliche Gesprächsthemen. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen blauen Himmel herab, die Luft war klar. Ein perfekter Frühlingsmorgen, der gute Laune machte.

Ryan führte sie in ein hippes Lokal, in dem sie noch nie gewesen war. Der komplett verglaste Speiseraum mit seinen tropischen Pflanzen verströmte ein ganz besonderes Flair und verstärkte noch ihre Frühlingsstimmung.

Erstaunt registrierte Ryan, dass Ashley sich lediglich ein Muffin und heiße Milch bestellte.

„Ich esse morgens nie viel“, meinte sie ausweichend. Der dominante Geruch von gebratenem Speck und Kaffee stieg ihr bereits unangenehm in die Nase. Hätte sie diese verflixte Einladung nur nie angenommen! Jetzt musste sie da durch. Angestrengt versuchte sie, jeden Gedanken an Essen zu verdrängen und nicht auf die voll beladenen Teller zu blicken, mit denen die Kellner diensteifrig vorbeieilten.

Als ihr der Muffin und die Milch serviert wurden, war ihr der Appetit bereits gründlich vergangen.

Schlimmer noch, ein Kellner setzte Ryan einen Teller vor, der mit all jenen Köstlichkeiten gefüllt war, die ihr zurzeit nur Übelkeit verursachten: Rühreier mit Schinken, kleine knusprig gebratene Würstchen und gebutterte goldbraune Brötchen, dampfenden Kaffee und eisgekühlten Orangensaft.

Ihr Magen revoltierte. Ashley schaffte es gerade noch rechtzeitig in den Waschraum, in dem sich zu ihrer großen Erleichterung auch ein zierliches Sofa befand. Erschöpft ruhte Ashley sich ein paar Minuten aus, bevor sie sich Wasser ins Gesicht spritzte und mit weichen Knien in den Speiseraum zurückkehrte. Ihr war noch immer übel, und sie hoffte inständig, dass sie durchhielt, bis sie, sobald es die Höflichkeit zuließ, zum Aufbruch drängen konnte.

Doch das war gar nicht nötig. Kaum fiel Ryans Blick auf sie, stand er auf und fasste sie am Arm. „Gehen wir. Ich habe schon bezahlt.“

„Aber dein schönes Frühstück …“, sagte sie anstandshalber mit einem entschuldigenden Blick auf seinen Teller, den er kaum angerührt hatte. Sie sehnte sich nach ihrem kühlen Büro, wo keine Essensgerüche sie quälten und wo sie ihre Ruhe hatte.

„Das ist doch jetzt egal.“ Er musterte sie besorgt. „Am besten, ich bringe dich sofort zu meinem Arzt.“

Himmel, nur das nicht. Geschockt zuckte Ashley zusammen. „Nein, nein, nicht nötig, mir fehlt nichts“, protestierte sie eine Spur zu nachdrücklich.

Da er ganz untypisch nichts darauf erwiderte, fragte sie sich zerknirscht, ob sie ihn womöglich vor den Kopf gestoßen hatte. Egal, nur sitzen … In seinem Wagen ließ sie sich schwach in den Beifahrersitz zurücksinken, schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Nackenstütze.

Als sie die Fahrertür zuschlagen hörte, riss Ashley sich zusammen und schlug die Augen auf. Und begegnete voller Unbehagen Ryans forschendem Blick. „Nur eine kleine Magenverstimmung“, sagte sie schnell. „Mach dir keine Sorgen. Setz mich einfach vor meinem Büro ab. Das vergeht schon wieder.“

Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für ein fröhliches Geplänkel, um ihn abzulenken, doch dazu fühlte Ashley sich zu erschöpft. Die Fahrbewegungen halfen auch nicht gerade. Am liebsten hätte sie auf der Stelle die Flucht ergriffen.

Vor dem Bürogebäude angekommen, stieg Ryan aus und trat an ihre Tür, um Ashley zu stützen. Rasch schüttelte sie seine Hand ab. „Alles in Ordnung, ehrlich.“

„Ich begleite dich hinein“, erklärte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

Schweigend ging sie neben ihm her, froh, dass ihnen nicht auch noch Jenna oder Carlotta über den Weg liefen.

Ashley wollte Ryan gerade mit ein paar Dankesworten aus ihrem Büro herauskomplimentieren, da schloss er die Tür hinter sich. Ups, jetzt saß sie in der Falle.

Sein Blick durchbohrte sie förmlich. „So, und jetzt sagst du mir, was wirklich mit dir los ist“, verlangte er gefährlich leise.

3. KAPITEL

Ihre deutliche Nervosität verstärkte Ryans Misstrauen noch. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, wie sehr sich Ashley verändert hatte. Er hatte sie als lebenslustige, entspannte junge Frau kennengelernt, sinnlich in jeder Hinsicht, auch was das Essen betraf. An jenem unvergesslichen Wochenende hatten sie nämlich regelrechte Frühstücksorgien veranstaltet.

Und jetzt? Sie wirkte gehetzt, erschöpft, hatte keinen Appetit. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, da ließ er sich nichts vormachen.

„Ashley, sag schon, was ist los?“

„Mir geht es gut“, behauptete sie, wich seinem Blick allerdings geflissentlich aus.

Ihre bleiche Gesichtsfarbe strafte ihre Worte Lügen. Er fürchtete schon, sie würde jeden Moment in Ohnmacht fallen. Und er sorgte sich ernsthaft um sie. Ryan mochte sie nämlich wirklich, war gern mit ihr zusammen … auf eine andere Art als mit den Frauen, die er sonst kannte.

„Nein, dir geht es gar nicht gut. Lüg mich nicht an, Ashley. Ich merke doch, wie mies du dich fühlst.“

„Bitte lass mich in Ruhe, Ryan. Das meine ich ernst.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an.

Überrascht fuhr er vor dem Funkeln in ihren Augen zurück. Er spürte, es war zwecklos, sie weiter zu bedrängen. „Na gut, ich gehe.“ Er hob resigniert beide Hände. „Kann ich noch irgendetwas für dich tun? Soll ich dir ein Glas Wasser holen?“

„Nein, aber trotzdem danke“, erwiderte sie kraftlos. „Lass mich einfach nur allein.“

Ryan wollte schon die Tür hinter sich schließen, als er plötzlich stockte. Ein Verdacht stieg in ihm auf. Morgenübelkeit. Keinen Alkohol.

Abrupt drehte er sich um. „Wie lange geht das schon so?“

Zarte Röte stieg ihr in die Wangen. „Keine Ahnung, noch nicht lange. Alles in Ordnung, ehrlich.“

Eine Lüge, ganz klar. Er wusste jetzt, was los war. „Du bist schwanger.“

Ashley zuckte zusammen, dann reckte sie stolz das Kinn vor. „Das geht dich nichts an.“

Ohne ihren Einwand zu beachten, fragte er: „Wie weit bist du?“

„Im dritten oder vierten Monat. Bis jetzt weiß keiner davon, auch meine Familie nicht, und ich würde es begrüßen, wenn es so bliebe.“

„Keine Sorge, ich setze die Neuigkeit nicht ins Internet.“ Allmählich ärgerte es ihn, dass sie ihm so gar nicht vertraute. „Wer ist der Kerl?“

„Darüber möchte ich nichts sagen.“

Doch das brauchte sie auch gar nicht. Das Flackern in ihrem Blick hatte sie verraten. „Es gibt keinen anderen Mann, stimmt’s?“

„Lass mich, Ryan. Geh bitte.“ Plötzlich wirkte sie beinahe verängstigt.

Ich bin der Vater von Ashleys Baby! „Aber wir haben doch Kondome …“

„Raus hier!“ Heftig schlug sie ihm die Tür vor der Nase zu.

Geschockt rannte er beinahe zu seinem Wagen. Um seine Nerven zu beruhigen, legte er den Kopf ein paar Minuten aufs Lenkrad und schloss die Augen. Anschließend drehte er eine Runde. Beim Fahren konnte er immer am besten nachdenken. Dabei wurde ihm schnell klar, dass er hier mit Grübeln nicht weiterkam.

Ashley erwartete sein Kind! Mit allem hätte er gerechnet, nur damit nicht.

Zitternd wankte Ashley zu ihrem Schreibtisch und ließ sich in ihren Sessel fallen. Über die Gegensprechanlage verständigte sie Carlotta, Ryan Warner unter keinen Umständen zu ihr zu lassen, falls er zurückkommen sollte. Doch damit rechnete sie eigentlich nicht. Seine Reaktion, der abrupte Abschied, waren mehr als deutlich gewesen. Offensichtlich wollte er nichts mit der Sache zu tun haben. Das sollte sie eigentlich nicht weiter berühren, dennoch war sie enttäuscht.

Könnte sie bloß die Zeit zurückdrehen und die Ereignisse des heutigen Vormittags ungeschehen machen! Sie hatte doch gestern Abend bereits geahnt, dass diese Frühstückseinladung eine ganz schlechte Idee war.

Das Summen der Sprechanlage ließ Ashley entnervt aufstöhnen. Im Moment wollte sie mit niemandem reden.

„Ryan Warner ist im Anmarsch, Ashley. Sorry, aber er ließ sich einfach nicht aufhalten“, verkündete Carlotta.

Auch das noch! „Schon okay.“ Ihr war klar, dass die arme Carlotta nichts gegen einen fest entschlossenen Ryan ausrichten konnte.

Sekunden später wurde die Tür aufgerissen, und Ryan stürmte herein. Die überlegene Selbstbeherrschung, die ihn sonst auszeichnete, schien wie weggeblasen.

„Ich möchte dich zwar nicht sehen, aber das kümmert dich offenbar nicht“, begrüßte Ashley ihn kühl.

„Allerdings nicht. Du hast mir bewusst verschwiegen, dass du ein Kind von mir erwartest.“ Seine Stimme klang schneidend.

„Richtig. Nach der Geburt hätte ich es dir mitgeteilt, aber im Moment kann ich auf deine Einmischung verzichten.“

„Wie wäre es mit meiner Hilfe?“

„Die brauche ich ebenfalls nicht, danke.“

Ryan setzte sich in den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch. Sein Blick hielt sie fest. „Warum nicht?“ Ein Muskel zuckte in seiner Wange.

„Ganz einfach, weil ich nicht will, dass du anfängst, mein Leben zu organisieren. Ich kann auf mich allein aufpassen“, erklärte sie herablassend und reckte eigensinnig das Kinn vor.

„Zumindest solltest du finanzielle Hilfe nicht ausschlagen. Die kannst du nämlich verdammt gut gebrauchen.“

„Ich weiß, was ich tue.“

„Ach, ja? Wie ich dich einschätze, weiß deine Familie ebenfalls von nichts.“

„Ich erzähle es ihnen schon noch, keine Sorge. Hör mal, Ryan, deine erste spontane Reaktion hat doch gezeigt, wie du wirklich darüber denkst. Begeisterung sieht anders aus. Ich möchte nicht, dass du dich aus lauter Schuldgefühlen jetzt mit einbringst.“

„Ich habe keine Schuldgefühle. Es wird wohl noch erlaubt sein, so etwas wie Schock zu empfinden, wenn man plötzlich erfährt, dass man Vater wird. Und dass einem diese nicht ganz unbedeutende Tatsache eigentlich verheimlicht werden sollte.“

„Oh, bitte.“ Ashley betrachtete ihn mit wachsender Ungeduld. Wem wollte er etwas vormachen? Natürlich hatte er Schuldgefühle, sonst säße er jetzt nicht hier. Noch dazu sichtlich aufgelöst, mit schiefer Krawatte und zerzaustem Haar. „Geh ruhig, Ryan, ich halte dich auf dem Laufenden.“

„Nein. Das ist auch mein Baby, vergiss das bitte nicht. Du brauchst eine Nanny und ein Kinderzimmer.“

„Siehst du? Genau, um das zu vermeiden, habe ich dir die Schwangerschaft verschwiegen“, brauste sie auf. „Du maßt dir an, für mich zu entscheiden.“ Erschöpft rieb sie sich die Stirn. „Mir geht es nicht besonders gut. Können wir dieses Gespräch nicht auf ein andermal vertagen?“

Frustriert stand er auf. „Na gut, heute Abend bei dir. Um sieben.“

Die Anforderungen des Arbeitstags halfen Ashley, Abstand zu den Ereignissen des Vormittags zu gewinnen. Entspannter und bereit, eine erneute Auseinandersetzung mit Ryan durchzustehen, fuhr sie nach Hause. Nach einem leichten Abendessen, das aus pochierten Eiern und Toast bestand, gönnte sie sich ein ausgiebiges Bad und kleidete sich sorgfältig an. Trotz allem pochte ihr Herz erwartungsvoll, weil sie Ryan gleich wiedersehen würde.

Sie war noch dabei, sich das Haar zu fönen, als der Summer der Sprechanlage ertönte. Ein Blumenlieferdienst brachte einen wunderschönen Frühlingsstrauß aus gelben Tulpen und pinkfarbenen Bellis in einer Kristallvase. Auf der mitgelieferten Karte stand:

Für die Mutter meines Kindes. Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen. Ryan

Vorsichtig schob sie die Karte in den Strauß zurück und stellte ihn auf den Couchtisch im Wohnzimmer. Dann machte sie sich rasch fertig.

Das lange blonde Haar ließ sie offen über die Schultern fallen. Prüfend betrachtete sie ihr Spiegelbild: Die maisgelbe Leinenhose mit der gelb-weiß gestreiften Bluse standen ihr gut, stellte sie zufrieden fest. Ihr Bauch war immer noch flach, und auch sonst sah man ihr die Schwangerschaft kaum an, wie sie fand. Vielleicht war sie eine Spur voller im Gesicht und auch rosiger, aber sonst …

Um Punkt sieben erschien Ryan. Ashley straffte die Schultern und öffnete die Tür. Wie immer verfehlte sein Anblick auch diesmal nicht seine Wirkung. In der beigefarbenen Freizeithose mit dem dunkelblauen Polohemd sah er frisch und gut gelaunt aus. Er wirkte selbstsicher wie immer, als hätte er heute Morgen nicht den Schock seines Lebens erlitten.

„Hallo, komm rein. Möchtest du etwas zu trinken?“

„Ein kaltes Bier, wenn du hast. Für dich Eiswasser, nehme ich an?“ Auf ihr Nicken hin hielt er zielstrebig auf die Küche zu. „Lass nur, ich hole die Getränke. Inzwischen kenne ich mich ja hier aus.“

Seine Art, das Ruder zu übernehmen, seit er von ihrer Schwangerschaft wusste, erfüllte Ashley erneut mit einer Mischung aus Belustigung und Verdruss.

Im Wohnzimmer machte sie eine vage Handbewegung in Richtung Blumen. „Danke, sie sind wunderschön.“

„Nicht halb so schön wie die Beschenkte“, gab Ryan galant zurück und legte ihr die Arme um die Taille. „Ich denke, unsere gestrige Abmachung erübrigt sich. Dass wir es langsam angehen lassen wollen.“

Ashleys Herz pochte aufgeregt, als sie ihm in die Augen sah und unverhohlenes Verlangen darin las. „Da bin ich anderer Meinung. Ich fände es trotzdem schön, wenn wir uns erst mal ein bisschen besser kennenlernen.“

„Hast du überhaupt eine Ahnung, wie dringend ich dich küssen möchte?“ Seine Stimme klang rau und sandte ein heißes Prickeln über Ashleys Haut.

„Bitte warte.“ Sie schob ihn sanft von sich. „Gib mir Zeit, ich brauche das, Ryan.“ Während sie sprach, blickte sie ihm unverwandt in die Augen, merkte, wie ihr Widerstand dahinschmolz und Verlangen die Oberhand gewann.

Sein Griff um ihre Taille wurde fester. „Es ist so lange her, Ashley.“

Er neigte sich vor, bedeckte ihren Mund mit seinem, ließ die Zungenspitze sanft zwischen ihre Lippen gleiten.

Das war zu viel für Ashley, sie gab ihren Widerstand auf. Seufzend schlang sie die Arme um seinen Hals und erwiderte hingebungsvoll seinen Kuss. Die sinnlichen Liebkosungen seiner Zunge weckten heißes Begehren in ihr, das sie schier zu verbrennen schien. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie lange sie sich schon nach diesem Moment gesehnt hatte. Aufkeuchend schob sie eine Hand in sein dichtes, seidiges Haar, getrieben von einem unstillbaren Hunger nach Nähe.

Sie spürte, wie er seine harte Männlichkeit gegen ihre Hüften presste. Instinktiv kam sie ihm entgegen. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle die Kleider vom Leib gerissen. Glücklicherweise hinderte ein letzter Rest Willenskraft sie daran. Ashley wusste, es wurde höchste Zeit, dieses gefährliche Spiel mit dem Feuer zu beenden, doch sie wollte es noch ein kleines bisschen auskosten … nur noch ein wenig …

Also vertiefte sie den Kuss, legte ihr ganzes Verlangen hinein. Dies war der Mann ihrer Träume, der Vater ihres ungeborenen Kindes. Allein der Gedanke ließ sie erschauern.

Ryan presste eine Hand auf ihren Po, mit der anderen tastete er nach ihren Brüsten. Federleicht strich er über die festen Spitzen, die sich deutlich unter dem dünnen Stoff ihrer Bluse abzeichneten.

Sofort verspürte Ashley ein sehnsüchtiges Ziehen im Bauch, und sie stöhnte unterdrückt auf. Mit letzter Kraft schaffte sie es, sich von ihm zu lösen, ehe sie völlig verloren war. „Nein, Ryan … das muss warten. Ich bin noch nicht bereit dafür“, brachte sie atemlos hervor.

„Doch, das bist du“, widersprach er leise, „genau wie ich. Zu viele Nächte habe ich von dir geträumt. Ich habe mehr an dich gedacht, als du dir vermutlich vorstellen kannst.“

Seine Worte erregten sie, aber sie blieb standhaft. „Nein, ich kann nicht, glaub mir. Lass uns warten. Im Moment ist die Situation einfach viel zu kompliziert.“

Damit wandte sie sich ab und entfernte sich ein paar Schritte von ihm, kehrte ihm den Rücken zu, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Als sie sich schließlich zu ihm umdrehte und ihm in die Augen sah, bemerkte sie, dass sich nichts geändert hatte. Sein Blick machte deutlich, dass er sie wollte, und fast hätte sie ihrem eigenen Begehren nachgegeben, jegliche Vernunft außer Acht gelassen. Aber eben nur fast.

„Wir müssen über die Zukunft reden.“

Ryan gab sich geschlagen. „Also gut, dann lass uns einen Plan entwerfen, wie es weitergehen soll.“

„Du hast mich falsch verstanden. Ich beabsichtige nicht, dich da mit hineinzuziehen, deshalb habe ich ja geschwiegen. Du bist ganz offensichtlich nicht scharf darauf, jetzt Vater zu werden. Das verstehe ich, und ich stelle keine Ansprüche, okay? Nur misch dich bitte nicht in mein Leben ein.“

„Hey, wir sprechen hier auch über mein Baby. Gewöhn dich besser an den Gedanken, dass du mich nun nicht mehr so leicht loswirst.“ Seine Stimme klang ruhig, aber bestimmt.

Ashley funkelte ihn wütend an. „Ich möchte erst mal das Baby bekommen und mich an die neue Situation gewöhnen. Dann bin ich bereit, deine Rolle in unserem Leben zu diskutieren.“

Mit wenigen Schritten war er bei ihr und nahm ihre Hand. „Oh, das kann ich dir sagen. Die Sache liegt doch auf der Hand. Willst du mich heiraten, Ashley?“

Wie bitte? Ashley hatte Mühe, nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen. War sie hier im falschen Film oder wie? „Vielen Dank für deinen freundlichen Antrag, den ich leider ablehnen muss“, entgegnete sie rau.

„Verdammt, Ashley.“ Sein Blick sprühte Funken. „Ich will nicht freundlich sein, sondern dich heiraten.“

„Noch vor einer Woche hättest du nicht mal im Traum daran gedacht, und jetzt fühlst du dich dazu verpflichtet, stimmt’s? Was dich natürlich durchaus ehrt. Tut mir leid, aber wenn ich heirate, dann einen Mann, den ich bis zum Wahnsinn liebe und der mich ebenso sehr liebt. So stehen die Dinge zwischen uns nun mal nicht.“ Sie schüttelte energisch den Kopf.

Er sah sie durchdringend an. „Ich kann mir keinen besseren Grund vorstellen zu heiraten als ein gemeinsames Baby. Im Bett stimmt es auch – ein weiterer Bonuspunkt. Wir verstehen uns gut, haben jede Menge Spaß zusammen, außer heute Morgen, doch das zählt unter diesen Umständen nicht. Beide entstammen wir einfachen Verhältnissen und haben es zu etwas gebracht. In dieser Hinsicht passt es also auch.“

„Es passt ganz und gar nicht“, erwiderte sie scharf. „Du bist Millionär und Jetsetter, ich eine einfache Hochzeitsplanerin, die ihre Familie unterstützen muss. Okay, wir sind scharf aufeinander, aber das ist keine Basis für eine Ehe. Außerdem bezweifle ich, dass eine Vernunftehe unserem Kind eine glückliche Kindheit beschert. Und eine nette Unterhaltung beim Dinner bedeutet noch lange nicht, dass wir uns auch auf lange Sicht verstehen. Ganz zu schweigen von deinem Hang, das Ruder an dich zu reißen. Du kannst gar nicht anders, sonst wärst du nicht dort, wo du heute stehst. So läuft das nicht, Ryan“, redete sie sich in Rage, obwohl eine verräterische Stimme in ihrem Innern ihr einzuflüstern versuchte, seinen Antrag anzunehmen.

„Mir fällt auf, dass du kaum in Erwägung ziehst, was das Beste für unser Kind ist“, meinte er vorwurfsvoll.

Sie atmete tief durch, um ihre Nerven zu beruhigen. „Mein Baby soll liebende Eltern haben. Ich wünsche mir einen Mann, der gleichzeitig mein bester Freund und Liebhaber ist.“

„Nun, fünfzig Prozent deiner Anforderungen erfülle ich schon mal locker.“ Er hob selbstbewusst die Brauen.

„Dummerweise die unwichtigeren fünfzig Prozent. Ryan, du bist es gewöhnt, resolut die Führung zu übernehmen, und das ist das Letzte, was ich brauche. Ich habe es nicht nötig, dich aus lauter Verzweiflung zu heiraten. Eine unglückliche Ehe nützt auch unserem Baby nichts.“

„Muss unsere Ehe denn zwangsläufig unglücklich werden? Wieso eigentlich?“

„Okay, nicht unbedingt. Aber selbst du wirst zugeben, dass die Voraussetzungen für das Gegenteil nicht wirklich gegeben sind.“

Er legte ihr die Hände auf die Schultern. „Überleg doch mal, welchen Vorteil es unserem Kind brächte, wenn wir heiraten. Es erhält meinen Namen und erbt mein Imperium. Wir hätten genug Mittel zur Verfügung, um die bestmögliche Erziehung zu garantieren. Nannys, Privatschulen, Reisen … alles kein Problem. Und das Wichtigste: Unser Kind hat einen Vater, der immer da ist, nicht nur besuchsweise. Das kannst du doch nicht einfach mit einem Schulterzucken abtun.“

„Und wie ich das kann! Im Moment weiß ich eins ganz genau, nämlich dass ich dich nicht heiraten will. Vielleicht ändere ich meine Meinung in den kommenden Monaten. Aber dich jetzt heiraten? Ausgeschlossen. Gib uns Zeit, Ryan. Lass uns reden, über dich und wie dein Tag war, zum Beispiel“, versuchte sie ihn zu überzeugen.

Er sah sie an, als verlangte sie von ihm, sie zum Mond zu fliegen. Doch dann gab er sich geschlagen, setzte sich aufs Sofa und forderte sie mit einer Geste auf, es ihm gleichzutun.

„Fürs Erste möchte ich gern hören, wie dein Tag war“, sagte er ernst. „Wie lange leidest du schon unter dieser Morgenübelkeit?“

„Von Anfang an eigentlich.“ Ihr war bewusst, wie aufmerksam sein Blick auf ihr ruhte. Innerlich war sie nicht halb so gelassen, wie sie nach außen hin – hoffentlich – wirkte. Die Auseinandersetzung mit Ryan hatte sie ziemlich mitgenommen, aber sie war einfach nicht bereit, aus einem Impuls heraus eine so einschneidende Entscheidung zu treffen.

„Und was meint der Arzt dazu?“

„Dass es bald vorbei ist. Diese Übelkeit beschränkt sich meist nur auf das erste Drittel.“

„Wie heißt dein Arzt?“, wollte er wissen, und sie nannte ihm widerstrebend seinen Namen. Wie sie Ryan kannte, würde er den Mann auf Herz und Nieren durchchecken lassen.

Um das Thema zu wechseln, fragte sie: „Nun erzähl mal, wie war denn dein Tag?“

Ohne darauf einzugehen, sagte er: „Unser Wochenende war der absolute Wahnsinn.“ Seine Stimme sank ein paar Oktaven tiefer, ein deutliches Zeichen, dass er jetzt im Flirtmodus agierte. „Ich muss ständig daran denken.“

„Ja, es war wundervoll“, stimmte sie leise hinzu.

„Weißt du, das kann von nun an immer so sein.“

Eine verlockende Vorstellung, keine Frage.

„Aber nicht jetzt, Ryan. Ich brauche Zeit.“ Sie sah ihn an. „Also, wie lief es heute? Nichts geschafft, vermute ich mal.“

„Nein. Kein Problem, ich hole die Arbeit morgen auf. Donnerstag fliege ich nach Chicago, bin aber Sonnabend wieder zurück.“ Er beugte sich vor und strich mit dem Zeigefinger über ihre Wange. „Wann willst du es deiner Familie sagen?“

Ashley wich seinem Blick aus. „Davor graut mir wirklich. Ich fürchte, mein Dad wird ziemlich traurig sein.“

„Das wäre er nicht, wenn wir heiraten“, warf er triumphierend ein. „Stell dir vor, wie viel einfacher es wäre, ihm die Neuigkeit beizubringen.“

Kurz war sie versucht, sein Angebot doch noch anzunehmen. Doch dann verwarf sie den Gedanken gleich wieder. „Das ist noch dein bestes Argument für eine Ehe. Trotzdem sage ich Nein. Ich möchte mein Leben selbst bestimmen.“

„Hey, ich scheine hier nicht der einzige Kontrollfreak zu sein. Wie du auf deine Unabhängigkeit pochst, das ist ja schon manisch.“

„Wahrscheinlich hast du sogar recht. Ich bin die Älteste von uns Geschwistern, genau wie du. Das macht eine Menge aus, fürchte ich. Solange ich denken kann, habe ich mich um meine Brüder gekümmert.“

„Oh, ich auch. Da kenne ich eine unschlagbare Methode: Setz sie so lange unter Druck, bis sie tun, was du verlangst.“

Ashley lachte, und die Spannung löste sich merklich. Sie unterhielten sich eine Weile über ihre Kindheit, und Ryan gab einige Anekdoten zum Besten. Trotzdem hatte sie die ganze Zeit das Gefühl, als arbeite es in ihm, als suche er nach einer neuen Taktik, sie dazu zu kriegen, nach seiner Pfeife zu tanzen.

Schweigen breitete sich aus. Ryan lehnte sich zurück und streichelte ihr Knie. „Ashley, ich finde immer noch, du solltest mich heiraten“, kehrte er zum Ausgangspunkt ihres Gesprächs zurück.

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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