Julia Exklusiv Band 353

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SERENA UND DER MILLIARDÄR von EMMA DARCY
Sommertage in Brisbane! Verliebt wie noch nie könnte Serena die ganze Welt umarmen, wenn sie nicht befürchten müsste, dass der Multimillionär Nic Moretti nur mit ihr spielt …

ENTSCHEIDE DICH FÜRS GLÜCK von SANDRA FIELD
Während einer Exkursion durch den Regenwald hat die hinreißende Rowan genug Zeit, es sich genau zu überlegen: Soll sie hier in der Karibik ihrem Ex-Mann Brant eine zweite Chance geben, der sie zurückerobern will?

ZU SPÄT: ICH LIEBE DICH! von LIZ FIELDING
Sinnlichkeit, Begierde, Herzen im Gleichklang: Mit Amy verbringt Jake eine heiße Nacht! Am Morgen danach trennen sie sich, denn Jake will von Liebe nichts wissen. Plötzlich erfährt er, dass Amy schwanger ist. Nun steht er vor der wichtigsten Entscheidung seines Lebens …


  • Erscheinungstag 19.08.2022
  • Bandnummer 353
  • ISBN / Artikelnummer 9783751511988
  • Seitenanzahl 512
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Emma Darcy, Sandra Field, Liz Fielding

JULIA EXKLUSIV BAND 353

1. KAPITEL

Alle Achtung, das war wirklich ein millionenschweres Anwesen! Echt Klasse, entschied Serena Fleming anerkennend, während sie den Kleintransporter an weitläufigen, makellos gepflegten Rasenflächen vorbei auf das Architektenhaus zulenkte, das Angelina Gifford, einer Kundin ihrer Schwester, gehörte. Michelles Hundesalon zählte eine ganze Reihe reicher Leute aus dem weiteren Umkreis zu seiner Kundschaft, die den bequemen mobilen Service zu schätzen wussten. Serena hatte deshalb schon viele Villen zu Gesicht bekommen, wenn sie in letzter Zeit die verwöhnten Lieblinge der Besitzer abgeholt hatte, aber keine hatte sie bisher so beeindruckt wie diese.

Michelle hatte ihr erzählt, dass die Grundstücke in dieser Gegend erst vor vier Jahren zur Bebauung freigegeben worden waren. Die Giffords hatten sich zweifellos ein Juwel gesichert – drei Morgen Land auf einer Hügelkuppe gelegen mit Blick auf Terrigal Beach und das Meer.

Nachdem Serena auf dem palmengesäumten Vorplatz geparkt hatte, stieg sie aufgeregt aus dem Wagen. Sie war neugierig, den Mann kennen zu lernen, der das alles entworfen hatte: Nic Moretti, höchst erfolgreicher Architekt und überdies Angelina Giffords Bruder. Da Angelina von ihrem Mann zu einer ausgedehnten Reise nach Übersee entführt worden war, passte der talentierte Nic nämlich gegenwärtig auf das Haus und auf Cleo auf, Angelinas über alles geliebte kleine Terrierhündin, die an diesem Morgen in Michelles Hundesalon einen Termin zum Trimmen und Waschen hatte.

Für Nic Moretti war es augenblicklich sicher sehr praktisch, hier zu wohnen. Zeitungsberichten zufolge hatte er gerade den Zuschlag erhalten, einen Freizeitpark mit verschiedenen Pavillons auf Gemeindeland mit Blick auf Brisbane Water zu bauen. Das Anwesen seiner Schwester lag nur eine halbe Autostunde von dieser Großbaustelle entfernt, so dass er die Arbeiten von hier aus bestens beaufsichtigen konnte.

Serena läutete an der Haustür und wartete. Und wartete. Ungeduldig blickte sie auf die Uhr. Es war schon zehn Minuten über die verabredete Zeit von neun Uhr. Energisch drückte sie erneut auf den Klingelknopf. Aus ihrer Zeit als Friseurin in einem der exklusivsten Salons in Sydney kannte sie es nur zu gut, dass gerade reiche Leute ständig zu spät kamen, aber erwarteten, stets auf der Stelle bedient zu werden. Diese Menschen gingen selbstverständlich davon aus, dass sich die ganze Welt um sie drehte – wie zum Beispiel ihr Exverlobter Lyall Duncan!

Serena dachte gerade ziemlich ärgerlich daran, was genau Lyall von ihr erwartet hatte, als die Haustür unvermittelt aufgerissen wurde.

„Ja?“ donnerte eine tiefe Männerstimme.

Serena verschlug es förmlich die Sprache. Dieser Mann war wirklich ein imposanter Anblick. Unrasiert und nur mit exotischen – oder besser gesagt, erotischen – Boxershorts bekleidet, strahlte sein athletischer Körper eine geradezu aggressive Männlichkeit aus. Serena ertappte sich bei einem Blick in verbotene Regionen, riss sich aber sofort wieder zusammen, schaute auf und begegnete dem Blick funkelnder dunkler Augen.

Das italienische Erbe war unverkennbar. Serena atmete tief ein. „Ich bin Serena von Michelles Hundesalon“, sagte sie fest.

Nic Moretti betrachtete sie genauer, als wollte er sich jede Einzelheit ihres Gesichts einprägen: die blauen Augen, die niedliche Stupsnase, die vollen Lippen, das kleine Grübchen im Kinn, die zarten blonden Haarsträhnen, die sich aus ihrem dicken Zopf gelöst hatten. Langsam ließ er den Blick dann über das enge, taillenfreie Top schweifen, das ihre straffen Brüste betonte, und weiter hinab über die Jeansshorts, die den Blick auf lange, wohlgeformte Beine freigab. Serena hatte plötzlich das unangenehme Gefühl, fast nackt vor ihm zu stehen … obwohl sie tatsächlich wesentlich anständiger bekleidet war als er!

„Kenne ich Sie?“ fuhr er sie förmlich an.

Er wäre ein guter Wachhund, dachte Serena, bevor sie ein heftiger Schreck durchzuckte. Denn tatsächlich hatte sie ihn plötzlich wieder erkannt. „Nein!“ wehrte sie in panischer Hast ab. Auf keinen Fall sollte bei ihm der Groschen fallen, wie er bei ihr soeben gefallen war.

Es lag jetzt ein Monat dazwischen. Ein ganzer Monat, in dem sie hart darum gekämpft hatte, eine höchst verletzende Erfahrung unwiderruflich hinter sich zu lassen. Sie hatte ihre Verlobung mit Lyall gelöst, ihren Job gekündigt, Sydney verlassen und bei ihrer Schwester Zuflucht gesucht. Und nun stand sie ausgerechnet dem „Architekten“ gegenüber, der ganz wesentlich an ihrer veränderten Zukunftsplanung mitgewirkt hatte!

Serena spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen wich. Unwillkürlich ballte sie die Hände zu Fäusten, von dem fast unbändigen Wunsch beseelt, sich auf diesen Mann zu stürzen. Ihre Vernunft sagte ihr natürlich, dass das alles nicht Nic Morettis Schuld sei. Er war lediglich das Instrument gewesen, wodurch ihr vor Augen geführt worden war, wie ihre Zukunft wirklich ausgesehen hätte, wenn sie ihre „Märchenhochzeit“ von Cinderella und ihrem Prinzen wahr gemacht hätte.

Nic Moretti war der Mann gewesen, mit dem sich Lyall an jenem Abend unterhalten hatte. Der Mann, der sich so überrascht darüber geäußert hatte, dass sich der höchst erfolgreiche Baulöwe Lyall Duncan entschieden hatte, sozusagen „unter seinem Rang“ zu heiraten, indem er eine „bloße Friseuse“ zu seiner zukünftigen Frau gewählt hatte. Und Serena hatte auch Lyalls Antwort belauscht, eine Antwort, die ihr die rosarote Brille heruntergerissen und ihr sämtliche Illusionen geraubt hatte.

Der Mann vor ihr hatte diese Antwort natürlich auch gehört, und um einer neuerlichen Demütigung vorzubeugen, hielt Serena Angriff für die beste Verteidigung. „Da ich Sie nicht kenne …“, preschte sie vor.

„Nic Moretti“, warf er mürrisch ein.

„… wüsste ich nicht, woher Sie mich kennen sollten“, fuhr Serena unbeirrt fort. Zwar hatte er sie auf Lyalls Party gesehen, aber sie waren sich nicht direkt vorgestellt worden und sie hatte sich für den Anlass ziemlich aufwendig zurechtgemacht, weshalb es eigentlich unwahrscheinlich war, dass er sie, ungeschminkt und lässig bekleidet wie heute Morgen und in einem so völlig anderen Zusammenhang, wieder erkennen würde. Dennoch schien er von ihren Worten nicht ganz überzeugt und betrachtete sie immer noch nachdenklich.

„Ich möchte Cleo abholen“, sagte sie deshalb geschäftig.

„Cleo?“ wiederholte er zerstreut.

„Den Hund“, antwortete sie ungeduldig.

Nic Moretti verzog verächtlich das Gesicht. „Sie meinen das Monster!“

Eine Antwort, die Serena sofort zum Widerspruch herausforderte. „Einen niedlichen kleinen australischen Langhaarterrier würde ich kaum als Monster bezeichnen“, entgegnete sie von oben herab.

„Niedlich!“ Nic streckte ihr seinen sonnengebräunten muskulösen Unterarm entgegen, den einige hässliche Kratzer zierten. „Schauen Sie, was sie mir angetan hat!“

„Mm …“, Serena begutachtete die Wunden ohne jegliches Mitgefühl, „… was die Frage aufwirft: Was haben Sie ihr getan?“

„Nichts. Ich habe nur versucht, das dumme Ding zu retten“, antwortete er gereizt.

„Wovor zu retten?“

Er verzog das Gesicht. Dieses Kreuzverhör war ihm sichtlich unangenehm. „Eine Freundin hatte sie auf die Wasserrutsche am Swimmingpool gesetzt. Cleo ist ins Wasser gerutscht und schien ziemlich in Panik. Ich bin zu ihr geschwommen, um sie herauszuholen und …“

„Hunde können durchaus schwimmen, wissen Sie“, warf Serena ein.

„Das weiß ich auch“, brummte er ungehalten. „Es war eine Art Reflex von meiner Seite!“

„Und das Kratzen war wohl ein Reflex von Cleo. Es muss sie sehr geängstigt haben, auf der Rutsche keinen Halt zu finden.“

„Es sollte nur ein Spaß sein.“

Serena zog missbilligend die Brauen hoch. „Manche Leute haben eine seltsame Vorstellung von Spaß in Bezug auf Tiere.“

„Ich habe versucht, Cleo zu retten, schon vergessen?“ verteidigte sich Nic. „Und sie hat am Ende nicht geblutet!“

„Da bin ich aber froh. Allerdings sollten Sie vielleicht überdenken, wer hier das Monster ist. Achten Sie darauf, mit wem Sie sich einlassen, und wie diese Leute so genannte ‚niedere Wesen‘ behandeln.“

Dieser bissige Rat war heraus, ehe Serena es verhindern konnte, und er schien Nic Moretti gar nicht zu schmecken. Aber das war ihr egal. Es war höchste Zeit, dass jemand diesem verwöhnten Burschen den Kopf zurechtrückte. Und sie hatte die Schmach noch nicht vergessen, wie abwertend Lyall ausgerechnet mit diesem Mann über sie gesprochen hatte. Ihr arroganter Exverlobter hatte unmissverständlich dargestellt, was er von seiner zukünftigen Frau erwartete und dass er gerade deshalb eine „kleine Friseuse“ gewählt habe, weil sie ihm auf ewig dankbar und in allem ergeben sein würde. Damit hatte er sie, Serena, unbestreitbar als „niederes Wesen“ eingestuft.

Andererseits war es auch nicht klug, Kritik zu übertreiben. Nic Moretti vertrat immerhin eine Stammkundin des Hundesalons, die Michelle sicher nur ungern verloren hätte. Dabei war es völlig unerheblich, ob sie, Serena, diesen supertollen Architekten sympathisch fand oder nicht. Geschäft war Geschäft.

Sie rang sich ein besänftigendes Lächeln ab. „Mrs. Gifford hat für Cleo für heute früh im Hundesalon einen Termin gemacht. Wenn Sie also so freundlich wären, den Hund für mich zu holen …“

„Dieser Hundesalon …“, fiel Nic Moretti ihr ins Wort, „… werden dort auch die Krallen geschnitten, oder muss ich mit ihr dafür zum Tierarzt?“

„Wir stutzen auf Wunsch auch die Krallen, ja.“

„Dann tun Sie es bitte, solange Sie den Hund unter Ihrer Aufsicht haben“, sagte er unwirsch. „Haben Sie eine Leine dabei?“

Serena zog überrascht die Brauen hoch. „Hat Cleo keine eigene?“

„Ich werde mich diesem Hund nicht mehr nähern, bis seine Krallen geschnitten sind!“

„Na gut. Ich hole eine Leine aus dem Wagen.“

Kaum zu glauben, dass ein Mann von seiner Statur sich von einem winzigen Hund ins Boxhorn jagen ließ! Kopfschüttelnd holte Serena eine Leine und eine Tüte mit Leckerlis aus dem Wagen

Der Architekt wartete an der Haustür auf sie. Ihr kleiner Wortwechsel hatte seine Laune offenbar nicht gebessert … oder vielleicht hatte er auch einfach nur einen Kater. Denn ihr Läuten hatte ihn ganz augenscheinlich aus dem Bett geholt.

Serena schenkte ihm ganz bewusst ihr strahlendstes Lächeln. „Bringen Sie mich zu Cleo, oder soll ich warten, bis Sie sie aus dem Haus scheuchen?“

Seine dunklen Augen leuchteten gefährlich auf. „Sie sollen den Spaß haben, sie einzufangen“, sagte er und bedeutete ihr einzutreten.

„Kein Problem“, entgegnete sie lässig. Aber ihr Herz klopfte schneller, als sie an ihm vorbeiging. Nic Morettis männlich erotische Ausstrahlung war allerdings dazu angetan, den Seelenfrieden einer jeden Frau zu bedrohen.

Serena besann sich energisch auf ihre Aufgabe und blickt sich um. Von der prunkvollen Eingangshalle führen zwei Stufen hinab in einen riesigen, offenen Wohnbereich, in dem praktisch jedes einzelne Möbelstück ein ultramodernes Kunstobjekt darstellte. Durch die vollständig verglaste Stirnwand blickte man auf eine große Terrasse, die von Sonnensegeln beschattet wurde. Von einem sprudelnden Whirlpool führte eine Wasserrutsche – besagte Wasserrutsche – hinab zu einem herrlichen Swimmingpool auf einer tieferen Ebene.

Eine Hundehütte war nirgendwo zu sehen, genauso wenig wie der Hund, den Serena abholen sollte. Sie blickte sich fragend nach Nic Moretti um, und musste feststellen, dass sein Blick bewundernd auf ihrem wohlgerundeten Po ruhte.

„Wo könnte Cleo stecken?“ fragte sie schroff, um seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschäftliche zu lenken.

Widerstrebend blickte er auf und antwortete gereizt: „Keine Ahnung. Ich bin gerade erst aus dem Bett gestiegen.“

„Was haben wir denn da?“ mischte sich eine weibliche Stimme in überheblichem Ton aus dem Hintergrund ein.

Alles in Serena sträubte sich bei diesem arroganten Klang. Unwillig blickte sie sich um. Eine junge Frau betrat gerade den Wohnbereich und kam aus dem Teil des Hauses, in dem sich vermutlich die Schlafzimmer befanden. Sie war mit einem aufreizenden kurzen Spitzenneglige in elegantem Austerngrau bekleidet und strich sich träge mit einer Hand durch das lange aschblonde Haar. Groß und gertenschlank, ein amüsiertes kleines Lächeln auf dem Gesicht, schien sie dem Titelblatt eines Modemagazins entsprungen.

„Ah, Justine“, sagte Nic Moretti hörbar erleichtert. „Hast du Cleo gesehen? Dies ist … äh, diese … Dame ist gekommen, um sie zur Pflege abzuholen.“

Er hatte ihren Namen vergessen. Wie typisch! Sie war in seinen Kreisen eben nicht wichtig genug, dass man sich ihren Namen merken musste. Eigentlich hätte sie darüber froh sein sollen, weil es nahe legte, dass er sich auch sonst nicht an sie erinnern würde.

„Pflege!“ Justine verdrehte die Augen. „Schade, dass sie nicht gekommen ist, um dem Monster den Hals umzudrehen! Du hättest das kleine Biest gestern ertrinken lassen sollen, Nic.“

„Angelina würde es mir nie verzeihen, wenn ich es zuließe, dass ihrem Liebling etwas passieren würde“, entgegnete er tadelnd.

„Das Vieh ist offensichtlich grässlich verwöhnt“, lautete die verächtliche Antwort. „Ich habe es übrigens in der Waschküche eingeschlossen. Keine Ahnung, wie du es geschafft hast, bei all dem Jaulen und Winseln vor der Schlafzimmertür gestern Nacht zu schlafen. Mich hat es jedenfalls verrückt gemacht. Und das kleine Biest war so rasend, dass ich es am Halsband packen und am ausgestreckten Arm wegtragen musste.“

Und es dabei fast stranguliert habe! dachte Serena böse.

„Du hättest mich wecken und es mir überlassen sollen“, stieß Nic aus, dem offensichtlich klar wurde, dass er Gefahr lief, zusammen mit Justine als Tierquäler abgestempelt zu werden.

„Damit du mich allein gelassen hättest, um für einen Hund das Kindermädchen zu spielen? Nein danke!“ Justine bedachte Nic mit einem koketten Augenaufschlag. „Es war doch viel besser so … ohne unerwünschte Störung, oder nicht, Darling?“

Nic Moretti räusperte sich etwas befangen. „Also schön, die Waschküche …“ Er bedeutete Serena, ihm zu folgen. „Hier entlang.“

„Pass auf, du findest bestimmt eine ziemliche Schweinerei“, warnte ihn Justine noch. „Ich habe dem Vieh ein übrig gebliebenes Hühnerbein in die Waschküche geworfen, damit es endlich aufhörte zu winseln.“

„Ein Hühnerbein?“ Serena blieb stehen und sah Justine entsetzt an. „Die Knochen könnten dem Hund im Hals stecken bleiben!“

„Kommen Sie, wir wollen uns beeilen“, drängte Nic nun.

Er hatte Recht. Es war nicht der Zeitpunkt, um irgendjemand eine Lektion zu erteilen. Außerdem würde Justine Cleo sowieso keine Träne nachweinen. Aber Nic Moretti wirkte zumindest ehrlich besorgt, als er Serena eilig durch eine ultramoderne Profiküche führte.

„Cleo!“ rief er in Befehlston und betrat eine Art Durchgangsraum, der einen Ausgang zum Garten besaß und mit Regalen für Gummistiefel und Garderobenhaken für Hüte und Regenjacken bestückt war. Ein schrilles Bellen hinter der Waschküchentür ließ Nic aufatmen. Sichtlich erleichtert stieß er die Tür auf, und der kleine Terrier schoss heraus, Nic durch die Beine, an Serena vorbei, ehe diese reagieren konnte, und ab in die Küche.

„Verdammt!“ stieß Nic aus, als er die Bescherung in der Waschküche sah.

Auch ein kleiner Hund konnte, wenn er eingesperrt und zu allem entschlossen war, beachtlichen Schaden anrichten. Serena zog es vor, dazu zu schweigen und sich ganz auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, den Hund zu fangen, dessen hysterisches Bellen jetzt aus dem Wohnzimmer zu kommen schien. Vermutlich hatte er dort die Frau erblickt, die ihn so schlecht behandelt hatte.

„Du schreckliches kleines Monster!“ hörte man Justine kreischen.

Serena zögerte keine Minute und kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Justine nach Cleo trat, die erschrocken zur Seite sprang. „Cleo …“ rief Serena mit schmeichelnder Stimme, kniete nieder, um für den kleinen Hund nicht so erschreckend groß zu wirken, und warf ihm ein Leckerli zu.

Cleo hielt inne, schnüffelte, kam vorsichtig näher und schnappte sich den Leckerbissen. Serena warf einen zweiten, nicht mehr ganz so weit von sich entfernt, dann noch einen und noch einen … und schließlich nahm sich Cleo ein Leckerli direkt aus Serenas Hand und ließ sich sogar hinter den Ohren kraulen. Serena nutzte die Gunst der Stunde, drückte den Hund an sich und trug ihn geradewegs zur Haustür. Nic Moretti folgte ihr bis hinaus zu ihrem Wagen.

„Welche Tür soll ich öffnen?“ fragte er dienstbeflissen.

„Die auf der Fahrerseite. Ich werde Cleo auf den Beifahrersitz setzen, damit ich sie beruhigend streicheln kann. Am Sicherheitsgurt ist ein Hundehalfter angebracht.“

Nic öffnete die Fahrertür und sah zu, wie Serena Cleo das Halfter anlegte. „Sie ist doch okay?“ fragte er besorgt.

„Bereit, jeden Kampf aufzunehmen“, antwortete Serena viel sagend.

„Ich glaube, … Justine ist Hunde nicht gewöhnt.“

„Vielleicht sollten Sie sie öfter anknurren.“ Dieser bissige Rat ließ ihn sichtlich zusammenzucken, aber Serena hatte ihren Vorrat an Diplomatie bereits überstrapaziert. Sie nahm hinter dem Steuer Platz, zog die Tür zu und wandte sich durch das offene Seitenfenster an Nic Moretti. „Normalerweise würde ich Cleo um ein Uhr zurückbringen. Passt Ihnen das?“

„Ja, in Ordnung.“ Er betrachtete sie nachdenklich.

„Wird Ihre Freundin dann noch da sein?“

Seine dunklen Augen blitzten auf. Entschlossen presste er die Lippen zusammen. „Nein, das wird sie nicht“, antwortete er kategorisch.

Was bei Serena ein angenehmes Gefühl von Genugtuung hervorrief. „Schön, dann sehen wir uns um eins.“

Der Kleintransporter bog von der Auffahrt auf die Straße ein und verschwand aus dem Blickfeld. Nic Moretti verwünschte die Art und Weise, wie die freche Kleine am Steuer ihm unter die Haut gegangen war. Eine Hundefriseuse … der die Hunde offensichtlich wichtiger waren als die Menschen. Obwohl er einräumen musste, dass er an diesem Morgen keine besonders beeindruckende Figur abgegeben hatte. Und Justine noch weniger.

Was ihn zu dem ernüchternden Schluss brachte, dass der verächtliche Ausdruck in diesen lebhaften blauen Augen gerechtfertigt gewesen war. Höchste Zeit, sein Handeln neu zu bewerten und sich von Ballast zu befreien, den er sich nur aufgehalst hatte, um in gewissen Kreisen mitzumischen. Es war ein heikler Balanceakt, der ihm oft widerstrebte und auf der Annahme beruhte, dass kein Mensch perfekt war. Und wenn ein Mensch ihm zu irgendeinem Zweck nützlich sein konnte, war es dann so schlimm, wenn er in anderer Hinsicht erhebliche Mängel aufwies?

Tag der Abrechnung … Nic schüttelte den Kopf angesichts der Ironie, dass ausgerechnet eine Hundefriseuse ihn dazu gebracht hatte, die aus dem Nichts über ihn hereingefallen war. Verdammt, er konnte sich nicht einmal an ihren Namen erinnern! Auf dem Lieferwagen hatte „Michelle“ gestanden, aber das war ganz sicher nicht der Name gewesen, den sie ihm genannt hatte.

Außerdem nagte immer noch das Gefühl an ihm, sie schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Obwohl das in Anbetracht ihres Jobs und des Ortes hier an der Central Coast höchst unwahrscheinlich war. Denn normalerweise war Sydney sein angestammtes Jagdrevier. Und davon abgesehen, hätte er diesen kessen Mund und diesen knackigen Po je vergessen können? Beide stellten eine Herausforderung dar, die er ganz gern in den Griff bekommen hätte.

Der letzte Gedanke ließ ihn lächeln.

Offenbar hatte der Kater nach der gestrigen Party seinen Verstand verwirrt. Was sollte er schon mit einer Hundefriseuse gemeinsam haben, abgesehen von der Sorge um Cleos Wohl für die Dauer von Angelinas Abwesenheit? Besser, er nahm jetzt seinen Verstand zusammen, um sich mit Justine zu befassen, die ihm wegen des geliebten Hundes seiner Schwester allmählich auf die Nerven ging. Nein, schlimmer als das. Sie bewies in der Art, wie sie Cleo behandelte, einen Charakterzug, der Nic überhaupt nicht gefiel. Er würde sie nicht noch einmal in dieses Haus einladen.

Mit nachdenklicher Miene rief er sich ins Gedächtnis, wie sie gestern den hilflosen kleinen Hund auf die Wasserrutsche gesetzt hatte. „Hier kommt Gesellschaft für dich, Nic!“ hatte sie ihm zugerufen und hämisch über den ängstlichen Hund gelacht, der verzweifelt versucht hatte, das Bad im Pool zu verhindern.

Nic hatte die ganze Geschichte ziemlich geärgert, nicht zuletzt wegen der schmerzhaften Kratzer, die er davongetragen und die ihn veranlasst hatten, seinen Zorn auf Cleo zu übertragen. Das war ein Fehler gewesen, wie er jetzt begriff. Diese Hundefriseuse hatte ihn mit der Nase auf einige Dinge gestoßen, um die er sich dringend kümmern musste. Da war zuallererst die Einsicht, dass es anscheinend keinesfalls kinderleicht war, auf einen Hund aufzupassen, sondern einige Kenntnisse erforderte, die er nicht besaß.

Zunächst aber musste er sich dem vordringlichen Problem mit Justine stellen. Er fand sie in der Küche, wo sie gerade damit beschäftigt war, die Kaffeemaschine in Betrieb zu setzen.

Nic betrachtete Justine einen Moment lang kritisch. Wollte er die Affäre mit ihr fortführen? Sie hatten ganz gut zueinander gepasst, sowohl im Bett als auch von ihrem sozialen Umfeld her, aber ihre Beziehung war doch eher oberflächlich gewesen. Es war ihnen beiden vor allem darum gegangen, Spaß miteinander zu haben, und Nic konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass der Spaß nun ein Ende hatte.

Justine drehte sich zu ihm um, als er die Küche betrat. „Ah, sie sind weg!“ Sie verdrehte die Augen. „Jetzt haben wir wenigstens für eine Weile Ruhe.“

„Cleo wird um ein Uhr zurückgebracht.“ Nic nahm sich ein Glas und ging zum Kühlschrank, um seinen Kater mit etwas eisgekühltem Wasser zu bekämpfen.

„Es ist doch lächerlich, dass wir unser Leben von einem Hund bestimmen lassen“, meinte Justine gereizt. „Warum gibst du das Vieh nicht in eine Hundepension? Das würde uns diesen ganzen Ärger ersparen, und du könntest …“

„Kommt nicht in Frage“, fiel er ihr sofort ins Wort.

Justine stemmte herausfordernd die Hände in die Taille. „Und warum nicht?“

„Ich habe Angelina versprochen, mich um Cleo zu kümmern.“

„Eine Hundepension ist besser in der Lage, sich um diesen Hund zu kümmern, als du es kannst.“

Das stimmt wahrscheinlich sogar, aber darum geht es gar nicht, dachte Nic, während er das erste Glas Wasser mit großen Schlucken trank. Und außerdem hatte er sich ja bereits entschlossen, einen besseren Umgang mit Cleo zu lernen.

„Deine Schwester muss es ja gar nicht erfahren“, fuhr Justine fort, als er schwieg.

„Aber ich würde es wissen. Versprochen ist versprochen.“

„Was ein Mensch nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“

Nic goss sich ein zweites Glas Wasser ein. „Zählt das zu den Prinzipien, nach denen du lebst?“

„Es erspart einem viel Ärger.“

„Wirklich? Mir scheint, dass man, im Gegenteil, doppelt Ärger bekommt, wenn die Leute herausfinden, was man versucht hat vor ihnen zu verheimlichen.“ Er trank auch das zweite Glas in wenigen Schlucken leer, wobei er sich fragte, in wie vielen Dingen Justine ihn wohl hinters Licht geführt haben mochte.

Justine streckte beschwörend die Hände aus. „He, du kannst dir doch nicht im Ernst wünschen, für die nächsten beiden Monate an dieses nervtötende kleine Biest gebunden zu sein.“

„Ich werde lernen, mit Cleo zurechtzukommen“, erwiderte er gelassen.

„Schön, aber ich nicht!“ stieß Justine wütend aus. „Ich werde nicht noch eine weitere Nacht hier verbringen, wenn der verdammte Köter vor der Schlafzimmertür winselt und jault!“

„Dann schlage ich vor, dass du gleich deine Sachen packst und gehst, denn der Hund bleibt. Bei mir.“

Sie sah ihn wie vom Donner gerührt an.

Nic stellte sein Glas auf die Anrichte. „Und am besten verschwindest du vor ein Uhr“, fügte er ungerührt hinzu. „Wenn du mich jetzt entschuldigst … ich muss die Schweinerei in der Waschküche sauber machen.“

Er war schon fast zur Tür hinaus, als Justine die Sprache wiederfand. „Du willst wirklich, dass ich gehe? Dieser elende kleine Köter ist dir wichtiger, als ich es bin?“ fragte sie fassungslos.

Nic blieb auf der Schwelle stehen und blickte zurück. Er sah nichts, was seinen Entschluss hätte ins Wanken bringen können. „Vielleicht wird es dem Hund weniger elend sein, wenn du fort bist.“

„Ach verdammt!“ Justine stampfte wütend mit dem Fuß auf.

Nic spürte, dass sie kurz davor stand, ihm eine hysterische Szene zu machen, und wartete erst gar nicht darauf. Und sollte ihr in den Sinn kommen, ihm in die Waschküche zu folgen, würde er ihr einen Putzlappen reichen und sie auffordern, die Folgen ihres unüberlegten Handelns selber zu beseitigen. Spätestens dann würde er sie im Nu los sein.

Justine folgte ihm natürlich nicht.

Als Nic in der Waschküche schließlich fertig war, hatte sie gepackt und war verschwunden, ohne ihm auf Wiedersehen zu sagen. Er hörte noch, wie sie die Haustür hinter sich zuschlug. Sekunden später heulte der Motor ihres Cabrios auf, und der Wagen fuhr mit quietschenden Reifen davon. Dann kehrte wieder Ruhe ein.

Nic goss sich eine Tasse Kaffee ein und überlegte, dass er zumindest hätte versuchen können, bei Justine um etwas Verständnis zu werben. Cleo war nicht einfach irgendein Haustier für Angelina, sondern eher so etwas wie ein Kinderersatz, dem sie all die Liebe zuteil werden ließ, die sie so gern einem Kind geschenkt hätte, das ihnen leider verwehrt geblieben war.

Allein der Gedanke, Cleo in eine Hundepension abzuschieben … Nic schüttelte den Kopf. Angelina würde ihm das niemals verzeihen. Und sie würde es natürlich erfahren. Cleo hatte jeden Montagmorgen in dem Hundesalon einen Termin. Er hatte das in seinem verkaterten Kopf nur vergessen, erinnerte sich jetzt aber, dass es auf der Liste mit Anweisungen für die Pflege des Hundes stand, die Angelina ihm hinterlassen hatte. Wenn diese Termine nicht eingehalten würden, würde seine Schwester das sicher nach ihrer Rückkehr von Michelle erfahren.

Außerdem war ein Versprechen heilig, wie er Justine gesagt hatte. Wenn sie das nicht respektieren konnte, war er ohne sie ganz bestimmt besser dran. Ihre Neigung zur Grausamkeit tat ein Übriges, seine Leidenschaft für Justine Knox abzukühlen. Ein Glück, dass ich sie los bin! dachte er und trank seinen Kaffee aus.

Duschen, rasieren und ein paar Stunden sinnvoll arbeiten in dem Raum, den er für die Dauer seines Aufenthaltes in der Villa zu seinem Arbeitszimmer erkoren hatte … dann würde er sich wieder als Herr der Lage fühlen, wenn die Hundefriseuse um ein Uhr kam, um Cleo zurückzubringen.

„Was bist du jetzt für ein schöner Hund!“ flötete Michelle sanft, wobei sie Cleos silbergraues seidiges Fell mit dem Föhn den letzten Schliff gab.

Der Hund blickte mit seinen seelenvollen braunen Augen treuherzig zu Michelle auf, die die Angewohnheit hatte, unaufhörlich mit ihren vierbeinigen Kunden zu reden, während sie sie einer Behandlung unterzog. Cleo hatte an diesem Morgen das ganze Programm durchlaufen: Trimmen der Krallen und des Fells, Säuberung der Ohren und Augen, Fellwäsche mit Shampoo, Festiger und Föhnen.

„Du kannst ihr jetzt die rosa Schleife umbinden, Serena“, sagte Michelle und ging, ihren nächsten Kunden zu holen, einen kleinen Malteser, der brav mit den anderen Hunden in der Reihe saß und Michelle bei der Arbeit zusah.

„Ich weiß nicht, ob Nic Moretti die rosa Schleife auch zu schätzen weiß“, meinte Serena spöttisch, schnitt aber von der Rolle im Regal ein entsprechendes Stück Band ab.

Michelle warf ihr einen strengen Blick zu. „Kein Tier verlässt diesen Salon ohne seine Schleife. Das ist das i-Tüpfelchen. Cleo weiß das und erwartet es. Sie würde durcheinander sein, wenn man ihr die Schleife plötzlich vorenthalten würde. Richte das Angelinas Bruder von mir aus. Wenn er mit dem Hund klarkommen will, darf er sein Gespür für richtig und falsch nicht verletzen.“

Serena wusste, dass kaum einer so gut mit Hunden umgehen konnte wie ihre Schwester, deshalb nahm sie ihren Rat widerspruchslos an. Aber würde Nic Moretti das auch tun? Die Vorstellung, ihm erneut gegenüberzutreten, weckte gemischte Gefühle in ihr. Allerdings hielt es sie es angesichts ihrer veränderten Lebensumstände inzwischen eher für unwahrscheinlich, dass Nic Moretti sie als Lyall Duncans Exverlobte wieder erkennen würde. Und außerdem war sie schon neugierig zu erfahren, ob er zum Schutz des ihm anvertrauten Hundes seine verwöhnte Gespielin losgeworden war.

Lächelnd band Serena Cleo die Schleife um. „Fein siehst du aus“, sagte sie dabei in schmeichelndem Ton, wobei der kleine Hund begeistert hoch hüpfte und ihr das Kinn leckte. Cleo hatte offensichtlich in letzter Zeit viel zu wenig Zuneigung und Lob erfahren, und Serena entschloss sich, dem Rat ihrer Schwester noch einige klare Worte hinzuzufügen. Ihr Lächeln wurde breiter. Sie würde Nic Moretti eine Lektion erteilen, die der arrogante Kerl so bald nicht vergessen sollte! „Ich bin jetzt weg“, rief sie Michelle zu und nahm Cleo von der Bank hoch.

„Gut. Vergiss nicht auf dem Rückweg Muffy in Erina abzuholen.“

„Keine Sorge.“

Es war zwanzig Minuten vor eins. Als Serena Cleo mit dem Hundehalfter auf dem Beifahrersitz sicherte, ging ihr wieder einmal durch den Kopf, wie angenehm es doch war, nicht in der Stadt zu wohnen. Obwohl Michelles Fünf-Hektar-Besitz auch nicht gerade draußen auf dem Land lag, war er doch groß genug, um einem das Gefühl von wirklicher Weite und Freiheit zu vermitteln, und für das Geschäft gerade nahe genug an dicht bevölkerten Bezirken wie Gosford, Erina, Wamberal und Terrigal.

Der Hundesalon war in einer Scheune hinter dem Haus untergebracht, und der dazugehörige Parkplatz nahm einigen Platz weg. Dennoch war noch genügend Land übrig, so dass Michelles siebenjährige Tochter ein eigenes Pony halten konnte, das sie jeden Tag ritt, wenn sie von der Schule nach Hause kam. Alles in allem fand Serena, dass ihre verwitwete ältere Schwester Fantastisches geleistet hatte, indem sie ein eigenes Geschäft auf die Beine gestellt hatte, ohne Erin zu vernachlässigen. Allerdings schien sie sich fast zu sehr mit ihrem Leben als allein erziehende Mutter angefreundet zu haben. Fühlte sie sich zu verletzlich, um eine neue Beziehung zu wagen?

Michelle war mit zweiunddreißig nur vier Jahre älter als sie, Serena, und immer noch sehr attraktiv. Hellbraunes Haar, große dunkle Augen und eine gertenschlanke Figur ließen sie frisch und jugendlich wirken. Vielleicht fehlte ihr einfach die Gelegenheit, auszugehen und jemanden kennen zu lernen. Aber das ließ sich ja jetzt ändern, wo sie, Serena, hier war, um auf ihre Nichte aufzupassen.

Andererseits war das Leben ohne Mann zugegebenermaßen auch um einiges unkomplizierter! Vielleicht waren sie und ihre Schwester ja beide allein besser dran.

Nachdenklich setzte Serena sich hinters Steuer und machte sich auf den Weg zur Villa der Giffords. Zweifellos fing sie allmählich an, dieses völlig andere Leben zu genießen. Sie stand nicht mehr unter dem Druck, sich jeden Tag von Kopf bis Fuß perfekt stylen zu müssen, um dem exklusiven Image von Tys Salon gerecht zu werden, und sie musste auch nicht mehr in gewissen Gesellschaftskreisen mithalten.

Von jetzt an wollte sie nur noch sie selbst sein. Für niemanden mehr wollte sie eine Rolle spielen. Nic Moretti eingeschlossen. Reichtum, Erfolg und gutes Aussehen waren zwar ganz gut und schön bei einem Mann, aber sie würde sich davon nicht noch einmal blenden lassen und in Zukunft stets genau hinterfragen, was für ein Mensch sich dahinter verbarg. Und sie würde sich nicht verbiegen, um einem Mann zu gefallen, nur weil er vielleicht attraktiv war.

Attraktiv war nicht das passende Wort. Atemberaubend sexy traf es eher. Eine Frau musste schon blind sein, um es nicht zu bemerken.

Aber Snobismus ist überhaupt nicht sexy, rief Serena sich energisch ins Gedächtnis. Und deshalb würde sie sich von Nic Morettis Sexappeal nicht erweichen lassen. Im Gegenteil, es würde ihr richtig Spaß machen, ihm noch einmal unter die Haut zu gehen. Denn ihr war das Aufleuchten in seinen dunklen Augen keineswegs entgangen. Es würde eine süße Rache dafür sein, wie er mit Lyall über sie gesprochen hatte.

2. KAPITEL

Pünktlich um ein Uhr läutete Serena an der Haustür der Villa der Giffords. Würde Nic Moretti sie wieder warten lassen? Sie hatte ihm gesagt, wann sie Cleo zurückbringen würde, so dass es eine Frage der Höflichkeit war, ihr prompt zu öffnen.

Serena überlegte sich schon einige treffende Bemerkungen hinsichtlich des Wertes ihrer Zeit, als die Tür unerwartet aufging und der Mann vor ihr stand. Diesmal war er vollständig bekleidet, und sein Anblick ließ ihr Herz sofort schneller schlagen. Sein dichtes schwarzes Haar schimmerte, seine dunklen Augen blitzten, sein markantes Kinn war glatt rasiert. Verdammt, dieser Bursche war wirklich der Traum einer jeden Frau!

Er trug blütenweiße Shorts und ein blau-weißes Sporthemd und schenkte Serena ein strahlendes Lächeln. „Hallo. Schön, Sie wieder zu sehen“, begrüßte er sie so freundlich, dass sie all ihren Groll gegen ihn augenblicklich vergaß.

„Hi“, antwortete sie heiser und wünschte sich, sie hätte sich etwas mehr zurechtgemacht. Zu spät. Nicht sehr geistreich fügte sie hinzu: „Hier ist Cleo.“

Nic Moretti blickte lächelnd auf den kleinen Hund hinunter. „Ja, und sie sieht sehr … feminin aus.“

Im Gegensatz zu ihr? Aber nein, er meinte natürlich nur die rosa Schleife. Reiß dich zusammen! ermahnte Serena sich energisch.

„Ich nehme an, Sie haben ihr auch die Krallen gestutzt?“

„Selbstverständlich, das gehört mit zur Pflege.“ Serena beugte sich herab, um Cleo von der Leine zu lassen. Ihr Herz pochte wie wild, und es machte sie verlegen, dass dieser Mann sie wieder so aus der Fassung brachte. Unter diesen Umständen war es sicherer, den Hund in seine Obhut zu geben und so schnell wie möglich den Rückzug anzutreten.

Sie fummelte an dem Karabinerhaken herum, denn die kleine Terrierhündin wand sich ungeduldig und konnte es gar nicht erwarten, frei zu sein. Endlich hatte Serena es geschafft. Die Leine in der Hand, richtete sie sich mit geröteten Wangen auf und erklärte etwas unnötig: „So, jetzt gehört sie ganz Ihnen.“

Woraufhin Cleo wie von der Tarantel gestochen ins Haus schoss und dabei wie verrückt bellte.

Nic Moretti verzog hilflos das Gesicht. „Was ist nun schon wieder in sie gefahren?“

Damit servierte er Serena die Gelegenheit sozusagen auf dem Silbertablett, und sie konnte nicht widerstehen. „Ist Ihre Freundin noch hier?“

„Nein. Sie ist schon vor einigen Stunden gegangen“, antwortete er, wobei er besorgt auf das wilde Bellen im Haus lauschte.

„Nun, ich vermute, Cleo sucht überall im Haus, ob sie noch da ist.“

Seine Miene wurde noch nachdenklicher. „Ich glaube, ich könnte etwas Hilfe gebrauchen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, für ein paar Minuten hereinzukommen?“ Er trat einen Schritt zur Seite und machte eine einladende Geste.

Serena zögerte. Es passte ihr gar nicht, dass ihre Dienste anscheinend als selbstverständlich betrachtet wurden, nur weil sie am Morgen über ihren eigentlichen Auftrag hinaus geholfen hatte. Sie war nicht Morettis „Mädchen für alles“ und hatte ganz bestimmt nicht vor, ihm Anlass zu geben, das zu denken. Deshalb verschränkte sie die Arme und nahm eine sichtlich ablehnende Haltung an. „Mr. Moretti …“

„Nic“, warf er mit einem entschuldigenden Lächeln ein. „Verzeihen Sie, aber ich habe heute Morgen leider Ihren Namen nicht richtig mitbekommen.“

„Serena.“ Was ihm nicht bekannt vorkommen konnte, weil Ty damals entschieden hatte, dass es zu dem exklusiven Image seines Salons besser passen würde, sie „Renée“ zu nennen. Und Lyall hatte sie auch immer so genannt, weil er sie als Stammkunde in Tys Salon kennen gelernt hatte. „Serena Fleming. Und ich muss noch einen anderen Hund abholen, also …“

„Bitte …“ Ein besonders schrilles Kläffen aus dem Wohnzimmer direkt hinter ihm ließ ihn verstummen. Er blickte sich um. „Ach herrje!“

Nic ließ Serena einfach an der Haustür stehen und eilte davon. Ihre Neugier war stärker als ihre Vorbehalte, was Nic Moretti betraf. Außerdem hatte er sie schließlich eingeladen. Sie betrat also den offenen Eingangsbereich der Villa und sah die Bescherung. Auf den polierten Holzdielen des Wohnzimmers, genau da, wo die Hexe am Morgen nach Cleo getreten hatte, breitete sich eine große Pfütze aus. Die kleine Terrierhündin sprang zurück und wedelte triumphierend mit dem Schwanz.

Serena seufzte. Aus der Küche hörte sie Wasser rauschen. Kurz darauf kam Nic Moretti mit einem Eimer und einem Aufnehmer zurück.

„Warum hat sie das gemacht?“ fragte er gereizt. „Sie weiß ganz genau, wo die Hundeklappe nach draußen ist, und benutzt sie sonst immer.“

„Der Instinkt ist gelegentlich stärker als antrainiertes Verhalten“, erwiderte Serena. „Cleo hat sich soeben ihr Territorium von ihrem Feind zurückgeholt.“

„Ihrem Feind?“ wiederholte er verständnislos.

„Nun, ich vermute, dass an dieser Stelle der Duft Ihrer Freundin am stärksten war. Jetzt hat Cleo ihn wirkungsvoll ausgelöscht.“

„Das kann man wohl sagen!“ Nic ging in die Knie und machte sich daran, die Pfütze aufzuwischen.

Bewundernd ließ Serena den Blick über seine muskulösen Beine und den überaus knackigen Po schweifen. Sie lächelte unwillkürlich beim Anblick dieses atemberaubenden Mannes, der hier auf Händen und Knien eine Arbeit verrichtete, die man normalerweise eher von einer Frau erwartet hätte. Ihre Minderwertigkeitsgefühle verflüchtigten sich.

„Sehen Sie, was ich meine?“ fragte Nic brummig. „Ich habe ein Problem.“

„Das sich aber leicht lösen lässt“, antwortete Serena heiter. „Und Sie machen das sehr gut.“

„Das ist es doch nicht allein …“ Er blickte auf, bemerkte ihr belustigtes Lächeln und seufzte frustriert. „Offensichtlich brauche ich einen Hundepsychologen, der mir erklärt, warum der Hund Amok läuft.“

„Sie können ja versuchen, bei ‚Harrys Sprechstunde‘, der Tierarztsendung im Fernsehen, anzurufen. Vielleicht haben Sie Glück und kommen durch.“

„Nach meinem bisherigen Eindruck sind Sie genau die Person, die ich will“, antwortete Nic, warf den Aufnehmer in den Eimer, stand auf und sah sie eindringlich an.

Serena konnte nicht leugnen, dass ihr Herz ein wenig schneller schlug bei der Vorstellung, dass dieser Mann sie „wollte“, auch wenn sich das nur auf eine beratende Funktion bezog. Was ihr aber die Führungsposition zuweisen würde. Sie wäre der Boss. Eine verlockende Vorstellung. Nur, dass es ihr nicht lag, sich als etwas auszugeben, was sie nicht war. „Ich bin keine qualifizierte Hundepsychologin.“

„Aber Sie wissen, wie ein Hund denkt und reagiert“, beharrte er.

„Na ja, mehr oder weniger“, wiegelte sie ab und wandte sich zur Tür. Denn plötzlich war ihr klar geworden, dass er gar nicht sie wollte, sondern lediglich die für ihn einfachste Lösung suchte. Er wollte sie sich zu Nutze machen, was sie ungefähr auf eine Ebene mit einem Dienstboten stellte … und sie hatte keineswegs die Absicht, Nic Morettis diensteifrige Sklavin zu werden. „Ich muss jetzt wirklich los. Die Besitzerin von Muffy erwartet mich.“

„Warten Sie! Ich werde Sie auch bezahlen.“

Typisch. Leute wie er glaubten, dass sich mit Geld alles kaufen ließ. „Ich habe Termine. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen …“

„Wann sind Sie heute mit der Arbeit fertig?“ fiel er ihr entschlossen ins Wort.

Sie sah ihn nachdenklich an. „Worauf wollen Sie hinaus?“

„Wenn Sie mich von Ihrer Fachkenntnis profitieren lassen würden … sagen wir, eine Stunde oder so?“

„Heißt das, Sie bitten um eine Beratung?“

„Ja. Ich bezahle, was immer Sie verlangen.“

Serena hörte den verzweifelten Unterton in seiner Stimme und überschlug rasch, was sie verlangen konnte. Eine Stunde Arbeit in Tys Salon wurde den Kunden mit über einhundert Dollar in Rechnung gestellt. Allerdings war sie natürlich als Friseurin erfahren und konnte eine jahrelange Ausbildung vorweisen. Was die Verhaltenspsychologie bei Hunden betraf, war sie dagegen eine ausgemachte Amateurin. Nur wusste Nic Moretti das nicht, und man verschaffte sich nicht gerade Respekt, wenn man sich zu billig verkaufte. „Siebzig Dollar die Stunde“, sagte sie fest.

„Schön.“ Er zuckte bei der Nennung des Honorars nicht einmal mit der Wimper. „Können Sie heute Abend kommen?“

Unter diesen Umständen würde sie sich besonders sorgfältig zurechtmachen müssen, um ihr Selbstbewusstsein mit einem professionellen Auftreten zu untermauern. „Würde Ihnen halb acht passen?“

„Großartig!“ Nic Moretti atmete erleichtert auf.

Er musste wirklich sehr verzweifelt sein. Es war ein erhebendes Gefühl für Serena, dass dieser Mann sie fast anflehte, ihn von ihrem Wissen profitieren zu lassen. Eines war klar: Heute Nachmittag würde sie Michelles Wissen anzapfen müssen, damit Nic Moretti das horrende Honorar ihrer Beratung angemessen finden würde! Sie winkte ihm freundlich lächelnd zu. „Jetzt muss ich aber wirklich los. Wir sehen uns um halb acht.“

Der Handel war abgeschlossen. Sehr zu ihrem Vorteil. Was ihr weitere Genugtuung versprach.

Nic sah Serena nach, wie sie zur Tür hinaus und zum Wagen zurückging, wobei sein Blick auf ihrem reizvollen Po in den engen Jeansshorts ruhte. Ein triumphierendes Lächeln huschte über sein Gesicht, denn er glaubte, diese Runde gegen die kesse Miss Serena Fleming gewonnen zu haben. Heute Abend würde ihr Verstand ihm zu Diensten sein, und vielleicht … nur vielleicht … würde sie sich genug entspannen, um ihm auch auf ganz andere Weise entgegenzukommen.

Auch wenn ziemlich offensichtlich war, dass Miss Fleming ihn nicht leiden konnte. Was nicht dem entsprach, wie Frauen normalerweise auf ihn reagierten. Und obwohl er sich alle Mühe gegeben hatte, sein miserables Auftreten vom Morgen wieder gutzumachen, war sie bei ihrer Ablehnung geblieben – bis er angeboten hatte, sie für ihre Beratung zu bezahlen. Ziemlich sicher hatte sie ihn mit ihrer Honorarforderung übers Ohr gehauen und viel zu viel verlangt. Und vermutlich erwartet, dass er ablehnen würde.

Doch das Geld war ihm nicht wichtig. Nic hatte ihre Herausforderung angenommen und Serena Fleming gezwungen, nach seiner Pfeife zu tanzen. Das Gefühl, die Oberhand behalten zu haben, versetzte ihn in so gute Laune, dass er sogar den kleinen Terrier anlächelte, der ihm bis dahin nichts als Ärger eingebracht hatte. „Wer weiß? Vielleicht bist du ja doch zu etwas gut, Cleo“, sagte er neckend.

Die kleine Hündin wedelte eifrig mit ihrem Stummelschwanz.

Ermutigt durch diese positive Reaktion, machte Nic einen weiteren Versuch, sein Verhältnis zu Cleo zu verbessern. „He, es ist Mittagszeit“, ahmte er den sanften Ton nach, in dem Serena mit dem Hund gesprochen hatte. „Wie wär’s mit einer Portion Hühnchen, Cleo?“

Hühnchen war laut Angelina das Zauberwort, mit dem sich ihr kleiner Liebling stets aufheitern und besänftigen ließ. Schwanzwedelnd lief Cleo zum Kühlschrank.

Nic, der ihr gefolgt war, löste sorgfältig das Hühnchenfleisch von den Knochen, füllte den Fressnapf und stellte ihn Cleo hin. Die Hündin schlang ihr Lieblingsfressen hinunter, wandte sich dann dem Wassernapf zu und trank ausgiebig, bevor sie ins Wohnzimmer davontrottete, in ihr Körbchen sprang und sich zufrieden zusammenrollte. Verwundert schüttelte Nic den Kopf. Vielleicht brauchte er Serena Flemmings Rat ja gar nicht. Vielleicht war nur Justine das Problem gewesen.

Aber wie sollte er ihr nächtliches Winseln abstellen? Angelina und Ward erlaubten Cleo, auf ihrem Bett zu schlafen, und duldeten es lachend, dass sich der kleine Hund zwischen sie kuschelte. Für Nic aber kam es überhaupt nicht in Frage, mit einem Hund das Bett zu teilen. Sein Pflichtgefühl hatte Grenzen, und wenn es ihm tatsächlich gelingen sollte, Serena Fleming in sein Bett zu locken, wollte er ganz bestimmt nicht von einem eifersüchtigen Hund gestört werden.

Die Frage war, wie er die lebhafte kleine Blondine überreden konnte, ihm für die nächsten zwei Monate Gesellschaft zu leisten. Nic ging zum Kühlschrank zurück, um erst einmal zu erkunden, was für ihn noch als Mittagessen übrig war. Sein Appetit war in vieler Hinsicht geweckt, und der Anblick einer Flasche Chardonnay brachte ihn darauf, dass es vielleicht keine schlechte Taktik wäre, seinem Gast heute Abend ein Glas Wein anzubieten.

Ja, der Gedanke, hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, reizte ihn immer mehr. Eine begehrenswerte Frau fürs Bett und eine Hundeexpertin, die ihm bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite stand – ganz bestimmt eine Herausforderung, der sich zu stellen lohnte!

„Siebzig Dollar!“ Michelle sah Serena ungläubig an.

„Ich halte nichts davon, sich zu billig zu verkaufen“, meinte Serena. „Das ist eine Frage der Psychologie. Je mehr du die Leute bezahlen lässt, desto mehr glauben sie, dass sie etwas ganz Besonderes bekommen. Ty hat mir das beigebracht.“

Ihre Schwester betrachtete sie skeptisch. „Und was ist das Besondere, das du Nic Moretti für seine siebzig Dollar geben willst?“

„An dem Punkt kommst du ins Spiel. Ich brauche von dir so viele Tipps zur Lösung von Hundeproblemen wie möglich. Dafür teile ich das Honorar mit dir.“

Michelle seufzte. „Schön, ich sage nicht nein. Aber ich befürchte, dass du dich einem Risiko aussetzt, Serena.“

„Wieso sollte ich, wenn ich doch gut vorbereitet sein werde?“

„Mir ist nur gerade eingefallen, was Angelina Gifford über ihren Bruder gesagt hat. Sie rechnete nämlich fest damit, dass Cleo ihn anbeten würde, weil es einfach kein weibliches Wesen gäbe, das nicht verrückt nach Nic wäre.“

„In die Falle tappe ich bestimmt nicht“, versicherte Serena ihrer Schwester. „Ich möchte den Kerl nur ein bisschen schröpfen, weil er genauso arrogant wie Lyall Duncan ist. Allerdings will ich fair sein und ihm für sein Geld auch etwas geben.“

„Hm, du bist gerade erst durch einen reichen, begehrten Junggesellen tief verletzt worden. Sei lieber vorsichtig.“

„Michelle! Ich mag ihn ja noch nicht einmal!“

„Er reizt dich, das ist viel gefährlicher als bloß ‚mögen‘.“

„Ach, lass es gut sein! Es geht nur um eine Stunde, und ich brauche deine Hilfe.“

„Also schön. Warten wir es ab, ob es dir gelingt, dich ganz auf die Aufgabe zu konzentrieren.“

Ich werde Nic Moretti keinesfalls nahe genug an mich herankommen lassen, dass er mich verletzen könnte, schwor sich Serena insgeheim.

Den Rest des Nachmittags sammelte sie von Michelle so viele Ratschläge wie irgend möglich, um Nic Moretti mit der Masse ihres Wissens beeindrucken zu können. Bewunderung, Respekt, Dankbarkeit … das wollte sie auf seiner Seite bewirken. Balsam für ihren verletzten Stolz.

Ihr Stolz veranlasste sie auch, sich für diesen Abend so sorgfältig wie möglich zurechtzumachen. Allerdings lag es nicht in ihrer Absicht, in irgendeiner erotischen Hinsicht zu beeindrucken. Kein Parfüm. Kein aufwendiges Make-up. Lediglich ein Hauch von rosa Lippenstift. Das blonde Haar trug sie offen und nahm nur die Seitenpartien zurück und hielt sie mit einer Spange fest, was gepflegt und ordentlich wirkte. Bei der Kleidung entschied sie sich für zwanglose Eleganz und wählte eine türkisblaue Baumwollhose kombiniert mit einer taillierten weißen Bluse, die mit kleinen Blümchen in Rosa, Türkis und Purpur bedruckt war. Die Accessoires waren in dezentem Dunkelblau gehalten: eine schlichte Uhr, Sandaletten und eine kleine Schultertasche. Dieses geschäftsmäßige Outfit konnte wirklich bei niemandem, nicht einmal bei ihrer misstrauischen Schwester, den Eindruck erwecken, sie sei auf Männerfang aus.

Michelle und Erin saßen im Wohnzimmer, unverkennbar Mutter und Tochter … die gleichen zarten Gesichtszüge, die gleiche hellbraune Pagenfrisur, beide mit Bluejeans und einem roten T-Shirt bekleidet. Serena winkte ihnen von der Tür aus zu. „Ich bin jetzt weg.“

„Du siehst sehr hübsch aus, Tante Serena“, bemerkte ihre kleine Nichte.

„Zum Fressen hübsch“, warf Michelle bezeichnend ein. „Nimm dich in Acht vor dem großen bösen Wolf!“

„Ach Mummy!“ wehrte Erin kichernd ab. „Sie hat doch gar kein rotes Käppchen auf.“

„Und außerdem bin ich gegen Wölfe gefeit“, verkündete Serena überzeugt.

Zwanzig Minuten später, als Nic Moretti sie hereinbat, regten sich bei Serena erste Zweifel, denn er wirkte plötzlich sehr gefährlich, bekleidet mit engen schwarzen Jeans und einem weißen Hemd, dessen offener Kragen einen kleinen Blick auf seinen gebräunten Oberkörper erlaubte, den sie am Morgen in seiner vollen männlichen Schönheit hatte bewundern dürfen. Glücklicherweise war Cleo ebenfalls mit zur Tür gekommen. Serena beugte sich herab, kraulte die kleine Hündin hinter den Ohren und begrüßte sie ausgiebig. Sie musste sich ganz auf Cleo konzentrieren, egal, wie attraktiv Nic Moretti auch sein mochte!

Als sie sich jedoch wieder aufrichtete, rutschte der oberste Knopf ihrer Bluse aus dem Knopfloch und verhalf ihrem Gegenüber zu einem vorzüglichen Einblick in ihr Dekollete. Was er schamlos ausnutzte. Und womit die Chance zunichte gemacht war, diese Begegnung auf einer rein professionellen Basis zu gründen.

Serena seufzte frustriert, wodurch sich ihr Busen hob und der Ausschnitt unbeabsichtigt noch größer wurde. Verlegen zog sie die Bluse vorn wieder zusammen. „Verzeihen Sie. Diese neuen Baumwollstretchstoffe bergen anscheinend gewisse Gefahren“, sagte sie steif und knöpfte den Knopf energisch wieder zu.

Nic Moretti zwinkerte ihr bezeichnend zu, was ihr Blut erst recht in Wallung geraten ließ. „Diesen Knopf müsste man eigentlich als erotisches Accessoire einordnen“, sagte er belustigt.

„Als solches war er nicht gedacht“, entgegnete sie schroff.

„Vielleicht lassen Sie ihn besser offen. Die Versuchung, ständig hinzublicken, ob er vielleicht wieder aufspringt, könnte zu groß für mich sein.“

„Das ist doch lächerlich!“ Serena gab sich redlich Mühe, die Situation im Griff zu behalten. „Warum flirten Sie mit mir?“

Er lachte. „Weil es Spaß macht. Können Sie nicht einfach etwas Spaß genießen, Serena?“

„Dies ist ein geschäftlicher Besuch“, beharrte sie.

Er betrachtete sie amüsiert. „Bedeutet das, dass Sie so zugeknöpft sein müssen?“

„Ach, geben Sie es dran!“ Sein Mangel an Respekt machte sie wütend. „Wenn Sie unbedingt so unmöglich sein müssen, dann beenden wir die Beratung am besten hier und jetzt!“

Ihr aufgebrachter Ton veranlasste Cleo, wild zu bellen.

„Schon gut, Entschuldigung.“ Nic hob beschwichtigend die Hände. „Ich war ja nur so erleichtert, dass Sie wirklich gekommen sind.“

Serena, der nicht entging, dass seine Augen immer noch amüsiert funkelten, wandte sich dem aufgeregten Hund zu. „Ist ja gut“, sagte sie in sanftem Ton. „Solange dein Herrchen sich benimmt.“

„Heute Nachmittag hat sie mir überhaupt keine Probleme gemacht“, meinte Nic.

„Dann brauchen Sie mich gar nicht.“

„O doch!“ widersprach er sofort so heftig, dass Serena ihn unwillkürlich wieder ansah. Der Blick seiner dunklen Augen war jetzt eindringlich und entschlossen. „Die Nächte sind schlimm. Sehr schlimm. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, was ich meine.“

Er bedeutete ihr einzutreten, und sie folgte seiner Aufforderung, erleichtert, dass man endlich auf den geschäftlichen Grund ihres Besuchs zu sprechen kam. So selbstbewusst wie möglich begleitete sie Nic Moretti durch die Eingangshalle der Villa, obwohl sie sich an seiner Seite seltsam zart und verletzlich vorkam.

Es durchzuckte sie heiß, als Nic ihren Ellbogen umfasste, um sie in die Richtung zu führen, wo sie am Morgen die Schlafzimmer vermutet hatte. „Wo wollen wir hin?“ fragte sie argwöhnisch.

„Sie sollen sich den Schaden ansehen, damit Sie verstehen, was für ein Problem ich habe“, antwortete Nic gelassen.

„Den Schaden, okay“, stimmte sie zu, wobei sie sich seinem Griff entzog.

Er sah sie spöttisch von der Seite an. „Haben Sie ein Problem damit, wenn man Ihnen nahe kommt?“

„Nur wenn es ohne meine Erlaubnis geschieht“, antwortete sie spitz.

„Ich werde es mir merken.“ Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Wenn Sie immer noch nervös sind wegen des Knopfes …“

„Ich bin nicht nervös!“ widersprach sie heftig, konnte es sich aber kaum verkneifen, an sich hinabzublicken und sich zu vergewissern, dass der Knopf immer noch zu war.

„Schön“, sagte Nic eine Spur zu zufrieden. „Es ist mir auch viel lieber, wenn Sie ganz entspannt sind.“

Sie befanden sich jetzt in einem breiten Korridor. Zur Südseite hin erlaubten bodentiefe Fenster einen uneingeschränkten Blick auf den sonnigen Innenhof, der mit üppigen Farnen bepflanzt war. Die Türen entlang der gegenüberliegenden Wand führten zweifellos zu den Schlafzimmern, deren Fenster nach Norden ausgerichtet waren, um den malerischen Blick auf die Küste und das Meer einzufangen.

„Wo ist denn der Schaden?“ erkundigte sich Serena.

Nic deutete auf die Tür am Ende des Flurs. „Die führt zur großen Schlafzimmersuite. In der ersten Nacht war ich mit Cleo allein im Haus, und sie hat unaufhörlich vor dieser Tür gebellt. Ich habe ihr gezeigt, dass keiner in der Suite war, und sie dann wieder zu ihrem Körbchen geführt. Sie ist immer wieder zurückgelaufen und hat wie verrückt an der Tür gekratzt … wie Sie an den Spuren sehen können.“

„Ich nehme an, Mr. und Mrs. Gifford erlauben Cleo, in ihrem Bett zu schlafen?“

„Ja, aber ich dachte, da die beiden nicht hier sind …“ Nic seufzte. „Schließlich habe ich Cleo einfach in die Suite gelassen, und sie hat auf dem großen Bett geschlafen. Aber das hat nur in der ersten Nacht funktioniert. In der zweiten hat sie an meiner Tür gekratzt. Sehen Sie?“

Die unschönen Spuren waren nicht zu übersehen. Serena nickte. „Sie wollte eben nicht allein schlafen.“

„Ich will keinen Hund bei mir im Bett haben!“ erklärte Nic unwillig.

„Sie ist doch klein“, entgegnete Serena mehr zum Spaß.

Aber Nic schien in diesem Punkt keinen Spaß zu verstehen. „Mag sein, dass es Ihnen ja nicht so wichtig ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie Ihr Freund Sie zum Höhepunkt bringt, wenn die ganze Zeit ein Hund dazwischen ist.“

„Ich habe keinen Freund!“ fuhr Serena pikiert auf.

„Was mich nicht verwundert, wenn Sie nichts dabei finden, einen Hund zu sich ins Bett zu lassen.“

„Ich habe auch keinen Hund!“

„Und warum wollen Sie mir dann einen ins Bett legen?“

„Sie haben mir doch gesagt, dass Ihre Freundin nicht mehr da ist“, verteidigte sich Serena empört. „Ich kann ja nicht ahnen, dass schon die Nächste in den Startlöchern steht.“

Seine dunklen Augen funkelten. „Manchmal geschehen unerwartete Dinge“, erwiderte er bedeutungsvoll. „Sind wir uns jetzt einig, dass weder Sie noch ich einen Hund bei uns im Bett haben wollen?“

„Es gibt kein … ‚uns‘“, zischte Serena unklugerweise.

„Ganz im Gegenteil. Schließlich sind wir beide jetzt zusammen hier …“

„In einer Beratung!“ warf Serena hitzig ein.

„Genau. Und es ist eine höchst interessante Beratung.“

„Dann lassen Sie uns jetzt endlich auf Cleo zurückkommen“, versuchte Serena verzweifelt das Gespräch endlich von dem unseligen Thema ‚Bett‘ abzulenken. „Was haben Sie getan, als der Hund an Ihrer Tür gebellt und gekratzt hat?“

„Ich bin aufgestanden, habe im Wohnzimmer ferngesehen und bin auf der Chaiselongue eingeschlafen.“

„Dann lassen Sie uns ins Wohnzimmer zurückgehen.“

Serena sah sich in dem geschmackvoll eingerichteten Raum um. „Und wo war Cleo, als Sie hier geschlafen haben?“

Nic wich lächelnd zurück und deutete auf das luxuriöse Hundekörbchen, das zwischen zwei Sesseln vor einem gewaltigen Fernsehgerät stand. Dies war augenscheinlich Cleos Platz, wenn die Giffords es sich abends vor dem Fernseher gemütlich machten.

„Wenn es ihr passt, schläft sie dort“, bemerkte Nic spöttisch. „Anscheinend passt es ihr nachts nicht, es sei denn, ich leiste ihr Gesellschaft. Als Justine am Samstag hier eintraf, hatte ich eigentlich gehofft … aber nein“, er seufzte theatralisch, „am Ende blieb mir wieder nur die Chaiselongue, weil Cleo uns mit ihrem Winseln und Kratzen schier in den Wahnsinn trieb.“

Serena konnte sich lebhaft vorstellen, wie das Justine missfallen haben musste …

„Gestern Abend habe ich hier mit einigen Freunden eine kleine Party gefeiert“, fuhr Nic fort. „Als sie schließlich alle fort waren, bin ich ins Bett gefallen, und …“, er verzog das Gesicht, „na ja, Sie wissen, wie Justine die Situation gehandhabt hat.“

Serena sah ihn unbewegt an. „Keine nette Lösung.“

„Nein“, pflichtete er ihr bei und fügte bezeichnend hinzu: „Meine Beziehung zu Justine hat heute Morgen ein unvermitteltes Ende gefunden.“

Abgang der Hexe … Auftritt der Hundeführerin?

Das unmissverständliche Funkeln in seinen dunklen Augen verriet Serena, dass Nic Moretti ganz bestimmt nichts dagegen hatte, sie als Ersatz einzusetzen. Und obwohl ihr Verstand sofort gegen die unverschämte Arroganz aufbegehrte, mit der dieser Mann offenbar annahm, dass sie seine Leidenschaft teilen könnte, sandte ihr Körper ihr ganz andere Signale. Ihr Herz pochte wie wild. Das Blut pulsierte ihr heiß in den Adern. Klares Denken wurde zunehmend unmöglich. Ihr verräterischer Verstand formte plötzlich nur noch einen Gedanken: Ja, ich will dich auch!

Was natürlich völlig verrückt und unzulässig war. Unaussprechliche Überlegungen füllten das knisternde Schweigen.

Warum sollte ich mir diese Erfahrung nicht gönnen? Er ist ungebunden. Er ist atemberaubend sexy, und ich habe mich noch nie derart stark zu einem Mann körperlich hingezogen gefühlt.

Die Stimme der Vernunft mischte sich ein, riet zur Vorsicht.

Es würde zu nichts führen. Denk an seine versnobte Einstellung. Er will dich nur benutzen, solange er beruflich hier festgehalten ist. Du wirst es zu ernst nehmen und schließlich verletzt werden.

Ihr Körper protestierte vehement.

Denk nicht an Schmerzen. Denk an die Lust. Es könnte der beste Sex werden, den du je erlebt hast!

Glücklicherweise beendete Nic diesen heftigen inneren Disput, indem er das Schweigen brach. „Ich wollte Ihnen eben eigentlich einen Drink anbieten.“ Er lächelte entschuldigend. „Trinken Sie jetzt ein Glas Wein mit mir?“

Serena schluckte. „Ja“, sagte sie heiser.

Nic ging voraus in die Küche. Serena folgte ihm langsam. Als sie die Küche betrat, schenkte er bereits zwei Gläser Wein aus einer Flasche Chardonnay ein, die anscheinend schon geöffnet bereitgestanden hatte. Eine vorsätzliche Verführungstaktik?

Ihr war klar, dass sie eigentlich hätte ablehnen müssen. Sie war mit dem Auto gekommen, und außerdem handelte es sich um einen rein geschäftlichen Termin. Da war Alkohol tabu. Aber ihre trockene Kehle musste dringend benetzt werden, deshalb nahm sie das Glas aus Nics Hand entgegen und nippte daran, wobei sie sich insgeheim schwor, es bei wenigen Schlucken zu belassen.

„Danke.“ Ihre Stimme war immer noch heiser. Serena trank noch einen Schluck.

„Schmeckt er ihnen?“ erkundigte sich Nic.

„Er hat ein angenehm erdiges Aroma“, antwortete sie im Stil einer echten Weinkennerin. Nic Moretti mochte ja in der High Society von Sydney verkehren, aber sie, Serena Fleming, war auch nicht gerade eine Hinterwäldlerin, die auf Gönner wie ihn angewiesen war.

Er zog amüsiert eine Braue hoch. „Sind Sie auch Expertin, was Chardonnay betrifft?“

„Ich habe viele Talente“, antwortete sie bewusst vage, bevor sie sich wieder der Aufgabe zuwandte, für die Nic Moretti sie bezahlte. „Schön, da Sie Cleo nicht in Ihrem Bett haben wollen …“

Sein glühender Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er sie, Serena, weitaus lieber unter seine Bettdecke gelassen hätte.

„… und da Sie nicht wollen, dass der Hund Sie die ganze Nacht wach hält …“

„Bitte, sagen Sie jetzt nicht, dass ich für die gesamte Dauer meines Aufenthalts hier auf der Chaiselongue campieren muss“, warf er flehentlich ein.

Die elegante Liege war nicht breit genug für zwei, was sein Sexleben erheblich eingeschränkt hätte. Serena zwang sich, sich wieder aufs Geschäftliche zu konzentrieren. „Nein, aber wir müssen für Cleo eine Umgebung schaffen, in der sie sich sicher und wohl fühlt, von wo aus sie jedoch keinen Zugang zum Schlafzimmerflügel hat. Ich nehme an, es gibt irgendwo eine Hundeklappe, so dass sie nach draußen kann, wie sie möchte?“

„Ja, in der Hintertür im Durchgangsraum hinter der Küche.“

„Lässt sich dieser Raum vom Rest des Hauses abschließen?“

„Ja.“ Nic atmete erleichtert auf. „Kommen Sie.“

Sie verließen die Küche und betraten den Durchgangsraum, den Serena schon am Morgen kurz in Augenschein genommen hatte.

„Wie wäre es, wenn wir ihr hier eine Art Höhle bauen?“ schlug sie nach einer Weile vor.

Er sah sie fragend an.

„Nun, irgendetwas, wo sie sich sicher fühlt, aber auch nicht abhauen kann. Haben Sie ein paar alte Decken?“

Nic war sofort Feuer und Flamme. „Ich werde sie holen.“

Froh, dass er sie einen Moment allein ließ, atmete Serena tief ein und überlegte, wie sie in Bezug auf Nic Moretti weiter verfahren sollte. In weniger als einer Stunde musste die Entscheidung stehen. Ja oder nein. Unwillkürlich fiel ihr ein, was Angelina Gifford laut Michelle über ihren Bruder gesagt hatte … dass es kein weibliches Wesen gäbe, das nicht verrückt nach ihm wäre. Es war also zu leicht für ihn, jede Frau zu bekommen, die er wollte.

Die Vorstellung, ein leichtes Opfer für ihn zu sein, gefiel Serena gar nicht. Es hatte den Beigeschmack, nur eine unter vielen zu sein, die sich danach drängten, seinem Vergnügen zu dienen. Natürlich würde ihrem Vergnügen zweifellos auch gedient sein, aber ihr Stolz beharrte auf dem Standpunkt, dass Nic Moretti sie mehr zu schätzen wissen würde, wenn sie die Spröde spielte.

Andererseits riskierte sie damit, alle Chancen bei ihm zu verlieren. Und wenn schon! Nach ihrer schmerzlichen Erfahrung mit Lyall Duncan wollte sie als Person geschätzt und nicht einfach als ein nettes kleines Abenteuer betrachtet werden, das Nic Moretti gerade zupass kam. Das wäre zu demütigend gewesen.

Die Entscheidung musste also nein lauten.

Genau genommen war es völlig verrückt, überhaupt irgendeine Art von Beziehung mit Nic Moretti in Betracht zu ziehen. Wie sollte sie dabei je ein gutes Gefühl haben, wo sie doch seine versnobten Ansichten kannte?

Vergiss es! Sofort! ermahnte sie sich energisch.

3. KAPITEL

Nic kehrte mit mehreren Decke. Er lächelte Serena an. „Wenn das funktioniert, melde ich gleich morgen ein Patent dafür an.“

Sein gewinnendes Lächeln brachte ihren Entschluss gefährlich ins Wanken. Serena durchzuckte es heiß. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie ihr Weinglas immer noch umklammert hielt. Sie trank einen großen Schluck Wein in der Hoffnung, sich damit ein wenig abzukühlen. Dann stellte sie ihr leeres Glas auf eine Ablage in der Nähe des Kücheneingangs und versuchte ein paar Mal tief durchzuatmen.

Nachdem sie mit Hilfe von einigen Decken und Kisten eine Höhle gebaut hatten, erklärte Serena: „Perfekt. Jetzt brauchen wir nur noch ein Radio.“

Er sah sie erstaunt an. „Ein Radio? Wofür?“

„Als Gesellschaft für Cleo. Sie braucht Musik. Dann wird sie sich nicht allein fühlen.“

Nic ging kopfschüttelnd davon. „Ich kann nicht glauben, dass ich das alles für einen Hund tue!“

Als er kurz darauf zurückkam, wandte er sich an den kleinen Hund. „Ich hoffe, du weißt zu schätzen, dass ich es dir überlasse!“

Cleo bellte anerkennend.

„Am besten stellen Sie gleich einen Sender ein, damit Sie es später nur einschalten brauchen“, riet Serena ihm. „Suchen Sie etwas mit klassischer Musik.“

Nic zog spöttisch die Brauen hoch, stellte aber an dem Radio herum, bis er einen passenden Sender gefunden hatte. Dann sah er Serena triumphierend an. „So! Und jetzt bringen wir Cleo ins Körbchen.“

„Ganz bestimmt nicht“, widersprach Serena energisch. „Das können Sie erst tun, wenn Sie selbst bereit sind, ins Bett zu gehen.“

Er warf ihr einen Blick zu, der ihr ein heißes Kribbeln im Bauch verursachte. Nic Moretti stand der Sinn zweifellos danach, ins Bett zu gehen … allerdings dachte er dabei weniger an schlafen. Sein Blick besagte ganz unmissverständlich: Ich bin bereit, wenn du es bist!

„Cleo wird sich nicht zur Ruhe legen, solange sie spürt, dass im Haus noch irgendjemand auf ist“, sagte sie rasch, bereit, den kleinen Hund als Schutzschild zu benutzen, um Nic auf Distanz zu halten. „Es wird das Letzte sein, was Sie abends tun, sie hier in ihre Höhle zu bringen. Und Sie sollten auch noch einige andere Dinge tun.“

„Was zum Beispiel?“ Er seufzte ein wenig gereizt.

Serena blickte sich um. Außer der Hintertür zum Garten, in die auch die Hundeklappe eingebaut war, führten drei weitere Türen aus dem Durchgangsraum: eine in die Küche, eine in die Waschküche und eine, wie Serena vermutete, in einen Flur, der vermutlich in einen anderen Flügel des Hauses führte. „Ich nehme an, dass Cleo meistens durch die Küche in diesen Raum hier gelangt?“

„Ja“

„Dann schlage ich vor, dass Sie sie abends auf diesem Weg herbringen und ihr Körbchen in die improvisierte Höhle stellen. Dann schalten Sie das Radio ein, legen ein großes Kissen vor die geschlossene Küchentür …“

„Ein Kissen?“

„Ja, um Cleo daran zu hindern, an einem ihr vertrauten Ausgang zu kratzen“, erklärte Serena ihm so sachlich wie möglich. „Sobald Sie Cleo dann in ihr Körbchen gebracht haben, verlassen Sie den Raum durch die andere Tür dort.“

„Ist das jetzt alles?“ erkundigte sich Nic ungeduldig. Offenbar hätte er sich liebend gern mit ganz anderen Dingen befasst.

„Im Moment fällt mir sonst nichts mehr ein“, gab Serena zu.

„Wunderbar!“ Er nahm ihr Weinglas von der Wandkonsole und schenkte ihr erneut ein gewinnendes Lächeln. „Dann sollten wir jetzt auf den Erfolg dieses Plans anstoßen.“

Serena blieb nichts anderes übrig, als Nic in die Küche zurückzubegleiten, wo er erneut die Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank holte. Ein Blick auf die Uhr verriet Serena, dass sie nur noch zehn Minuten durchhalten musste. Sie nahm sich vor, nur sehr sparsam an ihrem Wein zu nippen und alles zu tun, um einen klaren Kopf zu bewahren.

„Sie leben sicher in der Gegend, richtig?“ bemerkte Nic, während er noch einmal zwei Gläser Wein einschenkte.

„Ja.“

„Und wo?“

„In Holgate.“

„Haben Sie schon immer dort gelebt?“

Serena horchte beunruhigt auf. Versuchte er vielleicht erneut, sich zu erinnern, wo er ihr schon einmal begegnet war? „Mir gefällt es“, antwortete sie ausweichend und fügte bewusst eine Frage an, die die Kluft, die zweifellos zwischen ihnen bestand, wieder aufwarf: „Und Sie leben normalerweise in Sydney, nicht wahr?“

„Ja. Ich habe eine Wohnung in Balmoral.“

Exklusivste Wohngegend an der Nordküste. Serena wettete insgeheim, dass seine Wohnung eine erstklassige Lage mit Blick auf den Hafen von Sydney aufwies. Für Nic Moretti war das Beste gerade gut genug.

Er reichte ihr das Glas Wein und zwinkerte ihr bedeutsam zu. „Aber ich leite in nächster Zeit ein Projekt nahe Gosford und werde bis zu dessen Vollendung noch eine ganze Weile viel in der Gegend sein.“

Das war wohl als Köder für sie gedacht … ein versteckter Hinweis, dass er auch nach der Rückkehr seiner Schwester und seines Schwagers in zwei Monaten noch greifbar sein würde. Aber Serena glaubte nicht einen Moment, dass er eine ernsthafte Beziehung mit ihr in Erwägung ziehen könnte. Eine Hundeführerin rangierte in gesellschaftlicher Hinsicht vermutlich noch unterhalb einer Friseuse.

Nein, sie musste es nur schaffen, ihn am Reden zu halten, damit er nicht auf die Idee kam, sich ihr zu nähern. „Ich habe in der Zeitung Fotos von Ihren Entwürfen für den Park gesehen. Sehr beeindruckend.“ Sie hob das Glas und prostete Nic zu. „Das wird sicher eine ganz tolle Freizeitattraktion.“

„Danke.“ Er wirkte überrascht, dass sie darüber informiert war, war jedoch flexibel genug, die Gelegenheit sofort beim Schopf zu packen. „Ich bin selber sehr zufrieden mit den Plänen. Interessiert es Sie, mehr davon zu sehen? Ich habe eines der Schlafzimmer für die Dauer meines Aufenthalts hier zu meinem Büro gemacht.“

Keine zehn Pferde würden sie noch einmal in die Nähe der Schlafzimmer bringen! Ihr Herz pochte allein bei der Vorstellung, sich mit Nic Moretti in trauter Einmütigkeit über seine Entwürfe zu beugen. Die Verlockung zu noch größeren Vertraulichkeiten würde unwiderstehlich werden.

Bleib ruhig, ermahnte sich Serena energisch. Einfach lächeln und ablehnen. „Vielleicht ein anderes Mal. Ich muss gleich los, denn meine Familie wartet auf mich. Haben Sie noch irgendwelche Fragen wegen Cleo, bevor ich aufbreche?“

Nic machte ein nachdenkliches Gesicht. Vermutlich gefiel es ihm gar nicht, dass sie sich seinen Plänen nicht fügte. „Nun, die Nächte waren eigentlich am schlimmsten. Heute Nachmittag, als ich mit ihr hier allein war, gab es eigentlich gar kein Problem.“

Autor

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Emma Darcy ist das Pseudonym des Autoren-Ehepaars Frank und Wendy Brennan. Gemeinsam haben die beiden über 100 Romane geschrieben, die insgesamt mehr als 60 Millionen Mal verkauft wurden. Frank und Wendy lernten sich in ihrer Heimat Australien kennen. Wendy studierte dort Englisch und Französisch, kurzzeitig interessierte sie sich sogar für...
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