Julia Gold Band 78

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ENTFÜHRT INS REICH DER LIEBE von GRAHAM, LYNNE
Verheiratet mit dem Millionär Nikolos Angelis - für Prudence könnte es der Himmel sein. Allerdings besteht die Ehe nur auf dem Papier, und Prudence wünscht sich ein Baby! Als sie deshalb die Scheidung vorschlägt, hat sie nicht mit Nikolos‘ griechischem Feuer gerechnet …

MIT DEN WAFFEN EINER FRAU von KENDRICK, SHARON
Nie hat Molly ihre erste Liebe vergessen, den faszinierenden Griechen Dimitri Nicharos! Doch der attraktive Millionär war einer anderen versprochen. Als Dimitri zufällig in das Appartement neben Mollys zieht, erwacht ihr Verlangen erneut. Wird es diesmal ein Happy End für ihre Liebe geben?

VERSÖHNUNG UNTER PALMEN von MORGAN, SARAH
Als Lauranne vor Jahren ihren Mann Alexander in den Armen einer anderen sah, brach eine Welt für sie zusammen. Tief verletzt trennte sie sich von ihm. Doch nun ist der griechische Milliardär zurück und lässt ihr Herz erneut höherschlagen. Aber kann Lauranne den Schmerz der Vergangenheit vergessen?


  • Erscheinungstag 12.01.2018
  • Bandnummer 0078
  • ISBN / Artikelnummer 9783733711047
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lynne Graham, Sharon Kendrick, Sarah Morgan

JULIA GOLD BAND 78

PROLOG

Nikolos Angelis schaute seinen Vater zornig und ungläubig an. „Das ist doch nicht dein Ernst? Das kann einfach nicht wahr sein. Uns gehört eine der größten Firmen in ganz Griechenland.“

Symeon, ein gut aussehender Mann mit dunklem Haar, das von silbergrauen Strähnen durchzogen war, hatte offensichtlich nicht seinen besten Tag. Sein Gesicht war grau und von tiefen Furchen durchzogen, die zeigten, wie erschöpft er war. „Ich habe ein gewagtes Spiel gespielt, aber es hat nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Im Gegenteil – es ist ein Desaster. Unsere Firma hat alle finanziellen Möglichkeiten ausgereizt, und jetzt werden die Banken nervös. Sie haben zu ihrer Sicherheit ihre Hände auf alles gelegt, was uns gehört, aber es scheint, sie wollen nicht länger warten. Wenn sie jetzt die Geduld verlieren und uns sofort ihre Forderungen formulieren, verlieren wir alles.“

Nikolos schwieg entsetzt. Alles? Auch sein Elternhaus? Er war so aufgebracht, dass sich die Gedanken in seinem Kopf überschlugen. Sein Großvater Orestes hatte ihm beigebracht, dass ein Mann immer und zuerst auf das Wohl seiner Familie bedacht sein muss. Solange der alte Mann noch die Fäden in der Hand gehalten hatte, war das Familienvermögen in sicherer Obhut gewesen. Aber Symeon Angelis hatte sich von falschen Vorstellungen leiten lassen. Obwohl er bereits die fünfzig überschritten hatte, schien er immer noch von dem Wunsch getrieben, es seinem legendären Vater gleichzutun. Deshalb hatte er viele Millionen in riskante Geschäfte investiert und verloren.

„Du hattest übrigens recht mit deiner Warnung vor dem Einstieg bei Arnott Development“, murmelte Symeon. „Die Zahlen waren wirklich zu gut, um echt zu sein.“

Nikolos fuhr herum. „Und du bist trotzdem dort eingestiegen – obwohl die Kutras-Brüder dich ebenfalls davor gewarnt hatten?“

Symeon Angelis stöhnte und sah seinen ältesten Sohn unsicher an. „Ich dachte, sie wollten das Geschäft allein machen.“

Nikolos presste die Lippen aufeinander. Er wagte nicht, zu seinen Eltern hinüberzusehen. Symeon war immer ein guter Vater und ein treuer und liebevoller Ehemann gewesen. Er war überall beliebt und wurde respektiert, aber sein wirtschaftliches Verständnis war begrenzt, und es fehlte ihm an Persönlichkeit. Zum Unternehmer taugte er überhaupt nicht. Nikolos war mehr nach seinem Großvater geraten. Schon als Teenager hatte er erfolgreich an der Börse spekuliert und seine erste Million verdient, bevor er die Schule beendete. Hilflos hatte er mit ansehen müssen, wie sein ungeschickter und unsicherer Vater bei seinen Geschäften haarsträubende Fehler machte.

„Ich will ganz offen zu dir sein. Das ist unsere schwerste Stunde, aber es gibt einen Hoffnungsschimmer“, sagte sein Vater leise, aber mit einem Unterton, der Nikolos aufhorchen ließ. „Ich erhielt ein überraschendes Angebot. Zuerst war ich geschockt und sagte, das sei unvorstellbar, das sei unmöglich …“

Nikolos wurde ungeduldig. „Was wäre unvorstellbar?“, fragend schaute er seinen Vater an.

Der wich seinem Blick aus. „Ich kann dich nicht um solch ein Opfer bitten. Du bist erst zweiundzwanzig Jahre …“

„Was hat mein Alter damit zu tun?“

Symeon Angelis holte tief Luft. „Theo Demakis hat mich angesprochen und mir angeboten, uns aus der Klemme zu helfen.“

Nikolos lachte ungläubig auf. „Theo Demakis? Willst du mich auf den Arm nehmen? Seit wann verkehren wir denn in diesen illustren Kreisen?“

„Es sieht so aus, als könnten wir bald zu diesen Kreisen gehören, wenn wir wollten“, murmelte Symeon und machte den Eindruck, als suchte er mit größter Vorsicht nach den richtigen Worten.

Das tief gebräunte, schmale Gesicht seines Sohnes blieb unbewegt. „Demakis ist kalt wie ein Eisblock und völlig skrupellos. Wer sich mit ihm einlässt, sollte sich hüten, nicht irgendwann mit einem Messer zwischen den Rippen aufzuwachen.“

„Unter anderen Umständen hätte ich genauso reagiert wie du“, versicherte sein Vater eifrig. „Aber Theo bietet uns eine Verbindung unser beiden Familien an – und keine gemeinsamen Geschäfte.“

Nikolos starrte seinen Vater mit Abscheu an. „Du kannst nicht meinen, was du da andeutest …“

Der ältere Mann errötete. „Ich kann nachempfinden, was Theo zu seinem Vorschlag veranlasst hat …“

„Dann musst du den Verstand verloren haben.“

Aber Symeon ließ nicht locker. Er wollte um jeden Preis seine Haut retten. „Theos einziger Sohn verunglückte vor zehn Jahren tödlich. Er selbst ist nun mit seiner dritten Frau verheiratet, aber alle weiteren Ehen blieben kinderlos. Seine einzige Verwandte und Erbin ist seine englische Enkelin Prudence. Er möchte unbedingt, dass sie einen jungen Griechen aus guter Familie heiratet und sein Erbe somit in geregelte Verhältnisse und gute Hände übergeben wird. Das ist nicht weiter verwunderlich, sie ist halb Engländerin und zudem unehelich geboren. Demakis ist ein altmodischer Mann und bietet einen altmodischen Deal an.“

Nikolos schwieg, weil er immer noch nicht glauben konnte, was sein Vater ihm vorschlug.

„Wenn du Prudence heiraten würdest und ihr ein Kind bekämt, würde dir die ganze Welt gehören.“ Symeon atmete erleichtert auf, weil er endlich ausgesprochen hatte, was ihm seit Tagen im Kopf herumgegangen war. „Diese Ehe würde unsere Familie vor dem Ruin bewahren. Aber sie würde auch für deinen beruflichen Ehrgeiz neue, ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Es ist nicht sehr taktvoll, in einem solchen Zusammenhang in erster Linie über Geld zu sprechen, aber du solltest daran denken, welche enormen Chancen sich daraus auch für dich ergeben würden.“

Nikolos schloss die Augen. Er fühlte Abscheu vor der skrupellosen Entschlossenheit seines Vaters, diesen Deal mit Theo Demakis durchzusetzen. Er sollte Prudence, der er und seine Freunde wegen ihrer Vorliebe für Süßigkeiten den Spitznamen Pudding oder auch Pud gegeben hatten, tatsächlich heiraten? Er war schockiert. Nikolos kannte sie kaum, obwohl er sich bei verschiedenen Anlässen und gesellschaftlichen Ereignissen ein wenig um sie gekümmert hatte, wenn sie wieder einmal von allen anderen übersehen und allein gelassen worden war. Ihre mangelhaften griechischen Sprachkenntnisse und ihre naive Vertrauensseligkeit hatten sie zu einem leichten Ziel für Spott gemacht. Egal, was man ihr auch sagte, sie hatte zugestimmt und gelächelt.

Ihre offensichtliche Unfähigkeit, sich zu verteidigen, und das daraus resultierende Gespött hatten Nikolos erbost. Er mochte Leute nicht, die die Schwächen anderer ausnutzten, und hätte sich für jeden eingesetzt, der wie Prudence solchen Attacken gegenüber hilflos war. Aber hatten seine unverbindliche Freundlichkeit und die seltenen und geringfügigen Zuwendungen dazu geführt, dass er als zukünftiger Ehemann auserkoren worden war? Jetzt erinnerte er sich, dass sie zuletzt rot geworden war und über ihr ganzes rundes Gesicht gestrahlt hatte, wenn er sie irgendwo getroffen hatte. Er hatte dem keine Bedeutung beigemessen, aber konnte es sein, dass Prudence ihrem fabelhaft reichen Großvater eingeredet hatte, Nikolos Angelis vor den Traualtar zu locken?

„Papa …“ Nikolos’ jüngere Schwester Kosma, die an der offenen Terrassentür stand, durchbrach die angespannte Stille. „Ich weiß, ich hätte nicht lauschen sollen. Es wäre schrecklich, wenn wir arm sein würden, aber du kannst doch nicht von Nik verlangen, Theo Demakis’ Enkelin zu heiraten. Sie ist eine fette Kuh und ein Trampel.“

„Wie kannst du es wagen, heimlich unsere Unterhaltung zu belauschen.“ Symeon Angelis sprang von seinem Stuhl auf und fuhr seine Tochter grob an. „Du gehst sofort auf dein Zimmer …“

„Aber ich habe recht“, sagte das junge Mädchen trotzig. „Nikolos würde ihr eine Papiertüte über den Kopf stülpen müssen, wenn er mit ihr zusammen am Tisch sitzt. Und bei der Vorstellung, dass er mit ihr … igitt. Sie ist so hässlich … und er sieht so gut aus.“

Nikolos sah seine Schwester kalt an. „Du gehst sofort hinaus“, sagte er brüsk.

Der Vater sah zu, wie das junge Mädchen zusammenzuckte und unter Tränen den Raum verließ. „Ich habe Prudence noch nie gesehen“, wandte er sich wieder an Nikolos. „Aber wenn sie wirklich so schlimm aussieht, sollte ich dich vielleicht nicht bitten, sie zu heiraten.“

Nikolos unterdrückte ein bitteres Lachen. Wenn sein Vater kein anderes Problem in diesem seltsamen Deal sah, sprach das Bände über seine Blauäugigkeit. Symeon Angelis hatte in seiner Verzweiflung alle Bedenken über Bord geworfen und griff nun nach dem letzten Strohhalm, der ihn vor dem finanziellen Ruin und der Schande seiner Familie bewahren konnte. Nikolos’ Gedanken kreisten um die Frage, ob er das Angebot ablehnen und damit die dramatischen Folgen für seine Eltern und die vier jüngeren Geschwister in Kauf nehmen durfte.

Er war erst zweiundzwanzig Jahre alt und hatte den Eindruck, sein Leben fange gerade erst an. An Erfahrung mit Frauen fehlte es ihm nicht, und an seiner Universität galt er sogar als Frauenheld. Nikolos schlief selten allein, aber er war nicht an einer engen oder längerfristigen Beziehung interessiert. Er versuchte Vergnügen mit möglichst wenig Verpflichtung zu verbinden. Bisher hatte es kein Mädchen gegeben, das seine Meinung hätte ändern können. Und die Vorstellung, plötzlich Ehemann oder sogar Vater zu werden, gefiel ihm überhaupt nicht. Es erfüllte ihn mit Zorn und Bitterkeit, dass ausgerechnet er und zudem unverschuldet zur Rettung der Familie in eine solch schwerwiegende Verpflichtung hineingezogen wurde. Aber er wusste auch, dass sein Großvater Orestes alle persönlichen Wünsche und Gefühle beiseitegeschoben hätte, wenn es um die Familienehre gegangen wäre.

„Du erinnerst mich an meinen toten Sohn und an seine Mutter“, sagte Theo Demakis zu seiner Enkelin, aber in seiner Stimme war keine Spur von Wärme. „Du hast den gleichen ängstlichen Blick und das gleiche unsichere Lächeln wie sie. Du hast kein Rückgrat. Und Schwäche stößt mich ab, wie du weißt.“

„Wenn ich so schwach wäre, wie du meinst, wäre ich, einen Tag nachdem ich hier angekommen bin, wieder nach Hause gefahren.“ Prudence reckte ihr Kinn in die Luft und richtete ihre blauen Augen auf den Großvater. Sie fühlte, wie ihr Herz unter dem dünnen Baumwollhemd wie wild schlug.

Die kalte, abweisende Haltung ihres Großvaters war nur schwer zu ertragen. Vor drei Wochen war sie auf dem prächtigen Landsitz des alten Mannes eingetroffen – und seitdem war jeder Tag ein Albtraum gewesen. Sie war mit der Absicht aus England hierher geflogen, endlich ihren Großvater kennenzulernen, und hatte gehofft, seine Zuneigung gewinnen zu können. Aber sie hatte erkennen müssen, dass er ein kaltherziger, übellauniger und giftiger alter Mann war, der ihr nicht den geringsten Anflug von Zuneigung entgegenbrachte.

Theo Demakis lachte über den Versuch seiner Enkelin, sich gegen ihn behaupten zu wollen. „Hältst du mich für einen närrischen alten Dummkopf? Was glaubst du, warum ich dich eingeladen habe, mich zu besuchen? Du würdest alles tun, was ich will, weil deine Mutter mal wieder an der Flasche hängt und der Gerichtsvollzieher regelmäßig vor eurer Tür steht.“

Unter dem eisigen Blick ihres Großvaters wirkte Prudence’ hilfloser Versuch, standhaft zu bleiben, wie eine Farce. Mit vor Scham geröteten Wangen senkte sie ihren Kopf. Ihr kastanienbraunes Haar fiel nach vorn und verbarg ihr noch kindlich wirkendes Gesicht. Wie sie da so zusammengesunken saß, sah sie jünger aus als neunzehn.

„Na, habe ich recht?“, höhnte der alte Mann.

„Ja.“ Ihr Eingeständnis schockierte sie selbst. Viel lieber hätte sie den Großvater glauben lassen, ihre Mutter Trixie hätte ihre Alkoholsucht überwunden und ihr Leben in den Griff bekommen. Aber so war es nicht, und die verletzenden Worte ihres Großvaters hatten ihr das nur noch deutlicher werden lassen. Sie vermutete, dass er auch noch stolz darauf war, vor zwei Jahrzehnten seinen Sohn so weit gebracht zu haben, seine schwangere englische Freundin sitzen zu lassen.

„Was hat sich mein Sohn Apollo nur dabei gedacht, sich ausgerechnet solch eine Frau als Mutter meines einzigen Enkelkindes auszusuchen? Er hätte eine Frau unter den reichsten Erbinnen der Welt wählen können. Er hätte eine echte Prinzessin heiraten können.“ Theo Demakis schnaubte verächtlich. „Ich war damals schon ein sehr reicher Mann und hätte ihm eine glänzende Zukunft bieten können. Aber mein Sohn war ein schwacher Charakter. Er suchte sich eine Frau aus, die verschwenderisch und zudem eine Hure war …“

Mit flammend rotem Gesicht fuhr Prudence auf. „Ich bleibe keine Sekunde länger hier sitzen, um mir anzuhören, wie du meine Mutter beleidigst.“

Der alte Mann sah sie mit boshafter Belustigung an. „Was hast du für eine Wahl? Du brauchst Geld, um sie mal wieder aus dem Sumpf zu ziehen, nicht wahr?“

Bei seinen brutalen Worten wurde Prudence bleich. Sie senkte den Kopf und schluckte, um ihre Angst zu verbergen. Langsam sank sie auf ihren Stuhl zurück. Schon sehr früh hatte sie lernen müssen, dass Armut und Not einem Menschen wenig Raum für Würde lassen. Aber wenn die Wahrheit auch nicht angenehm war – Theo Demakis hatte recht. Sie brauchte das Geld dringend. Ihre Mutter hatte wieder einen Haufen Schulden gemacht, war meistens betrunken und musste bald wegen unbezahlter Rechnungen vor Gericht. Prudence war überzeugt, dass sie ihre Mutter würde überzeugen können, in einer Klinik eine Entziehungskur zu machen, wenn die finanziellen Probleme erst einmal geregelt wären. Die Erkenntnis schmerzte sie, aber ihr war klar, dass Demakis’ Geld in dieser Situation für ihre Mutter Leben oder Tod bedeuten konnte. Der jahrelange Alkoholmissbrauch hatte die Gesundheit ihrer Mutter völlig ruiniert.

Der alte Mann sah seine Enkelin, die lange geschwiegen hatte, ungeduldig an. „Ich habe dich nach Griechenland geholt, weil du mir von Nutzen sein kannst. Ich bin gespannt, ob du genügend Verstand besitzt, um zu begreifen, welche Chance ich dir biete.“

Prudence zog die Augenbrauen hoch, verwundert über seine Ankündigung.

„Was hältst du von Nikolos Angelis?“, fragte Theo Demakis mit einem Lächeln, das Prudence eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ.

Prudence hatte mit allem gerechnet, aber dieser Name traf sie völlig unerwartet. Sie wurde rot und vermied es, ihren Großvater anzuschauen, sodass sie nicht sah, wie sich seine schmalen Lippen verächtlich verzogen. „Nun … er ist recht nett“, antwortete sie vorsichtig. Sie wollte auf keinen Fall, dass der alte Mann merkte, was sie viel lieber auf seine Frage geantwortet hätte.

Sie wusste, dass sie es nicht schaffen würde, ihre echten Gefühle für Nikolos Angelis zu verbergen, wenn sie mehr sagen würde. Dass sie in ihn verliebt war, musste ihr Geheimnis bleiben, das sie mit niemand teilen wollte. Und auch nicht teilen durfte, wenn sie sich nicht erneut seinem Gespött aussetzen wollte. Nikolos hatte die gefährliche Schönheit eines gefallenen Engels – und sie selbst war unansehnlich und viel zu dick. Sie hatte immer gewusst, dass ihre Gefühle für ihn völlig hoffnungslos waren.

„Was glaubst du, wie Nikolos Angelis damit fertigwerden würde, arm zu sein? Die Familie Angelis steht kurz vor dem finanziellen Ruin. Sie werden alles verlieren – ihr Haus, ihre Autos, sie müssen Nikolos’ jüngere Geschwister von den teuren Schulen nehmen. Aber das ist erst der Anfang des Dramas. Nach einem Jahrhundert, in dem die Familie reich und geachtet war, werden Nikolos’ Eltern den totalen sozialen Abstieg kaum verkraften.“ Theo sah mit Interesse die Überraschung und das Mitgefühl in Prudence’ Augen. „Aber du hast es in der Hand, die Familie Angelis vor diesem schlimmen Schicksal zu bewahren.“

„Ich? Was könnte ich schon tun?“, fragte Prudence fassungslos.

„Du brauchst nur meinen Vorschlag anzunehmen und Nikolos Angelis zu heiraten. Ich löse dann die finanziellen Probleme seiner Familie und auch die deiner Mutter. Ich werde mich als sehr großzügig dabei erweisen – und Großzügigkeit ist sonst, wie du weißt, nicht meine Sache.“

Prudence starrte ihren Großvater mit erstaunt aufgerissenen Augen an. Während er sprach, wollte sie mehrmals etwas sagen, hatte dann aber lieber geschwiegen und zugehört. „Ich … ich soll Nikolos Angelis heiraten? Was um Himmels willen beabsichtigst du damit? Es klingt absurd, und ich begreife einfach nicht, wie ich dir damit helfen kann“, fügte sie ratlos hinzu.

„Das will ich dir erklären“, sagte der alte Mann und goss sich aus einer Karaffe einen Cognac ein. „Ich will einen männlichen Erben, aber bis auf deinen Vater habe ich keine weiteren Kinder bekommen können. Du bist jung und gesund und Nikolos ebenso. Wenn nur die Hälfte der Gerüchte über seine Männlichkeit stimmt, sollte er keine Schwierigkeiten haben, bald das gewünschte Resultat hervorzubringen.“

Sein raues Lachen ließ wieder die Röte ins Gesicht seiner Enkelin steigen. „Ich kann es nicht glauben, dass du in dieser Weise mit mir redest“, protestierte sie. „Außerdem, warum sollte Nikolos mich heiraten? Er hat nicht das Geringste für mich übrig …“

„Das spielt überhaupt keine Rolle“, entgegnete der Großvater gefühllos. „Du bist keine Schönheit, zugegeben“, fügte er mit der ihm eigenen, brutalen Offenheit hinzu. „Aber glaube mir, vor die Wahl gestellt, dich zu heiraten oder die Familie vor die Hunde gehen zu lassen, wird Nikolos die Entscheidung leichtfallen.“

„Nein …“, flüsterte sie erstickt. Die Ausdrucksweise ihres Großvaters hatte sie zutiefst verletzt.

„Doch, er wird dich heiraten. Er ist nicht solch ein Narr wie sein Vater. Er ist stark und seiner Familie treu ergeben. Und was dich betrifft, du hast das Blut der Familie Demakis in deinen Adern. Ich biete euch beiden eine einmalige Gelegenheit.“

„Ich sehe das ganz anders. Du erpresst Nikolos, damit er mich heiratet.“

Der alte Mann fixierte sie mit kaltem Blick. „Ich mag solche Anschuldigungen nicht. Das hat mit Erpressung nichts zu tun. Ich biete meine Hilfe an gegen eine Gegenleistung, einen Gefallen. Du kannst ja meinen Vorschlag immer noch ablehnen, wenn du das für richtig hältst.“

„Das habe ich doch gar nicht vor“, sagte sie verzweifelt. „Aber versprich mir, dass du meiner Mutter hilfst.“

„Du solltest wissen, dass mir das Schicksal deiner Mutter völlig gleichgültig ist“, erwiderte Theo Demakis trocken. „Was kümmert es mich, ob sie sich zu Tode trinkt oder im Gefängnis landet?“

„Meine Mutter wäre nicht in diese Situation geraten, wenn sie nicht so verzweifelt ums Überleben hätte kämpfen müssen, als ich ein Kind war.“

Demakis sah ungerührt auf seine Uhr. „Schau aus dem Fenster …“

Prudence zögerte einen Moment, dann stand sie auf, ging zum Fenster und sah in den Garten hinunter. Sie fragte sich, was sie dort sehen sollte. Erstaunt bemerkte sie das Taxi, das vor dem Eingang stand.

„Das Taxi wartet darauf, dich zum Flughafen zu bringen.“

Prudence hätte alles erwartet, nur das nicht. „Jetzt? Du möchtest, dass ich jetzt abreise?“

„Dein Gepäck steht ebenfalls bereit. Wenn du dich weigerst, Nikolos Angelis zu heiraten, wirst du sofort nach England zurückkehren und niemals wieder von mir hören. Entscheide dich, und zwar schnell.“

Ein Gefühl von Panik ergriff Prudence. „Das ist unfair. Du kannst doch nicht verlangen, dass ich so rasch …“

Der alte Mann stieß ein kaltes, grausames Lachen aus. „Und ich halte es für unfair, dass du anscheinend nicht zu schätzen weißt, was für eine glänzende Zukunft ich dir biete. Du hast die Wahl – lauf zurück zu deiner Mutter, und du wirst erleben, wie dankbar sie dir sein wird, dass du die Chance ausgeschlagen hast, alle ihre finanziellen Probleme mit einem Schlag zu lösen.“

Prudence zuckte unter seinen Worten zusammen. Sie wusste nur zu gut, was ihre Mutter von ihr erwartete. Immer und immer wieder hatte sie ihr vorgehalten, dass sie sich ihretwegen aufgeopfert hatte. Die Worte ihres Großvaters erschreckten sie, aber sie wusste, dass er meinte, was er sagte. Ihn interessierte nicht, was mit ihr und ihren Gefühlen passierte. Er würde keinen Cent herausrücken, wenn sie nicht tat, was er wollte.

„Das ist alles verrückt“, klagte sie. „Nikolos wird nicht einwilligen, mich zu heiraten, nicht in einer Million Jahren. Ich weiß, dass er zurzeit mit Cassia Morikis zusammen ist …“

Theo Demakis zuckte mit den Schultern. „Also schläft er mit der kleinen Morikis? Und was hat das mit meinem Vorschlag zu tun?“

Prudence blinzelte überrascht. „Ich meine … ich dachte nur, wenn er sie liebt …“

„Wenn er was tut? Das ist doch völlig egal. Er wird sich so entscheiden, wie er es für richtig hält. Er ist Grieche, vergiss das nicht. Glaube mir, Familienehre und realistische Vorstellungen, was Geld angeht, sind für ihn wichtiger als irgendjemand, mit dem er gerade das Bett teilt.“

Diese schonungslose Darstellung ihres Großvaters und seine völlige Gefühllosigkeit schockierten Prudence.

„Willst du nun das Taxi zum Flughafen nehmen oder nicht?“, fragte Theo Demakis ungeduldig.

Prudence’ Gedanken überschlugen sich. Nikolos würde sie nie heiraten, da war sie sich sicher. Sich vorzustellen, Nikolos und sie würden ein Paar werden, war lächerlich. Cassia Morikis war eines der schönsten Mädchen in Griechenland – groß, schlank, mit platinblonden Haaren und einer Traumfigur. Aber warum sollte sie sich Gedanken über etwas machen, das sowieso nie passieren würde? Sie musste an ihre Mutter und ihren ausweglosen Zustand denken. Warum sollte sie den Zorn ihres Großvaters auf sich ziehen, indem sie ihm ihre Zustimmung zu etwas verweigerte, das keine Chance hatte, Wirklichkeit zu werden? Sollte Nikolos schließlich mit der Hochzeit nicht einverstanden sein, konnte ihr Großvater sie nicht dafür verantwortlich machen.

„Antworte mir“, sagte der Großvater ungeduldig.

„Also gut … ich willige ein. Ich bleibe.“

„Ich habe nie daran gezweifelt. Ich war sogar gerührt von dem romantischen Glitzern in deinen Augen, als ich den Namen des Jungen erwähnte.“ Als sich Prudence’ Gesicht bei diesen Worten schmerzlich verzog, lachte der alte Mann und stellte sein Glas auf den Tisch. „Ahne ich da etwas von Eros, dem Gott der Liebe? Mein Reichtum wird eure Mitgift sein und euch wenigstens vor dem Schicksal der Armut und Erniedrigung bewahren.“

Trixie Hill, Prudence’ Mutter, war ein bekanntes Fotomodell und Mannequin gewesen, als sie Apollo Demakis kennenlernte und sich in ihn verliebte. Der junge Grieche, der sich schon einen Ruf als Playboy erworben hatte, überschüttete Trixie mit Geschenken und bat sie schließlich, seine Frau zu werden. Ein Jahr lang war das junge Paar vor der geplanten Hochzeit um die Welt gereist, von einer Party zur anderen. Trixie hatte Apollos Liebesschwüren vertraut und sogar ihre Karriere seinetwegen aufgegeben. Aber als sie dann schwanger wurde, war Apollo von seinem Vater unter Druck gesetzt worden und hatte sein Heiratsversprechen rasch gebrochen. Doch Trixie weigerte sich, einer Abtreibung zuzustimmen, und er ließ sie sitzen. Aber damit nicht genug. Er warf ihr zudem noch vor, dass sie schließlich keine Jungfrau mehr gewesen sei, als sie sich kennenlernten, und vor ihrer Beziehung nicht wie eine Nonne gelebt habe, sie hätte also wissen müssen, worauf sie sich einließ.

Jedes Mal, wenn sie an all die Beleidigungen dachte, die ihre Mutter hatte erdulden müssen, verzog sich Prudence’ voller, sanft geschwungener Mund verächtlich. Ihr Vater, den sie nie gesehen hatte, war ein Angeber, ein Lügner und ein Lump gewesen. Trixie hatte die Vaterschaft von Apollo in einem Prozess vor Gericht feststellen lassen müssen. Und nach einem erneuten langen und erbitterten Rechtsstreit war ihr eine monatliche Summe für das Baby zugesprochen worden, deren Zahlung jedoch oft genug ausblieb.

War es verwunderlich, dass ihre Mutter begonnen hatte, ihren Kummer durch Alkohol zu betäuben? Mit sieben Jahren hatte Prudence eine längere Zeit in einer Pflegefamilie verbringen müssen. Eine Zeitung hatte einen langen Artikel über den Absturz ihrer Mutter vom berühmten Model zur Alkoholikerin veröffentlicht. Apollo Demakis hatte nun wohl aber nicht dafür verantwortlich sein wollen, dass seine ehemalige Geliebte und seine Tochter getrennt wurden und Trixie schließlich in der Gosse endete. Er kaufte ein kleines Farmhaus auf dem Land in Mittelengland, in dem Trixie und Prudence wohnen sollten. Trixie verabscheute das Landleben, aber Prudence liebte es.

Als sie die verzweifelten Versuche ihrer Mutter, eine neue Beziehung einzugehen, miterleben musste, hatte Prudence alle Illusionen in Bezug auf Männer verloren. Reiche Männer heirateten meist reiche Frauen. Wenn ein Mann eine Frau heiratete, die nicht reich war, hatte sie mit Sicherheit andere Qualitäten, die diesen Mangel mehr als ausglichen. Aber im Falle ihrer Mutter hatte nicht einmal ihre Schönheit solch ein Wunder bewirken können.

Gut aussehende Männer pflegten außerdem gut aussehende Frauen zu heiraten. Und Nikolos sah sehr gut aus. Die Mädchen aus seinen Kreisen umschwärmten ihn, hingen an seinen Lippen, flirteten hemmungslos mit ihm, gerieten sich seinetwegen in die Haare. Kurz gesagt, sie benahmen sich, als schalteten sie in seiner Gegenwart ihren Verstand ganz und gar aus. Nikolos war sich seiner Wirkung auf Frauen zweifellos bewusst. Aber die Bewunderung anderer und die Aufmerksamkeit, die er auf sich zog, schienen für ihn etwas ganz Alltägliches zu sein. Er war intelligent, unglaublich arrogant und ungeheuer stolz. Auch Prudence hatte sich der Wirkung seiner Persönlichkeit, seiner Männlichkeit, nicht entziehen können und war von ihm sehr beeindruckt gewesen. Aber was sie davor bewahrt hatte, aus einer harmlosen Schwärmerei eine hoffnungslose Verliebtheit werden zu lassen, war der Gedanke an ihre Mutter gewesen.

Zugegeben, Nikolos war ein paarmal als ihr Retter in der Not aufgetaucht, wenn sie wieder einmal die Zielscheibe des Spottes anderer junger Leute zu werden drohte. Warum hatte er das getan? Wenn Prudence Eirene, die Tochter von Theos Bekannten, zu einer Gesellschaft begleitete, gab diese sich keine Mühe zu verbergen, dass sie es als Zumutung empfand, Prudence mitnehmen zu müssen. Und auch die anderen Mädchen auf diesen Empfängen hatten sich mit gehässigen Bemerkungen über ihre pummelige Figur, ihre billigen Kleider und ihre Schüchternheit nicht zurückgehalten.

Nikolos Angelis hatte mit ein paar geistreichen Bemerkungen und Scherzen oft genug die Situation rasch entschärft und für Prudence erträglicher gemacht. Wenn sie sich auch Mühe gegeben hatte, selbst so unauffällig wie möglich aufzutreten und keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, war sie ihm für seine Bereitschaft, ihr seinen Schutz zu gewähren, zutiefst dankbar. Er mochte arrogant, egozentrisch und autoritär sein, er war aber auch ein vitaler, attraktiver Mann mit einer positiven Ausstrahlung. Sie konnte nicht glauben, dass Nikolos bereit sein würde, Theo Demakis’ Angebot ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Zwei Tage nachdem ihr Großvater sie zu sich gerufen hatte, um ihr den überraschenden Vorschlag zu machen, begriff Prudence, dass sie Nikolos’ Haltung völlig falsch eingeschätzt hatte.

„Komm mit mir.“ Das Gesicht des Großvaters zeigte ein triumphierendes Lächeln. „Nikolos Angelis wartet im Besucherzimmer auf dich. Ich habe mich heute Morgen mit seinem Vater und meinem Anwalt getroffen. Alle notwendigen Fragen sind geklärt. Die Schulden deiner Mutter werden bezahlt, und ich werde außerdem ihr Bankkonto mit genügend Geld ausstatten, damit sie sorgenfrei leben kann. Du und Nikolos, ihr beide werdet innerhalb eines Monats Mann und Frau sein.“

„Mann und Frau?“ Prudence konnte es immer noch nicht glauben. Ihr Großvater hatte recht behalten … und sie selbst hatte völlig falschgelegen. Nikolos war doch bereit, sie zu heiraten, um seine Familie vor dem Ruin zu bewahren. Hatte er, genau wie sie selbst, keine Chance gehabt, das Angebot ihres Großvaters abzulehnen? Sie hatte zugestimmt, weil sie es nicht zulassen konnte, dass ihre Mutter weiterhin trank und nicht wusste, wovon sie leben sollte. Sie begriff, dass auch Nikolos von seinem Verantwortungsgefühl gegenüber seiner Familie dazu gebracht worden war, dem Vorschlag zuzustimmen, obwohl er, da war sie sich absolut sicher, sie eigentlich gar nicht heiraten wollte. Der Gedanke, seine ungeliebte und ungewollte Frau werden zu sollen, schmerzte sie.

„Weißt du eigentlich, was für ein Glück du hast? Lass deinen Bräutigam nicht warten.“ Mit einem selbstzufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht drängte er seine Enkelin in Richtung Besucherzimmer. „Jetzt hast du ihn an der Angel … lass die Beute nicht mehr vom Haken.“

In der Sekunde, in der Prudence das Besucherzimmer betrat und in zwei golden schimmernde Augen blickte, die sie mit einem seltsamen Ausdruck musterten, wusste sie, dass Nikolos die letzte Bemerkung ihres Großvaters gehört hatte. Obwohl sie aus Scham rasch zur Seite blickte, hatte sie ihn doch aufmerksam angeschaut. Er trug einen dunklen, tadellos sitzenden Maßanzug und ein weißes Hemd. Er sah sehr förmlich aus, fast ein wenig beängstigend. Es sieht fast so aus, als ob er zu einer Beerdigung müsste, dachte sie. Nervös wäre sie beinahe über die Ecke des Teppichs gestolpert und hielt sich im letzten Moment an einem kleinen Tisch fest.

„Oh, mein Gott … entschuldige“, murmelte sie und ließ das Tischchen los. Ihre Hände zitterten.

Nikolos hatte das schon mehrfach bei ihr erlebt … sie entschuldigte sich für alles, selbst wenn sie gar keinen Grund dazu hatte. Er sah sie mit unverhohlener Neugier an. Wie alle Mitglieder der Demakis-Familie war sie klein gewachsen, sie reichte ihm kaum bis an die Schulter. Ja, sie war klein und pummelig. Sie trug unförmige, lange Kleider wie eine alte Frau. Ihr brauner Rock reichte ihr fast bis an die Knöchel. Eine weiße Strickjacke hing ihr bis auf die Oberschenkel. Unmöglich zu sagen, was sich unter diesen Kleidungsstücken verbarg. Er kam fast in Versuchung, sie aufzufordern, sich auszuziehen, sodass er besser sehen konnte, auf was er sich da einließ. Ihr Großvater würde nichts dagegen haben. Theo Demakis war ein rücksichtsloser Mann, dem die Gefühle anderer gleichgültig waren. Er hatte es sich nicht verkneifen können, Nikolos wissen zu lassen, dass seine Enkelin den Mann bekommen würde, in den sie heimlich verliebt war.

„Warum starrst du mich so an?“, fragte Prudence tonlos.

„Ich habe dich bisher nie richtig angesehen.“ Nikolos fuhr fort, sie abschätzend von oben bis unten zu mustern. Sie würde seine Frau werden. Am besten sollte sie gleich erfahren, dass er genauso weiterleben würde wie bisher und sie sich keine Hoffnung machen sollte, dass er seinen sexuellen Pflichten als Ehemann nachzukommen gedächte. Sie war nicht fett, wie seine Schwester behauptet hatte, aber sie war kompakt gebaut und ziemlich rundlich. Er ließ seine Augen weiterwandern. Lange, glänzende, kastanienbraune Haare – das sprach für sie. Ihre Haut war hell und makellos und zeigte eine leichte Pfirsichfarbe – auch das sprach für sie. Ihre Augen hatten das sanfte Blau eines Winterhimmels und verrieten, wie unglücklich sie sich augenblicklich fühlte.

„Bitte …“, stammelte sie.

Nikolos sah Tränen in ihren Augen glitzern und schaute zur Seite. Er hatte alles gesehen, was er wollte, und er war unzufrieden, dass sie so schüchtern und gehemmt war. Eine junge Griechin hätte ihm in dieser Situation ein Erfrischungsgetränk angeboten und ihm vorsichtig einige Fragen über seine Familie gestellt. Warum war sie so unglücklich? Vermisste sie etwa die Romantik? Was wollte sie mehr? Bekam sie nicht den Mann, den sie haben wollte, hatte der Großvater ihr diesen Mann nicht gekauft? Nikolos empfand den Zorn über diese Erniedrigung wie einen Messerstich.

Prudence zitterte und fühlte sich miserabel. Sie kam sich vor wie auf einem Sklavenmarkt und wunderte sich, dass Nikolos nicht auch noch ihr Gebiss begutachtet hatte. Sein kühles und geringschätziges Verhalten hatte ihre Hoffnung, dass sie sich ein wenig näherkommen und ungezwungener miteinander umgehen würden, zunichtegemacht. Sie empfand seine Haltung fast ein wenig bedrohlich. „Ich wollte das nicht … wenn es einen anderen Weg gegeben hätte …“ Ihre Stimme versagte.

Nikolos’ perfekt geschnittener Mund verzog sich zu einem zynischen Lächeln. Ihr Einwurf beeindruckte ihn kein bisschen. „Aber den gab es nicht. Lass uns also über die Bedingungen reden.“

Ihre Augenbrauen gingen vor Erstaunen in die Höhe. „Bedingungen?“

„Das ist eine arrangierte Hochzeit. Und wir kennen uns kaum. Es wäre also gut, wenn wir uns etwas besser kennenlernten und wüssten, was wir voneinander zu erwarten haben.“

Prudence holte nun tief Atem. „Können wir uns nicht wie Freunde verhalten?“

Vor dem Hintergrund, dass die Familienanwälte gerade über die Details stritten, in welcher Form und mit welchen Sicherheiten seiner Mutter und seinem Vater die finanziellen Leistungen von Demakis zur Verfügung gestellt werden sollten, empfand Nikolos die Frage von Prudence reichlich naiv. „Freunde heiraten nicht. Und sollen keine Kinder bekommen. Ich möchte gern wissen, was du von deinem Ehemann erwartest.“

Bei der Erwähnung von Kindern fühlte sich Prudence sehr unbehaglich. „Ich weiß, dass ich nicht die Frau bin, die du dir freiwillig ausgesucht hättest. Ich schlage vor, wir versuchen beide, herauszufinden, wie wir miteinander am besten umgehen können.“

„Das klingt nach Chaos.“

„Wären dir feste Regeln lieber? Ich glaube nicht …“

Nikolos war über ihre Antwort überrascht, die verriet, dass sie längst nicht so naiv war, wie er gedacht hatte. Er fasste nach ihrer Hand. „Hier ist ein Ring … er gehörte meiner Großmutter. Wenn er dir nicht gefällt, dann kannst du …“

„Nein, nein“, sagte Prudence rasch. „Er ist ganz wunderbar, wirklich.“ Ihre Wangen hatten sich leicht gerötet, und zum ersten Mal seit Wochen empfand sie echte Freude. Der Ring mit einem großen Rubin, der umgeben war von kleinen Diamanten, passte auf ihren Finger, als wäre er dafür gemacht. Dass sein Geschenk aus dem Familienerbe stammte, hatte sie überrascht und bewegt. „Ich hatte so etwas nicht erwartet.“

„Das Leben ist manchmal voller Überraschungen.“ Er verriet Prudence nicht, dass er sich strikt geweigert hatte, einen Verlobungsring für sie zu kaufen, und sein Vater ihn genötigt hatte, ihr das Familienerbstück zu schenken. Symeon Angelis hatte jedoch vermutet, dass Prudence wahrscheinlich ein Schmuckstück ablehnen würde, das vorher schon jemand anderem gehört hat.

„Danke, Nikolos … ich danke dir.“ Prudence’ Stimme war heiser vor Aufregung. Sie schaute den Ring von allen Seiten an, bewunderte den intensiven Glanz des Rubins und das Funkeln der Diamanten. Dass er so perfekt passte, nahm sie als gutes Omen.

Überrascht und ein wenig verwirrt durch das Ausmaß ihrer Begeisterung wusste Nikolos nicht, was er sagen sollte. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte er außer einer billigen Armbanduhr nie ein Schmuckstück bei ihr bemerkt. Wahrscheinlich besaß sie überhaupt keinen Schmuck. Plötzlich wünschte er, dass er nicht so abweisend reagiert und selbst einen angemessenen Ring für sie gekauft hätte. „Pud“, sagte er mit unerwarteter Liebenswürdigkeit. „Ich darf dich doch so nennen?“

„Natürlich, wieso nicht … meinen Vornamen habe ich nie besonders gemocht.“ Sie war selbst überrascht, dass der Spitzname aus seinem Mund ihr plötzlich sogar liebenswert erschien. „Ich werde versuchen, dir eine so gute Frau zu sein, wie ich kann …“

Nikolos hätte fast laut aufgestöhnt. Er wusste, dass sie sehnsüchtig darauf wartete, dass er etwas Vergleichbares zu ihr sagte. Aber er wollte nicht lügen. Es würde sehr lange dauern, bis er sich mit dieser aufgezwungenen Ehe abfände, falls er das überhaupt jemals konnte. Er hatte nicht heiraten wollen … und schon gar nicht sie. Er wollte auch keine Kinder, dachte er bitter. Und an diesen Überzeugungen würde sich nichts ändern, niemals.

Drei Wochen später, eingehüllt in einen Traum aus Seide und Spitze, schritt Prudence am Arm ihres Großvaters den Mittelgang der Kirche entlang, um Nikolos’ Frau zu werden. Obwohl sie nur kleine, vorsichtige Schritte zu machen wagte, um nicht zu stolpern, schwebte sie wie auf Wolken. Gleich würde sie den Mann heiraten, den sie liebte. Nichts schien ihre Erwartungen für die Zukunft trüben zu können.

Im weiteren Verlauf des Tages holte sie die weniger romantische Gegenwart dann jedoch ein und ließ ihre hoffnungsvollen Träume wie Seifenblasen zerplatzen. Der Bräutigam betrank sich während der Feier nach der Trauung dermaßen, dass er ohnmächtig wurde und zur Ausnüchterung in ein abgedunkeltes Zimmer getragen werden musste. Nur Theo Demakis war taktlos genug, bei diesem Anblick in ein höhnisches Gelächter auszubrechen. Prudence fühlte sich unsäglich gedemütigt. Wie hatte sie nur so naiv sein können, davon zu träumen, dass Nikolos und sie ein richtiges Ehepaar werden könnten? Die Hochzeitsnacht, auf die sie gehofft hatte, fiel aus – und für Prudence begann die schlimmste Wartezeit ihres Lebens.

1. KAPITEL

„Ich kann nicht zu deiner Party kommen“, sagte Nikolos zu der Frau auf dem Bett. Er hatte sich rasch angezogen und warf sich nun die Jacke mit der ihm eigenen lässigen Eleganz über die Schultern.

„Bitte … bitte …“ Nackt bis auf den Zipfel des türkisfarbenen Seidenlakens, das sie sich übergeworfen hatte, richtete Tania Benson sich auf und warf ihre Arme um seinen Hals. Verführerisch presste sie ihren schlanken, aufregenden Körper an ihn. „Ich möchte aber, dass du kommst.“

„Es geht nicht.“ Nikolos war von ihrer Hartnäckigkeit irritiert. Ihre Beziehung war nicht besonders eng oder intensiv. Manchmal sahen sie sich wochenlang nicht. Er traf Tania meist, wenn er geschäftlich in Paris oder Brüssel war. Als ein Mann, der die Abwechslung liebte, bevorzugte er in New York die Gesellschaft einer kühlen, hinreißenden blonden Schönen und in London die eines anschmiegsamen russischen Fotomodells.

Tania schmollte. „Ich habe dich noch nie um einen Gefallen gebeten.“

Nikolos zuckte die Achseln. Sie hatte ihn nie um etwas bitten müssen, weil er ein sehr großzügiger und einfühlsamer Liebhaber war.

„Letztes Jahr bist du auch nicht zu meiner Party gekommen“, erinnerte ihn Tania.

„Ich habe andere Verpflichtungen.“ Sein Ton war kühl. Er ging und kam, wann es ihm passte. Ohne Erklärung oder Entschuldigung. Das war von Anfang an zwischen ihnen klar gewesen, und er hatte keinerlei Absicht, das zu ändern. Er hatte überhaupt keine Lust, auf der Party als Trophäe herumgezeigt zu werden. Außerdem hatte er kein Interesse daran, Fotos von sich in den Klatschspalten der Zeitungen wiederzufinden.

Wütend über seine lapidare Ausrede, schaute Tania ihn böse an. „Ich weiß, was das für andere Verpflichtungen sind.“

Seine goldbraunen Augen wurden schmal, aber er blieb ganz beherrscht. „Ich muss gehen. Mein Wagen wartet.“

„Es ist ihr Geburtstag, nicht wahr?“, giftete Tania ihn an. „Von deiner Frau.“

Sein Gesicht blieb unbewegt, als er seinen Mantel nahm und zur Tür ging. „Ich gehe jetzt …“

„Ich habe ein Foto von ihr in einer Zeitschrift gesehen“, rief Tania ihm nach. „Sie trug einen unförmigen Hut aus Wolle, mit Blumenmustern bestickte Stiefel und hatte ein Kaninchen auf dem Arm – wie kannst du jemand wie sie mir vorziehen?“

Bleich vor Zorn nahm sich Nikolos nur noch den Augenblick Zeit, Tania mitzuteilen, dass ihre Beziehung beendet sei und er sie nicht mehr besuchen würde. Mit einem wuterfüllten Ausdruck auf seinem sonst stets so beherrschten Gesicht stieg er in die wartende Limousine. Die bestickten Stiefel waren eines der wenigen Geschenke von ihm gewesen, über die Prudence sich wirklich gefreut hatte. Wie konnte Tania es wagen, sich darüber lustig zu machen? Er hatte niemals mit jemand über Prudence gesprochen, nicht einmal in der Familie – und schon gar nicht mit Fremden. Trotzdem hatte es eine Menge Gerüchte und neugierige Spekulationen gegeben über die Ehe, die er und Prudence führten. Immerhin waren sie jetzt fast acht Jahre verheiratet und hatten die meiste Zeit davon getrennt verbracht.

Die Jahre, die vergangen waren, hatten zu seiner Überraschung seine Erinnerung an die grässliche Hochzeitsfeier nicht verblassen lassen. Wenn er an sein damaliges Benehmen dachte, verspürte Nikolos ein Gefühl von Unsicherheit und Schuld, das ihm sonst fremd war. Deshalb vermied er es, zu häufig daran zu denken. Er hatte Prudence’ Weigerung, auch nur ein Wort über die Ereignisse am Tag ihrer Hochzeit zu sprechen, akzeptiert. Ihre Enttäuschung und Betroffenheit hatten ihm mehr zugesetzt, als er zugeben wollte. Sie hatte weder seinen Erklärungen zuhören noch seine Entschuldigung annehmen wollen. Ehrlich gesagt – aber das zuzugeben, ließ sein Stolz nicht zu – hatte Nikolos nicht die geringste Erinnerung an die Ereignisse auf der Hochzeitsfeier und an die Hochzeitsnacht. Er rätselte immer noch darüber, was geschehen sein mochte, und fürchtete, er könnte Prudence gegenüber ausfallend und beleidigend geworden sein. Sosehr er auch in seinem Gedächtnis grub, beim besten Willen konnte er sich nicht erinnern, und immer wieder stellte er sich die Frage, was er ihr angetan haben könnte und was tatsächlich geschehen sei.

Diese Fragen quälten Nikolos regelmäßig. Er kannte seine eigenen Schwächen nur zu gut. Er hatte ein verteufeltes Temperament, das ihn immer wieder in Schwierigkeiten brachte. Als Geschäftsmann hatte er sich in den vergangenen Jahren den Ruf erworben, eiskalt und rücksichtslos zu sein. Da er eng mit Theo Demakis zusammengearbeitet hatte, war ihm auch nichts anderes übrig geblieben. Hätte er sich nicht als stark und rücksichtslos erwiesen, wäre er gänzlich unter den Einfluss des Großvaters seiner Frau geraten. Er hatte Tag und Nacht gearbeitet und es schließlich geschafft, die Millionen, die Theo Demakis zur Rettung der Familie Angelis zur Verfügung gestellt hatte, zurückzuzahlen und so seine Freiheit und Unabhängigkeit wiederzugewinnen. Als er Vorsorge getroffen hatte, dass seine Familie nie wieder in eine finanzielle Notlage geraten würde, hatte er sich von Theo Demakis getrennt und seine ganze Kraft dem Familienunternehmen gewidmet.

Es gab nur sehr wenige Leute auf der Welt, um die Nikolos sich Sorgen machte und um die er sich kümmerte. Diesen wenigen Menschen gegenüber war er ein treuer und verlässlicher Freund, das Schicksal anderer hingegen interessierte ihn kein bisschen. Wenn es um seine Frau Prudence ging, strengte er sich ganz besonders an, freundlicher, verbindlicher und besorgter zu sein, als es sonst seine Art war. Sie hatte Charaktereigenschaften, die im totalen Gegensatz zu seinen eigenen standen, sie war weder aggressiv noch gerissen. Das Leiden anderer verursachte auch bei Prudence seelische Pein. Sie hatte Skrupel, anderen etwas zuzumuten, und verhielt sich so, dass sie niemals jemandem wehtun musste. Uneigennützig, freundlich und sympathisch, hatte sie eine Ausbildung zur Tierarzthelferin abgeschlossen und widmete nun ihre ganze Zeit und Anteilnahme den Tieren in dem Tierheim, das sie in ihrem Farmhaus eröffnet hatte. So gut es ging, versuchte Nikolos sie aus dem Hintergrund vor solchen Leuten zu bewahren, die ihre Arglosigkeit und Vertrauensseligkeit auszunutzen versuchten. Natürlich sorgte er sich um sie – sie war schließlich seine Frau. Manchmal war Nikolos schon der Gedanke gekommen, ob es nicht an der Zeit sei, das getrennte Leben zu beenden und als Ehepaar zusammenzuleben.

An ihrem Geburtstag wachte Prudence wie üblich um sechs Uhr auf. Als Erstes fiel ihr Blick wie jeden Morgen auf das Bild von Nikolos, das auf ihrem Nachttisch stand. Das Foto, vor einem Jahr in ihrer Wohnung aufgenommen, zeigte einen lachenden Nikolos mit strahlenden, dunklen Augen und blendend weißen Zähnen, die sich von seiner tief gebräunten Haut abhoben. Seine vom englischen Regen nassen Haare hatte er gerade mit einem Handtuch trocken gerubbelt. Sie hatte inzwischen ein ganzes Album angelegt, mit Ausschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften, auf denen Nikolos zu sehen war – und zwar meistens nicht allein. Wie ein Teenager, der die Bilder von seinem angehimmelten Popstar sammelt, hatte sie manchmal selbstkritisch gedacht.

Obwohl sie ihn vielleicht nur ein halbes Dutzend Mal im Jahr sah, war Nikolos immer der Mittelpunkt ihres Lebens geblieben. Seine Stimme am Telefon zu hören war für sie immer wieder etwas Besonderes. Er hatte ihr sehr geholfen während der schwierigen Zeit, in der ihre Mutter ihre Entziehungskur machte. Er hatte zu ihrer Unterstützung eine Krankenschwester engagiert und sie oft seelisch wieder aufgerichtet, wenn sie verzweifelt gewesen war wegen des unaufhaltsamen gesundheitlichen Verfalls ihrer Mutter. Und er hatte sich rührend um Prudence gekümmert, als ihre Mutter dann vor gut einem Jahr gestorben war. Sie hatte es jedes Mal genossen, wenn er nach London gekommen und mit ihr zum Essen ausgegangen war und ihr dann zum Beispiel stolz sein neues Bürogebäude gezeigt hatte. Obwohl sie nie mit ihm als seine Frau gelebt hatte, war es ihr gelungen, die Enttäuschung über die völlig verdorbene Hochzeitsnacht zu vergessen und ihn als einen echten Freund zu betrachten.

Erst nach dem Tod ihrer Mutter hatte Prudence angefangen, darüber nachzudenken, wie sie ihr weiteres Leben gestalten wollte. Sie musste jetzt über ihre eigenen Bedürfnisse nachdenken und herausfinden, was das Beste für sie selbst sein würde. Die Alben über Nikolos hatte sie längst weggelegt – ihr Interesse an seinen Frauengeschichten erschien ihr plötzlich kindisch. Sie hatte endlich die Tatsachen akzeptiert, wie sie nun einmal waren, und ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit in den Aufbau ihres Tierheims gesteckt. Ihre Sehnsucht nach Nikolos stand nicht mehr im Vordergrund. Auf dieses neue Selbstbewusstsein war sie sehr stolz. Ganz langsam hatte sie angefangen zu begreifen, was ihrem Leben einen tieferen Sinn geben konnte. Ein Kind. Ein Mensch, der sie brauchte und dem sie ihre ganze Liebe geben konnte. Glücklicherweise, dachte sie mit einem Anflug von Zynismus, bin ich dank des Fortschritts der modernen Medizin dabei nicht unbedingt auf Nikolos’ Unterstützung angewiesen.

Der Gedanke, Mutter zu werden, munterte sie augenblicklich auf. Sie griff nach dem Foto von Nikolos, öffnete die Schublade ihres Nachttisches und legte es hinein. Bevor sie ihre Idee mithilfe künstlicher Befruchtung würde in die Tat umsetzen können, musste sie sich von Nikolos scheiden lassen. Sie war jetzt bereit, diesen Schritt zu tun. Nach der Scheidung würde Nikolos aus ihrem Leben verschwinden. Aber sie war überzeugt, dass er seine Zustimmung nicht verweigern würde, denn der regelmäßige, wenn auch seltene Kontakt zu ihr entsprang wohl nur seinem Pflichtgefühl.

Es klopfte unerwartet an der Schlafzimmertür, und Prudence schreckte aus ihren Gedanken auf. Es war Dottie, eine rundliche, muntere Frau in den Fünfzigern, die mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht und einem Tablett mit Frühstück in den Händen hereinkam.

„Mein Gott, Dottie … das war doch nicht nötig.“

„Nach allem, was Sie für mich und Sam getan haben, ist das doch selbstverständlich. Also keine Widerworte. Sie haben heute Geburtstag. Genießen Sie den Tag. Sam und ich werden heute die Tiere füttern.“

„Nein, das kommt gar nicht infrage. Nachher kommt Leo und dann der Tierarzt, um die muss ich mich kümmern. Das mit dem Frühstück ist sehr aufmerksam, danke.“

Doch Dottie und ihr Mann Sam, die ein kleines Häuschen bewohnten, das an Prudence’ Farmhaus grenzte, hatten es sich nicht nehmen lassen, auch noch eine Glückwunschkarte und ein Geschenk für sie zu besorgen. So kam Prudence heute erst mit einer Verspätung zu ihrer morgendlichen Fütterungsrunde.

„Dann ist heute also der Tag der Wahrheit“, begrüßte Leo sie, als er ankam, um ihr wie üblich bei der Fütterung zu helfen. „Bist du bereit?“

„Mach dich nicht über mich lustig.“ Prudence warf dem hochgewachsenen, blonden Lehrer einen amüsiert strafenden Blick zu. Leo hatte damit begonnen, zwei älteren Schimpansen ihren Früchtebrei in den Käfig zu reichen. Es gab eine Reihe ehrenamtlicher Helfer, die in dem Tierheim mithalfen, aber Leo Burleigh kam am regelmäßigsten und kannte sich am besten aus. Er lebte ganz in der Nähe und war im Laufe der letzten Jahre ein guter Freund geworden. Nur mit ihm hatte sie über ihren Wunsch, sich von Nikolos scheiden zu lassen und ein Kind zu bekommen, gesprochen. „Ich glaube nicht, dass Nikolos auch nur mit der Wimper zucken wird, wenn ich ihm sage, was ich will.“

„Schließlich ist er dann ja auch selbst wieder völlig frei“, sagte Leo trocken. „Ich bezweifle nur, dass er seiner Frau den gleichen freien Lebensstil zugestehen würde wie sich selbst.“

„Um Gottes willen, nenne mich nicht so“, sagte Prudence. „Ich war niemals wirklich Nikolos’ Frau.“

„Aber er bezeichnet dich doch in Interviews immer so …“

„Das tut er nur, um den äußeren Schein zu wahren und mir das Gerede der Leute zu ersparen.“

„Vielleicht auch nicht nur deswegen. Es könnte doch sein, dass er ein ganz altmodischer, unbelehrbarer, sexistischer griechischer Macho ist …“

„Nein, Nik ist in keiner Hinsicht altmodisch.“

„Bist du sicher? Ein Mann, der einer arrangierten Heirat zustimmt, weil es um die Ehre seiner Familie geht, verhält sich in meinen Augen mittelalterlich. Er hat offensichtlich kein Problem damit, dich als seine Ehefrau zu betrachten, obwohl er sich selbst mit einer ganzen Reihe von Geliebten prächtig amüsiert.“

„Nikolos betrachtet mich heute als eine gute Freundin. Das war nicht immer so.“ Prudence wünschte sich, Leo hätte Nikolos’ Gespielinnen nicht erwähnt, weil ihr das jedes Mal einen Stich gab. „Aber er wusste, was ich für ihn fühlte, und hat deshalb das Thema Scheidung nie von sich aus erwähnt. Auch dann nicht, als seine Verpflichtung gegenüber Theo Demakis endgültig beendet war.“

„Du hast es Nikolos Angelis ja auch ausgesprochen leicht gemacht. Hat dein Großvater eigentlich nicht dagegen protestiert, dass du deine Ehe praktisch damit beendet hast, indem du nach England zurückgekehrt bist, um dich um deine Mutter zu kümmern?“

„Ich bezweifle, dass mein Großvater sich jemals für irgendetwas interessiert hat, was ich getan habe“, entgegnete Prudence trocken.

Gerade, als sich Theo Demakis von seiner vierten Frau hatte scheiden lassen wollen, verriet sie ihm, dass sie schwanger war. Begeistert, doch noch einen eigenen Erben gezeugt zu haben, hatte Theo schlagartig jedes Interesse an der Ehe zwischen seiner Enkelin und Nikolos Angelis und ihren eventuellen Nachkommen verloren. Allerdings hatte sich erst vor Kurzem Theo Demakis’ Jubel in Entsetzen verwandelt, als sich durch einen Vaterschaftstest herausstellte, dass der vermeintliche Sohn und Erbe gar nicht von Theo stammte. Eine hässliche Scheidung war die Folge gewesen. Und als Prudence ihrem Großvater einen Brief mit ein paar tröstenden Worten geschrieben hatte, war seine Antwort mehr als unhöflich ausgefallen.

„Als dein Ehemann hat Nikolos möglicherweise eine andere Einstellung zu deinen Plänen, als du glaubst“, warnte Leo. „Sei vorsichtig, wenn du das Thema künstliche Befruchtung bei ihm ansprichst.“

Prudence wurde rot. „Ich hatte nicht die Absicht, ihm das zu sagen.“

Es war noch früh, und Nikolos würde nicht vor dreizehn Uhr kommen. Doch als unangemeldet ein Ehepaar auftauchte, das einige Tage zuvor einen Hund aus dem Tierheim adoptiert hatte und eine Menge Fragen stellte, verrann die Zeit zusehends, und die Ankunft von Nikolos rückte immer näher. Prudence entschied sich für einen langen, grauen Rock und ein Jackett mit einer Bluse, die sie erst kürzlich für besondere Gelegenheiten gekauft hatte. In aller Eile begann sie, ihre Nägel neu zu lackieren. Als ihr der Pinsel aus der Hand fiel und einen Fleck auf den Rock und die neue Bluse machte, hätte sie vor Wut aufschreien können. Das Geräusch des Hubschraubers, mit dem Nikolos wie gewöhnlich kam, war schon entfernt zu hören. Ihr Kleiderschrank enthielt weiter nichts, das für eine formelle Gelegenheit geeignet gewesen wäre. Also entschied sie sich für ein langes, geblümtes Kleid, das ihre Schultern und Arme weitgehend freiließ, und griff nach einem zartlila Pashminaschal, den sie fest um die Schultern schlang und verknotete.

Sie bevorzugte Kleidung, die sie verhüllte und nicht die Aufmerksamkeit auf ihre immer noch etwas füllige Figur zog. Ihre Mutter war früher einmal in Tränen ausgebrochen, weil ihre einzige Tochter rein gar nichts von ihrer klassischen, schlanken, blonden Schönheit geerbt hatte. Prudence hatte sich irgendwann mit ihrem Aussehen abgefunden und machte sich nicht allzu viele Gedanken darüber. Sie war 1,60 Meter groß und hatte sehr weibliche Rundungen. Die Pummeligkeit ihrer Teenagerjahre, unter der sie lange gelitten hatte, war verschwunden, aber Prudence wusste, dass sie dem Schönheitsideal ihrer Mutter niemals würde nahekommen.

Der Hubschrauber landete auf der großen Wiese hinter dem Haus. Nikolos, wie immer tadellos gekleidet in einem dunkelgrauen Maßanzug, sprang heraus und kam hinüber zur Eingangstür. Ein Mann, der gerade mit einem Ballen Heu aus der Scheune kam, nickte ihm grüßend zu, was Nikolos erwiderte. In diesem Moment erschien Prudence in der Tür, atemlos und vor Aufregung leicht gerötet. „Nikolos …“

„Pud …“ Nikolos beugte sich hinab, um sie auf beide Wangen zu küssen. Ihr langes braunes Haar streifte sein Gesicht, und er roch den delikaten, herben Duft ihres Lieblingsparfüms. Er trat einen Schritt zurück und musterte sie eingehend. Zum ersten Mal in den vielen Jahren war er von ihrem Äußeren überrascht. Er überlegte einen Moment, ob er ihr sagen sollte, dass man einen Pashminaschal ganz locker um die Schultern legte und ihn nicht verknotete, ließ es aber.

Prudence sah ihn mit ihren sanften blauen Augen an und schaute dann zur Seite. Wie jedes Mal machte er sie verlegen. Der Sonnenschein glänzte auf seinem schwarzen Haar und ließ sein klassisches Profil wie einen Scherenschnitt erscheinen. Er war so groß und unglaublich attraktiv. Sie hielt unwillkürlich den Atem an und ärgerte sich gleich über ihre Reaktion. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Gedanken auf Abwege gerieten. Freundschaft war etwas, das mit Sex nichts zu tun haben durfte. Das hatte sie schon vor langer Zeit akzeptiert.

„Oh, mein Gott … ich habe vergessen, Leo etwas Wichtiges zu sagen. Entschuldige mich bitte“, sagte Prudence aufgeregt und rannte über den Hof hinter dem Mann her, den Nikolos eben aus der Scheune hatte kommen sehen.

Leo? Aber war Leo nicht ein älterer Mann, wie er angenommen hatte? Prudence hatte seinen Namen so häufig erwähnt, dass er für Nikolos schon sehr vertraut war. Doch nun sah Nikolos unruhig zu dem gut aussehenden blonden Mann hinüber und fühlte einen Stich von Eifersucht, als er sah, wie Prudence vertraut ihre Hand auf seinen Arm legte. Als sie fröhlich lachte, weil Leo etwas zu ihr gesagt hatte, verdüsterte sich Nikolos’ Blick. Was zum Teufel war mit diesem Mann?

„Wer war das?“, fragte Nikolos, als Prudence zurückkam.

„Das? Das war Leo … oh, ich vergaß. Ich hab dir nur von ihm erzählt, ihr seid euch aber noch nie begegnet. Ich hätte euch vorstellen sollen …“

„Ist nicht so schlimm. Ich habe nur immer gedacht, Leo sei schon mindestens fünfundsechzig?“

„Du meinst seinen Vater, Leo senior. Ein reizender alter Mann. Früher war er jeden Tag hier, um mir zu helfen.“ Prudence seufzte.

„Ich erinnere mich, dass du von ihm erzählt hast. Was ist mit dem reizenden alten Mann geschehen?“

„Er ist vor gut einem Jahr gestorben.“

„Du scheinst mit seinem Sohn ja sehr vertraut zu sein.“

„Das stimmt … er wohnt praktisch nebenan, seit ich hier bin, und ist wahrscheinlich der beste Freund, den ich jemals hatte“, erklärte Prudence arglos.

Nikolos’ schmales Gesicht wurde verschlossen. Zwischen den beiden lief nichts, da war er absolut sicher. Prudence war einfach nicht der Typ dafür. Sie war grundehrlich und ziemlich prüde. Ihre Tiere und ihr Garten interessierten sie mehr als jeder Mann. Er ausgenommen, natürlich. Andererseits glaubte Nikolos nicht daran, dass eine rein platonische Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau überhaupt möglich war. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie lange er sie schon allein gelassen hatte.

Mit dem Hubschrauber flogen sie zu einem exklusiven Country Club, wo Nikolos einen Tisch für das Geburtstagsessen bestellt hatte. Ein verschwenderisch mit Blumen dekorierter privater Raum erwartete sie. Der Tisch war mit feinstem Porzellan, Kristallgläsern und Kerzenleuchtern eingedeckt. Die großen Fenstertüren standen offen, sie führten auf eine Terrasse, von der aus man einen großartigen Blick auf den Fluss hatte. Nachdem sie ihre Wahl für das Essen getroffen hatten, ging Prudence mit einem Glas Orangensaft in der Hand hinaus auf die Terrasse. Die Sonne stand noch immer hoch am Himmel, und weil es Prudence hier draußen zu warm wurde, löste sie den Schal um ihre Schultern.

Nikolos machte aus ihrem Geburtstag immer ein besonderes Ereignis. Sie unterdrückte einen Anflug von Traurigkeit, denn sie war sich sicher, dass sie ihn wirklich vermissen würde. Aber bei seinen vielen Affären war es ja nicht überraschend, dass Nikolos wusste, wie man eine Frau beeindruckte, dachte sie bitter.

Nikolos kam mit einem Glas Champagner in der Hand zu ihr auf die Terrasse. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“

„Lass das jetzt, bitte. Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen. Und ich möchte sofort mit dir darüber sprechen, bevor wir uns zum Essen setzen.“ Prudence hob ihr Kinn und sah Nikolos mit einem etwas steifen Lächeln an. „Wir haben damals geheiratet, weil wir beide Vorteile davon hatten, finanzielle Vorteile, die für uns sehr wichtig waren.“

Nikolos war überrascht. Ihre Unterhaltung hatte sich sonst ausschließlich um unverfängliche Themen gedreht. Er runzelte die Stirn. „So würde ich das nicht sagen …“

„Ist es von Bedeutung, wie ich es bezeichne?“ Prudence sah ihn an. „Ich wollte nur sagen, es ist an der Zeit, dass wir an Scheidung denken.“

„Scheidung?“ Nikolos sah sie überrascht an. „Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?“

Prudence ärgerte sich, dass er sie offensichtlich nicht ernst nahm. „Unsinn? Wieso ist das Unsinn?“

„In meiner Familie lässt man sich nicht scheiden.“

„Tatsächlich?“ Unbeeindruckt zog Prudence ihre Augenbrauen in die Höhe. „Nun, zum Glück bin ich ja kein Mitglied deiner Familie.“

Nikolos lehnte sich gegen die Brüstung der Terrasse und schaute Prudence aufmerksam an. „Du bist sehr verärgert meinetwegen … warum?“

„Verärgert wäre wohl nicht das richtige Wort. Ich bin überrascht, dass du aus einer Lappalie unnötigerweise eine große Affäre machen willst …“

„Seit wann ist eine Ehe eine Lappalie?“

Obwohl Nikolos ihr mit dieser Feststellung eine erstklassige Vorlage für eine spitze Antwort geliefert hatte, hielt sich Prudence zurück. „Du weißt, was ich darauf leicht antworten könnte, Nik. Wir haben keine normale Ehe geführt. Und jetzt möchte ich die Scheidung, so einfach ist das.“

Nikolos’ goldbraune Augen richteten sich nun scharf auf sie. „Warum?“

Prudence stellte betrübt fest, dass die Atmosphäre zwischen ihnen plötzlich vor Spannung und sogar ein wenig Feindseligkeit zu knistern begann. Sie dachte an ihren Wunsch, Mutter zu werden, aber bei Nikolos’ momentaner Laune sollte sie besser nicht davon anfangen. „Ich bin dir keine Erklärung schuldig …“

„Doch, das bist du.“ Seine Stimme war rau, sein Tonfall harsch und ungeduldig.

Nikolos hatte nie zuvor in dieser Weise mit Prudence gesprochen. Sie ärgerte sich über sein Verhalten. „Nein, das bin ich nicht.“

Nikolos warf auf einmal in einer etwas theatralischen Geste – typisch griechisch, dachte Prudence – die Arme in die Höhe, um sein Unverständnis zu unterstreichen. „Was ist auf einmal mit dir los? Was ist in dich gefahren?“

Prudence presste die Lippen fest zusammen und drehte sich herum, um hinunter auf den Fluss zu schauen. „Sprich bitte nicht mit mir, als ob ich verrückt sei …“

„Das habe ich doch gar nicht …“

„Doch, das tust du gerade.“

Nikolos war immer stolz auf seine Selbstbeherrschung gewesen. Er hätte nie vermutet, dass ausgerechnet Prudence ihn dazu bringen würde, sie zu verlieren. Verwundert schaute er sie an. Ohne dass sie es bemerkt hatte, war der Schal von ihren Armen geglitten und hatte ihre runden Schultern und die Ansätze ihrer festen Brüste enthüllt. Nikolos konnte die Augen nicht von ihr wenden. Er hatte sie nie zuvor so gesehen. Sie hatte den kurvenreichen Körper einiger Filmstars, die in den vierziger Jahren berühmt gewesen waren. Plötzlich hatte er Schwierigkeiten, sich auf seine Argumente zu konzentrieren. „Ich habe dich hierher eingeladen, um deinen Geburtstag mit dir zu feiern. Und du machst auf einmal völlig unerwartet …“

„… einen völlig vernünftigen Vorschlag, wolltest du sagen? Da die Ehe zwischen uns nie vollzogen wurde, sollten wir die Verbindung zwischen uns auch formal beenden.“

„Und ich stelle noch einmal – völlig vernünftig – die Frage, warum?“

Sie hob trotzig das Kinn, ihre blauen Augen blitzten zornig. „Das geht dich nichts an.“

Nikolos glaubte, sich verhört zu haben. „Ich bestehe darauf …“

Prudence war plötzlich das ganze Geplänkel leid. Wenn er es nicht anders wollte, würde sie ihm die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit. „Also gut …“

Nikolos unterbrach sie. „Wollen wir nicht hineingehen und essen, während wir weiterreden?“

Prudence trat ein und setzte sich. Ihr Ärger hatte sich bereits wieder gelegt, aber die Feindseligkeit, die in der Luft lag, bedrückte sie. Um Himmels willen – sie hatte doch immer noch sehr viel für Nikolos übrig. Es lag überhaupt nicht in ihrer Absicht, ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Der Blick ihrer blauen Augen wurde wieder sanft, als sie ihn anschaute. Sie lächelte. „Ich kann einfach nicht glauben, dass wir uns streiten.“

„Aber so ist es.“ Nikolos lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der Hunger war ihm vergangen. In seinem Kopf hatte bereits eine Ahnung Gestalt angenommen, die sein Ego zutiefst erschütterte. Ja, es musste einen anderen Mann in ihrem Leben geben. Warum sonst sollte sie plötzlich die Scheidung verlangen?

Prudence warf Nikolos einen verstohlenen Blick zu. Seine Augen funkelten vor unterdrückter Erregung, diese Augen in ihrem tiefen Bernsteinbraun mit ihrem goldenen Schimmer, die sie so lange bezaubert hatten. Aber jetzt musste sie sich von dieser Faszination lösen, zu sich selbst finden. Sie konnte und wollte nicht länger eine Rolle ganz am äußeren Rand seines Lebens spielen.

„Es gibt doch überhaupt keinen Grund, böse aufeinander zu sein“, murmelte sie. „Ich mag dich wirklich immer noch sehr gern …“

„Du magst auch Hunde, Katzen, Schafe, Affen und Pferde – und die meisten Leute, die du triffst.“

Die unterschwellige Andeutung in seiner Antwort ließ Prudence erröten. „Ich habe angenommen, du wolltest ebenfalls die Scheidung. Stört es dich vielleicht, dass ich zuerst und von mir aus diesen Vorschlag gemacht habe? Aber du musst doch zugeben, dass unsere Ehe mit einer normalen Ehe nichts zu tun hat.“

Nikolos richtete einen vorwurfsvollen Blick auf sie. „Ist das etwa allein meine Schuld?“

Auf Prudence’ Stirn zeigten sich Zornesfalten. „Was soll das heißen?“

„Ich habe gefragt, ob es allein meine Schuld sei, dass unsere Ehe sich nie zu einer richtigen Ehe entwickelt hat.“

Prudence war völlig verblüfft. „Ich habe immer angenommen, der Grund dafür sei uns beiden klar gewesen.“

„Wirklich?“ Sein Tonfall war so ernst, so ruhig, dass sie sich verblüfft nach vorn beugte und ihm gespannt in die Augen sah. „Du warst es schließlich, die in der Hochzeitsnacht aus dem Schlafzimmer verschwand. Du warst es, die hysterisch wurde, als ich dich zu küssen versuchte. Und du warst es doch auch, die ihre Sorge um die Mutter zum Anlass nahm, um aus Griechenland zu verschwinden und nicht zurückzukommen.“

Prudence konnte einfach nicht glauben, was sie da hörte. Sie riss die Augen vor Überraschung weit auf. „Du beschwerst dich im Ernst über mich?“

„Ich bin wohl nicht in der Situation, mich beschweren zu können.“ Nikolos schloss den Mund zu einem schmalen Strich.

Prudence wusste einfach nicht, was Nikolos mit diesen Argumenten bezweckte. Sie wusste nur, dass sie nicht noch einmal eine so schmerzliche und demütigende Zeit durchmachen wollte wie die Wochen nach ihrer Hochzeit, bis sie ihrem Unglücklichsein ein Ende setzte und nach England zurückflog. „Ich denke auch, dass du keinen Grund hast, dich zu beschweren, Nikolos. Ich finde es sehr egozentrisch von dir, mir solche Vorwürfe zu machen.“

„Das ist deine Überzeugung?“

„Ja, in der Tat. Und ich habe kein Verständnis für deine Haltung.“ Sie schob den Stuhl zurück und stand mit leicht zittrigen Knien auf. „Ich hatte den Eindruck, dass die Krankheit meiner Mutter und mein Wunsch, nach England zurückzukehren, dir damals sehr gelegen kamen.“

„Das stimmt nicht“, sagte Nikolos aufgebracht.

Prudence’ Wangen brannten. Sie zitterte. Wenn die Sprache auf die Demütigungen und seelischen Verletzungen während ihrer Ehe kam, wurde die Anspannung für sie fast unerträglich. „Es tut mir leid“, sagte sie mit beherrschter Stimme. „Das alles klingt nicht sehr überzeugend aus dem Mund eines Mannes, der sich am Abend seiner Hochzeit so sinnlos betrunken hat, dass er nicht Gefahr lief, seine ehelichen Pflichten erfüllen zu müssen.“

Einen Augenblick lang schien es, Nikolos sei zu Stein erstarrt. Dann sprang er auf und kam um den Tisch herum auf sie zu. Er überragte sie um mehr als Haupteslänge. Aus seiner Haltung sprach gekränkte Männlichkeit und Aggressivität. „Sag das noch einmal …“, murmelte er erstickt.

„Das ist nicht nötig“, meinte Prudence, die instinktiv merkte, dass sie die Situation nicht weiter anheizen durfte.

„Du behauptest also, ich hätte mich betrunken, um meinen ehelichen Verpflichtungen zu entgehen?“

Prudence’ Wangen waren vor Scham glühend rot geworden. Sie verstand selbst nicht, warum sie Nikolos nach acht Jahren plötzlich sein Verhalten in ihrer Hochzeitsnacht vorwarf.

Nikolos’ Augen starrten sie förmlich an. „Willst du damit sagen, dass in unserer Hochzeitsnacht nichts geschehen ist … gar nichts?“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dir damit etwas Neues verrate“, murmelte Prudence und senkte beschämt den Kopf.

Nikolos fühlte, wie ein unbeschreiblicher Zorn seinen ganzen Körper erzittern ließ. Noch nie in seinem Leben war er so wütend gewesen. Aber gleichzeitig wurde ihm klar, warum er die ganzen Jahre ein unbestimmtes Gefühl von Schuld und Versagen mit sich herumgeschleppt hatte. In der Hochzeitsnacht hatte er sie also nicht angerührt. Die späte Erkenntnis nahm merkwürdigerweise eine Last von seiner Seele. Er winkte dem Kellner, der gerade mit einem beladenen Tablett hereinkam, wieder zu gehen. Er umfasste Prudence an der Hüfte und zog sie mit sich. „Ein unerwarteter Notfall“, sagte er im Vorbeigehen zu dem Restaurantmanager. Mit seinen Bodyguards im Schlepptau führte er die widerstrebende Prudence ohne ein Wort der Erklärung zum Hubschrauber.

Was ging hier vor? Wo wollte er hin? Was war mit dem Geburtstagsessen? Diese Fragen schossen Prudence durch den Kopf, aber sie sagte nichts, um ihn nicht noch mehr aufzuregen. Wieso war er bei der Erwähnung des Desasters während ihrer Hochzeitsnacht dermaßen in Rage geraten? Das passte gar nicht zu seinem Charakter – der Nikolos Angelis, den sie kannte, war kühl und gelassen.

Als sie wieder bei Prudence’ Farmhaus angekommen waren, stieß Nikolos die Eingangstür auf und ging ins Wohnzimmer. Seine Augen waren so intensiv auf ihr Gesicht gerichtet, als ob er dort die Antwort auf die Fragen finden könnte, die in ihm bohrten. „Bist du dir darüber im Klaren, dass ich mir acht Jahre lang Vorwürfe wegen etwas gemacht habe, was gar nicht passiert ist?“

Prudence wusste nun gar nicht mehr, was vor sich ging. „Ich weiß nicht, wovon du redest. Weswegen hast du dir Vorwürfe gemacht?“

Nikolos lief auf und ab. „Als ich am Morgen nach unserer Hochzeit aufwachte, war ich nackt …“

„Das waren deine Freunde …“

„Das Bett war neu bezogen und gemacht …“

„Du hattest mich in deiner Trunkenheit um ein Glas Wasser gebeten und es über das Bett geschüttet. Deshalb habe ich das Bettzeug gewechselt.“ Prudence sah ihn ungläubig an. „Willst du damit sagen, dass du dermaßen betrunken warst, dass du dich an rein gar nichts mehr erinnerst?“

„An überhaupt nichts. In meiner Erinnerung klafft ein großes Loch. Die Zeit vom Abendempfang fast bis zum nächsten Mittag ist vollständig aus meinem Gedächtnis gelöscht. Das habe ich dir schon gesagt.“

„Ich dachte, das sei nur eine Ausrede …“

„Warum hätte ich schwindeln sollen?“

Prudence seufzte. „Weil Leute das oft tun, wenn sie zu viel getrunken haben.“

„Ich habe dich aber nicht angelogen, als ich sagte, ich hätte einen totalen Blackout gehabt“, erwiderte Nikolos grimmig.

„Ich glaube dir ja. Aber damals kannte ich dich viel zu wenig, um das beurteilen zu können.“

„Schon am Tag nach unserer Hochzeit hast du dich von mir zurückgezogen“, sagte Nikolos vorwurfsvoll. „Du konntest mir nicht in die Augen sehen, du hast mir nicht einmal erlaubt, deine Hand zu berühren …“

„Ich möchte nicht darüber reden.“ Prudence fühlte, wie die Erinnerung an ihre Hoffnungen und Erwartungen an diesen Tag und der Schmerz über die Zurückweisung sie zu überwältigen drohten. Sie hatte mit dieser Enttäuschung zu leben gelernt, aber sie allein wusste, was ihre Liebe zu Nikolos sie gekostet hatte.

„Du musst aber darüber reden“, verlangte Nikolos. „Diesmal musst du Farbe bekennen, ich werde mich mit Andeutungen über mein angebliches sexuelles Fehlverhalten nicht weiter zufriedengeben.“

Erschrocken über seine Aggressivität atmete Prudence tief ein, um sich zu beruhigen. „Ich möchte dazu nur sagen, dass ein sexuelles Verhalten, wie es für jeden anderen Mann normal wäre, nicht deine Sache ist.“

„Du glaubst hoffentlich nicht, was du da sagst“, erwiderte Nikolos vorwurfsvoll. „Du bist also immer noch überzeugt, dass ich mich in jener Nacht freiwillig so betrunken habe? Ich sage dir, es war nicht so … jemand hat etwas in meinen Drink gemixt.“

„Das hast du damals schon angedeutet“, sagte Prudence.

„Und du hast es damals schon nicht geglaubt.“ Nikolos lachte bitter auf.

„Das ist richtig.“

„Aber es ist die Wahrheit. Jemand hat eine Droge, ein starkes Beruhigungsmittel oder etwas Ähnliches in meinen Drink geschüttet. Es sollte wohl ein Scherz sein, aber es hat unsere Hochzeitsnacht ruiniert.“

Wenn Prudence sich Nikolos’ Zustand in jener Nacht ins Gedächtnis zurückrief, der mehr einer Ohnmacht als einer Volltrunkenheit geglichen hatte, hielt sie seinen Verdacht nicht mehr für ganz unbegründet.

„Jedenfalls hat das, was damals geschehen, oder besser, nicht geschehen ist, mich tiefer verletzt und beschämt als dich“, sagte Prudence, drehte sich mit einem Ruck herum und ging in den Garten hinaus.

Sie blieb unter einem Apfelbaum stehen, holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Sie schaute zu Nikolos hinüber, der an der Brüstung der Terrasse stand.

„Woher willst du wissen, wie ich mich gefühlt habe?“, fragte er.

„Deine Familie und deine Freunde haben dich ja so sehr bemitleidet, dass du ein Mädchen wie mich heiraten musstest“, erinnerte sie ihn. „Wahrscheinlich waren alle erleichtert, dass du nicht auch noch mit mir schlafen musstest.“

Eine leichte Schamesröte zeigte sich auf seinem Gesicht. Er hatte nicht gewusst, dass sie sich selbst so gering schätzte – und es störte ihn. „Das glaubst du doch nicht wirklich? Warum machst du aus der Sache solch ein Drama?“

„Für mich war es ein schreckliches Erlebnis.“ Sie bedauerte ihre Offenheit und ging wieder ins Haus. Sie konnte einfach nicht stillstehen. All die schmerzlichen Erinnerungen kamen wieder hoch, aber sie hatte nicht die Absicht, die Verzweiflung über ihre gescheiterten Teenagerträume noch einmal zu durchleben.

„Weil du dich so verletzt gefühlt hast, wolltest du nie mit mir über die Ereignisse in jener Nacht reden? Weil du nie etwas gesagt hast, habe ich das Schlimmste angenommen. Da ich durch das Zeug in meinem Drink total die Kontrolle über mich verloren hatte und du dich am nächsten Tag so abweisend verhalten hast, habe ich befürchtet, ich hätte dir vielleicht Gewalt angetan …“

„Gewalt?“

„Ja, im Bett, dass ich dir wehgetan haben könnte, aggressiv zu dir war, was weiß ich …“ Nikolos schüttelte ungläubig den Kopf. „Dass überhaupt nichts zwischen uns passiert sein könnte, ist mir gar nicht in den Sinn gekommen.“

Prudence wusste nicht, wohin sie schauen sollte. Ihr Gesicht war brennend rot geworden. „In dem Zustand, in dem du warst, hätte ich dir nicht erlaubt, mich anzufassen.“

„Dann habe ich mich also am nächsten Morgen beim Frühstück völlig unnötig als eine Art Vergewaltiger gefühlt, willst du damit sagen?“

Prudence konnte nur wortlos nicken.

„Was hätte ich denn denken sollen? Offensichtlich hatte ich mich total danebenbenommen. Als ich dir einen Kuss geben wollte, begannst du zu weinen, bist weggelaufen und hast dich in deinem Zimmer eingeschlossen.“

Prudence schluckte. Sie begann zu verstehen, dass ihr eigenes Verhalten auch zu Missverständnissen Anlass gegeben hatte. Aber so leicht wollte sie es ihm nicht machen.

„Auf unserem Hochzeitsempfang warst du plötzlich verschwunden“, meinte Prudence. „Ich habe dich gesucht. Du warst mit Cassia Morikis zusammen.“

Nikolos runzelte die Stirn. „Daran kann ich mich noch erinnern. Ich wollte vermeiden, dass Cassia eine öffentliche Szene machte. Sie schäumte vor Wut. Ich habe sie in ein leeres Zimmer gezogen, um sie zu beruhigen.“

Prudence biss sich auf die Unterlippe. Sie hätte wissen müssen, als sie sich auf die Diskussion einließ, dass er der ganzen Sache eine völlig andere Wendung geben würde. „Als ich euch sah, lagt ihr euch in den Armen, und es sah überhaupt nicht so aus, als ob du sie beruhigen wolltest.“

„Und ich sage dir, es war völlig harmlos …“

„Du hast sie geküsst“, schrie Prudence auf.

Nikolos hielt ihrem empörten Blick stand. Warum war ihm vorher nie aufgefallen, was für einen aufregend sinnlichen Mund sie hatte? „Sie weinte und hat mich geküsst … ich habe sie zurückgewiesen.“

„Vielleicht irgendwann, aber da war ich schon weggelaufen.“ Prudence hatte nun genug von diesem Gerede. „Lassen wir die alten Geschichten. Alles, was ich jetzt noch möchte, ist die Scheidung.“

„Vergiss es … du bist eine Angelis … du bist meine Frau. Diese ganze Diskussion ist überflüssig …“

„Nein, das ist sie nicht.“ Prudence’ sanfte blaue Augen funkelten plötzlich bedrohlich. „Und glaube ja nicht, dass ich die Scheidung nicht bekomme, nur, weil du dich weigerst.“

Nikolos spannte seinen ganzen Körper an, holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. „Meinst du nicht, wir sollten unserer Ehe erst noch eine Chance geben, bevor wir an Scheidung denken?“

2. KAPITEL

In der Stille, die auf seine Worte folgte, hätte man eine Feder zu Boden fallen hören können. Prudence öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber gleich wieder, als sie merkte, dass Nikolos auf ihre Lippen starrte. Ihre Wangen brannten, und sie fragte sich, was sein Blick zu bedeuten hatte. Sie wusste nicht, ob sie richtig gehört hatte. Das konnte er doch nicht ernsthaft meinen? Oder hatte sie ihn nur nicht richtig verstanden?

Nikolos war sich klar, dass er sehr weit gegangen war, und versuchte nun, die Tragweite seiner Worte etwas zu reduzieren. „Denk doch bitte darüber nach. Vor acht Jahren waren wir fast noch Kinder. Also taten wir, was andere von uns erwarteten. Wir hatten keine Zeit, uns besser kennenzulernen. Aber jetzt sind wir älter und klüger.“

Prudence hatte das Gefühl, sie stünde innerlich in Flammen. Der Schmerz war fast unerträglich. Sie schloss eine Sekunde lang die Augen und überlegte, was nur mit Nikolos los sein konnte. Nach acht Jahren, in denen er durch offen zur Schau getragenes Desinteresse ihr Herz in tausend Stücke zerbrochen hatte, schlug er vor, es mit der Ehe doch noch zu probieren – so, als ob es darum ginge, ein paar neue Schuhe zu kaufen. Sie verspürte den Wunsch, laut zu schreien – aber erst, nachdem sie ihm an die Gurgel gefahren war, weil er es wagte, genau in dem Moment, in dem sie sich endlich dazu durchgerungen hatte, sich von der Vergangenheit zu befreien, das vorzuschlagen, wonach sie sich so viele Jahre gesehnt hatte.

„Nein, danke“, sagte Prudence kühl, als hätte er ihr lediglich einen Drink angeboten.

Nikolos war nicht so ohne Weiteres bereit, ihre Weigerung zu akzeptieren. Sie will mich nur hinhalten, dachte er. Irgendwie war er immer davon ausgegangen, dass er irgendwann mit ihr zusammenleben würde, wenn seine Sturm- und Drangzeit vorbei wäre. Er war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie auf ihn warten würde – eine starke, intelligente Frau, die wusste, er würde eines Tages ihr gehören.

„Denke bitte noch einmal darüber nach“, drängte Nikolos sie. „Wir sind schließlich verheiratet …“

„Nur auf dem Papier“, warf Prudence trocken ein.

„Aber das könnten wir ändern … sofort, wenn wir wollen.“

Aber so leicht war Prudence nicht mehr zu beeindrucken. Die Zeiten, in denen ein Lächeln von ihm oder ein wenig Wärme in seinem Blick ihren Herzschlag beschleunigt hatten, waren vorbei.

„Ich habe nicht vor, etwas zu ändern.“

Nikolos berührte sie an den Schultern und zog sie an sich. Sie wehrte sich nicht. Ihr Verstand sagte ihr, sie sollte ihn zurückstoßen und über ihn lachen. Es gab nur ein Problem – sie genoss seine Nähe. Eine ganz leise Stimme flüsterte ihr ein, dass sie ein Recht darauf hatte zu erfahren, wie es sein würde, in seinen Armen zu liegen.

„Als romantischer Liebhaber bin ich nicht besonders gut … aber dafür auf anderen Gebieten“, flüsterte Nikolos ihr ins Ohr.

„Keine falsche Bescheidenheit“, flüsterte Prudence. Sie war so angespannt, so voller Erwartung, dass sie kaum richtig atmen konnte. Sie war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Als seine schlanken, braunen Finger ihre Wange streichelten und sich in ihr Haar gruben, hob sie den Kopf und suchte seine faszinierenden, golden schimmernden braunen Augen.

„Mit Bescheidenheit gewinnt man keine Schlacht“, Nikolos beugte seinen Kopf zu ihr hinunter. „Wenn du noch mal wegläufst, komme ich hinter dir her und hole dich zurück.“

Prudence fühlte, dass die Spitzen ihrer Brüste sich aufrichteten. Bevor sie noch eine Bewegung machen konnte, presste sich Nikolos’ Mund auf ihre Lippen. Es fühlte sich so zärtlich und unglaublich gut an. Sie umschlang seinen starken muskulösen Körper. Ihr Herz schlug wie ein Trommelwirbel. Als Prudence merkte, wie sich seine Zunge zwischen ihre Lippen schob, öffnete sie bereitwillig ihren Mund. Sie zitterte vor Erregung. Und sie wollte mehr. Ihr Körper bestand nur noch aus Sehnsucht und Erwartung. Sie wollte die Freuden der Liebe, die er ihr anbot, genießen und ihren Stolz vergessen. Aber als Nikolos sie fester an sich ziehen wollte, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie dabei war, völlig die Kontrolle über sich zu verlieren. Sie befreite sich aus seinem Griff und trat einen Schritt zurück.

Nikolos atmete schwer. Er unterdrückte seinen Wunsch, sie zu packen und erneut an sich zu ziehen. „Was ist los?“

Was los war? In dem Schrank hinter ihr lagen die Alben mit den Berichten über seine zahllosen Affären, dachte Prudence höhnisch. Sie fürchtete, dass er genau gemerkt hatte, dass seine Umarmung und sein Kuss bei ihr ein mittleres Erdbeben ausgelöst hatten und ihre Beine immer noch wackelig waren. „Ich kann es nicht zulassen …“

„Warum nicht?“

„Weil ich die Scheidung will.“

„Wieso eigentlich?“ Nikolos war angespannt wie ein Panther vor dem Sprung. „Gibt es einen anderen Mann?“

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 18 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen. Manchmal sitzt Sie...

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Sarah Morgan

Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 18 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen. Manchmal sitzt Sie...

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