Liebe ist süßer als jede Rache

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Heißes Begehren, kalte Wut: Keine Frau weckt solch mächtige Gefühle in Millionär Javier Santino wie die schöne Eiskunstläuferin Carla. Schließlich ist sie die Einzige, die es jemals wagte, ihn nach einer heißen Liebesnacht zurückzuweisen. Doch jetzt wird er ihr eine Lektion erteilen! Wenn sie ihr Zuhause nicht verlieren will, muss sie tun, was er verlangt - und das Bett mit ihm teilen, bis seine Lust endgültig gestillt ist! Aber kaum hält er sie in seinen Armen, spürt er plötzlich: Es gibt noch etwas, das ist süßer als Rache. Viel süßer …


  • Erscheinungstag 28.03.2017
  • Bandnummer 2276
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708252
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Carla Nardozzi nahm die Hand des Chauffeurs und stieg aus dem luxuriösen Geländewagen. Sofort überfiel sie New Yorks Geräuschkulisse. Die Fahrt von ihrem Hotel bis in die Innenstadt war so kalt und unbehaglich gewesen wie die eisige Luft aus der Klimaanlage.

Rechts von ihr stand stocksteif ihr Vater Olivio Nardozzi, aber Carla wusste, dass es in ihm brodelte. Auch wenn sie sich in einem schockähnlichen Zustand befand, dankte sie dem Fahrer mit einem höflichen Lächeln. In den vergangenen sieben Tagen hatte eine Katastrophe die nächste gejagt, und sie war immer noch dabei, die Ereignisse zu verarbeiten. Anfangs hatte sie einfach nur versucht, nicht unterzugehen und eine Sache nach der nächsten zu bewältigen. Schließlich war sie so erschöpft, dass sie sich wie betäubt fühlte. Aber das Schlimmste lag noch vor ihr. Oder, genauer gesagt, über ihr, im sechsundsechzigsten Stockwerk, im Büro des Mannes, den sie im ganzen Leben nie hatte wiedersehen wollen.

Wie von einem starken Magneten angezogen, glitt ihr Blick an der Glasfassade des Gebäudes entlang, in dem sich die angesehene Firma J. Santino AG befand.

Eine Gelegenheit, von der man nicht zu träumen wagt.

Ein einmaliger Werbevertrag.

Selbst eine so erfolgreiche und berühmte Eiskunstläuferin wie du müsste verrückt sein, das Angebot abzulehnen.

Seit einem Jahr hörte sie diese Worte ständig von ihrem Vater und ihren Beratern. Noch vor Kurzem hatte ihr Freund und Agent Draco Angelis sie in beschwörendem Tonfall zu ihr gesagt. Er konnte einfach nicht verstehen, warum sie sich der Chance ihres Lebens so hartnäckig widersetzte.

Jedes Mal hörte Carla zu und nickte an den richtigen Stellen, während sie gleichzeitig genau wusste, dass sie das Angebot nie akzeptieren würde. Nie wieder wollte sie etwas mit dem Mann zu tun haben, der Chef dieser Firma war.

Seit drei Jahren bewahrte sie nun schon ihr Geheimnis, und sie hatte nicht die geringste Absicht gehabt, den Mann je wiederzusehen, um den es dabei ging.

Doch dann war ihr ganzes Leben plötzlich auf den Kopf gestellt worden.

Sie erschauerte, und das hatte nichts mit dem ungewöhnlich stürmischen Frühlingstag zu tun. In wenigen Minuten würde sie Javier Santino gegenüberstehen.

Dem Mann, der ihr die Unschuld genommen hatte. Dem Mann, der ihr die sinnlichste, erotischste Nacht ihres Lebens geschenkt hatte. Dem Mann, der am nächsten Morgen ihren ungeschickt gestammelten Worten mit steinerner Miene gelauscht hatte. Hasserfüllt hatte er sie angestarrt und dann eiskalt aus seinem Haus – und seinem Leben – geworfen.

Noch Jahre später zog sich Carlas Herz zusammen, wenn sie an diese entsetzlichen Stunden dachte. Seit jenem Tag hatte sie alles getan, um Javier Santino nicht noch einmal zu begegnen. Und darum war dies hier der letzte Ort, den sie freiwillig aufgesucht hätte.

„Nun komm schon, der Vertrag unterschreibt sich nicht von alleine, während du hier stehst und das Gebäude anstarrst.“

Carla sah ihren Vater an. Einen Moment lang lichtete sich ihre Betäubung, und unzählige Gefühle strömten auf sie ein. Enttäuschung. Traurigkeit. Ärger. Sie begriff, dass Olivio Nardozzis Verständnis von väterlicher Liebe sich drastisch von dem eines normalen Vaters unterschied.

Bitterkeit stieg in ihr auf. „Wir wären nicht hier, wenn du nicht alles verspielt …“

„Fang nicht schon wieder damit an, Carla.“ Er trat näher, sodass ihre drei Anwälte, die sie hierher begleitet hatten, nicht mithören konnten. „Wir haben das schon oft genug durchgekaut, und ich bin nicht besonders wild darauf, es noch einmal zu tun, vor allem nicht in der Öffentlichkeit. Du hast ein Image zu bewahren. Ein makelloses Image, für das wir beide hart gearbeitet haben. In weniger als einer Stunde gehören unsere finanziellen Probleme der Vergangenheit an, und darauf sollten wir uns freuen.“

Freuen.

Wie konnte sie sich freuen, wenn sie sich in die Höhle des Löwen begeben musste, um ihr kostbares Image zu bewahren?

Sie holte tief Luft, dann setzte sie wie ferngesteuert einen Fuß vor den anderen, ging durch die Drehtür und stieg in den Fahrstuhl.

Überrascht blieb sie stehen, als sich die Türen wieder öffneten und sie in das Foyer der J. Santino AG trat. Sie hatte Glas, Chrom und moderne Kunst erwartet, stattdessen sah sie farbenfrohe Wände und exotische Pflanzen. Angestellte entspannten sich in bequemen Sesseln und auf gigantischen Futons. Erlesene lateinamerikanische Kunstwerke waren in dem riesigen Raum verteilt und erinnerten Carla an Javiers leidenschaftliche spanische Seite.

Hastig schob sie die Erinnerungen beiseite und folgte der Empfangsdame durch einen burgunderrot tapezierten Flur zu einer zweiflügeligen Tür. Mit einem elektrischen Laut schwangen ohne ihr Zutun die Türflügel auf. „Mr. Santino wird jeden Moment hier sein.“

Carlas Herz schlug bis in den Hals, als sie den riesigen Konferenzraum betrat. Große Fenster boten einen atemberaubenden Ausblick auf Manhattan. Während sie zu dem großen Tisch in der Mitte des Raumes ging, zog sich ihr Inneres zusammen. Nur am Rande bekam sie mit, wie ihre Begleiter ihre Plätze einnahmen.

Würden diese goldbraunen Augen sie immer noch so hasserfüllt ansehen? Seit seine Firma vor einem Jahr mit diesem Angebot an sie herangetreten war, hatte sie sich immer gefragt, was Javier Santinos Gründe dafür sein mochten. Natürlich befand sie sich als die Nummer eins unter den Eiskunstläuferinnen in einer ausgezeichneten Position. Aber es gab auch noch ein paar Dutzend andere Sportler von ähnlichem Rang.

Ihr Management beharrte darauf, dass sie nun mal genau die richtige Person für den Job war. Aber sie fragte sich, ob es sich nicht um eine geschickte Falle von Javier handelte.

Allerdings war er nicht ein einziges Mal persönlich mit ihr in Kontakt getreten, sondern hatte nur über seine Anwälte mit ihr kommuniziert. Carla verschränkte die Arme und schluckte, während eine zaghafte Hoffnung in ihr wuchs. Vielleicht hatte Javier ja inzwischen jenen Vorfall nach ihrer gemeinsamen Nacht überwunden. Vielleicht war der Hass in seinen Augen auch nur ein Produkt ihrer allzu lebhaften Fantasie gewesen. Genau wie der seltsame Schmerz in ihrer Brust, jedes Mal, wenn sie an ihn gedacht hatte. Oder das Gefühl, dass die Nacht mit ihm ihr Leben für immer verändert hatte.

Nach den Zeitungsartikeln zu urteilen, hatte Javier sich seitdem ausgiebig anderen Herausforderungen gewidmet – seiner Arbeit und seinem wilden Nachtleben. Also war ihre Beklemmung bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen, vielleicht vollkommen übertrieben …

„Haben Sie vor, im Stehen an dem Meeting teilzunehmen, Miss Nardozzi?“

Carla zuckte bei dem unbeteiligten Tonfall zusammen. Ihr Atem stockte, jede Zelle in ihrem Körper erstarrte, als sie den Mann ansah, der gerade den Konferenzsaal betreten hatte. Javier Santino brauchte die beiden Anwälte an seiner Seite nicht, um aus jeder Pore Macht und Überlegenheit zu verströmen. Er war immer noch umwerfend attraktiv und sexy. Der elegante dunkelgraue Nadelstreifenanzug mit weißem Hemd und dunkelblauer Krawatte betonte seine breiten Schultern, und seine überwältigend männliche Ausstrahlung lenkte die Blicke auf seine hohen Wangenknochen und den sinnlichen Mund.

Er blieb Carla gegenüber auf der anderen Seite des Konferenztisches stehen, doch selbst auf die Entfernung überwältigte sie seine Aura. Goldgesprenkelte braune Augen hielten ihren Blick fest, und er hob in einer kühlen, arroganten Geste eine Braue.

Tief in ihrem Inneren spürte sie durch ihre Betäubung wieder die Angst – und etwas Wildes, Gefährliches, das sie nicht benennen konnte. Ihr war, als würde der Boden unter ihren Füßen schwanken.

Sie hätte nicht herkommen sollen. Andererseits … welche Wahl hatte sie gehabt?

„Also gut. Ich nehme das als Ja.“ Er musterte sie mit einem unbeteiligten Blick, dann wandte er sich ab. Sofort war Carla, als hätte sich ein Bann gelöst. Er zog sich einen Stuhl heran, knöpfte seine Jacke auf und setzte sich. „Da Sie auch meiner Assistentin keine Antwort auf ihre Frage gegeben haben, ob Sie etwas trinken möchten, nehme ich an, Sie möchten nichts“, fuhr Javier fort.

Seine dunkle, weiche Stimme entzündete ein Feuer in Carlas Innerem. Sie sah seiner Assistentin nach, die gerade den Konferenzraum verließ, und fragte sich, wie lange sie in Gedanken an die Vergangenheit versunken aus den Fenstern gestarrt hatte. „Nein, danke, ich möchte nichts.“ Die Assistentin sah sich noch einmal nach ihr um und lächelte kühl, bevor sie ging.

„Gut. Sollen wir anfangen?“

Ihr Blick glitt zurück zu ihm, und ihr Herz schlug schneller. Sie fand weder Feindseligkeit noch Ärger in seinem Gesicht, auch keine Spur von dem heißblütigen Liebhaber. Keinen Hinweis darauf, dass dieser Mann sie einmal nackt gesehen und Dinge mit ihr getan hatte, deren Erinnerung daran ihr noch jetzt das Blut heiß durch die Adern schießen ließen.

Er hatte sich also für unpersönlich entschieden. Geschäftsmäßig. Während sie sich mit zitternden Händen einen Stuhl heranzog und sich setzte, atmete sie erleichtert aus. Wenn er so tun wollte, als hätte es die Nacht nie gegeben, sollte es ihr nur recht sein. Das war sogar ganz ausgezeichnet. Dann gab es keinen Grund für sie, sich noch länger zu fürchten.

„Ich glaube, unsere Anwälte haben sich bereits wegen der Formalitäten geeinigt. Sie erklären sich mit vierteljährlichen Zahlungen und den leistungsabhängigen Prämien einverstanden, nicht wahr?“

Carla zwang sich, ihren Blick von Javier zu lösen und ihren Vater anzuschauen. Sie wollte ihn anschreien, ihn fragen, was zum Teufel er sich dabei gedacht hatte, ihr gesamtes Geld zu verspielen, sie an den Rand des Bankrotts zu bringen und alles zu gefährden, wofür sie ihr Leben lang gearbeitet hatte. Aber sie zweifelte nicht daran, dass er sich wieder mit einer seiner unbekümmerten Erklärungen herausreden würde, so gefühllos und hochmütig, wie sie ihn schon als Kind stets erlebt hatte.

Sie wandte wieder den Blick ab und bemühte sich, Schmerz und Enttäuschung zu verdrängen. Dann sah sie wieder Javier an. „Ja, ich bin mit Ihren Bedingungen einverstanden.“

„Außer, natürlich, Sie wären bereit, eine größere Vorauszahlung zu leisten“, mischte sich ihr Vater ein.

Javiers Blick wich nicht von ihrem Gesicht. „Nein. Falls der Termin zur Vertragsunterzeichnung ein Vorwand war, um noch einmal zu versuchen, die Details neu auszuhandeln, haben Sie nur unser aller Zeit vergeudet. Ich hoffe sehr, das ist nicht der Fall, Miss Nardozzi.“ Sein kühler Tonfall passte zum eisigen Ausdruck seiner Augen.

Wieder erschauerte sie. „Nein. Ich bin mit allen Bedingungen des Vertrags einverstanden.“

Ihr Vater schnappte nach Luft. „Carla!“

Sie bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. „Können wir bitte weitermachen?“

Javiers Blick wurde schärfer. „Sie wissen, dass Ihre Überdenkungsfrist wegen der verspäteten Unterzeichnung nicht länger gilt? Sobald Sie unterschrieben haben, ist dieser Vertrag rechtskräftig.“

Carla atmete tief ein. „Ja. Ich verstehe wirklich nicht, warum wir das Ganze noch einmal durchgehen. Meine Anwälte haben mir alles genau erklärt. Ich bin bereit, Ihr Dokument zu unterschreiben, Mr. Santino. Das Einzige, was ich dazu noch brauche, ist ein Stift.“

Falls sie eine Reaktion erwartet hatte, wurde sie bitter enttäuscht. Mit einem fast beleidigenden Mangel an Interesse glitt sein Blick von ihr zu seinen Anwälten. Ein Nicken von ihm, und sie legten die Unterlagen vor ihr auf den Tisch. Ein eleganter Kugelschreiber mit seinem eingravierten Namen landete vor ihr.

Mit zitternden Fingern nahm sie ihn auf und unterzeichnete alle Exemplare. Ihr Schicksal war besiegelt.

Ab jetzt war sie das Gesicht für die Produkte der J. Santino AG. Wann immer er wollte, würde sie für öffentliche Auftritte oder Fototermine bereitstehen.

Mit ein bisschen Glück konnte sie jetzt nach ihrer Rückkehr in die Toskana mit ihrer Bank eine Fristverlängerung aushandeln und das Haus ihrer Familie retten. Nicht, dass es je ein echtes Zuhause für sie gewesen wäre.

Ihr Vater nutzte es vor allem, um in ihrem Erfolg zu baden und allen zu verkünden, dass sie es ohne ihn nie geschafft hätte. Aber es war das einzige Dach über dem Kopf, das sie noch besaß. Sie hatte ihre Wohnung in New York verloren, genau wie das Haus in der Schweiz. Alles war weg.

Carla legte den Stift zurück und stand auf. „Vielen Dank für Ihre Zeit, Mr. Santino. Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden …“ Bis jetzt hatte sie alles relativ gut überstanden. Sie war ihm wiederbegegnet, hatte seine Stimme gehört, seine umwerfende Erscheinung gesehen, seinen einzigartigen Duft eingeatmet, ohne ihre Beherrschung zu verlieren. Wovor sie sich so gefürchtet hatte, war überstanden.

„Nein, noch nicht, Miss Nardozzi.“

Ihr Atem stockte, als Javier sich geschmeidig erhob. Sie starrte ihn an, sah aber nur wieder seine versteinerte Miene. „Was … was könnten wir denn noch zu besprechen haben?“

Er lächelte humorlos. „Das ist vertraulich. Bitte begleiten Sie mich in mein Büro.“ Sein Blick glitt zu den übrigen Teilnehmern. „Allein.“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, steuerte er auf zwei Doppeltüren gegenüber dem Eingang zu.

Ihre Hände wurden feucht, und sie kämpfte gegen den Drang, sie an den Beinen abzuwischen. Alles in ihr schrie danach, einfach aufzustehen und zu gehen. Doch sie konnte sich nicht bewegen.

Jetzt, Miss Nardozzi.“

Die Atmosphäre am Tisch veränderte sich spürbar. Alle schauten sie an, als würden sie ahnen, was in ihr vorging.

„Carla!“ Die Stimme ihres Vaters klang warnend.

Sie ignorierte ihn und sah an ihm vorbei zur Tür, die in die Freiheit führte. Konnte Javier sie daran hindern, zu gehen?

Ja. Weil sie jetzt durch einen Vertrag an ihn gebunden war.

Langsam stand sie auf. Ein erleichtertes Aufseufzen ging durch den Raum.

Als Carla Javiers Büro betrat, blieb sie verblüfft stehen. Von dem massiven Schreibtisch aus Walnussholz und dem thronartigen Schreibtischstuhl bis hin zu den schwarzen Sofas verströmte dieser Raum eine spürbar maskuline Atmosphäre – ganz im Gegensatz zu den anderen Räumlichkeiten.

Carla erschauerte. Doch bisher hatte Javier sich ihr gegenüber nur kalt und geschäftsmäßig verhalten. Desinteressiert, abgesehen von dem finanziellen Gewinn, den er sich durch sie versprach. Sie hatte also nichts zu befürchten.

Hinter ihr schloss sich die Tür. Sie wirbelte zu Javier herum. Schritt für Schritt kam er langsam auf sie zu. Ihr Atem stockte, und sie senkte den Kopf, um seinem Blick zu entgehen.

Denn diese hypnotischen Augen waren nicht länger kalt. Nicht länger unpersönlich. Ein ganz besonderes, sehr gefährliches Licht glühte in den unergründlichen Tiefen. Ein Licht, das ihr Herz zum Stolpern brachte.

„Endlich bist du hier“, murmelte er.

Sein triumphierender Tonfall fuhr wie ein elektrischer Schlag durch ihren Körper. „Ich bin hier? Was soll das heißen?“ Sie hörte selbst, wie schwach ihre Stimme klang.

Er kam näher. „Das bedeutet, ich hätte nie gedacht, dieser Tag würde kommen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft ich fast aufgegeben hätte. Aber Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. So sagt man doch, nicht wahr?“

Sie erstarrte. „Rache?“

Er neigte seinen Kopf zu ihr, als wollte er ihr ein Geheimnis anvertrauen. „Glücklicherweise bin ich ein sehr geduldiger Mann“, flüsterte er. „Ich wusste, ich konnte darauf vertrauen, dass du und dein Vater zu gierig seid, um euch mein Angebot entgehen zu lassen.“

Carla starrte ihn mit offenem Mund an. „Dio mio“, stieß sie aus.

Er lehnte sich zurück und lächelte böse. „Si, auf diesen Gesichtsausdruck habe ich drei Jahre gewartet.“

Er hatte sie hereingelegt. Die perfekte Falle ausgelegt. Und wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank, war sie direkt hineingetappt.

Genau wie das schwache, vertrauensvolle Lamm, das sich von Kindheit an von den Machenschaften ihres Vaters hatte steuern lassen. Von klein auf hatte er ihre kindlichen Verlassenheitsängste und ihr Vertrauen ausgenutzt, bis es zu spät war.

Sie hatte sich für ihren Vater geopfert.

Eiskalte Panik stieg in ihr auf. Wie von fern hörte sie Javiers Stimme. Starke Hände packten ihre Ellbogen. „Was ist los mit dir, Carla? Oder sollte ich dich Eisprinzessin nennen? Ist das nicht der Name, den die Medien dir gegeben haben? Passend angezogen bist du jedenfalls.“

Wie betäubt sah sie an ihrem weiten weißen Hosenanzug aus Chiffon hinunter. Der weich fallende Stoff wurde durch ein Mieder aus weißer Seide gebändigt. Dazu trug sie weiße hochhackige Schuhe. Der letzte Schrei. Perfekt für eine Frau in ihrer Position. Jedenfalls hatte das heute Morgen ihr Stylist gesagt, als er darauf bestand, dass sie ihn gegen ihre normale Kleidung tauschte.

Weiß, wie das unschuldige Opferlamm.

Carla versuchte erfolglos, ein hysterisches Lachen zu unterdrücken. Es fühlte sich seltsam gut an, ihre eiserne Beherrschung zu verlieren. So gut, dass sie gar nicht aufhören konnte zu lachen.

Javier schüttelte sie leicht. „Carla!“

Ihr Lachen erstarb, als hätte er einen Schalter umgelegt. „Ich dachte, ich wäre Miss Nardozzi für dich.“

Irritiert sah er sie an. „Was ist los mit dir, Carla?“, wiederholte er.

„Was interessiert dich das?“, warf sie ihm an den Kopf.

„Das tut es nicht, aber ich ziehe es vor, wenn eine Frau sich beim Gespräch mit mir nicht wie ein Zombie aufführt.“

„Im Moment wäre ich lieber einer.“

Er hob eine dunkle Braue. „Wie bitte?“

Wieder musste sie lachen. „Du solltest dein Gesicht sehen, Javier. Läuft es etwa nicht so, wie du dir gedacht hast? Dachtest du, ich würde zitternd und weinend zusammenbrechen? Dachtest du … was tust du da?“, kreischte sie, als zwei starke Arme sie hochhoben.

Mit wenigen Schritten hatte er sein Büro durchquert und ließ sie mit dem Rücken gegen die Wand wieder auf die Füße gleiten. Eine endlose Sekunde lang starrten sie einander an.

Sie konnte nicht sagen, wer von ihnen sich zuerst bewegte. Ihr Keuchen wurde von seinem Mund erstickt. Ihre Betäubung wurde von einer Welle intensiver Empfindungen hinweggespült. Von einem Herzschlag zum anderen glühte Verlangen zwischen ihnen auf. Ihr wilder Kuss glich einem Duell, Hände suchten und fanden, bis nichts mehr blieb außer einer Lust, die Carla seit drei Jahren nur noch in ihren Träumen erlebt hatte. Sie reckte sich auf die Zehenspitzen, um mehr davon zu bekommen.

Javier vertiefte seinen Kuss, seine Hände hielten sie, starke Schenkel teilten ihre, und sie spürte seine Erregung.

Sie hob die Hand, um sie in seinen Haaren zu vergraben. Sie wollte mehr, mehr, mehr. Doch sie wurde unsanft auf die Erde zurückgeholt, als er ihre Arme packte und rechts und links von ihrem Kopf an die Wand drückte. „Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit?“, fragte er heiser.

Weißes, dummes Opferlamm.

Bei dem kalten Ausdruck in seinen Augen, war ihr, als würde er ein Messer in ihr Herz stechen. „W…was hast du mit mir vor?“

Er entblößte seine Zähne in einem grausamen Lächeln, dann rieb er seine Nasenspitze an ihrer, doch die Geste hatte nicht das Geringste mit Zuneigung zu tun. „Wo würde denn der ganze Spaß bleiben, wenn ich dir das jetzt verrate, principessa? Du musst nur eines wissen: Wenn ich mit dir fertig bin, Carla Nardozzi, wirst du bitter bereuen, wie du mich vor drei Jahren benutzt hast. Und du wirst mich auf Knien um Vergebung anflehen.“

1. KAPITEL

Ein Monat später.

„Sir, ich denke, Sie sollten den Fernseher einschalten.“

„Und warum sollte ich das tun?“, fragte Javier Santino, ohne den Kopf von den Papieren auf dem Schreibtisch zu heben. Seine Designer hatten mit ihren Entwürfen für die neuen Tequilaflaschen ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Er seufzte, als seine Assistentin nun selbst nach der Fernbedienung griff. Wäre sie nicht so enorm tüchtig, würde er ihr so ein Verhalten nicht durchgehen lassen.

„Carla Nardozzi ist auf allen Kanälen.“

Javier erstarrte. In seinen neununddreißig Jahren hatten nur zwei Namen die Macht besessen, seinen Atem stocken zu lassen. In den ersten drei Jahrzehnten war es der Name seines Vaters gewesen. Am Tag nach seinem dreißigsten Geburtstag war dann Carla Nardozzi dazugekommen. Beide Namen erfüllten ihn mit eiskalter Wut.

Selbst drei Jahre später steckte ihm die Erinnerung an die kurze Liebelei mit Carla – und daran, wie sie geendet hatte – noch wie ein Messer zwischen den Rippen. Auch wenn er sich für seine Schwäche verabscheute, kam er einfach nicht darüber hinweg. Und das ärgerte ihn nur noch mehr.

Doch jetzt war er endlich in der Lage, ein für alle Mal mit ihr fertigzuwerden – wie mit einem Dorn, den man aus dem Fleisch ziehen musste, damit die Wunde heilen konnte.

„Danke, Shannon, das wäre dann alles“, brachte er heraus, während er auf den Bildschirm starrte.

Er erkannte das Haus nicht, vor dem sich die Paparazzi drängten, aber beim Anblick der Notarztwagen sprang er auf.

„Miss Nardozzis Zustand ist noch immer kritisch, doch im Augenblick stabil. Sie wurde von ihren Ärzten in ein künstliches Koma versetzt. Sie spricht gut auf die Behandlung in der Klinik in Rom an, in die sie gestern nach einem Trainingsunfall mit dem Hubschrauber eingeliefert wurde. Ihr Trainer Tyson Blackwell wird zurzeit zu den Vorgängen befragt …“

Javier schleuderte die Fernbedienung weg. „Shannon!“

Eine Sekunde später öffnete sich die Tür. „Ja, Sir?“

„Geben Sie meinem Piloten Bescheid, er soll das Flugzeug fertig machen. Wir brechen unverzüglich nach Rom auf.“

„Selbstverständlich.“

Noch bevor sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, griff er zu seinem Handy.

„Draco Angelis“, meldete sich eine tiefe Stimme.

Javier biss die Zähne zusammen. „Wann ist das passiert, und warum wurde ich nicht unverzüglich informiert?“

„Ich hätte Sie gleich persönlich angerufen“, erwiderte Draco nach einer kurzen Pause.

„Falls Sie an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind, kann so etwas nicht noch einmal vorkommen.“

„Sie sind mir nur um Minuten zuvorgekommen, Santino.“ Draco stieß hörbar die Luft aus, bevor er fortfuhr: „Gibt es da vielleicht noch irgendetwas, das ich wissen sollte?“

Javier versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Hier ging es ums Geschäft. Nichts sonst. „Abgesehen davon, dass ich Millionen Dollar in Ihre Klientin investiert habe und bereit bin, die Summe noch um einige Millionen aufzustocken? Denken Sie wirklich, ich sollte übers Fernsehen von dem Unfall erfahren?“

Als Antwort hörte er ein tiefes Seufzen. „Nein, natürlich nicht. Sie haben vollkommen recht.“

„Wann ist es passiert?“ Javier hörte selbst, wie scharf seine Stimme klang, aber er wusste, dass jedes Anzeichen von Weichheit als Schwäche angesehen wurde. Und er hatte vor sehr langer Zeit einen Eid geschworen, niemals vor irgendjemandem Schwäche zu zeigen.

„Gestern.“

„Und warum liegt sie im Koma?“

„Man wollte nur sichergehen, dass Carla keinen Hirnschaden hat. Inzwischen wurde sie schon wieder aufgeweckt, und die Ärzte sind optimistisch, dass sie über den Berg ist.“

Javier atmete aus. „Ich bin bereits auf dem Weg zum Flughafen, aber bitte halten Sie mich über ihren Zustand auf dem Laufenden.“

„Sie kommen persönlich nach Italien?“

Javier schnappte seine Aktentasche und ging zur Tür. „In Anbetracht des Kapitals, das ich in unsere gemeinsame Klientin gesteckt habe, ist mein Interesse an ihrer Genesung wohl mein gutes Recht. Wir sehen uns in einigen Stunden.“ Er beendete das Gespräch und trat zum Schreibtisch seiner Sekretärin. „Sagen Sie bis auf Weiteres alle Termine ab.“

Als er etwas später in seiner Limousine saß, versuchte er, seine Wut in den Griff zu bekommen. Worüber regte er sich so auf? Gut, Carla Nardozzi hatte ihn damals zurückgewiesen, so wie früher sein Vater. Aber nach all den Jahren hatte er nun endlich eine Möglichkeit gefunden, der Eisprinzessin eine Lektion zu erteilen.

Zuerst musste sie natürlich gesund werden, aber dann würde er dafür sorgen, dass sie ihre gerechte Strafe bekam.

Seine Gefühle hatten mit der Sache nichts zu tun.

Es ging nur ums Geschäft.

Nichts sonst.

Carla hob den Kopf. Sofort überfluteten sie Schmerz und Verwirrung.

No, signorina, versuchen Sie nicht, sich zu bewegen.“

Sie entspannte sich, und der Schmerz ließ ein wenig nach. Aber die Verwirrung blieb. Durch ihren Kopf zogen verschwommene Bilder. Sie musste geträumt haben. Und doch … die Bilder und Stimmen waren so real gewesen. Die Stimme ihres Vaters hatte sie sich bestimmt nicht eingebildet. Aber was war mit dieser anderen, tieferen Stimme, die sie das letzte Mal gehört hatte, als sie erwacht war? Sie hatte ihr Herz rasen lassen.

Diese Stimme gehörte nicht hierher. Bei ihrer letzten Begegnung war Javier eiskalt gewesen, bis zu … ihrem Kuss.

Bei der Erinnerung an den Kuss stieg glühende Hitze in ihre Wangen. Dann dachte sie daran, wie er sie von sich gestoßen hatte. An seine hasserfüllten Augen. Und sie machte ihm keinen Vorwurf. Nach dem, was sie vor drei Jahren getan hatte, hatte er jeden Grund, sie zu verabscheuen.

Sie hatte seinem Ego einen vernichtenden Schlag versetzt, und ein stolzer Mann wie er würde das niemals verzeihen.

Autor

Maya Blake
Mit dreizehn Jahren lieh sich Maya Blake zum ersten Mal heimlich einen Liebesroman von ihrer Schwester und sofort war sie in den Bann gezogen, verlor sich in den wunderbaren Liebesgeschichten und begab sich auf romantische Reisen in die Welt der Romanhelden. Schon bald träumte sie davon, ihre eigenen Charaktere zum...
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