Nur eine sinnliche Nacht in Paris?

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"Du willst, dass ich mit dir schlafe?" Milliardär und sexy Frauenschwarm Louis Charpentier traut seinen Ohren nicht. Ivy ist schließlich die Schwester seines besten Freundes, außerdem träumt sie von einem Happy End, während er den Beinamen "Mr. One-Night-Stand" trägt. Doch er hat richtig gehört: Ihr erstes Mal will die bezaubernde Unschuld nur mit ihm! Spontan lädt Louis sie nach Paris ein - und erkennt seinen verhängnisvollen Fehler zu spät: Wenn er eine Nacht mit einer Frau verbringt, ist sein Herz sicher. Aber ihnen bleiben fünf verboten sinnliche Nächte …


  • Erscheinungstag 26.01.2021
  • Bandnummer 2476
  • ISBN / Artikelnummer 9783733718497
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ivy Kennedy war gerade beim Friseur, als sie endlich die Lösung für ihr Problem fand. Das Problem mit ihrer Jungfräulichkeit …

Die Antwort stand in dem ersten Klatschmagazin, das sie durchblätterte: Louis Charpentier – König der One-Night-Stands und bester Freund ihres älteren Bruders. Problem gelöst.

Sarina, die Friseurin, warf einen Blick über Ivys Schulter auf den Artikel und pfiff durch die Zähne. „Du meine Güte, bei Louis Charpentier bleibt einem ja das Herz stehen. Dieser Mann sollte mit einem Warnhinweis versehen werden. Er ist so umwerfend, dass mir schon heiß wird, wenn ich nur sein Foto anschaue. Ich habe gehört, dass er wieder den Titel ‚Heißester Junggeselle des Jahres‘ gewonnen hat. Wie oft hat er den schon bekommen? Dreimal?“

„Viermal.“

Ivy blätterte die Seite um, benutzte ihren linken Daumen aber heimlich als Lesezeichen. Sie wollte noch einmal einen Blick auf Louis werfen, ohne dass die Friseurin ihn über ihre Schulter hinweg anschmachtete.

Sie versuchte, gleichgültig mit den Schultern zu zucken, und meinte: „Er ist okay, glaube ich.“

Jahrelang war Louis nichts anderes als der Freund ihres Bruders Ronan gewesen. Zwar attraktiv, aber in Versuchung geführt hatte er sie bis jetzt nicht. Doch da sie kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag stand und sich an ihrem Status als Jungfrau noch nichts geändert hatte, musste sie etwas tun – und zwar bald.

Wie sollte sie je im Leben einen Partner finden, wenn sie nichts gegen ihre Schüchternheit unternahm? Seit sie erwachsen war, hatte sie immer wieder Entschuldigungen gefunden, um sich nicht verabreden zu müssen, aus Angst, nackt mit einem Mann zusammen zu sein, der sie nicht gut genug finden würde. Aus Angst, verletzt zu werden. Sich in jemanden zu verlieben, nur um dann sitzengelassen zu werden.

Aber sie würde bald dreißig werden und musste diese Hürde in ihrem Leben überwinden. Puh! Wer hatte heutzutage schon einmal von einer dreißigjährigen Jungfrau gehört?

Und wer könnte ihr kleines Problem besser beheben als Louis, der supererfahren in Sachen Verführung war. Wie sollte sie ihre Hemmungen in Bezug auf Sex anders lösen? Es würde oberpeinlich sein, ihn zu fragen, aber jemand anderen darum zu bitten, diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen.

Sie wollte jemanden um Hilfe bitten, den sie kannte und dem sie vertraute, keinen zufälligen Liebhaber, der vielleicht über sie lachen oder sie verspotten würde, weil sie in ihrem Alter noch Jungfrau war. Oder der grobe Kommentare abgeben würde, wie eines ihrer früheren Dates. Louis war kein Fremder, er war ein Freund … Nun ja, Freund in Anführungszeichen wäre wohl richtiger.

Jetzt, da ihr Bruder nach Australien ausgewandert war, um mit seinem Partner Ricky zusammen zu sein, sah sie Louis nur ab und zu auf einen Kaffee oder zum Mittagessen. Und beim letzten Mal hatte sie absagen müssen, weil eine große Schiffsladung Antiquitäten aus Frankreich in dem Laden eingetroffen war, in dem sie als Kuratorin arbeitete.

Ivy wusste, dass sie vielleicht den Mut verlieren und gar nichts tun würde, wenn sie ihren Entschluss nicht gleich heute Nachmittag in die Tat umsetzen würde. Sie hatte noch einen Monat, bevor sie dreißig wurde. Die Geburtstagsuhr tickte wie eine Bombe.

Tief atmete sie durch, schlug die Zeitschrift noch einmal auf und betrachtete Louis’ charakteristische Züge. Er war groß, und mit seinen dunklen Haaren und dem geheimnisvollen Blick aus blaugrauen Augen war er der Inbegriff überwältigender Attraktivität. Sie zeichnete mit dem Finger seinen Mund auf dem Foto nach und stellte sich vor, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie küsste. Ihr Blick wanderte weiter zu seinen muskulösen Beinen, und sie verspürte ein leicht nervöses Flattern im Magen.

Entschlossen schlug sie die Zeitschrift zu. Ja, er war der Richtige. Nicht für ein gemeinsames Glück bis ans Ende ihrer Tage, aber er war die perfekte Lösung für ihr peinliches Problem.

Jetzt musste sie ihn nur noch überzeugen.

Louis Charpentier war gerade dabei, die letzten Entwürfe für ein großes Architekturprojekt in seinem Londoner Büro fertigzustellen, als seine Sekretärin ihn über die Gegensprechanlage anrief.

„Louis … da ist …“, begann sie.

„Ich habe gesagt, dass ich heute Nachmittag nicht gestört werden will, Maureen“, meinte er bewusst streng. Warum konnte seine derzeitige Sekretärin eine einfache Anweisung nicht befolgen, Herrgott noch mal? Er war mit seinem Abgabetermin unter Zeitdruck, und sein Kunde war schwierig und fordernd. Das ging ihm immer so. Was hatte er nur an sich, dass er stets die schwierigsten Kunden anzog? Zweifellos war da die gleiche Unglücksfee im Spiel, die ihm schwierige und fordernde Eltern verpasst hatte.

„Tut mir leid, aber hier ist eine Miss Ivy Kennedy, die zu Ihnen will. Sie hat keinen Termin ausgemacht, beteuert aber, dass es wichtig ist und sie so bald wie möglich mit Ihnen sprechen will. Sie sagt, sie wäre die Schwester eines Ihrer engen Freunde. Soll ich sie hereinschicken oder ihr sagen, dass sie ein anderes Mal wiederkommen soll?“

Louis schob seine Computermaus zur Seite und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Was könnte passiert sein? Beim letzten Mal hatte Ivy abgesagt, als er vorgeschlagen hatte, sich mit ihr zum Lunch zu treffen. Bevor ihr Bruder Ronan nach Australien ausgewandert war, hatte er ihn gebeten, auf sie aufzupassen. Louis genoss es, sich hin und wieder mit Ivy zu treffen, aber er versuchte, sie nicht einmal im Ansatz als sexuelles Wesen zu betrachten. Was nicht einfach war, da sie so verdammt verführerisch aussah, ohne es zu wissen. Doch es war tabu für ihn, sich mit der Schwester seines besten Freundes aus Kindertagen einzulassen. Ivy war auf ein Märchen aus, auf immerwährende Liebe. Sie war der Typ, der Babys haben wollte. Er hingegen wollte nur One-Night-Stands. Sie und er hatten nichts gemeinsam, außer Ivys Bruder Ronan. Außerdem hatte sein bester Freund auch ohne Louis’ Zutun so schon genug Ärger mit seiner Familie.

Louis drückte auf einen Knopf der Gegensprechanlage. „Schicken Sie sie herein. Und keine Anrufe durchstellen, bis sie wieder geht. Kapiert?“

„Verstanden.“

Die Tür öffnete sich. Louis erhob sich hinter seinem Schreibtisch und musterte den winzigen Wirbelwind, der hereinschneite. Mit den fast taillenlangen, rotgoldenen lockigen Haaren, den tiefblauen Augen, der Alabasterhaut und dem sinnlichen Mund sah Ivy Kennedy aus, als wäre sie einem anderen Zeitalter entstiegen – abgesehen von ihrer Kleidung natürlich. Er versuchte, ihre schlanken Beine in der blendend weißen Jeans nicht zu lange anzustarren. Oder ihre perfekten kleinen Brüste, die sich unter dem schwarzen Kaschmirpulli abzeichneten. Sie trug burgunderrote Stiefeletten, die vorn spitz zuliefen. Doch selbst mit dem hohen Absatz reichte sie ihm nicht einmal bis zur Schulter.

„Hallo, Ivy.“ Seine Stimme klang rauer als beabsichtigt, und er war sich bewusst, wie schwer es ihm fiel, nicht auf ihre vollen Lippen zu starren. „Was kann ich für dich tun?“

„Ich hoffe, es macht dir nichts aus, Louis, dass ich einfach so vorbeikomme. Aber ich habe ein Problem, und ich glaube, du bist der Einzige, der mir helfen kann.“ Sie klang atemlos, und auf ihren Wangen leuchteten rote Flecken.

Louis wusste nie, ob er sie mit einem Kuss auf die Wange oder einer Umarmung begrüßen sollte. Doch so, wie seine Lenden sich gerade regten, war eine Umarmung definitiv ausgeschlossen.

Vielleicht war sein selbst auferlegtes Zölibat ein Fehler gewesen. Mr. One-Night-Stand nahm eine dringend erforderliche Auszeit. Wie lange schon? Drei oder bereits vier Monate? Er blieb hinter seinem Schreibtisch und deutete mit der Hand auf einen Stuhl, der davor stand und für Bauherren gedacht war. „Setz dich doch bitte.“

„Danke, ich werde dich auch nicht lange stören.“ Ivy ließ sich auf den Stuhl fallen, und ihre langen Ohrringe baumelten um ihr herzförmiges Gesicht. Louis fing einen Hauch von ihrem Parfüm auf – weißer Flieder und Maiglöckchen –, das ihm wie ein berauschender Duft in die Nase stieg. Mit ihren kleinen, schönen Händen umklammerte sie ihre Tasche, die gerade groß genug war für ein Handy und das Wesentliche. Sie fuhr mit der Zungenspitze über ihre kirschroten Lippen und schenkte ihm dann ein Lächeln, bei dem sich ihre Grübchen zeigten und das ihn beinahe umgehauen hätte. „Schön, dich zu sehen, Louis. Tut mir leid, dass ich unser letztes Treffen verschieben musste.“

Hör auf, auf ihren Mund zu starren. Und denk nicht einmal daran, ihre Brüste anzusehen.

„Ist schon okay. Ich hatte in der Woche ohnehin viel zu tun.“ Er räusperte sich, ehe er sich setzte und die Unterarme auf den Tisch legte. „Also, womit kann ich dir helfen?“ Er sprach in einem Ton, der besagte: Lass uns zur Sache kommen, war sich jedoch bewusst, dass eine seltsame Energie in der Luft hing, bei der sich die schwarzen Härchen an seinen Armen aufstellten.

Sie biss sich auf die Lippe und heftete ihren Blick auf den Windsorknoten seiner Krawatte, als gäbe es nichts Faszinierenderes auf der Welt. „Äh … na ja, es ist ein bisschen schwierig, zu erklären …“ Die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich, und sie zog an der Naht ihrer kleinen Tasche, als wäre sie entschlossen, die Fäden herauszureißen. Automatisch suchte er nach einem Ring an ihrer linken Hand. Nichts.

Louis stieß die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Er lebte in der ständigen Angst, dass sie sich mit dem falschen Mann einlassen würde. Ronan hatte ihm erzählt, dass sie schon davon träumen würde zu heiraten, seit sie ihre erste Puppe bekommen hatte. Er hatte auch gehört, dass sie kein Glück hatte, den richtigen Partner zu finden, zweifellos weil sie zu großherzig und gutgläubig war.

Louis lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und lockerte seinen Krawattenknoten. „Möchtest du etwas trinken? Kaffee? Tee? Oder etwas Stärkeres?“

Ivy knabberte weiter an ihrer Unterlippe. „Hast du einen Brandy?“

Er runzelte die Stirn. „Seit wann trinkst du Brandy? Ich dachte, dass du nur Weißwein oder Champagner trinkst?“

Sie verzog ihren Mund zu einem selbstironischen Lächeln, das ihre Grübchen wieder zum Vorschein brachte. „Brandy ist in dieser Situation eher angesagt.“

„Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht.“ Louis stand auf, trat an den Barschrank und schüttete ein wenig Brandy in ein Glas. Dann ging er zu ihr und reichte es ihr. Ihre Finger berührten seine, als sie es nahm, und er spürte einen elektrischen Schlag, der direkt in seine Lenden schoss. Was war heute nur los mit ihm? Er benahm sich wie ein hormongesteuerter Teenager. Vielleicht war sein Zölibat doch keine so gute Idee gewesen.

Statt zurück zu seinem Sessel zu gehen, setzte er sich vor ihr auf die Schreibtischkante. Er redete sich ein, dass sie sich so ein wenig wohler fühlen würde und nicht so eingeschüchtert wäre, wenn der große Tisch zwischen ihnen stand. Doch tief im Inneren wusste er, dass er ihr so nahe sein wollte, um jede Regung in ihrem Gesicht mitzubekommen. Er sah, wie ihre Lippen sich um den Rand des Glases schlossen und stellte sich vor, sie würde es bei ihm tun. Hitze erfasste ihn.

Ja, er musste der sexuellen Dürrezeit wirklich ein Ende machen. Auf die Schwester seines besten Freundes scharf zu sein, damit würde er eine Grenze überschreiten, obwohl er sich geschworen hatte, es nie zu tun. Ronan hatte ihm die Aufgabe übertragen, ein Auge auf sie zu haben. Nichts sonst. Also Hände weg. Was sollte denn auch sonst zwischen ihnen sein? Er war überhaupt nicht ihr Typ. Ivy konnte an keinem Juwelierladen vorbeigehen, ohne sich in der Auslage die Verlobungs- und Eheringe anzusehen. Sie war die Art von Frau, die in der Mittagspause Hochzeitskleider anprobierte. Die bei Kinderwagen und Hundewelpen in Verzückung geriet und von immerwährender Liebe träumte. Er hingegen glaubte nicht daran. Wie auch, schließlich hatte er erlebt, dass sich die Liebe seiner Eltern über die Jahre in einen ständigen Kampf verwandelt hatte.

Ivy nahm drei große Schlucke, hustete zweimal und stellte das Glas auf den Schreibtisch, während sie das Gesicht verzog. „Oh Mann, wie kann man so ein Zeug nur trinken? Ich glaube, ich kann das nicht austrinken.“

„Ist wahrscheinlich auch gut so.“

Sie zog ein Papiertaschentuch aus ihrer Handtasche, wischte sich damit über die Augen und warf ihm einen schüchternen Blick zu. „Tut mir leid, dass ich dich störe, da du ja so beschäftigt bist. Hast du eine neue Sekretärin? Sie scheint sehr nett zu sein.“

Es war typisch für Ivy, dass sie in jedem das Beste sah. Ein liebenswerter Zug, den er jedoch nicht besaß. Vielleicht hatte er mehr Ähnlichkeit mit seinem Vater, als ihm bewusst war. Dann kann ich mich gleich erschießen. „Ja, aber sie ist nur ein paar Monate hier. Meine Sekretärin Natalie ist in Mutterschaftsurlaub.“

Verschwörerisch beugte Ivy sich vor. „Ich glaube, sie ist ein bisschen verliebt in dich.“

Louis verschluckte sich fast an einem Lachen und stieß sich vom Tisch ab. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, so nahe bei ihr zu sitzen. Ihr Parfüm stellte seltsame Dinge mit seinen Sinnen an, ganz zu schweigen von ihrem Ausschnitt, wenn sie sich vorbeugte. Er ging wieder hinter seinen Schreibtisch, setzte sich und legte lässig ein Bein über das andere, obwohl er sich ganz und gar nicht so fühlte.

„Ich verbinde Geschäftliches nie mit Vergnügen, und sich mit Personal zu verabreden, führt nur zur Katastrophe.“ Länger als vierundzwanzig Stunden mit einer Frau war schon ein Desaster. Früher waren ein oder zwei Wochen für ihn in Ordnung gewesen, selbst ein Monat. Aber das war vor seiner letzten Geliebten gewesen, die nicht hatte akzeptieren wollen, dass ihre dreiwöchige Affäre beendet war. Dass ihm wochenlang von einer Frau nachgestellt wurde, die glaubte, verrückt vor Liebe nach ihm zu sein, war nicht lustig gewesen. Seine neue Regel lautete: eine Nacht, nicht mehr. So konnten von keiner Seite Gefühle entwickelt werden.

Kurz fiel Ivys Blick auf seinen Mund. „Hast du … im Moment jemanden?“ Sie klang atemlos, und die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich erneut.

Langsam drehte Louis sich in seinem Sessel hin und her, während er sie weiter ansah. „Im Moment nicht. Warum?“

Sie zuckte mit einer Schulter und wandte den Blick ab. „War nur eine Frage …“

Er stellte wieder beide Füße auf den Boden und legte die Arme auf den Schreibtisch. „Ivy.“ Er sprach in seinem Von-Eltern-zu-Kind-Ton, weil er im Moment große Probleme hatte, sie nur als die Schwester seines Freundes zu sehen. Vielmehr stellte er sie sich nackt in seinem Bett vor, seine Hände auf ihren wunderschönen Brüsten, sein Mund auf ihrem, sein …

Stopp. Nicht weiter. Hör auf.

Ivy blinzelte nervös. „Kann ich dich etwas fragen?“

Louis lehnte sich zurück und rieb sich über seine Bartstoppeln. „Ja sicher. Schieß los.“

Sie schluckte hörbar und befeuchtete mit der Zungenspitze ihre Lippen. Lippen, an die er nicht aufhören konnte zu denken. Wie er sie küssen würde, um herauszufinden, wie sie schmeckten – süß oder salzig oder eine verführerische Mischung aus beidem? „Louis … was findest du am attraktivsten bei einer Frau? Ich meine, du hast dich schon mit vielen getroffen, deshalb nehme ich an, du weißt, was scharf ist oder nicht, stimmt’s?“

Was scharf war, saß direkt vor ihm. Und noch schärfer war, sich vorzustellen, wie er ihr die hautengen Jeans und den Pulli auszog und jeden Zentimeter ihres Körpers küsste. Wie sie ihre Beine um seine Hüften schlang, während er sie beide bis zur Besinnungslosigkeit trieb.

Louis rief sich innerlich zur Ordnung. Man könnte fast glauben, er hätte diesen Brandy getrunken. „Selbstvertrauen ist bei einer Frau sehr attraktiv.“

Ivy schlug mit der Hand auf ihr Bein und sprang auf. Ihre Tasche fiel mit einem dumpfen Knall zu Boden, doch Ivy schien es nicht einmal zu bemerken. „Ich wusste es. Genau das denke ich auch. Und deshalb bin ich auch hier, um dich um Hilfe zu bitten, damit ich ein bisschen mehr Selbstvertrauen gewinne.“

Louis hob seine Augenbrauen. „Mich?“

Sie kam um den Schreibtisch herum und stellte sich neben Louis. So nahe, dass er sie berühren könnte. Berühr. Sie. Nicht. Der Versuchung zu widerstehen war ungeheuer schwer. Ihre Haare fielen in einer rotgoldenen Wolke über ihre Schultern, und jedes Mal, wenn sie ihren Kopf bewegte, stieg ihm der fruchtige Duft ihres Shampoos in die Nase. Ihre Augen leuchteten so hell, dass sie ohne Weiteres für eine Rolle als Stern in der Milchstraße vorsprechen könnte. Und ihre Lippen … Herrje, sie waren voll und schimmerten von ihrem Lipgloss, sodass er sich zusammenreißen musste, um sich nicht vorzubeugen und sie zu küssen.

„Ja. Du“, sagte Ivy, und bei ihrem Lächeln zeigten sich wieder die süßen Grübchen. „Bei einem anderen würde ich mich nicht wohlfühlen. Ich brauche jemanden, den ich kenne und dem ich vertraue. Es wäre schwierig für mich, das mit einem Fremden zu machen.“

Was mit einem Fremden zu machen? Und warum vertraute sie ausgerechnet ihm? Louis war sich nicht sicher, ob er dieses Vertrauen verdiente, wenn man bedachte, welchen Weg seine Gedanken eingeschlagen hatten. Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf, um ein bisschen mehr Distanz zwischen ihnen zu schaffen. Er ging zum Barschrank und schüttete sich einen großen Whiskey ein. Sonst trank er eigentlich nicht viel – zumindest in diesem Punkt unterschied er sich Gott sei Dank von seinem Vater. Aber im Moment hätte er die ganze Flasche hinunterkippen können, gefolgt von einem harten Brandy.

Er nahm einen kleinen Schluck und drehte sich wieder zu ihr um. „Ich weiß nicht, ob ich dir folgen kann. Was genau soll ich denn tun?“

Ivy trat von einem Fuß auf den anderen, und rang die Hände vor ihrem Bauch, während ihre Wangen sich noch weiter röteten. „Ich habe ein Problem mit … mit Sex …“

Louis verschluckte sich beinahe an seinem zweiten Schluck und prustete fast den ganzen Whiskey aus. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Bist du sicher, dass du mit mir darüber sprechen solltest?“

Sie verzog den Mund, und ihre Schultern fielen herab. „Ich bin immer noch Jungfrau und schon fast dreißig. Ich muss das in Ordnung bringen, sonst finde ich nie einen Partner, besonders heutzutage nicht, da jeder in Bezug auf Sex so offen und abenteuerlustig ist. Ich fühle mich wie eine Ausgestoßene. Bin so prüde, dass ich mich nicht einmal ausziehen kann, wenn es nicht dunkel ist.“

Zu sagen, dass er schockiert war, wäre eine Untertreibung gewesen. Beinahe dreißig und immer noch Jungfrau? Er hatte seine Unschuld als Teenager verloren. War das nicht bei den meisten Menschen so? Sie war nicht besonders religiös, also konnte bewusste Abstinenz nicht das Thema sein. War etwas passiert, was sie davon abgehalten hatte? Seine Nackenhaare stellten sich auf bei der Vorstellung, dass irgendein zudringlicher Kerl sie bedrängt oder missbraucht haben könnte. Wut tobte in ihm, und er schmeckte bittere Galle. Louis setzte sein Whiskyglas ab und atmete tief durch, um sich zu beruhigen.

„Erstens, Ivy, musst du gar nichts in Ordnung bringen. Und zweitens solltest du nur das tun, bei dem du dich auch wohlfühlst.“

„Aber vielleicht wird das nie der Fall sein, wenn ich nicht bald etwas unternehme. Ich kann so nicht weitermachen. Es ist nämlich mehr als peinlich, wenn ich mit einem neuen Typen ausgehe und dann Hals über Kopf davonrenne, sobald er mich berührt.“

Louis blinzelte heftig und versuchte zu ignorieren, dass ihm unwohl war bei dem Gedanken, sie würde mit irgendeinem Kerl rummachen, den sie kaum kannte. „Um das klarzustellen, du willst also, dass ich mit dir schlafe?“

Sie wurde dunkelrot, doch das Leuchten in ihren Augen war mehr als nur ein wenig beunruhigend. „Keiner wird sich je für mich interessieren, bis ich meine Hemmungen überwunden habe. Es hat keinen Sinn, dass ich mich verabrede, bevor ich nicht mehr Selbstvertrauen habe. Und ich glaube, dass ich mich bei keinem wohlfühlen würde außer bei dir. Ich kenne dich. Schon seit Jahren. Außerdem kennst du dich mit Sex aus, und ich denke, dass du am besten geeignet bist, um mir etwas beizubringen.“

Eine Falltür ging quietschend in seinem Kopf auf, einen schmalen Spalt, der eine Fülle von erotischen Möglichkeiten enthüllte, die er dahinter verschlossen hatte, außer Sichtweite. Wie er nackt mit ihr zusammen war und all das tat, woran er in den letzten Jahren nicht zu denken versucht hatte. Wie er mit den Händen über ihren Körper wanderte, ihre Brüste erkundete. Wie er sie küsste, berührte, ihre Beine ineinander verschlungen …

Louis hielt die Hand hoch, als wäre sie ein Stoppzeichen. „Hoppla, Ivy. Du hörst dich an, als wärst du nicht ganz bei Trost. Ich bin Architekt, kein Sextherapeut. Außerdem sind wir Freunde. Die Sache mit den Freunden, die Liebhaber werden, funktioniert nie.“

„Aber in diesem Fall würde es klappen, weil ich nichts anderes will als einen One-Night-Stand. Ich bitte dich nicht, mich zu heiraten. Ich will nur, dass du einmal Sex mit mir hast, damit ich sagen kann, dass ich keine Jungfrau mehr …“

„Hab schon verstanden“, fiel Louis ihr hastig ins Wort. „Ich bin nicht interessiert.“ Sollte sie ihn noch einmal bitten, mit ihr zu schlafen, wäre er geliefert. Denn so viel Selbstbeherrschung auf einmal konnte er nicht aufbringen.

Ivy sah aus wie ein Welpe, dem man die Streicheleinheit verweigert hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe, bückte sich, um ihre Tasche vom Boden aufzuheben, richtete sich dann wieder auf und warf ihm einen verletzten Blick zu. „Weil du mich nicht attraktiv genug findest?“

Louis versuchte, nicht auf ihren Ausschnitt zu starren. Vergeblich. „Du bist eine der attraktivsten Frauen, die ich je gesehen habe, aber …“

„Beweis es.“ Sie stellte ihre Tasche auf den Schreibtisch und ging zu ihm. Er hatte schon vergessen, wie klein sie war, bis sie direkt vor ihm stand. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm weiter in die Augen sehen zu können. Ihr Blick wirkte entschlossen, und seine Selbstbeherrschung hatte eine Panikattacke.

Louis räusperte sich, weil er plötzlich eine trockene Kehle hatte. Ivy war ihm so nahe, dass ihre Brüste seinen Oberkörper berühren würden, sollte er sich nur einen halben Schritt auf sie zu bewegen. Er konnte jede Pore ihrer perfekten Haut sehen. Der einzige Makel war eine weiße, zwei Zentimeter lange Narbe über der linken Augenbraue. Ihre Augen waren ein kompliziertes Mosaik aus Tiefblau, Violett und Indigo mit großen schwarzen Pupillen, die so unendlich wirkten wie der Weltraum. Ihre verführerischen Lippen bildeten den vollkommenen Amorbogen. Und über diese reizenden Grübchen wollte er lieber gar nicht nachdenken.

„Sei nicht albern. Ich muss gar nichts beweisen.“

Er klang kühl, doch sein Blut kochte. Er legte seine Hände auf ihre Unterarme, scheinbar um Ivy auf Abstand zu halten. Doch irgendwie vergruben sich seine Finger in ihrem Kaschmirpulli, und der Abstand zwischen ihnen schloss sich. Hatte er sich bewegt oder sie? Ihre Hüften berührten seine Schenkel, ihre Brüste pressten sich gegen seinen Bauch, und eine Welle heißer Sehnsucht schoss wie ein Tornado durch seinen Körper.

„Küss mich, Louis.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, und ihr Atem, der nach Vanille duftete, strich über seine Lippen. „Beweis mir, dass du mich nicht total abstoßend findest.“

Er hatte viele Frauen geküsst und es immer geschafft zu gehen. Immer. Das war sein Procedere. Keine Bedingungen. Keine nachfolgenden Dates. Nur eine Nacht Sex. Doch sollte er Ivy küssen, würde er eine Grenze überschreiten, die er nie überschreiten wollte, wie er sich geschworen hatte. Er hielt seine Beziehungen immer kurz, wenn man sie überhaupt als Beziehung bezeichnen konnte. Bei diesen „Beziehungen“ war es einfach, zu gehen, ohne etwas bedauern zu müssen. Doch er hatte bereits eine langfristige Beziehung mit Ivy. Keine sexuelle, aber eine freundschaftliche, die sich komplett verändern würde, sollte er auf ihre Wünsche eingehen. Das Letzte, was er wollte, war, übereilt mit Ivy für eine Nacht im Bett zu landen, ehe er nicht verstand, was genau sie von ihm wollte.

Sein Gewissen hatte sich in seinem Kopf gemütlich zurückgelehnt und grinste. Ach, du überlegst also wirklich, ob du mit ihr schlafen sollst?

Louis beschwor seine gesamte Selbstkontrolle herauf, trat zurück und nahm seine Hände von ihren Armen. Dann setzte er eine weltmännische Playboy-Miene auf. „Wenn ich dich küsse, könnte die Sache sehr viel heißer werden. Bist du sicher, dass du bereit dafür bist, ma petite?“

Ein Anflug von Unsicherheit huschte über ihr Gesicht. „Nicht ganz, aber wenn du es nicht tust, muss ich auf Plan B zurückgreifen.“

„Der lautet?“

Trotzig hob sie das Kinn. „Ich werde einen Fremden darum bitten müssen.“

Für einen Moment hielt er ihren Blick gefangen. Bilder von unheimlichen Typen stiegen in ihm auf, die Ivys Arglosigkeit ausnutzten, und ihm drehte sich der Magen um. Er würde auf keinen Fall zulassen, dass irgendein dreckiger Idiot sie berührte. Es gab heutzutage einige wirklich Verrückte, Männer, die ihre dunkelsten pornografischen Fantasien ausleben wollten, ohne an die Wünsche ihrer Partnerinnen zu denken. Ivy hatte nicht die Erfahrung, um mit so etwas umgehen zu können. Es würde sie völlig zerstören.

„Nein, das wirst du nicht tun“, sagte er in schulmeisterlichem Ton.

Hoffnung zeigte sich auf ihrer Miene. „Dann bist du also einverstanden, mir zu helfen?“

Louis fuhr sich mit der Hand durch die Haare, dann stellte er sich breitbeinig hin und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dazu kommen wir später. Jetzt möchte ich erst einmal wissen, wie es sein kann, dass du mit fast dreißig immer noch Jungfrau bist.“

Sie wandte den Blick von ihm ab, ihre Wangen wieder feuerrot. „Ich habe mich immer ein bisschen unwohl gefühlt, über Sex zu reden. Hauptsächlich deshalb, weil meine Mum kein anderes Thema kennt, besonders seit sie und Dad geschieden sind.“ Sie sah zu ihm hoch. „Wusstest du, dass sie sich jetzt zur Sextherapeutin ausbilden lässt?“

„Ja, ich habe von ihrem neuen Projekt gehört. Aber warum redest du nicht mit ihr über …“

Entsetzt sah sie ihn an. „Auf keinen Fall! Ich will das allein geradebiegen … na ja, nicht ganz allein … mit deiner Hilfe.“

Er ging wieder hinter seinen Schreibtisch und zog seinen Sessel zurück. „Hör zu, ich stehe unter Termindruck, aber wir könnten heute bei einem Abendessen darüber sprechen. Ich hol dich um acht ab.“

Abendessen? Erneut grinste sein Gewissen. Abendessen, und dann was?

„Lebst du immer noch in der Wohnung in Islington?“

„Ja. Meine beiden Freundinnen Millie und Zoey sind jetzt bei mir eingezogen. Allein konnte ich die Miete nicht mehr zahlen.“

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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