Romana Exklusiv Band 313

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

HEIMKEHR NACH KOOMERA von WAY, MARGARET
Brock Tyson ist nach Australien zurückgekehrt! Und unter dem sternklaren Himmel in der unberührten Natur erfüllen sich für Shelley all ihre Träume von der Liebe. Doch dann verlangt ihre Familie von ihr, Brocks Cousin Philip, den angeblichen Erben von Koomera, zu heiraten ...

ENTFÜHRUNG INS PARADIES von SINCLAIR, TRACY
Entführt! Zum Glück eilt der charismatische Travis Hunter der jungen Archäologin Bettina zu Hilfe. Er bringt sie in Sicherheit, und seine faszinierende Ausstrahlung verfehlt ihre Wirkung auf Bettina nicht. Doch dann erfährt sie, dass Travis keineswegs ihr edler Retter ist, sondern ganz andere Motive hat …

SÜßER SOMMER DER VERSUCHUNG von GORDON, LUCY
Das Schicksal führt Sarah in die Arme des faszinierenden Matteo Falluci - und in dessen luxuriöse Villa in der Nähe Roms. Hier beginnen für sie süße Sommertage der Versuchung: Sie spürt, dass Matteo sie begehrt - aber auch, dass ihn etwas bedrückt und er ein Geheimnis vor ihr verbirgt ...


  • Erscheinungstag 23.08.2019
  • Bandnummer 0313
  • ISBN / Artikelnummer 9783733744960
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Margaret Way, Tracy Sinclair, Lucy Gordon

ROMANA EXKLUSIV BAND 313

1. KAPITEL

Shelley schritt leichtfüßig voran. Nichts an ihren schnellen Schritten verriet, wie müde sie war. Zum Glück hatte sie alle notwendigen Einkäufe bereits erledigt, denn die Geschäfte schlossen pünktlich in Koomera Crossing – auch am Freitagnachmittag.

Ihr Besuch in der Bank war zufriedenstellend verlaufen, der beim Anwalt ihres Vaters jedoch nicht. Danach hatte sie im Supermarkt neue Vorräte bestellt. Sie wurde dort immer sehr gut bedient, was wegen der nächsten Gäste besonders wichtig war. Eine japanische Touristengruppe hatte sich angemeldet und wollte in vierzehn Tagen eintreffen. Noch reichte also die Zeit, um die Vorräte per Flugzeug auf die Wybourne Farm zu liefern.

Shelley studierte noch einmal ihre Einkaufsliste, fand aber keinen offenen Punkt mehr. Jetzt konnte sie endlich auch an sich denken. Zwei oder drei Stück Seife, verschiedene Shampoos, eine gute Gesichtscreme – solche Kleinigkeiten waren wichtig, wenn sie nicht den Mut verlieren wollte. Sonst gab Shelley kaum etwas für sich selbst aus. Sie kleidete sich bescheiden und schminkte sich kaum. Nur auf ihr Haar und ihren Teint achtete sie sehr.

Heute spürte Shelley die Müdigkeit doppelt. Sie war in der Dämmerung aufgestanden, hatte wenig gefrühstückt und sich dann in den Landrover gesetzt. Die Fahrt von Wybourne nach Koomera Crossing dauerte etwa drei Stunden, und die Straßen waren nicht besonders gut. Sie hatte erleichtert aufgeatmet, als die Stadt – das Zentrum der Zivilisation in diesem Teil des Outback – endlich in Sicht kam.

Man konnte das südwestliche Queensland mit gutem Recht als Hinterland bezeichnen, aber Shelley hing leidenschaftlich an ihrer Heimat. Nirgendwo sonst gab es diese Ruhe und diesen Frieden, diese endlose Weite, die absolute Freiheit verhieß. Hier lag das „Land ohne Zeit“, wie es die Eingeborenen ehrfürchtig nannten. Auch Shelley spürte etwas von dem Zauber, der die rot glühende Wüste und die mächtigen Felsformationen umgab. Dem Outback wohnte ein Geheimnis inne, das es niemals preisgab. Wer hier auf die Welt kam, blieb für immer in seinem Bann gefangen.

Für Shelley galt das in doppeltem Sinn, denn nur hier fühlte sie sich Sean, ihrem Zwillingsbruder und Schutzengel, nah. Sean war mit sechs Jahren ertrunken. Noch jetzt hörte Shelley seine süße Stimme, mit der er nach ihr rief, wenn sie ausgelassen durch den verwilderten Garten tobte oder sich irgendwo versteckt hatte.

Shel … Shel … Shel …

Sean war immer zu ihr gekommen, wenn er Liebe, Sicherheit oder Trost suchte. Nie zu ihrer älteren Schwester Amanda und nur selten zu ihrer Mutter. Auch nach dem schrecklichen Unfall, an den Shelley sich nur lückenhaft erinnerte, hatte Sean sie weiter durch ihre Kindheit begleitet. Wenn sie frühmorgens aufwachte, war ihr, als hätte er sie am Ohr gezogen oder auf ihre Stirn getippt und gerufen: „Wach auf, Shel, sonst brennt die Sonne ein Loch in dich!“

Sean! Jetzt würde er für immer ein süßer kleiner Junge bleiben, mit tizianroten Locken, rosigen Lippen und grünen Augen, die wie helle Smaragde schimmerten.

Zwillinge waren besondere Menschen. Nichts auf der Welt konnte sie wirklich trennen, nicht einmal der Tod. Noch heute überkam Shelley mitunter eine plötzliche und heftige Trauer. Die Erinnerungen an ihren kleinen Bruder konnten eine Qual bedeuten, aber sie schenkten ihr auch Kraft und stärkten sie in schweren Stunden.

Shelley ging eilig weiter. Manchmal rief sie jemandem einen Gruß zu, denn sie kannte fast jeden in der kleinen Stadt, und jeder kannte sie. Sie hatte nicht die Absicht, noch heute Abend nach Wybourne zurückzukehren. Die lange Fahrt noch einmal zu machen, nachdem sie den ganzen Tag in der glühenden Sonne herumgelaufen war und kaum irgendwo Schatten gefunden hatte, wäre über ihre Kräfte gegangen.

Dass sie nicht eine einzige Sommersprosse im Gesicht hatte, wunderte die Leute und auch Shelley selbst immer wieder. Sie verdankte den blassen Teint ihrer Großmutter mütterlicherseits, die aus der irischen Grafschaft Kerry stammte und inzwischen gestorben war. Auch das rote Haar und die grünen Augen gingen auf Moiras Konto – genau wie das feurige Temperament, das ganz plötzlich zum Ausbruch kommen konnte.

Shelley hatte sich ein Zimmer in dem einzigen „Hotel“ der Stadt genommen – in Mick Donovans Pub. Dort aß man gut, und die Zimmer waren sauber und bequem. Sie konnte es kaum erwarten, sich ein Bad einzulassen, im Wasser zu liegen und sich zu entspannen. Doch vorher musste sie noch Badelotion kaufen.

Als sie in der Drogerie stand und zwischen Jasmin- und Gardenienduft schwankte, zog sie jemand von hinten am Haar. Nicht gerade zart, wie sie leicht verärgert feststellte.

Sie drehte sich um und sah gerade noch das freche Grinsen auf dem anziehenden Gesicht. Nein, das konnte nicht sein – und doch war es wahr. Hinter ihr stand Brock Tyson, in derselben stolzen Haltung, mit demselben kühnen Blick, der sie früher manchmal an ein Wildpferd erinnert hatte. Er beeindruckte sie noch immer mit seiner starken Männlichkeit, und auch das düstere Wesen hatte er offenbar nicht verloren. Also hatte er sich kaum verändert, seit er vor einigen Jahren plötzlich aus der Gegend verschwunden war. Niemand in der Stadt – nein, im ganzen Outback – hatte seitdem etwas von ihm gehört.

Daniel Brockway Tyson hatte zu den kühnsten und wildesten jungen Männern in dieser südwestlichen Ecke von Queensland gehört. Jede neue Gefahr hatte ihn gereizt, jedes Risiko verlockt. Als Junge blieb er manchmal tagelang in der Wüste, ohne etwas von seinen Abenteuern zu erzählen, wenn er endlich nach Mulgaree zurückkam und gehörig verprügelt wurde. Mulgaree war das Flaggschiff der Kingsley-Kette, zu der mehrere Rinderfarmen gehörten. Brocks Großvater Rex Kingsley regierte dort wie ein absolutistischer Herrscher. Er hatte Brock oft mit dem Stock geschlagen, ohne seinen Geist jemals brechen zu können.

„Wenn das nicht die süße kleine Shelley Logan ist!“, rief Brock und musterte Shelley mit seinen ungewöhnlich hellen Augen. „Du hast dich kein bisschen verändert.“

„Oh doch, das habe ich“, antwortete Shelley. „Dafür sorgt schon die Zeit.“

Shelley war noch ein halbes Kind gewesen, als Brock Mulgaree und das Outback verlassen hatte. Ein hübsches, unschuldiges, vom Schicksal früh geschlagenes Kind. Brock hatte die bezaubernden Logan-Zwillinge nicht vergessen, und auch ihre Tragödie stand ihm noch lebhaft in Erinnerung. Jeder im Umkreis von tausend Kilometern kannte die traurige Geschichte von Sean Logans Tod.

„Vielleicht ist das zwischen den Regalen schlecht zu erkennen.“ Brock fasste Shelley am Arm und zog sie aus dem Gang, in dem sie standen. „Wie geht es dir?“

„Es geht mir gut, Brock.“ Shelley hatte ihre Überraschung noch nicht überwunden, und vor Wiedersehensfreude war ihr fast ein wenig schwindlig. „Wo kommst du so plötzlich her? Ich war den ganzen Tag in der Stadt, aber niemand hat deinen Namen erwähnt. Was machst du ausgerechnet in Koomera Crossing?“

Seine Miene verfinsterte sich. „Ich bin nicht freiwillig hier, sondern auf Wunsch meines Großvaters. Offenbar will er sich mit mir versöhnen. Kannst du dir das vorstellen? Vor fünf Jahren hat er mich buchstäblich aus dem Haus geworfen, und jetzt bittet er mich so dringend zurückzukommen, dass ich einfach nicht Nein sagen konnte.“

„Ist er krank?“ Darin lag für Shelley die vernünftigste Erklärung. „Man hört immer wieder, dass kranke Menschen den Wunsch haben, sich mit ihren Angehörigen auszusöhnen.“

„Er stirbt … wie ein ganz normaler Mensch.“ Der Sarkasmus war nicht zu überhören. „Unnötig hinzuzufügen, dass Grandad sich nie für einen normalen Menschen gehalten hat. Mehr sage ich nicht, sonst spricht morgen die ganze Stadt darüber.“

Shelley musste den Kopf zurückbeugen, um Brock ins Gesicht sehen zu können. Er war knapp einen Meter neunzig groß – eine Herausforderung für eine Frau von einem Meter fünfundsechzig.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Brock. Ich fand immer, dass dein Großvater dich schlecht behandelt hat.“

Nicht nur Shelley dachte so, sondern das ganze Outback.

„Ja, das hat er“, stimmte Brock ihr zu, „aber ich habe mich gegen ihn gewehrt. Ich hatte sogar den Mut, ihm die Wahrheit zu sagen – im Gegensatz zu meiner armen Mutter.“

„Wie geht es ihr?“, fragte Shelley.

Er sah an ihr vorbei auf die belebte Straße. Ein fremder beunruhigender Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Sie konnte nicht mit mir zurückkommen, Shel. Ich habe sie in Irland begraben, bei ihren Vorfahren. Sie hatte Krebs.“

„Oh Brock!“ Shelleys Augen füllten sich mit Tränen. „Das tut mir wirklich leid. Ich weiß, wie nahe ihr euch gestanden habt.“

„Jetzt bin ich allein auf der Welt.“ Er sagte das ohne jede Dramatik. „Mein Vater ist aus unserem Leben verschwunden, als ich sechs war, und die übrigen Verwandten verdienen den Namen nicht. Ich würde sie eher als Erzfeinde bezeichnen oder zumindest als Unheilstifter. Das gilt für meinen Cousin Philip ebenso wie für seine Mutter … die liebe Frances. Sie hat mich schon immer gehasst.“

Shelley schüttelte den Kopf. „Im tiefsten Herzen bewundert sie dich.“

„Glaubst du?“, fragte Brock überrascht. „Das hat bisher noch niemand gesagt.“

Shelley errötete unter seinem forschenden Blick. Mit sechzehn hatte sie leidenschaftlich für Brock geschwärmt. Damals war er einundzwanzig und hatte sie auf einem Ball sogar geküsst. Es war Shelleys erster Ball, und Brock hatte schamlos mit ihr geflirtet. Er liebte die Mädchen, und sie liefen ihm scharenweise nach.

„In gewissem Sinn warst du Philips großer Held“, fuhr Shelley nachdenklich fort. „Er wollte immer wie du sein, genauso mutig und verwegen. Und er beneidete dich um deinen starken Willen gegenüber eurem Großvater. Ihr hättet die besten Freunde sein können.“

„Ausgeschlossen, Shel.“ Brock schüttelte entschieden den Kopf. „Grandad und Tante Frances machten uns zu ständigen Rivalen. Wer sollte später alles erben? Der Aufsässige oder der Folgsame?“ Er fixierte Shelley mit seinen hellen Augen, die einen reizvollen Kontrast zu dem schwarzen Haar bildeten. „Wie steht es übrigens zwischen Phil und dir?“

„Wir sind Freunde“, antwortete Shelley. „Wir kennen uns schon so lange, und meine Eltern mögen ihn.“ Sie sah Brock schwärmerisch an. „Es ist schön, dass du wieder da bist, Brock. Ich freue mich riesig darüber.“

Brock lächelte gerührt. Shelleys Begeisterung und vor allem ihre Aufrichtigkeit gingen ihm zu Herzen.

„Immer noch das liebe kleine Mädchen?“, fragte er. Sein Blick blieb an ihrem vollen sinnlichen Mund hängen, und plötzlich tauchte eine Erinnerung in ihm auf. „Haben wir uns nicht schon einmal geküsst?“

„Du hast alle Mädchen geküsst“, antwortete Shelley offen. „Und dann warst du plötzlich verschwunden.“

„Ich erinnere mich nicht, deine Schwester geküsst zu haben“, verteidigte er sich. „Ist sie inzwischen verheiratet?“

„Nein.“ Shelley tat, als wäre sie gekränkt. „Ob ich verheiratet bin, fragst du nicht?“

Wieder lächelte Brock, was unglaublich sexy aussah. „Dazu machst du einen zu unschuldigen Eindruck, kleine Shelley. Wie ich höre, seid ihr in Wybourne in die Tourismusbranche eingestiegen.“

Sie nickte. „Das stimmt, und ich bin mächtig stolz darauf. Der Anfang war schwierig, aber langsam läuft es. Die Idee stammt von mir, darum kümmere ich mich auch um die gesamte Planung. Meine Eltern sind bis heute nicht über Seans Tod hinweggekommen. Sie werden sich wohl nie von dem Schlag erholen.“

„Ich weiß, was Trauern bedeutet“, sagte Brock mitfühlend, aber gleich darauf änderte sich sein Ton. „Amanda ist dir doch sicher eine große Hilfe, oder?“ Er wusste genau, wie viel Hilfe Shelley von ihrer hübschen, koketten und selbstsüchtigen Schwester erwarten durfte.

„Ohne sie wäre ich aufgeschmissen“, antwortete Shelley. Amanda zu verteidigen war ihr zur zweiten Natur geworden. „Amanda hat Talente, die mir fehlen.“

„Zum Beispiel?“, fragte Brock skeptisch.

„Sie spielt Klavier und kann hübsch singen … Country- und Westernsongs. Das hören die Touristen gern. Außerdem sieht sie sehr gut aus, wie du eigentlich noch wissen müsstest.“

„Und du etwa nicht?“

Shelley ließ sich die Freude über das Kompliment nicht anmerken. „Hör auf, mir zu schmeicheln, Brock Tyson“, sagte sie streng. „Ich kann mit Schmeicheleien nicht umgehen.“

„Und ob du das kannst“, widersprach Brock lachend. „Du machst nämlich einen äußerst erwachsenen Eindruck. Wie schaffst du es eigentlich, keine Sommersprossen zu bekommen?“

Sein Charme war einfach unwiderstehlich. Zum Glück schien er nicht zu bemerken, dass er sie mit seinen Komplimenten aus der Fassung brachte.

„Ich tue gar nichts“, antwortete sie wahrheitsgemäß. „Es ist einfach ein glückliches Erbe. Wie lange willst du in der alten Heimat bleiben?“

„So lange wie möglich.“ Auf einmal war Brocks heitere Stimmung verflogen, als riefe Shelleys Frage unangenehme Erinnerungen in ihm wach. „Grandad weiß, dass er nicht mehr lange leben wird, und möchte noch einige Dinge regeln. Mum war seine einzige Tochter. Er hätte sie anbeten müssen, aber als sie sich für meinen Vater entschied, entzog er ihr seine Liebe. Ich kann mich nicht erinnern, dass er je ein freundliches Wort zu ihr gesagt hätte. Im Gegenteil, er hat sie gequält und gedemütigt. Dabei verdankte er ihrer Mutter einen beträchtlichen Teil seines Vermögens, denn Grandma Brockways Mitgift war gewaltig.“

Shelley spürte, wie bitter Brock im Lauf der Jahre geworden war. Aus jedem Wort sprachen Zorn und Enttäuschung.

„Ob er dich um Verzeihung bitten will?“, fragte sie, weil sie sich keinen anderen Grund denken konnte.

„Das hätte wenig Sinn“, erwiderte Brock hart. „Rex Kingsley ist ein Fall für das Jüngste Gericht.“

„Hoffentlich macht er sich dafür bereit.“ Shelley schwieg eine Weile und fragte dann: „Was hast du in all den Jahren getrieben?“

Er zuckte mit den Schultern. „Gearbeitet. Das musste ich, weil wir völlig mittellos dastanden. Es gelang mir, in einem irischen Gestüt einen Job zu bekommen, wo Rennpferde gezüchtet und trainiert wurden. Du ahnst ja nicht, wie sehr sich Irland und unser Outback unterscheiden.“

„Also in Irland bist du gelandet, am anderen Ende der Welt. Ich frage mich manchmal, was unsere Vorfahren wohl empfunden haben, als sie hierherkamen. Irland … wie aufregend! Eines Tages werde ich es auch kennenlernen, das habe ich mir geschworen. Weißt du übrigens, dass du einen irischen Akzent angenommen hast? Zuerst wusste ich nicht, was es war, aber jetzt …“ Shelley lächelte. „Hat es dir in Irland gefallen?“

„Sehr.“ Brocks Augen leuchteten. „Im Outback sind alle Pferdenarren, und in Irland ist es genauso. Ich konnte von klein auf gut mit Pferden umgehen, und das zahlte sich drüben aus. Ich habe gut verdient und wurde von den Leuten respektiert. Für Mum bedeutete das Ruhe und Sicherheit, bis sie starb.“

„Wir haben nie erfahren, wohin ihr gegangen seid.“

„Dafür hat Grandad gesorgt. Wir existierten für ihn nicht mehr, und ich habe es genauso gehalten. Er hat nie von Mums Tod erfahren. Warum auch, wo er sie doch aus seinem Leben gestrichen hatte?“

„Dann überrascht es mich umso mehr, dass du zurückgekommen bist“, meinte Shelley nachdenklich. Der wilde tollkühne Junge war ihr vertraut gewesen, aber heute wirkte Brock fast einschüchternd auf sie. Nur der angeborene Charme war geblieben.

„Ich konnte nie ganz vergessen, dass ich mütterlicherseits von den Kingsleys abstamme. Wenn der gute alte Grandad den Wunsch hat, mich in seinem Testament als Erben einzusetzen – und es sieht beinahe so aus –, dann werde ich ihn nicht daran hindern. Er schuldet es Mum und mir.“ Das klang hart und unerbittlich. „Jetzt schlägt die Stunde der Vergeltung.“

„Dann bleibst du in Mulgaree?“ Shelley sah besorgt aus. „Das könnte Probleme geben. Du weißt, wie eifersüchtig Philip und Frances auf dich waren, weil du begabter bist und mehr Rückgrat besitzt.“

Brock lachte. „Dann werden wir uns eben aus dem Weg gehen. Der alte Schuppen ist groß genug.“

„Der alte Schuppen, wie du Mulgaree jetzt nennst, war einmal dein Paradies“, erinnerte sie ihn.

„Daran hat sich nichts geändert, kleine Shelley mit den Smaragdaugen.“

Brock konnte nicht aufhören, Shelley anzusehen. Sie war nicht mehr der niedliche Teenager von früher, sondern reifer und erwachsener. Heute besaß sie die Ausstrahlung und das Einfühlungsvermögen einer Frau, und sie scheute sich nicht, ihre Meinung offen auszusprechen. Damals war sie viel zu jung für ihn gewesen, aber nun war die Rosenknospe voll erblüht.

Wie gebannt hing sein Blick an ihr. Trotz ihrer scheinbaren Gelassenheit waren ihre Wangen leicht gerötet. Das volle rote Haar, in das sich goldene Schattierungen mischten, fiel ihr locker auf die Schultern. Ihre wunderschönen Augen waren groß und glänzend, der Mund verriet Sinnlichkeit, das Kinn Entschlossenheit. Geriete ihre alte Freundschaft damit nicht in Gefahr, hätte er ihr auf den Kopf zugesagt, wie sexy sie aussah.

„Nun?“, fragte Shelley und hob trotzig das Kinn. „Wie lautet dein Urteil?“

Brock fühlte sich ertappt.

„Du hast dich verändert, Shel“, gestand er. „Du bist erwachsen geworden. Womit bist du gerade beschäftigt? Bist du auf dem Weg nach Hause?“

„Ich bleibe bis morgen in der Stadt. Am selben Tag zurückzufahren wäre zu anstrengend.“

„Mehr noch, es wäre ein Verbrechen. Du solltest dich einmal im Spiegel ansehen, Shel. Du bist so dünn, dass man Angst bekommt, der Wind könnte dich davontragen. Nutzen sie dich zu Hause immer noch so aus?“

„So etwas solltest du nicht sagen, Brock“, mahnte Shelley. „Ich liebe meine Familie, und wir kommen zurecht. Nur der kleine Sean fehlt uns. Dass ich noch lebe, werde ich mir bis zu meinem Tod nicht verzeihen.“

„Es war ein Unfall“, erinnerte Brock sie. „Ein schrecklicher Unfall. Und du warst noch sehr jung, als es passierte.“

„Ich weiß, aber das ist kein Trost.“

„Weil du nicht vergessen darfst“, erregte sich Brock. Plötzlich wurde ihm der kleine Laden zu eng. „Zum Teufel, Shel, warum verschwinden wir nicht von hier?“ Er hatte längst bemerkt, dass sich die anderen Kunden kaum noch für ihre Einkäufe interessierten. Morgen würde ganz Koomera Crossing wissen, dass sich Brock Tyson und Shelley Logan in der Drogerie getroffen hatten.

„Verschwinden?“, wiederholte Shelley. „Wohin denn? Außerdem wollte ich noch etwas kaufen.“

„Dann tu das“, forderte er sie auf. „Du übernachtest in ‚Donovan’s Pub‘?“

„Erraten.“

„Dann mache ich es genauso. Eigentlich wollte ich im Auto schlafen, aber Mick hat sicher noch ein Bett für mich. Was hältst du von einem gemeinsamen Dinner? Wie ich höre, hat Harriet Crompton ein Restaurant eröffnet. Eigentlich ist das nicht verwunderlich. Unsere gefürchtete Schuldirektorin besaß schon immer sehr vielseitige Talente.“

„Ich würde sehr gern mit dir essen, Brock.“ Shelleys Müdigkeit war wie weggeblasen. Sie glühte förmlich vor Unternehmungslust.

„Wir haben viel nachzuholen, Shel. Philip hat angedeutet – vielleicht war es als Warnung gemeint –, du wärst seine Freundin.“

„Dann hat er dir mehr gesagt als mir“, antwortete Shelley leichthin.

„Er hat dich nicht verdient.“ Brock machte aus der Abneigung gegen seinen Cousin kein Hehl. „Du bist zu gut für ihn.“

Shelley betrachtete Brocks gebräuntes Gesicht. Im nebelgrünen Irland musste die Sonne öfter scheinen, als gemeinhin angenommen wurde.

„Urteilst du nicht etwas zu streng?“, fragte sie. „Irgendwie tut Philip mir leid. Euer Großvater schikaniert ihn, und Frances will einen großen Mann aus ihm machen. Philip muss sich ständig bewähren, ohne echte Verantwortung zu bekommen.“

„Ich weiß, er wird reichlich kurzgehalten“, gab Brock zu. „Das ist nicht leicht für ihn. Er konnte sich nie wehren.“

„Während du dich immer durchgesetzt hast. Philip steht immer noch ganz unter dem Einfluss seiner Mutter.“ Shelley zeigte auf das Regal mit den Badeessenzen. „Wenn du erlaubst, hole ich mir schnell mein Schaumbad und bezahle.“

Brock begutachtete die Flasche. „Eine gute Wahl“, meinte er. „Gardenie passt zu deiner zarten Haut.“

2. KAPITEL

Natürlich fehlte das passende Kleid. Shelley hätte daran denken müssen, aber Brocks spontane Einladung hatte sie vorübergehend aus dem Konzept gebracht.

Zum ersten Mal seit der Hochzeit von Christine und Mitch Claydon wünschte sich Shelley, besonders hübsch auszusehen. Aber wie sollte sie das anstellen?

Sie trat noch einmal vor den altmodischen, etwas blind gewordenen Konsolenspiegel in einer Ecke des kleinen Zimmers. Betttücher, Kissenbezüge und Handtücher in dem Raum dufteten zart nach Verbene.

Schlicht und praktisch – so hätte Shelley ihr Äußeres beschrieben. Im Gegensatz zu ihrer Schwester Amanda besaß sie keine sonderlich nennenswerte Garderobe. Ihre Alltagskleidung – Jeans und Baumwollhemd – glich eher einer Uniform.

Während sie sich im Spiegel betrachtete, begann Shelley zu träumen. Brock Tyson war trotz seiner gleichermaßen draufgängerischen wie düsteren Natur immer freundlich zu ihr gewesen. Inzwischen war er ein Mann, dem man es zutraute, mit jeder Situation fertig zu werden. Ein energischer harter Mann, der stärker an seinen Großvater erinnerte, als ihm wahrscheinlich lieb war.

Sie sah auf die Uhr. Für einen Sprung in die kleine Boutique am Ende der Straße war es noch nicht zu spät. Dort hatte sie eine Bluse im Schaufenster gesehen, die den Abend retten konnte. Beinahe hätte sie die Bluse schon am Vormittag gekauft, doch zu Hause hätte sie kaum eine Gelegenheit, etwas so Ausgefallenes zu tragen. Jetzt war diese Gelegenheit da.

Die Besitzerin holte sie bereitwillig aus dem Schaufenster und breitete sie auf dem Ladentisch aus. Sie war aus feiner gelber Makobaumwolle gearbeitet und am Kragen und den Manschetten mit weißer Spitze verziert, wodurch man sie gut mit weißen Jeans kombinieren konnte.

Jetzt trat Shelley zufrieden vor den Spiegel. Die Bluse stand ihr ausgezeichnet, die weiße Jeans war frisch gewaschen, und die weißen Ledermokassins mussten nur geputzt werden. Das wenige Make-up, das sie brauchte, hatte sie in ihrem Necessaire.

Ich darf die Einladung nicht zu wichtig nehmen, überlegte sie, während sie sich zurechtmachte. Trotzdem war sie ungeheuer aufgeregt. Soweit sie sich erinnern konnte, war bei Brock Tyson alles mit Aufregung verbunden – und mit ein wenig Gefahr. Ständig blitzte und donnerte es um ihn herum, aber heute Abend wollte er sicher nur die Spannung abbauen, die er nach seiner Rückkehr empfand.

Ein junger Mann, der viele Wunden davongetragen hatte. Die körperlichen waren inzwischen verheilt, aber die seelischen hatten ihn für immer geprägt. Mit fünfzehn hatte er sich zum ersten und letzten Mal mit der Faust gegen die Züchtigungen seines Großvaters gewehrt. Ein Landarbeiter von Mulgaree Station war unfreiwillig Zeuge gewesen und hatte das unglaubliche Ereignis mit heimlicher Genugtuung einem Kollegen erzählt. Der hatte es im Pub von Koomera Crossing zum Besten gegeben, und vierundzwanzig Stunden später hatte die ganze Stadt darüber geklatscht.

„Der gemeine alte Kingsley hat eine Lektion bekommen“, flüsterte man überall. „Das wurde aber auch Zeit.“

Dazu lachten die Leute triumphierend, aber das Lachen verstummte schnell wieder. Der Zeuge der peinlichen Szene wurde umgehend entlassen und fand im ganzen Umkreis keine neue Arbeit. Brock war der heimliche Held des Tages, aber man wusste nun auch, dass er eine dunkle unbekannte Seite hatte.

Shelley nahm sich vor, daran zu denken.

Brock hätte sich nicht träumen lassen, dass er an diesem Abend mit jemandem ausgehen würde. Seit dem Tod seiner Mutter ging es ihm nicht gut. Weil er sich für ihren Tod mitverantwortlich fühlte. Die ständigen Kämpfe mit seinem Großvater hatten ihr viel Kummer bereitet, obwohl sie nie ein Wort darüber verloren hatte.

Es stimmte, er hasste seinen Großvater, der Tochter und Enkel einfach sich selbst überlassen hatte. Er hasste ihn und würde Gott nicht um Vergebung für ihn bitten. Einmal hatte er ihn sogar beschuldigt, seinen Vater, der angeblich eines Nachts einfach verschwand, eigenhändig umgebracht zu haben.

Dass Catherine heimlich Rory Tyson geheiratet hatte, versetzte Brocks Großvater in rasende Wut. Er versuchte, die Ehe annullieren zu lassen, aber das gelang ihm nicht, weil Catherine bereits ein Kind erwartete – Brock. Warum seine Eltern schließlich nach Mulgaree zurückgekehrt waren, war Brock bis heute ein Rätsel.

Er konnte sich vorstellen, wie niederträchtig sein Vater behandelt worden war, aber er hatte es um Catherines willen ertragen. Erst nach sechs Jahren war er spurlos verschwunden. Den kurzen Abschiedsgruß hatte Rex vernichtet, nachdem er ihn der Polizei als Beweisstück vorgelegt hatte.

Das war das Ende der Tyson-Ehe. Später versuchte Brock, seinen Vater zu finden – leider ohne Erfolg. Rory Tyson blieb verschwunden. Auch darüber sollte Rex Kingsley seinem Enkel Rede und Antwort stehen.

Brock seufzte. Zeit, sich langsam fertig zu machen. Sein schwarzes Haar war noch feucht vom Duschen, aber in der warmen Luft würde es schnell trocknen. Es war zu lockig, und er trug es zu lang, aber den Frauen schien das zu gefallen, denn sie machten ihm deswegen oft Komplimente. Frauen sagten gern etwas Nettes, während Männer sich damit schwerer taten.

Was mache ich hier eigentlich, fragte sich Brock, während er sein einziges frisches Hemd anzog. Zurzeit war er lieber allein, um seinen düsteren Gedanken nachzuhängen, aber die kleine Shelley Logan hatte schon immer sein Herz gerührt. Ihr Zwillingsbruder Sean war ihr Ebenbild gewesen. Sein Tod hatte alle erschüttert und die Eltern vor Kummer fast um den Verstand gebracht. Wie es hieß, hatte sich ihr Zustand bis heute kaum gebessert. Angeblich verbrachte Eileen ihre Tage immer noch weinend im Bett, während Patrick herumlief und allen die Schuld gab – vor allem aber seiner jüngeren Tochter.

Die Zwillinge waren allerliebste Geschöpfe gewesen, und Shelleys natürliche Art, ihren Bruder zu bemuttern, hatte alle bezaubert. Es war ungerecht, dass sie seit Seans Tod so leiden musste. Ihre Familie bestrafte sie, so wie Brocks Familie ihn bestraft hatte. Das verband sie miteinander. Übrigens hatte er sich beim Wiedersehen sofort an den Kuss von damals erinnert. Damals war Shelley kaum sechzehn gewesen, aber ihr Bild hatte ihn immer begleitet – wie eine leise Melodie. Wenn er sich nicht sehr irrte, verbarg sich hinter ihrer äußeren Ruhe und Gelassenheit eine leidenschaftliche Natur. Davon zeugte schon das rote Haar. Rot war das Zeichen für Feuer.

Brock wusste, dass Frauen wie Shelley Logan die Gabe besaßen, der ruhelosen Seele eines Mannes Frieden zu schenken. Und genau danach sehnte er sich – nach Frieden. Eine Herzensangelegenheit wollte er daraus nicht machen, nicht einmal eine flüchtige Affäre. Dazu war seine Zukunft zu unsicher.

In Mulgaree würde er garantiert nicht zur Ruhe kommen, aber der Abrechnung mit seinem Großvater durfte und wollte er sich nicht entziehen. Schließlich war er auf der Farm zur Welt gekommen, wie vor ihm seine Mutter und sein Onkel Aaron, Philips Vater. Nur Philip wurde in einer Privatklinik in Brisbane geboren, weil Frances sich auf der einsamen Outback-Farm zu isoliert gefühlt hatte.

Brock hatte Aaron als liebenswerten Onkel in Erinnerung. Ein gereizter Stier hatte ihn aufgespießt, als Brock und Philip noch klein waren. Die Hörner hatten ihn durchbohrt, und er war gestorben, ohne ein Wort zu sagen.

Danach hatten sie in der Hölle gelebt.

„Wie hübsch du aussiehst, Shel!“

Brock hatte bei Shelley angeklopft und stand jetzt in der offenen Tür. Anders als am Nachmittag trug sie das Haar locker aufgesteckt, sodass es ihr zartes Gesicht umrahmte. Wie ein roter Flammenkranz, dachte er, obwohl er sonst nicht zu poetischen Umschreibungen neigte. Ein Hauch von Lippenstift betonte den ausdrucksvollen Mund, aber am auffälligsten waren die großen grünen Augen, hinter denen sich ein Geheimnis zu verbergen schien. Die Augen einer Zauberin, die einem Mann gefährlich werden konnte.

Sei auf der Hut, Brock Tyson!

Gleich darauf musste er über sich selbst lachen. „‚Leicht erschien sie mir und feenhaft …‘“, zitierte er aus einem irischen Volkslied, wobei er den Akzent stark übertrieb. „Die Bluse gefällt mir besonders gut.“

Und die Brüste darunter gefallen mir noch besser.

Er spürte ein starkes körperliches Verlangen und musste sich gewaltsam an den Grund seiner Reise erinnern. Er war hier, um sein rechtmäßiges Erbe einzufordern, da konnte er sich keine Gefühle leisten. Zu dumm, dass die Viertelstunde in der Drogerie genügt hatte, um eine dermaßen starke Sympathie für Shelley Logan zu entwickeln!

Shelley spürte Brocks prüfenden Blick. Kein Mann hatte sie bisher so angesehen. Es erregte und verunsicherte sie zugleich.

„Ich freue mich, dass sie dir gefällt“, antwortete sie in einem möglichst normalen Tonfall. „Ich hatte nichts Passendes dabei, daher war ich noch rasch in der Boutique an der Ecke. Die Bluse hing im Schaufenster.“

„Da habe ich aber Glück gehabt.“ Brock lächelte sie an. „Wollen wir gehen? Ich habe uns einen Tisch reserviert. Harriets Küche ist so beliebt, dass man sonst keinen Platz bekommt.“

„Hast du mit Harriet persönlich gesprochen?“

„Ich habe deinen Namen genannt, da ist sie selbst ans Telefon gekommen.“ Brock nahm Shelley den Zimmerschlüssel aus der Hand. „Sie hält sehr viel von dir.“

„Das beruht auf Gegenseitigkeit.“

Shelley beobachtete Brock, während er ihre Zimmertür abschloss. Er hatte breite kräftige Schultern, und plötzlich fiel ihr ein, wie glücklich sie sich in seinen Armen gefühlt hatte – damals auf ihrem ersten Ball. Er war ein harter kompromissloser Mann, aber gleichzeitig rührte er sie. Wie unerträglich das Leben für ihn und seine Mutter gewesen sein musste, nachdem Rory verschwunden war. Brock kam aus einer unglücklichen Familie – wie sie.

„Ich bin noch nie in Harriets Restaurant gewesen“, bemerkte sie wie nebenbei. „Zur Eröffnung habe ich eine Einladung bekommen, aber Amanda wollte unbedingt hin, und Mum hatte gerade wieder ihre Migräne. Da konnte ich sie nicht allein lassen.“

Brock steckte den Schlüssel ein und nahm Shelleys Arm. Wieder fiel ihm auf, wie leicht und zierlich sie war. „Die Menschen neigen dazu, sich allzu sehr ihrem Schmerz hinzugeben.“

Shelley nickte traurig. „Mum sträubt sich geradezu dagegen, wieder glücklich zu sein. Sie glaubt, das wäre treulos gegenüber Sean.“

„Was für eine sinnlose Gefühlsverschwendung, aber ich kann sie verstehen.“

Sie mussten den Pub durch den Gastraum verlassen, der jeden Abend gut besucht war. Brock, der sehr beliebt war und den alle seit Jahren nicht gesehen hatten, wurde von allen Seiten begrüßt. Er nahm das gelassen hin, während Shelley kaum aufzusehen wagte. Wie kam sie dazu, an Brock Tysons Arm in der Öffentlichkeit zu erscheinen? Für Koomera Crossing bedeutete das eine kleine Sensation, und seit Seans Tod hasste sie es, für Sensationen zu sorgen.

Sie schwiegen auf dem Weg zum Restaurant, aber es war ein angespanntes Schweigen, daher war Shelley froh, als sie ihr Ziel erreichten. „Harriet’s Oriental“ stand in bunten Leuchtbuchstaben über dem Eingang, und drinnen empfing sie eine fernöstliche Atmosphäre mit locker platzierten Stellschirmen und üppigen Bambuskübeln. An den Wänden hingen Rollbilder und gerahmte Fotografien mit Szenen aus Koomera Crossings Vergangenheit. Sämtliche Tische und Stühle waren aus Rohr gefertigt, kleine Lackmöbel und Bronzefiguren ergänzten die Einrichtung.

Harriet empfing sie in einem mandaringelben Seidenkaftan, der ihre schlanke Gestalt anmutig umschwebte.

„Herzlich willkommen!“, rief sie und küsste ihre ehemalige Schülerin auf die Wange. „Brock, wo sind Sie die ganze Zeit gewesen? Wir haben Sie schmerzlich vermisst.“

„In Irland.“ Brock drückte Harriet die Hand und sah ihr dabei in die klugen grauen Augen. Dann nannte er den Namen des Gestüts, für das er gearbeitet hatte.

Harriet nickte. „Ein guter Name. Wenn ich Sie so ansehe, Brock, kann ich nur annehmen, dass es Ihnen dort drüben nicht schlecht ergangen ist. Sie sehen blendend aus. Aber ich habe auch vom Tod Ihrer Mutter gehört. Es tut mir aufrichtig leid, dass Catherine so früh von uns gegangen ist.“

Brock konnte nicht gleich antworten, aber er bezwang seine Rührung und seinen Kummer. „Sie ist jetzt dort, wohin sie sich immer gesehnt hat … bei ihren Vorfahren. Hier ist sie nie richtig heimisch geworden.“

„Ich fühle mit Ihnen, Brock.“ Harriet drückte seinen Arm. „Sie haben viel ertragen müssen. Wir sprechen ein andermal darüber. Jetzt sind Sie hier, um in Ruhe Ihr Dinner zu genießen. Ich habe Ihnen einen Tisch auf der Terrasse reserviert. Wenn ich vorangehen darf? Du siehst reizend aus, Shelley.“

Harriet nickte Shelley aufmunternd zu. Sie bewunderte diese junge Frau, die Herz und Verstand besaß und ihr Schicksal so tapfer ertrug. Sie hätte sich in jeder größeren Stadt ein eigenes Leben aufbauen können, aber sie harrte bei ihrer traumatisierten, wenig einnehmenden Familie aus. Wozu Liebe und Treue doch fähig waren. Und ein durch nichts gerechtfertigtes Schuldgefühl!

Der Weg zur Terrasse glich einem Spießrutenlauf. Fast von allen Tischen wurden Brock Hände entgegengestreckt. Jeder wollte ihn begrüßen und beteuern, wie froh er über seine Rückkehr war. Endlich erreichten sie die Terrasse, auf der nicht, wie drinnen, Weiß und Grün, sondern Weiß und Gold vorherrschten. Hier blühte künstlicher Goldbambus in den Kübeln, die Rattanmöbel waren weiß lackiert, und auf den Stühlen lagen weiße Baumwollkissen mit goldenem Bambusmuster. Weiße Porzellanelefanten trugen Bronzeschalen mit duftenden exotischen Pflanzen, und ein kleiner Springbrunnen sang plätschernd seine kleine Melodie.

„Genießt euern Aufenthalt“, sagte Harriet und legte die umfangreiche Speisekarte auf den Tisch. „Unsere Spezialität sind asiatische Gerichte, aber auf Wunsch kochen wir auch traditionell.“

„Sie sind wirklich erstaunlich, Miss Crompton.“ Brock sah Harriet bewundernd an, aber in seine Bewunderung mischte sich etwas von dem Mut, den er schon als kleiner Junge besessen hatte.

„Sagen Sie mir das nach dem Essen“, erwiderte Harriet lachend. „Jetzt muss ich wieder in die Küche, aber ich schicke Ihnen eins der Mädchen. Möchten Sie schon etwas trinken?“

Brock sah Shelley über den Tisch hinweg fragend an.

„Könnte ich ein Glas Weißwein bekommen?“

„Selbstverständlich, aber wie wäre es mit einer Flasche Champagner?“ Brock hatte einen schlimmen Tag hinter sich und spürte den Wunsch nach etwas Prickelndem. Vielleicht ging es Shelley genauso. „Einverstanden?“

„Unbedingt“, stimmte sie zu.

Harriet nickte. „Ich lasse Ihnen eine Flasche bringen.“

Während des Dinners gelang es Brock, Mulgaree und alle düsteren Erinnerungen, die damit verbunden waren, zu vergessen. Das lag überwiegend an Shelley, die mit jeder Minute reizender aussah. Sie hörte ihm so interessiert zu und stellte so Anteil nehmende Fragen, dass er sich mehr und mehr entspannte und bald so wohlfühlte wie seit Monaten nicht mehr.

Natürlich trug auch das Essen zu seinem Wohlbefinden bei. Brock hatte in Irland und Frankreich im Auftrag des Gestüts einige Gourmetrestaurants besucht, aber Harriet’s Oriental konnte spielend mit ihnen mithalten und bot den Vorteil der heimatlichen Intimität. Koomera Crossing hatte zweifellos eine neue Attraktion, die von sich reden machen würde.

Sie entschieden sich für thailändische Gerichte, die als Spezialität des Hauses galten. Auf Garnelen in Chilisauce folgte Hühnchen auf Curryreis, garniert mit Erdnusscreme und geraspeltem Gemüse. Als Dessert gab es gelierte Früchte und kleine von Rum durchzogene Pasteten. Alles schmeckte köstlich, war sorgfältig zubereitet und originell serviert.

„Das war ein Genuss“, meinte Brock und lehnte sich zufrieden zurück.

Shelley nickte. „Ich habe noch nie etwas so Köstliches gegessen. Wenn ich an meine Versuche mit der japanischen Küche denke, schäme ich mich geradezu.“

„Hast du so wenig Erfolg damit gehabt?“ Brock konnte nicht aufhören, Shelley zu betrachten. Jede Stimmung ließ sich von ihrem Gesicht ablesen, und der rasche Wechsel ihres Gesichtsausdrucks bezauberte ihn. Im matten Licht der Tischlampe wirkten ihre Augen dunkler, aber dafür blitzten dann und wann goldene Pünktchen darin auf. Es war faszinierend.

„Anfangs ja“, gab sie zu, „aber inzwischen habe ich einige Fortschritte gemacht. Ich kann echten Klebreis kochen, aber er hält nur einen Tag. Man kann ihn nicht aufwärmen. Ein großes Problem ist die Beschaffung von frischem Fisch, denn gefrorener ist für japanische Gerichte unbrauchbar. Meist muss ich mich mit Krabben und Lachs aus der Dose behelfen. Bei Fleischgerichten habe ich weniger Schwierigkeiten, unsere Rinder liefern die beste Grundlage für Sukiyaki, Teriyaki und Kushiage. Ich habe sogar spezielle Küchengeräte und japanisches Geschirr angeschafft. Dabei habe ich mich für Weiß entschieden. Auf Weiß sieht jedes Gericht gut aus, obwohl man in Japan viel von farbigem Lackgeschirr isst. Ein Problem war die viereckige Pfanne. Japanische Omeletts müssen immer in einer viereckigen Pfanne gebraten werden, sonst kann man sie nicht vorschriftsmäßig servieren. Grundsätzlich habe ich festgestellt, dass Kochen sehr dabei hilft, eine andere Kultur kennenzulernen.“

„Und andere Kulturen interessieren dich?“ Brock nahm sich vor, Shelleys Kochkünste eines Tages an Ort und Stelle zu testen. „Seit ich in Irland war, weiß ich, wie viele fremde Kulturen unser Land mit geprägt haben. Du solltest entsprechend für deine Küche werben … mit Slogans wie: Hier is(s)t man wie zu Hause. Was hältst du davon?“

„Keine schlechte Idee“, erwiderte Shelley. „Zumal wir finanziell auf die Gäste angewiesen sind.“

Brock griff nach seinem frisch gefüllten Glas und betrachtete die Perlen, die vom Boden an die Oberfläche stiegen. „Ich habe den Eindruck, dass du keiner Herausforderung ausweichst“, meinte er.

Shelley lachte. „Jedenfalls keiner, die Geld bringt. Es ist vielleicht noch zu früh, dich das zu fragen, aber hast du schon konkrete Zukunftspläne?“

Wenn seine Absicht sein sollte, nach Irland zurückzukehren, werde ich kein bisschen enttäuscht sein!

„Ich habe vor, die Kingsley-Kette zu übernehmen“, erwiderte Brock ohne zu überlegen.

Shelley erschrak über den aggressiven Ton und noch mehr über den harten Gesichtsausdruck.

„Nimm es mir nicht übel“, sagte sie vorsichtig, „aber wäre das juristisch überhaupt möglich? Immerhin ist Philip auch noch da.“

„Ich bin nicht an Teilhabern interessiert“, lautete die knappe Antwort.

So viel Feindseligkeit hatte Shelley nicht erwartet. „Dann kann ich dir nur Glück wünschen“, meinte sie.

„Tu das.“ Plötzlich lächelte Brock. Es war, als bräche ein Sonnenstrahl durch dunkle Regenwolken. „Ich kann deine guten Wünsche brauchen. Und sieh mich bitte nicht so ängstlich an, Shelley Logan.“

„Ich habe Angst um dich“, gestand sie. „Vielleicht ist dein Großvater immer noch der Alte.“

„Ja, vielleicht.“ Brock hielt sein Glas so fest, dass Shelley fürchtete, der Stiel könnte zerbrechen. „Aber es ist auch möglich, dass er sein Gewissen entdeckt hat.“

„Dann rechnest du damit, dass er dich in seinem Testament berücksichtigt?“

Brock nickte. „Die Beweggründe meines Großvaters sind mir nie ganz klar gewesen. Jetzt sieht es so aus, als wollte er sich mit mir versöhnen, aber vielleicht spielt er auch wieder nur ein falsches Spiel. Darin war er schon immer Meister. Es ist auch möglich, dass sein Verstand inzwischen nachgelassen hat. Er leidet unter starken Schmerzen und wird von Schuldgefühlen gequält. Er hat sogar den Wunsch geäußert, nach Irland zu reisen und Mums Grab zu besuchen. Aber dafür ist es längst zu spät.“

„Geht es ihm so schlecht?“, fragte Shelley betroffen.

„Vielleicht würde er die Reise überstehen, aber er weiß, wie ihn die Angehörigen und Freunde meiner Mutter empfangen würden. Er hat ihr das Leben zur Hölle gemacht. Sie hat sich aus dieser Hölle befreit, aber zu welchem Preis? Es hat sie einen Teil ihrer Lebenskraft gekostet.“

„Aber früher muss er sie doch einmal geliebt haben“, erklärte Shelley mit Überzeugung.

Brock schüttelte den Kopf. „Rex Kingsley weiß nichts von Liebe.“

„Du ahnst nicht, wie leid mir das alles tut. Vielleicht hättest du nicht zurückkommen sollen, solange so viel Bitterkeit in dir ist.“

„Ich hatte keine Wahl.“ Und tatsächlich machte Brock den Eindruck, als folgte er einem höheren Befehl. „Merkt man mir die Bitterkeit so deutlich an?“

„Leider ja“, antwortete Shelley ehrlich. „Ich habe dich den ganzen Abend beobachtet. Dein Gesicht und deine Hände verraten deutlich, was du fühlst.“

„Damit hast du vermutlich recht.“ Wieder lächelte Brock, als wollte er Shelley versöhnlich stimmen. „Die Bitterkeit ist da, aber jetzt geht es um Mulgaree, auf das ich einen Anspruch habe. Ich werde nicht zulassen, dass Philip und Frances es mir wegnehmen.“

„Sei nicht böse, wenn ich immer das Falsche sage“, bat Shelley. „Ich achte deine Gefühle, aber du musst zugeben, dass Philips Ansprüche ebenfalls berechtigt sind. Auch er ist ein Enkel von Rex Kingsley. Erscheint es dir so unmöglich, Mulgaree mit ihm zu teilen?“

Brock beugte sich über den Tisch und ergriff Shelleys Hand. „Philip ist unfähig, Mulgaree zu leiten, Shelley. Von den anderen Kingsley-Besitztümern will ich gar nicht erst reden. Ich bin erst seit zwei Tagen zurück und konnte schon feststellen, wie untauglich Philip für diese Aufgaben ist. Er hat keine Autorität, kann weder planen noch wirtschaften. Die Männer hören nicht auf ihn. Man kann ihren Respekt nicht fordern, man muss ihn sich verdienen. Philip würde in kurzer Zeit alles verspielen.“

„Du tust mir weh“, sagte Shelley leise.

„Entschuldige bitte.“ Brock ließ ihre Hand los, aber der Ausdruck in seinen Augen blieb hart.

„Wie krank ist dein Großvater?“, fragte Shelley und erinnerte sich an den großen, kräftigen und auf seine Weise imponierenden Mann.

Brocks Blick trübte sich. „Sein Herz macht nicht mehr mit, sein Geist trübt sich, und sein Magen ist von Krebs zerfressen“, antwortete er. „So lauten seine eigenen Worte. Es kann täglich, ja stündlich mit ihm zu Ende sein.“

Bei den letzten Worten überlief Shelley ein eiskalter Schauer. „Wie herzlos das klingt“, sagte sie bedrückt.

„Wenn es herzlos klingt, ist er selbst daran schuld“, verteidigte sich Brock. „Warum hat er Mum und mich so behandelt?“ Er sah sie an. „Es tut mir leid, Shelley. Ich habe zu viel erlebt, als dass mich ein Unschuldslamm wie du noch ändern könnte.“

„Ich bin kein Unschuldslamm“, widersprach Shelley. „Schon lange nicht mehr. Genau wie du hadere ich mit der Welt und den Menschen. Ich möchte nur verhindern, dass Schmerz und Bitterkeit in dir die Oberhand gewinnen. Dann hätte dein Großvater gesiegt und erreicht, dass du so wirst wie er.“

„Was für ein absurder Gedanke!“, fuhr Brock auf. „Mir so etwas ins Gesicht zu sagen!“

„Es ist nicht immer angenehm, die Wahrheit zu hören. Aber natürlich wollte ich dich nicht kränken. Verzeih mir.“

„Schon gut.“ Brock verzog den Mund. „Für ein so zierliches Persönchen schlägst du ganz schön zu. Dabei vergesse ich wahrscheinlich, dass du es selbst nicht leicht gehabt hast. Benutzt deine Familie dich immer noch als Sündenbock?“

Shelley sah ihn mit großen Augen an. „Wie grausam du sein kannst, Brock Tyson.“

„Dann solltest du dich vor mir in Acht nehmen.“

„Und du dich vor mir. Ich erlaube niemandem, in mein Seelenleben einzudringen.“

„Welche Geheimnisse könnte ich da wohl noch entdecken?“, fragte Brock spöttisch. „Jeder kennt unsere Lebensgeschichten, als wären sie in Schlagzeilen in der städtischen Zeitung erschienen.“

Plötzlich klang Shelley genauso bitter wie er. „Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich nie wieder frei sein. Den eigenen Zwillingsbruder unter so tragischen Umständen zu verlieren, ist wie ein Makel, den man niemals loswird.“

„Dann musst du um deine Freiheit kämpfen.“ Jetzt war es Brock, der ihr gut zuredete. „Wer so flammend rotes Haar hat, darf sich nicht niederdrücken lassen. Warum opferst du dich für deine Familie? Du hast ein Recht auf dein eigenes Leben … solange du es nicht mit jemandem wie Philip vergeudest.“ Er runzelte die Stirn. „Du wirst es nicht glauben, aber wenn man vom Teufel spricht … Mein lieber Cousin steuert direkt auf unseren Tisch zu.“

„Oh nein!“ Shelley erschrak und drehte sich um. „Das ist doch nicht möglich.“

„Ein Irrtum ist leider ausgeschlossen.“

3. KAPITEL

Inzwischen hatte Philip Kingsley sie fast erreicht. Er war groß und schlank, ging aber leicht gebückt, als trüge er eine Last auf den Schultern. Auch er besaß das gut geschnittene Gesicht der Kingsleys, allerdings ohne den markanten Zug, der für seinen Cousin so charakteristisch war. Neben Brock wirkte er blass, beinahe kraftlos.

Direkt vor Shelley blieb er stehen und sah sie mit seinen braunen Augen traurig an.

„Guten Abend, Shel. Dich hätte ich hier nicht erwartet … und am allerwenigsten mit Brock.“ Der vorwurfsvolle Ton irritierte Shelley über die Maßen, und dass Philip unaufgefordert einen Stuhl heranzog und sich setzte, machte die Sache nicht besser. „Warum lässt du dich ausgerechnet von Brock zum Dinner einladen?“

„Bitte, Philip“, antwortete sie heftiger, als es ihre Art war. „Tu mir einen Gefallen und misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen.“

„Normalerweise sprichst du ganz anders mit mir“, behauptete Philip und rückte näher an sie heran.

„Das stimmt nicht.“ Shelley hatte Mühe, sich zu beherrschen.

„Sollte ich mich wirklich derartig geirrt haben?“

So war Philip – nie aggressiv, aber von einer Beharrlichkeit, die einen zur Verzweiflung treiben konnte. Auf diese Weise versuchte er sich durchzusetzen.

„Ich bitte dich, Phil.“ Brock machte eine ungeduldige Handbewegung. „Hör auf, Shelley zu belästigen. Du hörst doch, was sie sagt. Und was sollte sie schon mit einem läppischen Typ wie dir anfangen? Abgesehen davon … Was hast du hier verloren? Ich erinnere mich nicht, dich an unseren Tisch gebeten zu haben.“ Das klang wie eine deutliche Warnung.

„Bringst du schlechte Nachrichten von zu Hause?“, mischte sich Shelley schnell ein. „Bist du deswegen hier?“ Dass Philip seinen Cousin nicht aus übergroßer Liebe aufsuchte, war sonnenklar.

Philip sah sie noch trauriger und seelenvoller an. „Grandads Befinden hat sich dramatisch verschlechtert. Er verlangt nach Brock. Hättest du mir besser zugehört …“

„Warum bist du nicht gleich zur Sache gekommen, anstatt mir unnötige Vorwürfe zu machen?“, unterbrach sie ihn. „Also deswegen bist du noch so spät in die Stadt gekommen.“

„Falls das Ganze nicht nur ein Trick ist, um mich nach Hause zu holen“, höhnte Brock. „Grandad will uns zwingen, in der Arena gegeneinander anzutreten.“

Philips schmales Gesicht rötete sich vor Erregung. „Musst du alles immer so hässlich ausdrücken?“, fragte er gereizt.

„Natürlich nicht … entschuldige. Leider ist mein Mitleid für den alten Mann sehr begrenzt.“

„Es wundert mich, dass er dich überhaupt zurückgerufen hat“, erklärte Philip beleidigt. Wenn er wollte, konnte er ein guter Schauspieler sein. Soweit Shelley sich erinnerte, hatte er nie besonders positiv über seinen Großvater gesprochen, sondern immer versucht, durch Klagen ihre Sympathie zu gewinnen. Durchaus mit Erfolg.

Brock betrachtete seinen Cousin mit einem spöttischen Lächeln. „Du alter Heuchler, Phil“, meinte er wegwerfend.

„Es geht um unseren Großvater“, verteidigte sich Philip. „Er war einmal ein Goliath. Jetzt liegt er im Bett und starrt an die Zimmerdecke. Glaubst du, das lässt mich kalt? Er war so stark, so unbesiegbar. Es ist schrecklich, ihn ganz vernichtet zu sehen.“ Philip senkte seine Stimme zu einem rauen Flüstern. „Es bringt mich um.“

Brocks Mundwinkel zuckten. „Warum brichst du nicht in Tränen aus?“

„Weißt du, was du bist, Brock? Ein gefühlloses Schwein!“

„Und du bist ein Jammerlappen, bei dem mir übel wird!“

„Wie kann man seine Herkunft so verleugnen?“ Philip tat, als kämpfte er um die Familienehre. „Kein Wunder, dass Grandad dich und Tante Cath davongejagt hat.“

Bei diesem Satz wich alles Blut aus Brocks Gesicht, und für einen Moment fürchtete Shelley, er würde seinem Cousin an die Gurgel gehen.

„Hör nicht auf ihn, Brock“, bat sie flehentlich und fasste seine Hand. „Warum verschwindest du nicht, Philip? Deine Botschaft ist angekommen.“

Philip sah sie fassungslos an. „Ich begreife nicht, dass du Brocks Partei ergreifst. Du bist mit mir befreundet … nicht mit ihm.“

„Das klingt ja, als wäre Shelley dein Eigentum“, bemerkte Brock, der sich inzwischen beruhigt hatte. Er spürte noch immer Shelleys Händedruck und wunderte sich, wie fest sie zupacken konnte.

„Wir haben gemeinsame Pläne für die Zukunft“, verteidigte sich Philip. „Ich bin nicht wie du, Brock. Ich möchte mein Leben nicht vergeuden.“

„Dann musst du dich aber gewaltig anstrengen, lieber Cousin, denn dir fehlen absolut die Voraussetzungen dafür. Du hasst unseren Großvater genauso wie ich und spielst trotzdem den trauernden Enkel. Es ist nicht schwer zu erraten, worauf du und deine noble Mutter spekulieren … auf die Kingsley-Kette. Darum versucht ihr, mich überall schlecht zu machen. Ich begreife nicht, wie du das mit deinem scheinbaren Ehrgefühl vereinbaren kannst.“

„Du weißt ja nicht, was du sagst!“, brauste Philip auf, wagte aber nicht, Brock dabei anzusehen.

„Oh doch“, erwiderte Brock. „Ihr habt mich bei dem alten Mann verleumdet, ohne eure Anschuldigungen jemals beweisen zu können. Wie müsst ihr triumphiert haben, als Mum und ich endlich fort waren.“

„Du meinst wohl, als ihr auf die Straße gesetzt wurdet“, höhnte Philip. „Grandad hat dich nie benachteiligt, aber du warst zu stolz, um dich zu fügen. Je eher du das einsiehst, umso besser für dich. Du wusstest einfach nicht, wie ein Kingsley sich zu benehmen hat. Du warst wild und aufsässig … von klein an.“

„Dann hättet ihr euch ja keine Sorgen zu machen brauchen, oder? Leider hat deine Mutter sehr schnell gemerkt, dass du mir nicht gewachsen warst. Wild oder nicht … du verblasst einfach neben mir. Darum musste ich aus dem Haus. Nachträglich erscheint mir der Rausschmiss allerdings als ein Segen. Dadurch wurde ich frei, während du weiter im Gefängnis schmachten musstest. Das war der Lohn für deine Falschheit und deine Schwäche.“

Philip antwortete nicht gleich. Man sah ihm an, wie schwer es im fiel, sich zu beherrschen. Endlich sagte er: „Trotzdem will Großvater, dass du nach Hause kommst.“

„Sollst du mich gleich mitnehmen?“, fragte Brock leicht belustigt.

„Ich bin mit dem Hubschrauber gekommen“, bestätigte Philip, warf Shelley einen gequälten Blick zu, sah aber gleich wieder weg.

„Das interessiert mich nicht“, erklärte Brock. „Ich komme nach Mulgaree, wenn es mir passt. Das wird wahrscheinlich morgen sein.“

Philip beugte sich vor. „Und wenn es dann zu spät ist?“

„C’est la vie!“ Brock zuckte lässig mit den Schultern. „Aber so weit wird es nicht kommen. Rex Kingsley stirbt erst dann, wenn er es für richtig hält. Das bringen nur wenige Menschen fertig.“ Aus den letzten Worten sprach deutliche Bewunderung.

„Dass ich mich deinetwegen hierher bemüht habe, scheint dich nicht zu beeindrucken“, sagte Philip. Wieder glitt sein Blick zu Shelley, als hätte sie das alles zu verantworten.

„Warum so verzweifelt?“ Brock betrachtete seinen Cousin mit zusammengekniffenen Augen. „Passt es nicht hervorragend in deine Pläne, wenn du berichten kannst, dass ich erst komme, wenn es mir passt?“

„Denk ja nicht, dass ich das verschweigen werde“, erwiderte Philip unfreundlich. „Du hast wirklich eine seltsame Art, dich mit einem Sterbenden zu versöhnen.“

Brocks Zorn flammte erneut auf. „Und du erledigst immer noch die Schmutzarbeit für deine Mutter“, sagte er scharf.

Das war selbst dem dickfelligen Philip zu viel. Er stand ruckartig auf, sah eine Weile vor sich hin und wandte sich dann an Shelley. „Wie ich sehe, hast du deine Mahlzeit beendet. Erlaubst du, dass ich dich in dein Hotel bringe? Ich muss noch etwas Persönliches mit dir besprechen.“

Brock lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Hör dir das an, Shelley“, meinte er belustigt. „Ist er nicht zum Totlachen? Verzieh dich, Phil.“

Philip beugte sich zu ihm. „Und du fahr zur Hölle!“

„Den Gefallen werde ich dir nicht tun“, erwiderte Brock. „Ich bringe nur meine Angelegenheiten in Ordnung und überlasse die Hölle dir.“

„Du vergisst, dass ich genauso ein Opfer bin wie du“, sagte Philip. Auf einmal schien die Liebe zu seinem Großvater, die er gerade noch beteuert hatte, vergessen zu sein.

„Das weiß ich“, gab Brock großmütig zu.

„Und ich räume nicht kampflos das Feld“, erklärte Philip entschlossen. „Wozu habe ich mich all die Jahre geschunden? Um dann alles dir zu überlassen?“

Brock nickte. „Ich denke genau das Gleiche. Also werden wir um den Sieg kämpfen.“

Philip stand da und suchte nach einer Antwort, aber ihm fiel keine ein. In diesem Moment tat er Shelley fast leid.

„Geh jetzt, Phil“, bat sie, „und sag nichts mehr. Die Leute werden schon aufmerksam.“

„Na und?“, erwiderte er bitter. „Ich dachte, ich könnte mich auf dich verlassen, Shel, aber inzwischen zweifle ich daran.“

„Das ist immerhin ein Fortschritt“, erwiderte sie kühl. „Geh jetzt, bitte.“

„Ja, ich gehe. Aber ich warne dich vor meinem Cousin. Sein Ruf, was Frauen betrifft, war nie der beste.“

„Trotzdem hat sich nie eine über mich beschwert“, konterte Brock und trug damit auch rhetorisch den Sieg davon.

Harriet thronte auf einem hohen weißen Korbstuhl hinter der Kasse, um die Rechnungen fertig zu machen und die Gäste zu verabschieden.

„Das Dinner war ein Erlebnis, Miss Crompton“, meinte Brock und legte einige Geldscheine hin, ohne sich die Rechnung näher anzusehen. „Wir haben den Abend sehr genossen.“

Harriet lächelte, aber ihr Blick blieb ernst. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie. „Es tut mir leid, aber ich musste Philip an Ihren Tisch schicken.“

Brock erwiderte das Lächeln ebenso ernst. „Schon gut, Miss Crompton. Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf.“

„Er behauptete, es ginge Ihrem Großvater schlechter“, fuhr Harriet fort, wobei sie erst Brock und dann Shelley ansah.

„Das wird sich herausstellen, wenn ich dort bin“, erwiderte Brock.

„Hoffentlich macht man Ihnen nicht zu große Schwierigkeiten, Daniel.“

Brock sah sie verdutzt an. „Daniel? Es ist Ewigkeiten her, dass mich jemand in Koomera Crossing so genannt hat.“

„Der Name passt zu Ihnen … Daniel in der Löwengrube. Übrigens muss ich Sie warnen: In Mulgaree hat sich nichts geändert.“

„In Bezug auf Rex Kingsley?“

„In Bezug auf alle, Daniel.“

„Das habe ich nicht anders erwartet, Miss Crompton.“

Harriet nickte. Sie wusste, was dieser eindrucksvolle junge Mann in seiner Kindheit und Jugend erduldet hatte – viel mehr als sein Cousin Philip, der seinem Großvater nie ernsthaft entgegengetreten war.

„Und wie steht es in Wybourne?“, wandte sie sich an Shelley. „Wie ich höre, melden sich mehr Gäste an, als ihr unterbringen könnt.“

„In zwei Wochen erwarten wir eine japanische Touristengruppe“, erzählte Shelley.

„Tüchtiges Mädchen“, meinte Harriet. „Ich hätte nie geglaubt, dass du einmal ins Tourismusgeschäft einsteigen würdest. Wenn du jemals Hilfe brauchst, lass es mich wissen. Das meine ich ganz ehrlich.“

„Daran zweifle ich nicht, Miss Crompton. Vielen Dank.“ Shelley berührte flüchtig Harriets Arm. „Sie sind eine wahre Freundin.“

„Besucht mich bald wieder“, meinte Harriet noch, bevor sie sich anderen Gästen zuwandte.

Auf dem Rückweg zu Donovan’s Pub kamen sie durch den städtischen Park und setzten sich auf eine Bank. Am Himmel funkelten die Sterne, der fast volle Mond tauchte die friedliche Oase in silbernes Licht. Weißer Dunst lag über dem Bach, in dem sich die Sterne spiegelten. Es sah aus, als schwankten Irrlichter hin und her.

Shelley rieb sich die Arme. Ein kühler Wind kam von der Wüste, fuhr durch die dunklen Kronen der Bäume und ließ einzelne Blätter über den Rasen tanzen. Obwohl die Hauptstraße, wo altmodische Laternen brannten, ganz in ihrer Nähe lag, hatte Shelley das Gefühl, mit Brock allein auf der Welt zu sein. Außer ihnen schien kein anderes Lebewesen zu existieren. Sogar die Geräusche der nahen, immer noch belebten Straßen verloren sich in der nächtlichen Dunkelheit.

Während Brock schwieg und seinen Gedanken nachhing, betrachtete Shelley den Himmel. Sie erkannte die Milchstraße, die sich wie ein breites schimmerndes Band hinzog, den Orion, die Plejaden und das Kreuz des Südens, das die Eingeborenen besonders verehrten. Seit Erschaffung der Erde standen die Sternbilder unverrückt am Himmel und schauten auf dieses Land herab.

„Wie sieht der Himmel über Irland aus?“, fragte Shelley leise. Denn sie wollte die Stille und die wunderbare Zweisamkeit mit Brock auf keinen Fall stören.

Brock antwortete nicht gleich. Er musste daran denken, wie sehr er sich trotz der Geborgenheit bei seinen Verwandten in dieses Land zurückgesehnt hatte.

„Anders als hier“, meinte er endlich. „Der Himmel ist dort bei Weitem nicht so klar. Tagsüber nicht so durchdringend blau und nachts nicht so funkelnd hell. Hier meint man, nur den Arm ausstrecken zu müssen, um sich eine Handvoll Brillanten herunterzuholen. In Irland ist es anders, aber nicht weniger schön. Unser Land muss den ersten Siedlern endlos weit vorgekommen sein. Es gibt drüben weder diese Wildheit noch diese urzeitliche Größe. Alles wirkt kleiner und gedämpfter. Die Menschen leben mehr nach innen. Sie können heiter, geradezu verrückt sein, und gleichzeitig sind Ernst und Schwermut nie fern. Die Iren sind begnadete Geschichtenerzähler und ausgezeichnete Pferdekenner. Es gibt unendlich viele Volkslieder, meistens handeln sie von unglücklicher Liebe. Und dann das Klima! Hier sehnen wir uns oft nach einem tüchtigen Wolkenbruch, aber dort regnet es fast ununterbrochen. Die Luft ist feucht, wie von Wasserdampf erfüllt. Alles ist grün, als wüchsen Smaragde aus der Erde. Du würdest dich dort wohlfühlen, Shel … wie Leanan-Sidhe, die Muse der Dichter.“

„Ist sie eine Wasserfee?“, fragte Shelley, die plötzlich eine ganz seltsame Stimmung überkam.

„Nein, aber ein reizendes Naturwesen mit wallendem rotem Haar und smaragdgrünen Augen.“

„Wenn sie nur kein Wassergeist ist“, seufzte Shelley, die wieder einmal trübe Erinnerungen heimsuchten. „Wassergeister finden ihr Vergnügen darin, Kinder zu ertränken.“

Brock legte instinktiv den Arm um sie. „Es war dumm von mir, dieses Thema zu berühren“, sagte er reumütig. „Verzeihst du mir?“

Sie nickte. „Natürlich. Großmutter Moira hat uns oft Märchen erzählt. Einige waren schaurig, aber sie erzählte sie trotzdem. Ein Märchen handelte von den Asrai – das sind kleine zarte Feen, die aus Seen und Lagunen auftauchen und verlockend winken, aber sobald man die Hand nach ihnen ausstreckt, sind sie verschwunden. Manchmal denke ich, dass Sean eine von ihnen gesehen hat und ihr gefolgt ist. Sie hat ihn hinuntergezogen in sein kühles feuchtes Grab.“

„Sprich nicht so, Shelley“, bat Brock und drückte sie fester an sich. „Du brichst mir das Herz … oder das, was davon übrig ist.“

„Wir sind zwei kranke Menschen“, stimmte Shelley traurig zu.

„Seelische Erschütterungen im Kindesalter lassen tiefe Wunden zurück“, versuchte Brock sie zu trösten. „Man hätte dir helfen müssen, dein Trauma zu überwinden.“ Er drückte ihren Kopf sanft an seine Schulter, und sie ließ es geschehen. „Bei mir liegen die Dinge anders, obwohl es bei uns beiden um die Familie geht. Hast du nie mit jemandem über dein Problem gesprochen – mit einem Arzt oder Psychologen, der dir hätte helfen können?“

„Wer hätte das denn sein sollen?“, fragte Shelley. „Ich lebe auf einer einsam gelegenen Farm. Natürlich gibt es Sarah Dempsey vom Bush Hospital, die wir alle sehr bewundern. Sie bemüht sich, meiner Mutter zu helfen, aber Mum überlässt sich immer wieder ihren Depressionen. Sie hat einfach nicht die Kraft, sich dagegen zu wehren. Und Dad hat beinahe aufgehört zu leben. Er hat den einzigen Sohn verloren, sein Ein und Alles. Männer wie Dad brauchen einen Sohn. Hätte er wählen dürfen, hätte er mich geopfert und Sean gerettet. Das weiß ich genau.“

„Wie kannst du ihn dann noch lieben?“, fragte Brock entrüstet.

Shelley wollte von ihm abrücken, aber er ließ es nicht zu. „Bleib so sitzen“, bat er. „Lass mich nicht allein.“

„Meine Eltern leiden immer noch“, sagte sie und entspannte sich wieder. „Mein Hass würde sie zusätzlich belasten.“

„Also hast du dich entschieden, eine Heilige zu werden“, folgerte Brock nüchtern.

„Spotte nur, aber so einfach ist das nicht“, erwiderte Shelley. „Es gibt immer wieder Tage, an denen ich mich frage, warum ich in Wybourne bleibe und mich halb zu Tode schufte. Manchmal weiß ich nicht, wie ich es schaffen soll, aber dafür interessiert sich niemand. Das macht mich oft wütend, und darum bin ich auch keine Heilige. Andererseits würde ich meine Familie nie im Stich lassen.“

„Und wenn du heiratest?“, fragte Brock weiter. „Ich wundere mich, dass noch kein tatkräftiger junger Mann aufgetaucht ist und dich einfach mitgenommen hat. So ein Mann ist Philip natürlich nicht.“

„Vielleicht spürt er, dass ich zu belastet bin, um ein neues Leben mit ihm anzufangen“, meinte Shelley nachdenklich.

Brock nahm sie fester in den Arm. „Ich habe vorhin sein Gesicht beobachtet“, erinnerte er sich. „Er liebt dich, daran besteht kein Zweifel. Uns zusammen zu sehen, hat ihm sehr wehgetan.“

Shelley spürte immer mehr, wie tröstlich Brocks Nähe war. Ihr Kopf lag an seiner breiten Brust, und sie fühlte sich wunderbar geborgen.

„Ich kann nichts dafür, dass er sich so an mich hängt“, erklärte sie bekümmert. „Ich habe ihm keine Hoffnungen gemacht, aber die Auswahl ist hier nicht sehr groß. Man trifft sich auf jeder Party, tanzt zusammen, unterhält sich … Aber davon, dass wir ein Paar wären, kann keine Rede sein.“

„Das solltest du ihm möglichst bald klarmachen“, riet Brock.

„Ich glaube, da kann ich mich ganz auf seine Mutter verlassen.“ Sie lachte leise vor sich hin. „Ihrer Meinung nach bin ich nicht gut genug für einen Kingsley.“

„Dann kann man sie nur wegen ihrer schlechten Menschenkenntnis bedauern“, entschied Brock. „Ist dir kalt, Shel? Du zitterst ja.“

„Es ist der kühle Nachtwind. Beim Gehen wird mir wieder warm werden.“

„Leider habe ich nichts, was ich dir umlegen könnte … abgesehen von meinem Arm natürlich. Also komm, Shel.“ Brocks Stimme klang warm und tief. Er stand auf und reichte ihr die Hand. „Unser Pub wartet.“

Damit hätte es eigentlich genug sein können. Sie hätten weitergehen können, ohne der sinnlichen Verlockung, die sie beide spürten, nachzugeben, aber Brock hatte sich schon zu weit vorgewagt. Die kleine tapfere Shelley Logan mit dem roten Haar und den grünen Augen hatte ihm gründlich den Kopf verdreht.

Sogar der Wind war auf seiner Seite. Im Laufe des Abends hatte er zugenommen und zerrte jetzt so heftig an Shelleys Haar, dass sich die Nadeln, mit denen sie es festgesteckt hatte, lösten. Sie versuchte, die rote Pracht mit beiden Händen zu halten, aber die vollen Locken glitten ihr durch die Finger.

Brock war wie gebannt von diesem Anblick. Er wusste, dass es vernünftig gewesen wäre, Shelley nicht weiter anzusehen, aber sie hatte ihn schon bezaubert, seine guten Vorsätze waren schon dahin. Dabei hatte er sie nicht eingeladen, um etwas mit ihr zu erleben. Er wollte frei und unabhängig bleiben, aber da stand sie mit erhobenen Armen, kämpfte mit ihrem wehenden Haar und bot ein so verführerisches Bild, dass das Verlangen ihn überwältigte.

Es war ihm, als hielte er sie schon in den Armen. Warum warten, warum sich nur eine Sekunde besinnen, wo alles so natürlich und selbstverständlich erschien? Brock war ein leidenschaftlicher Mann, und in diesem Augenblick konnte ihn nichts mehr daran hindern, alles andere zu vergessen und seiner Leidenschaft nachzugeben.

Fast heftig zog er Shelley in seine Arme und küsste ihren Mund. Im ersten Moment rührte sie sich nicht. Er hatte sie überrascht, vielleicht sogar erschreckt, aber dann gab sie seinem Drängen nach, und er flüsterte ihren Namen an ihren geöffneten Lippen.

„Shelley!“

Ein wunderbares Gefühl durchströmte Brock. Aus dem Mädchen, das er so lange gekannt hatte, war eine betörende Frau geworden. Eine Frau, die ihn wie mit Zauberkräften festhielt.

„Was tust du, Brock?“ Shelley wusste nicht mehr, wo sie war. Mond und Sterne verblassten, es gab nur noch Brock, seinen starken warmen Körper, seine Hände, seinen Mund. Hatte sie ihn je gekannt? Der Mann, der sie jetzt in den Armen hielt und küsste, war ihr vertraut und dennoch fremd.

„Ich küsse dich“, antwortete er und wusste gleichzeitig, dass ein Kuss sein Verlangen nicht stillen konnte. Er hätte aufhören müssen, aber er konnte es nicht. Seit er ihre Lippen berührt hatte, war er verloren.

Für Shelley ging das alles etwas zu schnell.

„Warte“, bat sie und legte eine Hand auf seine Brust.

„Worauf warten?“, fragte er ungeduldig. „Wir wollen doch beide dasselbe.“

Er legte seine Hände um ihr Gesicht und küsste sie wild und leidenschaftlich. Es war, als hätte ihn ein Fieber erfasst, das ihn verzehrte und gleichzeitig am Leben erhielt.

Shelley war unfähig, sich gegen diesen Ansturm zu wehren. Sie genoss Brocks Küsse in vollen Zügen und schmiegte sich willig an ihn. Ihr wundervolles rotes Haar verhüllte ihre Gesichter wie ein dichter Schleier. Es verströmte den Duft wilder Blumen – den wilden Duft der Wüste.

Wie schön Shelley war, wie geschmeidig und nachgiebig. Brock hätte sie am liebsten hochgehoben und fortgetragen, irgendwohin, wo sie sich gegenseitig glücklich machen konnten. Er tastete nach ihrem Hals und spürte das Pochen, das ihre Erregung verriet. Der Wunsch, sie zu streicheln, ihre Brüste zu liebkosen und die schwellenden Knospen zu berühren, wuchs immer mehr und wurde übermächtig. Fast hätte er vergessen, wo er war, aber Shelleys natürliche Keuschheit brachte ihn im letzten Moment zu sich.

Von einer Sekunde auf die andere ließ er sie los, so plötzlich, dass Shelley taumelte und nach seinem Arm griff.

„Brock!“

Sie musste sich an ihm festhalten, um nicht vor Schwäche zu fallen. Ihr ganzer Körper vibrierte. Jede Stelle, die er berührt hatte, strahlte Wärme und Licht aus. Sie glaubte zu schweben und fürchtete, einfach davongetragen zu werden.

„Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte“, sagte Brock mit mühsam errungener Fassung.

„Ich auch nicht“, gab Shelley ehrlich zu. Nie zuvor hatte sie etwas so Ungewöhnliches, Aufwühlendes erlebt.

„Trotzdem wolltest du, dass ich dich küsse.“

„Glaubst du?“ Sie legte eine Hand auf ihr stürmisch klopfendes Herz. „Eigentlich hatte ich nur Angst, dass du nie wieder aufhören würdest.“

„Das ist mir auch ziemlich schwergefallen, aber schließlich musste ich vernünftig sein.“

„Würdest du mir sagen, warum du vernünftig sein musstest?“, fragte sie.

„Willst du das wirklich wissen?“ Brock strich ihr mit beiden Hände das Haar zurück. „Du bist einfach zu verführerisch, und ich bin zu hitzig. Es hätte mit Tränen geendet, und das wäre schrecklich gewesen.“

Sie trat einen großen Schritt zurück. „Tränen brauchst du bei mir nicht zu befürchten, Brock Tyson“, versicherte sie. „Anscheinend sind dir deine zahlreichen Eroberungen zu Kopf gestiegen. Außerdem hast du mich nicht zum ersten Mal geküsst, wenn ich dich daran erinnern darf. Ich habe es beide Male überlebt.“

„Und welches Mal hat dir besser gefallen?“ Brock wollte sie wieder in die Arme nehmen, aber sie wich ihm aus.

„Natürlich das zweite“, gab sie widerwillig zu.

„Darum hast du ja auch tapfer durchgehalten“, neckte er sie. „Ich möchte dich nicht kränken, aber im Moment kann ich es mir nicht leisten, kopflos zu werden. Meine ganze Zukunft steht auf dem Spiel.“

„Nicht meinetwegen“, erwiderte Shelley unnötig scharf.

„Au!“ Brock tat, als hätte er einen Schlag erhalten. „Das tat weh.“

„Und war verdient.“ Inzwischen hatte Shelley mit einiger Mühe ihr Haar geordnet. „Wollen wir nicht lieber alles vergessen? Mir fällt das nicht schwer.“

Brock lächelte. „Sei nicht böse, Shel, aber so etwas ist schwerer, als du denkst.“

„Wirklich?“ Sie stieß ihn halb scherzhaft vor die Brust. „Ich bin ein sehr disziplinierter Mensch, falls du das noch nicht wissen solltest. Schwerenöter wie du haben bei mir keine Chance.“

„Schwerenöter?“, wiederholte er. „Vergiss nicht, dass du das gesagt hast. Es beweist, dass du naiver tust, als du bist.“

„Eingebildeter Kerl!“, fauchte Shelley.

Das amüsierte Brock nur noch mehr. „Weißt du eigentlich, wie schön du bist?“, fragte er so voller Gefühl, dass sie errötete.

„Wenn du damit Probleme hast, ist es deine Sache“, antwortete sie knapp. „Wirst du mich jetzt in Ruhe lassen?“

„Nein.“ Brock nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen. „Ich begleite dich lieber nach Hause. Ist das nicht nett von mir?“

„Nett?“, wiederholte Shelley irritiert. „Du willst mir unterwegs doch nur einreden, dass du noch nie eine Frau wie mich kennengelernt hast.“

„Und? Stimmt das etwa nicht?“ Brocks Ton verriet, wie wenig ernst er sie nahm. „Immerhin bist du die einzige Frau, die beim Küssen nicht die Augen schließt.“

4. KAPITEL

Shelley atmete auf, als sie vor dem alten Wohnhaus hielt. Die Fahrt von Koomera Crossing war heiß und anstrengend gewesen. Wie immer in Dürrezeiten hatten Sandstürme getobt und die Sicht unangenehm behindert. Das Outback dürstete nach Regen, aber trotz aller Gebete sämtlicher Bewohner blieb er aus. Tag für Tag wölbte sich ein kobaltblauer Himmel über dem ausgedörrten Land. Kein Wölkchen ließ sich blicken, und die Sonne zog ungehindert ihre sengende Bahn.

Shelley wünschte, ihr würde jemand beim Ausladen helfen, aber auf Amanda war in dieser Hinsicht kein Verlass. Ihre Trägheit gehörte zu den Eigenschaften, die Shelley hasste. Bei großer Hitze klagte sie über Rückenschmerzen und behauptete, nicht aufstehen zu können. Dann verbrachte Amanda ihre Tage damit, dass sie maulig auf dem Sofa lag und andere für sich arbeiten ließ. Vor zehn stand sie in der Regel nicht auf. Manchmal schrieb sie Songs, gelegentlich sogar gute. Sie spielte hübsch Gitarre und leidlich Klavier, vorzugsweise, wenn sie sich damit vor anderen in Szene setzen konnte. Alle anderen Tätigkeiten waren unter ihrer Würde.

Früher hatte auch Shelley sich Musikunterricht gewünscht, doch sie hatte ihn nie bekommen.

„Was für eine dumme Bitte“, hatte ihr Vater jedes Mal geantwortet und dazu ein Gesicht gezogen, als ginge es ihr darum, die Familie zu ruinieren. „Du weißt doch, dass wir kein Geld haben.“

Shelley war immer noch beim Ausladen, als Amanda auf die Veranda kam. Sie war barfuß und trug ein hübsches Kleid aus pinkfarbenem Baumwollkrepp, das sie selbst genäht hatte.

„Wieder zurück?“, rief sie gut gelaunt und beugte sich über das schmiedeeiserne Geländer. „Wie war die Fahrt?“

„Die reinste Hölle“, antwortete Shelley müde.

„Na ja“, meinte Amanda. „Einer muss ja fahren. In der Zwischenzeit habe ich die Briefe erledigt, die du mir hingelegt hast.“

„Danke.“ Shelley ließ sich nicht bei ihrer Beschäftigung stören. „Du musst lange dafür gebraucht haben. Vielleicht zwanzig Minuten?“

„Braves Mädchen“, scherzte Amanda. „Was täten wir ohne unser fleißiges Hausmütterchen?“

„Du könntest mir zum Beispiel helfen.“ Shelley belud sich mit mehreren Taschen und stieg die Stufen zur Veranda hinauf.

„Später, Schatz.“ Amanda winkte vergnügt ab und ließ sich in einen der Korbsessel fallen. „Lass uns zuerst etwas plaudern. Himmel, ist das heute eine Hitze! Du hast nicht zufällig kalorienarme Limonade mitgebracht?“

„Zufällig doch … speziell für dich.“ Shelley stellte eine Tasche bei Amanda ab.

„He, vielen Dank!“ Amanda rekelte sich träge. „Übrigens hat dein Freund uns heute Morgen einen Besuch abgestattet und interessante Dinge erzählt.“

„Mein Freund?“, wiederholte Shelley, obwohl sie genau wusste, wen ihre Schwester meinte. „Wer soll das sein?“

„Philip natürlich, du kleiner Witzbold. Wenn du meinen Rat hören willst …“

„Nein, danke.“

„Lass ihn nicht von der Angel, Darling. Wie viele Männer gibt es, die steinreich sind, gut aussehen und sich für dich interessieren?“

„Es gibt hier in der Gegend viele reiche Männer“, meinte Shelley gleichgültig.

„Viele verheiratete Männer“, korrigierte Amanda, die immer noch ihrem einstigen Traum Mitch Claydon nachtrauerte.

Shelley zog sich einen zweiten Korbsessel heran. „Was hatte der gute Philip denn zu berichten?“, fragte sie.

Amanda betrachtete sie schweigend. Warum Shelley ihren zarten Teint behielt, während sie sich, obwohl sie blond war, das Gesicht mit Sonnenschutzcreme zukleistern musste, blieb ihr weiterhin ein Rätsel. Zumal die Sommersprossen auf der Nase sich trotz aller Mühe nicht verbergen ließen. Es war einfach nicht fair.

„Es scheint, dass Brock Tyson wieder da ist“, bemerkte sie nach einer Weile.

„Sein Großvater hat ihn gerufen“, bestätigte Shelley. Jetzt nur nicht rot werden! Brocks Name reichte, um ihr Herzklopfen zu bescheren.

„Dann stirbt der alte Kingsley?“, fragte Amanda gleichgültig.

„Hat Philip das nicht erzählt?“

Amanda schüttelte den Kopf. „Er hat nur gesagt, es ginge ihm schlechter.“

„Typisch Philip, sich so um die Wahrheit herumzudrücken. Bei seiner Mutter ist es übrigens dasselbe. Die beiden sind richtige Duckmäuser. Rex Kingsley liegt im Sterben. Das ist eine Tatsache.“

„Meinetwegen, aber warum regst du dich so auf? Viel interessanter ist doch, dass du gestern Abend mit Brock bei Harriet warst.“

Shelley nickte.

„Und weiter?“

„Was … weiter?“

Amanda schnaubte entrüstet. „Ich bin deine Schwester, Shel. Mit sechzehn warst du vollkommen vernarrt in Brock Tyson.“

„Wie fast alle in meinem Alter. Er war und ist ein faszinierender Mann.“

„Und ein Mann, der Probleme schafft. Warum hat er seine Chancen so vertan?“

„Welche Chancen meinst du? Er ist Rex Kingsleys Enkel. Das bedeutet immerhin etwas.“

„Dem alten Tyrannen bedeutet es nichts“, widersprach Amanda. „Er ist ein furchtbarer Mensch – das männliche Gegenstück der verstorbenen Ruth McQueen, die in Frieden ruhen möge. Diese alten Patriarchen und Matriarchinnen besaßen einfach zu viel Macht, zu viel Land und zu viel Geld. Das verdirbt den Charakter. Wie sieht Brock inzwischen aus? Immer noch so sexy?“

„Das muss jeder für sich entscheiden“, antwortete Shelley ausweichend. „Er war schon immer ein ziemlicher Draufgänger und kann sich zweifellos sehen lassen.“

„Philip nannte ihn anmaßend“, verriet Amanda. Brock hatte sie nie sonderlich beachtet und sich damit schon früh ihre Sympathien verscherzt.

„Zumindest ist er sehr selbstsicher“, gab Shelley zu. „Manchmal scheint er mit seinen hellen Augen durch einen durchzublicken.“

„Die Augen hat er bestimmt von seinem Vater geerbt“, meinte Amanda nachdenklich. „Kein Wunder, dass der alte Kingsley ihn hasst. Jedes Mal, wenn er ihn ansieht, wird er an seinen verschwundenen Schwiegersohn erinnert.“

„Schon möglich, aber Brock hat auch viel von seinem Großvater. Die Größe, das markante Gesicht … Rex Kingsley war sehr lange eine imponierende Erscheinung.“

„Imponierend und Furcht einflößend.“ Amanda beugte sich neugierig vor. „Ist das wirklich alles? Ein gemeinsames Dinner und sonst … nichts?“

„Was hast du dir denn vorgestellt?“ Shelley hätte dem Gespräch gern eine andere Wendung gegeben. „Eine Orgie?“

„Mit dir?“ Amanda warf lachend den Kopf zurück. „Undenkbar! Jeder weiß, wie prüde du bist.“

„Im Gegensatz zu dir, Mandy.“ Shelley seufzte. „Dein Ruf ist in dieser Hinsicht nicht der beste.“

„Sei doch nicht so kleinlich“, schmollte Amanda. „Mein Ruf ist mir völlig egal.“

„Vielleicht ist das ein Fehler.“

Amandas Wangen verfärbten sich dunkel. „Wozu die guten Lehren?“

„Um dir zu beweisen, dass du mir nicht gleichgültig bist“, erwiderte Shelley ernst. „Du bist meine Schwester, Mandy. Es wäre mir lieb, wenn du nicht so nachlässig mit dir umgehen würdest.“

„Das sagst du nur, weil Mitch Claydon mich fallen gelassen hat“, beschwerte sich Amanda.

„Er hat dich nicht fallen gelassen“, korrigierte Shelley sie. „Er war nie interessiert an dir. Die einzige Frau, die ihm je etwas bedeutet hat, ist meine Freundin Christine.“

„Bitte, Shel!“ Amanda presste beide Hände gegen ihre Schläfen, als plagten sie heftige Kopfschmerzen. „Hör auf! Mitch Claydon gehört für mich der Vergangenheit an.“

„Es freut mich, das zu hören.“

Autor

Tracy Sinclair
Mehr erfahren
Lucy Gordon
<p>Die populäre Schriftstellerin Lucy Gordon stammt aus Großbritannien, bekannt ist sie für ihre romantischen Liebesromane, von denen bisher über 75 veröffentlicht wurden. In den letzten Jahren gewann die Schriftstellerin zwei RITA Awards unter anderem für ihren Roman „Das Kind des Bruders“, der in Rom spielt. Mit dem Schreiben erfüllte sich...
Mehr erfahren
Margaret Way
<p>Mit mehr als 110 Romanen, die weltweit über elf Millionen Mal verkauft wurden, ist Margaret Way eine der erfolgreichsten Liebesroman-Autorinnen überhaupt. Bevor sie 1970 ihren ersten Roman verfasste, verdiente sie ihren Unterhalt unter anderem als Konzertpianistin und Gesangslehrerin. Erst mit der Geburt ihres Sohnes kehrte Ruhe in ihr hektisches Leben...
Mehr erfahren