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So leidenschaftlich zieht Prinz Xaviero sie in seine Arme, so erregend küsst er sie … Cathy muss sich diesem Mann einfach hingeben! Auch wenn er von vornherein bestimmt hat: eine Affäre, mehr nicht! Doch dann muss er plötzlich heiraten - und macht ihr überraschend einen Antrag …


  • Erscheinungstag 17.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733734626
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Einen Moment glaubte sie, sich verhört zu haben. Entweder das, oder sie wurde verrückt. Vielleicht war sie das schon. Denn ihr Traum von der Liebe war vor wenigen Stunden wie eine Seifenblase zerplatzt.

Cathy war in der Mittagspause für die Empfangsdame eingesprungen und starrte ihren Chef nun ungläubig an. Sie versuchte, nicht an den zerknitterten Brief zu denken, der in ihrer Handtasche steckte. Oder an ihr zerstörtes Selbstwertgefühl, das sie verletzlich und allein zurückließ.

Sie räusperte sich und überlegte, ob er sich vielleicht auf ihre Kosten einen Scherz erlaubt hatte. „Ich dachte schon, Sie hätten eben gesagt …“

„Ein Prinz? Ja, in der Tat“, entgegnete Rupert geziert und mit hochnäsigem Grinsen. „Der Prinz gehört zu einem bedeutenden Fürstentum und beehrt unser Hotel mit seiner Anwesenheit. Was sagen Sie jetzt, Cathy?“

„Ein Prinz?“, wiederholte Cathy ungläubig.

Ruperts Grinsen wirkte noch selbstgefälliger. „Prinz Xaviero von Zaffirinthos. Sie haben vermutlich noch nie von ihm gehört, nicht wahr?“

Cathy verkniff sich die patzige Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Nur weil sie als Zimmermädchen arbeitete und keinen richtigen Berufsabschluss hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie in Bezug auf die Fürstentümer völlig unwissend war. Trotzdem, Rupert hatte in diesem Fall recht. Obwohl sie versuchte, sich durch Zeitungen und Bücher über das Weltgeschehen auf dem Laufenden zu halten, war sie über die Insel Zaffirinthos noch nie gestolpert. „N…nein“, antwortete sie verunsichert. „Habe ich nicht.“

„Dann werde ich Sie mal aufklären. Er steht in dem Inselreich in der Thronfolge an zweiter Stelle, ist ein Weltklassepolospieler – und mit Abstand der schillerndste VIP, der unser Haus je beehrt hat“, fügte Rupert mit stolzgeschwellter Brust hinzu. „Außerdem liebt der Prinz schöne Frauen.“

Verwirrt sah Cathy ihn an. Irgendetwas stimmte an dieser Sache nicht. Sie wussten beide, dass sich prominente Gäste nur selten in dieses Hotel verirrten, obwohl es in der Nähe nicht nur einen weltbekannten Poloclub gab, sondern auch einige wunderschöne Gestüte, auf denen Hengste gezüchtet wurden. Zudem gab es auch weit exklusivere Hotels als das ihre. Daher konnte Cathy sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum ein richtiger Prinz ausgerechnet bei ihnen absteigen sollte. Sicher, das Gebäude stand unter Denkmalschutz und war früher ein sehr elegantes Herrenhaus gewesen, ehe man es zum Hotel umgebaut hatte. Doch Ruperts Missmanagement und die ständig schwindende Gästezahl hatten entscheidend dazu beigetragen, dass das Anwesen sich nicht in bestem Zustand befand.

„Aber warum?“, wollte sie wissen. „Ich meine, warum kommt er ausgerechnet zu uns?“

Ruperts Lächeln verschwand so schnell wie Sonnenstrahlen im April. „Das Warum geht Sie nichts an“, schnappte er, schien es sich dann aber anders überlegt zu haben. Verstohlen sah er sich um, ehe er mit seinen Neuigkeiten herausplatzte, die er offenbar unbedingt loswerden wollte. „Behalten Sie es für sich, aber er kommt von New York hierher, um den Kauf des Greenhill Poloclubs perfekt zu machen.“

Cathys Augen wurden noch größer. Sie dachte an den wertvollen Besitz mit dem angesehenen Poloclub. „Ein solches Gelände kostet doch ein Vermögen.“

„Da haben Sie ausnahmsweise mal recht, Cathy. Aber Geld wird in diesem Fall kein Problem sein. Verstehen Sie, dieser Mann ist nicht irgendein betagter Prinz, der nichts anderes aufzuweisen hat als blaues Blut in seinen Adern. Nein, zufällig ist er obendrein noch enorm reich.“ Berechnend verengte Rupert die Augen. „Deshalb wird es hier auch einige Veränderungen geben, bevor er mit seinem Gefolge eintrifft.“

Cathy hatte lange genug bei Rupert gearbeitet, um zu wissen, dass dies Ärger bedeutete. „Veränderungen?“, meinte sie und hoffte, dass ihre Stimme nicht besorgt geklungen hatte. „Welche Art von Veränderungen denn?“

„Nun, als Erstes müssen die Gasträume auf Vordermann gebracht werden. Sie könnten alle etwas Farbe vertragen. Vor allem auch die Waschräume unten. Deshalb habe ich eine Malerfirma beauftragt, die morgen früh gleich mit der Arbeit beginnt.“

Verblüfft sah Cathy ihn an. „So schnell schon?“

„Ja, so schnell. Später kommt jemand zum Ausmessen der Räume. Sie müssen den Mann herumführen und ihm alles zeigen“, erklärte Rupert gereizt. „Der Prinz wird nächste Woche eintreffen. Bis dahin gibt es noch sehr viel zu tun, wenn wir seinen fürstlichen Ansprüchen gerecht werden wollen. Offenbar schläft er nur auf Laken aus feinster ägyptischer Baumwolle. Also werde ich in London welche besorgen lassen. Ach, und noch etwas.“

Er musterte sie mit einem dieser Blicke, die Cathy schon immer zu anzüglich gefunden hatte. Doch sie hatte gelernt, seine zweideutigen Blicke zu ignorieren, genauso wie seine anderen lästigen Eigenschaften. Denn kein Job auf der Welt war perfekt. „Was denn?“, fragte sie vorsichtig.

„Sie müssen etwas an Ihrem Äußeren ändern. Alle Angestellten brauchen eine Art Generalüberholung, aber bei Ihnen ist es am dringendsten, Cathy.“

Rupert hatte schon öfter kritisch auf ihr Äußeres angespielt, aber Cathy hatte sich bisher nie bewogen gefühlt, mehr als Wasser und Seife zu benutzen und mit der Bürste durch ihr helles, widerspenstiges Haar zu fahren. Denn als Zimmermädchen musste sie zu früh aufstehen, um viel Wirbel um ihr Aussehen machen zu können. Zudem war ihre Großtante, bei der sie aufgewachsen war, eine nüchterne Frau gewesen, die sich über Make-up lustig gemacht und ihrer Großnichte beigebracht hatte, genauso zu denken.

Cathy hasste das Gefühl, das Rupert manchmal in ihr heraufbeschwor. Als ob sie nur eine halbe Frau wäre. Warum tat er das nur? Weil es ihm Spaß macht. Und weil er es bis jetzt nicht verwunden hat, dass ich ihn zurückgewiesen habe. „Was stimmt denn nicht mit meinem Äußeren?“

Rupert strich sich eine Locke aus der Stirn. „Der Punkt ist der, dass der Prinz ein Kenner ist, was schöne Dinge betrifft. Das gilt besonders für schöne Frauen. Und da ich nicht auf ein Wunder zu hoffen wage, möchte ich, dass Sie sich während seines Aufenthalts ein bisschen mehr Mühe geben. Ein wenig Make-up könnte für den Anfang nicht schaden. Außerdem bekommen Sie einen nagelneuen Arbeitskittel.“

Die meisten Frauen wären sicher sehr angetan von neuer Kleidung, doch etwas in Ruperts Blick ließ Cathy instinktiv wachsam werden. Verärgert spürte sie, dass sie rot anlief, eine Hitze, die sich von ihrem Hals hinunter zu ihren üppigen Brüsten zog. „Aber …“

„Es gibt kein Aber“, unterbrach Rupert. „Ich bin der Chef, Cathy. Und es wird gemacht, was ich sage.“

Dem konnte sie leider nicht widersprechen. Verärgert sah sie Rupert hinterher, als er mit typisch übertriebener Geste den Empfang verließ.

Eigentlich machte sie diesen Job schon viel zu lange, und manchmal fragte sie sich, ob sie je den Mut aufbringen würde zu gehen. Doch Vertrautheit war ein starkes Band, besonders wenn man emotional verunsichert war. Zudem hatte sie nie einen anderen Ort als diesen kennengelernt.

Als Waisenkind hatte man sie in dieses Städtchen gebracht und der Obhut ihrer Großtante übergeben – eine verbitterte alte Jungfer, die nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie mit einem trauernden Kind umgehen sollte. Cathy hatte ihre Eltern entsetzlich vermisst und sich abends verzweifelt in den Schlaf geweint. Ihre Großtante hatte es wohl nur gut mit ihr gemeint, wenn sie ihre Großnichte mit Strenge zur Ordnung und eifrigem Lernen anhielt.

Doch Cathy hatte sich in gewisser Weise als Enttäuschung erwiesen und keine besonderen Fähigkeiten erworben, außer einer Auszeichnung im Kochen und ihrem Beitrag für den Schulgarten, der lobend erwähnt wurde.

Als ihre Großtante dann krank wurde, hatte Cathy sie gern gepflegt, weil sie ihr so etwas von ihrer Fürsorge zurückgeben konnte. Nachdem sie gestorben war, hatte Cathy sich genauso einsam gefühlt wie nach dem Tod der Eltern.

Der Job als Zimmermädchen in Ruperts Hotel war eigentlich als vorübergehende Beschäftigung gedacht, bis sie herausgefunden hätte, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Ein anspruchsloser Zufluchtsort, nach all den grausamen Schicksalsschlägen. Doch aus Tagen wurden Monate, dann Jahre, bis sie Peter kennenlernte, einen angehenden Geistlichen, dessen freundliche Art ihr Sicherheit bot. Als er sie fragte, ob sie ihn heiraten wolle, hatte Cathy ja gesagt, in dem Glauben, dass eine zwar einfache, aber glückliche Zukunft vor ihr liegen würde – mit einem Mann, der sie liebte.

Das zumindest behauptete er. Er hatte oben im Norden einen Job angenommen, und sie hatten geplant, dass sie zum Ende des Jahres nachkommen würde. Und dann war gestern dieser Brief gekommen. Ein Brief, der all ihre Hoffnungen und Träume mit einem Schlag zerstörte. Tut mir leid, Cathy, stand in dem Brief, aber ich habe jemand anders kennengelernt, und sie bekommt bald ein Baby …

So in ihre trüben Gedanken versunken, merkte Cathy zunächst nicht, dass jemand die Empfangshalle betreten hatte. Erst ein Geräusch von Schritten machte sie darauf aufmerksam, dass ein Mann näherkam. Sofort setzte Cathy sich aufrecht hin und zauberte ein Lächeln auf die Lippen, um den Gast zu begrüßen.

Dann erstarrte sie. Es war einer jener seltenen Momente, die es vielleicht ein Mal im Leben gibt, wenn man Glück hatte. Das Gefühl, von einem Blick so hypnotisiert zu sein, dass man am liebsten darin versinken würde.

Benommen starrte sie in die faszinierendsten Augen, die sie je gesehen hatte. Obwohl sie golden schimmerten wie eine warme Spätnachmittagssonne, lag auch ein kalter, metallischer Glanz darin.

Cathys Hände ballten sich unter dem Tisch zu kleinen Fäusten. Sie war unfähig, den Blick von diesem Gesicht abzuwenden. Die arroganten Züge wirkten wie aus kostbarem Marmor gemeißelt. Seine vollen, sinnlichen Lippen waren zu einem spöttischen Lächeln verzogen. Trotzdem deutete sein Mund auch auf eine Entschlossenheit hin, die ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.

Seine Haare waren dunkel und zerzaust, seine Haut olivfarben und von einer leichten Röte überzogen, sodass er vor Gesundheit und Vitalität nur so zu strotzen schien. Er war groß und schlank, mit breiten Schultern und muskulösem Brustkorb, der sich zu schmalen Hüften verjüngte, noch unterstrichen durch das T-Shirt. Zudem hatte er die längsten Beine, die sie je gesehen hatte. Sie steckten in einer schlammbespritzten Jeans, die schon so alt und verschlissen aussah, dass sie wie eine zweite Haut wirkte. Cathy schluckte schwer gegen den Kloß in ihrem Hals an, während ihr Herz viel zu schnell schlug.

„Es … es tut mir leid, Sir, aber so, wie Sie aussehen, kann ich Sie hier nicht reinlassen.“ Sie hatte Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen.

Xaviero musterte sie, allerdings ohne die Ehrfurcht, die in ihrem Blick lag. Ihm war nicht entgangen, dass ihre Augen sich verdunkelt und ihre Lippen sich in unbewusstem Verlangen leicht geöffnet hatten. Er war es gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten, selbst wenn er so aussah wie jetzt nach einem langen, anstrengenden Ritt. Auch dass sie nur stotternd eine Antwort herausgebracht hatte, war nichts Ungewöhnliches für ihn. Allerdings passierte so etwas sonst nur bei offiziellen Anlässen, wenn die Menschen geblendet waren von all dem Glanz, der ihn dann umgab.

Was ihn jedoch tatsächlich überraschte, war die Tatsache, dass sie ihn nicht erkannt hatte.

Abschätzend schweifte sein Blick über ihre Gestalt. Sie war klein, hatte helle Haare und die atemberaubendsten Brüste, die er seit Langem gesehen hatte und die sich selbst unter ihrem unscheinbaren Kittel keck abzeichneten. Ob sie nicht zu schwer waren für ihre zierliche Figur? Anerkennend verengte er die Augen.

„Und, wie sehe ich denn aus?“, fragte er ruhig.

Cathys Mund war plötzlich trocken. Selbst seine Stimme klang umwerfend. Wohlklingend und tief, mit einem faszinierend fremdländischen Tonfall. Diesen Akzent hatte sie vorher noch nie gehört und konnte ihn daher nicht zuordnen. Aber was machte das schon, wenn jede Silbe aus seinem Mund wie ein Gedicht klang.

Gott im Himmel, dachte sie. Reiß dich zusammen. Nur weil du von deinem Verlobten sitzen gelassen worden bist, musst du dich nicht aufführen wie eine alte Jungfer und diesen Mann anstarren, der dir sicher keinen zweiten Blick gönnt.

Und trotzdem schaffte sie es nicht, ihren rasenden Puls zu beruhigen. „Sie sehen aus wie … wie …“ Aber wie sah er eigentlich aus? Er sah nach Gefahr aus, so einfach war das. Mit dem leicht verruchten Aussehen eines Frauenhelden. Und vermutlich stand sein Motorrad draußen. Sie wusste, was Rupert von Motorradfahrern in seinem Hotel hielt. Also schicke ihn zur nächsten Frühstückspension. Und zwar schnell, bevor du dich noch mehr zum Narren machst.

„Tut mir leid, aber wir bestehen bei jedem, der das Hotel betritt, auf angemessener Kleidung“, platzte sie heraus. Peinlich berührt bemerkte sie den Anflug von Spott auf den Lippen des Fremden, als sie Ruperts Anweisung weitergab. „Das ist … eine unserer Hausregeln.“

Xaviero konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen. „Eine der Hausregeln?“, wiederholte er amüsiert. „Sehr altmodisch, das muss ich schon sagen.“

Entschuldigend hob Cathy die Hände. Sie konnte ihm nur recht geben, aber was sollte sie tun? Rupert bestand nun mal auf solch überholten Förmlichkeiten, die seinem Hotel Exklusivität verleihen sollten. Und Leute mit schlammbespritzter Kleidung würde er ganz sicher nicht in seinem Haus akzeptieren. Dennoch sollte er bei der schwindenden Anzahl von Gästen eigentlich über jeden Gast froh sein.

„Es tut mir wirklich leid“, sagte sie noch einmal. „Aber ich kann auch nichts machen. Wir haben strikte Anweisung.“

Er sah in ein Paar tiefblauer Augen. „Und Sie machen keine … Ausnahme?“

Wie schaffte er es, eine einfache Frage so klingen zu lassen, als ob …? Ihr Mund war plötzlich trocken, und Cathy schüttelte den verrückten Gedanken ab, dass die meisten Menschen für diesen Fremden liebend gerne eine Ausnahme machen würden. „Ich fürchte, nein. Bei keinem Gast.“

Als sie entschuldigend die Schultern hob, wurde sein Blick unweigerlich auf ihre vollen Brüste gelenkt. Überrascht spürte Xaviero, wie Hitze in seine Lenden schoss. Denn dass eine Frau auf ihn als Mann und nicht als Prinzen reagierte, war die süßeste Versuchung für ihn.

Er stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Empfangstresen ab, der zwischen ihnen stand, und schenkte ihr ein verschwörerisches Lächeln. „Und was würden Sie machen?“, fragte er leise, „wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht als Gast hier bin?“

Cathys Herz machte einen Satz. Jetzt, da er ihr so nahe war, schien seine ausgeprägt männliche Ausstrahlung ihr Denken zu vernebeln, während sie nur noch stockend zu Atem kam. Was war nur los mit ihr? Allerdings musste sie einräumen, dass seine Frage sie nicht überraschte. Schließlich sah er tatsächlich nicht so aus, als wollte er hier übernachten. „Sie … sind kein Gast?“

„Nein.“ Er überlegte, in welche Rolle er gern schlüpfen würde, um sich einen kurzen Moment der Freiheit gönnen zu können. Früher hatte er dieses Spiel gern gespielt, in seiner Zeit auf dem College. Die Männer vom Sicherheitsdienst hatte er damit allerdings stets zur Verzweiflung getrieben.

Denn Xaviero, oder besser gesagt Prinz Xaviero Vincente Caius di Cesere von Zaffirinthos, zog es vor, inkognito zu bleiben. Und das, wann immer es möglich war. Anonymität war sein kostbarster Besitz, den er nur selten in Anspruch nehmen konnte. Er tat gerne so, als wäre er ein anderer, um so behandelt zu werden wie andere Männer, die man nach ihrer Erscheinung, ihrem Verhalten und nach ihren Worten beurteilte. Eine Welt, in der die geistige und körperliche Anziehungskraft mehr zählte als Privilegien.

Dass draußen in seinem kugelsicheren Wagen zwei bewaffnete Bodyguards saßen und zwei weitere in der Nähe des Hotels für seine Sicherheit sorgten, spielte in diesem Moment keine Rolle. Denn solange diese Frau nicht wusste, wer er wirklich war, konnte er weiter so tun, als wäre er ein ganz gewöhnlicher Mann. „Nein, ich bin kein Gast“, fügte er wahrheitsgemäß hinzu.

Plötzlich ergab alles einen Sinn, und Cathy fragte sich, warum sie nicht eher darauf gekommen war. „Natürlich! Sie sind der Malermeister.“ Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. „Sie wollen die Waschräume ausmessen.“

Eine haarsträubende Annahme, bei der Xaviero unwillkürlich die Augen verengte. Aber er konnte es ihr kaum verübeln, da sie es nicht anders wissen konnte. Er wollte schon widersprechen, als sie sich erhob. Fasziniert betrachtete er ihre sinnliche Figur, während ihr sonniges Lächeln ihn ganz in ihren Bann zog. Wann hatte ihm je ein Mensch so ein herzliches Lächeln geschenkt? Oder ihn schlicht als Mann gesehen statt als Mitglied eines der reichsten Fürstentümer Europas?

Aus einer Laune heraus hatte er nach einem scharfen, schweißtreibenden Ritt im Poloclub hier vorbeigeschaut, ehe er zum Flugplatz fahren würde, wo seine Privatmaschine stand. Er war neugierig gewesen, wie dieses Haus aussah, ehe man es für seinen offiziellen Besuch herrichtete. Doch jetzt fragte er sich, ob nicht das Schicksal seine Schritte hierher gelenkt hatte.

„So ist es“, sagte er gedehnt und versuchte, sich den erneuten Anflug von Verlangen nicht anmerken zu lassen. „Ich wollte die Waschräume ausmessen.“

„Na schön. Rupert hat mich angewiesen, Ihnen alles zu zeigen.“

Xaviero lächelte. Also müsste er sich nicht mit diesem aufgeblasenen Engländer herumschlagen, der ihm gehörig auf die Nerven ging. Das wurde ja immer besser. „Wunderbar.“

Cathy spürte ein nervöses Flattern im Bauch. Sie dachte an den zerknitterten Brief in ihrer Handtasche, und plötzlich wurde ihr bewusst, dass noch kein Mann ein solches Gefühl wie dieser Fremde in ihr ausgelöst hatte. Selbst Peter nicht, der Mann, den sie genügend zu lieben geglaubt hatte, um ihn zu heiraten.

Ob sich die Liebe in Wirklichkeit so anfühlte? Ungebeten war dieser Gedanke ihr zugeflogen, ehe sie ihn entschieden unterdrücken konnte. Um Himmels willen, Cathy – hast du endgültig den Verstand verloren? Du hast ihn doch eben erst kennengelernt. Du weißt nichts von ihm. Und wenn er hier vor Ort arbeitet, kannst du unmöglich jedes Mal dahinschmelzen, wenn er dir diesen neugierig arroganten Blick zuwirft.

Sie schenkte ihm ein geschäftsmäßiges Lächeln. „Wenn Sie mir dann bitte folgen würden.“

Xaviero überlegte, wie sich ein Malermeister in so einer Situation verhalten würde. Besonders dann, wenn er fasziniert war von der Schönheit einer zierlichen Frau. Ob er ein bisschen mit ihr flirten würde? Schließlich hatte sie ihn angesehen wie eine ausgehungerte Katze, die vor einem Teller mit köstlichem Fressen sitzt. Ob sie genauso nach Sex hungerte wie er? „Es gibt nichts, was ich lieber täte“, murmelte er.

Seine provozierenden Worte reizten und erschreckten sie zugleich. Jetzt, da sie so dicht vor ihm stand, fühlte sie sich sehr … schutzlos. Viel zu sehr war sie sich seines großen muskulösen Körpers bewusst. Auch wenn sie sich lächerlich wenig mit Männern auskannte, spürte sie doch, dass dieser Mann eine Sinnlichkeit ausstrahlte, die man nur mit dem Wort „Gefahr“ beschreiben konnte. Und was machst du, wenn du Gefahr witterst? fragte sie sich. Du hältst Abstand.

„Dann gehen wir mal“, sagte sie schnell.

„Mm. Dann gehen wir“, murmelte er und erfreute sich an ihrem verführerischen Hüftschwung, als sie vorauseilte.

Cathy versuchte zwar, normal zu gehen, aber wie sollte sie das schaffen, wenn sie seinen Blick im Rücken spürte, der sich wie eine heiße Flamme in ihre Haut brannte? Sie beschloss, ihm die Waschräume erst zum Schluss zu zeigen, und stieß eine zweiflügelige Tür auf.

„Da wären wir“, sagte sie heiter, nachdem sie einen großen Raum mit hohen Decken betreten hatten. „Dies ist unser Salon. Manche Gäste trinken hier nach dem Abendessen ihren Kaffee. In letzter Zeit ist er allerdings … nicht oft benutzt worden.“

Xaviero sah sich in dem Raum um, der recht vernachlässigt wirkte. „Das sieht man“, meinte er trocken.

Das Mobiliar war abgenutzt, und der Kronleuchter sah aus, als wäre er seit Jahrzehnten nicht mehr abgestaubt worden. Cathy entging die leicht ungläubige Miene des Fremden nicht, und zu ihrem Entsetzen bemerkte sie unterhalb des Kronleuchters ein großes Spinnengewebe.

„Man … man kommt nur schwer dran, selbst mit einem Staubwedel“, meinte sie entschuldigend. „Ich habe es schon selbst versucht, aber ich bin einfach zu klein.“

Seine golden leuchtenden Augen wanderten genüsslich von ihrem Kopf hinunter zu ihren Füßen. „Das sind Sie, in der Tat. Und vermutlich sind Sie eigentlich auch nicht zum Putzen hier“, fügte er trocken hinzu.

„Ich, äh, nein.“ Sie sah in seine leuchtenden Augen und überlegte, ob sein Interesse wohl verfliegen würde, wenn sie ihn aufklärte. „Ich bin … eigentlich Zimmermädchen.“

Ein Zimmermädchen! Himmel! Xaviero hätte beinahe laut aufgestöhnt, weil sofort ein Bett vor seinem inneren Auge auftauchte. Ein riesiges, weiches Bett. Und sie lag darin, statt es zu beziehen. Ihr weicher sinnlicher Körper sank auf die frischen Laken, ehe er sich auf sie legte. Das erotischste Bild seit Jahren, sodass er unruhig sein Gewicht verlagerte, um das Ziehen in seinen Lenden loszuwerden.

„Ach wirklich?“, murmelte er. „Das muss ein sehr … interessanter Job sein.“

Misstrauisch sah Cathy ihn an. Wollte er sich über sie lustig machen, indem er eine notwendige Tätigkeit, auch wenn sie kein Ansehen genoss, auf schnoddrige Weise herabsetzte? Und trotzdem sah er tatsächlich interessiert aus. „Na ja, manchmal kann es schon interessant sein“, meinte sie lächelnd. „Sie würden nicht glauben, was die Gäste alles liegen lassen.“

„Zum Beispiel?“

Schamhaft verzog sie den Mund. „Das kann ich unmöglich verraten.“

Er lachte. „Dann sind Sie ein sehr loyales Zimmermädchen.“

„Diskretion gehört zum Job“, stimmte sie zu. „Zumindest garantiert diese Arbeit mir viel freie Zeit.“

„Was vermutlich einiges für sich hat“, meinte er nachdenklich. Wahrscheinlich hätte sie es nie gewagt, so offen mit ihm zu sprechen, hätte sie um seine wahre Identität gewusst.

„Das stimmt.“ Sie öffnete schon den Mund, um ihm von dem wunderschönen Anwesen zu erzählen, das zum Hotel gehörte. Von den versteckten Plätzen, wo man sich seinen Tagträumen hingeben konnte. Dem herrlich duftenden Zufluchtsort, den sie in ihrem eigenen kleinen Garten geschaffen hatte. Doch sie schloss den Mund wieder. Geh einfach, bevor du dich zum Narren machst, sagte sie sich. Du bist gerade erst von einem Mann verlassen worden, also verscheuche nicht gleich den nächsten.

„Hören Sie, ich würde gerne mit Ihnen weiterplaudern, aber ich sollte Sie jetzt besser allein lassen, damit Sie Ihre Arbeit machen können“, sagte sie widerstrebend. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er nicht einmal einen Zollstock oder etwas zu schreiben dabeihatte.

Autor

Sharon Kendrick
Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr.

Sharon träumte davon, Journalistin zu werden, doch...
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