Sin City Brotherhood - 5-teilige Miniserie

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Miniserie von J. MARGOT CRITCH

VERFÜHRUNG LAUTET DER DEAL

Rebecca ist zurück! Brett hat Lust auf ein Spiel mit seiner einstigen Hassliebe und fordert sie heraus, indem er ein Kaufangebot für ihre Firma vorlegt. Um die kluge und hartnäckige Rebecca aber wirklich zu Fall zu bringen, muss er härtere Geschütze auffahren. Wie gut, dass seine berufliche Rivalin ihm privat noch nie widerstehen konnte …

ERWISCHT – SEX UNTER RIVALEN

Jessica will unbedingt Bürgermeisterin von Las Vegas werden - deshalb darf ihr Konkurrent Rafael Martinez auf keinen Fall erfahren, dass Poledancing ihr Nebenjob ist! Doch auch der sexy Alphamann ist kein Unschuldslamm, und bald hat Jessica ein Ass im Ärmel. Als sie Rafael unter Druck setzen will, kocht plötzlich die Lust zwischen ihnen hoch!

VERBOTEN UND DOCH SO HEISS

Von Maria muss er unbedingt die Finger lassen! Natürlich weiß Alex, dass die Schwester seines besten Freundes tabu ist. Aber wie sie sich auf der Tanzfläche bewegt, ist die pure Verführung! Als Maria wenig später einen Job in Alex‘ Umfeld bekommt, fällt es ihm immer schwerer, der cleveren Schönheit zu widerstehen. Aber … will Alex das überhaupt?

STÜRMISCH EROBERT

Verkatert wacht Gabe Foster in einem Hotelbett in Las Vegas auf – und trägt einen Ehering am Finger! Er muss seine Frau wiederfinden! Schließlich ist Gabe tagsüber ein verantwortungsbewusster Anwalt, der diese unerhörte Episode nicht einfach so stehen lassen kann. Doch als er Ellie zum zweiten Mal begegnet, fällt Gabe aus allen Wolken: Sie ist die Tochter seines Chefs!

STILLE NACHT, SÜNDIGE NACHT

Alana kann nicht leugnen, dass Michael Paul eine gewisse Wirkung auf sie hat. Doch er soll ihren Erotikclub Di Terrestres managen, und als seine Chefin muss Alana die Finger von Michael lassen! Zwischen ihnen knistert es gefährlich, und bei einem romantischen Trip über die Weihnachtsfeiertage wird die Versuchung schließlich zu groß ...


  • Erscheinungstag 28.11.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536141
  • Seitenanzahl 748
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

MIRA® TASCHENBUCH

Copyright © 2019 by MIRA Taschenbuch
in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

Originaltitel: „Boardroom Sins“
Copyright © 2018 by Juanita Margot Critch
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

Published by arrangement with
HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./SARL

Covergestaltung: HarperCollins Germany / Deborah Kuschel
Coverabbildung: shutterstock_sakkmesterke
Lektorat: Veronika Weiss
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN E-Book 9783955769666

www.harpercollins.de
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1. KAPITEL

Brett Collins war gelangweilt.

Er schaute an seinen Freunden vorbei, die sich miteinander unterhielten, hörte aber kaum, was sie besprachen. Sein Blick glitt durch den großen Raum. In Räumen wie diesen war er aufgewachsen, hatte Partys wie diese besucht. Als einziger Sohn des einflussreichsten Geschäftsmannes von Las Vegas hatte er die Spieler schon in jungen Jahren kennengelernt. Aber während er an seinem Wasser nippte, hätte er beinahe laut geseufzt. Die gleichen Gesichter, die gleichen Diskussionen, die gleichen Deals.

Er war rastlos. Er wollte, nein, er brauchte eine Herausforderung. Etwas Neues.

Collins/Fischer, die Firma für Immobilienentwicklung, die er mit seinem Freund Alex gegründet hatte, war in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewesen, und sie hatten ihren Platz unter den Besten verteidigen können. Aber er wollte mehr. Er wollte die Nummer eins sein. Als er sich im Raum nach Inspiration umschaute, nach einem Zeichen, was als Nächstes kommen könnte, fand er jedoch nichts.

Grundsätzlich hasste Brett solche Partys. Er zog es vor, sich mit den Menschen in einem weniger aufgesetzten Umfeld zu treffen. Doch diese Zusammenkünfte dienten ihrem Zweck: Mit anderen zu reden, den neuesten Klatsch zu erfahren – wer war angestellt und wer gefeuert worden, wer hatte welchen Deal abgeschlossen, wen hatte man angezeigt, wer schlief mit wem. Das war der Grund, aus dem er und „Die Bruderschaft“ – seine engsten Freunde und Geschäftspartner seit dem College – auf die Party von Bürgermeister Thompson gekommen waren. Um nach der nächsten Gelegenheit zu suchen, nach dem nächsten großen Deal. Mit gerade einmal dreißig Jahren ging es ihnen allen sehr gut, und auch wenn viele der Anwesenden sie hassten und fürchteten, zugleich eifersüchtig auf und eingeschüchtert von ihrem Erfolg waren, wollten sie trotzdem alle einen Teil davon abhaben. Jeder hier würde von einer engen Verbindung mit der Bruderschaft profitieren.

Da war Alex, sein Geschäftspartner; Gabe, einer der Top-Anwälte der Stadt; Rafael, Mitglied des Stadtrats von Las Vegas, und Alana, die einzige Frau in ihrem Kreis, talentierte Inneneinrichterin und außerdem Managerin der Restaurants und des exklusiven Clubs ihrer Gruppe. Gemeinsam bildeten sie die Bruderschaft – und gemeinsam nutzten sie ihr Wissen und ihren Einfluss, um die Stadt zu lenken.

Es verstand sich von selbst, dass sie nicht zum Vergnügen auf der Party waren. Sie hatten sich in eine ruhige Ecke in der Nähe der Bar zurückgezogen, um ihren Plan für den Abend festzulegen. Mit wem jeder von ihnen reden sollte, was sie hofften, zu erreichen, und wann zum Teufel sie endlich wieder verschwinden konnten. Doch Bretts Gehirn war zu müde, um sich zu konzentrieren. Die letzten Wochen waren hart gewesen – und das hatte er Rebecca Daniels zu verdanken, der verdammt attraktiven CEO von Daniels International, ihrem Konkurrenten im Immobiliengeschäft. Derzeit stellte sie eine große Bedrohung dar, und noch dazu hatte sie eine nicht zu verachtende Vergangenheit.

Brett wandte sich wieder seinen Freunden zu und trank noch einen Schluck. Das mit Zitrone und Basilikum aufgepeppte Wasser war erfrischend, machte aber seine Laune auch nicht besser. Seine Freunde listeten gerade die wichtigen Leute auf, mit denen sie heute reden wollten, aber Brett fand unter den Anwesenden niemanden, an dem er interessiert wäre. Er hatte keine Lust, sich mit noch einem Wichtigtuer oder einem aus der alten Kohorte seines Vaters herumzuschlagen, der ihn nach dem alten Collins fragte, anstatt Interesse an Bretts Bestrebungen zu zeigen. Brett liebte und respektierte seinen Vater, aber obwohl er seit Jahren selbst ein erfolgreiches Imperium leitete, fiel es ihm schwer, aus dem Schatten von Garrett Collins herauszutreten.

„Habt ihr gesehen, dass die Heinrich-Brüder heute hier sind?“, fragte Alana in die Gruppe und deutete auf zwei Männer, die mitten im Raum standen. „Ich werde mich ihnen wohl vorstellen müssen. Sie sind aus Schweden gekommen, weil sie ein neues Hotel am Strip eröffnen wollen. Ich habe gehört, dass sie eventuell nach einem Partner für die Inneneinrichtung suchen.“ Sie setzte ihr verführerischstes Lächeln auf und schlenderte auf die beiden Männer zu.

„Und Bürgermeister Thompson ist endlich frei“, sagte Rafael. „Ich gehe besser mal zu ihm. Immerhin hätte ich gerne seine Unterstützung, bevor ich verkünde, dass ich mich als Bürgermeister zur Wahl stelle.“ Auch er entfernte sich.

Alex beugte sich vor. „Brett, der Typ, der für die Genehmigungen zuständig ist, ist hier. Wir müssen mit ihm reden und gucken, ob wir die Zahnräder nicht ein wenig ölen können, damit die Papiere für die neue Unterabteilung schneller bearbeitet werden.“

Brett nickte ohne großes Interesse.

Was Alex nicht entging. „Ist alles in Ordnung?“

„Ja. Ich bin nur müde. Diese Woche habe ich nicht viel Schlaf bekommen. Der Kampf mit Daniels International setzt mir langsam zu.“ Es hatte vor ein paar Monaten angefangen, als die andere Firma Brett und Alex einen großen Deal weggeschnappt hatte, was Collins/Fischer ein kleines Vermögen gekostet hatte. Die beiden hatten darauf reagiert, indem sie einen von Daniels Hauptzulieferern aufgekauft und sofort die Preise erhöht hatten. Brett konnte sich nur zu gut vorstellen, welche Hektik an dem Tag bei Daniels geherrscht hatte. Aber dann hatte Rebecca gekontert, indem sie einen ihrer Vizepräsidenten abgeworben und ihm einen Platz bei Daniels International verschafft hatte. Die Sache war immer schneller eskaliert, und Brett dachte ständig darüber nach, wie ihr nächster Schritt aussehen sollte. Er musste groß sein. Niemand zog Collins/Fischer über den Tisch. Brett musste die Fehde beenden, und zwar schnell.

„Du musst das vergessen“, erklärte Alex ihm. „Wir hätten es nicht so eskalieren lassen dürfen. Wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren und aufhören, uns über Rebecca Daniels oder Daniels International Gedanken zu machen.“ Brett wollte etwas erwidern, doch Alex sprach weiter: „Ich weiß, ihr beide habt eine gemeinsame Geschichte, aber wichtig ist im Moment unser Erfolg und nicht deine Rache.“

„Die Geschichte zwischen Rebecca und mir hat nichts mit dem Geschäft zu tun.“

„Du arbeitest seit Monaten die Nächte durch. Warum gehst du nicht nach Hause? Schlaf ein wenig, geh in den Club und lass dich flachlegen, guck fern. Ich habe das hier im Griff.“

Sex und Schlaf – verdammt, selbst auf dem Sofa zu sitzen und fernzusehen – klang definitiv besser, als Small Talk mit den Gästen auf der Party zu halten. Aber irgendwie brachte er es nicht über sich, zu gehen und einen Abend freizunehmen. Wenn er nicht arbeitete oder über die Arbeit nachdachte, hatte er das Gefühl, Zeit zu vergeuden. Die Arbeit bot die notwendige Ablenkung von seinen Gedanken und dunkleren Zwängen. „Ich weiß, dass du alles im Griff hast. Aber ich bin nicht gut darin, mir freizunehmen.“ Brett verzog das Gesicht. Freizeit führte zu Langweile, und Langeweile führte zu Gelüsten. Wieder trank er einen Schluck Wasser.

„Das mag sein. Aber es ist nicht sonderlich gesund, ständig ans Geschäft zu denken.“

„Und das sagst ausgerechnet du? Du bist doch genau wie ich.“

Alex lachte und hielt dann abrupt inne. Brett folgte dem Blick seines Freundes quer durch den Raum, bis er auf einer umwerfenden Blondine in einem engen schwarzen Kleid landete. „Ja, aber ich weiß, wie man sich einen Abend freinimmt, um Zeit für die schöneren Dinge im Leben zu haben“, sagte Alex. Die Blonde erwiderte Alex’ Blick und winkte ihm zu. „Das ist mein Stichwort“, murmelte er und marschierte davon, um sich um die „schöneren Dinge“ zu kümmern. Womit Brett allein zurückblieb.

Er trank sein Wasser aus und stellte das Glas auf die Bar. Vielleicht sollte er gehen und gucken, was im Di Terrestres los war. Noch einmal ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen in der Hoffnung, eine Inspiration für das nächste große Projekt zu finden, das ihn und seine Freunde, die Bruderschaft von Sin City, in Las Vegas zu Legenden machen würde. Er sah, dass die Tür zum Ballsaal geöffnet wurde und eine wunderschöne, glamouröse Frau die Party betrat. Eine Frau, deren Anblick sein Blut vor Wut und Lust brodeln ließ. Der Fluch der Vergangenheit, der derzeit ohne Unterlass daran arbeitete, sein Leben zu zerstören. Die Frau, die an seinen Erinnerungen zupfte, an seinem Herz riss und dafür sorgte, dass sein ganzer Körper – einschließlich seines Schwanzes – sich versteifte.

Rebecca Daniels.

Rebecca strich sich das schwarze Seidenkleid glatt und richtete den Saum, der einige Zentimeter über ihren Knien endete. Dann nahm sie sich ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners und nippte daran. Seit Jahren ging sie schon zu Partys wie dieser von Bürgermeister Thompson, und so fiel es ihr leicht, die Runde zu drehen, sich hier und da kurz mit den anderen Gästen zu unterhalten und dann zur nächsten Gruppe weiterzuziehen. Doch an diesem Abend wollte sie nichts lieber, als nach Hause zu gehen und ins Bett zu fallen. Die letzten Wochen waren lang gewesen – und die sechs Monate seit dem Tod ihres Vaters, nach dem sie die Leitung von Daniels International übernommen hatte, noch viel länger. In letzter Zeit hatte es in ihrem Leben nur noch die Arbeit gegeben.

Ihr Vater hatte auf Anlässe wie diesem gestrahlt – er hatte sich für jeden Zeit genommen und die Fähigkeit gehabt, jedem das Gefühl zu geben, er wäre der wichtigste Mensch im Raum, auch wenn er selber erschöpft und überarbeitet gewesen war. Das hatte er Rebecca vererbt, doch so gut sie im Networking auch war, gegen ihren Vater, die Legende, kam sie nicht an.

Sie trank noch einen Schluck Champagner und hoffte, der Alkohol würde ihre melancholische Stimmung hinfortspülen. Doch es funktionierte nicht. Sie erkannte, dass sie nicht hätte herkommen sollen. Das wäre sie auch nicht, hätte Bürgermeister Thompson, ein enger Freund der Familie, sie nicht persönlich eingeladen.

„Mein Gott, Rebecca“, hörte sie eine erfreute Stimme zu ihrer Rechten. Sie drehte sich um und sah Ben Thompson, den langjährigen Bürgermeister der Stadt, und seine Frau Esther auf sich zukommen. Lächelnd umarmte sie die beiden.

„Wie geht es dir, meine Liebe?“, fragte Ben. „Es tut mir leid, dass wir uns seit der Beerdigung nicht mehr gesehen haben. Dein Vater fehlt sehr.“

„Danke. Ich vermisse ihn auch.“

„Ich danke dir, dass du heute gekommen bist.“ Ben tätschelte ihre Hand. „Schön, dass du dir die Zeit nehmen konntest.“

Rebecca lächelte, weil sie wusste, dass er es ehrlich meinte. Sie hatte so schöne Erinnerungen an Ben und Esther, an gemeinsame Grillpartys und Urlaube. Nachdem Rebecca ihre Mutter schon als Kleinkind verloren hatte, war Esther so etwas wie eine Ersatzmutter für sie geworden und hatte ihr die Liebe, Unterstützung und Führung zukommen lassen, die ihr fehlte. Ben war immer an der Seite ihres Vaters gewesen, ein Onkel, den sie von Kindesbeinen an kannte.

„Ich hätte es um nichts in der Welt verpassen wollen. Und mir geht es gut“, sagte sie. „Wie sieht es bei euch aus?“

„Bei uns ist alles wunderbar“, antwortete Ben. „Ich gehe dieses Jahr in Rente und kann es endlich langsamer angehen lassen. Ich glaube, noch einen Wahlkampf habe ich nicht in mir.“

„Ach, wirklich?“ Das überraschte Rebecca. „Und was wirst du dann mit deiner Zeit anstellen?“

„Ich sorge schon dafür, dass er sich entspannt“, schaltete Esther sich ein. „Wir füllen die Tage mit Golf, Reisen, Kunst und Heimwerken …“

„Das klingt schrecklich“, warf Ben ein, und sie lachten alle. „Liebes.“ Er griff nach Rebeccas Hand. „Wir müssen leider weiter, aber wir sollten uns ganz bald mal wieder treffen.“

„Auf jeden Fall.“ Rebecca lächelte dem Paar hinterher, das sich anderen Gästen zuwandte.

Zufrieden mit ihrer ersten sozialen Interaktion des Abends atmete Rebecca tief durch und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Ein weiterer Schluck Champagner stärkte ihr Selbstbewusstsein. Trotz der unglaublich großen Fußstapfen ihres Vaters wusste sie, dass sie es schaffen konnte. Sie arbeitete hart, und sie war das neue Gesicht und die CEO von Daniels International. Dieser Job lag ihr im Blut.

Ihr Blick blieb an einem der Gründe für ihre derzeitige Arbeitsbelastung hängen: Brett Collins.

Er war arrogant, stur und vermutlich auf der Suche nach Rache für die kürzliche Serie an Ereignissen zwischen ihren beiden Firmen. Doch das bedeutete nicht, dass sie sich nicht körperlich von ihm angezogen fühlen konnte.

Alle ihre Nerven vibrierten, als sie ihn lässig an der Bar lehnen sah. Er war allein, doch das schien ihn nicht zu stören. Er wirkte selbstbewusst wie ein König – oder ein Gott unter Menschen. Sein Blick wanderte scharf und methodisch durch den Raum, bis er auf ihren traf.

In diesem Moment blieb die Zeit für Rebecca stehen. Der Rest der Party – die Gäste, die Musik – verschwanden im Hintergrund. Wie gebannt hielt sie seinen Blick fest, nicht in der Lage, sich abzuwenden, selbst wenn sie es gewollt hätte. Das passierte jedes Mal, wenn sie ihn sah. Sie bekam diesen von Lust durchtränkten Tunnelblick. Sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit, und die Erinnerung daran trug sie zu ihrem ersten Jahr auf dem College zurück. Die Sache zwischen ihr und Brett war schon immer heiß und intensiv gewesen. Sie waren von Anfang an ständig aneinandergerasselt, und jetzt steckten ihre Firmen, die zu den größten in Las Vegas gehörte, in einem scharfen Wettkampf, den schlussendlich nur eine von ihnen überleben würde.

Rebecca sah, dass Brett die Augen leicht zusammenkniff und sich zu seiner vollen Größe aufrichtete. Sein Körper war immer noch so wie damals, als sie ihn auf die intimste Weise kannte. Doch in den letzten Jahren war er größer, stärker geworden – eine erwachsene Version ihres alten Feindes und Liebhabers. Der Schnitt des maßgeschneiderten Anzugs betonte seine breiten Schultern. Mit den dunkelblonden Haaren und den blauen Augen sah er immer noch aus wie Adonis – dazu der kantige Kiefer, die gerade Nase und die hohen Wangenknochen. Doch ihr fiel auf, dass die tiefen Grübchen, die das jungenhafte, verschmitzte Lächeln von einst begleitet hatten, verschwunden waren. Anscheinend konnten sie nicht neben dem kalten, harten Blick von Brett Collins, Immobilienmogul, existieren.

Er sah sie unverwandt an, und sie erwiderte den Blick mit gleicher Intensität. Bretts Aufmerksamkeit war etwas Mächtiges. Mit Mitte zwanzig war er vielleicht faszinierend gewesen, aber mit dreißig war er unwiderstehlich.

Sein Lächeln, das er ihr jetzt schenkte, war genauso arrogant und selbstgefällig wie früher. Zitternd atmete sie aus. Selbst nach fünf Jahren war seine Anziehung noch so mächtig wie zehn Pferde.

Um sie herum gingen alle ihren Gesprächen nach, ohne die Spannung zu bemerken, die quer durch den Raum zwischen ihnen beiden vibrierte. Rebecca schüttelte den Kopf und zwang sich, sich zusammenzureißen. Sie war eine starke, erwachsene Frau, die Verträge im Wert von mehreren Millionen Dollar abschloss und mit den Top-Geschäftsleuten zwischen Las Vegas und New York City verhandelte. Da sie in der gleichen Stadt wohnte wie Brett, war es unausweichlich, ihm ab und zu über den Weg zu laufen. Was konnte es also schaden, mit ihrem ehemaligen Geliebten zu reden? Sie musste es hinter sich bringen, damit sie ihn vergessen und ihr Leben weiterleben konnte. Also straffte sie die Schultern, warf die Haare nach hinten und ging selbstbewusst auf Brett Collins zu.

Brett beobachtete Rebecca, wie sie quer durch den Raum auf ihn zukam. Dabei bemühte er sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Sie war nach fünf Jahren aus New York zurückgekommen und direkt auf Bretts Radar gelandet. Neben ihrer seit Jahren existierenden Rivalität hatte er auch mit ihrem Vater im Konkurrenzkampf gestanden. Nach der Übernahme der Firmenleitung durch Rebecca war die Fehde nahtlos weitergegangen. Seit Monaten schon gingen sie einander an die Kehle, aber heute war das erste Mal, dass er sie seit ihrer Rückkehr persönlich sah. Und es berührte ihn mehr, als ihm lieb war.

Auf dem College hatten sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert: um die besten Noten, Auszeichnungen, Preise, Spitzenpositionen in der Klasse. Und vom ersten Tag an hatten sie sich nicht verstanden. Er war selbstbewusst, vielleicht ein wenig selbstgefällig; sie war stur und nicht gewillt, zurückzustecken. Keiner von ihnen wusste, was er mit dem anderen anstellen sollte. Sie hatten eine frustrierende, von Konkurrenz geprägte Beziehung, in der es ständig hin und her ging – also zumindest, wenn man Feinde mit gewissen Vorzügen als Beziehung bezeichnen wollte. Sie stritten, dann vögelten sie, dann stritten sie wieder … und das sechs Jahre lang.

Zwischen ihnen herrschte eine wahnsinnige Chemie, und inzwischen war Rebecca noch wesentlich anziehender als vor all diesen Jahren. Ja, die Erinnerungen an die Vergangenheit tobten unter seiner Gürtellinie, aber trotzdem gab es keinen Grund für seine momentane Reaktion auf sie; für das Hämmern in seiner Brust oder das Rauschen des Bluts in seinen Ohren, das direkt in seinen Schwanz schoss, als sie näher kam. Damit hätte er nicht gerechnet. Er stellte sein Glas ab und ballte die Hände, um das Zittern zu verbergen – ein Zittern, von dem er nicht wusste, ob es von Wut oder Lust ausgelöst wurde.

Rebecca schwebte in ihren Stilettos förmlich über den Boden. Der glänzende Stoff ihres Kleides schmiegte sich verführerisch an ihre Kurven. Sie war ohne Zweifel immer noch umwerfend, sexy und glamourös. Doch etwas war anders. Sie war selbstbewusst, beherrschte den Raum, warf die blonden Haare über die Schulter und fing die Blicke der Männer und Frauen auf, an denen sie vorbeikam. Außerhalb des Betts waren sie beide nie einer Meinung gewesen, egal wie toll sie aussah oder wie gut sie sexuell zusammenpassten. Als sie nun näher kam, fiel ihm das Atmen schwerer und er kniff die Augen noch ein Stück mehr zusammen. Er bemühte sich, cool zu wirken, aber die Falte, die sich zwischen seinen Augenbrauen bildete, verriet ihn.

„Hi, Brett“, sagte Rebecca und lächelte. Brett verfügte über eine gute Menschenkenntnis. Rebecca mochte zwar selbstbewusst wirken, aber er fragte sich, ob sie hinter ihrer kühlen Fassade nicht versuchte, ihre Gefühle im Zaum zu halten, genau wie er.

„Becca Daniels“, begrüßte er sie mit dem Namen, den sie benutzt hatte, als sie noch jünger gewesen war.

„Rebecca“, korrigierte sie ihn charmant.

„Richtig.“ Er ließ ein Lächeln aufblitzen. „Rebecca Daniels.“ Er spürte, wie er immer erregter und steifer wurde, als wüsste sein Körper nicht, wie er auf ihre Nähe reagieren sollte. Sollte er sie anschreien, einfach weggehen oder sie auf den nächstbesten Tisch setzen und sie mitten auf der Party vögeln? Die Höflichkeit siegte, und er streckte Rebecca zur Begrüßung die Hand hin. Lächelnd ergriff sie sie. „Es ist eine Weile her, dass wir uns im gleichen Raum aufgehalten haben.“

Er nickte. „Das stimmt.“

„Was uns nicht daran gehindert hat, miteinander Geschäfte zu machen.“

„Miteinander Geschäfte machen nennst du das?“, fragte er scharf. „Mir einen meiner Vizepräsidenten klauen? Ich verspreche dir, in der Minute, in der ich erfahre, dass er gegen die Geheimhaltungsvereinbarung verstößt, wirst du von unseren Anwälten hören.“

„Glaub mir, niemand ist an euren schmutzigen kleinen Geheimnissen interessiert. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Was ist mit dem Holzlieferanten für unser aktuelles Projekt? Ich glaube, er gehört jetzt unter den Schirm von Collins/Fischer und verlangt horrende Preise. Wie viele andere Zulieferer müssen dank dieses Schachzugs von euch jetzt um ihre Existenz bangen?“

Brett schnaubte. Sie hatten die Konditionen nur für den Vertrag mit DI geändert. „Ich versichere dir, das war nur ein Zufall“, log er.

Sie verdrehte die Augen, denn natürlich glaubte sie ihm nicht. „Ihr habt das nur gemacht, weil du verärgert warst, dass wir euch bei dem Kauf der Fabrik in Reno überboten haben. Stimmt’s?“

„Ich schätze, das werden wir nie erfahren.“ Brett zuckte mit den Achseln. Das war genau der Vorfall gewesen, der die Lawine ins Rollen gebracht hatte. Er und Alex hatten eine stillgelegte Fabrik samt Lagerhaus in Reno kaufen und in ein hochmodernes Wohnhaus verwandeln wollen. Doch in letzter Sekunde war Daniels International aufgetaucht und hatte ihnen den Deal weggeschnappt.

Schnell warf er einen Blick über seine Schulter und sah, dass seine Freunde alle in ihre eigenen Unterhaltungen verstrickt waren. Doch ihre Blicke ruhten auf ihm und Rebecca. Er ignorierte sie und schenkte Rebecca seine volle Aufmerksamkeit. Vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners nahm er ein Glas Champagner und reichte es ihr. „Wir könnten das Thema die ganze Nacht durchkauen, aber lass und doch lieber über etwas anderes reden. Wie fühlt es sich an, wieder zurück zu sein?“

Rebecca musterte ihn misstrauisch über den Rand ihres Glases hinweg. „Anfangs war es ein wenig seltsam. Eine Herausforderung. Aber der Wechsel an die Spitze des Vorstands ging glatt über die Bühne.“

„Es hat mir wirklich leidgetan, das von deinem Vater zu hören. Er war ein guter Mann.“

„Danke.“ Sie nippte an ihrem Champagner, ohne den Blickkontakt mit Brett zu lösen. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn jemand das letzte Mal so sehr gefesselt hatte. Sein Blick fiel zu ihrem Mund und dem Champagnertropfen, der an ihrer Oberlippe hängen blieb, als sie das Glas senkte. Irgendwie gelang es ihm, den Drang zu unterdrücken, sich vorzubeugen und ihn mit der Zunge aufzufangen.

Abgelenkt von seinem Verlangen, hörte Brett kaum, was Rebecca sagte. Zu sehr war er damit beschäftigt, sie von oben bis unten zu mustern. Er sah die kaum wahrnehmbaren Veränderungen in ihrem Verhalten – wie sie sich unter seinem Blick aufrichtete, wie ihre Pupillen sich leicht weiteten und ihre Lippen sich öffneten, als ihre Zunge kurz darüber schnellte. Er grinste sie an. Brett kannte die Frauen, und Rebecca musste es nicht laut aussprechen. Ihre Körpersprache verriet ihm alles, was er wissen musste: Sie wollte ihn auch. Vielleicht genauso sehr, wie er sie wollte. O Gott. Sich noch einmal tief in ihr vergraben, noch einmal die Hitze und Leidenschaft fühlen, die sie gemeinsam erlebt hatten.

Er trat einen Schritt näher und berührte mit den Fingerspitzen ihre Hüfte, bevor er seine Finger spreizte und ihre Taille umfasste. „Weißt du, ich habe keine Lust, über das Geschäft zu reden. Warum gehen wir nicht nach draußen?“, fragte er mit leiser Stimme. Dann nickte er in Richtung der Türen, die zur Terrasse hinausführten. „Dort können wir über das reden, was wirklich wichtig ist.“

Sie zögerte einen Moment, und er glaubte schon, sie würde ablehnen – denn mal ehrlich, worüber sollten sie miteinander reden? Doch sie überraschte ihn, indem sie nickte. „Gerne.“

Er legte seine Hand direkt über ihren Po an den Rücken und geleitete sie durch die Flügeltür hinaus. Erfreut stellte er fest, dass sie hier allein waren. Sie gingen in eine entlegene Ecke, wo Rebecca sich gegen die steinerne Brüstung lehnte und in den Park hinter der Villa schaute. Brett stellte sich daneben und beobachtete sie. Was auch immer in Rebeccas Kopf vor sich ging, es sorgte dafür, dass sie die Stirn runzelte. Vielleicht tobte in ihr der gleiche Tumult wie in ihm, aber er war sicher, den hinter sich lassen zu können. Nur, konnte sie das auch?

Nach ein paar Sekunden durchbrach sie das Schweigen. „Das hier hat mir wirklich gefehlt.“ Ihr Flüstern war sehnsüchtig und verletzlich. Dieser Moment fühlte sich echter an als alle anderen, die sie miteinander geteilt hatten. Nun ja, fast alle. Es hatte auf dem College eine oder zwei Nächte gegeben, in denen beinahe mehr zwischen ihnen entstanden wäre … Er folgte ihrem Blick über die hinter dem Park liegende Wüste, in der die Lichter von Las Vegas blinkten. Sie wussten beide, dass sich am Horizont die Berge erhoben, die nun in völlige Dunkelheit gehüllt waren. „New York war schön, aber sehr hektisch. Der Winter war nur in den ersten Jahren lustig. Doch obwohl man behauptet, die Stadt würde niemals schlafen, herrscht in New York nicht die gleiche Schlaflosigkeit wie in Las Vegas.“

Brett rückte näher an sie heran. „Vielleicht hat Las Vegas dich auch vermisst.“ Er schaute zum Horizont. „Es gibt auf der ganzen Welt keinen vergleichbaren Ort. Wer einmal hier war, kann sich niemals irgendwo anders niederlassen. Diese Stadt hat etwas. Diese Energie, dieser Wille, in einer so kargen Landschaft zu überleben …“ Seine Stimme verebbte. Rebecca drehte den Kopf zu ihm und sah ihn an. Wieder einmal schwiegen sie in diesem Moment, den sie zusammen erschaffen hatten. Wieder einmal waren sie für einen Augenblick junge Menschen Mitte zwanzig, die das ganze Leben noch vor sich hatten. Die ständig miteinander im Kampf lagen, und trotzdem immer wieder von Sex eingerahmte Zeiten der Unbeschwertheit fanden, bevor sie wieder anfingen, einander zu hassen, und der Kreislauf von Neuem begann. Rebecca hatte immer so gut austeilen können, wie sie einsteckte, und als er nun neben ihr stand, erkannte Brett, was auch immer zwischen ihnen passiert war und wie verrückt sie einander auch machten, sie hatte ihm gefehlt.

Rebecca schüttelte den Kopf und riss ihn damit aus seinen Erinnerungen. „Also, worüber wolltest du reden?“, fragte sie und schaute wieder über die dunkle Landschaft hinaus.

„Das war gelogen. Ich wollte gar nicht reden“, gestand er und rückte noch ein Stück näher, bis ihre Arme einander berührten. Durch den Stoff seines Jacketts hindurch spürte er ihre Wärme.

Rebecca lachte humorlos auf. „Das ist einfach perfekt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich hätte es wissen müssen. Ich bin nicht für einen Quickie mit dir hier herausgekommen, weißt du?“

„Tja, wenn es das nicht ist, frage ich mich, worüber du reden wolltest.“

„Ich glaube nicht, dass ich mit dem Geschäftlichen schon durch bin.“

Überrascht zog Brett den Kopf zurück. „Ach, wirklich?“

Nun drehte sie sich zu ihm um – nicht viele Leute trauten sich, ihn so herausfordernd anzusehen. „Ja. Du und ich hatten in letzter Zeit öfter miteinander zu tun.“

„Stimmt. Es gab ein kleines Hin und Her.“

„Tja, das ist nun vorbei. Und zwar genau ab jetzt.“

„Wirklich?“

„Wirklich. Ich leite jetzt DI und ich sage dir, dass ich sehr viel auf dem Zettel habe und keine Zeit auf diese Schwanzvergleiche zwischen uns vergeuden kann. Ich habe Wichtigeres zu tun. Also lass uns vereinbaren, dass das jetzt ein Ende hat. Ich leite meine Firma, und du kannst deine leiten.“

Wenn Brett nicht so perplex gewesen wäre, hätte er laut losgelacht. Er konnte sich nicht erinnern, wann jemand je so zu ihm gesprochen hatte. Wobei … doch, das konnte er. Es war mehr als fünf Jahre her. Seine letzte Unterhaltung mit Rebecca. Sie glaubte vielleicht, das mit ihnen war vorbei. Aber für ihn war es das noch lange nicht.

Er hatte geschäftliche Pläne mit ihr, doch das konnte bis morgen warten. Heute musste er sich erst einmal um den Rausch des Verlangens kümmern, der seinen Herzschlag beschleunigte und seinen Schwanz hart machte.

„Okay, das ist genug übers Geschäft“, sagte er und sah sie an. „Bist du heute Abend allein hier?“ Er schaute zur Tür, die in den Ballsaal führte. Immer noch waren sie die Einzigen auf der Terrasse. Niemand hinter der offenen Tür achtete auf sie; nur die leisen Töne der Musik schwebten zu ihnen herüber.

„Für diese Frage ist es ein bisschen zu spät, findest du nicht?“

Brett grinste. Ihm war es ehrlich gesagt vollkommen egal, ob sie in Begleitung auf die Party gekommen war oder einen festen Partner hatte. Er spürte, dass sie für mehr bereit war. Also trat er noch einen Schritt näher und bemerkte zufrieden, dass sie sich nicht rührte. Es wäre so leicht, sie in seine Arme zu ziehen, sie zu halten, zu küssen, so wie in alten Zeiten. Er wollte ihre Haut unter seinen Lippen, seinen Fingerspitzen fühlen. Er wollte nichts mehr, als sich tief in ihr zu vergraben und sie zu ficken, bis sie ihre Fingernägel in seinen Rücken grub und seinen Namen schrie … Mist, er musste sich zusammenreißen. Hier ging es um mehr als nur Sex. Selbst wenn er sie heute Nacht nicht verführen würde, er musste einen klaren Kopf behalten, wenn er nicht riskieren wollte, alles zu verlieren. Und Brett verlor nie.

„Tja, ich wollte nur sichergehen, dass ich deine komplette Aufmerksamkeit habe“, murmelte er und beugte sich vor.

„Und du fragst dich, ob ich einen Freund habe.“

Er schüttelte den Kopf. „Wenn du den hättest, wärst du nicht mit mir hier draußen.“ Grinsend fügte er an: „Und selbst wenn, würdest du dich nach der heutigen Nacht nicht mehr an ihn erinnern.“

Rebecca blinzelte ein paarmal, bevor sie laut loslachte und eine Hand an Bretts Brust legte, um ihn wegzuschieben. „Du bist so ein Spinner.“ Ihre Fassungslosigkeit wich purer Lust, als sie seine wohlgeformten Muskeln unter ihren Fingern spürte. Selbst die mehreren Lagen Stoff konnten nicht verbergen, dass er regelmäßig trainierte. Sein Lächeln verriet ihr, dass er wusste, was in ihr vorging. Die weiß blitzenden Zähne und das teuflische Funkeln in seinen Augen weckten in ihr den Wunsch, seinen Körper weiter zu erkunden, doch sie zog sich zurück.

Ihre Jahre in der Geschäftswelt von Amerika hatten Rebecca gelehrt, sich auch unter Druck kühl und gefasst zu geben, doch Brett erschütterte sie. Natürlich bemühte sie sich weiterhin, ungerührt zu wirken, aber sie hatte Bretts Wirkung auf sich vollkommen unterschätzt – seine Essenz, seine Energie umfingen sie komplett. Er stand zu nah, und sie spürte ihn, roch ihn, schmeckte ihn beinahe. Der würzige Duft seines Aftershaves machte süchtig. Sie schaute wieder zu der Skyline der Stadt und nahm einen tiefen Atemzug, um sich zu beruhigen. Als das nicht funktionierte, warf sie Brett einen vorsichtigen Blick zu. Er lehnte immer noch mit dem Ellbogen auf der Brüstung und beobachtete sie mit undurchdringlicher Miene.

„Ich bin nicht in Begleitung gekommen“, versicherte sie ihm.

„Gut.“

„Was ist mit dir?“ Sie nickte in Richtung der Party. „Gehört eines der hübschen jungen Dinger da drin an deinen Arm?“

Er zuckte cool mit den Schultern. „Abgesehen von einigen Frauen, mit denen ich mich ab und zu locker verabrede, bin ich ungebunden. Wenn es mal Zeiten gegeben hat, in denen ich eine Beziehung hätte aufbauen können, habe ich nie die passende Frau dafür gefunden.“

Rebecca nickte. Ohne Zweifel ließ ein Mann wie Brett nichts anbrennen. Aber das war egal. Sie hatte keinerlei Rechte an ihm oder daran, was er mit seinem Schwanz anstellte.

Langsam musterte sie Brett von Kopf bis Fuß. Sein Körper war immer noch schlank und muskulös. Ihre Gedanken rasten, und sie verfluchte ihre Hormone, weil sie ihre Fähigkeit beeinträchtigten, sich auf etwas anderes als die ungezügelten Erinnerungen zu konzentrieren, die sie an ihn hatte. Sie spürte, wie ihr die Hitze langsam den Hals hinauf und in die Wangen stieg. Schnell wandte sie den Blick ab, um die erotischen Schnappschüsse zu vertreiben, die vor ihren Augen aufblitzten. Als sie ihn wieder ansah, lag in seinem Blick eine Hitze, die ihr verriet, dass er genau wusste, was sie gedacht hatte – und dass ihm vermutlich die gleichen Bilder durch den Kopf gingen.

Schweigend betrachteten sie einander. Allein der Anblick dieses Mannes weckte in Rebecca den Wunsch, verbotene, unverantwortliche Dinge zu tun. Für einen Moment schaltete sie ihren gesunden Menschenverstand aus und genoss es einfach nur, in seiner Nähe zu sein. Dabei flatterte ihr Herz unruhig in ihrer Brust. Und obwohl Kopf und Herz ihr sagten, sie solle sich von ihm fernhalten, trat sie einen Schritt näher, sodass ihre Brüste gerade so eben seinen Oberkörper berührten. Diese Berührung schickte einen elektrischen Blitz durch ihren Körper. Brett schien es genauso zu gehen, denn als sie zu ihm aufschaute, waren seine Augen schmal, und ein sinnliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Ohne etwas zu sagen, packte er Rebecca mit beiden Händen an der Hüfte und zog sie zu sich heran.

„Brett“, flüsterte sie stockend. Sie ignorierte alle rationalen Gedanken und hörte endlich auf das, was ihr Körper ihr sagte. Langsam hob sie den Kopf, bis ihre Gesichter nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren.

„Ja?“ Er spreizte seine großen Händen auf ihrem Rücken und schob sie dann ganz langsam immer tiefer, bis Rebecca ein Stöhnen entfuhr.

„Nicht“, flehte sie halbherzig, als er ihren Po packte und seine Finger in ihre Haut grub. Sie versuchte, ihn von sich zu schieben, aber jede Faser ihres Körper sehnte sich nach der Berührung dieser Finger.

„Nicht was ?“, flüsterte er und löste eine Hand von ihrem Po, um Rebeccas Hand zu nehmen und ihr einen Kuss auf die sensible Stelle an ihrem Handgelenk zu geben. Rebecca antwortete nicht, weil die Worte sich in ihrem Kopf einfach nicht bilden wollten. „Nicht was?“, wiederholte er, bevor er seine Zunge hervorschnellen und über die Innenseite ihres Unterarms gleiten ließ.

Geschlagen schloss Rebecca die Augen. Sie konnte nicht gegen ihn ankämpfen. „Nicht aufhören.“

2. KAPITEL

Rebeccas geflüsterte Bitte war alles, was Brett brauchte.

Im Hinterkopf wusste er, dass sie sich immer noch in der Öffentlichkeit befanden, aber die leisen Töne der Party drangen über das heftige Klopfen seines Herzens und Rebeccas zitternden Atem nur schwach an seine Ohren. Auch wenn sie im Moment allein auf der Terrasse waren, war er sich bewusst, dass jederzeit jemand herauskommen und sie überraschen konnte.

Doch das war ihm egal. Er beugte sich vor und strich mit seinen Lippen über ihre. Anfangs war es nur eine ganz sanfte Berührung, die ihm jedoch nicht reichte. Ihre Lippen öffneten sich, und er umfing ihren Kopf mit den Händen und presste seinen Mund auf ihren. Es war Jahre her, dass er sie zuletzt geküsst hatte, aber es war immer noch so vertraut.

Es fühlte sich so richtig an – wie sie schmeckte, wie sie sich unter seinen Händen anfühlte. Sein Gehirn warnte ihn, dass sie die Frau war, die ihn in den letzten Monaten mit Klauen und Zähnen bekämpft hatte, die vor fünf Jahren alle erdenklichen Tricks benutzt hatte, um auf dem College gegen ihn zu gewinnen. Aber all das interessierte ihn im Moment nicht, weil sie sich einfach viel zu gut anfühlte.

Rebecca wimmerte leise an seinem Mund und reckt sich ihm entgegen, damit er den Kuss vertiefen konnte. Was er nur zu gerne tat. Seine Zunge tauchte in ihren Mund, umtanzte ihre, forderte sie heraus. Rebecca hob die Arme und schlang sie um seinen Nacken. Sein Schwanz pochte und drängte sich schmerzhaft gegen den Reißverschluss der Jeans. Brett musste alle Willenskraft aufbringen, um sich die Hose nicht einfach herunterzureißen und Rebecca gleich hier an der Wand zu nehmen.

Trotzdem zog er sich nicht zurück.

Sondern er ließ seine Hand sinken und strich sanft über Rebeccas Oberschenkel. Dann packte er ihr Bein und hob es an, bis sie es um seine Taille legte. Der Rock ihres Kleides war weit geschnitten und ermöglichte ihm Zugang zu der weichen Haut an ihrem inneren Oberschenkel. Schnell fand seine Hand den Weg unter den weichen Stoff, und kurz darauf berührten seine Finger ihren Spitzenslip.

„Brett, das können wir hier nicht machen“, hauchte sie. Und strafte ihre Worte Lügen, indem sie sich gegen ihn drängte, ihn näher an sich zog, sich an seiner Hand rieb.

„Warum nicht?“, knurrte er.

„Wir sind hier in der Öffentlichkeit“, sagte sie. „Ach, was rede ich. Als ob dich das abhalten würde.“ Sie lächelte.

„Als ob das irgendeinen von uns abhalten würde“, bestätigte er. „Du hast bisher nie das Risiko gescheut, erwischt zu werden“, erinnerte er sie. Rebecca hatte immer zum Exhibitionismus geneigt, und er fragte sich, ob das heute auch noch so war.

Ihr Keuchen, als er ihren Slip zur Seite schob und ihre nackte Pussy berührte, war ihm Antwort und Belohnung genug. Sie spreizte gehorsam ihre Beine, und er vergrub seine Finger in der feuchten Hitze, während er mit dem Daumen sinnliche Kreise über ihre Klitoris zog.

Rebecca atmete scharf ein und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Brett küsste sie, um sie zum Schweigen zu bringen. Ihren Körper verdeckte er mit seinem, damit niemand, der auf die Terrasse käme, sie so sähe. Dann packte er ihren Oberschenkel und zog ihn weiter hinauf, sodass sie sich für ihn öffnete. Ihre Augen weiteten sich und sie sah ihn direkt an, als er einen Finger in sie hineinschob. Die köstlichen Geräusche, die sie von sich gab, waren Musik in seinen Ohren. Den Handballen fest auf ihre Klitoris gepresst, begann er, sie mit zwei Fingern zu vögeln. So wie ihr Körper unter ihm erzitterte, wusste er, dass sie sich gerade noch so zusammenriss. Er machte in einem steten Rhythmus weiter, bis sie sich um ihn herum zusammenzog und unter seinem Mund laut aufschrie.

Als sie wieder ruhig war, löste er seine Lippen von ihren und zog Rebecca näher an sich. „Du siehst immer so wunderschön aus, wenn du kommst“, flüsterte er an ihrem Ohr. „Dein Atem geht flach, deine Wangen sind gerötet, und deine Pupillen sind so groß, dass ich kaum sehen kann, wie schön blau deine Augen sind.“ Wo zum Teufel waren diese Worte hergekommen?

Sie seufzte, und er ließ ihr Bein los und stellte es zurück auf den Boden. „O mein Gott, Brett“, seufzte sie.

„Komm, lass uns von hier verschwinden.“ Sie während einer Party auf der Terrasse der Bürgermeistervilla zu befingern war eine Sache, aber es gab noch so viel mehr, was er mit ihr tun wollte. „Wir können zu mir gehen“, schlug er hoffnungsvoll vor. Kurz presste er seine Lippen auf ihre, denn sie zu küssen fühlte sich einfach zu gut an.

„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, erklärte sie.

„Das ist es definitiv nicht“, erwiderte er grinsend. „Aber lass es uns trotzdem tun.“

Rebeccas Lachen klang wenig amüsiert. Ein Sturm braute sich in ihren blauen Augen zusammen. Sie waren vor Verlangen ganz dunkel geworden, und die Röte in Rebeccas Wangen und das heftige Auf und Ab ihrer Brüste zeigte ihm, dass sie genauso mitgerissen war wie er. Von der Tür klang Gelächter zu ihnen herüber. Brett warf einen Blick über die Schulter und sah, dass zwei Männer und eine Frau gerade auf die Terrasse hinausgetreten waren. Das Trio beachtete sie allerdings kaum.

„Ich sollte gehen“, sagte Rebecca, die ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Brett zog sein Jackett über seine deutlich sichtbare Erektion. Er war enttäuscht, aber auch befriedigt, als er sah, dass Rebecca beim Umdrehen leicht schwankte.

„Warte!“, rief er.

„Ja?“

Er holte sein Portemonnaie heraus und entnahm ihm eine Visitenkarte. „Hier.“

„Was ist das?“

„Wenn wir damit fertig sind, übers Geschäft zu reden, komm abends mal vorbei.“

„Di Terrestres?“

„Ja. Das ist mein Club. Die Adresse findest du da, und auf der Rückseite steht meine Handynummer. Ich führe dich rum.“

Um ihre Lippen zuckte es, als sie die Karte betrachtete. Dann ließ sie sie ohne ein weiteres Wort in die Tasche ihres Kleides gleiten und ging.

„Es war schön, dich zu sehen, Becca!“, rief er ihr hinterher.

Sie blieb stehen und drehte sich um. „Rebecca“, korrigierte sie ihn. „Und ja, das fand ich auch, Brett.“ Im Weggehen rief sie ihm über die Schulter zu: „Und lass DI in Ruhe! Ich habe keine Zeit für Spielchen.“

Brett sah ihr nach und atmete tief durch. Nichts von all dem hier hatte er geplant. Aber er hatte sich nicht unter Kontrolle gehabt. Er hatte total den Verstand verloren. Offensichtlich brauchte es nicht mehr, als sie zu berühren, damit er ihre vorherige Feindschaft und das Geschäft vergaß. In ihrer Nähe war er sofort wieder der zweiundzwanzigjährige Junge, der von ihr total geblendet war. Er konnte nur hoffen, dass ihre Begegnung sie genauso verstört hatte wie ihn …

Er musste lernen, sich zusammenzureißen, wenn er das nächste Mal in die Nähe von Rebecca Daniels kam. Wie sollte er sich am Samstag auf sie einlassen und am Montag in die Firma gehen und sich mit klarem Kopf um einen Ersatz für den von ihr geklauten Vizepräsidenten kümmern?
Nein. So würde es nichts werden. Er musste etwas unternehmen. Und zwar sofort.

Als Rebecca außer Sicht war, nickte er den anderen auf der Terrasse höflich zu und ging wieder hinein. Seine Freunde hatten ihre vorherigen Plätze in einer Ecke der Bar eingenommen. Alex, Rafael, Gabe und Alana sahen ihn an, als er näher kam. Sie sagten nichts, aber ihre hochgezogenen Augenbrauen sprachen Bände. Gleichzeitig hoben sie ihre Gläser an die Lippen, um ihr Lächeln zu verbergen. Er bestellte sich noch ein Wasser und gesellte sich dann zu ihnen.

„Was ist?“, fragte er.

Einen Moment lang taten sie unschuldig, bis Alex schließlich sagte: „Okay. Was zum Teufel war das eben?“

Brett zuckte mit den Schultern. „Was war was?“

Alex verdrehte die Augen. „Stell dich nicht dumm. Was hast du mit Rebecca Daniels zu tun?“

„Nichts. Wir haben uns nur unterhalten.“

„Unterhalten? Mit deiner Zunge in ihrem Rachen?“, warf Alana ein.

„Was genau habt ihr gesehen?“, fragte Brett und verengte die Augen.

Alana sah ihn an. „Was hast du getan?“

Brett betrachtete die amüsierten, aber auch besorgten Mienen seiner Freunde. „Da war nichts. Nein, das stimmt nicht. Mir ist eine Idee gekommen.“ Er wandte sich an Alex. „Du weißt, dass wir darüber gesprochen haben, Collins/Fischer auf die nächste Ebene zu heben?“

Alex sah ihn misstrauisch an. „Ja. Was genau schwebt dir vor?“

„Wir werden zur Nummer eins. Und das tun wir, indem wir die Konkurrenz auseinandernehmen.“

„Okay … Und wie?“

„Eine Übernahme. Ich möchte, dass wir Daniels International kaufen.“ Er ließ das sacken, wobei er sich der neugierigen und vorsichtigen Blicke seiner Freunde durchaus bewusst war.

„Wie bitte?“, fragte Alex.

„Was ist daran so schwer zu verstehen? Sie sind eine Firma für Immobilienentwicklung“, erklärte Brett. „Genau wie Collins/Fischer. Wir werden eine Übernahme anstrengen. Sie aufkaufen. Und wenn wir das erfolgreich getan haben, nehmen wir uns den nächsten vor. Und den nächsten. Bis wir die einzigen Spieler in der Stadt sind.“

Keiner seiner Freunde wirkte überzeugt. Alana sprach als Erste: „Warum?“, wollte sie wissen.

Er dachte einen Moment nach. Schon länger war er auf der Suche nach einem Projekt, nach seinem nächsten Schachzug. Sein Ziel war es, die einzige Immobilienentwicklungsfirma in der Stadt zu sein. Mit Daniels International lieferte er sich seit Monaten erbitterte Schlachten; ihr Konkurrent verzeichnete schon seit Jahren Umsatzeinbußen, was er hauptsächlich Collins/Fischer zu verdanken hatte. Warum sollten sie also nicht dort ansetzen? Das war der nächste logische Schritt. Doch er würde lügen, wenn er nicht zugäbe, dass noch mehr dahintersteckte. Er runzelte die Stirn und ließ die Flammen der Feindschaft in sich auflodern. „Weil jetzt der richtige Zeitpunkt ist“, fing er an. „Wir stehen kurz davor, zu den Größten der Stadt zu gehören. Und ist das nicht genau das, was wir immer wollten? Unser Ziel war immer, diese Schlampe zu vernichten“, rief er seinen Freunden in Erinnerung. „Wir werden so viele Anteile wie möglich kaufen.“ Er sah zu Gabe, der nicht nur gleichberechtigter Partner in den Geschäften der Bruderschaft, sondern auch ihr Anwalt war. „Glaubst du, wir könnten die Papiere bis Montagmorgen fertig haben?“

Brett hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da hatte Gabe schon sein Handy in der Hand; vermutlich, um seiner Assistentin eine Nachricht zu schicken, damit sie sich an die Arbeit machte. „Um neun Uhr“, versprach er, bevor er wieder aufschaute.

Alex hatte ebenfalls sein Handy herausgeholt und war dabei, für Montag ein Übernahmeangebot rauszuschicken. Brett und Alex kannten sich schon lange genug, um zu wissen, dass sie einander vollends vertrauen konnten. Alex musste nur wissen, dass Brett es für eine gute Idee hielt, und er war dabei. Nur Alana beäugte ihn misstrauisch.

„Was ist?“, fragte er.

„Was ist mit dir los?“

„Nichts. Wir planen nur den nächsten Schritt für unsere Firma.“

„Aber die gehört Rebecca“, erinnerte Alana ihn. „Sie war auf dem College meine Freundin, und ich habe genauso viel Zeit mit ihr verbracht wie du. Ich weiß, ihr zwei habt diese komische Vergangenheit, und ich weiß, wie ihr zusammen seid.“

„Wie wir zusammen waren “, korrigiere Brett sie. „Und Rebecca war nie mehr als eine Affäre.“ Als Alana ihm einen zweifelnden Blick zuwarf, sagte er: „Meine Feindin mit gewissen Vorzügen?“

„Wer ist diese Rebecca?“, wollte Gabe wissen. Er war nicht mit ihnen zusammen aufs College gegangen, sondern hatte in Harvard Jura studiert und kannte die Geschichte nicht. „Eine alte Freundin von dir?“

„Nein“, erwiderte Brett entschieden.

„Sie hat mit uns zusammen studiert“, erklärte Alana. „Sie ist genauso klug und stur wie Brett, also hatten die beiden es aufeinander abgesehen. Sie standen fortwährend in Konkurrenz um die besten Noten und Auszeichnungen, aber trotz all ihrer Streitereien und hasserfüllten Blicke haben sie es ständig miteinander getrieben. Keine Ahnung, wie es dazu gekommen ist.“

Brett seufzte. Er hatte gewusst, dass Alana und Rebecca befreundet gewesen waren, aber nicht geahnt, dass Alana alle schmutzigen Einzelheiten kannte. Nun ja, offensichtlich nicht alle. Wie es angefangen hatte, wusste sie anscheinend nicht. Eines Abends hatten Rebecca und er sich kurz vor den Abschlussprüfungen wegen des letzten privaten Studierzimmers in der Bibliothek gestritten. Doch sie waren schnell übereingekommen, sich den Raum zu teilen. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er sie rücklings auf dem Tisch liegen hatte, eine Hand auf ihren Mund gepresst, um sie davon abzuhalten, in der Stille der Bibliothek laut zu schreien, denn durch das kleine Fenster in der Tür hätte jeder sie sehen können.

Von da an hatten sie einander ständig herausgefordert – im Unterricht und außerhalb. Doch sie konnten nicht damit aufhören, ihrem Verlangen nachzugeben und ihre privaten Momente an öffentlichen und nicht ganz so öffentlichen Plätzen auf dem Campus auszuleben. Das war das ganze Studium über so gegangen, bis Rebecca am Ende nach New York gezogen war. „Es ist egal, wie es dazu gekommen ist.“

„Okay. Wie wird sie reagieren, wenn sie am Montagmorgen das Übernahmeangebot auf ihrem Schreibtisch findet?“, fragte Alana.

Brett wollte seinen Freunden gegenüber nicht zugeben, wie sehr es ihn erschüttert hatte, Rebecca wiederzusehen. Und wie sehr ihn seine Reaktion auf sie überrascht hatte. Er musste die Verlegenheit abschütteln, die ihn in ihrer Nähe ergriffen hatte, und obwohl er sie immer noch an seinen Fingern riechen, auf seinen Lippen schmecken konnte, schaltete er sofort wieder in den Geschäftsmodus, der für ihn ein Überlebensmodus war. Was die Arbeit betraf, konnte er alle Gefühle beiseiteschieben und sich einzig auf das Geschäft konzentrieren. Das hatte er schon früher getan, und er war sich verdammt sicher, dass es ihm jetzt wieder gelingen würde.

Also lächelte er und versuchte, selbstbewusster zu wirken, als er sich fühlte. „Es ist egal, wie sie reagiert“, sagte er. „Hierbei geht es ums Geschäft.“

3. KAPITEL

Gähnend lehnte Rebecca sich in dem Stuhl ihres Vaters – nein, in ihrem Stuhl – zurück und nahm den Kaffeebecher in die Hand, der vor zehn Minuten noch vier Espressi enthalten hatte. Sie hatte einen Schluck genommen, doch es hatte nicht gereicht, also hatte sie den Becher ausgetrunken. Nun fürchtete sie, noch einmal in das Café in der Lobby gehen zu müssen, um sich Nachschub zu holen. Denn das Koffein hatte nicht gereicht, um sie wach zu machen. Vermutlich würde an diesem Morgen keine noch so große Menge Kaffee sie wach machen und kein noch so geschicktes Make-up ihr das Gefühl geben, halbwegs menschlich zu sein. Seit zwei Nächten hatte sie nicht geschlafen. Genau seit der Party von Bürgermeister Thompson. Und das war allein die Schuld von Brett Collins.

Seufzend warf sie ihren Kopf in den Nacken und wirbelte mit dem Stuhl herum, bis sie gegen die Wand in ihrem Rücken schaute. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie es sich angefühlt hatte, von ihm geküsst, von ihm berührt zu werden. Fünf Jahre war sie ohne ihn ausgekommen. Fünf Jahre, in denen sie geglaubt hatte, seinen Geist losgeworden zu sein. Aber nein. Ein Wort, eine Berührung, ein Kuss, ein lebensverändernder Orgasmus an Bürgermeister Thompsons Terrassenbrüstung hatten gereicht, um das College-Mädchen in ihr wieder zu wecken, das einen Fehler gemacht hatte … Ach, wem wollte sie etwas vormachen. Dutzende, hunderte Fehler hatte sie in diesen hormongeschwängerten Momenten während ihres Studiums begangen. Momente, in denen sie den Mann vor sich gehasst, aber nicht anders gekonnt hatte, als sich seinem Verlangen zu beugen – und umgekehrt.

Mit den Fingerspitzen berührte sie ihre Lippen. Sie brannten noch unter dem Gefühl seines Mundes. Ein halbes Jahrzehnt hatte sie damit verbracht, ihn und seine teuflischen Hände, die sündigen Küsse, aus ihren Gedanken zu verbannen. Und sie hatte geglaubt, erfolgreich gewesen zu sein. Und dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, mehr zu wollen. Zum Glück hielt ein Teil von ihr sie noch zurück. Ihn wegzustoßen war das Richtige gewesen, auch wenn ihr Körper sie anschrie, sie solle nachgeben.

Frustriert stieß sie den Atem aus. In einem Moment der Schwäche war alles wieder zurückgekehrt. Sie brannte für ihn, brauchte ihn, sehnte sich nach seinen Lippen, seinen Fingern, seinem Schwanz, dessen Härte sie an ihrem Bauch gespürt hatte, als er sie an sich gezogen hatte, während er sie mit seinen Fingern zum Orgasmus brachte. Sie krallte die Finger in die Armlehnen des Ledersessels und presste die Schenkel zusammen. Er war ein umwerfender Liebhaber. Sie hatten alles voneinander gelernt, hatten gemeinsam experimentiert, und sie glaubte nicht, dass sie es überleben würde, nun mit ihm zusammen zu sein, wo er fünf Jahre mehr Erfahrung besaß.

Ein Klopfen an der Tür erschreckte sie. Schnell drehte sie sich wieder herum.

„Herein!“, rief sie, nicht sicher, ob ihre Beine sie tragen würden, sollte sie aufstehen müssen.

Ihre Assistentin Amy kam mit einem Stapel Briefe herein. „Hier ist Ihre Post. Und ein Kurier hat das hier gerade für Sie abgegeben.“ Sie hielt einen Umschlag hoch.

„Danke sehr“, sagte sie und lächelte müde.

„Geht es Ihnen gut, Liebes?“

„Ich bin nur müde. Letzte Nacht habe ich nicht gut geschlafen.“

„Brauchen Sie mehr Kaffee? Ich wollte gerade sowieso runtergehen.“

Rebecca lächelte. „Das wäre toll. Danke.“

Nachdem sie wieder allein war, machte sich Rebecca daran, die Briefe zu öffnen. Einige waren Einladung zu Geschäftstreffen, andere Werbung, doch der Umschlag, der ihre Aufmerksamkeit am meisten anzog, war der, der per Kurier gebracht worden war. Als Absender war Collins/Fischer angegeben. Mit dem Brieföffner schlitzte sie den Umschlag auf.

Ihr blieb der Mund offen stehen, als sie den Brief las. Sie wusste, dass er auch an die anderen Anteilseigner von Daniels International geschickt worden war. Es handelte sich um ein Übernahmeangebot. Brett versuchte sich an einer feindlichen Übernahme der Firma ihres Vaters.

Vor Schock und Wut krallte sie die Finger um das Papier, sodass es an den Ecken zerknickte. Dann stand sie auf. Damit konnte sie Brett nicht durchkommen lassen. Ihr Vater hatte sich den Hintern aufgerissen, um diese Firma aufzubauen. Sie hatte Brett erzählt, dass sie nicht bereit war, weiter Spielchen mit Collins/Fischer zu spielen. Zornig schlug sie mit der Faust auf den Tisch und ließ den Flüchen freien Lauf, die in ihr aufstiegen.

Seit Wochen schon nervte er sie. Aber jetzt war sie wütend.

Brett und Alex saßen in Bretts Büro im obersten Stockwerk des BS, dem Gebäude, das der Bruderschaft gehörte. Ihr Kaffee war längst kalt geworden, während die beiden die nächsten Schritte der Übernahme von Daniels International planten. Sie waren zufrieden. Bisher war alles recht zügig gegangen, und dafür konnte Brett seinen unglaublichen Partnern und ihren Teams danken. Er und Alex hatten den Aktionären von DI ein sehr großzügiges Angebot gemacht. Collins/Fischer war gewillt, weit über den Marktpreis zu gehen, um sicherzustellen, dass die Aktionäre nicht Nein sagen konnten. Und von einigen von ihnen hatten sie sogar schon eine Rückmeldung erhalten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Daniels International unter das Dach der Bruderschaft fallen würde, und dann würden sie sich daranmachen, den nächsten Wettbewerber auszuschalten und so weiter, bis Collins/Fischer die einzige Firma in der Stadt war. Sie hatten eine Mission, und wie immer ließen sie sich, sobald sie einmal losgelegt hatten, nicht mehr davon abbringen. Zumindest redete Brett sich das in der Hoffnung ein, irgendwann glauben zu können, dass das der einzige Grund für sein Handeln war.

Obwohl er seiner Sekretärin gesagt hatte, dass er nicht gestört werden wollte, meldete sie sich über die Gegensprechanlage. „Mr. Collins“, sagte sie. „Ich habe Rebecca Daniels in der Leitung. Sie sagt, es sei dringend.“

Grinsend schaute Brett zu Alex. Rebecca hatte vermutlich die Post mit ihrem Angebot bekommen. Er konnte es kaum erwarten, zu hören, was sie zu sagen hatte. Ein Teil von ihm wollte hören, wie sie ihn anflehte, ihre Firma zu verschonen. „Stellen Sie sie durch“, sagte er. Dann schaltete er den Lautsprecher ein.

„Hey, Rebecca …“

„Was zum Teufel glaubst du, was du da tust?“, unterbrach sie ihn wütend.

„Rebecca, beruhige dich bitte“, versuchte er, sie zu bremsen.

„Ach komm schon, fick dich“, gab sie zurück. Bei ihrem giftigen Ton rissen Brett und Alex überrascht die Augen auf. Aber sie war noch nicht fertig. „Also, wie lautet dein Plan? Erst lässt du mich kommen, und dann übernimmst du meine Firma?“ Brett warf Alex einen Blick zu, der nur eine Augenbraue hob und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken. Was ihm nicht gelang. Ganz eindeutig genoss er die Show.

Brett wollte nach dem Telefonhörer greifen, um sich und Rebecca etwas Privatsphäre zu verschaffen, aber Alex schlug seine Hand weg. Er wollte weiter zuhören.

„Das ist rein geschäftlich, Rebecca“, sagte Brett. „Das ist nichts Persönliches, sondern nur ein strategischer Schritt für unsere Firma. Sicher hast du von so etwas schon mal gehört.“ Er stand auf, obwohl er nicht wusste, warum er etwas Distanz zwischen sich und die Stimme aus dem Lautsprecher bringen wollte.

„Und ob das persönlich ist“, gab sie mit eiskalter Stimme zurück. „Aber weißt du was? Mach dir keine Mühe, das näher zu erklären. Eines solltest du allerdings wissen: Eher friert die Hölle zu, als dass du auch nur mit einem Finger an die Firma meines Vaters – oder an mich – rührst. Hab noch einen schönen Tag.“ Damit legte sie auf.

„Tja“, sagte Alex grinsend. „Sie ist eindeutig nicht begeistert von dir.“ Er lehnte sich zurück und wurde ernst. „Warum sagst du mir nicht, was wirklich hinter dieser Übernahme steckt? Da geht es doch um irgendetwas Persönliches, oder?“

Brett kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich. Hoffentlich sah Alex nicht, wie seine Hände zitterten. Er war wütend. Wütend, dass Rebecca immer noch solch eine Wirkung auf ihn hatte. Sicher, es war in den letzten Monaten interessant, ja sogar belebend gewesen, seine ehemalige Rivalin wieder in der Stadt zu haben. Aber ihre Begegnung auf der Party vom Bürgermeister hatte ihm klargemacht, dass Rebecca durch ihre Anziehung die Macht besaß, ihn aus der Bahn zu werfen – und Brett war zu weit gekommen und hatte zu hart gearbeitet, um das zuzulassen. Er hatte sich sein Leben um seine Interessen herum aufgebaut: Seine Arbeit, seine geschäftlichen Ziele mit der Bruderschaft, Sport, die Beziehung zu seinen Eltern … Für etwas anderes gab es keinen Platz. Und ganz sicher nicht für Rebecca Daniels, eine der wenigen Personen, die es schafften, dass er sich verletzlich fühlte. Zumindest war sie das auf dem College gewesen. Noch einmal durfte das nicht passieren. „Da gibt es nichts zu sagen“, erklärte er schließlich.

„Und was sollte diese Anspielung, dass du sie hast kommen lassen?“

„Würdest du mir glauben, wenn ich das auf weibliche Hysterie schiebe?“

Alex lachte laut auf. „Definitiv nicht.“

Seufzend lehnte Brett sich in seinem Stuhl zurück. „Okay, wir hatten da einen kleinen Moment auf der Party. Aber das hat mit dem Geschäft nichts zu tun. Die Idee einer Übernahme ist mir spontan gekommen, als Rebecca gegangen ist. Ich weiß, was ich tue. Es ist einfach nur ein Geschäft, egal, was zwischen Rebecca und mir mal gelaufen ist.“

Alex wirkte nicht überzeugt. „Meine Güte. Wir haben eine mehrere Millionen Dollar schwere Übernahme initiiert, um Rache an einem Mädchen zu nehmen, mit dem du auf dem College mal was hattest? Und das nun zufällig CEO der Firma ist?“

„Nein, so ist das nicht.“

„Wie ist es dann? Willst du dich wieder mit ihr treffen? Denn falls ja, ist das eine verdammt merkwürdige Art, ihre Aufmerksamkeit zu erregen.“

Bretts Blut kochte in seinen Adern. „Nein. Ich will definitiv nicht wieder was mit ihr anfangen.“ Obwohl er Rebecca eingeladen hatte, ihn im Club zu besuchen. Er würde sich selbst etwas vormachen, wenn er leugnete, dass er sich darauf freute, sie dort zu sehen.

Brett war ein Mann, der sich normalerweise nicht mit seinen Gefühlen beschäftigte. Und als nun Wut, Ambitionen und Verlangen in ihm tobten, wusste er nicht, welches dieser Gefühle den Sieg davontragen würde. Er wusste nur, dass Rebeccas Auftauchen ihn komplett aus der Bahn geworfen hatte und er wollte, dass sie wieder verschwand. Wenn er Daniels International aufkaufte und es somit nichts mehr gäbe, was sie in Las Vegas hielt, würde sie sicher nach New York zurückziehen. Oder irgendwo anders hin. Das war ihm egal.

Unter größter Anstrengung zügelte er seine Gefühle. „Das Timing wirkt verdächtig, ich weiß. Aber ich habe diesen Deal schon seit einiger Zeit im Auge.“ Noch nie hatte Brett seinen Freund angelogen, doch jetzt fiel es ihm erstaunlich leicht. „Das ist der richtige Schritt für uns, und das weißt du. Er gehört zu unserer Vision für die Brudersc...

Autor

J Margot Critch
<p>J. Margot Critch lebt mit ihrem Mann Brian und ihren kleinen vierbeinigen Freunden Simon und Chibs in St. John’s, Neufundland. Ihre Zeit verbringt sie damit, Romane zu schreiben, Musik von Jimmy Buffett zu hören und aufs Meer zu schauen. Und dabei überlegt sie, ob sie lieber einen Kaffee oder eine...
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