Skandalöses Verlangen auf Huntingdon Manor

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Wenn er lächelt, steht die Welt für Silence still! Mickey O´Connor wirkt gleichzeitig geradezu teuflisch verführerisch und unschuldig wie ein Junge. Dabei ist er alles andere als das: Der Pirat ist dafür berüchtigt, dass er sich nimmt, wonach ihm gelüstet - ein Nein ist für ihn nur ein Ansporn. Jetzt ist es Silence, die er begehrt! Und je mehr Zeit sie mit dem attraktiven Freibeuter verbringt, desto mehr spürt auch sie in sich eine süße Sehnsucht nach seinen Küssen. Doch sie ist eine Witwe mit unbescholtenem Ruf - wenn sie ihrem aufflammenden Verlangen nachgibt, wird sie mit Mickey abseits der Gesellschaft leben müssen! Ist seine Liebe das wert?


  • Erscheinungstag 02.06.2017
  • Bandnummer 95
  • ISBN / Artikelnummer 9783733768164
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Für meine Tochter Honor, die wollte, dass ich entweder ein Buch über einen Crossdressing-Helden schreibe oder über eine Heldin, die eine Psychokillerin ist. JA. Das wird nicht passieren, aber dieses Buch ist trotzdem für dich. Ich habe dich lieb! ;-)

DANKSAGUNG

Eines der besten Dinge, die man als Schriftstellerin erlebt, ist, dass man einen Blick hinter die Kulissen werfen darf und sieht, wie ein Buch entsteht.

Ich hatte die aufregende Möglichkeit, beim Cover-Fotoshooting für diesen Roman dabei zu sein, und ich möchte allen daran beteiligten Profis danken: meiner tollen Redakteurin Amy Pierpoint und ihrer exzellenten Redaktionsassistentin Lauren Plude. Dem Grand Central Publishing’s Vice President Executive Art Director Diane Luger, der Fotografin Shirley Green, der Stylistin für das Cover-Foto-Shooting Sharon, dem Illustrator des Einbands Alan Ayers, den Models Ewa daCruz und Emmanuel Fremin und schließlich meiner sagenhaften Agentin Susannah Taylor.

Ich hatte viel Spaß und Ihr habt alle unglaubliche Arbeit geleistet. Danke!

1. KAPITEL

Nun, es war einmal ein König, der ein winziges Königreich am Meer regierte. Er hatte keine Söhne, aber drei Neffen und der jüngste von ihnen wurde Clever John genannt …

Aus Clever John.

London, England

April 1738

Wölfe, das wusste Silence Hollingbrook nur zu gut, waren wilde Bestien, die nur selten Mitleid oder Ehre kannten. Traf man auf einen Wolf, der sich geschickt als Mensch tarnte, zeigte man besser keine Angst, sondern nahm die Schultern zurück und reckte das Kinn, um das verdammte Biest zum Wegsehen zu zwingen.

Zumindest sagte sich Silence das, als sie „Charming“ Mickey O’Connor gegenüberstand, dem berüchtigtsten Flusspiraten Londons. Während sie ihn musterte, tat Mickey O’Connor etwas, das noch furchteinflößender war als alles, was ein echter Wolf je tun konnte.

Er lächelte sie an.

Silence schluckte.

Mickey O’Connor räkelte sich wie der Piratenkönig, der er ja war, auf einem vergoldeten und mit rotem Samt bezogenen Thron, am anderen Ende eines prunkvoll ausgestatteten Raums. Die Wände waren mit Goldplatten verkleidet, der Boden war ein sagenhaftes Mosaik aus verschiedenfarbigem Marmor und um Silence herum türmte sich Diebesgut. Es waren Koffer voller Pelze und Seide, Kisten voller Tee und Gewürze und Schätze aus jedem Winkel der Welt, alles gestohlen von Handelsschiffen, die in den Londoner Docks anlegten. Und Silence stand wie eine Bittstellerin inmitten all dieses Reichtums.

Wieder einmal.

Mr. O’Connor nahm ein Stück Konfekt von einem Tablett, das ihm ein kleiner Junge darbot, und hielt es zwischen seinen langen, beringten Fingern, während er Silence musterte. Dann zog er belustig einen Winkel seines breiten, sinnlichen Mundes hoch. „Es ist mir immer ein Vergnügen, in Eure funkelnden, haselnussbraunen Augen zu sehen, Mrs. Hollingbrook, aber ich frage mich, warum Ihr an diesem schönen Nachmittag zu mir gekommen seid.“

Seine spöttischen Worte stärkten Silence’ Rückgrat. „Ihr wisst nur zu gut, warum ich hier bin, Mr. O’Connor.“

Der Pirat hob seine elegant geschwungenen, schwarzen Augenbrauen. „So, tue ich das?“

Neben ihr verlagerte Harry, einer von Mickey O’Connors Wachleuten und ihr Begleiter in den Thronsaal, nervös das Gewicht von einem Bein auf das andere. Harry war ein Hüne von einem Mann mit einem verbeulten Gesicht. Hinter ihm lag unübersehbar ein sehr raues Leben, dennoch nahm er sich vor Mickey O’Connor in Acht.

„Ganz ruhig“, murmelte er ihr leise zu. „Ihr wollt ihn doch nich’ wütend machen.“

Mr. O’Connor steckte das Stück Konfekt in seinen Mund und kaute. Für einen Augenblick schloss er genüsslich die fast schwarzen Augen. Er war ein schöner Mann, wie Silence fand, auch wenn er sie selbst eher abstieß. Seine Wimpern waren dicht und schwarz und umgaben seine funkelnden dunklen Augen, seine Haut hatte einen gleichmäßigen olivfarbenen Ton und wenn er lächelte … nun ja! Die Grübchen, die sich in seine Wangen gruben, ließen ihn gleichzeitig so verführerisch wie den Teufel und so unschuldig wie einen kleinen Jungen aussehen. Sollte ein Künstler je versuchen, die verführerische Anziehungskraft Satans zu malen, müsste er Charming Mickey O’Connor porträtieren.

Silence holte tief Luft. Mr. O’Connor mochte so verdorben wie Satan persönlich sein, aber sie hatte ihm schon einmal die Stirn geboten und überlebt, auch wenn sie es nicht gänzlich unversehrt überstanden hatte. „Ich komme wegen Mary Darling.“

Der Pirat öffnete träge die Augen und schluckte seine Praline hinunter. „Wegen wem?“

Oh, das war zu viel! Silence spürte die aufsteigende Hitze in ihrem Gesicht, als sie Harrys Arm abschüttelte, der sie zurückhielt, und direkt bis zum Fuß des schmalen Podests ging, auf dem der lächerliche Thron stand. „Ihr wisst genau, wen ich meine! Mary Darling, das süße kleine Mädchen, um das ich mich über ein Jahr lang gekümmert habe. Mary Darling, die nur mich als Mutter kennt. Mary Darling, die Ihr aus dem Waisenhaus geholt habt, in dem wir beide bis dahin lebten. Gebt sie mir. Sofort!

Ihr Zorn war so groß, dass Silence erst jetzt bemerkte, dass sie atemlos mit ihrem Finger auf Mr. O’Connors Gesicht deutete. Einen Moment lang erstarrte sie. Ihr Finger befand sich nur ein paar Zoll von seiner Nase entfernt. Jeder im Raum schien den Atem anzuhalten. Mickey O’Connor hatte aufgehört, zu lächeln, und ohne diesen freundlichen Gesichtsausdruck, der sein Gesicht erhellte, sah er sehr, sehr furchteinflößend aus.

Silence ließ ihre Hand sinken.

Langsam richtete sich der Pirat von seinem Thron auf. Er streckte seine langen Gliedmaßen anmutig wie ein Raubtier. Er stand auf, wobei seine glänzenden Schaftstiefel einmal leicht polterten, und kam von dem Podest hinunter.

Silence hätte zurückweichen können, doch dann hätte sie Angst gezeigt. Außerdem schien sie wie angewurzelt dazustehen. Der Duft von Zitronen und Weihrauch wehte durch die Luft. Sie reckte trotzig das Kinn, als Mickey O’Connor zu ihr trat. Seine glatte, gebräunte, nackte Brust berührte beinahe ihre Nase. Oh Gott, er war so eitel, er trug sein gerüschtes Hemd ungeschnürt, Silence sah ihm in die Augen.

Mr. O’Connor neigte sich hinab, sein Mund berührte sanft ihr Ohr und er flüsterte: „Nun, warum habt Ihr das nicht gleich gesagt, Liebes.“

Und während Silence zu ihm aufsah, richtete er sich auf, den Blick immer noch unverwandt auf ihre Augen gerichtet, und schnippte mit den Fingern.

Eine Tür wurde geöffnet und Silence gelang es endlich, ihren Blick von diesen schwarzen, undurchdringlichen Augen loszureißen. Und dann vergaß sie Mickey O’Connor völlig, denn ein Dienstmädchen trat herein und trug das süßeste, wunderbarste Wesen auf der ganzen Welt in ihren Armen.

„Mamoo!“, kreischte Mary Darling. Sie wandt sich wie wild in den Armen der Frau. „Mamoo! Mamoo! Mamoo! Hoch!

Silence beeilte sich, das Kleinkind aufzufangen, bevor sie aus den Armen des Mädchens fiel. „Ich habe dich. Ich habe dich, mein Liebling“, flüsterte sie, als Mary Darling ihre weichen, runden Ärmchen um ihren Hals schlang und sie drückte.

Silence atmete den Duft von Milch und Kleinkind ein, die Tränen stiegen in ihre Augen. Als sie bemerkt hatte, dass das Kind verschwunden war und sie befürchten musste, es niemals wieder zu sehen, war ihr Herz zu einem winzigen Eisklumpen gefroren.

„Mamoo“, seufzte Mary Darling. Sie ließ Silence’ Hals los und tätschelte ihre Wangen.

Silence fuhr mit den Händen über Mary Darlings schwarze Locken und drückte das Mädchen. Dann tastete sie sie behutsam ab, um sicherzugehen, dass es ihrem Schatz so gut ging, wie bei ihrer letzten Begegnung am Morgen. Die letzten sechs Stunden waren die entsetzlichsten ihres ganzen Lebens gewesen. Sie sollten sich niemals wiederholen.

„Ähem“, hüstelte jemand in der Nähe und Silence erinnerte sich wieder, wo sie war.

Sie drückte Mary Darling an ihre Brust und wirbelte herum, um den Flusspiraten anzusehen. „Danke. Es ist sehr … sehr freundlich von Euch, sie mir zurückzugeben. Ich kann Euch wirklich nicht genug danken.“ Silence trat einen Schritt zurück. Sie traute sich nicht, die Augen von Charming Mickeys Gesicht abzuwenden. „Ich … ich gehe dann besser …“

Mr. O’Connor lächelte. „Oh sicher, Süße, tut, was Ihr wollt, aber die Kleine bleibt bei mir.“

Silence erstarrte. „Ihr habt kein Recht!“

Der Pirat hob eine pechschwarze Augenbraue und streckte die Hand aus, um Mary Darlings schwarze Locken zu befühlen. Seine braungebrannte Hand wirkte riesig nebenMarys kleinem Kopf. „Oh, habe ich nicht? Sie ist meine Tochter.“

„Böse!“ Mary Darling funkelte Mickey O’Connor böse an. Dunkle Augen trafen auf dunkle Augen, schwarze Locken umrahmten ein Gesicht, das eine weibliche Miniaturausgabe von Mr. Connors war.

Die Ähnlichkeit war niederschmetternd.

Silence schluckte. Mary Darling war beinahe auf den Tag genau vor einem Jahr auf ihrer Türschwelle ausgesetzt worden. Damals hatte sie gedacht, man hätte das Kind bei ihr gelassen, weil Silence’ Bruder Winter das Heim für Waisen und Findelkinder leitete. Nun fragte sie sich, ob es dafür einen anderen teuflischeren Grund gegeben hatte. Die Angst, Mary Darling für immer zu verlieren, ließ sie das Kind fester an sich drücken.

„Ihr habt sie an meiner Türschwelle ausgesetzt“, erwiderte sie.

Er neigte den Kopf und betrachtete sie mit belustigt. „Ich habe sie Euch überlassen, damit sie in Sicherheit ist.“

„Warum?“, flüsterte sie. „Warum ich?“

„Weil“, er ließ die Hand sinken, „Ihr das reinste Geschöpf wart, seid, dass ich je gesehen habe.“

Sie runzelte verwirrt die Stirn. Was er sagte, ergab keinen Sinn, außerdem kamen sie vom Thema ab. „Ihr liebt sie nicht.“

„Nein. Aber ich glaube, dass es egal ist, ob Ihr es tut oder nicht, Mrs. Hollingbrook.“

Silence spürte, wie ihr der Atem im Hals stecken blieb. „Lasst mich mit ihr gehen.“

„Nein.“

Mary Darling wand sich erneut in einer dieser launenhaften Stimmungsschwankungen, die typisch für Kleinkinder waren. „Runter!“

Silence ließ sie aus ihren Armen gleiten und sah zu, wie sich das kleine Mädchen vorsichtig neben einen der großen Koffer stellte. Sie sah so klein und zart aus. So kostbar. „Warum tut Ihr das? Habt Ihr mir in diesem Leben nicht schon genug angetan?“

„Oh, noch nicht annähernd genug, meine Liebe“, murmelte Mickey O’Connor. Silence spürte mehr als dass sie sah, wie er seine Hand in ihre Richtung ausstreckte. Vielleicht wollte er über ihr Haar streichen wie über Mary Darlings.

Mit einem Ruck zog sie ihren Kopf weg.

Er ließ die Hand sinken.

„Was habt Ihr vor?“ Sie verschränkte die Arme und sah ihn herausfordernd an, während sie Mary Darling nicht aus den Augen ließ.

Er zuckte mit den Schultern. Die Bewegung ließ sein Hemd noch ein Stück über seine muskulöse Schulter rutschen. „Ein Mann in meiner Position hat viele Feinde. Gefährliche, gemeine Kreaturen, die sich von dem Gedanken an Unschuld oder Jugend nicht davon abhalten lassen, schreckliche, mörderische Dinge zu tun.“

„Diese Tatsache ist nicht neu. Warum nehmt Ihr sie mir jetzt weg?“, fragte Silence.

Mickey O’Connor lächelte kalt. „Überhaupt nicht. Aber meine Feinde sind im letzten Monat … äh … hartnäckiger geworden, Ihr versteht. Es ist eine rein geschäftliche Angelegenheit, eine, die ich bald geklärt haben werde. Aber sollten meine Feinde in der Zwischenzeit die Kleine finden …“

Silence erschauerte und sah, wie Mary Darling einen dunklen Pelz ergriff und ihn halb aus dem Koffer zog. „Seid verdammt. Wie konntet Ihr sie dieser Gefahr aussetzen?“

„Das habe ich nicht“, erwiderte er unschuldig. „Ich habe sie Euch gegeben, falls Ihr Euch erinnert.“

„Und sie war bei mir sicher“, antwortete sie verzweifelt. „Was hat sich geändert?“

„Sie wissen, wo sie und Ihr lebt.“

Silence registrierte irritiert, dass er nur einen Fußbreit von ihr entfernt stand, und flüsterte. Der Saal war groß und abgesehen von Harry und dem Konfektjungen saß eine Bande Piraten um Mr. O’Connors Thron. Sorgte sich der Verbrecher, dass man ihr Gespräch belauschen könnte?

„Lasst mich sie behalten“, bat Silence leise. „Sie kennt Euch nicht und sie liebt Euch nicht. Wenn sie wirklich in Gefahr ist, dann schickt Männer, die sie bei uns im Waisenhaus bewachen. Wenn Ihr auch nur etwas Anstand in Euch habt, dann lasst Ihr sie bei mir.“

„Ach, Liebes.“ Mickey O’Connor neigte den Kopf und seine langen pechschwarzen Locken glitten über seine breiten Schultern. „Wisst Ihr nicht, dass anständig das Letzte ist, was man mit mir in Verbindung bringt? Nein, das Mädchen bleibt bei mir und meinen Männern, wo ich Tag und Nacht ein Auge auf sie haben kann, bis ich diesem Spuk ein Ende bereiten kann.“

„Aber sie hält mich für ihre Mutter“, zischte Silence. „Wie könnt Ihr uns trennen, wenn …“

„Wer hat irgendetwas von trennen gesagt?“, fragte Mr. O’Connor mit gespielter Unschuld. „Ich sagte nur, dass das Kind bei mir bleiben muss, ich sagte nie, dass Ihr nicht bei ihr blieben könnt.“

Silence atmete tief ein und bemerkte, wie ihr trotzdem die Luft wegblieb. „Ihr wollt, dass ich hier bei Euch lebe?“

Mr. O’Connor grinste. „Aye, so sieht es aus, Süße.“

„Ich kann nicht mit Euch leben.“ Silence war erbost. „Alle Welt würde denken …“

„Was?“ Mickey O’Connor hob eine Braue und seine schwarzen Augen funkelten.

Sie schluckte. „Dass ich Eure Hure bin.“

Er hüstelte missbilligend. „Oh und das geht natürlich gar nicht, weil Euer Ruf doch so blütenrein ist, nicht wahr?“

Silence hob ihre Hand halb und ballte ihre Finger zur Faust, bevor sie es überhaupt bemerkte. Sie wollte dieses selbstgefällige Grinsen so gern aus diesem Gesicht prügeln.

Aber Mickey O’Connor lächelte nicht mehr. Er betrachtete sie nur aufmerksam, wie ein Wolf, der darauf wartete, dass der Hase aus der Deckung kam.

Zitternd ließ sie die Hand sinken.

Er zuckte mit den Schultern und sah ein wenig enttäuscht aus. „Ah, ja, es würde mir ohnehin große Unannehmlichkeiten machen, Euch unter meinem Dach zu beherbergen. Ich vermute, Ihr habt die richtige Entscheidung getroffen.“

Er wandte sich von ihr ab und schlenderte zu seinem Thron. Es schien als sei sie entlassen. Er fand sie nicht länger interessant genug, um mit ihr zu spielen.

In diesem Moment wirbelten Wut und Kummer, und ja, auch Liebe, so wild in ihr durcheinander, dass Silence sich anders entschied.

„Mr. O’Connor!“

Er blieb stehen und hatte ihr unhöflicherweise immer noch den Rücken zugedreht. Seine Stimme war ein tiefes Schnurren. „Aye?“

„Ich bleibe.“

Ah, dieser Sieg fühlte sich so verdammt gut an. Mickey lächelte. Er wandte der kleinen Witwe immer noch den Rücken zu. Sie war so wütend, sie spürte vermutlich nicht einmal das Netz, das sich um ihre sittsamen kleinen Füße zusammenzog. Und dennoch staunte er, wie leicht es gewesen war, sie dazu zu bringen, aus freien Stücken in seinen Palast zu kommen, nur indem er das Kind entführt hatte.

Er drehte sich um und hob die Brauen. „Ihr wollt damit sagen, dass Ihr bei mir bleibt, Mrs. Hollingbrook?“

Sie reckte ihr spitzes Kinn so hoch, als wolle sie ihn in seinem eigenen Palast herausfordern, das arme, törichte Frauenzimmer. Sie war ein seltsames Geschöpf, diese Silence Hollingbrook. Sie war zweifellos hübsch, natürlich, sonst hätte er sie keines Blickes gewürdigt, aber sie war absolut nicht sein Typ. Sie stellte ihre Reize nicht zur Schau, versuchte nicht, einen Mann mit prallen Brüsten, die aus tief ausgeschnittenen Miedern quollen, oder einem sinnlichen Zwinkern zu verlocken. Wenn er es genau bedachte, unternahm sie nichts, um einen Mann zu verlocken. Sie hielt ihre Weiblichkeit verborgen wie ein Geizhals, was, im Großen und Ganzen gesehen, ein wenig ärgerlich war.

Ärgerlich und gleichzeitig verführerisch, denn so brachte sie einen Mann dazu, den Schlüssel zu ihren Schlössern finden zu wollen, um ehrlich zu sein.

Schlamm war auf den Saum ihres schlichten schwarzen Kleids gespritzt, ihr Schultertuch und ihre Haube waren abgetragen und dennoch starrte sie ihn herausfordernd an. Diese Augen! Sie waren groß und wunderschön haselnussbraun, mit Sprenkeln von goldbraun bis grasgrün und mit einem Hauch graublau. Ihr Gesicht konnte einen Mann bis in die tiefsten Träume verfolgen, ihn nachts schwitzend und einsam erwachen lassen, während seine Männlichkeit schwer von Verlangen war. Ja, es erinnerte ihn an die Geistergeschichten, die seine Mam ihm als kleinen Jungen immer erzählt hatte, wenn er abends vor Hunger weinte und die Striemen auf seinem Rücken brannten. Es waren Geschichten von wehklagenden Frauen, die nachts heulten und nach ihrer verlorenen Liebe suchten.

Es waren schöne Geschichten gewesen, aber dennoch hatte sein Bauch noch am Morgen vor Hunger geschmerzt.

„Ja“, sagte Mrs. Hollingbrook, die Nase stolz zur Decke gereckt. „Ich werde herkommen und an diesem … diesem Ort wohnen, um mich um Mary Darling zu kümmern, sonst nichts.“

Oh, es war schwer, bei diesen Worten nicht zu grinsen, aber er war stark und sein Gesicht blieb so ernst wie das eines Richters. „Und an was ‚sonst‘ könntet Ihr denken?“

Die Röte stieg in ihre blassen Wangen. Ihre Augen funkelten. „Nichts!“

„Seid Ihr Euch ganz sicher, Mrs. Hollingbrook?“ Er trat einen Schritt näher, prüfend, ob sie floh, sobald er ihr zu nahe kam. Obwohl er dieses kleine Kräftemessen genoss, war es wichtig, dass sie unter seinem Dach blieb. Ihr Leben könnte davon abhängen.

Aber seine kleine Witwe wich nicht zurück. „Ich bin mir sehr sicher, Mr. O’Connor.“

„Oh, bitte, nennt mich Mickey“, murmelte er.

Mister O’Connor.“ Sie betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Was der Rest von St. Giles auch denken mag, Ihr und ich wissen, dass meine Ehre unverletzt ist und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr diese Tatsache nicht vergessen würdet.“

Silence Hollingbrook war wirklich tapfer. Sie reckte ihr kleines Kinn und sah ihn ruhig an, während ihre blassen Lippen leicht bebten. Jeder andere Mann hätte bei diesem Anblick Schuldgefühle entwickelt, oder wenigstens ein klein wenig Reue, dass er ihre süße Unschuld genommen und sie wie einen edlen Porzellanteller auf dem Boden zerschmettert hatte.

Jeder andere Mann, doch er nicht.

Mickey O’Connor hatte jeden Rest von Scham, Reue oder Schuldgefühl in einer Winternacht vor sechzehn Jahren verloren.

Also lächelte er nun gewissenlos, als er die Frau anlog, die er so grausam verletzt hatte. „Oh, das werde ich sicher nicht vergessen, Mrs. Hollingbrook.“

Sie hörte den Spott in seiner Stimme und presste die Lippen zusammen, aber sie blieb unbeirrt. „Ihr sagtet, dass Ihr Eure Geschäfte bald geregelt haben werdet.“

Neugierig fragte er sich, welches Schlupfloch sie wohl gefunden zu haben glaubte. „Aye?“

„Und wenn Ihr mit Euren … Euren Feinden fertig seid, dann wird Mary Darling nicht länger in Gefahr sein.“

Er wartete geduldig.

Sie holte tief Luft. „Wenn das geschehen ist, wenn also Eure Feinde besiegt sind und Mary nicht mehr gefährdet ist, dann will ich wieder von hier fortgehen.“

„Natürlich“, erwiderte er

„Mit Mary.“

Das Mädchen war nicht dumm. „Sie ist mein Fleisch und Blut“, sagte er leise. „Die einzige Menschenseele in London, die mit mir verwandt ist, oder zumindest die einzige, die ich anerkenne. Wollt Ihr einen liebevollen Vater von seinem Kind trennen?“

„Ihr habt gesagt, dass Ihr sie nicht liebt.“ Mrs. Hollingbrook ignorierte seine Worte. „Ich kann ihr ein liebevolles Zuhause geben, ein gesundes, anständiges Leben.“

Nun, er hatte bereits eingestanden, dass er keinen Anstand besaß, nicht wahr? Er zog seinen Mundwinkel ein wenig zu scharf nach oben. Er sah das Kind an, das mit den Pelzen aus einer Truhe spielte. Es hatte die gleichen schwarzen lockigen Haare wie er und seine Mam, und dennoch rührte sich bei diesem Anblick nichts in seiner Brust.

Er sah wieder zu Mrs. Hollingbrook. „Wenn ich sage, dass die Gefahr vorüber ist, und ich sage, dass Ihr gehen könnt, aye, dann dürft ihr das Kind mit Euch nehmen.“

Sie seufzte ein wenig. Er hatte das Gefühl, dass ihr der Handel missfiel. Er hatte keinen genauen Tag genannt, an dem sie gehen konnte, dennoch hatte sie zugestimmt.

„Nun gut. Ich muss zum Waisenhaus zurück, um meine und Marys Sachen zu holen. Wir kommen zurück, sobald wir …“

„Ah, ah.“ Er schüttelte belustigt den Kopf. Glaubte sie, er wäre erst seit gestern in St. Giles? „Das Mädchen bleibt bei mir. Ihr lasse Euch von zwei meiner Männer begleiten, die hertragen, was immer Ihr wollt.“

Sie schien zu wissen, dass sie zu weit gegangen war, denn sie schürzte nur ihre schönen Lippen und neigte sich hinab, um dem selbstvergessenen Kind den Kopf zu küssen. „Ich bin bald zurück, Süße.“

Und dann drehte sie sich um und stolzierte zur Tür.

Mickey bewunderte den wütenden Schwung ihrer Hüften für einen Moment, bevor er Harry mit einem Nicken bedeutete, der kleinen Witwe zu folgen. Harry berührte seine Stirn und eilte ihr hinterher. Er würde seinen Kumpan Bert mitnehmen und zusammen würden sie Mrs. Hollingbrook auf dem Weg zum und vom Waisenhaus zurück bewachen.

Irgendwo von weiter unten ertönte ein Quieken. Mickey blickte hinab und sah, mit welch hochrotem Kopf das Mädchen den Fortgang von Mrs. Hollingbrook aus dem Thronsaal verfolgte. Das war die einzige Warnung.

Und dann war der Teufel los.

„Ihr müsst mich nicht den ganzen Weg zum Waisenhaus begleiten“, murmelte Silence wenig später verärgert.

„Er hat gesagt, wir müssen, also tun wir’s“, sagte Harry.

Für zwei ihrer Schritte machte er einen. Die Knöpfe seines abgenutzten braunen Mantels spannten sich über seine fassförmige Brust. Den alten Hut hatte er frech schief aufgesetzt und er trug einen leuchtend roten Schal um den Hals, dessen Enden er lässig über seine Schultern geworfen hatte. Der Schal passte nicht zu seinem verbeulten Gesicht und der riesigen, offenbar mehrfach gebrochenen Nase, Harry sah aus wie ein Faustkämpfer, der zu viele Runden verloren hatte. Der Frühlingswind war kühl und unangenehm feucht, aber Harry schien es nicht zu bemerken.

Was man von seinem Kumpan nicht behaupten konnte.

„Und wer kümmert sich jetzt um seinen Palast, das würd’ ich gerne wissen“, grummelte Bert. Er war einen halben Kopf kleiner als Harry und hatte sich in den Kragen seines flaschengrünen Mantels verkrochen wie eine Schildkröte. Ein großer grauer Schal bedeckte sein restliches Gesicht und die schäbige Perücke, die er trug, wodurch sein Kopf arg aufgedunsen wirkte. „Schickt uns mitten am Tag mit einem Frauenzimmer weg!“

„Ein Dutzend von der Mannschaft is’ noch im Palast“, erwiderte Harry. „Und Bob.“

„Bob! Himmel, Bob“, sagte Bert voller Abscheu. „Der könnte nich’ mal auf’n Kätzchen aufpassen, könnte Bob nich’.“

„Wenn er nich’ besoffen is, kann er“, antwortete Harry ruhig.

„Er is’ aber immer besoffen, verdammt!“

„Pass auf, was de sagst“, meinte Harry. Er wandte sich leise an Silence. „Er hat kein’ Nachmittagstee gehabt, hat Bert nich’, und da is’ er’n bisschen empfindlich. Normalerweise isser der friedfertigste Mensch, unser Bert.“

Silence sah, wie „unser Bert“ durch die Lücke seiner beiden fehlenden Vorderzähne spuckte und beinahe einen vorbeilaufenden Straßenköter traf. Sie bezweifelte, dass der Mann je gutgelaunt war, Tee hin oder her, aber klugerweise beschloss sie, diesen Gedanken nicht zu teilen. Aus welchem Grund auch immer schien Harry etwas für sie übrig zu haben und das wollte sie nicht verderben.

In Mickey O’Connors Palast würde sie eine freundliche Seele benötigen.

Gütiger Gott. Erst bei ihrem Gang durch die schmutzigen Straßen von St. Giles erkannte sie mit voller Wucht, welche folgenschwere Entscheidung sie getroffen hatte. Sie würde im selben Haus wie der berüchtigtste Verbrecher von ganz St. Giles leben, mit einem Mann, den sie seit über einem Jahr hasste und fürchtete. Alles, was sie an Respektabilität im letzten Jahr noch hatte aufbauen können, um ihren angeschlagenen Ruf zu retten, würde sich nun in Luft auflösen. Aber hatte sie eine Wahl? Für Mary Darling würde sie durchs Feuer gehen.

Silence erschauerte und zog ihren Umhang enger um sich. Mickey O’Connor hatte sie niemals wirklich verletzt, jedenfalls nicht körperlich, und Harry war ihr Verbündeter, sie würde sich auf ihre eigene Stärke verlassen müssen und die Gesellschaft von Charming Mickey und seinen Männern so weit als möglich meiden, bis seine Feinde besiegt waren und sie wieder nach Hause gehen konnte.

Hoffentlich dauerte es nicht zu lang.

Sie bog in eine schmale Gasse und erblickte die bescheidene Tür des Heims für Waisen und Findelkinder. Es war leider nur die des vorübergehenden Heimes für Waisen und Findelkinder, nachdem ein Feuer das ursprüngliche Heim vor einem Jahr zerstört hatte. Das neue Gebäude wurde grade gebaut, aber eine Reihe von Rückschlägen verzögerte ihren Umzug in das neue Haus.

Noch bevor Silence den Knauf ergreifen könnte, wurde die Tür aufgerissen.

„Habt Ihr sie gefunden?“ Nell Jones, das zuverlässige Dienstmädchen des Hauses, sah sie hoffnungsvoll an, aber ihre strahlend hellblauen Augen verloren ihren Glanz, als sie Silence’ leere Arme sah. Nells Wangen waren gerötete, eine blonde Haarsträhne lockte sich um ihr Ohr, ihr unordentlicher Aufzug war Zeichen ihrer Sorge um Mary Darling.

„Ich habe Mary Darling gefunden“, erwiderte Silence hastig. „Aber … nun ja, es ist eine lange Geschichte.“

„Und wer sind diese beiden?“ Nell musterte misstrauisch Harry und Bert.

„Gentlemen, die wo Eure Herrin sicher nach Hause gebracht haben“, erwiderte Harry. Er nahm den zerbeulten Dreispitz vom Kopf, enthüllte einen dünn werdenden Schopf struppigen braunen Haars und verneigte sich recht elegant für seine Größe.

„Hm.“ Nell schnaubte, aber sie klang nun weniger schneidend. „Dann kommt am besten herein.“

Der Eingang zum Waisenhaus war eng und schmal und die beiden Männer schienen nicht nur den ganzen Raum für sich zu beanspruchen, sondern auch die Luft.

Nell starrte sie einen Augenblick lang missbilligend an und wandte sich dann an einen kleinen Jungen, der neugierig hinter ihr herumlungerte. „Joseph Tinbox, bring diese, ähm, Gentlemen in die Küche und bitte Mary Whitsun, ihnen eine Kanne Tee zu kochen.“

„Na, das ist aber zu freundlich von Euch, Ma’am.“ Harry strahlte.

Silence sah überrascht, dass Nell sich Mühe geben musste, ernst zu bleiben.

„Passt nur auf, dass nichts verschwindet“, erwiderte das Dienstmädchen schroff. „Ich kenne alles in dieser Küche bis hin zur letzten Essigflasche.“

Harry legte die Hand aufs Herz. „Ich werfe ein Auge auf Bert hier. Stelle sicher, dass er keinen Löffel klaut oder so.“

Bert schnaubte empört, während Joseph Tinbox sie in die Küche führte.

„Beeil dich“, sagte Silence, als sie zur Treppe ging. „Ich musste Mary Darling zurücklassen und ich will schnell wieder zurück.“

„Wohin zurück?“, fragte Nell, während sie Silence schnaufend die Treppe hinauffolgte.

„Zurück zu Mickey O’Connor.“

„Gütiger Herr im Himmel“, murmelte Nell. „Seid Ihr dorthin geeilt, nachdem Ihr die Nachricht gelesen habt? Habt Ihr diesen Teufel gesehen?“

Als Silence an diesem Morgen vom Einkaufen zurückgekehrt war, hatte sie bemerkt, dass Mary verschwunden war. Alle achtundzwanzig Kinder im Haus, die drei Dienstmädchen und der einzige Diener begannen sofort, nach ihr zu suchen, aber erst als ihr Stunden später diese mysteriöse Nachricht überbracht wurde, hatte Silence an Mickey O’Connor gedacht.

„Die Nachricht stammte von Mr. O’Connor. Er schrieb, er habe etwas, das ich will.“ Silence war ganz außer Atem, als sie im obersten Stockwerk ankamen. Das Zimmer, das sie mit Mary Darling teilte, war hier unter dem Dachvorsprung. „Er ist Marys Vater.“

„Wie bitte?“ Nell hatte sie endlich eingeholt und legte eine Hand auf Silence’ Arm. „Wie lange wisst Ihr es schon?“

Silence biss sich auf die Lippe. „Ich vermute es bereits seit geraumer Zeit. Erinnerst du dich an Marys geheimnisvollen Verehrer? Der, der die Geschenke für sie auf der Schwelle zurückgelassen hat?“

„Ja.“ Nell sank auf das schmale Bett in Silence’ Kammer. Ihr hübsches Gesicht war von Sorgenfalten durchzogen.

„Vor ein paar Monaten, kurz bevor Weihnachten, hat er mir eine schwarze Haarlocke gesandt.“ Silence zog einen kleinen Koffer unter dem Bett hervor. Sie richtete sich auf und sah Nell an. „Die Locke sah genauso aus wie Mary Darlings Locken.“

„Und Ihr denkt, Mickey O’Connor hat sie für Euch zurückgelassen?“

„Ich weiß es nicht.“ Silence zuckte mit den Schultern. „Aber ich denke, dass er es gewesen sein muss. Ich glaube, ich habe letzten Herbst ein oder zwei Mal gesehen, wie er mich und Mary Darling beobachtet hat.“

„Wenn er ihr Vater ist, warum hat Mickey O’Connor sie dann bei Euch gelassen?“

„Er behauptet, er wolle sie vor seinen Feinden schützen.“ Silence begann, Kleidung in den Koffer zu werfen. „Vielleicht dachte er, bei mir sei sie sicher versteckt. Vielleicht spielt er aber auch nur ein mieses Spiel, um sich zu amüsieren.“

Nell schüttelte wie betäubt den Kopf. „Aber was ist mit der Mutter des Kinds? Sie hatte doch sicher ein Wörtchen mitzureden, was das angeht?“

Silence hatte die Hand nach einem von Marys Kleidchen ausgestreckt, das an einem Haken hing, und erstarrt. „Ihre Mutter? Er hat die Frau nicht ein Mal erwähnt.“

„Vielleicht ist sie tot.“ Nell runzelte die Stirn. „Glaubt Ihr, dass Mickey O’Connor verheiratet war? Ich habe nie etwas darüber gehört, aber er ist ein verschwiegener Halunke.“

„Ich weiß es nicht.“ Silence nahm das Kleid mit zitternden Fingern und legte es vorsichtig in den Koffer, bevor sie ihn schloss. „Ich weiß nur, dass ich jetzt bei ihm leben muss.“

„Wie bitte?“ Nell sprang beunruhigt auf.

Silence verschloss den Koffer. „Er behauptet, dass seine Feinde Mary bedrohen und dass er nicht zulassen wird, dass sie sein Haus verlässt. Wenn ich bei ihr bleiben will, muss ich bei ihm leben.“

Nell hob ein Ende des Koffers hoch und stöhnte.

„Aber nach dem, was er Euch angetan hat …“

„Ich habe keine Wahl.“ Silence ging mit dem Koffer zur Tür.

„Aber das Waisenhaus …“

„Du lieber Himmel!“ Silence stoppte und starrte Nell an. Die Sorge um Mary Darling hatte sie so beschäftigt, dass sie keine Sekunde an das Waisenhaus gedacht hatte. Im letzten Jahr hatte das Heim die Unterstützung einiger adeliger Damen gewinnen können. Es waren allesamt Damen, die großen Wert auf einen guten Ruf legten, und darauf, den Schein zu wahren. Wenn sie erfuhren, dass Silence bei einem verruchten Piraten wohnte, ohne mit ihm verheiratet zu sein …

Silence riss die Augen auf. „Du darfst niemanden verraten, wo ich bin. Wir könnten behaupten, dass ich mich um eine kranke Tante auf dem Land kümmern muss.“

„Und was soll ich Mr. Makepeace erzählen?“, fragte Nell, als sie die Treppenstufen hinuntergingen.

Silence stolperte und hätte beinahe den Koffer fallen gelassen. Sie hatte vergessen, dass sie sich auch mit Winters Missbilligung auseinanderzusetzen hatte. Ihr Bruder befand sich derzeit auf einer geschäftlichen Reise nach Oxford und wusste noch nichts von Mary Darlings Verschwinden. Heute Morgen hatte sich Silence verzweifelt gewünscht, ihr Bruder könne sie bei der Suche nach Mary Darling unterstützen. Nun war sie dankbar, dass er nicht da war. Winter war ein freundlicher Mensch, ein Schullehrer und außerdem der Leiter des Waisenhauses, aber er würde sie eher in ihr Zimmer sperren, als sie zu Mickey O’Connor gehen zu lassen.

Allein bei dem Gedanke daran, ging sie schneller. „Es tut mir wirklich leid, Nell, dass ich es dir überlassen muss, Winter von den Neuigkeiten zu unterrichten, aber ich kann nicht bleiben. Ich muss zu Mary Darling.“

„Natürlich müsst Ihr das“, sagte Nell entschieden.

Silence warf ihr rasch ein Lächeln zu. „Du trägst keine Schuld daran, Winter wird das verstehen.“

„Na, das hoffe ich, Ma’am.“

Als sie im Erdgeschoss ankamen, schwitzte Silence vor Anstrengung und Sorge. Winter wurde erst in ein paar Tagen zurückerwartet, dennoch zuckte sie zusammen, als die Küchentür geöffnet wurde.

„Ich nehm’ das dann mal, ja?“, fragte Harry. Er trat mit einem Brötchen in der Hand auf den Korridor. Er packte den Koffer an einem Griff und schwang ihn einfach so auf seinen Rücken.

Nell stemmte die Hände in die Hüften. „Pass auf, dass du die Sachen der Herrin nicht fallen lässt.“

„Natürlich nich’“, meinte Harry leichthin und erntete damit ein empörtes Grunzen von Bert.

Nell sah Silence an und verzog das Gesicht. „Oh, Ma’am!“ Sie warf sich die Schürze vors Gesicht und schluchzte laut auf.

„Es ist schon gut, Nell“, sagte Silence hilflos.

Sie wusste selbst nicht, ob sie ihren Worten glauben sollte oder nicht, aber was blieb ihr anderes übrig? Nun stiegen auch ihr Tränen in die Augen. Sie lebte jetzt seit etwas über einem Jahr im Waisenhaus. Hier hatte sie im letzten Herbst vom Tod ihres Mannes erfahren und entdeckt, dass sie mehr als nur eine Ehefrau war, weil sie auf ihren eigenen Füßen stehen und anderen nützlich sein konnte. Und nun ging sie plötzlich und ohne Vorwarnung. Sie hatte das Gefühl, als schwanke der Boden unter ihren Füßen. Seit Williams Tod hatte sie kein Zuhause mehr, alles was sie hatte, war Mary Darling.

„Ich komme zurück“, flüsterte sie. Dabei war sich nicht einmal selbst sicher, ob sie die Wahrheit sagte.

Nell nahm ihre Schürze herunter, ihr Gesicht war verweint. Sie trat auf Harry zu und stieß ihm den Finger in die Brust. „Pass du nur gut auf sie auf, hast du mich verstanden, du Knilch? Wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt wird, ziehe ich dich zur Verantwortung.“

Die Drohung war lächerlich, denn Harry überragte Nell. Silence blinzelte, Bert blickte finster drein, aber Harry selbst war sehr ernst. Er nahm Nells Hand sanft in seine große Pranke und spreizte ihre Finger, bis er sie auf seine große Brust legen konnte, gerade dort, wo sein Herz war.

„Macht Euch keine Sorgen, Ma’am“, erwiderte er. „Macht Euch keine Sorgen.“

Und dann war Silence zur Tür hinaus und der Wind zerrte ihre Röcke eng an ihre Beine, als sie sich in ein neues Leben aufmachte.

Charlie Grady, besser bekannt als der Vicar of Whitechapel, goss sich einen Krug Bier ein. Manche Leute mochten seine Vorliebe für Bier seltsam finden, immerhin kontrollierte er den Brand nahezu jedes verdammten Tropfen Gins in ganz Whitechapel, wenn nicht sogar im gesamten East End, aber so war es eben. Charlie mochte Bier, also trank er Bier.

Und falls jemand seine Vorliebe für das Getränk zu seltsam fand, war er klug genug, es ihm nichts ins Gesicht zu sagen.

„Was hast du herausgefunden?“, fragte er, während er beobachtete, wie sich der Schaum im Zinnkrug langsam senkte. Er musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass Freddy, der vor Charlies Tisch stand, auf seine großen Füße starrte.

„Er hat das Kind heute in seinen Palast gebracht.“ Freddy war ein riesiger Schlägertyp, klüger als er aussah, aber eher wortkarg.

Charlie grinste verschlagen. „War schon immer ein kluges Köpfchen, unser Charming Mickey. Er scheint wirklich in Sorge zu sein, was ich dem Kind alles antun könnte, wenn er sie aus ihrem Versteck holt und in seinen Palast bringen lässt.“

Freddy trat unruhig von einem Bein auf das andere. „Da is’ noch mehr.“

„Aye?“

„Ein Frauenzimmer hat ihn besucht.“

Charlie lachte. Das Geräusch klang hölzern. „Das ist nichts Neues.“

Er blickte gerade rechtzeitig noch auf, um zu bemerken, wie rasch Freddy beiseiteblickte.

Freddy wurde rot und das Rot ließ sein vernarbtes Gesicht fleckig erscheinen. „Die hier is’ anders.“

„Und wie kommst du darauf?“

„Sie ist aus dem Waisenhaus, die Anständige, die sich ums Kind gekümmert hat.“

Charlie neigte den Kopf und spürte das Ziehen der Narben auf seiner linken Gesichtshälfte. „Das ist etwas anderes. Charming Mickey hat sonst nicht viel für die Anständigen übrig, nicht wahr?“

Freddy nickte unmerklich, also trank Charlie einen Schluck Bier. Das herbe, kühle Getränk rann seine Kehle hinab.

Er setzte den Krug wieder ab und griff mit seiner linken Hand nach dem Würfel. Sie war zwischen Daumen und Zeigefinger zu einer Klaue verformt. Die Würfel befanden sich nun schon seit Jahren in seinem Besitz, die Oberfläche war speckig und glatt, die Farbe aus den eingeritzten Augen verblasst und die Ecken waren rund geworden, doch sie fühlten sich an wie alte Freunde. Er warf sie sanft und sie rollten beinahe lautlos über den grob gezimmerten Holztisch.

Zwei und drei. Eine Fünf also, das konnte gut oder sehr gut sein, das hing ganz davon ab. Ja, das hing ganz davon ab.

Im letzten Herbst hatte er vorgehabt, nach St. Giles zu gehen, um alle Ginbrennereien dort zu übernehmen und der Ginkönig von ganz London zu werden. Diese Pläne waren ins Stocken geraten, weil so ein Adeliger sich nicht gescheut hatte, seine eigene Brennerei in die Luft zu jagen, und die Hälfte von Charlies Männer mit dazu. Aber Charlie hatte seitdem Zeit gehabt, neue Männer zu rekrutieren und sie zu formieren.

Zudem hatte er nun ein neues Ziel.

„Meine Gracie ist tot und begraben. Was sie wollte und was sie mich nicht hat tun lassen, ist mit ihr gestorben.“

Charlie starrte fasziniert auf die fettigen Knochenstücke. Sie schienen ihm gerissen zuzuzwinkern. „Alles ist möglich. Charming Mickey O’Connor täte besser daran, auf seine Frauen aufzupassen.“

Er sah rechtzeitig auf, um Freddys entsetzten Blick zu sehen.

„Wir sollten unseren Spion herausfinden lassen, wie viel diese Dame Mickey bedeutet, nicht wahr?“

2. KAPITEL

Der König hatte natürlich einen Palast und neben dem Palast befand sich ein großer und wunderschöner Garten. Der König hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Morgen durch den Garten zu spazieren und die Obstbäume zu inspizieren, die sein ganzer Stolz und seine Freude waren. Stellt euch also vor, wie erschrocken der König war, als er eines Morgens zu seinem Lieblingskirschbaum kam und sah, dass der Boden unter dem Baum mit Kirschkernen übersät war …

Aus Clever John.

Es dämmerte bereits, als Silence, Harry und Bert zu Mickey O’Connors prunkvollem „Palast“ zurückkehrten. Schon als sie ihn betrat, hörte Silence den Lärm.

Sie kannte das wütende Kreischen.

Silence nahm zwei Stufen auf einmal und wurde nicht einmal langsamer, als sie Harrys besorgtes „Oi!“ hinter sich hörte. Das Geschrei wurde lauter, je mehr sie sich Mr. O’Connors Thronsaal näherte. Sie drückte die großen Türen auf und rauschte direkt an Bob, dem dürren Wachmann, vorbei, und marschierte in die Mitte des Raums, wo Mickey O’Connor mit einer brüllenden Mary Darling in den Händen stand.

Kein Wunder, dass das kleine Mädchen weinte! Der Pirat hielt seine schreiende Tochter mit ausgestreckten Armen von sich, als sei sie ein stinkender Nachttopf.

„Was tut Ihr da?“, zischte Silence und riss ihm das Kind aus den Händen.

Als sie Silence sah, hörte Mary Darling sofort auf, zu schreien. Sie weinte immer noch, aber weitaus leiser. Ihr kleines Gesicht war knallrot, ihre Augen und Wangen waren geschwollen und sie zitterte am ganzen Körper. Silence wusste sofort, was los war: Mary weinte bereits seit geraumer Zeit.

Sie küsste die feuchte Wange des Kindes, murmelte beruhigenden Unsinn und sah Mickey O’Connor dann vorwurfsvoll an.

Er warf die Hände in die Luft. „Seht mich nicht so an. Ich habe das Gör nicht angerührt. Niemandem ist es gelungen, sie zu beruhigen!“

Silence hielt Mary die Ohren zu. „Wie könnt Ihr es wagen?“

Mickey O’Connor blickte finster drein und sah zur Abwechslung einmal weniger charmant aus. „Sie fing an zu schreien, als Ihr durch die Tür gegangen seid. Wie eine große, verrückte Banshee. Ich bin beinahe taub geworden, das kann ich Euch sagen.“

„Nun, vielleicht gefällt es ihr hier nicht.“ Silence legte das Kinn auf den immer noch zitternden Kopf des kleinen Mädchens und streichelte das Kind. „Vielleicht mag sie Euch nicht.“

Mr. O’Connor schnaubte. „Ich mag sie nicht, das ist eine Tatsache. Da gibt es kein vielleicht.“

Silence schnappte nach Luft. „Aber sie ist Eure Tochter!“

„Und was hat das damit zu tun?“, fragte Mickey höhnisch. „Ihre Mutter war eine Hure, die ich weniger als eine Woche bei mir hatte. Ich habe erst von dem Kind erfahren, als das Frauenzimmer starb. Eine alte Kupplerin kam her und hat mir das Kind aufgehalst, aber erst, nachdem sie von mir eine Guinee für das Vergnügen verlangt hat. Es würde mich nicht wundern, wenn die Frau eine Lügnerin war und mir ein falsches Kind untergeschoben hat.“

Ehrlich entsetzt strich Silence über Marys weiche Locken. Hatte er den gar keine Gefühle? „Denkt Ihr das wirklich?“

„Ist das wichtig?“ Er zuckte bedeutungsvoll mit einer seiner breiten Schultern. „Tochter oder nicht, Fleisch und Blut oder nicht, mögen oder nicht, jetzt ist sie mein. Also kommt nicht auf dumme Gedanken. Und nun folgt mir wie ein braves Mädchen und ich zeige Euch Euer Zimmer.“

Er schritt davon, als erwarte er wirklich, dass sie ihm wie ein „braves Mädchen“ folgte. Hätte Silence eine Wahl gehabt, wäre sie da geblieben, wo sie war. Aber da Mary im Begriff war, in ihren Armen einzuschlafen, stapfte sie diesem schrecklichen Mann hinterher. Harry und Bert bildeten die Nachhut.

Er führte sie durch die Doppeltür, Bob überholte sie rennend, um sie zu öffnen, bevor Mickey O’Connor sie erreichte. So musste der große Pirat nicht stehen bleiben und warten. Mr. O’Connor würdigte die höfliche Geste mit keinem Wort, sondern stolzierte nur wie ein König vorbei, nur Silence nickte dem dünnen Wachmann dankend zu, als sie hinterhereilte.

Mickey O’Connor ging einen kurzen Gang entlang und dann durch eine weitere Tür, die zum hinteren Teil des Hauses führte. Auch hier wachte ein Hüne von einem Mann. Die goldenen Wände und der Marmorfußboden endeten an der Tür, aber das bedeutete nicht, dass dieser Bereich des Hauses weniger üppig ausgestattet war. Die geschnitzten Wandpaneele aus Holz waren mit Bienenwachspolitur auf Hochglanz gebracht worden und der Boden unter ihren Füßen war mit dicken Teppichen bedeckt. Mr. O’Connor ging eine Treppe hinauf, Silence folgte ihm atemlos und versuchte den Schauer zu unterdrücken, den sie angesichts der schrecklichen Erinnerung verspürte. Mickey O’Connor hatte sie bereits einmal hier entlanggeführt und sie war nicht ganz heil aus dieser Sache herausgekommen.

Das dumpfe Klang der Absätze des Piraten auf dem Boden und der Geruch des frischen Bienenwachses riefen alle Erinnerung an jene Nacht plötzlich in ihr wach und überwältigten sie.

Damals hatte man ihren geliebten Gemahl William beschuldigt, die Ladung von seinem Schiff gestohlen zu haben, obwohl Mickey O’Connor sie an sich genommen hatte.

Also war Silence, töricht und blind vor Liebe nach St. Giles gekommen, um die Beute von Mickey O’Connor zurückzufordern, um William zu retten. Sie hatte um die Gnade des Wolfes gefleht, sich ihm ausgeliefert und alles verloren.

Mr. O’Connor hatte versprochen, die Ladung zurückzugeben, wenn sie die Nacht bei ihm verbrachte. Er war von seinem Thron aufgestanden und hatte sie aus dem Thronsaal durch genau diese Gänge geführt. Damals überfiel sie eine panische Angst, denn sie war eine gute und tugendhafte Frau, und sie dachte, er würde sie verführen. Stattdessen hatte er sie in sein prunkvolles Schlafzimmer gebracht, sie am Feuer Platz nehmen lassen und nach einem Abendessen verlangt. Dienstboten hatten das beste Mahl serviert, dass sie je gesehen hatte. Süßigkeiten und Fleisch und frisches Obst aus dem Gewächshaus. Er hatte darauf bestanden, dass sie aß und sie hatte gehorcht, obwohl das Essen wie Asche in ihrem Mund geschmeckt hatte.

Anschließend befahl er ihr, sich in sein Bett zu legen. Er zog sein Hemd aus … und ignorierte sie, indem er halbnackt Papiere am Feuer studierte. Als sie es nicht länger ertragen konnte, setzte sie sich auf. „Was habt Ihr mit mir vor?“

Er tat überrascht und blickte auf, und die Schatten, die das Licht des Feuers auf sein Gesicht warfen, vermittelten ihm etwas Dämonisches. „Nichts, Mrs. Hollingbrook. Was dachtet Ihr denn, was ich mit Euch anstellen würde?“

„Warum habt Ihr mich dann hergebracht?“

Er lächelte eiskalt. Es war das Lächeln eines Wolfes, der gleich darauf dem Reh die Kehle herausreißen wollte. „Was werdet Ihr Eurem Ehemann erzählen, wenn Ihr morgen in seine Arme zurückkehrt?“

„Was ich ihm erzähle? Ich werde ihm die Wahrheit erzählen, dass wir zusammen gegessen haben, aber das sonst nichts passiert ist.“

„Und wird er Euch glauben?“

„Natürlich!“ Sie war empört. „William liebt mich.“

Er nickte. „Wenn er Euch liebt, wird er Euch glauben.“

Seine Worte setzten sich wie ein Fluch in ihr fest, sogar dann schon, als sie noch auf dem lächerlich prachtvollen Bett saß und erleichtert registrierte, dass sie sich diesem Mann nicht opfern musste, schon da zitterte sie, weil ihr nichts Gutes schwante.

Am nächsten Morgen zwang Mickey O’Connor sie, ihr Kleid aufzuschnüren, bis ihre Brüste beinahe enthüllt waren. Er löste ihr Haar und zerzauste es um ihr Gesicht. So musste sie die Straße entlanggehen, um William zu retten.

Als wäre sie eine gewöhnliche Hure, die Charming Mickeys Bett verließ.

Es war ihr sehr schwer gefallen, und es war das Schlimmste, was sie je im Leben hatte tun müssen, dennoch war sie diese Straße entlanggegangen und hatte die Pfiffe und Buhrufe der Huren, die von ihrer nächtlichen Arbeit nach Hause kamen, ertragen. Ihre Schwester Temperance hatte krank vor Sorge am anderen Ende der Straße auf sie gewartet. Silence war in den Armen ihrer Schwester zusammengebrochen und hatte gehofft, dass das Schlimmste nun hinter ihr lag.

Sie hatte sich geirrt. Denn der Gang die Straße entlang in der gelösten Kleidung war bei Weitem nicht das Schlimmste gewesen. Nach dieser Nacht musste sie erkennen, dass ihr niemand glaubte. Weder Winter noch Temperance noch der Metzger an der Ecke oder ihre Nachbarn in Wapping.

Niemand.

Nicht einmal ihr geliebter Ehemann William. Sie alle gingen davon aus, dass Charming Mickey O’Connor ihr Gewalt angetan hatte. William konnte sie kaum noch ansehen, bevor er zu seiner letzten Reise aufbrach. Er wandte sich ab, als widerte sie ihn an. Und als sie sah, wie ihr geliebter Mann das letzte Mal auf einem Schiff davonsegelte, das in sechs Monaten sinken würde, hallten Mickey O’Connors Worte in ihrem Kopf wider.

Wenn er Euch liebt, wird er Euch glauben.

Silence blinzelte und sah, dass sie an einem weiten Korridor vorbei weiter emporstiegen. Sie erblickte die ihr bekannte vergoldete Doppeltür und sah rasch beiseite. Mickey O’Connor führte sie zum nächsten Stock darüber und dann zur ersten Tür am Gang dort. Er öffnete sie schwungvoll und zeigte ihr ein ordentliches Schlafzimmer mit rosafarbenen Wänden und weißen Zierleisten. Überrascht blieb Silence stehen. Ein Bett mit Vorhängen, die mit Blumen bestickt waren, stand in einer Ecke. Daneben stand ein Gitterbett – offensichtlich ein Kinderbett. Es gab sogar einen kleinen Sitzbereich mit einem Sofa vor dem Kamin. Harry stellte bereits ihren Koffer ans Fußende des Betts, während Bert einen Stuhl nach draußen vor die Tür schob.

Alles in allem war das Zimmer sehr hübsch. Es passte nur überhaupt nicht in diese Lasterhöhle.

Silence sah Mickey O’Connor fragend an. „Wer wohnt normalerweise hier?“

Er lehnte sich an den Kaminsims und musterte sie. „Niemand, warum? Habt Ihr gedacht, ich halte mir eine Schar von Jungfrauen, um sie meiner Wollust zu opfern?“

Sie konnte spüren, wie sie errötete. „Ich habe mich nur gefragt.“

„Nun gut, fragt Euch nicht länger. Dieses Zimmer ist für Euch und nur für Euch.“ Spöttisch hob er eine Braue. „Habt Ihr sonst noch Fragen?“

„Oh … nein.“

„Dann überlasse ich es Euch, Euch häuslich einzurichten. Abendessen gibt es um acht Uhr. Pünktlich, denkt daran. Harry wird Euch den Weg zeigen.“

Er ging zur Tür, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Silence starrte ihm fassungslos nach, als er die Tür leise hinter sich schloss. „Elender Mistkerl!“

Silence hörte ein leises Schnaufen. Sie entdeckte, dass ein Mädchen neben dem Gitterbett saß. Es war dasselbe Mädchen, das Mary Darling in den Thronsaal gebracht hatte.

Harry räusperte sich. Es klang, als ob zwei Felsen aneinanderrieben. „Das is’ Fionnula, sie soll aufs Kind aufpassen.“

„Ma’am.“ Fionnula knickste ungeschickt und stockte auf halbem Weg nach unten. Sie war hübsch, kaum älter als achtzehn, und ihre helle Haut war von Sommersprossen übersät. Ihr Haar glitzerte bezaubernd rotblond und löste sich aus den Nadeln, um ihr Gesicht mit einer Wolke von Locken zu umrahmen.

„Mrs. ’Ollingbrook wird mit dem kleinen Mädchen hierbleiben, Fionnula“, sagte Harry. „Befehl vom Herrn, also tu, was sie sagt, hörste?“

Fionnula nickte. Harrys Befehle schienen sie zu verschüchtern.

„Nun, dann“, raunte Harry nach einer peinlichen Pause. „Äh, ich zieh dann mal weiter. Der Herr hat befohlen, dass ich und Bert auf Euch aufpassen sollen, während Ihr hier seid, Mrs. ’Ollingbrook, also, wenn Ihr was braucht, ruft einfach. Wir warten vor der Tür.“

Und dann ging auch Harry.

Silence sah wütend zu der Tür, durch die die Männer verschwunden waren. „Manchmal glaube ich, dass alle Männer große Idioten sind.“

Fionnula kicherte überrascht, biss sich aber schnell auf die Lippen.

Silence lächelte das Mädchen an. Es war wohl kaum Fionnulas Schuld, dass Mr. O’Connor so eitel und selbstherrlich war.

„Das Kind ist erschöpft“, sagte Fionnula und nickte in Marys Richtung. Die Kleine lag ruhig in Silence’ Armen. Fionnula hatte einen deutlichen irischen Akzent.

„Ja, das ist wahr“, flüsterte Silence. Sie trug Mary zum Gitterbett und legte sie vorsichtig hinein, dann blieb sie noch einen Augenblick dort stehen, um zu sehen, ob das Kind weiterschlafen würde.

Mary war so erschöpft, dass sie tief und fest schlief.

Silence richtete sich auf und ging zum Kamin. Sie bedeutete Fionnula, ihr zu folgen. „Also hast du dich heute um Mary gekümmert?“

„Aye“, sagte das Mädchen schüchtern. „Sie war untröstlich, dass man sie aus dem Waisenhaus geholt hat. Aber sie ist so hübsch, sie ist dem Herrn wie aus dem Gesicht geschnitten.“

„Ja, das ist sie.“ Silence setzte sich auf das Sofa. Seit Marys Verschwinden hatte sie keine Ruhe mehr gehabt, nun holte sie die Erschöpfung ein. „Schläfst auch du hier?“

Fionnula riss die Augen auf. „Oh nein, Ma’am. Hier schläft niemand außer Euch und Mary, so viel ich weiß. Ich habe ein Bett unter dem Dach, so wie die anderen Dienstmädchen, aber der Herr hat gesagt, ich soll erst einmal dort drüben schlafen.“ Sie deutete auf eine schmale Tür in der Wand.

Silence stand auf, um Fionnulas Kammer zu inspizieren. Sie war kaum groß genug für das Bett und die Reihe Haken an der Wand und weitaus spartanischer als Silence’ und Marys Gemach. Sie ging zurück zum Sofa und sah das Dienstmädchen neugierig an.

„Seit wann arbeitest du für Mr. O’Connor?“

„Seit etwas über einem Monat.“ Fionnulas blasses Gesicht wurde plötzlich rot. „Ich … ich kenne jemanden, der hier lebt.“

Da das Mädchen derart errötete, musste dieser „jemand“ ein Mann sein. „Aber doch sicher nicht Harry?“

Fionnula kicherte. „Oh nein, Ma’am!“

„Oder Mr. O’Connor?“, fragte Silence mit seltsam schwerem Herzen. Hatte er seine Geliebte geschickt, um über sie zu überwachen?

„Gütiger Himmel, nein“, erwiderte Fionnula. „Die Damen, die der Herr unterhält, sind wirklich hübsch. Ich bin nicht annähernd so schön oder hochmütig wie sie.“

„Oh. Natürlich.“ Silence stand auf, um ihren ärmlichen Koffer auszupacken.

Die Realität traf sie mit voller Wucht. Silence hatte sich ganz in die Hand eines bösen Mannes begeben, eines Mannes, der in Frauen nur einen einzigen Sinn sah: Sie sollten ihn unterhalten. Das war nicht die Art von Zukunft, die sie sich für Mary Darling wünschte, und schon gar nicht für sich selbst. Wieder einmal hatte sie zugelassen, dass Mickey O’Connor die Oberhand gewann. Panik stieg in ihr auf und erstickte sie beinahe.

„Geht es Euch gut, Ma’am?“, fragte Fionnula besorgt. Silence sah auf. „Oh ja, ich bin nur ein wenig müde.“

Sie stand auf, um ihre Kleider wegzuräumen, aber als sie das tat, traf sie einen Entschluss: Auch wenn sie wieder in Mickey O’Connors Palast war, würde ihr jetziger Aufenthalt hier keinesfalls so enden wie der letzte. Dieses Mal würde der Pirat Silence Hollingbrooks festen Willen kennenlernen, und ihren Kopf.

Sie würde ihm nie wieder blind gehorchen.

Die Anwesenheit der kleinen Witwe in seinem Palast verursachte ein seltsames Jucken zwischen seinen Schulterblättern, dachte Mickey später an diesem Abend, als er eine große Karte auf dem Tisch ausbreitete. Es war ein seltsames Gefühl, das ihm den Rücken herunterkroch, und es bestand aus zwei Teilen Neugier und einem Teil Lust, gewürzt mit einem Quäntchen unruhiger Vorsicht.

Das Gefühl irritierte ihn, immerhin hatte er das ganze letzte Jahr unter anderem damit verbracht, Silence Hollingbrook genau dahin zu bringen wo sie jetzt war, in seiner Gewalt und unter seinem Dach. Anfangs war er nur einer Laune gefolgt. Als die gierige alte Kupplerin mit dem schreienden Säugling vor ihm stand, wusste er sofort, dass er es vor dem Vicar verstecken musste. Und warum nicht bei ihr, hatte er damals gedacht. Warum nicht bei der rechtschaffenen Mrs. Hollingbrook? Vielleicht wollte er so etwas von ihrer reinen Tugend für sich beanspruchen, die sie ihm in seinem eigenen Thronsaal entgegengeschleudert hatte. So konnte er sich durch einen Stellvertreter das stehlen, was er sich nie verdienen konnte. Es hatte ihm eine bittersüße Befriedigung verschafft, sein eigen Fleisch und Blut bei der Frau zu verstecken, die er mehr als alle anderen verletzt hatte. So konnte er Silence mit den Banden ihrer mütterlichen Liebe an sich binden.

Aye, und nun hatte er sie endlich wieder hier in seinem Palast. Er sollte eine triumphierende Freude verspüren, oder nicht?

Und kein seltsames kriechendes Gefühl.

„Sie scheint ganz zufrieden zu sein.“ Harry verzog sein breites, hässliches Gesicht, als er darüber nachdachte, ob „zufrieden“ wirklich das Wort war, nachdem er suchte. „Ich hab’ sie bei Fionnula gelassen.“

Mickey funkelte ihn höhnisch an, bevor er sich wieder der Karte zuwandte, die ausgebreitet auf einem großen vergoldeten Tisch vor ihm lag. Gerüchten zufolge war der Tisch einst für einen königlichen Palast bestimmt, doch das war, bevor Mickey ihn als Zehnten einem Kapitän abpresste, der versucht hatte, sich vor seinen Verpflichtungen zu drücken. Das machte es nur noch süßer, ihn jetzt in seinem Arbeitszimmer zu haben.

„Du hast sie alleine gelassen?“, fragte Mickey scharf. Silence befand sich jetzt in seinem Palast. Sie war ein Schatz, den er wie keinen anderen beschützen würde.

„Nee“, antwortete Harry schnell. „Bert bewacht’se.“

„Gut“, grunzte Mickey. „Ich will, dass ihr sie und das Kind ständig im Auge behaltet. Vergiss nicht, sie muss gut bewacht werden.“ Er breitete die Karte aus und beugte sich mit ausgestreckten Armen über sie. „Wo ist dieses Dock, das du angesprochen hast?“, fragte er einen dritten Mann im Raum.

„Hier unten.“ Bran Kavanagh winkte mit der Hand über die untere Themse. „Es gibt Gerüchte, dass die Eigentümer Schulden haben. Sie werden billig verkaufen.“

Der Junge lehnte sich eifrig nach vorne und vergaß dabei, dass er sich gerne weltmännisch gab. Bran war seit mindestens sechs Jahren bei Mickey. Er war ein gut aussehender Junge von etwa zwanzig Jahren, mit tiefblauen Augen und rotbraunem Haar, das zu einem Zopf gebunden war. Die Mädchen waren ganz verrückt nach ihm, sehr zu Brans Unbehagen, denn der Junge war ernst.

Außer in Momenten wie diesen, wenn er einen Plan ausheckte.

Mickey betrachtete das Gebiet. „Was, glaubst du, bringt es uns?“

„Wir können die Docks kaufen und Geld für die Nutzung verlangen“, antwortete Bran. Es klang, als habe er schon eine ganze Weile darüber nachgedacht. „Oder wir verkaufen sie später für einen höheren Preis, quasi als Absicherung für schlechtere Zeiten.“

„Hmm“, murmelte Mickey. Er hatte es Bran nicht erzählt, aber er besaß bereits eine „Absicherung“. „Die Idee mit der Absicherung gefällt mir.“

Bran grinste hoffnungsvoll. „Dann kauft Ihr die Docks?“

Mickey seufzte, denn er enttäuschte den Jungen nur ungern, aber Geschäft war Geschäft. „Wenn ich damit anfange, Docks und solche Sachen zu kaufen, muss ich Sekretäre und Verwalter und solche Leute einstellen, die sich um diese verdammten Dinger kümmern. Das könnte mehr Kosten verursachen als Profit abwerfen.“

Brans Mundwinkel sanken nach unten. Der Junge hatte noch nicht gelernt, seine Gefühle zu verbergen. „Wenn Ihr wartet, werden sie sie an jemand anderen verkaufen. Wir werden eine einmalige Gelegenheit verlieren und es kann Jahre dauern, bis wir wieder so eine bekommen.“

„Und wenn ich zu schnell aufspringe, verliere ich mein Geld“, erwiderte Mickey. „Es ist eine interessante Idee, Bran, mein Junge, aber ich werde ein wenig darüber nachdenken müssen.“

„Aber …“

Mickey schüttelte seinen Kopf und sah den Jungen streng an. „Und außerdem muss ich mich zuerst um einige andere Dinge kümmern. Dinge, die den Vicar betreffen.“

Bran sah beiseite. „Wie Ihr meint.“

„Ja, das meine ich“, sagte Mickey freundlich, als er die Karte aufrollte. „Was hast du für mich herausgefunden?“

Bran seufzte. „Ich habe seine Männer beim Waisenhaus herumlungern sehen, nachdem Mrs. Hollingbrook es verlassen hatte. Ich glaube, Ihr habt das Kind gerade noch rechtzeitig herausgeholt.“

„Sie haben ganz offen dort herumgelungert?“

„Aye“, erwiderte Bran. „Die Männer des Vicars sind selbstsicherer geworden. Sie laufen wie selbstverständlich in Banden von vier oder fünf durch St. Giles.“

„Verdammt sollen sie sein“, knurrte Mickey. „St. Giles gehört mir und ich werde dafür sorgen, dass diese verdammten Hurensöhne hier verschwinden.“ Er dehnte seinen Nacken. „Was ich mich frage, ist, wie der Vicar überhaupt von dem Kind erfahren hat.“

„Ihr hattet Männer abgestellt, die es beobachten sollten“, bemerkte Bran.

Mickey blickte mit zusammengekniffenen Augen auf und sah, dass Harry nachdenklich nickte.

„Könnte den Vicar direkt zu dem Kind geführt haben“, meinte Harry.

Mickey grunzte. Der Gedanke, dass er die Männer des Vicars direkt zum Waisenhaus und dem Kind geführt haben könnte, behagte ihm nicht. Es gab aber noch eine andere Möglichkeit. Hatte einer seiner Männer sein Geheimnis an den Vicar verraten?

„Dann weiß er auch, dass das Kind jetzt hier bei mir ist“, sagte Mickey langsam.

Bran nickte grimmig.

Mickey seufzte. „Nun, ich wollte auch nie verheimlichen, dass ich sie bei mir in Sicherheit habe. Der Vicar weiß, dass er meinen Palast angreifen muss, um die Kleine zu bekommen, und ich glaube, er wird sich hüten, das zu tun.“ Er sah Bran an. „Was hast du über den Vicar selbst herausgefunden?“

„Der Vicar hat immer Dutzende von Männern um sich“, erwiderte Bran. „Er lässt sich besser bewachen als Ihr. Es wird schwierig sein, an ihn heranzukommen.“

„Ah, aber wir müssen an ihn herankommen. Der Winter neigt sich dem Ende zu und der Vicar wird kaum noch Getreide für seine verdammten Ginbrennereien haben. Lass ein paar der Männer herausfinden, wer ihn beliefert. Ich werde den Lieferanten ein paar gute Argumente liefern, aus den Geschäften mit dem Vicar auszusteigen.“

„Gut.“ Bran zögerte, dann platzte es aus ihm heraus: „Aber ich verstehe nicht, warum ihr beide euch so bekriegt. Er hat seine Ginbrennereien und Ihr habt den Fluss. Wo überschneiden sich eure Interessen?“

Mickey sah plötzlich wieder diese traurigen Augen vor sich, er hörte die sanfte irische Stimme. Mickey, mein Liebling.

Mickey verdrängte die schmerzhafte Erinnerung. „Es ist etwas Persönliches. Etwas, um das du dich nicht kümmern musst.“

Bran verzog das Gesicht, als Mickey die Karte forträumte. „Das ist Eure eigene Sache, aber wir verschwenden unnötig Zeit mit dem Vicar und verdienen nichts daran.“

„Aye und dessen bin ich mir auch bewusst“, sagte Mickey. „Wenn ich es beenden könnte, würde ich es, das kannst du mir glauben. Aber ich befürchte, der Vicar ist kein so vernünftiger Gentleman wie ich.“

„Dann werdet Ihr ihn töten müssen.“ Brans hellblaue Augen blitzten vollkommen mitleidlos.

„Das würde ich, aber wie du schon bemerkt hast, lässt sich der Mann gut bewachen.“ Mickey tippte einen Moment lang nachdenklich auf den Tisch. „Es ist besser, wenn wir nicht den direkten Weg wählen. Wir schneiden ihn von seiner Getreideversorgung ab, lassen ihn aushungern und sorgen dafür, dass er ein für alle Mal aus St. Giles verschwindet. In der Zwischenzeit, schick ein paar Männer, um alle seine Männer die sie in St. Giles finden können, aufzuscheuchen.“

Bran nickte. „Wie Ihr wünscht.“

Mickey hob eine Augenbraue. Der Junge lungerte immer noch hier herum, obwohl er Befehle erhalten hatte. „Gibt es sonst noch etwas?“

„Was ist mit dieser Mrs. Hollingbrook?“ Bran kräuselte seine Oberlippe. „Ich kann verstehen, dass Ihr das Kind behaltet, falls Ihr wirklich glaubt, dass es von Euch ist, aber warum besteht Ihr darauf, dass diese Frau hier bleibt? Sie ist eine Gefahr.“

Mickey malmte mit seinem Kiefer. „Entschuldigung, aber ich wusste nicht, dass ich mich dir gegenüber rechtfertigen muss, Junge.“

Bran errötete. Ein Muskel unter seinem rechten Auge zuckte, dann drehte sich der Junge um und verließ hastig den Raum.

Harry, der sich in der Ecke an die Wand gelehnt hatte, rührte sich. „Der Junge is’ ungeduldig.“

Autor

Elizabeth Hoyt
Elizabeth Hoyt zählt zu den US-amerikanischen Bestseller-Autoren der New York Times für historische Romane. Ihren ersten Roman der Princess-Trilogie “Die Schöne mit der Maske” veröffentlichte sie im Jahr 2006, seitdem folgten zwölf weitere Romane. Gern versetzt die erfolgreiche Schriftstellerin ihre Romanfiguren in das georgianische Zeitalter.

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