Te quiero para siempre – Ich liebe dich für immer!

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Das Weingut ihrer Familie ist Everleighs ganzer Lebensinhalt. Unfassbar, dass ihr Vater den Besitz an den millionenschweren spanischen Unternehmer Adrian Cabrera verkaufen will! Als sie Adrian auf einer glamourösen Party zur Rede stellt, um den Deal rückgängig zu machen, spürt sie ein unerwartetes heißes Prickeln, das sie völlig überwältigt. Es weckt in ihr den Wunsch nach zügelloser Leidenschaft. Wieso sehnt sie sich so nach Adrians Nähe, wo er doch im Begriff ist, ihr alles zu nehmen?


  • Erscheinungstag 02.11.2021
  • Bandnummer 2516
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507073
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Wolkenkratzer der New Yorker Skyline glitzerten in der untergehenden Sommersonne. Auf dem Balkon des großen Ballsaals im Kingsworth Hotel hob Adrian Cabrera sein Glas Merlot an die Lippen und trank einen Schluck, während er den Anblick auf sich wirken ließ. Es war eine willkommene Ablenkung von den Banalitäten, die die Frau neben ihm von sich gab. Ihr Name war Jackie – wenn er sich nicht verhört hatte, als sie plötzlich hinter ihm aufgetaucht war und sich ihm hastig vorgestellt hatte.

„Cabrera“, hauchte sie, bemüht verführerisch. „Der Name ist so sexy.“

„Es ist vor allem ein angesehener Name“, konterte er und machte sich nicht die Mühe, seinen Unmut zu verbergen. „Ein Name, der sich über vier Generationen zurückverfolgen lässt. Bis zu einem Vorfahren, der am Fuß der Sierra Nevada die ersten Weinstöcke gepflanzt hat.“

„Die Sierra Mountains in Kalifornien?“

Adrian zwang sich, ruhig zu bleiben. „Es handelt sich um ein Gebirge in Südspanien.“

„Ein Weingut am Fuß eines Gebirges“, kicherte Jackie. „Wie aufregend.“

Ja, es war tatsächlich aufregend, zum superreichen Cabrera-Clan zu gehören und an der Spitze von Spaniens erfolgreichstem Weinproduzenten zu stehen. Doch er bezweifelte, dass seine übereifrige Gesprächspartnerin sich vorstellen konnte, wie aufregend es war, einen neuen Wein zu kosten, der das Ergebnis jahrelanger harter Arbeit war.

Nein, ihr ging es nur darum, die Nacht mit dem geheimnisvollen Adrian Cabrera zu verbringen und vielleicht für ein paar Wochen mit einem der Privatjets der Familie durch die Welt zu gondeln.

Er riskierte einen Blick nach unten. Jackies schlanker Körper steckte in einem hautengen orangefarbenen Kleid – das Dekolleté so tief ausgeschnitten, dass ihre Brüste jeden Moment herauszuquellen drohten. Die dunklen Locken waren kunstvoll über ihre Schulter drapiert und betonten die ausgeprägten Wangenknochen und das strahlend weiße Lächeln, auf das jedes Model neidisch gewesen wäre.

Doch außer einer vagen körperlichen Regung angesichts ihrer üppigen Brüste spürte er nichts. Nachdem er sich jahrelang mit Models, Politikerinnen, Geschäftsfrauen und Schauspielerinnen amüsiert hatte, war er sehr wählerisch geworden.

„Ich würde gern mehr über Ihr Weingut erfahren.“ Wieder lächelte sie und reckte ihm die wogenden Brüste entgegen, wobei sie aus Versehen gegen seine Arm stieß.

Der rubinrote Wein schwappte aus seinem Glas auf die Manschette seines weißen Hemds.

„Oh, nein! Tut mir leid …“ Sie verstummte, als sie den Unmut in seinem Blick sah. „Äh … Dann lasse ich Sie mal in Ruhe, damit Sie sich sauber machen können.“

Sie tippelte die Treppe hinunter, und er sah, wie sie in einem Meer aus Ballkleidern und Smokings verschwand.

Seufzend blickte er auf sein Hemd. Oben in der Roosevelt Penthouse Suite hatte er jede Menge Hemden im Schrank hängen. Es hätte nur zehn Minuten gedauert, sich umzuziehen. Doch die Abweichung von seinen Gewohnheiten verstimmte ihn. Er verbrachte die erste halbe Stunde bei der Vorstellung eines neuen Weins immer allein, um den prächtigen Saal zu begutachten, den seine Eventmanagerin gebucht hatte, und diesen Erfolgsmoment auszukosten.

Sie ist weg. Konzentrier dich auf die Party. Lass dir von ihr nicht den Abend verderben.

Tiffany-Kronleuchter ließen die goldene Decke funkeln, darunter tummelten sich die Partygäste. Kellner balancierten Silbertabletts mit kulinarischen Leckereien – mit Brie gefüllte Mini-Burger und Rippchen mit scharfer Orangen-Barbecue-Soße.

Adrian war das Blut in den Adern gefroren, als Calandra Smythe, seine Eventmanagerin, ihm das Menü vorgelesen hatte. Mussten Amerikaner denn zu allem Barbecue-Soße essen?

Bei der gestrigen Weinprobe hatte er seine Meinung ein wenig korrigiert, denn er musste zugeben, dass die originelle Rezeptur das samtige Aroma des Merlots perfekt ergänzte. Sowohl seine amerikanischen als auch die internationalen Kunden waren begeistert gewesen.

Unten sah er Calandra durch die Menge huschen und mit Argusaugen alles überwachen. Sie hatte alles im Griff – von den Kerzen bis zu den großen Vasen mit spanischen Hasenglöckchen und weißen Nelken. Wie immer.

Er wollte sich gerade wieder zum großen Bogenfenster umdrehen und noch kurz den Ausblick auf die Skyline genießen, als ihm eine Frau ins Auge fiel, die durch die Menge glitt. Ihre selbstbewussten, anmutigen Bewegungen und das schulterlange blonde Haar weckten sein Interesse. Irgendetwas hob sie von den anderen Partygästen ab.

Die Menge teilte sich für einen Moment, und er konnte sie unter sich sehen, im goldenen Licht der Kronleuchter. Unvermittelt hob sie den Kopf, und ihre Blicke trafen sich.

Trotz der Entfernung schoss Hitze durch sein Blut. Wer war diese Frau? Und warum fühlte er sich schlagartig zu dieser Unbekannten hingezogen, nachdem ihn schon seit Monaten keine Frau mehr gereizt hatte?

Die Frau wandte den Blick ab und verschwand wieder in der Menge. Sein Blick verengte sich. Er war es nicht gewohnt, dass Frauen ihm die kalte Schulter zeigten. Er hatte nicht nur das gute Aussehen seines Vaters und das Vermögen seiner Familie geerbt, ihm eilte auch der Ruf voraus, dass keine Frau sein Bett unbefriedigt verließ.

Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. Es wäre einmal eine Abwechslung, eine Frau zu verführen, die ihn mit einem Blick abgetan hatte. Und Abwechslung war vielleicht genau das, was er brauchte.

„Versteckst du dich, Bruderherz?“

Adrian verdrehte die Augen und wandte seine Aufmerksamkeit Alejandro zu. Sein jüngerer Bruder kam auf ihn zu, und der maßgeschneiderte Smoking spannte über seinen breiten Schultern. Zwar hatten beide das dunkle Haare und die markanten Gesichtszüge der Cabreras, doch Alejandros gedrungenere Figur hatte schon manchen Schneider zur Verzweiflung getrieben.

Sein bulliges Aussehen kam ihm jedoch bei der Leitung von Cabrera Shipping zugute. Alejandro war sich nie zu schade, auf einen der Frachter über den Atlantik zu springen und mit anzupacken, wenn Not am Mann war.

„Ich verstecke mich nicht. Ich nehme mir nur eine kleine Auszeit“, erwiderte Adrian, während er der Party den Rücken zukehrte und zum Fenster ging.

Alejandro stellte sich neben ihn. „Ich habe Jackie Harold die Treppe hinunterstürmen sehen. Du sollst die Frauen verführen, nicht verschrecken.“

Adrian ignorierte die Stichelei seines Bruders und ließ den letzten Rest Wein in seinem Glas kreisen. „Der Cabrera Merlot ist ein voller Erfolg.“

Das spöttische Lächeln verschwand aus Alejandros Gesicht, und er klopfte seinem Bruder auf die Schultern. „Allerdings. Glückwunsch, Bruderherz.“

Für einen Moment standen sie nebeneinander und blickten auf New York. Auch wenn Adrians Herz für Spanien schlug, boten die Abstecher nach Amerika immer eine willkommene Atempause vom hektischen Leben in seiner Heimat.

Unter Adrians Führung war Cabrera Wine von einem kleinen Familienbetrieb zu einer internationalen Marke gewachsen, und der Erfolg hatte seinen Preis. Sein mit Meetings und Geschäftsreisen gefüllter Terminkalender ließ wenig Zeit für Vergnügen. Doch die Firma hatte Vorrang. Das hatte er vor elf Jahren für sich beschlossen und seither keinen Blick zurückgeworfen.

„Wie geht’s Antonio?“

Alejandro lachte leise. „Brüderchen feiert den Erfolg seines jüngsten Coups mit einem Model in der Karibik.“

Der jüngste Cabrera-Bruder, der berüchtigt war für seine Ausschweifungen, hatte alle überrascht, als er die Kontrolle über eine kleine Immobilienfirma übernommen hatte, die in Familienbesitz war. Die Eröffnung eines Luxushotels an der französischen Riviera war das dritte erfolgreiche Projekt in Folge seit seiner Übernahme vor drei Jahren.

Stolz erfüllte Adrians Brust. Nichts und niemand konnte die Erfolge der drei Brüder schmälern.

Madre macht sich natürlich Sorgen, aber sie tut immer noch so, als wäre er fünf und nicht fast dreißig.“

Die Erwähnung ihrer Mutter überschattete Adrians Freude für einen Moment, doch er versuchte, sich wieder auf die Energie und das Gelächter im Ballsaal zu konzentrieren.

All das hatte er selbst erreicht. Abgesehen von gelegentlichen Besuchen war für seine Mutter kein Platz in seinem Leben.

„Antonio kann auf sich selbst aufpassen“, sagte er.

Alejandro hörte den drohenden Unterton in Adrians Stimme und wechselte schnell das Thema. „Kommst du wieder mit nach unten?“

„Gleich. Aber erst trinke ich meinen Wein aus. Allein.“

Alejandro hob die Hände. „Ich gehe ja schon. Und während du die Einsamkeit genießt, halte ich Ausschau nach einer schönen Frau, mit der du auf deinen Erfolg anstoßen kannst“, rief er über die Schulter.

Adrian ignorierte den Seitenhieb. Ja, sein Bruder hatte recht. Seit seiner letzten Affäre reizte ihn niemand mehr. Der neue Merlot hatte ihn jede Stunde des Tages in Anspruch genommen, manchmal sogar die Nächte. Er hatte keine Zeit für Sex. Und da der Tempranillo fast reif war, würde er nächstes Jahr noch weniger Zeit haben.

Doch auch wenn er Beziehungen mit festgelegten Regeln bevorzugte, war eine leidenschaftliche Nacht vielleicht genau das, was er jetzt brauchte.

Allerdings nicht mit einer Frau wie Jackie, fügte er im Stillen hinzu. Sondern mit einer, die intelligent, klug und gebildet war.

„Mr. Cabrera?“

Die heisere Frauenstimme strich zärtlich über seine Haut. Er trank demonstrativ noch einen Schluck Wein, bevor er sich zu der zweiten Frau umdrehte, die es an diesem Abend wagte, ihn zu behelligen.

Sie.

Die Blondine, mit der er Blickkontakt gehabt hatte, bevor er mit Alejandro gesprochen hatte, stand vor ihm.

Der V-Ausschnitt ihres dunkelblauen Kleids reichte bis zum silbernen Band um ihre schmale Taille. Von dort bauschte sich der Stoff zu einem wallenden Rock, der Adrian an das Mittelmeer vor einem Sturm erinnerte.

Betont langsam ließ er den Blick zu ihrem Gesicht zurückwandern. Volle, silberblonde Locken betonten ihre zarten Gesichtszüge. Veilchenblaue Augen erwiderten seinen Blick, und ihre karamellfarbenen Lippen waren aufeinandergepresst.

„Ja“, erwiderte er endlich, seine Stimme – trotz der Wirkung, die diese Frau auf ihn hatte – betont kühl.

Sie machte einen Schritt auf ihn zu und streckte die Hand aus, an der sie einen schlichten, silbernen Armreif trug.

Adrian ergriff sie, angenehm überrascht von ihrem festen Händedruck.

„Ich heiße Everleigh Bradford. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Merlot. Er ist ausgezeichnet.“

„Danke.“ Er zog fragend die Augenbrauen hoch. „Ihr Kompliment freut mich, aber war es dafür nötig, die Absperrung dieses Bereichs für die Öffentlichkeit zu ignorieren und meine Privatsphäre zu stören?“

Everleigh reckte das Kinn, und ihre Augen funkelten trotzig. „Ja.“

Faszinierend … Es gab genug Männer, die beim kleinsten Zeichen seines Missfallens zurückschreckten. Nicht so diese Frau.

„Sie sind ein viel beschäftigter Mann, Mr. Cabrera. Ich muss Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Es tut mir leid, wenn ich störe, aber ich brauche unbedingt einen Moment allein mit Ihnen.“

Ihre Ehrlichkeit war erfrischend. Eine Nacht mit einer frechen, schönen Frau wie Everleigh würde ihn für die Enthaltsamkeit der vergangenen Monate mehr als entschädigen.

Er legte all seine Verführungskünste in sein Lächeln, als er sie erneut von Kopf bis Fuß musterte, diesmal voller Anerkennung. „Ich hätte nichts gegen einen Moment allein mit Ihnen einzuwenden.“

Everleigh errötete, und Adrian stutzte. War sie wirklich so unschuldig, oder tat sie nur so? Sie wäre nicht die Erste, die so ein Theater inszenierte, um seine Aufmerksamkeit zu ergattern.

„Hier geht es nicht um Sex, Mr. Cabrera.“

„Adrian.“

Ihre Lippen öffneten sich. „Ich … Wie bitte?“

„Bitte nennen Sie mich Adrian.“

Ihre wunderschönen veilchenblauen Augen wurden schmal. „Hier geht es ums Geschäft, Mr. Cabrera. Vornamen sind für Freunde und Familie.“

„Vielleicht werden wir ja Freunde, Everleigh.“

Was war nur los mit ihm? Normalerweise flirtete er nicht so plump mit Frauen. Er verführte sie mit Komplimenten, Berührungen … Doch bei dieser Frau konnte er einfach nicht anders.

„Wir werden niemals Freunde sein, Mr. Cabrera“, konterte Everleigh scharf. „Ich bin hier, um mit Ihnen über den geplanten Kauf von Fox Vineyards zu reden.“

Sein Verlangen verpuffte, ersetzt durch das kalte Kalkül, mit der er alles Geschäftliche handhabte. „Dann reden Sie.“

Er sah, wie sein plötzlicher Sinneswandel sie aus dem Konzept brachte. Sie schaute sich im Ballsaal um, und ihre Brust hob und senkte sich, als sie tief durchatmete. Er wartete, ohne sie aus den Augen zu lassen. Das war eine Taktik, bei der schon manch nervöser Geschäftspartner eingeknickt war.

Endlich wandte sie sich ihm wieder zu und durchbohrte ihn mit einem wütenden Blick. „Sie versuchen, meinen todkranken Vater einzuschüchtern, damit er Ihnen das Weingut verkauft, das seit Generationen in Familienbesitz ist. Ich möchte, dass Sie meinen Vater ab sofort in Ruhe lassen und stattdessen mit mir verhandeln.“

Er trank den letzten Schluck Merlot, während er ihre Worte sacken ließ. Er hatte sich ein paarmal mit Richard Bradford getroffen, um über den Verkauf von Fox Vineyards an Cabrera Wine zu verhandeln. Beim letzten Mal war der alte Mann dünner gewesen als sonst, doch Adrian hatte es auf seinen stressigen Job geschoben.

Die Weine von Fox Vineyards aus dem New Yorker Hinterland hatten in den letzten beiden Jahren sehr an Beliebtheit gewonnen. Es war kein Geheimnis, dass Cabrera Wine in die USA expandieren wollte, und als Richards Anwalt ihn kontaktiert hatte, weil er Fox verkaufen wollte, war das ein willkommenes Angebot gewesen. Mit keinem Wort hatte Richard erwähnt, dass er krank war oder eine verwöhnte Tochter hatte, die die Firma übernehmen wollte.

Es spielte keine Rolle. Adrian hatte nicht vor, sich die Gelegenheit entgehen zu lassen, nur um diese dreiste junge Frau zu besänftigen.

„Nur damit ich das richtig verstehe, Miss Bradford: Sie denken, ich würde Ihren Vater nötigen, mir Fox Vineyards zu verkaufen?“

„Ja.“ Ihre Augen glänzten.

Lieber Gott, bitte keine Tränen.

Adrian hatte kein Interesse daran, vor den Augen Hunderter Gäste eine weinende Frau zu trösten.

„Verstehe. Haben Sie mit Ihrem Vater darüber gesprochen, wie wir ins Geschäft gekommen sind?“

Everleighs Hände ballten sich zu Fäusten. „Er weigert sich, darüber zu reden. Er sagt nur, er hätte keine Wahl gehabt. Sie mögen ein erfolgreicher Geschäftsmann sein und in gewissen Kreisen sehr angesehen, aber ich weiß auch, dass Sie skrupellos sind. Ich werde nicht zulassen, dass Sie meine Familie von unserem eigenen Weingut vertreiben.“

Mit betont langsamen, bedächtigen Bewegungen stellte Adrian sein Glas auf einem kleinen Beistelltisch ab, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er innerlich kochte. Er mochte ein knallharter Geschäftsmann sein, aber er war nicht herzlos. Die Anschuldigungen dieser neureichen Amerikanerin machten ihn wütend.

„Miss Bradford, ich könnte Sie wegen Verleumdung einsperren lassen.“

Everleighs Kinnlade klappte runter. „Leugnen Sie etwa, dass …“

„Dass ich einem Mann drohe, der in der Wein-Branche hohes Ansehen genießt? Ja, das leugne ich, denn es ist nicht wahr.“

Er beugte sich vor und rechnete damit, dass sie zurückweichen würde, doch das tat sie nicht. Nein, sie reckte ihr trotziges Kinn noch ein Stück höher, sodass ihre Lippen nur einen Atemzug entfernt waren. Er wurde von dem Verlangen gepackt, sie an sich zu ziehen und zu küssen, bis sie sich bei ihm entschuldigte.

Nein. Nie würde er eine Frau küssen, die ihm so wenig Respekt entgegenbrachte.

„Werfen Sie mir nie wieder etwas vor, das ich nicht getan habe, Everleigh Bradford. Heute lasse ich Sie noch davonkommen, aber nächstes Mal werde ich nicht so großzügig sein.“

2. KAPITEL

Everleigh starrte Adrian Cabrera nach, die Hände so fest zu Fäusten geballt, dass sich ihre Fingernägel in die Handflächen bohrten.

Tief durchatmen …

Der Mann trieb sie zur Weißglut. Keine der Geschichten, die sie über ihn gehört hatte, hatte sie auf diese Begegnung vorbereitet. Bei ihrer Recherche hatte sie im Internet viele Bilder von ihm gesehen. Braunes, lässig aus der Stirn zurückgekämmtes Haar und ein ernstes Gesicht. Breite Schultern und ein markantes Kinn mit einer kleinen Kerbe. Gemeißelte Wangenknochen, dicke Augenbrauen über stechend blauen Augen und volle Lippen, die sich nur selten zu einem Lächeln verzogen.

Als er sie angelächelt hatte, war sie daher völlig unvorbereitet gewesen auf das heiße Gefühl, das zwischen ihre Beine schoss.

Vielleicht sollte sie mehr ausgehen, wenn schon ein einfaches Lächeln eine solche Wirkung auf sie hatte.

Sie löste die Fäuste und ging mit bedächtigen Schritten zur Brüstung. Ihr Selbstbewusstsein schwand, als sie die Pracht in sich aufnahm. Sie war noch nie von so viel Luxus umgeben gewesen. Wie sollte ein Mädchen aus dem New Yorker Hinterland es mit einem Mann aufnehmen, der mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden war?

Unter ihr tummelten sich locker achthundert Gäste mit Diamantarmbändern von Cartier und Rolex-Uhren und nippten an ihren Kristallgläsern. Die Band, die gerade die Bühne betrat, führte seit drei Wochen die Charts an. Gott weiß, wie viel sie wohl dafür bekamen, im großen Ballsaal aufzutreten statt vor ausverkauftem Stadion?

Die Familie Cabrera hatte offenbar mehr Geld, als sie ausgeben konnte. Warum also hatte Adrian Cabrera es auf Fox Vineyards abgesehen?

Der Familienbetrieb gehörte zu ihrem Leben, so lange sie denken konnte. Als ihre Mutter an Krebs starb und sie noch zur Schule ging, war Fox ihre Rettung gewesen. Die Arbeit auf dem Weingut hatte das Loch in ihrem Herzen gefüllt, das ihre Mutter hinterlassen hatte. Nach dem College hatte sie in der Marketing-Abteilung angefangen, vor zwei Jahren war sie zur Marketing-Leiterin befördert worden, und es war nur eine Frage der Zeit, bevor sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten würde.

Ihr Magen zog sich zusammen. Doch ihr Vater hatte alles zunichtegemacht, indem er an einen verwöhnten, reichen Spanier verkauft hatte, ohne vorher mit ihr darüber zu reden. Als sie nicht lockerließ, hatte er nur gesagt, sie bräuchte mehr in ihrem Leben als Fox Vineyards.

Klar, der Job ließ wenig Zeit für soziale Kontakte. Doch auch wenn ihr Vater davon nichts wusste, hatte sie genug Dates mit attraktiven Männern.

Adrian Cabrera war jedoch ein anderes Kaliber als die Männer, mit denen sie es normalerweise zu tun hatte. Als sie ihn auf dem Balkon entdeckt hatte, war er ihr vorgekommen wie ein Monarch, der auf sein Königreich hinunterblickt.

Der schwarze Smoking war ihm auf den athletischen Leib geschneidert, und obwohl sie Absätze trug, hatte er sie noch überragt, als er ihr gegenüberstand und sich mit diesem kalten Blick zu ihr vorbeugte. Nur wenige Augenblicke zuvor jedoch hatte darin noch ein sinnliches Feuer gebrannt. Schon bei der Erinnerung daran wurde ihr heiß …

Vergiss es, Ev.

Sie widerstand dem Wein, den ein Kellner auf einem Tablett vorbeitrug, und nahm sich stattdessen ein Glas Wasser vom Büfett. Die eiskalte Flüssigkeit kühlte die unverhoffte Glut ein wenig ab und brachte sie zur Besinnung.

Ja, es war beinah ein Jahr her, seit sie und ihr letzter Freund sich getrennt hatten. Aber One-Night-Stands mit Fremden waren nichts für sie – schon gar nicht mit dem Mistkerl, der ihrem Vater alles nehmen wollte, was ihm lieb und teuer war.

Die letzte Begegnung mit ihrem Vater fiel ihr wieder ein. Die Leukämie hatte diesen einst respekteinflößenden, scharfsinnigen Mann zu einem Schatten seiner selbst gemacht.

Die Band fing an zu spielen und riss sie aus ihren Erinnerungen. Ihr Vater weigerte sich noch immer, ihr zu sagen, warum er beschlossen hatte, an Adrian Cabrera zu verkaufen, doch so leicht gab sie nicht auf. Vielleicht war sie mit ihren Anschuldigungen etwas voreilig gewesen und hatte die erste Begegnung vermasselt, aber sie hatte sich nicht umsonst in Schale geworfen.

Sie atmete tief durch, drückte die Schultern zurück und stieg die elegante Treppe zum Ballsaal hinunter.

Adrian nahm sich ein weiteres Glas Merlot von einem der vorbeischwebenden Silbertabletts. Was er nach der Begegnung mit Everleigh Bradford eigentlich gebraucht hätte, war ein Whisky.

Er riskierte einen Blick zur Balustrade. Die Frau war verschwunden. Wenn sie vernünftig war, verschwand sie auf Nimmerwiedersehen. Er würde Richard Bradford nicht für die Aktion seiner Tochter bestrafen, doch er würde auf jeden Fall ein ernstes Wort mit ihm reden. Was zum Teufel hatte er Everleigh erzählt?

Er wollte gerade an seinem Wein nippen, als er sie im Ballsaal entdeckte. Er lehnte sich an die Wand und beobachtete, wie sie ihr Kleid glatt strich, bevor sie in die Menge eintauchte und sich suchend umsah.

Nach ihm.

Er musste lächeln, obwohl es ihm einen Stich versetzte. Sie war genau wie alle anderen, die ihm nachliefen – nicht weil sie ihn wollten, sondern weil sie sich etwas von ihm versprachen.

Noch eine Nicole.

Seine einziger Versuch einer Beziehung war nach nicht mal sechs Monaten mit fliegenden Fahnen untergegangen. Er war schon vor Nicole kein Fan von Beziehungen gewesen. Ihre Intrigen und ihr dramatischer Auftritt an dem Abend, als er die Sache beendet hatte, festigten seinen ewigen Junggesellenstatus.

Unter ihm blieb Everleigh stehen, um ein Pärchen an einem der runden Tische zu begrüßen. Der Mann sagte etwas zu ihr, und sie warf lachend den Kopf zurück, sodass die blonden Strähnen ein Eigenleben zu führen schienen.

Er betrachtete Everleighs herzförmiges Gesicht. Verglichen mit vielen anderen Frauen hier trug sie wenig Make-up. Sie war eine Naturschönheit, und ihr Lachen war nicht affektiert, sondern echt. Offenbar war sie mit einer Mission hergekommen, doch in diesem Moment, da sie sich unbeobachtet glaubte, erhaschte er einen Blick auf die Frau dahinter, und er war fasziniert.

Vielleicht sollte er mit ihr reden.

Jedenfalls war seine Neugier geweckt. Er wollte wissen, warum sie hier war. Vielleicht konnten sie die Sache aus der Welt schaffen, wenn Everleigh sich bereit erklärte, die Nacht mit ihm zu verbringen …

Everleigh traf auf bekannte Gesichter, als sie die Menge nach Adrian absuchte. Neil Mikaelsen, der Sommelier eines beliebten New Yorker Restaurants. Alesha und Ben Gaiman, denen ein bekanntes Weingut in Missouri gehörte.

Obwohl die Weinindustrie Kontinente umspannte, war sie wie eine große Familie, und man begegnete einander mit Respekt. Schade, dass Adrian Cabrera dafür das Gespür fehlte.

Die wenigen Menschen, mit denen sie über ihn geredet hatte, sprachen in höchsten Tönen über seinen Erfolg, nicht aber über ihn selbst. Er galt als arrogant, kalt und distanziert.

Sie sah sich erneut im Ballsaal um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Der Mann musste fast zwei Meter groß sein, wie war es möglich, ihn zu übersehen?

Sie hatte gerade Cora und Cole Owens zur Hochzeit ihrer Tochter gratuliert, als sie am üppigen Büfett mit den Desserts vorbeikam. Gourmetschokolade mit eingegossenem Karamell und Himbeeren, Schokoladensoufflé und eine Kristallschale, in der sich mit Puderzucker bestäubtes Gebäck stapelte – laut einem schwarzen Schild mit goldener Schrift handelte es sich um polvorones.

Darunter stand in kleinerer Schrift:

Meine Großmutter hat früher jedes Wochenende in ihrer winzigen Küche polvorones gebacken. Ihr zu Ehren reichen wir die „Staubkekse“ auf allen Cabrera Wine Events. Adrian Cabrera.

Überrascht von dieser kleinen Sentimentalität nahm sie eins der Teilchen und biss hinein.

Eine Explosion aus Zimt und Schokolade zerschmolz auf ihrer Zunge und ließ sie innerlich erbeben. Zwar hatte sie keine Ahnung von Sex, aber so ungefähr musste es sich anfühlen.

„Lecker?“

Sie öffnete die Augen. Vor ihr stand Adrian Cabrera, die Hände lässig in den Taschen.

Everleigh schluckte schnell, während ihr Mund unter seinem prüfenden Blick trocken wurde.

„Mmmh … ja.“ Sie lächelte zaghaft. „Möglicherweise das beste Gebäck, das ich je gegessen habe.“ Sie deutete auf das Schild. „Und ich finde das toll. Dass Sie Ihre Großmutter auf diese Weise ehren.“

In seinen dunklen Augen flackerte etwas auf, das sie nicht lesen konnte.

„Sie haben mich gesucht.“

Benimm dich, Everleigh, hörte sie die Stimme ihres Vater sagen. Sie verkniff sich eine spitze Bemerkung darüber, dass man sich bedankte, wenn man ein Kompliment bekam.

„Habe ich das?“

„Ja.“

Arroganter Mistkerl. Sie biss sich auf die Zunge. Ihr erster Impuls war, diesen attraktiven, aber unverschämten Mann in seine Schranken zu weisen, doch diesmal riss sie sich zusammen. Dass sie eine zweite Gelegenheit bekam, mit ihm zu reden, war ein Segen.

„Ich wollte mich für meine harten Worte entschuldigen“, brachte sie hervor.

Er neigte den Kopf. „Wirklich?“

Sie knetete ihre Hände und senkte den Blick. „Normalerweise bin ich nicht so unhöflich. Die Gesundheit meines Vaters …“ Sie spürte einen Kloß im Hals und schluckte schwer. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Tränen, und Adrian Cabrera wirkte nicht wie jemand, der Schwäche verzieh. „Ich habe voreilige Schlüsse gezogen.“

Als das Schweigen zwischen ihnen unbehaglich wurde, schaute sie wieder auf. Für eine gefühlte Ewigkeit, wahrscheinlich aber nur zehn Sekunden, starrten sie sich an. Die Energie zwischen ihnen veränderte sich, und Everleigh geriet auf ihren hohen Absätzen fast ins Schwanken. Die Anziehungskraft zwischen ihnen traf sie wie ein Blitz, und verbotene Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Bilder tauchten vor ihrem inneren Auge auf, von seiner bronzefarbenen Haut, von nackten, ineinander verschlungenen Gliedmaßen.

Ihre Wangen wurden heiß, und sie hielt eine Hand an ihr Gesicht, als könnte sie ihre Reaktion so verbergen.

Dem trägen Lächeln nach zu urteilen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, wusste er genau, was ihr durch den Kopf ging.

Es gab Applaus, als die Band ihren Song beendete. Dann wurde das Licht im Ballsaal gedimmt, und die ersten Töne einer Ballade erfüllten den Raum.

„Tanzen Sie mit mir.“

Sie starrte ihn mit offenem Mund an. „Was?“

„Dies ist eine Party, was ist daran so abwegig?“

„Wie ich schon sagte, Mr. Cabrera, bin ich hier, um übers Geschäft zu reden. Ich habe nicht die Absicht, mich zu amüsieren.“

Autor

Emmy Grayson
<p>Emmys Begeisterung für Romances begann, als sie die legendären Nancy Drew Krimiromane las, in denen die gleichnamige Heldin allerhand mysteriösen Fällen auf die Spur ging. Dabei blätterte Emmy beim Lesen immer wieder zu den romantischen Kapiteln mit Ned Nickerson zurück. Mehr als 20 Jahre später machte Harlequin Presents ihren Traum...
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