Tiffany Sexy Band 57

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MIT VOLLGAS IN DEN SIEBTEN HIMMEL von GREEN, CRYSTAL
Freiheit und Abenteuer! Lucy und ihre Freundin Carmen wollen die legendäre Route 66 entlangfahren. Doch kaum haben sie ihre Tour begonnen, lernt Lucy einen unwiderstehlichen Mann kennen - bei dem sie sofort einen längeren Zwischenstopp einlegt …

PARTYS, SEX UND NOCH VIEL MEHR von WARREN, NANCY
Glamour, Shows, Blitzlicht: Die Moderedakteurin Kimi genießt die Fashionwoche in Paris - und ihre heiße Affäre mit dem Fotografen Holden MacGreggor. Noch ahnt sie nicht, dass ihr Lover keineswegs ein Fotograf ist, sondern ein Detektiv, der undercover ermittelt …

HAPPY HOUR UM MITTERNACHT von OREILLY, KATHLEEN
Oh, dieses Prickeln! Die hübsche Barkeeperin Tessa kapituliert: Sie verbringt mit Gabe O’Sullivan, ihrem besten Freund und Boss zugleich, eine sinnliche Nacht. Nur dieses eine Mal, schwört sie sich! Doch dann kommt die nächste Nacht. Und mit ihr erneut die Lust …


  • Erscheinungstag 08.03.2009
  • Bandnummer 0057
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952243
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

CRYSTAL GREEN

Mit Vollgas in den siebten Himmel

Ferien von den Männern! Lucy und Carmen haben für ihren Urlaubstrip auf der Route 66 die besten Vorsätze. Aber schon beim ersten Stopp trifft Lucy einen unwiderstehlichen Cowboy, so süß und sexy, dass sie kurzerhand die Nacht mit ihm verbringt. Auch Carmen wird überraschend fündig. Und so sitzt am nächsten Tag plötzlich jemand anderes neben Lucy im Auto …

NANCY WARREN

Partys, Sex und noch viel mehr

Kaum landet die Moderedakteurin Kimi in Paris, lernt sie den Fotografen Holden MacGreggor kennen. Mit einem bisschen Stilberatung verwandelt er sich unversehens in ihren persönlichen Traummann, und wenn Partys und Shows vorüber sind, gehören Kimis Nächte nur ihm! Sie ahnt nicht, dass ihr Lover mit der Kamera alles andere als ein Fotograf ist …

KATHLEEN O’REILLY

Happy Hour um Mitternacht

Trockener Martini oder fruchtige Piña Colada? Kein Problem für die hübsche Barkeeperin Tessa. Sie kennt die Rezepte für die gefragtesten Drinks! Bloß der perfekte Cocktail für ihr eigenes Leben ist noch nicht gemixt. Auch wenn klar ist: Gabe O’Sullivan, Tessas sexy Boss, ist neben Liebe, Lust und Verführung die wichtigste Zutat überhaupt!

1. KAPITEL

Es waren nur noch wenige Tage bis zu ihrem dreißigsten Geburtstag, als Lucy Christie eine überwältigende Erkenntnis hatte.

„Genau so verläuft auch mein Leben.“ Sie wandte sich an ihre Reisegefährtin Carmen, mit der sie gerade in einem Diner saß. Dann schaute sie wieder auf den Zeitplan für ihre Reise, die sie auf die Stunde genau geplant hatte. „Ich reise von Punkt A zu Punkt B, und dafür steht mir eine bestimmte Zeit zur Verfügung. Jeder Moment ist exakt vorherbestimmt, und es gibt keine Überraschungen.“

Als sie wieder aufblickte, legte ihre Freundin die Digitalkamera weg und musterte Lucy nachdenklich.

Gerade eben noch hatten sie sich das Poster von Marilyn Monroe an der Wand angesehen und im Takt zu einem alten Song von Petula Clark genickt, und jetzt ging es um Lucys große Sinnkrise.

„Als ich gerade unseren Plan für Reisetag Nummer fünf durchgelesen habe, kam mir die Erkenntnis, dass ich, seit ich schreiben kann, mein Leben haarklein durchgeplant habe. Ich bin einfach langweilig, Carmen, und nur deswegen hat Greg mich verlassen, genau wie alle anderen zuvor auch. Ich bin langweilig, und mit meiner Angst, von meinen Plänen abzuweichen und meine hochgesteckten Ziele nicht zu erreichen, vertreibe ich jeden Mann.“

„So ein Unsinn.“

Doch Lucy wusste, dass es stimmte. Selbst jetzt noch, nach drei Monaten, erinnerte sie sich deutlich an Gregs Abschiedsworte: „Mir kommt es vor, als wären wir schon sieben Jahre verheiratet, dabei sind wir erst seit vier Monaten zusammen“, hatte er gesagt.

Danach hatte sie ihn weggeschickt. Jedes weitere Wort hätte ihr nur wehgetan. Dabei sehnte sie sich doch nur nach einer glücklichen Familie. Küsse am Morgen, zwei Autos in der Garage und im Garten eine Schaukel. Alles sollte genauso wie bei ihren Eltern sein. Viele ihrer Partner hatten das irgendwann gemerkt und sich unter Druck gesetzt gefühlt.

Mitfühlend schaute Carmen sie an. „Du hast nur Panik, weil du dreißig wirst, das ist alles. Ich habe das auch alles durchgemacht.“ Carmen lächelte selbstgefällig und lehnte sich zurück.

An Selbstbewusstsein hat es ihr wirklich noch nie gemangelt, dachte Lucy. Carmen Ferris trug ein modisches Tanktop mit schrillem Aufdruck. Das dichte rot gefärbte Haar reichte ihr stufig bis über die Ohren, und ihre hellbraunen Augen funkelten. Sie schien niemals auch nur im Mindesten an sich selbst zu zweifeln.

Das war schon auf dem College in San Diego so gewesen, wo Lucy Wirtschaftswissenschaften studiert hatte. Sie war Carmen in einem Grundkurs begegnet. Lucy, die sich Mühe gegeben hatte, im Studium nicht groß aufzufallen, war von Carmen angehalten worden, ein bisschen mehr aus sich herauszugehen und sich zu amüsieren. Deshalb hatte Carmen sie gleich mit zu einer Uni-Party geschleppt.

Jetzt richtete Carmen sich auf, atmete den Duft von gegrilltem Fleisch und Pommes frites ein, der in der Luft hing, und blickte suchend durch das Objektiv ihrer Kamera. „Zwei Wochen Spaß in Vegas, und dann fahren wir weiter. Wir haben uns zu diesem Urlaub entschlossen, um uns vor deinem Geburtstag zu amüsieren, vom Arbeitsalltag abzuschalten und dich nach der Katastrophe mit Greg ein bisschen aufzuheitern.“

Sofort fiel Lucy wieder die Trennung ein. Keine ihrer gescheiterten Beziehungen hatte so lange gehalten wie die mit Greg. Vier Monate waren sie zusammen gewesen. Vielleicht machte ihr das Aus deshalb so schwer zu schaffen, weil sie mit dieser Beziehung einen persönlichen Rekord aufgestellt hatte, bis der Mann die Flucht vor ihr ergriffen hatte.

Auch Carmen erholte sich gerade von der Trennung von ihrem Freund, doch sie war mit ihrem Ex über Jahre hinweg zusammen gewesen – eine Ewigkeit, wie Lucy fand.

Seufzend beugte sie sich wieder über ihren Reiseplan. Sie würden die Route 66 entlangfahren und keine Sehenswürdigkeit auslassen. Sie würden in schäbigen Straßenrestaurants ungesundes Essen zu sich nehmen und sich wie in einem Roadmovie fühlen. Lucy studierte noch einmal den Plan, und auf einmal kamen ihr die einzelnen Stopps nicht mehr wie kleine Abenteuer vor – eher wie Punkte, die es abzuhaken galt.

Im Grunde genommen waren auch ihre Liebesbeziehungen nicht mehr gewesen als Pflichtübungen.

Sorgfältig steckte sie den Plan wieder in ihre Ledertasche. So.

Sie hatte den Plan zwar nicht in Fetzen gerissen, aber er war weg. Ging es bei dieser Reise nicht darum, dass sie beide sich von allem befreiten, was sie zu Hause bedrückte?

Carmen sollte ihren Arbeitsalltag in dem Großraumbüro vergessen, in dem sie meistens nichts anderes tat, als im Internet für einen Blog Texte zu verfassen. Vielleicht schaffte Lucy es durch die Reise, ihren Drang, alles regeln und vorausplanen zu wollen, eine Zeit lang zu vergessen.

Seit ein paar Jahren arbeitete sie jetzt in der Personalabteilung einer Softwarefirma und beschäftigte sich dort mit Handlungsanweisungen und Regelungen für die Belegschaft. Anscheinend hatte sie, ohne es zu merken, angefangen, auch in ihren Beziehungen nach diesen strikten Regeln zu leben.

Die Kellnerin kam an ihren Tisch und erkundigte sich lächelnd, ob sie mit ihrer Mahlzeit zufrieden waren.

„Doch, doch“, versicherte Lucy schnell. Sie hatte aufgehört, die Kalorien zu zählen, die sie hier in sich hineinstopfte. Während sie den Bratfettduft einatmete, entspannte sie sich allmählich. Ah, Reisen kann so entspannend sein, dachte sie. Der dreißigste Geburtstag ist überhaupt nicht schlimm. Und so langweilig wie zu Hause ist’s hier auch nicht.

Aber konnte sie es wirklich schaffen, sich über Regeln und feste Pläne hinwegzusetzen?

Sie schaute sich um. Dort drüben am Tisch saßen Touristen, und das Pärchen da hinten stritt sich offenbar. In der Sitzecke dahinter saß ein Cowboy, der sich den Hut tief in die Stirn gezogen hatte. Unwillkürlich blieb Lucys Blick an ihm hängen.

Genauso stellte sie sich den typischen Cowboy vor. Sein Gesicht lag im Schatten der Hutkrempe, und der Mann wirkte sehr geheimnsivoll. Lucy glaubte sehen zu können, das der Fremde blaue Augen hatte. Sein Kinn war unrasiert. Er trug ein T-Shirt, alte Jeans und Cowboystiefel. Den Teller vor sich hatte er bereits leer gegessen.

Breite Schultern, groß und muskulös … Lucy wurde warm, und sie merkte, dass sie ihn anstarrte – und dass er zurückstarrte.

War das Angst oder Erregung, was sie da gerade wie ein Blitz durchfuhr?

Lucy hielt den Atem an und konnte kaum glauben, dass ihr zwischen den Schenkeln heiß wurde.

Eigentlich hatte sie ein ganz entspanntes Verhältnis zu Sex, aber sie schlief nur mit einem Mann, wenn sie in ihn verliebt war. Normalerweise geschah das im ersten Monat ihrer Beziehung. Im Verlauf des zweiten Monats war dann meist schon Routine im Bett eingekehrt, nichts Aufregendes passierte mehr, aber es war nett.

Dass ihre Reaktion jetzt …

Hastig wandte sie sich wieder ihrem Clubsandwich zu und tat so, als habe sie den Fremden gar nicht bemerkt. Dass ihr Herz schneller schlug, lag sicher daran, dass sie es aufregend fand, so weit weg von zu Hause zu sein.

Sie rutschte etwas nach vorn, was das lustvolle Prickeln nur noch steigerte. Lucy spürte, dass sie feucht wurde.

Am besten aß sie einfach auf und achtete nicht auf ihre Empfindungen. Schließlich war sie wegen des Essens im Diner. Und bevor sie im MGM-Hotel übernachteten, wollte sie sich mit Carmen noch die Geisterstadt Calico anschauen. Ihr Zeitplan war straff und sah keinerlei Flirts vor.

Oder sollte sie sich die Zeit einfach nehmen?

Lucy trank einen Schluck von ihrem Kirschshake und versuchte, nicht zu dem Cowboy zu blicken. Sonst würde sie nur noch erregter.

Ob er immer noch zu ihr hinschaute?

Gerade als sie das herausfinden wollte, wurde ihre Aufmerksamkeit auf die Eingangstür gelenkt. Sieben junge Studenten um die zwanzig polterten herein und machten es sich in einer Sitzecke in der Nähe von Lucy und Carmen bequem. Carmen ließ ihre Gabel, auf die sie gerade ein Stück Hühnchen aufgespießt hatte, sinken und musterte die Neuankömmlinge interessiert.

Einer aus der Gruppe erwiderte Carmens Blick. Der junge Mann war groß und schlank, und sein blondes Haar fiel ihm fast in die grünen Augen.

Vernehmlich räusperte sich Lucy und aß von ihren Pommes frites.

„Was denn?“ Betont unschuldig wandte Carmen sich ihrer Freundin zu. „Gucken ist doch nicht verboten.“

Lucy lachte. „Das wäre ja Kinderschändung. Der lag ja noch fast in den Windeln, als du auf die Highschool kamst.“

„Ja, mach mir nur meine Träume kaputt.“ Carmen aß weiter, aber erst, nachdem sie ihren halb leer gegessenen Teller fotografiert hatte. Dieser Urlaub bot ihr reichlich Stoff für ihren Internet-Blog. „Da stehe ich kurz vor meiner ersten Urlaubsaffäre, und du zerrst mich auf den Pfad der Tugend zurück.“

In dem Moment verspürte Lucy ein Kribbeln im Nacken, fast so, als könnte sie den Blick des Cowboys spüren.

Schau nicht hin, befahl sie sich, obwohl die Neugier sie fast umbrachte. „Irgendwer muss ja auf dich aufpassen. Deine Familie wird mir dankbar sein.“

„O je.“ Carmen seufzte. Ihr Vater war ein typischer Nordstaatler, nüchtern und sachlich, ihre Mutter dagegen, in deren Adern mexikanisches Blut floss, gab viel auf Traditionen. Carmens vier Schwestern konnten bereits Ehemänner und Kinder vorweisen, und genau das wurde auch von der letzten, noch unverheirateten Schwester erwartet. „Als ob ich jemals auf Mamas Flehen hören und zu Malcolm zurückkehren würde!“

Obwohl Carmens Ex sie vor ein paar Monaten gleich mit mehreren Frauen betrogen hatte, stand der alte Macho bei Carmens Mutter immer noch hoch im Kurs, denn Carmen hatte sich bislang noch nicht getraut, ihrer Mom zu erzählen, dass Malcolm nicht der perfekte Schwiegersohn war, als der er sich nach außen hin präsentierte.

Während der Fahrt durch die Wüste wollte Carmen darüber nachdenken, wie sie ihrer Familie am besten beibrachte, dass Malcolm endgültig aus ihrem Leben gestrichen war.

„Vielleicht hättest du nicht verkünden sollen, du bräuchtest ein paar Wochen, um herauszufinden, ob du dich mit Malcolm wieder versöhnen willst“, wandte Lucy ein. „Jetzt machen deine Mutter und deine Schwestern sich Hoffnung, obwohl keinerlei Anlass dazu besteht.“

„Ich brauche nur Zeit, um all die Veränderungen zu verkraften, die der Bruch mit Malcolm mit sich bringt. Außerdem hat er mich angefleht, Mama nicht den Grund für unsere Trennung zu verraten, denn ihm ist genau wie allen anderen klar, wie enttäuscht sie dann von ihm wäre. Warum er allerdings glaubt, ich könnte ihm verzeihen und wieder zu ihm zurückkehren, ist mir ein Rätsel.“

„Aber dir ist doch wohl klar, dass deine Mutter alle Hebel in Bewegung setzen wird, um euch beide wieder zusammenzubringen, bis du ihr eine bessere Erklärung für die Trennung gibst als ein ‚Malcolm und ich haben uns auseinandergelebt‘!“

„Ja, ich weiß, ich weiß.“ „Natürlich fällt es dir schwer, sie zu enttäuschen.“ Lucy nickte mitfühlend. „Ich kenne dich schließlich.“

„Wirklich?“ Carmen zog die Augenbrauen hoch und drehte sich mit dem Fotoapparat vor dem Gesicht nach rechts zu den Studenten, die gerade alle auflachten.

Lucy sah, dass Carmens Lieblingsstudent merkte, dass er fotografiert wurde. Gut gelaunt lächelte er Carmen zu.

Als sie sich wieder zu Lucy umwandte, fuhr sie sich über die Stirn. „Ganz schön heiß hier in dem Laden.“

Verdammt, dachte Lucy, gerade habe ich angefangen, den Cowboy zu vergessen, und da redet Carmen von Hitze.

Schlagartig wurde ihr wieder heiß, als sie an den Mann dachte, der dort hinten in der Ecke saß.

Sie konnte nicht widerstehen, sie drehte sich um.

Die Sitzecke war leer.

Enttäuscht wandte sie sich wieder um. Flirten ist ohnehin nicht meine Stärke, dachte sie. Normalerweise überspringe ich immer das lustige Geplänkel und stürze mich gleich in den ernsthaften Teil der Beziehung.

Warum war sie nicht so selbstsicher wie Carmen? Vielleicht konnte sie auf dieser Reise in dieser Hinsicht etwas von ihr lernen.

Ihre Freundin fotografierte den jungen blonden Mann schon wieder, und er machte mit seiner Kamera jetzt offensichtlich ein Bild von Carmen.

Er hatte einen sehr teuren Fotoapparat, wie ihn Profis benutzten.

Lachend knipsten beide drauflos. Dann kam er zu den beiden Frauen herübergeschlendert. Seine Freunde und Freundinnen johlten und pfiffen ihm nach, doch er winkte nur ab.

„Du hast mich im Visier“,sagte er lachend, als er vor Carmen stand.

„Du mich doch auch“, stellte Carmen belustigt fest. Ihre Augen funkelten.

Lucy war immer noch warm vom Blickkontakt mit ihrem Cowboy, aber dies hier war Carmens Flirt. Lucy verkniff sich ein Lächeln. Beobachte genau und lerne, sagte sie sich und hatte auf einmal das Gefühl, die alte, ständig besorgte Lucy hinter sich zu lassen.

„Ich bin Eddie.“ Er hielt Carmen die Hand hin.

In diesem Moment rief jemand aus seiner Gruppe „Edward, komm wieder zurück, du Idiot!“ Doch Eddie ignorierte es und fixierte stattdessen Carmen.

Sie stellte erst sich und dann Lucy vor.

Auch Lucy wurde von ihm mit einem charmanten Lächeln bedacht, und die nächste Frage richtete er an sie, so als wolle er sie nicht ausschließen.

„Wollt ihr zwei nach Vegas?“

Unwillkürlich legte Lucy schützend die Hand auf ihre Ledertasche. Ein Fremder brauchte nicht zu wissen, wo sie hinfuhren. Mit ein paar alten Regeln und Gewohnheiten wollte sie brechen – aber nicht mit allen.

Offenbar teilte Carmen Lucys Ansicht nicht, denn sie antwortete: „Ja, das wollen wir. Drei Tage lang werden wir uns an den Pool legen, viel Geld verspielen, und dann fahren wir die Route 66 entlang.“

„Das haben wir auch vor.“ Eddie nickte. „Wir haben gerade Semesterferien und fahren zwar nicht nach Vegas, aber es geht die Route 66 entlang.“ Er hielt seine Kamera hoch. „Fotografieren ist mein Hobby, und auf der Route 66 gibt’s überall Motive. Aber ein paar aus der Gruppe bleiben vielleicht am Lake Havasu, während ich weiterfahre. Das ist noch nicht ganz raus.“

„Paaar-ty!“, rief eine Blondine mit rosigen Wangen vom Nebentisch, die offenbar mitgehört hatte.

Die anderen aus der Gruppe lachten und bestellten sich Bier.

Carmen griff nach ihrem Ananasdrink und spielte mit dem Strohhalm, bevor sie einen Schluck trank. „Semesterferien?

Und angesagte viele Partys?“, fragte sie mit verführerischem Unterton.

Damit wollte Carmen auf sein Alter hinaus, aber Eddie ging nicht darauf ein. Für wie alt mag er uns halten, fragte Lucy sich.

„Ja, Semesterferien“, antwortete er. „Und wenn ihr zwei es nicht so eilig hättet, würde ich euch zu der bescheidenen kleinen Party heute Abend in unserem Motelzimmer im Timberline Inn, in Needles, gleich an der Autobahn einladen.“

Carmen schaute fragend zu Lucy, die mit dem Kopf schüttelte. Sie hatten sich doch einen Reiseplan zurechtgelegt! Wenn sie von diesem Plan abwichen, dann sicher nicht wegen einer Party von Collegestudenten!

Lucy griff nach der Rechnung und gab Carmen mit einem Wink zu verstehen, dass sie zahlen gehen wollte. Anschließend würde sie sich noch im Souvenirshop umsehen, um ihrer Freundin etwas Zeit mit Eddie zu geben, bevor sie sich verabschiedeten.

Auf dem Weg nach Vegas würden ihnen noch viele Eddies begegnen. Vielleicht ist nicht nur einer für Carmen dabei, sondern auch einer für mich, überlegte Lucy.

Sie verabschiedete sich schon mal von Eddie. Kaum war sie aufgestanden, setzte er sich zu der begeisterten Carmen.

Als Lucy am Tisch vorbeikam, an dem der Cowboy gesessen hatte, fragte sie sich, was passiert wäre, wenn sie ihm einfach zugelächelt hätte, so wie Carmen es bei Eddie gemacht hatte.

Sie hätte es einfach riskieren sollen.

Joshua Gray lebte gern zurückgezogen. Mit einer guten Zigarre auf der Veranda seiner Ranch zu sitzen und in den Sternenhimmel hinaufzusehen, das machte ihn zufrieden. Romantische Dinge lagen ihm nicht sehr.

Wenn er auf einer seiner vielen Geschäftsreisen Frauen begegnete, dann genoss er mit ihnen eine gemeinsame Nacht, doch anschließend trennten sich ihre Wege wieder.

Jetzt fragte er sich, wieso er sich nach dem Bezahlen noch länger an der Kasse des Diners aufgehalten hatte. Dadurch hatte er gehört, wie der Junge die beiden Frauen heute Abend in sein Motelzimmer eingeladen hatte.

Leider hatte er, als die drei sich einander vorgestellt hatten, die Namen nicht verstanden.

Joshua hatte sich über sich selbst geärgert: Was ging ihn diese Unterhaltung von Fremden an? Andererseits wusste er genau, wieso er gelauscht hatte. Und warum er jetzt trödelte, anstatt das Diner zu verlassen: Es lag an der Frau mit dem dunklen schulterlangen Haar, diesen unglaublich blauen Augen und den vollen Lippen. Wenn sie ihre Freundin angelacht hatte, hatten sich ihre Grübchen vertieft.

Irgendetwas an dieser Frau hatte Joshua immer wieder hinschauen lassen. Vielleicht lag es an ihrem sanften Lächeln. Oder an ihrem Frühlingskleid.

Er sehnte sich danach, sich wieder als Mann zu fühlen, und dafür war sie genau die richtige Frau. Joshua konnte etwas Selbstbestätigung gut gebrauchen, nachdem er fast das gesamte Familienvermögen in Fielding, Texas, verloren hatte.

Doch er war nicht auf der Suche nach Sex unterwegs. Er wollte nur wieder etwas Klarheit gewinnen. „Die grauen Zellen abkühlen“, wie eine seiner beiden Schwestern es nannte. Die Ranch eine Zeit lang hinter sich zu lassen sollte ihm helfen, sich zu überlegen, wie es weitergehen sollte.

Einerseits wollte er wieder etwas zur Ruhe kommen. Aber andererseits wartete er hier in der Einsamkeit der Wüste auch darauf, dass irgendwann in den nächsten Tagen die Ergebnisse der geologischen Tests kamen, die er auf dem einzigen Stück Land hatte durchführen lassen, das seiner Familie geblieben war. Nur dieses eine Grundstück hatte der selbst ernannte Freund der Familie, Timothy Trent, nicht aufgekauft, als er ihnen so selbstlos angeboten hatte, die Ranch zu kaufen, für sie zu verwalten und sie ihnen zurückzuverkaufen, wenn sie das nötige Geld dafür aufbringen konnten.

Trent hatte Joshua und seine Schwestern belogen. Nachdem er die Grundstücke aufgekauft hatte, waren die laufenden Kosten für den Betrieb angeblich ins Unermessliche gestiegen, und schließlich, so hatte er mit bedauerndem Schulterzucken erklärt, sei er auch nur ein Geschäftsmann und könne das Land nicht mehr zum Ankaufpreis zurückgeben.

Wie naiv Joshua gewesen war! Aber als er nach dem Tod des Vaters das Ausmaß der Misswirtschaft erkannt hatte, hatte er sich ganz darauf konzentriert, die Pferdezucht der Familie wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Und da war ihm das Angebot des Nachbarn gerade recht gekommen.

Hätte er Trent doch bloß nicht vertraut!

Aber wenn Öl auf dem letzten verbliebenen Land gefunden wurde, dann …

Bei der Erinnerung an seinen Ausritt, bei dem er die Öllache entdeckt hatte, ging sein Puls schneller. An jenem Tag war Joshua zu Trent geritten und hatte, ohne den Ölfund zu erwähnen, nachgefragt, zu welchen Konditionen seine Familie und er das übrige Land wie geplant zurückkaufen konnten.

Erst da hatte Trent seine hinterlistige Seite offenbart und sich geweigert, den Grays das Land zurückzugeben.

Obwohl er nichts von dem Öl gewusst hatte.

Und Joshua hatte die Beherrschung verloren und hätte sich beinahe auf Trent gestürzt. Joshua hatte gar nicht gewusst, dass er so wütend werden und solch einen Hass empfinden konnte.

Er war über sich selbst erschrocken und wieder gegangen, bevor er gewalttätig hatte werden können.

Würde er, selbst bei einem Ölfund, jemals genug Geld aufbringen, um das Land seiner Familie von Trent zurückzukaufen?

Der Gedanke an den verlogenen Ranchnachbarn machte Joshua so wütend, dass er sich schnell ablenkte, indem er an die dunkelhaarige Frau dachte. Sofort wurde sein Zorn in andere Bahnen gelenkt.

In dem Souvenirshop gab es von alten Comicfiguren bis zu Plüschtieren alles, was die Popkultur hervorgebracht hatte. Er wollte schon weitergehen, aber dann entdeckte er eine Elvisfigur. Seine jüngere Schwester Darianne liebte Elvis Presley, und über so eine Figur würde sie sich bestimmt freuen.

Er nahm die Figur und schlenderte zwischen den Regalen entlang. Brotdosen, Mützen und Hüte, Spiele und Süßigkeiten …

Ich fahre nur deshalb nicht weiter, weil ich hoffe, die dunkelhaarige Schönheit noch einmal zu sehen, gestand er sich ein. Würde sie seinen Blick erwidern? Würde sie diesmal nicht schüchtern wieder wegsehen?

Gerade als er sich der Kasse näherte, schlug sein Herz schneller, und er wusste, auch ohne sich umzudrehen, dass sie den Shop betreten hatte.

Ja, dort stand sie und betrachtete eine Schürze, die mit Comicfiguren bedruckt war.

Er konnte sich nicht gegen die Gedanken wehren, die ihm beim Anblick der Frau durch den Kopf schossen. Joshua malte sich aus, dass sie seinen Blick erwiderte und ihm gestand, dass sie ihm gefolgt war. Dann würde er ihr den obersten Knopf des Kleids öffnen. Und den nächsten.

Willst du etwas Spaß haben, würde sie ihn mit tiefer sinnlicher Stimme fragen. Willst du vergessen, wovor du wegläufst? Ich kann dich vergessen lassen, Joshua. Durch mich wirst du dein Selbstwertgefühl zurückerlangen.

Dann sah er sie, wie sie ein Glas mit süßen Drops aus dem Regal nahm und betrachtete.

Süß, dachte er. Wahrscheinlich genau das Richtige für einen verbitterten Mann wie mich.

Aber so, wie er sich gerade fühlte, würde er sie nicht ansprechen. Er würde das Geschenk für seine Schwester kaufen und die Frau in Ruhe lassen.

Während er die Elvisfigur bezahlte, versuchte Joshua, all die Wut zu vergessen, die in ihm tobte, weil ihm Triple Oaks, das Land seiner Familie, mehr oder weniger gestohlen worden war.

Mit einem Nicken bedankte er sich bei der Kassiererin und klemmte sich die Tüte mit der Figur unter den Arm.

Er gestand sich ein, dass ihn nur Sex von seinen Sorgen ablenken konnte. Schon früher hatte er als der schweigsame Bad Boy gegolten, der alles für seine Familie tat, aber nie eine feste Freundin hatte. Die Mädchen der Gegend hatten trotzdem versucht, ihn für sich zu gewinnen. Für ihn war es schon immer leicht gewesen, Frauen kennenzulernen. Auf der Highschool, während der Jahre auf dem College und auf seinen Geschäftsreisen.

Dann war jedoch seine Mom gestorben, und als Joshua sah, wie sehr sein Dad sie vermisste, und erkannte, wie stark die Liebe zwischen seinen Eltern gewesen war, wurde ihm bewusst, dass er womöglich etwas verpasste.

Langsam näherte er sich dem Ausgang des Souvenirshops. Was hat es ihn zu kümmern, ob die Frau dort drüben heute Abend einen Wildfremden auf dessen Motelzimmer besuchte? Es ging ihn nichts an, wenn die beiden Frauen sich mit Fremden einließen.

Doch die Brünette stand jetzt vor einem Regal mit Star Wars-Figuren, das sich direkt am Ausgang befand.

Entweder er drängte sich an der Frau vorbei, oder er kehrte um und machte einen Umweg zum Ausgang. Das wäre für ihn auch eine Art Niederlage.

Nein, sagte er sich. Ich nehme den kürzesten Weg.

Sobald er sich der Frau näherte, hob sie den Kopf; fast so, als hätte sie seine Nähe gespürt. An ihrem Blick konnte er ablesen, dass sie ihn wiedererkannte. Also hatte er einen Eindruck bei ihr hinterlassen, wobei unklar war, ob einen guten oder schlechten.

Unvermittelt blieb er stehen. Er konnte nicht weitergehen. Er hörte sein Blut rauschen und merkte, wie es in seinem Unterleib pulsierte.

Nickend tippte er sich an die Hutkrempe und wünschte, er brächte es über sich, jetzt zu lächeln, damit der erschrockene Ausdruck von ihrem Gesicht verschwand.

„Ich beiße nicht, Madam.“ Seine Stimme klang rauer als gewollt.

Sie blinzelte und lachte verlegen auf.

Ja, ich habe Eindruck auf sie gemacht, dachte er. Diese Erkenntnis brachte ihm zumindest einen kleinen Teil seiner Selbstachtung zurück.

Wie würde er sich erst fühlen, wenn er eins mit ihr war?

Bevor er auch nur einen Ton sagen konnte, trat sie zur Seite. „Ich wollte Ihnen den Weg nicht versperren.“

Ihre Stimme war so voller Leben.

Ich werde dieses Land zurückbekommen, dachte er. Und ich werde mich an Timothy Trent rächen. „Keine Ursache.“ Geh, sagte er sich.

Aber stattdessen verharrte er.

Die Frau senkte den Blick wieder – genauso ruhig hatte sie den Blick abgewandt, als der junge Kerl sie und ihre Freundin ins Timberline Inn, das Motel an der Autobahn, eingeladen hatte.

Nein, dachte Joshua, ich kann das nicht einfach schweigend übergehen. „Zufällig habe ich vorhin Ihre Unterhaltung mit dem jungen Mann vom College mitbekommen.“ Er schob sich den Stetson aus der Stirn. „Es geht mich zwar nichts an, aber … Sie sollten vorsichtig sein, auch wenn die Männer Ihnen auf den ersten Blick freundlich erscheinen.“

Langsam hob sie den Blick. Ihre Augen waren so klar und blau wie der Sommerhimmel. Nach kurzem Zögern lächelte sie.

In seine Erregung mischte sich eine Art Beschützerinstinkt. „Es gibt Männer, die suchen nach jungen Frauen auf der Durchreise.“

Sie öffnete den Mund, doch dann zögerte sie. Wenn sie wüsste, dachte er. Eigentlich bin ich es, vor dem sie sich in Acht nehmen muss.

„Danke“, erwiderte sie leise. „Danke für den guten Rat. Wir werden vorsichtig sein.“

Und warum stehst du dann hier und unterhältst dich mit mir, hätte er fast gefragt.

Sie atmete tief durch und lächelte dann.

Er schluckte und hielt sich die Tüte vor den Schritt, damit man ihm die Erregung nicht ansah. „Das Timberline Inn ist kein schlechtes Motel. Ganz bestimmt nicht“, brachte er heraus. „Ich wohne auch dort.“

Schlagartig wirkte sie interessierter „Dann sollte ich mir eher Gedanken um meine Gesellschaft machen und nicht um das Motel, ja?“

„Ich übernachte dort heute, weil ich ein Bett und ein Dach über dem Kopf brauche. In Truckerkreisen heißt es, dort sei es sauber und günstig.“

Sie guckte ihn ein wenig irritiert, aber noch immer interessiert an. „Also dann: Nochmals danke. Gut zu wissen, obwohl wir die Einladung sowieso nicht annehmen wollten.“

„Kein Problem, Madam.“

„Madam.“ Sie wiederholte es flüsternd und lächelte dann ganz unvermittelt. „Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie bei einer Frau meines Alters anrichten, wenn Sie sie ‚Madam‘ nennen?“

„Dann lieber ‚Miss‘?“ Oder war sie verheiratet?

Fast ohne es zu wollen, beugte Joshua sich vor und stützte sich mit der Hand an der Wand neben sich ab. Dadurch kam er der Frau viel näher.

Bildete er sich das nur ein, oder musterte sie tatsächlich kurz seinen Arm und seine Brust, bevor sie ihm wieder in die Augen schaute? Er räusperte sich und richtete sich etwas auf.

„Tja, ich sollte jetzt …“ Sie deutete zum Ausgang.

„Natürlich.“ Er rührte sich nicht, denn es kam ihm vor, als habe sie nicht wirklich vor zu gehen.

„Wir haben heute noch einen weiten Weg vor uns.“

Trotzdem machte sie keine Anstalten zu gehen.

„Wo wollen Sie denn hin?“

„Zurück zur Interstate 15.“ Es klang ausweichend. „Und Sie? Ich meine, morgen?“

Nirgendwohin, dachte er. Einfach nur weg.

Die Sehnsucht nach Erfüllung und Nähe brachte ihn dazu, sich noch weiter zu ihr zu beugen. „Interstate 15? Heißt das, Sie wollen nach Vegas?“

Aus ihrem zweifelnden Blick las er dieselben widersprüchlichen Gefühle, die in letzter Zeit auch in ihm tobten. Überlegte sie gerade, ob sie ihm etwas Persönliches von sich verraten sollte, obwohl er ihrer Frage, wohin er wollte, ausgewichen war?

Die Sehnsucht nach dieser Frau und ihrer Wärme war so stark, dass es fast schmerzte.

Doch dann zog sie sich kaum merklich von ihm zurück. „Wo Sie auch hinfahren, denken Sie immer dran: Nicht mit Fremden reden.“

Sie lächelte kurz, wandte sich ab und ging. Joshua kam es ein bisschen wie eine Einladung vor, doch da war er sich nicht sicher. Joshua Gray stand da, und das Wort „Timberline“ hallte ihm durch den Kopf.

2. KAPITEL

Als Lucy zu ihrem Auto ging, zitterten ihr die Hände vor Aufregung. Das Treffen mit dem Cowboy hatte sie doch stärker aufgewühlt, als sie gedacht hatte.

Ich muss mich auf den nächsten Halt auf unserer Reise konzentrieren, sonst laufe ich noch in den Souvenirshop zurück, dachte sie.

Sie stieg ins Auto und atmete erst einmal tief durch. Der Mann hatte sie erregt, und sie fühlte sich, als sei sie gerade aus einem heißen erotischen Traum erwacht. Ihr Herz raste.

Bei der unerwarteten Begegnung hatte sie wie Carmen beim Flirten gelächelt. Das Lächeln hatte dem Cowboy signalisieren sollen, dass er es riskieren konnte, die Hand auszustrecken und sie zu berühren.

Lucy strich sich über den Arm. Sie hatte eine Gänsehaut. Ihre bisherigen Freunde hatten nicht dieselbe aggressive Männlichkeit ausgestrahlt wie der Cowboy. Das unrasierte Kinn und der durchdringende Blick seiner blauen Augen verliehen ihm eine dunkle, verführerische Ausstrahlung, der sich Lucy nur schwer entziehen konnte.

Für so etwas habe ich keine Zeit, sagte sie sich. Außerdem liegt die letzte Trennung noch nicht lange genug zurück.

Und wenn sie sich einfach unüberlegt in ein Abenteuer stürzte? Würde sie sich dann frei fühlen? Würde sie das glücklich machen?

Nachdenklich lehnte sie den Kopf gegen die Nackenstütze und dachte an den Cowboy, bis ihr ganz heiß wurde. Sie stellte sich vor, er würde sie küssen. Dann würde sie die Bartstoppeln an den Wangen spüren. Er würde ihre Brüste berühren, und sie würde seine Hand tiefer führen, dahin, wo sie sich am meisten nach einer Berührung sehnte.

Die Mittagssonne schien ihr durch die Frontscheibe ins Gesicht, und Lucy verdrängte die Bilder, die vor ihrem geistigen Auge aufgetaucht waren, richtete sich auf und schaltete den CD-Spieler an.

Doch so leicht ließen sich die Gedanken an den Cowboy nicht verdrängen.

Als Carmen zu ihr in den Wagen stieg, wandte sie sich ihrer Freundin zu.

„Auf jeden Fall fahren wir heute Abend in dieses Motel“, verkündete Carmen, lächelte und drehte die Musik leiser.

In diesem Motel übernachtet auch der Cowboy, schoss es Lucy sofort durch den Kopf, doch dann fielen ihr die Reservierungen im MGM-Hotel ein. „Wir können die Zimmer in Vegas jetzt nicht mehr stornieren. Jedenfalls müssten wir in jedem Fall für eine Übernachtung bezahlen, ob wir nun dort schlafen oder nicht.“

„Dann zahle ich eben, Lucy. Wir haben doch Urlaub.“

„Es geht mir nicht ums Geld.“ Lucy hoffte, vernünftig zu wirken, und wandte sich Carmen zu. „Du möchtest also lieber mit ein paar Kids feiern, anstatt dich in Vegas zu entspannen. Vegas. Dort können wir eine Weinprobe machen oder uns den Cirque du Soleil ansehen.“

„Ach bitte.“ Carmen schlug die Augen nieder und lächelte dann. „Von dort aus sind es auch nur fünf Stunden Fahrt. Vegas läuft uns nicht weg. Aber Eddie wartet sicher nicht ewig.“

„Eddie. Verdammt, Carmen, gibt’s denn keine Männer um die dreißig? Sind wir schon so verzweifelt, dass wir uns auf Jugendliche stürzen?“

Carmen runzelte die Stirn, und Lucy erkannte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Oft genug hatte ihre Freundin ihr gesagt, dass sie glaubte, etwas versäumt zu haben, weil sie noch so jung gewesen war, als sie mit Malcolm zusammengekommen war. Ihre Familie wäre sicher entsetzt, wenn sie erfuhr, dass Carmen sich mit einem jungen Kerl wie Eddie vergnügte. Alle wollten, dass sie endlich dem guten alten Malcolm das Jawort gab.

„Eddie studiert Politologie an der University of California in San Diego und ist 23 Jahre alt. Aber was heißt das schon? Dreiundzwanzig! Das ist doch nur eine Zahl.“

„Red dir das ruhig ein.“ Lucy schüttelte den Kopf. „Sobald wir im MGM-Hotel eingecheckt haben, werden deine Hormone sich beruhigen. Dann wirst du froh sein, weil ich dich vor einem schäbigen One-Night-Stand bewahrt habe.“

Lucy wollte den Wagen anlassen, aber Carmen hielt das Lenkrad fest. „Also schön, ich gestehe, dass mich gerade seine Jugend anmacht, aber was ist schon eine Nacht? Du musst zugeben, dass ich eine gute Menschenkenntnis habe, und es wird nie jemand erfahren. Das ist gerade das Tolle daran, einfach ins Blaue zu fahren. Wir sind überall Fremde und können morgen weiterfahren, ohne dass es etwas ausmacht.“

Fremde. Fast erschrocken dachte Lucy an den Cowboy. Er war so nah an sie herangekommen, dass sie sogar seinen Duft hatte riechen können. Ihr Atem ging schneller, weil ihre Gedanken schon wieder ins Erotische abschweiften.

Als ihre Hände zu zittern anfingen, konzentrierte sie sich hastig wieder auf ihren Reiseplan. Von Punkt A zu Punkt B. Richtig. Und schon hörte das Zittern wieder auf.

„Also.“ Carmen ließ das Lenkrad nicht los. „Dies ist der Moment der Entscheidung. Eine erotische Nacht kann Wunder wirken und das Selbstbewusstsein gehörig aufmöbeln. Verstehst du? Du kannst dich einfach gehen lassen, und so lange wir aufpassen, haben unsere Abenteuer keinerlei Folgen. Es sei denn, wir wollen es so.“ Carmen zog eine Augenbraue hoch. „Wie klingt das? Lässt sich so der Trennungsschmerz nicht am besten vergessen?“

Lucy dachte an den Blick des Cowboys. Er hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er an ihr interessiert war. Beim Gedanken an den Mann wurde ihr ganz flau im Magen. Sie drehte den Zündschlüssel, und Carmen ließ das Lenkrad los.

„Seit dem College“, begann Lucy, „haben wir uns alles anvertraut, egal, wie albern oder peinlich unsere Geheimnisse waren.“

„Dann fahren wir also zum Timberline Inn?“

„Carmen, ich finde nicht, dass …“

Ein schriller Ton aus Carmens Leinenbeutel unterbrach Lucy. Ihre Freundin blickte auf die Nummer des Anrufers, dann schaltete sie das Handy aus und steckte es zurück in ihre Tasche.

„Lass mich raten, wer das war.“

„Malcolm höchstpersönlich.“ Carmen fuhr sich durch das kurze verstrubbelte Haar. „Schlimm genug, dass er unsere Trennung seit Wochen ignoriert, aber kurz vor unserer Abreise ist er bei meiner Familie zum Dinner aufgetaucht.“

„Was?“

„Ich habe nichts gesagt, weil ich nicht allen die Feier verderben wollte.“

„Das grenzt doch an Stalking.“

„Na ja, so kann man es nicht gerade bezeichnen, wenn meine Mom und meine Schwestern ihn einladen, weil sie denken, er sei noch mit mir zusammen. Sie wollen einfach nicht begreifen, dass ich mit ihm Schluss gemacht habe. Ständig versuchen sie, mich wieder mit ihm zusammenzubringen.“

„Dann solltest du ihnen schleunigst von seinen erotischen Eskapaden berichten.“

„Dazu bin ich noch nicht bereit.“

Lucy wusste, dass die Diskussion damit für Carmen beendet war. Diese Reise würde ihrer Freundin ausreichend Gelegenheit geben, sich über vieles klar zu werden, unter anderem darüber, wie sie ihrer Familie beibrachte, dass der von allen geliebte Malcolm ein Widerling war.

Das würde Carmen sicher für einiges entschädigen, was sie dank ihres Exverlobten hatte durchmachen müssen.

Lucy drückte auf einen Knopf. Das Verdeck des Autos öffnete sich automatisch und verschwand im Heck des Wagens. Lucy fuhr rückwärts aus der Parklücke, bog auf die Straße und schaltete den CD-Spieler aus.

Fahrtwind, Motor und Reifen, das war die Musik der Straße.

Sie passierten ein Straßenschild, auf dem stand, dass es nur noch vier Meilen bis zur Geisterstadt Calico waren. Doch als sie sich dem Ort näherten, wurde Lucy klar, dass sie gar nicht mehr wild darauf war, sich die Geisterstadt anzuschauen.

Immer wieder musste sie an den Cowboy in dem Diner denken, der heute im Timberline übernachtete. Wieso zwang sie sich und ihre Freundin dazu, sich einen verlassenen Ort im Nirgendwo anzusehen, nur weil sie es ursprünglich so geplant hatte?

Sie erreichten die Kreuzung, an der die Interstate 15 auf die Landstraße traf, die nach Calico führte.

Cowboys, Ablenkungen und unplanmäßige Abstecher.

Im Diner ist es mit dem Cowboy ganz vielversprechend gelaufen, dachte Lucy. Außerdem werde ich bald dreißig, verdammt.

Mit quietschenden Reifen bog Lucy ab, in Richtung der Interstate 40 und des Timberline Inn.

Carmen stieß einen Jubelruf aus, reckte die Arme in die Höhe und genoss den Fahrtwind.

Lucy musste lächeln, als habe sie eine große Aufgabe bewältigt, indem sie sich vom verabredeten Zeitplan verabschiedete.

Richtig so, dachte Carmen. Wir zwei werden unseren Spaß haben.

Allerdings würde sie dafür sorgen, dass sie beide im Timberline Inn nicht in Schwierigkeiten gerieten. Seit dem College passte sie auf ihre Freundin auf, genau wie Lucy auch sie immer im Auge behielt. Beste Freundinnen, auf Lebenszeit.

Nach einer kurzen Strecke an zahllosen rotbraunen Felsen vorbei erreichten sie die Interstate 40.

„Unser Trip nach Vegas ist damit verschoben, ja?“, rief Carmen. „Und was wir auf der Route 66 versäumen, holen wir auf dem Rückweg nach, okay?“

Lucy nickte zustimmend und lächelte. Sie schien anzufangen, alles etwas leichter zu nehmen. Carmen gefiel die neue Einstellung ihrer Freundin. Mit jeder Sekunde wurde dieser Urlaub aufregender.

„Wir gucken uns alles an, was uns interessiert, und den Rest lassen wir eben links liegen!“, rief Lucy zurück. Ihr dunkles Haar flatterte im Wind, während sie einem Abenteuer entgegenfuhren, das Carmen kaum erwarten konnte.

Sie lehnte den Kopf zurück, und es war ihr egal, dass sie sicher wie ein Idiot grinste. Sie freute sich schließlich wie verrückt auf einen Kerl namens Eddie Kilpatrick, der Leonardo di Caprio ähnelte und dessen grüne Augen Aufregendes verhießen.

Normalerweise schwärmte Carmen nicht für jüngere Männer. Da sie mit Malcolm seit Jahren zusammen gewesen war, hatte es für sie noch nie einen One-Night-Stand gegeben. Und dieser Kerl, dem sie während der ganzen Zeit treu gewesen war, hatte sie hintergangen und betrogen.

Ein erotisches Abenteuer! Sie konnte es nicht erwarten.

Gleichzeitig fragte sie sich, was ihre Mutter und ihre Schwestern davon halten würden, aber sie würden es ja nie erfahren, denn Lucy konnte ein Geheimnis bewahren.

Und wenn ich ihnen erzähle, dass Malcolm mich betrogen hat, überlegte sie. Ihr Dad hatte Malcolm schon von Anfang an nur in der Familie geduldet, weil er Carmens Freund war.

Aber Mama ist ganz vernarrt in Malcolm, dachte Carmen, die würde doch lieber heute als morgen die Hochzeitstorte aussuchen. Mach dir darüber keine Gedanken, ermahnte sie sich, Eddie wartet, und Malcolm kann mir gestohlen bleiben.

Das Timberline Inn war nicht schwer zu finden. Es lag direkt neben der Interstate 40. Auf dem Parkplatz davor hatte man Kakteen und hohe Pinien gepflanzt – in Anlehnung an die Flora des nahen Nationalparks.

Im Motelzimmer stand ein winziger Fernseher, die Möbel waren zwar abgenutzt, aber sauber.

„Fünf Sterne“, stellte Lucy zynisch mit einem Blick aufs Bett fest.

„Du wolltest den Charme der Route 66 erleben. Hier hast du ihn.“

Seufzend legte Lucy den Koffer aufs Bett. „Billige Hotels und noch billigeres Essen, ganz wie echte Abenteurer.“

„Auf unser großes Abenteuer.“

Carmen tat so, als proste sie Lucy zu, die lächelnd nickte. Was mochte die bevorstehende Nacht ihnen bringen?

„Na, was meinst du? Wollen wir zum Pool?“ Carmen suchte in ihrer Tasche nach dem Bikini. „Dann essen wir noch einen Happen im Coffeeshop, und anschließend bereiten wir uns auf die Festlichkeiten vor.“

Lucy nickte und lachte dann auf. „Wir sind im Urlaub, Carmen.“

Carmen wusste genau, was ihre Freundin meinte. Losgelöst vom Alltag, keine Gedanken mehr an den Job, frei von allen Erwartungen. Ja!

Lucy rief im MGM-Hotel an, um das Zimmer zu stornieren. Anschließend telefonierte sie kurz mit ihrem älteren Bruder Jonathan, sagte ihm, wo sie beide steckten und was sie heute vorhatten. Jonathan, in dem Lucy eher ihren besten Freund als ihren Bruder sah, lachte nur und riet ihnen, gut auf sich aufzupassen. Lucy versprach, dass sie das tun würden.

Anschließend entspannten sie sich am Pool, genossen die Frühlingssonne und lasen. Nach einem Salat im Coffeeshop duschten sie und machten sich für den Abend fertig.

Als Lucy fragte, was sie denn tun sollten, falls Eddie mit seinen Freunden gar nicht auftauchte, erwiderte Carmen nur, er werde sie anrufen, sobald er eincheckte. Das habe er versprochen, und sie sehe einem Mann an, ob er die Wahrheit sage. Genauso habe sie auch bemerkt, dass Malcolm sie belog, weil er dabei ihrem Blick ausgewichen war.

Vielleicht war es genau das, was sie zu Eddie hinzog. Er war so offen, voller Energie und so charmant. Ihr war schon warm geworden, als sie nur mit ihm geredet hatte. So eine Anziehungskraft hatte schon seit Jahren kein Mann mehr auf sie ausgeübt, und dieses Gefühl hatte Carmen vermisst.

Als um sieben Uhr abends Carmens Telefon aber immer noch nicht geklingelt hatte, kam Carmen ins Grübeln. „Er ruft nicht an“, stellte sie enttäuscht fest.

„Sag mal, hattest du dein Telefon im Auto nicht vorhin abgeschaltet?“, erinnerte sie Lucy.

„Ach ja!“ Erleichtert holte sie ihr Handy und stellte es an. Sie fand eine SMS, dass ihr jemand auf die Mailbox gesprochen hatte.

Es war eine Nachricht von Eddie. „Hoffentlich kommst du“, sagte er und teilte ihr die Zimmernummer und die Uhrzeit mit, zu der die Party anfangen sollte.

Vielleicht komme ich tatsächlich heute Nacht, dachte Carmen lächelnd und beschloss, es zu genießen, weit weg von Malcolm und ihrer Familie zu sein.

War das nur Aufregung, die sie empfand, oder auch so etwas wie Angst, weil sie gerade dabei war, Neuland zu betreten?

Carmen entschied sich für große Ohrringe, steckte sie sich an die Ohren und trat zu Lucy, die sich gerade die Wimpern tuschte. „Noch fünf Minuten. Der Countdown läuft.“

Carmen starrte Lucy fasziniert an. Das beigefarbene Schlauchkleid, das die Freundin trug, war mit rotbraunen Blumen bedruckt und mit Spitze verziert. Gerade diese gedeckten Farbtöne brachten Lucys natürliche Frische zur Geltung.

Sie weiß gar nicht, wie umwerfend sie aussieht, dachte Carmen. Und weil sie nicht ahnt, was für eine tolle Frau sie ist, bedrängt sie in jeder Beziehung den Mann, als habe sie Angst, er könnte noch vor der Verlobung bemerken, dass sie eigentlich gar nicht so toll war.

Seit der Highschool folgten Lucys Beziehungen diesem Schema, und jedes Mal, wenn ein Partner sich hastig von ihr trennte, weil sie ihn enger an sich zu binden versuchte, verstärkte das nur Lucys Gewissheit, dass sie im Grunde nicht liebenswert war.

Lucy wandte sich Carmen zu, die sich in ihre bewährte Partykluft geworfen hatte: hohe Stiefel mit kurzem weißem Rock und einem knappen Oberteil. Das kurze rote Haar hatte sie zu einem coolen Fransenlook gestylt.

„Die berühmten Partystiefel?“ Lucy lachte auf. „Dann hat der arme Eddie keine Chance zu entkommen.“

„Das soll er ja auch gar nicht.“ Carmen hakte sich bei ihrer Freundin ein, und gemeinsam verließen sie das Zimmer, um nach Motelzimmer 176 zu suchen.

Die Party war nicht schwer zu finden. Laute Musik von AC/ DC drang aus dem Motelzimmer, das etwas abseits in einem anderen Gebäude des Motels lag. Die Zimmertür stand auf.

Carmen und Lucy traten ein.

Ein rothaariger Junge tanzte mit dem blonden Mädchen, das schon im Diner „Paaar-ty“ gerufen hatte, auf dem Bett.

Die übrigen Mitglieder der Gruppe saßen an einem Tisch und schnippten Münzen in einen Plastikbecher.

Carmens Vorfreude bekam einen kurzen Dämpfer. Wo war Eddie?

Eine der Frauen am Tisch sah aus wie Lindsay Lohan. Jetzt winkte sie Lucy und Carmen zu. „Hey, da seid ihr ja! Eddie holt gerade Eiswürfel.“

Wie auf Kommando erklang eine vertraute männliche Stimme dicht hinter Carmen. „Willkommen in unserer bescheidenen Hütte.“

Carmen war wie benommen. Sie bekam kaum mit, dass Lucy sich zeitgleich mit ihr umdrehte. Ihr Puls ging schneller, und dann erkannte sie dieses Glühen wieder: Genauso hatte sie sich damals gefühlt, als sie noch an die ewige Liebe geglaubt hatte.

Nur eine Nacht mit Eddie, und mir wird wieder einfallen, wie ich mich damals gefühlt habe, als ich noch jünger und nicht so abgeklärt war. Und niemand wird davon erfahren.

Kaum hatte Eddie das Zimmer betreten, war Carmen beschäftigt, und Lucy wusste, dass sie sich einen neuen Gesprächspartner suchen musste.

Kurz darauf saß sie bei den vier jungen Leuten am Tisch, während Carmen und Eddie ihre ganz private Party feierten. Sie standen lachend am Schminktisch und berührten sich immer wieder an der Schulter oder am Arm. Als Carmen über eine Bemerkung von Eddie laut auflachte, legte sie dabei den Kopf in den Nacken und fuhr ihm mit der Hand über die Brust.

Meisterhaft, dachte Lucy, einfach meisterhaft. Ob ich jemals auch so gut flirten kann?

Sie musste an ihren Cowboy denken, und sofort rutschte sie nervös auf ihrem Stuhl hin und her.

„Los doch, Lucky!“ Einer der jungen Männer am Tisch reichte ihr eine Münze, die sie in den Becher schnippen sollte.

Den Spitznamen werde ich jetzt wohl nicht mehr los, dachte Lucy und trank einen Schluck Bier, bevor sie ihre Münze schnippte. Leider verfehlte sie den Becher, und so musste sie zur Strafe noch einen Schluck trinken.

„Lu-cky, Lu-cky!“, riefen alle im Chor.

Lucy setzte die Flasche an, trank sie in einem Zug leer und knallte die leere Flasche auf den Tisch.

Begeistert johlten die jungen Leute auf und klopften ihr auf die Schulter.

Lucy vertrug viel Alkohol. Man merkte ihr nicht an, wenn sie beschwipst war. Das hatte sie von ihren Eltern geerbt.

Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass Eddie Carmen etwas ins Ohr flüsterte. Dann schaute er sie an, und beide lächelten.

Ich will meinen Cowboy, dachte Lucy. Heute Nacht will ich mein eigenes kleines Abenteuer erleben.

Ob er schon eingecheckt hatte? Ob er die Musik hörte und vielleicht herkam?

Möglicherweise spürte einer der Collegestudenten, welche Gedanken Lucy gerade durch den Kopf gingen, denn er beugte sich zu ihr und presste den Arm an ihren. Wie viele junge Männer hatte er zu viel Rasierwasser aufgelegt.

„Brauchst du noch was zu trinken?“

Sie schüttelte den Kopf. Der junge Mann neben ihr lächelte, doch er besaß nicht die Ausstrahlung des Cowboys.

Die Musik kam ihr auf einmal lauter vor, aber da es Led Zeppelin war, machte es ihr nichts aus. Dagegen empfand sie es als sehr störend, dass der junge Kerl neben ihr seine Hand an ihrem Schenkel entlangwandern ließ.

Sie stand auf und trat einen Schritt vom Tisch zurück. Was tat sie hier überhaupt bei diesen Kindern? Sie gehörte nicht hierher. Dies war nicht ihre Party.

„Macht einfach ohne mich weiter.“

„Ach komm, Lucky!“, beschwerte sich einer der jungen Männer. „Wir brauchen noch mehr Mädchen für ‚Seven Minutes In Heaven‘!“

Meinte er damit das Spiel, bei dem ein Pärchen sieben Minuten im Bad oder auf der Toilette verschwand, wobei das Licht von außen ausgemacht wurde? Das war doch wohl ein Scherz!

Sie blickte zu Carmen, aber die schien gegen dieses Spiel nichts einzuwenden zu haben. „Ich geh ins Bett“, sagte Lucy im Vorbeigehen zu ihrer Freundin.

„Jetzt schon?“

Lucy beugte sich vor und flüsterte ihrer Freundin ins Ohr: „Ich erwarte dich heute Nacht nicht zurück.“

Carmen zwinkerte ihr zu.

„In Ordnung. Ich bin dann weg“, meinte Lucy, die sich freute, dass Carmen sich offensichtlich amüsierte.

„Warte, ich begleite dich noch bis zum Zimmer.“

Auf keinen Fall wollte Lucy die erotische Stimmung zwischen Carmen und Eddie zerstören. Bevor Carmen sich auf dem College mit Malcolm eingelassen hatte, hatte sie immer viel geflirtet, aber sie hatte den Worten nie Taten folgen lassen. Lucy fand, dass ihre Freundin jetzt ruhig ein bisschen Spaß haben sollte.

„Nein, bleib hier.“ Lucy strich ihr über den Arm. „Ich muss doch nur ins Nebengebäude. Was sollte mir denn passieren?“ Als Carmen widersprechen wollte, schüttelte Lucy den Kopf und wandte sich an Eddie: „Versprich mir, sie hierzubehalten, okay? Ich rufe an, sobald ich in meinem Zimmer bin.“

Als Eddie lächelte, verstand Lucy, wieso Carmen so verrückt nach ihm war. „Meinst du nicht, du solltest auch hierbleiben?“

„Nein, nein.“ Lucy tat so, als müsse sie gähnen. „Ich muss morgen noch eine weite Strecke fahren.“ Spielerisch boxte sie Carmen gegen den Arm und ging zur Tür.

„In zwei Minuten rufst du an, ja?“, rief Carmen ihr nach.

Lucy hielt ihr Handy hoch, um zu zeigen, dass sie im Notfall sofort anrufen konnte. Dann verabschiedete sie sich von ihren angetrunkenen neuen Freunden, die vergeblich versuchten, sie zum weiteren Münzwerfen und Trinken zu überreden. Sie trank ihr Bier aus, warf die Flasche in hohem Bogen in den Papierkorb, nahm unter Verbeugungen den Beifall entgegen und verließ das Zimmer.

Langsam schlenderte sie durch die Nachtluft zu ihrem Zimmer. Mit jedem Schritt wurde die Partymusik leiser und Lucys Einsamkeit größer.

Sie wünschte, sie wäre so draufgängerisch wie Carmen, die selbstbewusst die Aufmerksamkeit der Männer auf sich lenkte.

Als sie gerade am Restaurant des Motels vorbeiging, spürte sie einen Windhauch und eine Bewegung, als sei die Tür des Restaurants kurz aufgegangen und habe sich gleich wieder geschlossen.

Doch als sie sich umdrehte, konnte sie nichts als Schatten entdecken. Aber im Diner hatte der Cowboy auch im Schatten gesessen.

Nervös steckte sie den Schlüssel ins Schloss und wählte gleichzeitig Carmens Nummer.

„Bist du drin?“

So gut wie, dachte Lucy. „Ja, du Partylöwin. Amüsier dich.“ Sie hatte die Tür hinter sich fast geschlossen.

„Und du, ruh dich aus, du Schlafmütze. Bis bald.“

Sie legten auf, und … da war es wieder.

Lucy spürte eine Veränderung in der Luft. Als sie angestrengt durch den Türspalt spähte, entdeckte sie ihn. Dort stand er, nur ein paar Meter entfernt, fast völlig verborgen durch die nächtlichen Schatten.

Lässig lehnte der Cowboy an der Wand und blickte zu Lucy.

Sie empfand keine Angst. Doch ihr Puls ging sofort etwas schneller.

3. KAPITEL

Joshua konnte nicht sagen, wieso er hier draußen vor dem Zimmer der Frau mit den langen braunen Haaren stand.

Seit sie mit geheimnisvollem Lächeln aus dem Diner verschwunden war, hatte er sie nicht vergessen können. Ständig hatte er sich nach ihr gesehnt, und dann, als er im Restaurant des Timberline gegessen hatte, war sie draußen vor dem Fenster vorbeigegangen. Ihr Haar hatte im Wind geweht, und beim Anblick ihrer Figur hatte sich sein Magen vor Lust verkrampft.

Wie verzweifelt musste ein Mann eigentlich sein, wenn er sich schon allein beim Anblick einer Frau vor Lust fast krümmte?

Was mochte sie von ihm denken, wenn er ihr nachlief? Und was sollte er ihr dann sagen? Dass er gehofft hatte, sie hier zu treffen, obwohl sie ihm mitgeteilt hatte, sie würde nicht kommen?

Doch als sie vor dem Restaurant vorbeigegangen war, war Joshua ganz unbewusst aufgesprungen, hatte hastig bezahlt und war ihr gefolgt. Sie hatte ihr Zimmer aufgeschlossen und kurz telefoniert, und er hatte Abstand gewahrt, um sie nicht zu erschrecken. Dennoch würde sie sich vor ihm fürchten, wenn sie ihn entdeckte.

Und dann geschah es: Sie sah ihn, erstarrte und spähte durch den Türspalt, als warte sie ab, was als Nächstes geschah.

„Hoffentlich habe ich Sie nicht erschreckt“, sagte er leise und wünschte, er wäre einfach in seinem Zimmer geblieben. Seit er von der Ranch weggefahren war, kam er nicht mehr aus seiner düsteren Stimmung heraus. Gleichzeitig wünschte er sich, die Frau würde die Tür etwas weiter öffnen.

Und genau das tat sie.

Langsam öffnete sich die Tür etwas weiter.

„Ich war gerade im Restaurant.“ Er versuchte, sein Verlangen zu bezähmen. „Da bekommt man ein himmlisches Rib Eye-Steak. Aber dann sind Sie aufgetaucht, obwohl ich Sie davor gewarnt hatte.“

Obwohl er ein paar Meter entfernt stand, fühlte er sich wie benommen von ihrer Nähe und brachte es nicht über sich zu gehen. Die Art, wie sie ihn anschaute, ließ seine Haut brennen.

Langsam nahm er den Hut ab und hielt ihn sich vor die Brust. Dann löste er sich von der Wand und trat näher. „Wie ist es auf der Party gelaufen?“ Fast kam es ihm vor, als hätte sie die Tür etwas weiter geöffnet.

„Ganz gut. Aber es war dort nicht sehr aufregend.“

„Und Sie haben sich nach Aufregung gesehnt?“ Wenn er jetzt sagte, was ihm durch den Sinn ging, würde sie die Tür auf der Stelle schließen. Das wäre ein weiteres Scheitern für ihn, und er würde sich noch etwas nutzloser fühlen als bisher.

Joshua brauchte dringend etwas, das ihn wieder aufbaute, nachdem er sich für den Verlust der Ranch seiner Familie verantwortlich fühlte.

„Ich habe den ganzen Abend an Ihre Warnungen gedacht.“ Lucy atmete tief ein. „Vielleicht konnte ich es deshalb nur schwer ertragen, Menschen nahe zu sein, die ich kaum kenne.“

„Und jetzt?“ Er lächelte, und diesmal fiel es ihm schon leichter. Schließlich musste er ihr zeigen, dass sie sich vor ihm nicht zu fürchten brauchte. Sie sollte ihm diese Nacht schenken, damit er sich wieder als normaler Mensch fühlte.

„Jetzt? Sie sind für mich auch ein Fremder, und Sie stehen vor der Tür meines Motelzimmers.“

„Ich könnte mich Ihnen in aller Form vorstellen und Ihnen meinen Namen und meine Adresse im Führerschein zeigen.“

„Und wenn ich Ihren Namen gar nicht wissen will?“

Wie hatte er diese Frau bloß für schüchtern halten können? Aber trotzdem wirkte sie so rein und unschuldig. Wie schaffte sie es, ihn so sehr zu erregen? „Sie müssen meinen Namen ja nicht erfahren. Kommen Sie einfach mit mir in den Coffeeshop.“

Ein guter Anfang, fand er. Im Gespräch mit ihr kannst du vergessen, dass du von deinem Nachbarn verraten wurdest und fast alles verloren hast, dachte er. Diese Frau sieht dich an, als würde sie dir zutrauen, eine Ranch zu retten, die schon seit Generationen im Familienbesitz ist.

Und wer konnte sagen, was nach der Unterhaltung im Coffeeshop geschehen würde?

„Kennen die Leute im Restaurant Ihren Namen?“ Sie lehnte den Kopf an die Tür.

Er sah in ihr einen Lichtstrahl in seiner persönlichen Dunkelheit. „Die Kellnerin und die Frau an der Kasse haben auf meiner Kreditkarte meinen Namen gesehen. Sie haben mich gleich mit Vornamen angesprochen. Und an der Rezeption haben sie auch meine Daten. Fast hätte ich gedacht, sie nehmen mir auch noch etwas Blut ab.“

Ihr Lächeln war so herzlich, dass er fast vergessen hätte zu atmen. Und dann öffnete sie ihm die Tür.

Es war vielleicht verrückt, aber wenn sie am Empfang alle Daten des Cowboys hatten, dann fand Lucy das Risiko nicht zu groß.

Sie wollte ihre Wünsche Wirklichkeit werden lassen und mit einem Fremden flirten.

Ihr Leben brauchte eine Veränderung, und hier bot sich ihr die Chance dazu.

Bestimmt würde sie diese Nacht noch bereuen, aber nach dreißig Jahren der Vorsicht wurde es für sie Zeit, Neuland zu betreten.

Sie schluckte und fühlte sich wie heute Nachmittag, als sie an der Abzweigung hatte entscheiden müssen, in welche Richtung es weiterging.

„Möchten Sie?“ Sie hielt die Tür einladend auf, und einen Moment glaubte sie, er würde ablehnen, weil er zögernd verharrte. Dafür würde sie sich in Grund und Boden schämen.

Doch dann betrat er das Zimmer. Lucy atmete seinen Duft ein. Er roch nach Gras und Freiheit.

Tu’s einfach, sagte sie sich. Achte nicht auf dein wild klopfendes Herz. Tu, was du willst, und lass dich gehen.

Er wollte gerade das Licht anschalten, als Lucy ihn aufhielt. „Nein, lass das.“

Er hielt inne.

Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich so direkt bin, überlegte sie. Ein Kuss im Dunkeln, ohne Namen, ohne Licht, das wäre, als ob ein Traum Wirklichkeit würde.

Niemand würde es je erfahren.

Bei dieser Erkenntnis fühlte sie sich auf einmal selbstsicher und kraftvoll. Lucy schüttelte die letzten Zweifel ab, griff nach seinem Cowboyhut und schleuderte ihn zur Seite.

Sein Lachen klang tief und männlich, leicht überrascht und belustigt.

Auch sie lachte ein bisschen. Viel zu lange hatte sie ihre eigenen Gefühle unterdrückt. Jetzt lebte sie alles aus. Sie packte den Mann am T-Shirt und zog ihn an sich, um sich den Kuss zu holen, von dem sie geträumt hatte, seit sie aus dem Diner weggefahren waren.

Der erste Kontakt mit seinen Lippen war wie ein Blitzschlag. Das Blut floss heiß durch ihre Adern.

Er schmeckte nach Kaffee, Alkohol und Mann. Genau wie in ihrer Fantasie kratzten seine Bartstoppeln leicht, doch seine vollen Lippen fühlten sich unglaublich sinnlich an. Er stöhnte tief auf.

Mit beiden Händen strich er ihr durchs Haar, als fürchtete er, sie könnte ihm wieder entfliehen. Dann drang er mit der Zunge fordernd in ihren Mund ein, vertiefte den sinnlichen Kuss, und sofort spürte Lucy wieder das Prickeln, das sie bereits im Diner ganz leicht empfunden hatte. Nur war es jetzt viel stärker.

Wie würde es sich anfühlen? Schon der Kuss hatte sie unglaublich erregt. Ihr wurde immer heißer zwischen den Schenkeln.

Atemlos rieb sie die Wange an seiner, strich ihm mit einer Hand durchs Haar und ließ die andere über seine feste Brust gleiten.

Wer bist du, überlegte sie, obwohl sie ihm gesagt hatte, sie wolle seinen Namen nicht wissen. Wenn sie sich morgen wieder trennten, dann wollte sie zur Abwechslung nicht diejenige sein, die verlassen zurückblieb.

Sein Kuss war verzehrend, während er sie langsam rückwärts bis zur Wand drängte.

Es passiert tatsächlich, schoss es ihr durch den Kopf. Eine heiße Nacht mit einem Mann, der nicht lange genug bei dir bleibt, um dich zu verletzen und zu verlassen.

Als sie eng umschlungen gegen die Wand taumelten, fing der Cowboy ihren Aufprall mit einer Hand ab. Sein Atem strich heiß an ihrer Wange entlang. Als der Fremde ihre Schultern, die Taille und die Hüften berührte, hatte Lucy das Gefühl, seine Hände überall auf ihrem Körper zu spüren.

Dann umfasste er mit beiden Händen ihren Po und presste sie an sich.

Fast hätte Lucy laut aufgestöhnt, denn seine Fingerspitzen lagen zwischen ihren Schenkeln. Gleichzeitig spürte sie seine Erektion.

Lucy konnte nicht anders. Sie rieb sich an ihm. Ja, dachte sie, ich will mehr als nur ein paar Küsse und Streicheleinheiten.

Aufstöhnend strich er an ihren Schenkeln hinab. „Bist du sicher …?“ Er küsste ihren Hals.

„Mach einfach weiter.“ Sie konnte kaum noch atmen vor Ungeduld.

Er hob den Kopf etwas, um ihr ins Gesicht zu sehen. Doch er konnte nichts erkennen, da die schweren Gardinen vor dem Fenster zu wenig Licht hereinließen.

Trotzdem hatte sie den Eindruck, als versuche er, ihre Gefühle zu ergründen. Ich weiß ja selbst nicht genau, was in mir vorgeht, dachte sie.

Ganz unerwartet gab er ihr einen sehr zärtlichen Kuss. Ohne jedes Drängen, einfach nur sanft und einfühlsam.

In diesem Moment fühlte sie sich zum ersten Mal bedroht. So ein Kuss gehörte nicht zu ihrer Fantasie eines One-Night-Stands. Er war zu intim, auch wenn sie sich gerade eben sehr innig aneinandergepresst hatten.

Lucy berührte den Fremden zwischen den Beinen, um nicht noch mehr emotionale Nähe entstehen zu lassen. Voller Erregung, so wollte sie ihn spüren, tief in sich. Sie wollte pure Lust genießen, ohne irgendwelche Erwartungen an den anderen zu stellen.

Aufreizend streichelte sie ihn, und er hielt die Luft an, während er den Griff an ihren Schenkeln verstärkte.

„Warte“, flüsterte sie. „Ich will es … wild und hemmungslos. Tust du das für mich?“

Verführerisch presste sie seine Erektion, und er gab einen unverständlichen Laut von sich.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sie herum und drückte Lucy mit der Brust gegen die Wand. Beide Hände drückte er ihr über dem Kopf an die glatte Tapete, seine Brust presste sich an ihren Rücken.

Lucy hörte seinen angestrengten Atem und spürte zwischen den Schenkeln den Beweis seiner Erregung.

Aufreizend drückte sie den Po nach hinten, als er die Finger mit ihren verschränkte. Seine rauen Hände an ihren glatten Handrücken weckten in ihr tiefe animalische Instinkte.

„Dass du es wild und schmutzig willst, hätte ich nicht gedacht“, stieß er heiser hervor.

Ich auch nicht, fügte sie in Gedanken hinzu. „Was hättest du denn gedacht?“

Langsam strich er an ihren Armen hinab. Das Kleid klebte ihr schweißnass am Körper, und der Geruch des Mannes umgab sie.

„Von dir?“ Seine Stimme klang tief. „Du bist wie Limonade an einem feuchten heißen Tag.“ Mit beiden Händen glitt er vorn an ihrem Körper hinab. Er streichelte ihre Brüste und schob ihr ein Bein zwischen die Schenkel, um Lucy zu stützen.

Ihre empfindsamste Stelle wurde dadurch gereizt und fing vor Lust zu pochen an.

„Ich hätte Karamellbonbons erwartet“, fuhr er fort.

Sie ertrug es nicht länger, seine leicht spöttischen Worte zu hören und gleichzeitig seine lustvollen Berührungen zu spüren. „Und was hast du bekommen?“ Hoffentlich sah er jetzt die neue Lucy in ihr und nicht die alte, die immer nach einem festen Plan gelebt hatte.

Nachdenklich schwieg er, dann strich er tiefer, über ihre Rippen und den Bauch hinab.

„Ich bin mir nicht sicher, was ich bekomme“, presste er hervor. „Aber ich werde es herausfinden.“ Damit sank er auf die Knie, griff ihr unter das Kleid und zog ihr den Slip herunter.

Lucy spürte einen Luftzug zwischen den Schenkeln. Sie war entblößt.

Während sie aus dem Slip stieg, fragte sie sich, was er vorhatte. Sollte er tatsächlich …

Nachdrücklich schob er ihre Schenkel weiter auseinander, und Lucy ließ ihn gewähren. Beide Arme lehnte sie an die Wand, um sich abzustützen.

Unendlich langsam ließ der Cowboy die Finger an den Innenseiten ihrer Waden nach oben gleiten.

Sie zuckte zusammen und seufzte auf. Jede Zelle ihres Körpers sehnte die Erfüllung herbei.

Wann würde er endlich …?

Zitternd stützte sie sich ab, während er an der Rückseite ihrer Schenkel höher strich, ihr Kleid nach oben schob und ihren Po entblößte.

Mit einer Hand hielt er den Rock hoch, während er mit der anderen über eine der runden Pobacken strich. „Das verbirgt sich also am Ende dieser langen Beine“, stieß er heiser aus.

Lucy hatte ihre Beine nie als lang empfunden. Dass ein Mann ihre Beine so bewunderte, war für sie eine neue Erfahrung. „Du kannst in dieser Finsternis doch überhaupt nichts erkennen.“ Ihre Stimme klang gedämpft, weil sie in ihre Armbeuge sprach. Vor Lust zitterte sie jetzt so stark, als stehe sie unter Strom.

„Sehen kann ich tatsächlich nicht viel“, entgegnete er. „Dafür fühle ich umso mehr.“ Sanft umfuhr er beide Backen und strich dann wieder höher.

Als Lucy es kaum noch zu ertragen konnte, spreizte er ihre Beine weiter auseinander, küsste sie in die Kniekehlen und tauchte unter ihr Kleid.

Sie spürte seine Zungenspitze und wusste, dass er jetzt genau merkte, wie erregt sie war.

So entblößt hatte sie sich noch nie gefühlt. Gleichzeitig hatte sie auch noch nie so ungehemmt genossen.

Als er sie behutsam mit den Fingerspitzen öffnete, erstarrte Lucy erwartungsvoll.

Dann berührte er sie mit der Zungenspitze ganz intim.

Lucy schrie vor Erregung auf und sank gegen die Wand.

Doch ihr Cowboy stützte sie und vertiefte den Kuss noch. Er drehte den Kopf und glitt mit der Zunge immer weiter nach vorn, bis er Lucys intimste Stelle reizte.

Ich kann nicht glauben, dass das hier wirklich geschieht, schoss es ihr durch den Kopf.

Gerade als sie die Stirn gegen die Wand lehnte und laut aufstöhnte, veränderte er die Stellung und zog Lucy mit sich nach unten, bis er mit dem Rücken auf dem Boden lag und sie direkt über seinem Mund kniete.

Mittlerweile konnte sie trotz der Dunkelheit etwas erkennen, doch mehr als seine Hände auf ihren Schenkeln brauchte sie nicht zu sehen, denn sie spürte seine Zunge deutlich. Mit zitternden Händen hob sie ihr Kleid an, weil sie beobachten wollte, wie der Cowboy sie liebkoste, auch wenn sie nur Umrisse erkennen konnte.

Er zog sie dicht an sich und saugte genüsslich.

Mit einer Hand stützte sie sich haltsuchend an der Wand ab, weil sie glaubte, jeden Moment die Kontrolle zu verlieren. Ihr Puls schlug im selben Rhythmus, in dem sie seine Zunge ganz intim zwischen den Schenkeln spürte. Sie fühlte ihn saugen und küssen …

Aufstöhnend warf sie den Kopf in den Nacken und konnte nichts mehr denken. Sie gab sich nur noch ihren Empfindungen hin und glaubte zu fallen. Dann lächelte sie überglücklich, weil sie eine solche Erregung und Lust noch nie zuvor empfunden hatte.

Ganz unvermittelt kam der Höhepunkt.

Lucy glaubte zu schweben.

Ich bin ein neuer Mensch, schoss es ihr durch den Kopf. Und dieser Höhepunkt scheint nie zu enden. Niemals.

Ihre Glut war noch nicht erloschen, als ihr Cowboy sie anhob. Sein Atem ging schnell und schwer.

Zusammen mit ihr richtete er sich auf, und sie umklammerte seine Hüften mit den Schenkeln. Zitternd tastete er nach seiner Brieftasche, zog etwas heraus und öffnete dann seinen Reißverschluss.

Eine Tischlampe ging zu Bruch, und Lucy spürte die kühle Tischplatte unter ihrem Po. Sie wollte eins sein mit diesem Mann. Wenn er nicht gleich in sie eindrang, würde sie vor Verlangen noch explodieren.

Sie half ihm beim Überstreifen des Kondoms und führte ihn zwischen ihre Schenkel. Sie war mehr als bereit für ihn.

Wild drang er in sie ein. Er füllte sie so vollständig aus, dass Lucy nach Luft rang. Um seine leidenschaftlichen Bewegungen erwidern zu können, hielt sie sich am Rand des schmalen Tisches fest.

Sein heißer Atem streifte ihr Gesicht, mit beiden Händen hielt er ihre Hüften umfasst, und immer wieder drang er in sie ein.

Keuchend kam sie ein zweites Mal, und diesmal glaubte sie, endgültig den beengenden Käfig ihres bisherigen Lebens verlassen zu haben. Sie glaubte, hoch in den Himmel zu fliegen, bis die Sonne ihr die Flügelspitzen versengte.

Lucy stürzte zurück in die Realität, und als sie von dem Tisch fiel, fing der Cowboy sie auf und ließ sie langsam zu Boden gleiten. Ein letztes Mal drang er tief in sie ein, und dann erstarrte er, als auch er kam.

Seufzend sank er neben sie, und am liebsten hätte Lucy ihn in diesem Moment an sich gezogen, um weiterhin eins mit ihm zu sein.

Aber das tat sie nicht.

Sie hatte sich ja vorgenommen loszulassen.

Joshua kam es vor, als sei während dieses unglaublichen Höhepunkts irgendetwas in ihm zerbrochen. Doch mit jedem Atemzug fühlte er sich wieder heil, und schließlich entdeckte er in sich den Mann wieder, der er einmal gewesen war und den er gesucht hatte.

Gerade jetzt, als er wieder eine Ahnung davon bekam, wie er sich früher als Mann gefühlt hatte, glitt seine Partnerin von ihm.

Er wollte sie festhalten und den Moment des sanften Glühens bis zur Neige auskosten. Dieses Gefühl der eigenen Kraft und Perfektion wollte er bewahren.

Doch sie entfernte sich bereits von ihm, strich sich das Kleid glatt, und als er sie in der Dunkelheit ausmachen konnte, sah er sie nach ihrem Slip suchen.

Etwas in ihm verkrampfte sich. Was hatte er erwartet? Er hatte mehr oder weniger deutlich schnellen Sex verlangt, und den hatte er bekommen.

Warum fühlte er sich dann jetzt so leer? Wieso hatte die heilende Wirkung so schnell nachgelassen?

Er brauchte mehr. Er wollte wieder mit ihr schlafen, um sich erneut als ganzer Mann zu fühlen. „Du gehst schon?“

„Ich kann nicht gehen. Dies ist mein Zimmer, schon vergessen?“

Undeutlich sah er, wie sie sich den Slip über die langen Beine nach oben zog. Allein beim Gedanken an ihren Körper und ihre seidige Haut überkam ihn neue Lust. Das erinnerte ihn daran, dass er noch das Kondom trug, und er stand auf, um es zu entsorgen.

Als er aus dem Bad zurückkam, hatte er den Reißverschluss wieder geschlossen, doch gefühlsmäßig war er so entblößt wie zuvor.

Sie hatte das Licht angeschaltet. Die zerbrochene Lampe lag am Boden und warf seltsame Schatten an die Wände.

Die Frau wirkte nicht unfreundlich, aber sehr entschieden, obwohl Joshua nicht glauben wollte, dass zwischen ihnen nichts mehr stattfinden sollte. Dieses Erlebnis hatte ihn tief berührt, aber für die Frau war es offenbar nicht mehr als ein unterhaltsamer, flüchtiger Zeitvertreib gewesen.

Hastig verdrängte er diesen Gedanken. Es war nur ein One-Night-Stand, sagte er sich, so etwas kann nicht die Lösung all deiner Probleme sein.

Er hob seine Brieftasche vom Boden auf und zog genug Geldscheine heraus, um die Kosten der zerbrochenen Lampe damit zu begleichen. „Ich komme für den Schaden auf.“

„Nein, keine Sorge, das übernehme ich schon.“ Sie lachte, als würde ihr jetzt erst die Absurdität der Situation klar.

Hatte er sich getäuscht? War sie nicht so kühl, wie sie sich zu geben versuchte? „Ich frage mich, wie viele Lampen dieses Motel jede Woche ersetzen muss.“ Er versuchte, damit die Stimmung aufzulockern.

„Das will ich mir lieber gar nicht erst vorstellen.“ Flüchtig schaute sie ihn an und errötete.

Ist es ihr peinlich, fragte er sich. Ist sie doch nicht der Typ Frau, der bei Männern nur flüchtigen Spaß sucht? „Hör zu, ich …“

Doch das schien für sie das Stichwort zu sein, den gemeinsamen Abend endgültig zu beenden. Sie ging zur Tür und strich sich das Haar zurück.

Klarer konnte sie ihm nicht zu verstehen geben, dass er gehen sollte. Joshua wollte sie nicht bedrängen, aber er sehnte sich nach mehr.

Als sie gerade nicht in seine Richtung sah, schob er das Geld für die Lampe unter ihr Kopfkissen. Hoffentlich verstand sie das nicht falsch und glaubte, er wolle sie für den Sex bezahlen. Er atmete tief durch und ging zur Tür.

Dort zögerte er. Sie stand dicht vor ihm. „Wie heißt du?“

Einen Augenblick lang glaubte er, sie würde antworten, doch dann schien sie es sich anders zu überlegen. „Keine Namen. Wir sind Fremde, und so soll es bleiben.“

Sie hat recht, dachte er und nickte. Wortlos verließ er ihr Zimmer, und sie schloss die Tür hinter ihm.

Ja, es war besser, wenn sie ihre Namen für sich behielten. Für ihn würde sie die Frau mit den blauen Augen und dem mysteriösen Lächeln bleiben. Und doch kam ihm ihr Name in diesem Moment wie das Wichtigste auf der Welt vor.

4. KAPITEL

Carmen steckte ihr Handy weg, nachdem sie erfahren hatte, dass Lucy sicher in ihrem Zimmer war. „Alles in Ordnung.“

Eddie stand immer noch neben ihr. „Ihr zwei passt gut aufeinander auf, stimmt’s?“

„Seit dem College. Aber das ist schon eine Ewigkeit her.“

Ich bin sieben Jahre älter als er, dachte sie und nahm sich kopfschüttelnd einen Drink. Hatte Lucy recht? Wollte sie nur ihre Jugend wiederbeleben, indem sie zu dieser Party gekommen war?

Möglicherweise stimmt es, dachte sie. Den Großteil der Zeit auf dem College war ich mit Malcolm zusammen, und jetzt fühle ich mich hintergangen, weil ich mich während der ganzen Zeit ausschließlich auf ihn konzentriert habe. Hatte sie tatsächlich etwas versäumt? Konnte sie das hier und heute nachholen?

Aus den Boxen dröhnte ein Song von Aerosmith. Eddie ergriff ihre Hand und strich mit dem Daumen über ihren. Dann beugte er sich zu ihr und sagte ihr etwas ins Ohr, sodass nur sie es hören konnte. Warm streifte sein Atem ihre Wange. „Du siehst aus, als seist du meilenweit weg von hier.“

Na toll, dachte sie, ich bin ja der absolute Partykracher. Hier und heute geht es ausschließlich um Spaß und darum, die Zeit nachzuholen, die ich versäumt habe. „Ich nehme das alles in mich auf.“ Sie musste lauter sprechen, um die Musik zu übertönen.

Nachdenklich schaute er ihr in die Augen, dann lächelte er. Carmens Puls beschleunigte sich.

Am Tisch johlten alle auf, als einer der Spieler, ein junger Student von den Philippinen, aufstand und sein Bier in einem Zug leertrank. Die anderen trommelten auf den Tisch und feuerten ihn an.

Wieder beugte Eddie sich vertraulich zu ihr. „Vorgestern ist Richard 21 geworden.“ Er deutete auf die Gruppe. „Jetzt hat auch er als Letzter das Alter erreicht, in dem er ganz legal Alkohol trinken darf, und das muss natürlich gebührend gefeiert werden.“

Es klang, als gehöre er nicht ganz dazu. Seltsam, dachte Carmen, sehr seltsam.

Gerade als sie nachhaken wollte, sah er sie aus seinen grünen Augen verheißungsvoll an und deutete mit dem Kinn zum Bad.

Verwundert erwiderte sie seinen Blick. Als vorhin die Sprache auf das Partyspiel „Seven Minutes In Heaven“ gekommen war, hatten sie gemeinsam darüber gescherzt. Machte er jetzt Ernst?

Als er sie an der Hand nahm und mit sich zog, schlug ihr Herz noch schneller. „Wo willst du denn mit mir hin?“

Anstatt einer Antwort steuerte er wortlos auf das Badezimmer zu.

„Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ Es fiel ihr schwer, nach außen hin cool und beherrscht zu bleiben. Steuerte der ganze Abend nicht auf diesen Moment zu?

Vor ihrem inneren Auge sah sie Eddie, wie er ihr das Top auszog, wie er den Mund auf ihre Brust presste, wie er in sie eindrang …

Autor

Nancy Warren
Nancy Warren hat mehr als 20 erotische und witzige Liebesromane mit großem Erfolg veröffentlicht. Ihren großen Durchbruch hatte sie im Jahr 2000, als sie den Harlequin Blaze-Wettbewerb für bisher unveröffentlichte Autoren gewann. Daraufhin erhielt sie sogleich den Auftrag, drei Romane zu verfassen. Es folgten weitere Preise bei etlichen Wettbewerben. Zudem...
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Crystal Green
Crystal Green – oder bürgerlich Chris Marie Green – wurde in Milwaukee, Wisconsin, geboren. Doch sie blieb nicht lange: Sie zog zunächst nach Südkalifornien, von dort nach Kentucky und wieder zurück nach Kalifornien. Die Reisezeit vertrieb sie sich, indem sie Gedichte und Kurzgeschichten über die ultimativen Superhelden Supermann und Indiana...
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Kathleen schrieb ihren ersten Liebesroman im Alter von 11, welcher, zu ihrem ungebrochenen Erstaunen, laut in ihrer Klasse in der Schule vorgelesen wurde. Nach 20 Jahren ist sie jetzt stolz Karriere als Romanautorin gemacht zu haben. Kathleen lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Texas.
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