Unser Sommer der Leidenschaft

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Es ist ein Sommer der Leidenschaft, den Simone mit Cade in seinem noblen Strandhaus und auf seiner Luxusjacht verbringt. Ihr Körper steht in Flammen, sobald er sie berührt. Hat der attraktive Millionär sie wirklich nur aus Rache zu seiner Geliebten gemacht?


  • Erscheinungstag 11.06.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514804
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Simone Maxwell saß da, starrte in die Ferne und drehte nervös ihr Weinglas zwischen den Fingern. Dabei entging ihr der gut aussehende Mann auf der anderen Seite des Raums, der sie nicht aus den Augen ließ. Obwohl sie äußerlich ruhig und konzentriert wirkte, tobte in ihrem Innern das Chaos.

Dies war der schlimmste Tag ihres Lebens. Gerade hatten die beiden Männer ihr gegenüber das Todesurteil für ihr Unternehmen ausgesprochen. „Sie sind ganz sicher, dass ich Sie nicht doch noch überzeugen kann?“ Sie schaffte es kaum, ihre Stimme ruhig zu halten.

Alles, was sie erntete, war bedauerndes Kopfschütteln und ernste Gesichter. Dann sagte einer der beiden: „Tut uns leid, Miss Maxwell, aber das ist kein wirklich überzeugendes Sanierungskonzept. Wir müssten viel mehr Geld in die Firma stecken, als wir zu investieren bereit sind.“

„Und ich kann gar nichts tun, um Sie vielleicht doch noch umzustimmen?“ Simone hoffte, dass sie nicht zu verzweifelt klang. Sie hasste es, wenn man sie in die Schublade hysterische Frau steckte, obwohl sie sich im Moment genau so fühlte.

Beim Essen war es ihr gelungen, Gelassenheit zu demonstrieren, während sie ihre Lage geschildert und den beiden Interessenten versichert hatte, dass es sich um eine lohnenswerte langfristige Investition handelte. Leider konnte sie sie nicht überzeugen. Trotzdem blieb ihr nichts anderes übrig, als es wenigstens noch ein letztes Mal zu versuchen. „Hören Sie, ich bin mir ganz sicher, dass …“

„Bitte entschuldigen Sie, Miss Maxwell, aber mehr gibt es dazu nicht zu sagen“, fiel ihr der jüngere der beiden Männer ins Wort. „Es tut uns aufrichtig leid, aber wir haben kein Interesse.“ Nach diesen Worten tranken sie ihren Kaffee aus und erhoben sich. „Wir wünschen Ihnen viel Glück.“ Nach einem flüchtigen Händedruck gingen sie zum Ausgang.

Viel Glück! Glück half ihr jetzt auch nicht mehr weiter. Sie war am Ende.

Die Charterfirma für Segeljachten bedeutete ihr alles. Simone war noch ein Kind gewesen, als ihre Eltern die Firma gegründet hatten. So viele Erinnerungen hingen an dem Unternehmen.

Mit dem Argument, dass sie den Betrieb ohnehin irgendwann erben würde, hatte ihr Vater ihr die Firma vor einiger Zeit überschrieben. Dummerweise hatte die Sache einen Haken, was Simone leider zu spät erkannte. Bei Durchsicht der Bücher stellte sich heraus, dass die Firma in schier unüberwindlichen finanziellen Schwierigkeiten steckte. Heute wusste Simone, dass ihr Vater das gesamte Unternehmenskapital verspielt hatte.

Sie hielt sich den schmerzenden Kopf. Wenn ihr Vater doch nur verantwortungsvoller mit dem Geld umgegangen wäre. Und wenn sie selbst sich die Kontoauszüge nur früher angesehen hätte. Wenn, wenn, wenn … Sie hasste ihren Vater für sein egoistisches Verhalten, aber als Tochter liebte sie ihn trotzdem.

Auch ihre Mutter hing sehr und voller Stolz an der Firma – ein Grund mehr für Simone, alles für deren Rettung zu tun. Sie durfte Pamela nicht enttäuschen. Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie wüsste, wie es derzeit um das Unternehmen stand.

In derart düstere Gedanken versunken, sah Simone den Mann nicht, der den Raum durchquerte. Erst als seine vertraute Stimme höchst unerwünschte Erinnerungen weckte, wurde sie auf ihn aufmerksam.

Cade Dupont! Himmel, wo kam der denn auf einmal her?

Cade hatte ihr gerade noch gefehlt. Wenn er vom Niedergang der Firma erfuhr, würde er triumphieren.

Als sie sich zu ihm umdrehte, stockte ihr der Atem. Hochgewachsen und schlank stand er vor ihr, mit so kühnen Gesichtszügen, dass sie fröstelte. Er sah immer noch genauso atemberaubend aus wie vor fünf Jahren. Simone schloss die Augen und betete, dass er verschwinden möge, aber als sie sie wieder aufschlug, stand er immer noch da.

Cade trug einen maßgeschneiderten grauen Anzug und ein weißes Hemd, das seine Sonnenbräune noch betonte, dazu eine graue Seidenkrawatte mit feinen goldenen Streifen. Das Gold in der Krawatte spiegelte sich in seinen Augen wider, zwei goldenen Seen, in denen sie früher geglaubt hatte zu ertrinken. Dummerweise strahlte er noch immer diese atemberaubende Männlichkeit aus.

Sie räusperte sich. „Was machst du hier?“, fragte sie heiser.

„Das ist ja eine reizende Begrüßung.“ Ohne ihre Einladung abzuwarten, setzte er sich ihr gegenüber an den Tisch. „Freust du dich gar nicht, mich wiederzusehen?“

„Sagen wir, ich bin überrascht. Ich wähnte dich eigentlich am anderen Ende der Welt.“

„Und offenbar wünschst du dir, ich wäre auch dortgeblieben.“ Er fixierte sie verächtlich. „Was war das denn eben für ein Auftritt? Vermute ich recht, dass du es diesmal ausnahmsweise nicht geschafft hast, dich durchzusetzen?“

„Ich fasse es nicht! Du hast doch nicht etwa gelauscht?“

„Gott bewahre! Ich weiß schließlich, was sich gehört. Aber deine Körpersprache spricht Bände … die Sprache eines immer noch atemberaubenden Körpers, wenn ich das anmerken darf.“ Dabei ruhte sein Blick auf ihren Brüsten, die sich unter dem leichten Kaschmirtop deutlich abzeichneten.

Ohne Erfolg versuchte Simone das Kribbeln zu ignorieren, das sein eindringlicher Blick auf ihrer Haut auslöste. Innerhalb kürzester Zeit erfasste eine verräterische Erregung jeden Quadratzentimeter ihres Körpers. „Was willst du hier, Cade – abgesehen davon, dass du mir nachspionierst?“ Hatte sie nicht eben noch gedacht, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte? Eine glatte Fehleinschätzung, wie sich jetzt herausstellte. Denn Cade Dupont hatte noch eine Rechnung mit ihr offen – zumindest seiner Meinung nach.

„Ich bin geschäftlich hier“, klärte er sie auf.

Der Blick aus seinen Augen, die früher … Stopp! Hier ging es nicht weiter. Das war vermintes Gelände. Mochte ihr verräterischer Körper diesen Mann auch noch so sehr auf Anhieb als den Mann wiedererkennen, der sie in die Welt schwindelerregender Lust und intensivster Gefühle eingeführt hatte.

„Geschäftlich?“, hakte sie nach.

„So ist es. Ich plane, hier eine Niederlassung aufzumachen.“

„Was? Direkt hier?“ Selbst in ihren eigenen Ohren klang sie töricht. Aber was hätte sie auch sagen sollen? Sie wollte Cade Dupont nicht wieder hier vor Augen haben, er war Vergangenheit. Eine Vergangenheit, in der sie himmelhoch jauchzend glücklich gewesen war, leider mit einem sehr bitteren Ende. Und inzwischen war das Feuer der Leidenschaft längst erloschen.

„Was denn für eine Niederlassung?“, fragte sie mit einer Stimme, die gar nicht wie ihre eigene klang.

Er plante doch nicht etwa, ihr Konkurrenz zu machen? Die Whitsundays, eine Inselgruppe von über hundert Inseln, galten als erste Adresse, wenn man in Australien eine Segeljacht mieten wollte. Die Ausflüge zum Great Barrier Reef waren fast immer ausgebucht.

Simone wusste, dass sie sich glücklich schätzen konnte, in einem so herrlichen Teil der Welt zu leben. Leider waren ihre Ambitionen ins Leere gelaufen, und ihre Hoffnungen hatten sich nicht erfüllt. Sie spülte die aufsteigende Bitterkeit mit dem letzten Schluck Wein hinunter und streckte die Hand nach der Flasche aus.

Aber Cade kam ihr zuvor. „Wenn du erlaubst.“

Für einen flüchtigen Moment berührten lange braune Finger ihre Hand. Simone zuckte zusammen und zog eilig die Hand zurück. Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Dabei beobachtete sie, wie Cade ihr Wein nachschenkte und dem Kellner ein Zeichen machte, dass er auch ein Glas wollte. Er strahlte ein umwerfendes Selbstbewusstsein aus.

Cade war zweiunddreißig, und sie war neun Jahre jünger – aber älter und klüger als die naive Achtzehnjährige von vor fünf Jahren. Wenn auch offensichtlich nicht alt genug, um ein taumelndes Unternehmen vor dem Sturz in den Abgrund zu bewahren, dachte sie bitter.

Demnächst müsste sie Konkurs anmelden. Eine Schande für ein Unternehmen dieser Art in allerbester Geschäftslage! Irgendjemand würde ihr die Firma für ein Butterbrot abkaufen, und wenn der neue Besitzer klug investierte, bekäme er in absehbarer Zeit eine Goldgrube.

„An was für ein Unternehmen ich denke?“ Cade hielt sein Glas ins Licht und studierte lächelnd den Inhalt. „Na, an was wohl? Natürlich an eine Chartergesellschaft für Segelboote. Das ist schließlich das Einzige, wovon ich etwas verstehe.“

Simone blieb das Herz stehen, und es dauerte gefährlich lange, bis es wieder normal schlug. „Hast du in England … dann hast du in England also auch so eine Firma auf die Beine gestellt?“

„Das überrascht dich, was? Natürlich musste ich einen Kredit aufnehmen, aber anschließend lief alles erstaunlich glatt.“ Er kniff die goldenen Augen zusammen und musterte sie eingehend. „Apropos glatt, wie läuft’s denn bei dir so?“

Kein Zweifel, er wusste Bescheid! Das sah sie ihm an. Irgendwer musste ihm gesteckt haben, dass es mit MM Charters rasant bergab ging.

„Dazu möchte ich im Moment lieber nichts sagen.“

„Ach ja?“ Amüsiert hob er eine Augenbraue. „Warum so zugeknöpft? Ist es dir unangenehm, zuzugeben, dass es um deine Firma derzeit nicht allzu gut bestellt ist?“

„Du spionierst mir also wirklich nach, ja?“ Wütend funkelte sie ihn an. Himmel, sie musste sofort weg hier, auf der Stelle. Das fehlte noch, dass sie sich in aller Öffentlichkeit mit Cade Dupont stritt. Simone atmete wieder tief durch, dann noch einmal, und als er nicht reagierte, stand sie auf. „Ich muss los, Cade. Mach’s gut.“

Mit gestrafften Schultern, den Kopf hoch erhoben, trat Simone den Rückzug an. Aber so leicht wollte Cade sie offenbar nicht davonkommen zu lassen. Auf ihrem Weg zur Tür sah sie in einem Spiegel, dass er eine Handvoll Geldscheine auf den Tisch warf und ihr mit langen Schritten folgte.

Verdammt! Jetzt hatte sie im Eifer des Gefechts auch noch vergessen zu bezahlen. Oder hatte er womöglich nur seine eigene Rechnung beglichen? Sie fuhr herum und musterte ihn finster. „Was hast du bezahlt?“

„Alles.“

Simone riss ihre Tasche auf und wühlte darin herum, aber seine entschlossene Hand, die sich auf ihren Arm legte, ließ sie innehalten.

„Schon gut, die Rechnung geht auf mich.“

„Kommt gar nicht infrage!“, fauchte sie, alarmiert von der Erkenntnis, dass sich ihr Puls bei seiner Berührung schlagartig beschleunigt hatte. Das brauchte sie jetzt wirklich nicht, sie hatte auch ohne ihn schon genug Probleme. Cade war Vergangenheit.

„Kannst du es dir wirklich leisten, mich abblitzen zu lassen?“, fragte er mit seidenweicher Stimme so dicht vor ihr, dass er sie fast streifte und sie seinen Duft roch. Himmel!

„Was soll das denn heißen?“ Simone wagte kaum zu atmen. Flucht schied aus, weil sie damit zugeben würde, in welche Verwirrung diese Begegnung sie stürzte.

„Deine Probleme haben sich hier längst herumgesprochen, Simone.“ Er lächelte süffisant. „Natürlich haben die Leute Mitleid mit dir, weil jeder weiß, dass dein Vater ein Taugenichts ist. Aber was soll man machen?“ Er machte eine kleine Pause. „Doch es sieht ganz danach aus, als könnte ich etwas für dich tun.“

Auf einmal machte Simones Herz Bocksprünge. Sie hätte gern eine Hand auf ihre Brust gelegt, um es zu beruhigen, wollte aber verhindern, dass Cade aufmerksam wurde. Was sollte das werden? Doch nicht etwa eine feindliche Übernahme? Eine derartige Ironie des Schicksals wäre unerträglich.

„Es gibt nichts, was du für mich tun kannst, und ich will auch gar nicht, dass du etwas für mich tust“, erklärte sie wütend, während sie die Tür aufriss. „Mach dir keine Gedanken, ich komme schon zurecht.“

Schlimm genug, dass er ihre Rechnung bezahlt hatte. Außerdem war es extrem demütigend, dass er Erkundigungen eingezogen und erfahren hatte, wie schlecht es für MM Charters aussah. Obwohl niemand wusste, dass ihr das Wasser inzwischen bis zum Hals stand.

Doch Cade ließ sich nicht beirren. „Es wäre töricht von dir, meine Hilfe abzulehnen.“

Er blieb ihr so dicht auf den Fersen, dass Simone fast meinte, seinen Atem in ihrem Nacken zu spüren. Auf dem Weg zum Auto beschleunigte sie ihre Schritte noch. Unfassbar, dass er nach so langer Zeit ihre Gefühle immer noch in Aufruhr bringen konnte. Es war fast, als ob die Zeit zurückgedreht worden wäre.

Cade war der Mann, dem sie ihre Unschuld geschenkt hatte. Dank seiner Erfahrung und Einfühlsamkeit war aus einem naiven Mädchen eine körperbewusste junge Frau geworden, die das Liebesspiel in vollen Zügen genossen hatte. Sie hatte ihn mit jeder Faser ihres Herzens geliebt.

An ihrem Auto fuhr Simone noch einmal herum, um ihm zu sagen, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Doch das gefährliche Brodeln in den Tiefen seiner Augen verschlug ihr die Sprache. Unübersehbar besaß er noch dieselbe Macht über sie wie damals.

„Lass mich in Frieden, Cade. Geh weg.“ Die Worte waren kaum mehr als ein heiseres Flüstern, und sie war sich bewusst, dass sie zu schnell atmete.

Aber Cade dachte gar nicht daran, ihrer Aufforderung nachzukommen. Er rührte sich keinen Millimeter von der Stelle. Lässig an ihr Auto gelehnt, schien er nur darauf zu warten, ihr den Autoschlüssel aus der Hand zu nehmen, falls sie versuchen sollte einzusteigen.

Seine sandfarbenen Augen erinnerten an das Fell eines Löwen. Sein Blick hielt sie unnachgiebig fest. Früher hätte sie dabei unweigerlich weiche Knie bekommen, und heute verhielt es sich leider nicht viel anders.

„Es wäre töricht, meine Hilfe zurückzuweisen, Simone“, warnte er sie ruhig. „Falls es stimmt, was ich gehört habe, komme ich genau zur richtigen Zeit.“

„Und warum solltest du mir helfen?“, fragte sie leise.

Das fragte Cade sich auch. Wie kam er dazu, ihr seine Hilfe anzubieten, nachdem sie ihm so übel mitgespielt hatte? Er sollte so schnell wie möglich von hier verschwinden. Damals hatte Simones Vater ihm glaubhaft versichert, dass sie involviert gewesen war, obwohl sie selbst das vehement geleugnet hatte. So viel Verlogenheit hätte er ihr nie zugetraut. Der Schmerz darüber, dass er einem Trugbild aufgesessen war, hätte ihn fast umgebracht.

Als er an die atemberaubende Geliebte von früher dachte, pumpte Cades Herz sein Blut schneller durch seine Adern. Obwohl er wusste, dass er ihr nie verzeihen würde, hatte er sie vorhin auf Anhieb wieder begehrt. Sich diesen schönen Körper wieder untertan zu machen, wäre ein riesige Genugtuung. Er würde ihr seinen Willen aufzwingen und sie von sich abhängig machen. Dieser Gedanke entlockte ihm ein Lächeln.

Ursprünglich hatte seine Reise nach Australien nichts mit Simone zu tun gehabt. Er war hergekommen, weil ihm die Whitsundays als neuer Standort für sein Unternehmen ideal erschienen. Er hatte nicht einmal gewusst, ob Simone noch hier lebte. Aber jetzt stand sie vor ihm, genauso schön wie in seiner Erinnerung – sogar noch schöner. Diese Frau war schlicht atemberaubend mit ihrem glänzenden kastanienbraunen Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden trug. Diese Frisur betonte jedes einzelne köstliche Detail ihres herzförmigen Gesichts mit den großen lavendelblauen Augen. Selbst jetzt, im Moment der Empörung, wirkte ihr Mund weich und einladend.

Alles in Cade verzehrte sich danach, sie zu berühren. Dass Simone diese Sehnsucht erwiderte, wusste er. Sie atmete schneller als normal, und ihre schönen Augen verdunkelten sich, ein untrüglicher Hinweis darauf, dass sie sich erinnerte. Genau wie er. Und darauf, dass sie sich – ebenfalls genau wie er – fragte, wie es wäre, sich ihm wieder hinzugeben.

Entschieden verbannte er diese Gedanken in die hinterste Ecke seines Kopfes. „Es geht nicht um das Warum“, erklärte er schroff. „Es ist einfach eine Frage der Zweckmäßigkeit, sonst gar nichts. Da ich hier ohnehin einen neuen Standort plane, kann ich doch genauso gut die Scherben einer anderen Firma einsammeln und überlegen, ob man sie nicht vielleicht gewinnbringend einsetzen kann. Das scheint mir auf jeden Fall vernünftiger als ganz von vorn anzufangen, oder was meinst du?“

„Heißt das, du willst meine Firma übernehmen?“ Simone reckte trotzig das Kinn.

Sie war atemberaubend in ihrem Zorn. Ihre Wangen hatten sich leicht gerötet, die violetten Augen sprühten Blitze, und ihr ganzer Körper vibrierte vor Energie. Cade musste sich schwer zusammennehmen, um sie nicht an sich zu reißen und zu küssen.

Doch das musste noch warten. Aber zu gegebener Zeit würde er darauf zurückkommen und sich mit viel Lust und Laune bedienen, um sie anschließend einfach fallenzulassen. Das war der Plan.

„Keineswegs.“ Seine Stimme klang absolut normal. Wie konnte das sein, wo doch sein Herz schlug wie ein Schmiedehammer? „Lass dir mein Angebot durch den Kopf gehen, Simone. Ich schlage vor, wir essen morgen Abend zusammen. Dann können wir alles Weitere besprechen.“

Verzweifelt bemühte Simone sich um Klarheit. Cade hatte sie überrumpelt, so viel stand fest. Fragte sich nur, ob sie bereit war, über seinen Vorschlag wenigstens nachzudenken, oder ihn auf der Stelle kategorisch zurückweisen sollte. Aber dann konnte sie ihre Firma abschreiben.

Oder gab es vielleicht doch noch jemanden, von dem sie Hilfe erwarten konnte? Ihr Vater schied definitiv aus. Er war ein verlorener Fall, spielsüchtig – und darüber hinaus schleppte er auch noch ein Alkoholproblem mit sich herum. Ihre Mutter lebte nach einem schweren Herzinfarkt in einem Pflegeheim und wusste nur wenig von Simones Schwierigkeiten. Nach ihrer Scheidung war Simone in ihr Elternhaus zurückgekehrt, weil sie sich keine eigene Wohnung leisten konnte. Hier kochte sie ihrem Vater jeden Tag eine warme Mahlzeit. Doch abgesehen davon lebte jeder sein eigenes Leben.

Die Firma war ihr ganzer Lebensinhalt. Simone liebte ihre Arbeit. Sie liebte das Meer, die Sonne und die Segelboote und das dazugehörige Leben. Darum wollte sie die Firma auf keinen Fall aufgeben. Aber auch ihrer Mutter zuliebe verbot sich das. Ihrem Vater gegenüber empfand sie hingegen keinerlei Schuld- oder Pflichtgefühle – im Gegenteil. Wenn Cade also tatsächlich nach einer Investitionsmöglichkeit suchte, sollte sie sein Angebot wenigstens in Erwägung ziehen.

„Du bist einverstanden?“

Erst jetzt wurde Simone bewusst, dass Cade sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Daher war ihm sicher auch nicht der innere Kampf entgangen, den sie mit sich ausfocht.

Sie nickte, nicht wirklich überzeugt, wobei sie ihn nur mit einem flüchtigen Blick streifte. Ihm länger in die Augen zu schauen, wagte sie nicht.

Obwohl es besser gewesen wäre, weil sie sich dann vielleicht vor dem Kommenden hätte schützen können. Während Simone immer noch mit sich rang, zog Cade sie kurzerhand an sich und küsste sie. Damit katapultierte er sie aus dem Stand heraus in eine sinnliche Welt, die sie längst untergegangen glaubte.

Zwei warme starke Hände hielten ihr Gesicht, dann beschlagnahmte sein Mund den ihren. Simone konnte gar nicht anders als den Kuss zu erwidern. Und augenblicklich fiel sie zurück in die Zeit, in der sie eine leidenschaftliche Liebesbeziehung geteilt hatten. Ihr Verstand befahl ihr, sich von ihm zu lösen. Aber sie musste diesen magischen Moment einfach auskosten.

Noch einmal würde er sie bestimmt nicht küssen. Wahrscheinlich wollte er damit nur ihre Verabredung besiegeln. Simone war sich bewusst, dass der Kuss keinerlei Bedeutung hatte. Doch das hinderte sie nicht daran, ihn zu genießen.

Sekunden später trat Cade einen Schritt zurück. „Gut, dass du Vernunft angenommen hast“, sagte er schroff. „Morgen Abend um sieben hole ich dich ab. Du hast doch noch die alte Adresse?“

Simone konnte nur mühsam nicken, bevor sie in ihr Auto stieg. Es dauerte einen Moment, bis sie es schaffte, den Zündschlüssel umzudrehen und loszufahren.

2. KAPITEL

Am nächsten Abend läutete es Punkt sieben bei Simone an der Tür. Als hätte Cade draußen gewartet und auf die Uhr geschaut, um auf die Sekunde pünktlich zu sein.

Zum Glück war ihr Vater nicht zu Hause. Wie meistens hatte Simone nicht die geringste Ahnung, wo er sich herumtrieb. Es interessierte sie auch nicht. Natürlich sahen so nicht die Gedanken einer liebenden Tochter aus, aber Matthew Maxwell hatte Simones Achtung längst verspielt. Trotzdem wusste sie, dass sie es wahrscheinlich nie übers Herz brächte, sich ganz von ihm abzuwenden.

Inzwischen bereute sie es, sich auf Cades Vorschlag eingelassen zu haben. Dieses Treffen war idiotisch, aber gestern hatte sie nur ans Geschäft gedacht.

Glaubte sie ernsthaft, dass ausgerechnet Cade ein Interesse daran haben könnte, ihre Firma zu retten? War sie wirklich so naiv? Auch wenn sie seine Absichten nicht kannte, wusste sie doch sehr genau, dass er nicht die geringste Veranlassung hatte, ihr zu helfen.

Dass er es immer noch schaffte, sie innerhalb kürzester Zeit in ein zitterndes Bündel aus Begierden zu verwandeln, kam erschwerend hinzu. Dieser Kuss gestern hatte das leider untrüglich bewiesen. Wie, um Himmels willen, sollte sie mit so einem Menschen zusammenarbeiten? Ihr Herz begann bei seinem Klingeln ja schon wieder zu rasen.

Um Cade kein falsches Bild zu vermitteln, hatte Simone sich bewusst zurückhaltend gekleidet. Sie trug einen roséfarbenen langen Rock und ein kurzärmliges Oberteil mit dezentem V-Ausschnitt. Dazu hatte sie Sandaletten mit einem kleinen Absatz und roséfarbene Perlenohrringe gewählt.

In der Hoffnung, kühl und kontrolliert zu wirken, hatte sie sich das Haar im Nacken zu einem lockeren Knoten zusammengesteckt. Obwohl der äußere Anschein trog. Sie war so aufgewühlt wie seit Jahren nicht.

Autor

Margaret Mayo
Margaret Mary Mayo wurde am 7. Februar 1935 in der Grafschaft Staffordshire, England, geboren und hat diese Region noch nie verlassen. Sie hatte nie vor Autorin zu werden, obwohl sie das Lesen liebte. Nachdem ihre beiden Kinder, Adrian und Tina, geboren waren und schließlich zur Schule gingen, nahm sie ihre...
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