Vergeben, vergessen – verlieben, Mylord?

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"Sie sind Giles Redmond?" Lady Laurel Knighton ringt nach Atem. Deshalb kam er ihr auf dem Weg nach Bath so bekannt vor! Aber vor neun Jahren war Giles noch ein schlaksiger Bengel, mit dem sie, das Nachbarsmädchen, heftig gestritten hat. Jetzt ist er umwerfend attraktiv und weckt eine verbotene Sehnsucht in Laurel. Zu dumm, dass sie mit ihren fünfundzwanzig Jahren praktisch eine alte Jungfer ist. Doch weder Alter noch Feindschaft scheinen den Lord zu stören - er will sie heiraten! Ein bittersüßer Antrag, denn er sagt kein Wort von Liebe …


  • Erscheinungstag 10.09.2019
  • Bandnummer 597
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736866
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Beckhampton, auf der Straße nach Bath, Juni 1814

Das hier ist vollkommen untragbar.“

„Sind Sie daran gewöhnt, dass sich die Naturgewalten nach Ihren Vorstellungen richten, Madam?“

Natürlich hätte sie den Mann einfach ignorieren sollen. Keine Dame von Stand ließ sich vor einem Gasthaus am Straßenrand auf Unterhaltungen mit vollkommen Fremden ein. Ganz besonders nicht mit großen, verwegen aussehenden Fremden. Da dieser Kerl sie unaufgefordert angesprochen hatte, benahm er sich nicht so, wie es sich für einen Gentleman geziemte.

Laurel wandte den Kopf, um ihm einen flüchtigen Blick zuzuwerfen, doch das feine Gewebe ihres Schleiers ließ seine Züge leicht verschwommen wirken. Zuvor hatte sie in einem unbeobachteten Moment allerdings genauer hingesehen. Immerhin war sie eine Frau und mit ihren fünfundzwanzig Jahren noch keine vertrocknete, übrig gebliebene alte Jungfer, da konnte ihre Stiefmutter sagen, was sie wollte. Ihre Augen waren ebenso funktionstüchtig wie ihr Herz, und dieser Fremde war ein gut aussehender Mann. Wenn man große, breitschultrige Blondschöpfe mit etwas zu langem Haar mochte. Die dazu auch noch sonnengebräunt waren. Dies war ein weiterer Hinweis darauf, dass sie keinen Gentleman vor sich hatte, auch wenn sie die Möglichkeit einräumen musste, dass er vielleicht zur East India Company gehörte oder möglicherweise gerade erst von den Westindischen Inseln heimgekehrt war.

Sie hatte an einem Tisch im Schankraum des Beckhampton Inn gesessen und an ihrem Tee genippt, während ihre Zofe Binham ihr in geziertem Schweigen Gesellschaft geleistet hatte, als er hereingeschlendert gekommen war. Er hatte sich ein Porter bestellt und beim Trinken einen Ellbogen nachlässig auf den Tresen gestützt, als befänden sie sich in irgendeinem gewöhnlichen Wirtshaus und nicht in einer höchst respektablen Poststation entlang der Bath Road.

„Ich bin daran gewöhnt, dass die Postillione, mit denen ich zu reisen pflege, dazu in der Lage sind, mögliche Hindernisse auf dem Weg zu umfahren, Sir“, antwortete sie nun. „Ich erwarte nicht, dass sie mit den Schultern zucken und verkünden, dass wir einen übertrieben langen Umweg in Kauf nehmen müssen, nur weil ein Baum über der Straße nach Cherhill liegt.“

Sie standen im Hof, und allmählich wurde es unangenehm voll, da die Postkutsche gerade eingetroffen war und sich neben ihrer eigenen noch drei weitere Kutschen, deren Pferde gewechselt werden sollten, vor der Poststation drängten. Inmitten des Trubels stand der Bote der London Mail. Die Postsäcke hatte er sich mithilfe von Gurten umgeschlungen. Er hielt die Zügel eines der ausgeschirrten Gespanne in der Hand und verlangte nach einem Reitpferd, das ihn nach London bringen konnte, während aufgeregte Fragen danach, wie ernstzunehmend das Hindernis auf der Straße in etwa fünf Kilometer Entfernung war, auf ihn einprasselten.

„Wie ich Ihnen schon gesagt habe, Madam, können wir Richtung Süden über Devizes und Melksham nach Bath fahren.“ Der Postillion, der ihr die unwillkommene Nachricht überbracht hatte, bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick. „Den Aussagen zufolge kann nur ein Reiter diese große alte Eiche umgehen. Die Postkutsche steckt fest, und wenn nicht einmal die Post durchkommt, dann wird nichts, was Räder hat, daran vorbeigelangen.“

„Und wie ich Ihnen schon bei unserem Aufbruch mitgeteilt habe, ist es meine Absicht, über Pickwick zu fahren.“ Laurel klappte ihr Streckenbuch auf, das sie in ihrem Pompadour mitführte, und strich mit dem Finger die Liste mit den Straßen entlang, die nach Bath führten. „Wie ich es mir gedacht habe. Wenn wir den Weg über Melksham nehmen, wie Sie es vorschlagen, dann bedeutet dies einen erheblichen Umweg nach Pickwick.“

„Anders geht es nun einmal nicht, Madam“, beharrte der sehnige kleine Mann.

Laurel seufzte, was aber mehr ihr selbst als ihm galt. Während der letzten Wochen hatte sie sowohl ihre Geduld als auch ihren Sinn für Humor verloren, und sie wusste es selbst. Es ging hier nicht um Leben und Tod – genau genommen schien ihr nichts mehr wirklich wichtig zu sein, wenn sie ehrlich war. Falls sie tatsächlich einen langen Umweg in Kauf nehmen mussten und Tante Phoebes Haus erst später erreichen würden, dann war dies eben einer der Umstände, auf die man gefasst sein musste, wenn man eine Reise unternahm. Ihre Stiefmutter hatte recht, sie verwandelte sich tatsächlich schon vor der Zeit in eine verschrobene und unduldsame alte Jungfer.

„Nun gut. Sie wissen es sicher am besten.“

„Oder vielleicht auch nicht“, warf der Fremde ein, der sich unverfroren wieder in ihre Unterhaltung einmischte. „Was ist mit der alten Straße bei Shepherd’s Shore, an der Flanke der Downs entlang zur Sandy Lane?“

„Diese Straße ist schon seit über fünfzig Jahren nicht mehr instandgesetzt worden, Sir.“

„Aber es gibt sie noch, nicht wahr?“

„Aye, Sir, und für Bauernwagen und Reiter ist sie sicherlich geeignet, aber nicht für feine Herrschaften in einer Kutsche.“

„Der Boden ist trocken, es ist recht windstill und Sie haben ein Vierergespann.“ Der Mann blickte zu Laurel. „Ich reise zu Pferde, ich kann Ihnen also den Weg zeigen. Die Straße wird furchig sein und sie steigt lange an, aber sie führt an Cherhill und Calne vorbei, und Sie werden wieder auf die Straße nach Chippenham und Pickwick gelangen, ohne einen weiten Umweg zu machen.“

Laurel musterte ihn und fragte sich, warum er ihr so vage bekannt vorkam. Ein Mann allein konnte ihr wohl kaum gefährlich werden. Immerhin wurde sie von ihrer Zofe und zwei Postillionen begleitet. Wenn auch von zwei sehr beleidigten Postillionen. Natürlich bestand die Gefahr, dass an der Kutsche ein Rad oder eine Achse brach und dass sie inmitten der gottverlassenen Hügellandschaft der Downs festsaß, aber sie wollte dringend genug nach Bath, um dieses Wagnis einzugehen.

„Vielen Dank, Sir. Ich wäre Ihnen sehr verbunden.“ Sie wandte sich an die Postillione. „Sie haben den Gentleman gehört, wir werden ihm zur Sandy Lane folgen.“

Ohne weiteren Kommentar drehten sie sich um und gingen zu den Pferden, doch wenn Rücken und Hinterköpfe hätten sprechen können, dann hätten sie jetzt Das wird Ihnen noch leidtun gesagt. Oder vielleicht auch einfach: Frauen!

„Madam, verzeihen Sie mir, aber sind wir uns schon einmal begegnet?“

Es erging ihm auch so?

Der Fremde starrte sie an, als hoffte er, ihren Schleier durchdringen zu können. Er hatte blaue Augen und außerordentlich dunkle Wimpern.

„Das glaube ich kaum, Sir.“ Sie traute Männern mit blauen Augen nicht, ganz gleich, wie attraktiv sie sein mochten. Außerdem war es nicht ratsam, sich in eine Unterhaltung verstricken zu lassen. Für Schurken war dies sicherlich eine bequeme List. Bevor man wusste, wie einem geschah, hatte man auch schon Informationen über Bekannte und Orte preisgegeben, die einem vertrauenerweckenden Trickbetrüger oder Verführer wertvolle Einsichten liefern konnten. Nicht dass sie ihn für eines von beidem gehalten hätte, aber wenn man solchen Menschen ihre Absichten an der Nasenspitze hätte ablesen können, dann wären sie ja auch nicht sonderlich erfolgreich gewesen.

„Nein, natürlich nicht.“ Er runzelte die Stirn. „Es liegt an der Art, wie Sie den Kopf zur Seite neigen, wenn Sie nachdenken. Das erinnert mich an eine alte Bekanntschaft.“ Um wen auch immer es sich dabei handeln mochte, die Erinnerung schien ihm nicht viel Freude zu bereiten.

Laurel nickte und ließ ihn dann stehen, um zur Kutsche zurückzukehren. Wenn er so ernst war, wirkte sein Gesicht nicht nur schön, sondern auch intelligent und einfühlsam. Das machte seine blauen Augen beinahe wieder wett – genau genommen war er sogar durchaus anziehend. Vertrau mir, schien diese Miene zu sagen.

„Hah!“, stieß sie leise hervor, während sie in die Kutsche stieg und beiseiterutschte, damit Binham neben ihr Platz nehmen konnte. Männer waren nie vertrauenswürdig, ob nun Fremde oder Verwandte oder Freunde. So viel hatte das Leben sie bereits gelehrt.

„Mylady?“ Ihre neue Zofe missbilligte die Unterhaltung mit einem fremden Mann ganz offensichtlich. Sie war eine strenge Verfechterin der Benimmregeln, was zur Folge hatte, dass sie sich von ihrer Arbeitgeberin nur mit dem Nachnamen und von den niederen Bediensteten nur mit „Miss Binham“ anreden ließ. Ihre Stiefmutter mochte Binham, aber Laurel hatte vor, der Zofe so bald wie möglich einen neuen Arbeitgeber zu suchen, wenn diese nicht schnellstens Anzeichen eines gewissen Humors erkennen ließ.

„Nichts, Binham. Halten Sie sich fest, ich fürchte, das wird eine holprige Fahrt.“

Sie wandten sich erst nach Süden, dann nach Westen. Die Straße stieg stetig an und verlief parallel zu der modernen Route, die sich etwa drei Kilometer zu ihrer Rechten auf der anderen Seite der großen Hügel befand. Beinahe sofort verwandelte sich die befestigte Straße in einen holprigen und staubigen Sandweg.

Beim ersten Schlagloch stieß Binham einen kleinen Schrei aus und drückte sich mit der einen Hand das Reiseköfferchen ihrer Herrin an die Brust, während sie mit der anderen nach dem Halteriemen griff. Laurel hielt sich fest und blickte durch die Glasscheibe zwischen den Postillionen und dem Vierergespann hindurch zu dem Reiter, der ihnen den Weg wies.

Er saß entspannt auf einem großen Grauen, der einen ebenso draufgängerischen Eindruck machte wie sein Herr. Der Schweif war lang und zottelig, die Beine mit einer dicken Schicht aus Straßenstaub bedeckt. Es war kein gemietetes Reittier, so viel stand fest. Die Zügel hingen vertrauensvoll lang durch und der Mann im Sattel schien bereits so viel Zeit ebendort verbracht zu haben, dass er sich eindeutig zu Hause fühlte.

Laurel hob den Schleier und musterte die breiten, bequem hängen gelassenen Schultern mit zu Schlitzen verengten Augen. Es war überaus unwahrscheinlich, aber irgendetwas an dem Mann kam ihr noch immer bekannt vor.

Nein, es ist nicht so, als hätte ich ihn schon einmal gesehen. Es ist eher so, als hätte jemand eine blasse Skizze von einem jungen Mann angefertigt und dann diesen Fremden auf demselben Blatt Papier porträtiert, sodass der Geist der ursprünglichen Zeichnung noch hindurchschimmert.

Das war lächerlich. Der einzige Mensch mit so lapislazuliblauen Augen, den sie jemals gekannt hatte, war Giles Redmond gewesen. Ein unscheinbarer Junge mit großen Händen und Füßen, mit riesigen Ohren und einer ausgeprägten Nase. Irgendwie hatte nichts an dem schüchternen, gebildeten jungen Mann so recht zusammenpassen wollen. Er war ihr jedoch immer ein treuer Freund gewesen, aufmerksam und einfühlsam. Und er hatte den Erwartungen seines Vaters nie gerecht werden können.

Er war sanft, freundlich und lustig und zeigte immer Nachsicht mit der zwei Jahre jüngeren Tochter der Nachbarn. Niemand hätte damals erwartet, dass sich die sechzehnjährige Laurel Knighton in einen so unscheinbaren und scheuen Jungen verlieben könnte, auch wenn er der Erbe eines bedeutenden Titels war. Doch Freundlichkeit, Humor und Klugheit konnten für ein beeinflussbares junges Mädchen ebenso anziehend wirken wie gutes Aussehen und Selbstvertrauen.

Der Marquess of Thorncote, Giles Vater, hatte sich einen Sohn und Erben vom gleichen Schlag wie er selbst gewünscht: gut aussehend, laut, begeisterungsfähig und selbstbewusst. Einen Mann, der den ganzen Tag zur Jagd reiten und die ganze Nacht huren und saufen konnte. Stattdessen hatte er Giles bekommen, der immer die Nase in einem Buch hatte, der verschlossen war und sich vermutlich eher selbst in den Fuß geschossen hätte, bevor er einen Fasan traf.

Merkwürdig, dass er seinen eigenen Sohn genauso wenig gekannt hatte, wie sie es getan hatte. Der Ausdruck auf dem Gesicht des Marquess war beinahe lustig gewesen, als sich das Blatt gewendet hatte. Als Giles gezeigt hatte, wer er wirklich war, und als sich ihr Freund als heimtückisches, betrügerisches Scheusal herausgestellt hatte.

Aber seither waren neun Jahre vergangen. Der Marquess siechte dahin, wie man sagte. Nicht dass es irgendeine Form von Austausch zwischen Malden Grange, dem Heim ihres verstorbenen Vaters William Knighton, Earl of Palgrave, und Thorne Hall gegeben hätte. Nicht seit dem Tag der Verlobungskatastrophe.

Malden war nicht länger ihr Zuhause, nicht mehr, seit sie selbst dort nur noch eine altjüngferliche Stieftochter war. Noch immer musterte sie den abgetragenen braunen Reitumhang vor sich, als wäre der Mann dort auf dem Pferd persönlich für ihre verwandelten Umstände und den Umzug nach Bath verantwortlich.

Was nicht gerecht war, wie sie sich selbst sagte.

Ich möchte einfach nur nach Laura Place. Dieser Name war ihrem eigenen so ähnlich, dass es einfach ein gutes Omen sein musste. Dann werde ich lernen, wieder zufrieden und nützlich zu sein. Ich weigere mich, eine säuerliche alte Frau zu werden. Ich werde glücklich sein. Ich werde mein Glück in den kleinen Dingen finden.

Sie verübelte es dem Fremden wohl einfach, dass er irgendwie die Erinnerung an jene längst vergangenen Tage wieder heraufbeschwor.

Noch immer führte die Straße bergauf. Die Pferde mussten schwer arbeiten, da die Räder der Kutsche immer wieder in tiefen Furchen hängen blieben oder auf losem Kies den Halt verloren. Um sie herum breitete sich offenes Grasland aus, und Laurel schob das Fenster hinunter, damit die kühle Luft und der Gesang der Vögel in die stickige Kutsche dringen konnten.

„Ich fühle mich, als würde ich auf dem Dach der Welt stehen“, sagte sie, als sie schließlich hielten. Dann zog sie rasch ihren Schleier wieder zurecht, als der Fremde sein Pferd wendete und sich aus dem Sattel beugte, um durch das offene Fenster in die Kutsche spähen zu können.

„Die Pferde müssen sich nach dem Anstieg ein bisschen erholen, außerdem ist die Aussicht großartig.“

„Ich habe sie bereits betrachtet, danke.“

Eindeutig kein Gentleman, wenn er so beharrlich mit einer Dame sprach, der er nicht offiziell vorgestellt worden war.

„Nicht auf dieser Seite. Da drüben.“ Er wies mit seiner Reitgerte in die entsprechende Richtung. „Kommen Sie mit und sehen Sie sich das an.“

Was natürlich skandalös war. Sie hätte ihn rügen, das Fenster wieder hochschieben und sittsam in der Kutsche sitzen bleiben sollen, bis die Pferde ausgeruht waren. Nur hatte sie es leider gründlich satt, in der Kutsche zu sitzen.

Schließlich suche ich mein Glück in den kleinen Dingen. Sie ließ den Blick über die mit weißem Wiesenkerbel betupften Hänge im Sonnenlicht gleiten. Es duftete frisch nach Gras. „Na gut. Kommen Sie, Binham. Ach, lassen Sie das Köfferchen stehen. Wer sollte es denn hier stehlen?“

Sie spürte Binhams Blick, der ihr ein Loch in den Rücken zu brennen schien, doch sie kletterte dennoch aus der Kutsche, folgte dem kleinen Seitenpfad vor ihr, und auf einmal stand sie nicht nur auf dem Dach, sondern auch am Rand der Welt. Der dichte Grasteppich fiel zu ihren Füßen steil ab und das Avontal breitete sich vor ihr aus. Die Landschaft der Downs war von tiefen, weiten und trockenen Tälern durchsetzt, ganz so, als hätte ein Riese die Finger in die noch formbare Erde gedrückt. Die grünen Hänge waren mit den weißen Umrissen grasender Schafe gesprenkelt.

„Oh, wie schön.“ Sie schlug den Schleier zurück, um besser sehen zu können. Die kühle Brise streichelte ihr über die Wangen.

„Autsch! Ich habe mir den Knöchel vertreten, Mylady.“

Binham musterte die von Schafkötteln durchsetzten Grasbüschel mit rebellischer Miene. Sie hatte kaum ein paar Schritte gemacht, eindeutig nicht genug, um sich den Knöchel vertreten haben zu können. Das hier war reine Meuterei. Laurel war ihrer zu überdrüssig, um zu widersprechen. „Dann gehen Sie zurück zur Kutsche, Binham.“

Der Fremde neben ihr verfolgte den Rückzug der Zofe, dann wandte er sich wieder an Laurel und sein Blick wurde durchdringender, als er ihr unverhülltes Gesicht sah. Die kurze Verwirrung in seinen Augen hatte sie sich sicherlich nur eingebildet, denn nun war davon nichts mehr zu sehen. „Ja, es ist wirklich schön“, stimmte er zu. „Ich habe England im Frühling vermisst.“ Dann hatte sie also recht damit gehabt, dass er im Ausland gewesen war. „Hören Sie nur mal die Lerchen. Da ist eine, geradezu absurd weit oben.“ Er legte den Kopf in den Nacken und deutete auf einen winzigen Punkt weit über ihren Köpfen.

Laurel lehnte sich ebenfalls nach hinten und folgte der Linie seines deutenden Fingers. „So tapfer, sie singt aus voller Kehle und versucht, den Himmel zu berühren.“

Sie verlor das Gleichgewicht und geriet ins Straucheln. Der Fremde fing sie auf, drehte sie zu sich um und umfasste stützend ihre Schultern. „Schwindlig? Ich habe Sie.“

Ja, ja, das hast du.

Da war etwas an ihm, etwas so Vertrautes, so Liebeswertes, gemischt mit Reue und Trauer – und doch war sie diesem Mann noch nie zuvor begegnet, da war sie sicher.

Sie stand da und schaute in die blauen Tiefen seiner Augen. Sie war ihm viel zu nah, verharrte viel zu lang, und spürte die Wärme seiner Hände selbst durch den dicken Stoff ihres Kleides und des fellgefütterten Mantels. Dann nahm er die Hände fort, so vorsichtig, als entließe er einen gefangenen Vogel in die Freiheit, und langsam, ganz langsam, so als wollte er ihr alle Zeit der Welt geben, um zu fliehen, beugte er sich vor und berührte sacht ihren Mund mit dem seinen.

Es war nur ein Hauch, kaum ein Streicheln, ohne jeden Druck, ohne eine Forderung. Seine Lippen waren leicht geöffnet, genau wie ihre. Sie teilten ihren Atem und es fühlte sich so vertraut an, dass sich ein sehnsuchtsvoller Schmerz in Laurels Brust ausbreitete.

Abrupt trat er zurück und seine Miene war neutral und zurückhaltend, ganz so, als hätten sie nie etwas anderes getan, als sich über Vögel und die Landschaft zu unterhalten. „Die Pferde müssten sich mittlerweile ausreichend erholt haben. Wir machen uns besser wieder auf den Weg.“

Leicht benommen blinzelte Laurel ihn an, dann fing sie sich wieder. Sie benahm sich wie ein verträumtes Mädchen vom Lande, obwohl sie doch in Wahrheit eine gebildete und erfahrene Frau war, die schon Dutzende von Malen geküsst worden war. Na ja, mindestens sechs Mal, von ihren Begleitern bei lokalen Veranstaltungen, und einmal beschämenderweise von dem Hilfspfarrer, nachdem er sich am Silvesterabend mit drei Gläsern Punsch genug Mut angetrunken hatte.

Sie hob das Kinn und ging ohne ein weiteres Wort auf die Kutsche zu, wobei sie sich den Schleier wieder vors Gesicht zog.

Die Postillione hatten es sich unter einem Weißdornbusch gemütlich gemacht und eine Tonpfeife geteilt, doch bei ihrem Anblick sprangen sie auf. Keiner von beiden schien über ihre rasche Rückkehr sonderlich erfreut zu sein. Zweifellos hatten sie geglaubt, ein wenig Freizeit genießen zu können, da sie sich mit dem Fremden für eine längere Tändelei zurückgezogen hatte. Zum Glück verbarg der Schleier ihr Gesicht.

Aber wer verschwand schon in der freien Natur, um sich mit einem Fremden zu vergnügen, den man gerade erst kennengelernt hatte, und das auch noch, solange einem die eigene Zofe auf den Fersen war?

Es war purer Zufall gewesen, dass Binham beleidigt zur Kutsche zurückgegangen war, purer Zufall, dass Laurel ins Straucheln geraten war und er sie aufgefangen hatte.

Oder vielleicht war sie auch zu naiv? Vielleicht hatte er sie fortgelockt und absichtlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Von Tändeleien verstand sie jedenfalls nicht viel, ob nun drinnen oder draußen.

Der Pfad führte in Windungen wieder hinab, die Kutsche schwankte und ruckelte, und Laurel, die nach etwas suchte, das sie von jenem verwunschenen Moment auf dem Hügelkamm ablenkte, verstand nun, warum man diese Straße zugunsten der längeren, aber bequemeren Strecke aufgegeben hatte. Sie passierten andere Straßen und ein paar Höfe. Etwa zwanzig Minuten später hielten sie in einem kleinen Weiler vor einem alten Gasthaus unter dem ausgedehnten Blätterdach einiger großer Bäume.

Der Fremde zügelte sein Pferd und beugte sich hinab, um durch das Fenster mit ihr zu sprechen. „Hier können Sie den berühmten Sandy Lane Pudding im Bear Inn versuchen, die Lieblingsspeise von niemand anderem als dem verstorbenen Beau Nash höchstpersönlich. Oder Sie können direkt nach Chippenham weiterfahren. Die Straßen sind von hier an wieder befestigt, also sollte Ihre Weiterreise glatt verlaufen.“ Er klang nicht wie ein Mann, der gerade eine vollkommen Fremde auf einem Hügelkamm der Downs geküsst hatte.

„Vielen Dank, Sir. Ich werde weiterfahren. Wären Sie wohl so freundlich und richten es den Postillionen aus?“ Sie tat ihr Bestes, um ebenso unverbindlich und höflich zu klingen wie er. „Ich weiß es zu würdigen, dass Sie mir mit Rat zur Seite gestanden und die Straße gezeigt haben, das hat mir einen weiten Umweg erspart.“

„Es war mir ein Vergnügen, Madam.“ Er tippte sich mit dem Griff der Reitgerte an den Hut, dann rief er den Postillionen weitere Anweisungen zu und wendete schließlich wieder sein graues Pferd.

„Ein kleines Abenteuer“, bemerkte Laurel, woraufhin Binham fest die Lippen aufeinanderpresste. Ein Abenteuer und eine Ermahnung, nicht immer so misstrauisch und griesgrämig zu sein. Der Fremde war ein nicht ganz harmloser Samariter gewesen und nur zu einem ganz kleinen Teil ein gefährlicher Wüstling. Es gab keine Entschuldigung dafür, dass sie seinen Abschied bedauerte. Streng rief sie sich zur Ordnung und widerstand dem Verlangen, sich über die Lippen zu lecken.

Der Earl of Revesby setzte sich im Sattel zurecht und stellte sich sehnsüchtig vor, wie er in einem heißen Badezuber im Christopher Hotel sank. Zuerst wollte er jedoch herausfinden, wohin die missvergnügte Reisende mit den geheimnisvollen dunkelbraunen Augen, dem glänzenden dunklen Haar und dem süßen Kirschmund unterwegs war. Er schob die Hand in die Tasche seines Wintermantels, fand den abgegriffenen Zinnklumpen darin und drehte ihn zwischen den Fingern. Es war ein zuverlässiges Heilmittel gegen Ungeduld und Rastlosigkeit.

Arthur, der große Graue, den er nach dem Duke benannt hatte, dessen Nase der des Pferdes sehr ähnelte, stellte entspannt einen seiner Hinterhufe auf die Spitze und entlastete das Bein. Er tätschelte dem Tier den Hals. „Wir sind beide müde. Du kommst bald in einen Stall, mein Junge.“ Er wartete, bis die Kutsche an ihm vorbeigefahren war, geduldig wie ein Wegelagerer im Schutz eines Wäldchens, dann folgte er dem Gefährt in einiger Entfernung bis nach Bath, getrieben von Neugierde, Erregung und einem nagenden Gefühl der Vertrautheit.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, irgendeine Frau zu küssen, der er rein zufällig begegnet war? Er rief sich nachdrücklich in Erinnerung, dass ein solches Verhalten Konsequenzen nach sich ziehen konnte, die von einer Ohrfeige bis hin zu einem wütenden Vater reichten, der einen mit vorgehaltener Schrotflinte dazu zwang, seine Tochter zu heiraten. Es war ein plötzlicher, unwiderstehlicher Impuls gewesen, viel lauter als die Stimme der Vernunft.

Er hatte keinerlei Schwierigkeiten gehabt, den zahlreichen Verlockungen zu widerstehen, die ihm während seiner Heimreise aus Portugal begegnet waren, und nun war er einem Paar schöner brauner Augen zum Opfer gefallen. Wieder einmal, dachte er aufgebracht. Anscheinend hatte er eine gefährliche Schwäche für dunkelbraune Augen entwickelt, und wenn man einmal bedachte, wie viel Ärger es ihm eingehandelt hatte, eine mit besagten Vorzügen ausgestattete Frau auch nur angelächelt zu haben, dann war es schierer Wahnsinn, sich Küsse zu stehlen.

Er sah, wie ein Bediensteter aus dem Haus am Laura Place eilte, gefolgt von einer grauhaarigen Dame, die der Reisenden schon um den Hals fiel, bevor diese ganz aus der Kutsche gestiegen war. Keine von beiden sah sich um, als er auf der Great Pulteney Street an ihnen vorbeiritt. Die leicht reizbare Dame mit dem Sinn für Schönheit und dem fesselnden Blick war in Sicherheit, und er wusste, wo. Das musste für einen Tag reichen.

2. KAPITEL

Laurel, Liebes, da bist du ja endlich! Willkommen in deinem neuen Heim, meine Liebe. Ich nehme an, du würdest dich gerne etwas frisch machen, bevor wir unseren Tee trinken – Nicol, zeig Lady Laurel und ihrer Zofe die Räumlichkeiten –, und dann können wir es uns gemütlich machen und uns unterhalten.“

Tante Phoebe, die verwitwete Lady Cary, redete unglaublich schnell. Noch immer ein wenig atemlos nach der ersten Begegnung seit Jahren mit der Schwester ihrer Mutter, folgte Laurel dem Butler zwei Treppen hinauf. Der Butler erklärte, man habe ihr eine kleine Zimmerflucht zugewiesen, doch Laurel stellte fest, dass ihre Unterkunft beinahe ein gesamtes Stockwerk umfasste. Auf der einen Seite gab es ein Schlafzimmer und einen Ankleideraum mit Blick auf den hinteren Garten und auf der anderen Seite einen Salon mit Blick auf Laura Place, in dessen Mitte sich auf einem Grasfleck ein Springbrunnen erhob. Hinter dem Salon lag Binhams Kammer. Mit einem vornehmen Nicken signalisierte die Zofe ihr Einverständnis. Laurel nahm den Hut, die Handschuhe und den Mantel ab, wusch sich Hände und Gesicht und ging dann wieder hinunter. Das Auspacken überließ sie Binham.

„Liebes, ist alles in Ordnung?“ In dem Moment, in dem Laurel eintrat, griff Phoebe nach der Teekanne und goss ihr eine Tasse ein. „Ich finde das Apfelgrün für die Vorhänge im Schlafzimmer recht ansprechend, aber wenn es dir nicht gefällt, musst du es ändern.“

„Es ist wunderschön. Alle Räume sind wunderschön.“ Sie ergriff die Tasse und setzte sich. „Ich bin dir so dankbar und ich werde mein Bestes tun, um dir eine gute Gesellschafterin zu sein. Du musst mir genau erklären, wie du bestimmte Dinge erledigt haben möchtest und wie ich dich am besten unterstützen kann.“

„Laurel, was für ein Unsinn! Ich brauche keine Gesellschafterin, jedenfalls keine, der ich Anweisungen erteile. Ich bin sehr glücklich, deine Gesellschaft genießen zu dürfen und dir ein Heim bieten zu können, aber es gibt mehr als genug, mit dem ich mein Leben ausfüllen kann, ohne dass ich mir eine Gesellschafterin nehmen müsste. Was für ein grausiger Gedanke, da komme ich mir uralt vor. Ich bin zwar kein Küken mehr, aber ich fühle mich nicht alt, jedenfalls nicht, wenn ich einen neuen Hut habe oder tanzen gehe oder … ja, Liebes?“

„Aber Stiefmama hat gesagt, ich könnte dir von Nutzen sein.“ Laurel musterte ihre Tante, die zwar schon über sechzig war, aber tatsächlich nicht so aussah. Sie war modisch gekleidet und äußerst anziehend und lebendig. Sehr strenge Zeitgenossen mochten sie vielleicht als Plaudertasche betiteln oder kritisieren, dass sie sich jünger gab, als sie war, doch das wäre sehr unfreundlich gewesen, wie Laurel fand. Ihre Tante war fraglos eine liebenswürdige Frau, die es gut mit ihr meinte. Die gebrechliche alte Dame, die Laurel erwartet hatte, war sie jedoch nicht. War die Reise vielleicht umsonst gewesen? Gab es hier überhaupt keine Aufgabe und keine Chance auf ein neues Leben für sie? „Sie hat gesagt, dass ich hier wenigstens jemandem nützlich sein könnte.“

„Nimm dir ein Ingwerplätzchen. Deine Stiefmutter ist eine alte Katze. Ich weiß einfach nicht, was sich dein Vater, Gott hab ihn selig, dabei gedacht hat, sie zu heiraten. Wie alt bist du jetzt, Liebes? Bald sechsundzwanzig? Und ich nehme an, sie behauptet, du wärst inzwischen zu alt, um zu heiraten, nur weil die Dynastiepläne deines Vaters vor neun Jahren in die Brüche gegangen sind und weil sie jetzt, da du nicht mehr in Trauer bist, zu geizig ist, dir eine Saison in London zu gönnen, damit du einen passenden Ehemann finden kannst.“ Phoebe biss mit ihren kleinen weißen Zähnen in ein Plätzchen.

„Ich suche nicht nach einem Ehemann, Tante Phoebe. Ich hatte vor neun Jahren die Möglichkeit zu heiraten, aber damals habe ich es nicht begriffen und es verpatzt.“ Giles und sie hatten es beide verpatzt. „Er war in eine andere verliebt“ – oder besser, er hatte eine andere begehrt – „und ich … ich habe einen ziemlichen Wirbel darum gemacht.“

Das war noch milde ausgedrückt. Sie hatte eine Familienkrise in einen ausgewachsenen Skandal verwandelt, ihre eigenen Aussichten damit zunichtegemacht und Giles nach Portugal ins Exil getrieben. Natürlich war er unvermeidlicherweise auch bei seinem Vater in Ungnade gefallen. „Ich nehme an, Papa hat dir damals alles erzählt.“

„Dein Vater hat mir einen gepfefferten Brief geschrieben, über ungehorsame Töchter und jugendliche Dummköpfe gewettert und darüber lamentiert, dass aus seinen Plänen, die beiden Anwesen miteinander zu verbinden, nichts geworden ist. Das meiste davon habe ich nicht verstanden. Ich wollte dich zu mir in die Stadt holen, damit du dem ganzen Wirbel und dem Aufruhr hättest entgehen können, aber dann ist erst deine liebe Mutter gestorben und dann mein armer Cary, und nachdem wir alle das Schlimmste überstanden hatten, kam ein Brief von deinem Vater, in dem er mir mitteilte, dass er dich brauche, damit du dich um den jungen Jamie kümmerst … Ach herrje, ich wusste doch, dass ich darauf hätte bestehen sollen, dass du zu mir kommst.“

„Jamie hat mich tatsächlich gebraucht. Er war so verzweifelt, als Mama gestorben ist. Er war doch erst fünf. Und dann hat Papa wieder geheiratet, und … Es war alles nicht so leicht. Jamie mochte Stiefmama nicht besonders, und ihr ist es schwergefallen, ihn anzunehmen. Ich glaube nicht, dass sie jemals darüber hinweggekommen ist, dass er unehelich geboren wurde. Mir ist es erst nicht klar gewesen, aber jetzt denke ich, dass Stiefmama glaubte, Papa würde es mit der Treue vielleicht nicht so ernst nehmen, weil er den Bastardsohn seiner Cousine aufzog. Natürlich war genau das Gegenteil der Fall. Mama und er haben Isabellas Taten verurteilt, aber waren der Ansicht, dass ein unschuldiges Kind nicht darunter leiden sollte.“

Fairerweise musste gesagt werden, dass dies nicht viele Leute nachvollziehen konnten. Nur gut, dass Jamie zur See gefahren war, als er alt genug war, um sich von den unfreundlichen Bemerkungen über seine Mutter nicht mehr verletzen zu lassen. Seine Mutter, die mit dem Pferdepfleger durchgebrannt und bei der Geburt ihres Sohnes gestorben war. „Es war zu viel für einen kleinen Jungen“, erklärte Laurel. „Er brauchte eine vertraute Person, die sich um ihn kümmerte. Und dann ist vor einem Jahr Papa gestorben …“

„Er brauchte dich neun ganze Jahre lang? Nach ein paar Monaten hättet ihr doch sicherlich eine Gouvernante und danach einige Lehrer für ihn finden können. Du wärst frei gewesen, um dein eigenes Leben zu führen. Du hättest heiraten können, Liebes.“

„Jamie hat mich gebraucht. Er stand – steht – mir sehr nahe“, entgegnete Laurel aufbrausend, da sie sich in die Enge getrieben fühlte. Würde es hier genauso werden wie zu Hause? Wen sollte sie schon heiraten, wenn doch alle Welt wusste, dass Laurel vor Jahren ihren Verehrer vertrieben hatte? Einen sehr angesehenen jungen Mann. Woraufhin ihr Vater vor Wut darüber, dass seine Pläne durchkreuzt worden waren, ihre Mitgift herabgesetzt hatte.

„Oh, Gott segne ihn. Er ist noch so jung und schon fort von zu Hause, um ein Seemann zu werden. Es muss schlimm für ihn gewesen sein. Der arme kleine Junge.“ Phoebe betupfte sich mit einem winzigen Spitzentaschentuch die Augen.

„Ja. Ja, natürlich war es das.“ Der „arme kleine Junge“ war mittlerweile ein schlaksiger, fast ein Meter siebzig großer Vierzehnjähriger, der mit seinem kostbaren neuen Teleskop unter dem Arm in den Einspänner geklettert war und sofort ein Gespräch mit dem Pferdepfleger Sykes begonnen hatte, dessen Sohn zweiter Maat auf einem Kutter war. Er hatte über das Leben auf See geplaudert und darüber, wie gut er sich in seiner Prüfung zum Seekadetten geschlagen hatte. „… Drittbester in Geometrie, Zweitbester in …“ Seine Stimme war den Zufahrtsweg entlang zu ihr und ihrer Stiefmutter Dorothy zurückgeweht, während sie auf den Eingangsstufen standen und ihm zum Abschied nachwinkten. Laurel hatte ihr Taschentuch in der Hand zerknüllt und tapfer gelächelt, damit er sie nicht weinen sah, wenn er sich noch einmal umdrehte. Aber er hatte sich nicht umgedreht.

Sein Brief nach Hause, den er von Portsmouth aus geschrieben hatte, kurz bevor er an Bord seines Schiffes gegangen war, war voller Tintenflecken und offensichtlich in Eile und voller Aufregung verfasst worden. Er hatte einige der anderen Seekadetten kennengelernt – allesamt tolle Kerle – und den Kapitän gesehen, den seit seinem letzten Gefecht mit den Franzosen eine Ruhmeswolke umgab. Und was das Schiff betraf, das in der Bucht vor Anker lag – nun ja, die Hecate war das Beste, was die See zu bieten hatte. Es war einfach großartig, sich nicht mehr mit dem langweiligen Unterricht herumschlagen zu müssen und so viele Freunde zum Reden zu haben. Das war die einzige Anspielung auf sie gewesen. Darunter hatte er schwungvoll seinen Namen gesetzt. Und das war es gewesen.

„Ich nehme an, er hat Heimweh und ist möglicherweise auch seekrank“, meinte Laurel und achtete darauf, ihr Lächeln beizubehalten. „Aber das wird sich beides bestimmt bald legen.“

Ihre Stiefmutter hatte recht gehabt. Jamie brauchte sie nicht, und er hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gebraucht. Sie selbst war es gewesen, die ihn als Schild gebraucht hatte, hinter dem sie sich verstecken und mehr oder weniger tun und lassen konnte, was sie wollte. Solange sie sich nicht mehr als zehn Meilen von ihrem Heim entfernte. Und nun brauchte man sie in Malden Grange überhaupt nicht mehr. Ihre Stiefmutter hatte den Haushalt gut im Griff und wollte nicht, dass ihr eine andere Frau die Suppe versalzte – was sowohl metaphorisch als auch wörtlich gemeint war. Dorothy hatte begonnen, schneidende Bemerkungen über die Geldmittel zu machen, die Laurel zur Verfügung standen, da nun Jamie ausgestattet werden musste. Während er die Karriereleiter erklomm, würden sicher noch weitere Ausgaben anstehen.

Anthony, ihr Cousin zweiten Grades, der nun der Earl of Palgrave war, hatte ihnen überaus großzügig gestattet, weiterhin im Herrenhaus zu wohnen, anstatt sofort in den Witwenteil zu ziehen. Anscheinend genoss er es, auf Palgrave Castle, dem früheren, weit entfernten Hauptsitz der Grafschaft zu wohnen. Doch er würde bestimmt bald heiraten und dann möglicherweise mit seiner Gattin in das modernere und gemütlichere Malden Grange umziehen.

„Ich möchte mich nur nützlich machen“, hatte Laurel gesagt, woraufhin ihre Stiefmutter unmissverständlich erklärt hatte, dass sie keiner Hilfe bedürfe. Sollte Laurel vorhaben, sich in eine dieser wohltätigen alten Jungfern zu verwandeln, die Schulen für schmutzige Waisenkinder oder Heime für gefallene Frauen errichteten, dann würde sie das weder mit Dorothys Geld noch unter ihrem Dach bewerkstelligen.

Da war Dorothy dann auch wieder eingefallen, dass Laurel eine verwitwete Tante in Bath hatte. Bath war voller alter Jungfern, Witwen und gebrechlicher Damen. Tante Phoebe war immerhin ebenfalls verwitwet und vielleicht auch gebrechlich. Laurel könne sich dort nützlich machen und sich um die alte Dame kümmern, hatte Dorothy verkündet. Lady Cary konnte sich eine Gesellschafterin leisten, denn wie jeder wusste, hatten ihr sowohl ihr Vater als auch ihr Ehemann ein Vermögen hinterlassen.

„Außerdem möchte ich nicht heiraten“, fügte Laurel hinzu. Sie war mittlerweile zu alt und zu zynisch, um sich noch große Illusionen über die Männer zu machen, und sie näherte sich dem Alter, in dem niemand mehr damit rechnete, dass sie noch einen Ehemann fand. Sie würde eine bemitleidenswerte Kreatur werden, eine Versagerin, eine unverheiratete Frau, und sie würde es mit Freuden werden, wie sie sich selbst immer wieder versicherte. Ihre Menschenkenntnis hatte sich als katastrophal schlecht erwiesen, und sie hatte nicht vor, ihr zukünftiges Glück und ihr Herz noch einmal aufs Spiel zu setzen. Es war ihr gelungen, sich in jenem gefährlichen Alter, in dem alle von ihr verlangten, dass sie heiratete, im Großen und Ganzen erfolgreich vor der Männerwelt zu verstecken. Nun, mit beinahe sechsundzwanzig, würde sie doch gewiss vor Ehestiftern sicher sein?

„Wirklich, Liebes? Du möchtest nicht heiraten? Aber du bist so hübsch und klug und liebenswert. Es wäre so eine Verschwendung. Aber ich werde nicht verzweifeln, und natürlich bin ich sehr froh, deine Gesellschaft genießen zu dürfen, bis ein kluger Mann des Weges kommt und dich einsammelt.“ Sie beugte sich vor und tätschelte ihr die Hand. „Hier ist dein Zuhause, Liebes, so lange du es möchtest.“

„Danke“, sagte Laurel ein wenig gerührt. Es war schön, willkommen zu sein. „Aber ich kann nicht auf deine Kosten leben, Tante Phoebe. Wenn du eine Gesellschafterin gewollt hättest, dann wären Kost und Logis wohl angemessen gewesen. Aber ich habe meine Einnahmen von Papas Anwesen und das, was Mama mir hinterlassen hat, ich kann mich also an allen Ausgaben beteiligen.“

„Gott segne dich, Kind.“ Phoebe winkte mit einer Hand zum Tortenständer hinüber. „Iss etwas, Laurel. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment in Ohnmacht fallen.“ Sie legte den Kopf auf die Seite und Laurel versuchte, die Musterung ruhig über sich ergehen zu lassen. „Du bist zu blass. Mit deinen dunklen Augen und Haaren brauchst du etwas Farbe in den Wangen. Ich nehme an, das Jahr in Trauer hat die Sache auch nicht besser gemacht. Ich habe keine Kinder“, fügte sie hinzu und wechselte abrupt das Thema. „Meinem armen Cary hat das immer sehr leidgetan, aber er hat mir deswegen nie Vorwürfe gemacht. Du bist hier so willkommen, wie es meine eigene Tochter wäre, Liebes.“

„Tatsächlich? Aber, Tante … Phoebe, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Außer vielen Dank, wenn du dir da sicher bist. Ich weiß gar nicht …“ Das waren unfassbar gute Nachrichten. Sie war in ihrem neuen Heim willkommen und durfte, wie es schien, hier ganz sie selbst sein. Wer auch immer das war.

„Du musst mir nicht danken.“ Phoebe lächelte sanft. „Ich handle aus reinem Eigennutz. Ich gehe nicht davon aus, dass du lange bleiben wirst, ganz gleich, was du sagst – es gibt in Bath zu viele Männer mit Augen im Kopf und einem guten Geschmack! – aber ich werde deine Gesellschaft sehr genießen, bis der Richtige kommt und dich findet.“

„Unsere beste Zimmerflucht, Mylord.“ Der Inhaber des Christopher Hotels verbeugte sich vor Giles Redmond, dem Earl of Revesby, und vollführte eine Geste in Richtung des hübschen Salons, von dem aus man einen Ausblick auf die High Street hatte. Wenn man durch die großen Schiebefenster nach rechts blickte, sah man die Abtei, die in das goldene Licht des frühen Abends getaucht war. Links beruhigte sich das Gedränge auf der High Street allmählich etwas.

„Danke. Das wird gehen. Bitte lassen Sie gleich Badewasser heraufbringen.“

„Natürlich, Mylord. Sie reisen ohne Kammerdiener? Ich kann einen Mann schicken, der Ihnen beim Auspacken zur Hand geht. Ihr Gepäck ist heute Morgen bereits angekommen und wurde schon heraufgebracht.“

„Mein Diener wird bald hier eintreffen.“ Dryden war bei seinem Pferdepfleger geblieben. Sie holten den Zweispänner und die Pferde aus Marlborough, wo sie alle die vorherige Nacht verbracht hatten.

Der Hotelier verbeugte sich ein weiteres Mal und überließ Giles den Betrachtungen der ihm unbekannten Straße unter dem Fenster. Seine Familie war immer im Royal York Hotel abgestiegen, oben in der George Street, aber das hätte sich zu sehr wie früher angefühlt, als er bei seinen Besuchen in Bath noch ein Kind gewesen war. Er war jedes Jahr mit seinem Vater zur Kur hier gewesen und hatte seine Großmutter besucht.

Seinem Vater wäre er im Royal York Hotel dieses Mal ohnehin nicht begegnet. Als Giles dem Marquess per Brief mitgeteilt hatte, dass er nach England zurückkehren werde, hatte dieser ihm geschrieben, dass er sich in Bath befinde und dass es um seine Gesundheit nicht gut bestellt sei. Es war noch kein Ruf zum Sterbebett, aber dem Tonfall nach fehlte dazu wohl nicht mehr viel.

Der Marquess residierte in einer vornehmen Unterkunft, in der man ausschließlich Kranke von höchstem Stand unterbrachte, also ging es ihm anscheinend tatsächlich nicht gut. Der flotten Handschrift und der schwungvollen Unterschrift nach zu urteilen, war es jedoch eher unwahrscheinlich, dass sein Vater bereits mit einem Bein im Grab stand.

Dennoch wäre es kindisch gewesen, dem Ruf nicht zu folgen und sich stattdessen wie geplant in London einzurichten, bevor er nach Thorne Hall zurückkehrte.

Vor neun Jahren hatte er sein Heim verlassen und sich die englische Erde von den Stiefeln geklopft, einen gewaltigen Aufruhr im Nacken. Seit damals war es ihm gelungen, stillvergnügt ein zufriedenes Leben zu führen, sehr zum Unmut seines Vaters. Allmählich war sein Zorn zu knurriger Duldung abgeebbt, und nun, da Giles nach England zurückgekehrt war, gab es sogar deutliche Anzeichen eines Willkommens.

Das Leben als Zivilist während der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel war höchst anregend gewesen, besonders nachdem er an der Erfassung von Informationen beteiligt worden war. Doch das Leben in einem friedlichen Portugal war weit weniger ansprechend gewesen. Besonders während der letzten Monate, nachdem er die Bekanntschaft der äußerst liebreizenden Beatriz do Cardosa gemacht hatte, der Tochter von Dom Frederico do Cardosa, einem hochrangigen Diplomaten und entfernten Verwandten der Königsfamilie. Beatriz – verwöhnt, behütet und unschuldig – war im Alter von fünf Jahren mit einem Prinzchen verlobt worden.

Doch das erfuhr er erst, nachdem er den Fehler begangen hatte, sie anzulächeln, bezaubert von ihrer Schönheit und gefesselt von ihren dunklen, schokoladenbraunen Augen. Beatriz hatte sein Lächeln von der anderen Seite des Tisches erwidert, und von diesem Moment an lief er ihr überall über den Weg.

Sie war noch sehr jung, wie er herausfand, und nicht die gebildetste aller jungen Damen. Tatsächlich war sie noch ein niedliches Küken. Allerdings ein hübsches, und sie genoss es, ihre weibliche Macht auszuprobieren, indem sie mit ihm kokettierte. Was auch höchst amüsant gewesen war, bis zu jenem Abend, an dem sie einander in einem vorübergehend verwaisten Wintergarten begegnet waren und sie sich ihm weinend an den Hals geworfen hatte.

Giles, der weder ein Heiliger noch ein Eunuch war, wie er sich hinterher bitter eingestehen musste, hatte sie fest in die Arme genommen, jene Körperteile, die er mit Anstand berühren durfte, getätschelt, und ihr beruhigenden Unsinn zugeraunt, während er sich heimlich fragte, ob die Schulter seines Abendanzugs wohl Schaden nehmen würde.

Wie sich herausstellte, hatte man Beatriz soeben jenem Prinzchen vorgestellt, das sie heiraten sollte. Der schluchzenden Beatriz zufolge war er alt, dick, klein und hässlich. Und er hatte wulstige, feuchte Lippen. Wie Giles später herausfand, war er fünfunddreißig, pummelig, mittelgroß und ein wenig nichtssagend. Was den letzten Punkt betraf, so wollte Giles nicht nahe genug herangehen, um ihn zu überprüfen.

Er hatte ein großes, sauberes Taschentuch hervorgezaubert und sein Bestes getan, um sie zu trösten. Mit dem Erfolg, dass keine Spur mehr von Tränen auf ihren Wangen zu erkennen gewesen war, sie ihm dafür aber dankbar beide Arme um den Hals geschlungen hatte, als Dom Frederico den Wintergarten betrat.

Während dem darauffolgenden peinlichen Wortgefecht war Giles überaus dankbar für seine diplomatischen Erfahrungen gewesen. Irgendwie war es ihm gelungen, Dom Frederico davon zu überzeugen, dass er keine Absichten bezüglich seiner Tochter hatte, dass sich Beatriz nicht bewusst gewesen war, etwas Falsches zu tun, und dass er sie weinend vorgefunden hatte und dumm genug gewesen war, sie zu trösten, anstatt umgehend ihre Duenna zu suchen. Als er anschließend das Prinzlein kennenlernte, konnte er Beatriz verstehen, denn der Mann war aufgeblasen und offensichtlich nicht sehr intelligent, aber das war nun einmal das Schicksal junger Damen aus gutem Hause. Sie mussten heiraten, wen ihre Familie als geeignet erachtete.

Es war an der Zeit, mit seinem kranken Vater zu einer Einigung zu kommen, wenn sie es denn vermeiden konnten, einander an die Kehle zu gehen. Außerdem war es an der Zeit, dass er die Führung über jene Teile des Besitzes übernahm, die ihm sein Vater überlassen wollte. Um dies zu tun, musste er sesshaft werden. Er musste eine Frau finden, das wusste er. Er war nicht so anspruchsvoll wie ein pummeliges portugiesisches Prinzlein, und es musste in der englischen Gesellschaft nur so von jungen Damen wimmeln, die nur allzu gerne seinen Titel heiraten würden.

Kurz erhaschte er einen Blick auf einen blauen Rock, aber natürlich war es nicht die geheimnisvolle Dame von Laura Place. Die Frau auf der anderen Straßenseite war eine kleine und dralle Blondine in einem hochmodischen Kleid. Die ungeduldige Fremde aus der Kutsche war viel größer gewesen. Als sie den Schleier gehoben und er erkannt hatte, dass ihre Augen und ihr Haar so dunkel waren wie bei Beatriz, war er für einen Moment verblüfft gewesen.

Der Rest war in seiner Erinnerung leicht verschwommen, außerdem hatte Giles während des impulsiven Kusses die Augen geschlossen. Er konnte es sich nicht erklären. Die Tändelei mit Beatriz war unterhaltsam gewesen, aber nie hatte er das hitzige Verlangen verspürt, sie zu küssen. Nicht dass er während der vergangenen Jahre wie ein Mönch gelebt hätte, aber gelegentliche, diskrete Affären mit schönen Witwen waren etwas anderes, als eine vollkommen Fremde zu küssen.

Die braunhaarige Schönheit aus der Kutsche hatte ein blaues Reisekleid getragen, schlicht, aber hochwertig und modisch. Eine hochstehende Gouvernante vielleicht. Er beneidete ihre Schützlinge nicht, die ihre Ungeduld ertragen mussten. Sie hatte sich für gewöhnlich sicher fest im Griff, und dieser plötzliche Kontrollverlust war für sie ebenso unerwartet gewesen wie für ihn. Und doch war da etwas an ihr gewesen, etwas Vertrautes, so unwahrscheinlich das auch klang. Er kannte keine Gouvernanten und musste auch keine Damen von unbestimmtem Temperament erdulden. Warum sie ihn auf dem Hügelkamm nicht geohrfeigt hatte, wusste er nicht. Vielleicht war sie einfach zu verblüfft gewesen, denn sie war sicherlich keine Frau, die ihre Küsse willkürlich verteilte, so viel war deutlich gewesen.

3. KAPITEL

Ich werde morgen am Laura Place vorsprechen, dachte sich Giles, während er vom Fenster zurücktrat und seine bequeme alte Reitjacke auszog.

Aber nein, verdammt. Eine Hand am Halstuch hielt er inne. Das kann ich kaum tun, ohne dabei zu enthüllen, dass ich ihr nach Hause gefolgt bin, was wiederum jede Frau bei klarem Verstand beunruhigen würde.

Er löste den zerknitterten Musselinstoff um seinen Hals und dachte über das Dilemma nach. Er würde es geschickt anstellen müssen, wenn er seine merkwürdig hartnäckige Neugierde stillen und herausfinden wollte, wer sie war und warum er sich bei diesem Kuss so gefühlt hatte, als … als würde er heimkehren. Ausgerechnet. Aber es konnte ihm gelingen, wenn er beim Zeremonienmeister von Bath, der über sämtliche Mitglieder der feinen Gesellschaft hier und auch über deren Besucher Bescheid wusste, diskrete Erkundigungen einholte. Wie schwer konnte es im Vergleich dazu, französische Spione am portugiesischen Hof auszumachen oder hinter den Feindeslinien durch Portugal zu reiten, schon sein, sich eine Einladung am Laura Place zu sichern?

Ein Klopfen an der Tür kündigte das Eintreffen der Bediensteten an, die ihm sein heißes Wasser brachten. Ihnen dicht auf den Fersen folgte Dryden, der wie immer wie aus dem Ei gepellt aussah, und das, obwohl er den ganzen Tag in einer offenen Kutsche gefahren war. „Ich bitte um Entschuldigung für meine Verspätung, Mylord. Über der Straße nach Cherhill lag ein Baum, wie Sie zweifellos selbst festgestellt haben. Ich werde Ihnen sofort Ihre Abendgarderobe heraussuchen.“

„Ich werde hier auf dem Zimmer essen und nicht ausgehen, Dryden. Ein sauberes Hemd und ein schlichter Gehrock sollten genügen.“ Er war erst seit zwei Wochen wieder im Land, aber die Flut an Korrespondenz drohte ihn zu ersticken. Bald würde er einen Sekretär brauchen, doch fürs Erste würde er die dringlichsten Angelegenheiten selbst angehen müssen. „Morgen früh werde ich allerdings all Ihr Können benötigen, Dryden.“

„Der Marquess? Natürlich, Mylord.“

Vater, Sekretär, Korrespondenz, die Damen am Laura Place.

Während er sich die staubigen Reitkleider auszog, ging er im Kopf die Liste durch. Kein besonders charmantes Programm und vereinzelt durchaus schwierig, aber immerhin blieb ihm Zeit, um herauszufinden, wie er sich England interessant machen konnte.

Autor

Louise Allen

Louise Allen lebt mit ihrem Mann  – für sie das perfekte Vorbild für einen romantischen Helden – in einem Cottage im englischen Norfolk. Sie hat Geografie und Archäologie studiert, was ihr beim Schreiben ihrer historischen Liebesromane durchaus nützlich ist.

Foto: ©  Johnson Photography

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