Wie widersteht man diesem Boss?

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

An ihrem ersten Tag im neuen Job wollte Francesca eigentlich glänzen. Stattdessen drückt sie versehentlich den Alarmknopf – und ihr Boss wird in Handschellen gelegt! Ob der attraktive Harrison Grant sie deswegen gleich wieder feuert – oder funkelt mehr als Wut in seinen dunklen Augen?


  • Erscheinungstag 07.01.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521345
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Hektisch schwamm Rocky Balboa in seinem Aquarium hin und her. Frankie Masserias Papageienbuntbarsch musste sich wohl erst noch an das helle Deckenlicht des neuen Büros gewöhnen. Auch ihr selbst fiel die Umstellung schwer. Coburn Grants Büro war stylisch gewesen, aber zugleich behaglich. Hier in Harrison Grants Räumen dominierte dagegen nüchternes Schwarz und kühles Chrom.

Frankie konnte noch immer nicht fassen, dass sie jetzt als die persönliche Assistentin des Präsidenten von Grant Industries arbeiten würde – wenn auch nur vorübergehend. Vor Nervosität zog sich ihr der Magen zusammen. Harrison Grant war der ältere der beiden Brüder Grant aus Long Island, den Erben des schwerreichen Automobilunternehmers Grant. Harrison hatte pro Quartal eine Assistentin verschlissen, bis Tessa Francis vor zwei Jahren den Job übernommen und mit ihrer resoluten Art den tyrannischen Harrison gezähmt hatte.

Doch dann war Tessa schwanger geworden – und hatte um ein halbes Jahr Mutterschutzurlaub gebeten. Was in der knallharten Geschäftswelt Manhattans eher ungewöhnlich war. Frankie hatte Gerüchte gehört, dass Managerinnen hier sogar nach Einsetzen der Wehen noch geschäftliche SMS schrieben! Das würde ihr ganz bestimmt nicht passieren. Sollte Frankie irgendwann in ihrem Leben den Richtigen finden, mit dem sie eine Familie gründen wollte, dann würden die Kinder auf jeden Fall an erster Stelle stehen! Sie würde es anders machen als ihre Eltern, die ihre Kinder schon von klein auf im Restaurant der Familie hatten mitarbeiten lassen …

Seufzend betrachtete Frankie den riesigen Aktenstapel, den sie bearbeiten musste. Wo sollte sie nur anfangen? Tessa hatte sie nicht richtig einarbeiten können, denn Harrison hatte einfach ignoriert, dass seine Assistentin aufhören würde. Schließlich hatte Tessa selbst Vorstellungsgespräche anberaumt.

Und dann setzten ihre Wehen vorzeitig ein, als Harrison geschäftlich in Hongkong war. Die Vorstellungsgespräche wurden abgesagt, und Frankie wurde kurzerhand von ihrem Chef Coburn – Harrisons Bruder – auf den Posten befördert.

„Eine tolle Chance!“, hatte er nur gesagt. „Nach einem halben Jahr bei Harrison wirst du hier in der Firma eine ganz neue Autorität genießen.“

Oder ich werde einfach ein weiteres seiner zahlreichen Opfer, dachte Frankie beklommen. Schon früh hatte sie davon geträumt, in Manhattan als Assistentin für ein großes Unternehmen zu arbeiten. Zwar hätten ihre Eltern sie gern im Restaurant der Familie behalten, doch Frankie hatte sich mit ihrem zusammengesparten Trinkgeld eine Ausbildung zur Verwaltungsassistentin finanziert – und mit Bestnoten abgeschlossen.

Ihr Traum wurde wahr, als sie eine Stelle bei dem unfassbar gut aussehenden und charmanten Coburn bekam, dem jüngeren der beiden Brüder Grant. Nun arbeitete Frankie in Manhattan für eine der ältesten Automobil-Dynastien Amerikas. Sie hatte sich ins Zeug gelegt und in dem halben Jahr bei Coburn perfekte Arbeit geleistet: professionell und effizient. Ihrem Chef, dem Vizepräsident des Unternehmens, lagen dank seiner tiefblauen Augen und seines Sexappeals unzählige Frauen zu Füßen. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen hatte Frankie sich jedoch nicht in ihn verliebt.

Sie wusste, dass er sie nicht nur wegen ihrer guten Noten engagiert hatte, sondern auch aus einem weiteren Grund: Im Gegensatz zu ihren Mitbewerberinnen war Frankie während des Vorstellungsgesprächs von Coburns Charme absolut unbeeindruckt geblieben. Und es hatte sich gelohnt, denn für Coburn zu arbeiten war sehr angenehm. Er war dankbar für ihre effiziente Arbeitsweise und wusste es auch zu schätzen, wie sie ihn zügelte, wenn er vor Begeisterung für seine Arbeit manchmal über die Stränge schlug. Warum also warf er sie nun den Wölfen zum Fraß vor?

Frankie, deren Kehle vor Aufregung ganz trocken war, trank einen Schluck von ihrem Lavendeltee, um sich zu beruhigen. Sie war Harrison Grant noch nicht begegnet, aber angeblich war er so ernst und fokussiert, wie sein jüngerer Bruder impulsiv und hitzig war. Außerdem war er als extrem schwierig verschrien.

Harrison war von seinen Yale-Kommilitonen zum wahrscheinlichsten Präsidentschaftskandidaten von allen Studierenden gewählt worden. Laut Frankies Vater hatte der Dreiunddreißigjährige in der Geschäftswelt genug Einfluss, um bei den nächsten Wahlen als unabhängiger Kandidat anzutreten – mit guten Erfolgschancen. In diesem Fall würde Coburn die Geschäftsführung übernehmen – und sie wäre endgültig die Assistentin des Oberbosses. Vorausgesetzt, sie überlebte die kommenden sechs Monate.

Nervös sah Frankie sich an, was laut Tessa dringlich war: eine wichtige Übernahme, mehrere Gesellschafterversammlungen, eine in wenigen Wochen anstehende Reise nach Indien … Sie fühlte sich völlig überfordert.

Rocky schwamm immer schneller im Kreis, als wolle er sie vor einer nahenden Katastrophe warnen. Ich weiß, Rocky, dachte Frankie. Aber wir haben noch vierundzwanzig Stunden Zeit, um uns vorzubereiten. Trotz allem war sie entschlossen, sich Harrison Grant als weltbeste Assistentin zu präsentieren – gleich nach Tessa. Frankie atmete tief durch und machte sich an die Arbeit.

Grant Industries wollte offenbar Siberius übernehmen, einen russischen Automobilzulieferer. Ihre erste Aufgabe bestand darin, tiefgehende Recherchen zu Ende zu bringen, damit zwei ausstehende Punkte für die Vertragsverhandlungen geklärt werden konnten. Frankie würde bis in die Nacht arbeiten müssen. Also bestellte sie sich Essen bei einem thailändischen Lieferservice und legte los.

Um sieben brachte der Sicherheitsmann ihr das Essen. Frankie fand, dass sie sich für ihren Einsatz ein Glas Wein verdient hatte. Also nahm sie sich eine Flasche edlen, aber nicht übermäßig teuren Pinot Grigio aus der Bar in Harrison Grants Büro, holte sich ein Glas und setzte sich dann wieder an ihren Schreibtisch, wo sie sich seufzend die Schuhe abstreifte.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Lieferservice das Besteck vergessen hatte. Mit den Füßen suchte sie nach ihren Schuhen, fand sie aber nicht. Sie beugte sich hinunter und hatte gerade einen Schuh entdeckt, als sie plötzlich eine tiefe Stimme hörte.

„Geoffrey, ich bezahle Sie nicht für ihre wahnsinnig aufschlussreichen Überlegungen, sondern dafür, dass sie Dinge umsetzen.“

Harrison Grant. Warum war er denn jetzt schon hier?

Erschrocken setzte Frankie sich auf und prallte mit dem Kopf heftig gegen die dicke Tischplatte. Sterne tanzten vor ihren Augen. Sie fluchte leise, ließ den Schuh fallen und fasste sich an den Kopf.

„Meine Güte.“ Die tiefe Stimme klang nun näher. „Ich rufe Sie zurück, Geoffrey.“

Verschwommen nahm Frankie wahr, wie Harrison den Stuhl zurückzog und ihr aufhalf. In seinem anthrazitfarbenem Anzug und dem schwarzem Trenchcoat sah ihr zukünftiger Chef erschreckend finster aus. Und groß. Sehr groß. Der Bartschatten auf Kinn und Wangen verlieh seinem Gesicht eine düstere Note und der durchdringende Blick seiner dunklen Augen wirkte selbst durch die Designerbrille extrem einschüchternd.

Fluchend warf er sein Handy auf den Tisch, umfasste ihren Kopf mit seinen großen Händen und tastete ihn nach einer Beule ab. Als er die Stelle fand, von der die unerträglichen Schmerzen ausgingen, runzelte er die Stirn. „Was haben Sie da eigentlich unter dem Tisch gemacht?“

„Schuhe“, brachte Frankie nur heraus, doch immerhin sah sie langsam wieder besser. Harrison hatte nicht nur faszinierende dunkle Augen, sondern auch einen breiten, sinnlichen Mund. Und er roch ebenso fantastisch wie er aussah …

Er hielt drei Finger hoch. „Wie viele Finger sind das?“

„Drei.“

„Und welcher Tag ist heute?“

„Dienstag, der 6. August.“

Er ließ ihren Kopf los, sah sie jedoch weiter an. „Sind Sie hier nicht falsch? Das ist der Schreibtisch meiner Assistentin Tessa. Und Sie …“, langsam ließ er den Blick über sie gleiten und betrachtete dabei besonders intensiv ihre Beine, „… sind nicht Tessa.“

Frankie schluckte. Dann sah sie, dass ihr Rock hochgerutscht war und den Blick auf ihre schwarzen Spitzenstrümpfe freigab – das einzige wirklich Feminine an ihrem sehr korrekten Outfit. Oh nein. Errötend zog sie den Rock wieder hinunter zu ihren Knien. Täuschte sie sich, oder wirkte ihr Chef enttäuscht?

Hastig versuchte sie, die Situation zu retten. „Bei Tessa haben die Wehen vorzeitig eingesetzt. Gestern kam ihr Kind zur Welt und …“ Frankie verstummte, als es vor ihren Augen plötzlich silbern aufblitzte. Sie blinzelte, aber es war keine Einbildung: Mit gezückter Pistole standen zwei Wachleute vor ihnen.

„Hände hoch!“

Mit wild schlagendem Herz hob sie die Hände, doch die Aufmerksamkeit der Männer galt Harrison. Dieser war jedoch so verblüfft, dass er die Anweisung der Wachmänner erst beim zweiten Mal befolgte.

„Und jetzt die Hände auf den Rücken.“

„Ich glaube …“, wollte Harrison einwenden, aber er wurde unterbrochen.

Die Hände auf den Rücken.

Er gehorchte, doch seine Miene verhieß nichts Gutes.

Einer der beiden Wachleute legte ihm Handschellen an. Der andere winkte Frankie zu sich herüber. Verwirrt sah sie ihn an.

„Los!“, zischte der Mann. Als sie mit zitternden Beinen aufstand und zu ihm ging, drückte der andere Wachmann Harrison auf den frei gewordenen Stuhl.

„Was ist passiert?“, fragte der erste. „Warum haben Sie den Notfallknopf betätigt?“

„N…Notfallknopf?“

„Er ist links unter dem Tisch.“

Oh nein, dachte Frankie entsetzt. Sicher hatte sie den Alarm versehentlich ausgelöst, als sie sich bei Harrisons plötzlichem Erscheinen so erschreckt hatte.

Der Mann wies auf Harrison. „Der Kerl hatte seine Hände auf Ihnen, als wir reinkamen.“

Ihr fiel ein, dass seit der vergangenen Woche ein neuer Sicherheitsdienst für die Firma arbeitete. Sie schluckte und sagte. „Das ist Harrison Grant, der Präsident dieses Unternehmens. Den Notfallknopf habe ich aus Versehen gedrückt.“

Die beiden Wachmänner wurden aschfahl. „Sie sind doch im Ausland!“, brachte einer mühsam heraus. „Und Sie sehen auch gar nicht aus wie auf dem Foto!“

Harrison erwiderte gefährlich ruhig: „Ich versichere Ihnen, dass die junge Frau“, er wies mit dem Kinn auf sie, „wer auch immer sie sein mag, die Wahrheit sagt. Vielleicht erkennen Sie mich nicht, weil ich auf dem Foto keine Brille trage.“

„Können Sie sich ausweisen?“, fragte einer der Wächter.

„Vordere Tasche“, lautete die knappe Antwort.

Als der Mann den Ausweis fand, wurde er noch blasser.

„Bitte entschuldigen Sie das Missverständnis. Wir haben die Situation falsch gedeutet: Sie beide, die Flasche Wein …“

Frankies Blick glitt zu dem Pinot Grigio auf dem Schreibtisch. Offenbar hatten die beiden Männer geglaubt, Harrison hätte sie bedrängt.

Scharf sah ihr neuer Chef die zwei Wachleute an. „Sie haben genau fünf Sekunden, um mir die Handschellen abzunehmen.“

Als das erledigt war, sagte der eine Wächter zaghaft: „Wir werden zum ersten Mal in diesem Gebäude eingesetzt. Tut mir wirklich leid, dass wir Sie nicht erkannt haben, Mr Grant.“

„Dann sind also alle außer mir neu hier.“ Harrison sah Frankie an. „Aber wer sind Sie eigentlich?“

Sie biss sich auf die Lippe. „Francesca Masseria, die Assistentin Ihres Bruders – also, eigentlich jetzt Ihre Assistentin.“

„Tatsächlich?“ Angesichts seines Blicks schien ihre berufliche Zukunft am seidenen Faden zu hängen. Dann wandte Harrison sich den Wachmännern zu. „Ich schlage vor, dass Sie regelmäßig Rundgänge durchs Gebäude machen, damit Sie die Mitarbeiter kennenlernen.“

Die beiden nickten. „Natürlich, Sir.“

Als sie gegangen waren, betrachtete Frankie verstohlen ihren bedrohlich wirkenden Chef. In Handschellen gefiel er mir besser, dachte sie beklommen.

Als könnte er ihre Gedanken lesen, lächelte er spöttisch. „Auch wenn Sie anderes gehört haben, Ms Masseria, ich bin kein Monster. Ich nehme an“, fuhr er fort, „dass Sie Tessa vertreten, bis wir jemand anders gefunden haben?“

„Eigentlich hat Coburn mich gebeten, für Sie zu arbeiten, bis Tessa wiederkommt.“

Harrison kniff die Augen zusammen. „Laut Coburn geht die Sonne auf, sobald Sie das Büro betreten. Wie kann er da ein halbes Jahr auf Sie verzichten?“ Wieder sah er sie durchdringend an. Dann sagte er: „Ich brauche Schlaf. Nehmen Sie Ihr Essen und den Wein, gehen Sie nach Hause, und über alles andere reden wir dann morgen.“

„Ich habe …“, begann Frankie, aber er ließ sie nicht ausreden.

„Ich habe gerade nach sechzehn Stunden im Flugzeug erfahren, dass meine unersetzliche Assistentin, die mich bei einer äußerst wichtigen Übernahme unterstützen sollte, im Krankenhaus ist, weil sie ein Baby bekommen hat. Außerdem haben meine eigenen Sicherheitsleute Pistolen auf mich gerichtet und mir Handschellen angelegt. Um mich auch nur annähernd wieder wie ein Mensch zu fühlen, brauche ich einen starken Drink und mein eigenes Bett. Falls Sie also dieses Gespräch nicht dort weiterführen möchten, sollten Sie Ihre Schuhe anziehen und nach Hause fahren.“

Hatte er das gerade wirklich gesagt? Frankie war fassungslos – und musste sich eingestehen, dass sie die Vorstellung äußerst verlockend fand.

„Nur ein Scherz, Ms Masseria. Einen schönen Feierabend.“

Zutiefst beschämt senkte sie den Blick. In den sechs Monaten, die sie Coburns Assistentin gewesen war, hatte sie sich nicht ein einziges Mal derart unprofessionell verhalten. Sie atmete durch, hob das Kinn und beschloss, Harrison am nächsten Morgen zu beweisen, was in ihr steckte.

Als Frankie sich verabschiedete, sprach Harrison sie noch einmal an. „Können Sie Tessa morgen früh Blumen schicken, ohne die Sicherheitsgarde auf den Plan zu rufen?“ Seine Augen funkelten humorvoll, sodass er fast menschlich wirkte.

„Natürlich.“

Zu Hause angekommen, nahm Frankie zwei Schmerztabletten, wärmte das Essen auf und gönnte sich nach dem Essen ein heißes Bad. Als sie sich gerade ins Bett gelegt hatte, klingelte ihr Handy. Private Nummer stand auf dem Display.

„Ich wollte nur sichergehen, dass Sie trotz lädiertem Kopf gut nach Hause gekommen sind.“

Beim Klang von Harrison Grants tiefer Stimme setzte Frankie sich abrupt auf. Woher hatte er ihre Nummer? Natürlich: aus dem firmeninternen Verzeichnis.

„Eigentlich hätte ich Sie zur Untersuchung ins Krankenhaus schicken müssen, Ms Masseria.“

„Ich … mir geht es gut“, erwiderte Frankie nervös, denn nun klang seine Stimme nicht mehr kühl, sondern ausgesprochen sexy: tief, samtweich und leicht heiser. Rief er sie etwa vom Bett aus an? Sie versuchte die erotischen Bilder zu vertreiben, die plötzlich vor ihrem inneren Auge auftauchten.

„Leben Sie mit jemandem zusammen?“

„Ich … solche Fragen muss ich nicht beantworten.“

Sein tiefes, maskulines Lachen ließ sie erbeben. „Keine Sorge, ich frage Sie nicht über Ihr Liebesleben aus, Francesca. Aber falls Sie eine Mitbewohnerin haben, sollte die Sie alle paar Stunden aufwecken, um sicherzugehen, dass Sie keine Gehirnerschütterung haben.“

„Oh. Ach so.“ Wieder war Frankie zutiefst verlegen. „Ja, ich habe eine Mitbewohnerin. Danke für den Ratschlag!“

„Gut. Dann bis morgen früh.“

Sie verabschiedete sich und legte auf. Eine kühle Brise, die durch das alte viktorianische Fenster hereinzog, kühlte ihr erhitztes Gesicht. Was für ein Tag!

Würde Harrison Grant sie als neue Assistentin behalten? Im Augenblick konnte sich Frankie das nur schwer vorstellen …

2. KAPITEL

Harrison war erfüllt von erregender Vorfreude. Als die bildschöne Brünette sich von ihrem Bürostuhl erhob und sich rittlings auf ihn setzte, spürte er ihre zarten Schenkel. Er betrachtete die Strumpfhalter und die Strümpfe aus schwarzer Spitze, die nun zum Vorschein kamen, und sofort ging sein Puls schneller. Der Wunsch, sie zu erobern, wurde übermächtig.

Ihr seidiges dunkles Haar streifte sein Gesicht, als sie sich hinunterbeugte, um ihn zu küssen. Als er ungeduldig nach ihr griff, schob sie seine Hände weg. „Noch nicht“, sagte sie mit ihrer unglaublich sinnlichen Stimme.

Er protestierte. Da griff sie hinter sich und brachte etwas zum Vorschein, das im Licht der Schreibtischlampe metallisch glänzte.

Handschellen.

Abrupt setzte Harrison sich auf, nassgeschwitzt und außer Atem. Er sah sich um und bemerkte enttäuscht, dass er nicht in seinem Büro von einer sinnlichen dunkelhaarigen Schönheit verführt wurde, sondern allein in seinem Bett lag. Sein ganzer Körper brannte vor ungestillter Lust …

Erst jetzt wurde ihm klar, wer die Frau aus seinem erotischen Traum war: seine neue Assistentin.

Fluchend schwang Harrison die Beine aus dem Bett und versuchte, wieder ruhiger zu atmen. Er hatte Sex und Arbeit immer streng getrennt und würde das auch weiterhin tun. Offenbar hatten ihm die Pistolen und die Handschellen der Wachleute stärker zugesetzt als gedacht – und Francescas schwarze Spitzenstrümpfe …

Draußen zwitscherten bereits die Vögel. Harrison schleppte sich in die Dusche und versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Der dumpfe Schmerz, der ihn schon seit Tagen plagte, erinnerte ihn daran, dass jeder normale Mensch mindestens sechs Stunden Schlaf brauchte, um Höchstleistung zu bringen. Allerdings sah ihn kaum jemand als normalen Menschen – die meisten hielten ihn vermutlich für eine Maschine.

Harrison trocknete sich ab und zog sich an. Dann setzte er sich mit Kaffee und Zeitung hin und versuchte, sich auf die Schlagzeilen zu konzentrieren. Aber sein Traum ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Er hatte sonst nie solche Fantasien, sondern befriedigte seine Bedürfnisse – wann immer sein übervoller Terminkalender das zuließ – mit Frauen, denen sein Bindungsunwille nichts ausmachte. Denn für ihn kam immer das Unternehmen an erster Stelle.

Abrupt stellte er seine Kaffeetasse ab und warf die Zeitung beiseite. Nein, diese Frau konnte unmöglich für ihn arbeiten. Harrison stand auf, um in das Fitnessstudio zu gehen, das sich im selben Gebäude befand. Gleich danach würde er seinem Bruder Coburn sagen, dass diese Lösung nicht praktikabel war.

Coburn kam kurz nach Harrison in die Firma. Er trug einen perfekt sitzenden dunkelblauen Armani-Anzug und wirkte geradezu widerwärtig ausgeruht. Dass sie Frühaufsteher waren und regelmäßig Sport trieben, war praktisch das Einzige, was die beiden Brüder gemeinsam hatten. Und selbst hier zeigten sich Unterschiede: Für Harrison war das Fitnessstudio im Grunde nur ein weiterer Termin, den er wahrnahm, um mit fünfzig Jahren nicht plötzlich beim Herzspezialisten zu landen. Die Familie Grant schien in der Hinsicht eine gewisse Veranlagung zu haben …

Coburn dagegen stürzte sich in waghalsige, oft gefährliche sportliche Abenteuer: Gleitschirmfliegen, Bergsteigen, Radrennen auf schmalsten Gebirgspisten.

Neben dem Nervenkitzel bescherte ihm dies natürlich auch einen absolut durchtrainierten Körper und dieser wiederum einen nicht enden wollenden Strom weiblicher Bekanntschaften, die allerdings ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie auftauchten. Mit anderen Worten: Coburn war so eingespannt, dass er keine Zeit hatte, darüber nachzudenken, was er da eigentlich tat. Seine Exfrau hatte ziemliches Schindluder mit ihm getrieben. Aber das war ein Thema, über das Coburn grundsätzlich nicht redete.

Also schnitt Harrison das dringlichste Thema an. „Wirklich selbstlos von dir, mir Francesca Masseria auszuleihen.“ Er lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und trank einen Schluck von seinem kenianischen Kaffee.

„Stimmt.“ Coburn lächelte jungenhaft und setzte sich ihm gegenüber hin. „Manchmal bringe auch ich Opfer zum Wohl der Allgemeinheit.“

Harrison runzelte die Stirn. „Wie oft hast du mit ihr geschlafen?“

Gespielt empört sah Coburn ihn an. „Kein einziges Mal, auch wenn die Verlockung natürlich groß ist. Würde Gott die perfekte Frau erschaffen und auf die Erde schicken, dann sähe sie aus wie Frankie mit ihren fantastischen Beinen!“

„Sie heißt Francesca“, korrigierte Harrison seinen Bruder. „Und ich möchte nicht, dass du so über eine meiner Angestellten sprichst. Jahrelang hast du gejammert, dass du keine gute Assistentin hast. Und als du dann endlich eine gefunden hast, reichst du sie an mich weiter. Warum?“

Coburn sah ihn mit seinen tiefblauen Augen genau so an, wie er es immer beim Vorstand tat, wenn er etwas durchsetzen wollte. „Reiner Selbstschutz. Weil Frankie so umwerfend ist und insgeheim für mich schwärmt – obwohl sie viel zu korrekt ist, um das zuzugeben –, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis wir zusammen im Bett landen. Und das möchte ich nicht, denn ich will sie unbedingt als Assistentin behalten.“ Er zuckte die Schultern. „Also schicke ich sie jetzt ein halbes Jahr in die harte Schule namens Harrison, du schulst sie mit der dir eigenen Strenge, und dann bekomme ich eine noch perfektere Assistentin zurück, wenn ich total auf eine andere Frau fixiert bin.“

Coburn ging seine Unabhängigkeit über alles, von Verantwortung fühlte er sich eingeengt. Das galt sowohl für sein Liebesleben als auch für seine Arbeit im Unternehmen.

„Francesca hat nicht genug Erfahrung. Ich habe sie übrigens bereits gestern Abend kennengelernt“, entgegnete Harrison.

„Du bist doch gerade erst wiedergekommen“, sagte Coburn erstaunt.

„Sie war noch spät da, wollte sich wohl einarbeiten. Und ich wollte mir eine Akte aus dem Büro holen.“

„Eigentlich bist du selbst schuld. Du hast nichts unternommen, obwohl du seit Monaten weißt, dass Tessa geht.“

Harrison hatte tatsächlich einfach nicht darüber nachdenken wollen, wie er ohne seine unglaublich talentierte Assistentin zurechtkommen sollte …

„Ich glaube, dass es für uns beide die perfekte Lösung ist“, fuhr Coburn fort. „Ja, es stimmt, Frankie hat noch nicht viel Erfahrung, aber sie ist sehr intelligent. Und sie spricht fließend Russisch. Italienisch übrigens auch, aber Russisch kannst du momentan wahrscheinlich besser gebrauchen.“

Harrison verfolgte in seinem Leben gerade nur ein einziges Zeil: Er wollte Anton Markovic erledigen, den Mann, der seinen Vater ins Grab gebracht hatte. Die Verhandlungen, die Harrison zu seiner Rache verhelfen sollten, befanden sich derzeit in einer äußerst heiklen Phase: Der Russe Leonid Aristov schreckte noch immer vor der Übernahme seines Unternehmens zurück. Eine Assistentin, die fließend Russisch sprach, kam da tatsächlich wie gerufen.

Coburn sah ihn an und wurde plötzlich ernst. „Langsam solltest du wirklich damit aufhören. Unser Vater ist tot und kann nicht miterleben, wie du Markovic erledigst. Du tust das alles nur für dich selbst. Fang lieber endlich an zu leben!“

Angespannt umfasste Harrison seine Kaffeetasse. Er hatte akzeptiert, dass sein jüngerer Bruder kein Interesse daran hatte, den Mann zu rächen, der das ganze Unternehmen aufgebaut hatte. Doch Coburns Ansichten zu seinem Privatleben interessierten ihn nicht. Schließlich hielt Harrison ganz allein das Unternehmen zusammen. Er stellte seine Tasse ab und sah seinen Bruder durchdringend an. „Ich schlage vor, du hebst dir deine philosophischen Ergüsse für jemanden auf, der sich dafür interessiert.“

Fast ebenso kühl entgegnete sein Bruder: „Irgendwann wirst du mit deinem kalten Herzen ganz allein dastehen. Aber immerhin hast du dich dann gerächt.“

Harrisons Blick zeigte Coburn, dass er jetzt lieber gehen sollte. An der Tür blieb der jüngere der Brüder noch einmal stehen. „Ich habe dir Frankie überlassen, weil du sie brauchst. Aber wenn sie deinetwegen auch nur eine Träne vergießt, bekommst du es mit mir zu tun.“

Als er gegangen war, sah Harrison auf die Uhr. Erst halb acht, und er fühlte sich schon völlig erschöpft. Sein Leben machte ihn müde.

Frankie trug ihr teuerstes Kostüm, wobei teuer natürlich ein dehnbarer Begriff war. Denn ihr Budget war nach Abzug der Miete für das Apartment, das sie sich mit Josephine teilte, ziemlich begrenzt. Sie hatte das Outfit ändern lassen, sodass es wirkte wie maßgeschneidert: Der taillierte Blazer und der Rock schmiegten sich dezent um ihre Figur. Das Anthrazit passte gut zu ihrem dunklen Haar und den grauen Augen. Der Haarknoten war ihr so perfekt gelungen wie noch nie. Im Aufzug hatte sie heute Morgen den neidischen Blick von Geri aus der Buchhandlung registriert: Frisurenduell gewonnen! Das war auch gut so, denn sie brauchte jedes Fitzelchen Selbstbewusstsein, das sie aufbringen konnte, um ihrem neuen Chef gegenüberzutreten.

Autor

Jennifer Hayward

Die preisgekrönte Autorin Jennifer Hayward ist ein Fan von Liebes- und Abenteuerromanen, seit sie heimlich die Heftromane ihrer Schwester gelesen hat.

Ihren ersten eigenen Liebesroman verfasste Jennifer mit neunzehn Jahren. Als das Manuskript von den Verlagen abgelehnt wurde und ihre Mutter ihr empfahl, zunächst mehr Lebenserfahrung zu sammeln, war sie...

Mehr erfahren