Baccara Collection Band 430

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WIE ZÄHMT MAN EINEN TEXANISCHEN MILLIONÄR? von JANICE MAYNARD

Eine Affäre mit einem texanischen Millionär zu haben, ist das eine. Aber es ist etwas ganz anderes, ihn zwei Jahre später wiederzusehen! Auch wenn Brielle spürt, dass Vaughn Blackwood sie begehrt, so scheint er jetzt genauso wenig bereit, sich auf Liebe einzulassen wie damals …

ICH WILL DICH - UND DARF NICHT! von NADINE GONZALEZ

Der umwerfend attraktive Jonathan Gunther weckt in Sofia ein nie gekanntes Verlangen. Aber kann sie es wirklich riskieren, ihm die Wahrheit zu sagen? Um ihre Eltern vor einem Skandal zu schützen, muss sie vorgeben, mit einem anderen verlobt zu sein …

VERHÄNGNISVOLL SEXY von JOSS WOOD

Warum ist er bloß so unwiderstehlich sexy? Beah weiß, dass es ein Fehler ist, mit Finn die Nacht zu verbringen. Seit sie in London sind, um für ein Auktionshaus zu arbeiten, brennt ihre Liebe so heiß wie am ersten Tag. Dabei ist ihre Ehe seit neun Jahren geschieden!


  • Erscheinungstag 23.03.2021
  • Bandnummer 430
  • ISBN / Artikelnummer 9783751500982
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Janice Maynard, Nadine Gonzalez, Joss Wood

BACCARA COLLECTION BAND 430

JANICE MAYNARD

Wie zähmt man einen texanischen Millionär?

„Ich brauche keine Liebe, um glücklich zu sein.“ Davon ist Rancher Vaughn Blackwood überzeugt. Und dass er immer noch an die schöne Brielle denkt, die ihn vor zwei Jahren verlassen hat – das hat sicher nur was mit dem guten Sex zu tun! Als er Brielle auf der Hochzeit seiner Schwester wiedersieht, beschließt er herauszufinden, was wirklich dahintersteckt …

NADINE GONZALEZ

Ich will dich – und darf nicht!

Vom ersten Augenblick an ist Jonathan Gunther von der aparten Sofia fasziniert. Sein Plan: Er will mit ihr das süße Leben auf seinem neuen Luxusanwesen in Miami genießen, mit ihr im Cabrio nach Key West brausen, mit ihr das heiße Knistern sinnlich auskosten – bis er schockiert erfährt: Seine Traumfrau ist mit einem anderen verlobt!

JOSS WOOD

Verhängnisvoll sexy

Als Finn seine schöne Ex-Frau Beah in London wiedersieht, spürt er sofort: An ihrer sexuellen Anziehungskraft hat sich nichts geändert. Eine heiße Nacht, bevor sich ihre Wege trennen – warum eigentlich nicht? Der perfekte Weg, das aufflammende Begehren zu löschen! Zu spät erkennt Finn: Mit dieser Nacht ist sein Problem längst nicht gelöst. Es fängt erst an …

1. KAPITEL

Vaughn würde fast alles für seine kleine Schwester Sophie tun, sogar nach Royal, Texas, reisen. Wieder einmal. In letzter Zeit war er viel zu oft dort gewesen. Kürzlich beim Silvesterball, weil Sophie gebettelt hatte, davor zur Beerdigung seines Vaters. Und natürlich zur Verlesung des Testaments, was eine Katastrophe gewesen war.

Der Anwalt seines Vaters, Kace LeBlanc, war in Vaughns Alter. Er war kein schlechter Kerl, jedoch ein Meister im Überbringen schlechter Nachrichten. Buckley Blackwood hatte seinen lieben Kindern keinen Cent hinterlassen. Sein gesamter Nachlass war an Miranda Dupree gegangen, Buckleys zweite Ex-Frau. Wenn LeBlanc auch nur ein Fünkchen Mitgefühl gehabt hatte, dann hatte er es gut verborgen.

Vaughn griff das Lenkrad fester, als er sich der Stadt näherte. Neben Entrüstung brodelten noch andere unangenehme Gefühle in ihm. Er hatte seinen Vater nicht geliebt. Aber er hatte nie den Tod des Mannes gewollt. Als er die Nachricht erhielt, dass Buckley „Buck“ Blackwood verstorben war, hatte Vaughn tatsächlich so etwas wie einen Schmerz in der Brust verspürt. Einen Anflug von Reue. Das bittersüße Wissen, dass einige Fehler in seinem Leben nicht mehr korrigiert werden würden.

Dann hatte er der Testamentseröffnung beigewohnt und war wieder daran erinnert worden, warum er und der alte Herr sich niemals nahegestanden hatten. Sein Vater war ein Arschloch gewesen. Und so überraschte es nicht, dass Buck andere noch aus dem Grab heraus manipulierte, dass sein eigen Fleisch und Blut leer ausging.

Vaughn hatte alles getan, um dem Erbschaftsdrama zu Hause aus dem Weg zu gehen. Was ihn anbetraf, so könnte Miranda, die Stiefhexe, wie sie sie nannten, das Geld des alten Mannes in ihrem Sinne verprassen. Sicher, es war ein hübsches Vermögen. Zunächst war da die Blackwood Bank, das Familienunternehmen. Dann gab es eine Reihe von Häusern auf der ganzen Welt, das siebenstellige Vermögen. Und zu guter Letzt war da noch Blackwood Hollow, die weitläufige Ranch außerhalb von Royal.

Wenn Vaughn es überhaupt bedauerte, aus dem Testament ausgeschlossen worden zu sein, dann nur, weil er nie wieder die Ranch besuchen würde. Dort hatte er Brielle kennengelernt. An manchen Tagen waren diese Erinnerungen süß. An anderen machten sie ihn wütend. Und manchmal, so wie heute, schmerzten sie.

Hartnäckig schob er alle Gedanken an Brielle beiseite. Die Beziehung zu ihr war ein Fehler gewesen, gehörte längst der Vergangenheit an. Dort sollte sie auch bleiben, wenn er seinen Seelenfrieden erhalten wollte. Vaughn hatte vor langer Zeit Royal – und Brielle – verlassen, um sich in der Welt einen eigenen Namen zu machen. Er wollte nicht länger im Schatten seines Vaters leben.

Vaughn hatte seine erste Million damit verdient, Land im Gebiet von Fort Worth zu erwerben und dort Bohrrechte zu verkaufen. Sein Unternehmen, Blackwood Energy Corp., war nach letzten Schätzungen fünfhundert Millionen Dollar wert. Royal in Texas war vielleicht der Ort, an dem sein Leben begonnen hatte, doch Vaughn hatte sich weiterentwickelt.

Er parkte seinen neuen Mercedes – den, der für seine Besuche in einer schicken Garage am Flughafen stand – vor dem eleganten Gästehaus, in dem er in der nächsten Woche wohnen würde. Seiner Gastgeberin, Dixie Musgraves, gehörten die Ranch Magnolia Acres und das Gästehaus. Als langjährige Freundin der Familie hatte sie Kellan, Sophie und Vaughn unterstützt, seit sie Kinder gewesen waren. Denn als ihre Mutter vor einigen Jahren an einem Schlaganfall starb, hatte Dixie fast Mutterstelle eingenommen.

Jetzt kam die attraktive, rothaarige Mittfünfzigerin aus dem Haus, um ihn zu begrüßen. Sie umarmte ihn. „Ich habe dich vermisst, mein Junge.“

„Hallo, Dixie.“ Vaughn grinste und erwiderte die Umarmung. Dieser „Junge“ überragte sie um einiges. Dixie war schon vor der Geburt von Vaughn und seinen Geschwistern die beste Freundin von Donna-Leigh Blackwood gewesen und hatte Donna-Leigh bis zu deren Tod liebevoll begleitet. Tatsächlich hatte sie zu dem Zeitpunkt Donna-Leigh Westbrook geheißen. Vaughns Mutter hatte nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen, was Buck damals sehr zornig gemacht hatte.

Buck Blackwood war an seinen besten Tagen ein distanzierter Elternteil gewesen, an seinen schlimmsten ein harter, strafender Vater. Nach Donna-Leighs Tod war Dixie für die Blackwood Kinder die wichtigste Bezugsperson geworden.

Sie schnappte sich seine kleinste Tasche. „Komm rein, mein Lieber. Ich habe Eistee und Bier und alles, was dein Herz begehrt.“

Vaughn griff nach seinem hochwertigen Lederrucksack und dem großen Koffer und folgte ihr ins Haus. Es war Monate her, dass er sich so entspannt gefühlt hatte. Trotz der angespannten familiären Situation tat es gut, wieder zu Hause zu sein … in Royal.

Er setzte sich auf einen Sessel und nahm das Glas, das sie ihm reichte. „Danke, Dixie.“

„Schön, dass du da bist. Du wolltest nicht so schnell wiederkommen, oder?“

Er zuckte mit den Achseln. „Eigentlich nicht. Aber wenn die kleine Schwester heiratet, hat man keine Wahl.“

Ihr Blick wurde weicher. „Sophie wird sich so freuen, dass du gekommen bist. Und dein Bruder auch. Und Darius. Er kommt mit Audra.“

„Wir haben uns bisher immer verpasst.“

„Er ist ein netter Kerl. Du wirst ihn mögen.“

„Sicher.“ Er hielt sich bewusst bedeckt. Diese letzten Monate waren von zu vielen Dramen erfüllt gewesen, von zu vielen Überraschungen. Wie die Entdeckung, dass Vaughn einen Halbbruder hatte. Er hatte sich noch nicht ganz an den Gedanken gewöhnt. Deshalb beschloss er, das Thema zu wechseln.

Doch Dixie ließ es nicht zu. „Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“

„Ich habe ein Problem mit Dads Testament“, murmelte er. „Ich wollte nie etwas für mich, aber warum hinterlässt er Miranda alles? Sie muss Dad irgendwie manipuliert haben.“

„Gib mir dein Glas. Du brauchst noch etwas Tee. Und vielleicht ein Scone. Ein niedriger Blutzucker ist die einzige Entschuldigung für dein verrücktes Gerede.“

„Sie ist so alt wie Kellan, verdammt. Wie kannst du dich für sie einsetzen? Sie war nur auf Bucks Geld aus.“

Dixie reichte ihm noch ein Glas Tee. „Hör mir zu, du dickköpfiger Blackwood. Gott weiß, dass ich deine Mutter geliebt habe. Sie war wie eine Schwester für mich. Aber als Miranda mit deinem Vater zusammenkam, war er bereits geschieden. Das weißt du.“

„Das heißt nicht, dass Miranda eine Heilige ist.“

„Sie hat einen Ehevertrag unterschrieben. Nach der Scheidung ging sie ohne einen Cent. Und sie hat sich in New York einen Namen gemacht.“

„Worauf willst du hinaus?“

„Miranda hat zwar vor der Testamentseröffnung einen Hinweis erhalten, aber ich denke, sie war genauso geschockt wie ihr, dass Buck sie zur Alleinerbin gemacht hat.“

„Vielleicht. Trotzdem kommt mir irgendetwas daran faul vor.“

„Du wirst das Testament also gemeinsam mit Kellan und Sophie anfechten?“

Er blickte entsetzt auf. „Ich? Nein. Ich habe alles, was ich brauche.“

Dixie lächelte geheimnisvoll. „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.“ Sie blickte auf ihre Uhr. „Oh, Mist. Ich muss los. Fühl dich wie zu Hause, Vaughn. Das zweite Schlafzimmer ist nicht bewohnt. Ich weiß, dass du deine Privatsphäre liebst.“

„Was soll das denn nun wieder bedeuten?“

„Nichts, Schätzchen. Sei nicht so empfindlich.“

Er folgte ihr zur Veranda. „Danke für deine Gastfreundschaft, Dixie. Das weiß ich wirklich zu schätzen. Bei einem Bruder, der frisch verheiratet ist, und einer Schwester mitten im Hochzeitsfieber ist es schön, einen Platz für mich allein zu haben.“

Seine Gastgeberin nickte. „Schön, dass ich helfen kann. Übrigens, wusstest du, dass Brielle wieder hier wohnt?“

Die Nachricht traf ihn wie ein Schlag. „Ach?“

Dixie grinste. „Seit sechs Wochen. Sie hat in der Main Street eine Tierarztpraxis eröffnet. Hauptsächlich für Haustiere. Scheint gut zu laufen.“

„Ich dachte, sie mag große Tiere und Viehzucht.“

„Mag sein. Dein Daddy war jedenfalls sehr angetan von ihr, als sie auf Blackwood Hollow gearbeitet hat.“

Ich auch, dachte Vaughn düster. Aber Brielle hatte Dinge gewollt und gebraucht, die er ihr nicht geben konnte.

Er gab sich betont gleichgültig. „Sie konnte auf jeden Fall mit Pferden umgehen. Man findet nicht viele Farmarbeiter, die so talentiert sind. Oder so überqualifiziert.“

„Stimmt. Sie hat ihr Talent verschwendet, als sie für Buckley gearbeitet hat. Er hat ihre Ausbildung oder ihren Wert nie anerkannt … zumindest nicht, wenn es um faire Bezahlung ging.“

„Knausrig bis zum Schluss.“ Vaughn rieb sich den Nacken. Über seinen Vater und Brielle zu sprechen half nicht, den Knoten in seiner Brust zu lösen. „Ich gehe jetzt duschen und fahre dann zu Sophie.“

„Du bist herzlich eingeladen, mit mir zu Abend zu essen. Ich habe immer genug.“

„Das ist nett von dir, aber nicht heute Abend. Ein andermal komme ich gern auf die Einladung zurück. Danke für deinen herzlichen Empfang.“

Ihr Lächeln war etwas wehmütig. „Vielleicht habe ich die Hoffnung, dich überreden zu können, für immer nach Hause zu kommen.“

Vaughn schüttelte langsam den Kopf. „Das wird dir nicht gelingen, Dixie.“

„Sag niemals nie.“

Vaughn stand in einer Ecke des riesigen Wohnzimmers seiner Schwester und betrachtete die Menschen, die kamen und gingen. Er hatte gehofft, allein mit seiner Schwester sprechen zu können. Doch anscheinend waren private Momente in den Tagen und Wochen vor einer Hochzeit selten.

Er freute sich jedoch darüber, wie glücklich Sophie war. Der zugeknöpfte Engländer an ihrer Seite war ihr Verlobter Nigel Townshend. Der Mann schien völlig vernarrt in Vaughns kleine Schwester zu sein. Dennoch machte Vaughn der Gedanke an die bevorstehende Hochzeit nervös. So viel Geld und Zeit und Mühe für eine Zeremonie und den Beginn einer Ehe, die in fünfzig Prozent aller Fälle scheiterte.

Vaughn war kein Pessimist. Er war Realist.

Monogamie war kein natürlicher Zustand für die menschliche Spezies. Sein eigener Vater war zweimal geschieden worden. Vaughn selbst war einmal kurz in Versuchung geraten, aber die Frau hatte ihn abserviert, nachdem er wiederholt hatte anklingen lassen, dass Eheglück nicht sein Ding war.

Die Erinnerung an Brielles Gesichtsausdruck, als sie sich von ihm trennte, verfolgte ihn bis heute. Aber er bereute seine Ehrlichkeit ihr gegenüber nicht. Es war die ungeschminkte Wahrheit gewesen.

Als Kellan kurz darauf mit seiner wunderschönen, russischen Frau Irina erschien, verdrängte Vaughn die negativen Gedanken und umarmte seinen älteren Bruder. Dann küsste er Irina auf beide Wangen. „Glückwunsch zur Schwangerschaft.“

Irina strahlte. „Wir sind so glücklich“, rief sie. „Dein Bruder ist ein wundervoller Mann.“

Kellan blähte stolz die Brust auf. „Sprich weiter, meine Süße. Vaughn soll hören, wie toll ich bin.“

Vaughn schnaubte. „Irgendjemand muss ihr eine Gehirnwäsche verpasst haben.“

Die Männer lachten, und Kellan gab seiner Frau einen Kuss auf die Wange. Dann wandte er sich wieder an Vaughn. „Wusstest du, dass Brielle wieder in Royal wohnt?“

Warum waren alle so versessen darauf, Vaughn über seine Ex-Geliebte auf dem neuesten Stand zu halten? Er zuckte mit den Achseln. „Dixie hat es erwähnt.“

Kellan hob eine Augenbraue. „Und?“

„Nichts und. Zwischen Brielle und mir war es nie ernst.“ Die Lüge blieb ihm fast im Hals stecken.

Kellan schüttelte den Kopf. „Das kaufe ich dir nicht ab. Du warst verrückt nach ihr.“

Irina kniff ihren Mann in den Arm. „Warum bist du so gemein zu deinem Bruder? Lass ihn in Ruhe.“

„Danke für die Unterstützung, Irina. Aber Kellan und ich kommen schon klar.“

„Also gut. Ich freue mich jedenfalls, dass du zu Hause bist. Wo du hingehörst.“

„Ich bin nicht zu Hause“, widersprach Vaughn. Aber es war zu spät. Sie hörten ihn nicht mehr, sie waren bereits gegangen, um sich mit anderen Gästen zu unterhalten. Vaughn seufzte und blieb, wo er war.

So schön es war, die Familie zu sehen, aber für immer nach Royal zurückkehren? Keine Chance.

Sophie schwebte durch den Raum auf Vaughn zu. Früher am Abend hatte Vaughn kurz ihren Verlobten kennengelernt. Jetzt war Sophie allein.

„Tolle Party, Schwesterherz“, sagte er. „Besteht die Möglichkeit, dass wir später etwas Zeit für uns allein haben?“

„Vielleicht morgen. Nachmittags. Wir müssen unbedingt reden.“ Sie war blendender Stimmung, doch er sah dunkle Ränder unter ihren Augen.

Er legte den Arm um ihre Taille. „Du siehst erschöpft aus, Soph. Alles okay?“

Sie legte den Kopf an seine Schulter und gähnte. „Alles ist perfekt, jetzt wo du zu Hause bist. Wusstest du, dass Brielle zurück ist?“

„Ja. Ich habe es gehört.“

„Sie hat eine Tierarztpraxis eröffnet. Ich habe Mr. Boots letzte Woche dort impfen lassen. Das ganze Wartezimmer war voll.“

Bevor er etwas darauf erwidern konnte, erschien ein junges Dienstmädchen. „Miss Blackwood? Da ist jemand an der Tür, der Mr. Blackwood sehen möchte. Mr. Vaughn Blackwood.“

Sophie gähnte wieder. „Sie sollen reinkommen.“

„Sie wollen nicht stören.“

Vaughn mischte sich ein. „Ich kümmere mich darum, Schwesterherz.“ Der mysteriöse Besucher konnte auf keinen Fall Brielle sein. Warum sollte sie uneingeladen auftauchen? Und dann auch noch nach ihm fragen?

Obwohl er ein flaues Gefühl im Magen verspürte, schlängelte er sich durch die Gästeschar, ohne jemandem anzusehen. Vielleicht war dies seine Chance, zu verschwinden und in das wunderbar ruhige Gästehaus zurückzukehren.

Als er die Hand an den Türknauf legte und die Tür aufzog, lief ein Kribbeln über seine Wirbelsäule. „Worum geht es?“, fragte er schroff.

2. KAPITEL

Brielle holte erschreckt Luft. Sie hatte darum gebeten, mit Vaughn sprechen zu dürfen, aber keine große Hoffnung gehabt, dass er wirklich an die Tür kommen würde. „Ich bin es“, sagte sie. Und dann merkte sie, wie töricht ihre Worte waren. Natürlich wusste Vaughn, wer sie war.

Er hielt noch immer mit einer Hand die Tür so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. „Brielle.“

Nur ein Wort. Heiser. Ungläubig.

„Du wirkst geschockt. Ich war sicher, dass dir jemand erzählt hat, dass ich wieder in Royal wohne.“

„Nicht nur einer“, murmelte er.

Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton. Und auch wenn es im grellen Schein des Verandalichts schwer zu erkennen war, wirkte er blass.

Er war so attraktiv, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Dichtes braunes Haar, intensive grüne Augen. Und ein glatt rasiertes Kinn, das einen Bildhauer vor Neid erblassen ließe.

Sie erschauerte innerlich und trat von einem Fuß auf den anderen. „Ich war auf Magnolia Acres und habe Dixie gefragt, wo ich dich finde. Eine meiner Freundinnen hatte gehört, dass du in der Stadt bist.“

„In Royal bleibt nichts geheim.“ Jetzt klang er fast verbittert.

„Es tut mir leid mit deinem Dad. Und mit seinem verrückten Testament.“

„Kein großer Verlust. Seine Kinder haben ihm ganz offensichtlich nicht viel bedeutet.“

„Er hatte sicher seine Gründe.“

„Bist du gekommen, um mit mir über meinen Vater zu reden?“, fragte er knapp.

„Du musst nicht so unhöflich sein.“

Er hob sein Kinn, schloss kurz die Augen, dann nagelte er sie mit einem Blick fest, der sie erstarren ließ. „Warum bist du hier, Brielle?“

„Ich muss mit dir reden.“

„Nur zu.“

„Nicht hier“, sagte sie. „Nicht in der Öffentlichkeit.“

„Ich denke, du hast alles gesagt, als wir das letzte Mal zusammen waren. Ich bin ein egoistischer Mistkerl ohne Mitgefühl, ohne Herz und ohne wirklichen Nutzen auf dieser Welt.“

Brielle zuckte zusammen, als er ihre Worte zitierte. „Ich war wütend.“

„Ach, wirklich?“

„Ich muss unbedingt mit dir reden. Es ist wichtig“, flüsterte sie und war plötzlich den Tränen nah.

Vaughn blickte ungeduldig auf seine Uhr. „Ich muss zurück zur Party. Was auch immer du zu sagen hast, kann sicher warten.“

„Ich bin morgen nur einen halben Tag in der Praxis. Können wir uns zum Lunch sehen?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich bin bereits mit Sophie verabredet. Und ehrlich gesagt, habe ich nicht viel freie Zeit, während ich in Royal bin.“

Wow. Damit hatte sie nicht gerechnet. Es schien fast, als hätte ihn ihre Flucht aus der Beziehung tatsächlich verletzt. Aber warum? Er hatte die Regeln für die Beziehung aufgestellt. Nichts Ernsthaftes. Nur eine Affäre. Vergnüglicher Sex. Keine Versprechen. Keine Zukunft.

Es war nicht so, dass er in sie verliebt gewesen wäre. „Egal“, sagte sie dumpf.

Als sie sich zum Gehen wandte, griff er nach ihrem Arm. Nicht hart, aber fest. Als wollte er sie nicht gehen lassen. „Warte“, sagte er. „Es tut mir leid. Du hast mich überrumpelt.“ Er schloss die Tür hinter sich und führte sie die Stufen hinunter. „Ist es wirklich so wichtig? Ich dachte, du hasst mich abgrundtief.“

„Ich habe dich nie gehasst, Vaughn. Wir waren einfach zu verschieden, als dass es hätte funktionieren können.“

Fast gegen seinen Willen legte er seine große, warme Hand an ihre Wange. „Du siehst wunderschön aus, Brielle.“ Etwas schwebte fünf Sekunden zwischen ihnen. Zehn. Ihre Beine zitterten. Ihr stockte der Atem.

„Ich sehe schrecklich aus“, protestierte sie. Sie war direkt von der Praxis hierhergekommen.

Er stand nah bei ihr, und sie spürte die Wärme seines Körpers.

Gerade als sie dachte, dass er sie küssen würde, trat er zurück. „Morgen um zwei habe ich Zeit. Wir könnten eine Spazierfahrt machen.“

Das plötzliche Zugeständnis löste das bleierne Gefühl in ihrem Magen. „Und wenn ich im Gästehaus vorbeikomme?“ Eine Spazierfahrt eignete sich nicht für das, was sie vorhatte.

Er zog die Augenbraue hoch. „Machst du mir gerade ein eindeutiges Angebot?“ Seine Häme sollte ihr Unbehagen bereiten.

„Sei nicht albern. Du bist nicht so unwiderstehlich, dass ich über dich herfallen will, kaum dass du wieder in der Stadt bist.“

„Du machst mich fertig“, sagte er, was aber eindeutig nicht ernst gemeint war. „Die Brielle, an die ich mich erinnere, war nicht so grausam.“

„Ich muss los“, sagte sie. „Bist du da, wenn ich komme?“

Der scharfe Ton in ihrer Stimme hatte keine Wirkung auf ihn. Er besaß sogar die Frechheit, ihr ein spöttisches Lächeln zu präsentieren. „Ich werde da sein, Brielle.“

Vaughn stand auf der Veranda und sah Brielles kleinem Wagen nach. Er glaubte, sich ihr gegenüber völlig entspannt gezeigt zu haben, aber innerlich war er alles andere als das.

Was wollte sie von ihm? Warum diese Geheimnistuerei?

Ihm kam der Gedanke, dass sie vielleicht einen Investor für ihre Praxis brauchte. Aber warum sollte sie ausgerechnet ihn fragen?

Die Fragen wirbelten unbeantwortet durch seinen Kopf, als er wieder hineinging und Ausschau nach Sophie hielt.

Sie und Kellan standen flüsternd in einer Nische zusammen. Vaughn gesellte sich zu ihnen. „Ich wollte mich verabschieden“, sagte er.

„Jetzt schon?“, fragte Sophie.

„Ich bin früh aufgestanden“, erwiderte Vaughn. „Wegen eines Arbeitstreffens. Ich habe es kaum rechtzeitig zum Flughafen geschafft.“

„Ich wünschte, du wärst früher zurückgekehrt und hättest Darius kennengelernt“, sagte Kellan. „Aber er hat ein wichtiges Meeting in L. A., deshalb sind er und seine Freundin Audra vor ein paar Tagen nach Kalifornien abgereist. Sie kommen natürlich zur Hochzeit, doch es wäre schön gewesen, du hättest vorher etwas Zeit mit ihm verbringen können.“

Vaughn atmete erleichtert auf. Die Dinge waren im Moment schon kompliziert genug. Es tat ihm nicht leid, dass sich dieses Treffen mit einem Fremden, der sein Blut teilte, verzögerte.

„Was haltet ihr von unserem Halbbruder?“

Sophie und Kellan tauschten Blicke.

Kellan zuckte mit den Achseln. „Ich mag ihn. Er ist ein aufrechter Kerl. Das Ergebnis des DNA-Tests war eindeutig.“

Sophie nickte. „Darius ist genauso verunsichert wie wir. Kannst du dir vorstellen, wie es für ihn war zu hören, dass sein leiblicher Vater Buck Blackwood war?“

Kellan schnaubte. „Und dass der alte Herr ihm nichts hinterlassen hat?“

„Welche Rolle spielt Miranda bei all dem?“, fragte Vaughn. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie die Ranch oder die Bank leiten will. Sie lebt in New York und spielt in dieser TV-Show mit. Außerdem ist in New York der Hauptsitz ihres Unternehmens. Und da jeder weiß, dass sie Alleinerbin ist und wir leer ausgegangen sind, kann es in Royal nicht besonders angenehm für sie sein. Außerdem braucht sie das Geld nicht.“

„Nun, du weißt, dass hier für die Serie ‚Das geheime Leben‘ gedreht wurde. Die Zuschauer waren begeistert davon“, sagte Sophie.

Vaughn schüttelte den Kopf. Er liebte und bewunderte seine Schwester. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du dich bei der Produktionsfirma eingeschleust und als Beraterin gearbeitet hast.“

Kellan grinst. „Und ganz nebenbei hat sie sich noch den CEO des Unternehmens geangelt.“

Sophies Lächeln sagte Vaughn, dass sie nichts bereute. „Ich bin dorthin gegangen, um etwas Negatives über Miranda herauszufinden, aber ehrlich gesagt glaube ich, sie ist gar nicht so schlimm, wie wir immer dachten.“

Vaughn machte ein finsteres Gesicht. „Und doch hat sie es irgendwie geschafft, alles von einem Mann zu erben, der nicht einmal mehr ihr Ehemann war. Ich kaufe ihr die Überraschung darüber nicht ab.“

„Ich verstehe, worauf du hinauswillst“, sagte Kellan. „Aber Miranda hat mehrfach angedeutet, dass das Erbschaftsdrama noch nicht zu Ende ist.“

Sophie nickte. „Als ich drüben im Haus war, um letzte Hochzeitsvorbereitungen zu treffen, erwähnte sie das Wort ‚Verwalter‘. Als wäre in der Zukunft irgendetwas anders.“

„Nun, das hat zum Glück nichts mit mir zu tun. Sobald du und Nigel verheiratet seid, kehre ich nach Fort Worth zurück. Ich werde nicht darauf warten, ob mein lieber verstorbener Vater irgendeinen skrupellosen Plan für meine Zukunft hat.“

Kellan seufzte. „Er ist praktisch allein gestorben. Ohne Freunde oder Familie. Da hat man irgendwie ein schlechtes Gefühl, oder?“

Vaughn schüttelte langsam den Kopf. „Ihr beide seid nachsichtiger als ich. Er hat sich das Ende seines Lebens selbst zuzuschreiben.“

„Vielleicht“, sagte Sophie: „Aber Kellan und ich sind jetzt so glücklich, dass es schwer ist, weiterhin Groll zu hegen.“

Vaughn legte einen Arm um jeden von ihnen. „Er mag ein schlechter Vater gewesen sein, aber er und Mom haben uns einander gegeben. Ich liebe euch beide. Jetzt geht zurück zur Party und lasst mich in Ruhe ein alter Griesgram sein.“

Eine halbe Stunde später fuhr Vaughn vor dem Gästehaus vor, stieg aus dem Wagen und streckte sich. Eine Million Sterne glitzerten am Himmel. Ein krasser Unterschied zu dem Himmel, den er gewöhnt war. Die Metropolregion des Dallas-Fort Worth-Metroplex war jetzt sein Zuhause. Er liebte die Energie und Vitalität der Städte.

Dennoch zogen ihn das entschleunigte Leben und der Charme von Royal an. Unwillkürlich musste er in diesem Moment an Brielle denken.

Trübsinnig zog er den Schlüssel hervor und schloss das Gästehaus auf. Er wäre fast gestolpert, als er mit dem Zeh gegen etwas Unerwartetes stieß.

Ein dicker Umschlag lag auf dem Boden. Vaughn hob ihn auf und sah seinen Namen mit einem dicken Stift darauf gekritzelt. Neugierig öffnete er den Umschlag. In ihm befand sich eine Kopie des Testaments seines Vaters. Er hatte das verdammte Ding nie wirklich gelesen. Bei der Verlesung des Testaments war Kace LeBlanc, Bucks Anwalt, direkt zum Punkt gekommen und hatte ihnen ohne Umschweife erklärt, dass Miranda Alleinerbin war.

Das Dokument, das Vaughn jetzt in den Händen hielt, war an einer Seite aufgeschlagen, die an ihn persönlich gerichtet war.

Er setzte sich und begann zu lesen.

Lieber Vaughn,

wenn du dies liest, bist du wahrscheinlich sauer, dass ich dir nichts hinterlassen habe. Die Wahrheit ist, dass du mir von all meinen Nachkommen wahrscheinlich am ähnlichsten bist. Du liebst den offenen Weg – willst nicht von den Erwartungen anderer eingeschränkt werden. Du hast einen ausgeprägten Geschäftssinn, und du bist eine Art Abtrünniger. Du willst nicht sesshaft werden.

Leider stehen diese Charaktereigenschaften einer Beziehung im Weg. Bei mir war es genauso, deshalb war ich am Ende allein und einsam. Überrascht dich dieses Eingeständnis? Ich habe meine Lektionen auf die harte Tour gelernt. Jetzt sterbe ich, ohne dass jemand an meiner Seite ist und meine Hand hält.

Also, ich hinterlasse dir kein Geld. Ich hoffe, dass dieser Brief dich überzeugen wird, dass das Einzige, was dir fehlt, die Liebe einer guten Frau ist. Ich hatte zwei, und ich habe beide verloren.

Sei wütend auf mich, wenn es sein muss, aber versuche, aus meinen Fehlern zu lernen. Miranda wird das letzte Wort darüber haben, was als Nächstes geschieht. Ich habe sie gebeten, meine Kinder zu beobachten und zu entscheiden, ob und wann ihr die Reife habt, die ein gutes Leben ausmacht.

Ich liebe dich, mein Sohn. Hab keine Angst, dich zu ändern.

Dad

Vaughn fluchte und warf das Bündel Papiere beiseite. Was für ein Schwachsinn!

Wer hatte diese Bombe vor seine Tür gelegt? Dixie? Sicher nicht.

Vaughn war zu nervös und gereizt, um schlafen zu können, obwohl es schon spät war. Stattdessen zog er Shorts und Sportschuhe an und verließ das Haus, um den Dämonen davonzulaufen.

Auf der Ranch herrschte eine friedvolle Ruhe. Ab und zu unterbrach ein leises Muhen die Stille. Es war wahrscheinlich töricht, im Dunkeln zu laufen und dabei einen gebrochenen Knöchel zu riskieren. Aber er war wütend und verletzt, auch wenn er es nicht zugeben wollte.

Viele Männer hörten es vielleicht gern, dass sie wie ihr Vater waren. Vaughn nicht. Sein Dad hatte sich von Vaughns Mutter getrennt. Dann hatte er eine Frau geheiratet, die jung genug war, um seine Tochter zu sein. Und auch von ihr hatte er sich scheiden lassen. Am Ende war er seinem Krebsleiden erlegen, ohne ein enges Familienmitglied an seiner Seite zu haben.

Vaughn rannte schneller. Er war nicht wie sein Vater. Nein, das war er nicht. Er war vielleicht ein Einzelgänger, und vielleicht hielt er seine Gefühle gern unter Kontrolle. Daran war nichts falsch. Es spielte keine Rolle, was sein Vater oder sonst jemand von ihm dachte.

Er lebte nach einer Reihe von Regeln, die Sinn machten. Er war sozial engagiert und großzügig, und er hatte einen Bruder und eine Schwester, die er liebte. Sein Leben war perfekt.

3. KAPITEL

Nach einer unruhigen Nacht schickte Vaughn Dixie eine SMS und lud sie zu einem Kaffee ein. Eine halbe Stunde später erschien sie mit frischem Gebäck. Er atmete den Duft tief ein. „Hast du die gebacken?“

Sie holte Teller und Gabeln aus dem Schrank. „Nein. Ich habe eine neue Köchin, die gern die Rezepte unserer Familie kopiert. Ich zahle ihr ein horrendes Gehalt, damit sie mich nicht verlässt.“

„Bleib dabei“, sagte er und nahm den ersten Bissen. „Das schmeckt unglaublich gut.“

Dixie setzte sich zu ihm, und sie genossen das spontane gemeinsame Frühstück. Als die letzten Krümel verschwunden waren, sah sie ihn schief an. „Du bist nicht einmal vierundzwanzig Stunden zu Hause. Was ist los, Vaughn? Du wirkst so angespannt.“

Er zuckte mit den Achseln und deutete auf ein Bündel Papiere. „Das lag gestern, als ich nach Hause kam, vor der Tür.“

Dixie warf einen Blick darauf. „Aha.“

„Mehr hast du nicht dazu zu sagen?“

„Ich habe es nicht dahin gelegt“, sagte sie. „Obwohl ich es schon gesehen habe. Kellan und Sophie haben Kopien.“

„Wenn du es nicht warst, wer dann?“

„Vermutlich Miranda.“

„Findest du auch, dass ich wie mein Vater bin?“, fragte er ohne Umschweife.

Dixie zögerte. Lange genug, dass es ihm sauer aufstieß.

Sie schüttelte langsam den Kopf. „Du bist nicht wie dein Vater, Vaughn. Aber du zeigst einige seiner Charaktereigenschaften.“

„Zum Beispiel?“

„Du hast nie gelernt, dich anderen Menschen gegenüber zu öffnen. Selbst dein Bruder und deine Schwester kennen dich nicht richtig.“

„Haben sie das gesagt?“ Er war verwirrt und verärgert.

„Nicht direkt. Aber wir machen uns alle Sorgen um dich, Vaughn. Du bist wie ein Superheld mit tiefen seelischen Wunden. Du versteckst dich vor der Welt. Das ist nicht gut. Ich wünschte mir mehr für dich.“

„Du hast ein wunderbar fürsorgliches Herz, Dixie, und es ist lieb von dir, dass du dir Sorgen um mich machst. Aber wenn du meinst, ich brauche eine große Liebesgeschichte, um glücklich zu sein, dann liegst du nicht richtig. Nur weil Kellan und Sophie im siebten Himmel schweben, heißt das noch lange nicht, dass ich das auch brauche. Ich bin wegen der Hochzeit hier. Mehr nicht.“

„Schon gut.“ Sie stand auf und stellte das Geschirr zusammen. „Wie war es bei Sophie gestern Abend?“

Der offensichtliche Themenwechsel erleichterte ihn. „Ich dachte, es wäre ein ganz zwangloser Besuch. Aber du kennst ja Sophie. Es war eine Party im Gange. Ich hatte ein paar Minuten mit ihr und Kellan. Und ich habe Nigel kennengelernt. Es war … nett.“

Er konnte sich nicht dazu durchringen, Brielle zu erwähnen und dass er sie heute Nachmittag sehen würde. Dixie würde voreilige Schlüsse ziehen, aber es gab keine Schlüsse zu ziehen. Absolut nicht.

Brielle schloss ihre Praxis für die Mittagspause und übergab ihrem neuen Partner die Schlüssel. Dr. Brody war über vierzig Jahre lang Tierarzt in Royal gewesen. Seit er im Ruhestand war, wusste er nicht, was er mit sich anfangen sollte. Als Brielle ihn fragte, ob er bereit wäre, gelegentlich für sie einzuspringen, nahm er das Angebot gern an.

Brielle fuhr so schnell es ging nach Hause und löste den Babysitter ab. Danika hielt bereits ihr Mittagsschläfchen. Brielle vermisste ihre Tochter sehr, wenn sie arbeitete, aber sie war alleinstehend. Egal, wie gern sie ein paar Jahre nur Mutter gewesen wäre, das Schicksal hatte es nicht für sie vorgesehen.

Sie öffnete leise die Schlafzimmertür und schlich hinein, um ihrem Baby beim Schlafen zuzusehen. Danika war nicht mehr wirklich ein Baby. Sie würde sehr bald zwei sein. Wo war die Zeit geblieben?

Das Haar ihrer Tochter war so hellblond wie Brielles. Aber das kleine Mädchen hatte die leuchtend grünen Augen ihres Vaters. Jeder, der genau hinsah, konnte leicht die Wahrheit herleiten.

Als Brielle nach Royal zurückkehrte, war ihr klar gewesen, dass sie früher oder später auf Vaughn treffen würde. Er lebte zwar nicht mehr hier, aber da seine Schwester heiratete, würde er natürlich zu Besuch kommen.

Vielleicht wäre es sogar möglich, ihm aus dem Weg zu gehen, bis er die Stadt wieder verließ. Aber Brielle war schon seit einiger Zeit klar, dass sie Vater und Tochter zusammenbringen musste.

Vaughn wollte keine familiäre Bindung oder Verpflichtung. Das war in Ordnung. Seine Entscheidung. Dennoch musste Brielle ihm die Wahrheit sagen.

Diese Rückkehr nach Royal konnte Glück oder Herzschmerz bedeuten, aber Brielle war überzeugt, dass es das Beste für ihre kleine Familie war. Sie wollte, dass Danika in der wunderschönen Stadt aufwuchs, in der auch sie ihre Kindheit verbracht hatte. Auch wenn Brielles Eltern jetzt in den Süden von Florida gezogen waren, würde Royal immer ihr Zuhause sein. Dieses Zugehörigkeitsgefühl sollte auch ihre Tochter entwickeln.

Während Danika noch schlief, ging Brielle unter die Dusche. Sie trocknete ihre Haare und trug ein dezentes Make-up auf, dann schlüpfte sie in eine schwarze Hose und eine rote Seidenbluse. Elegante schwarze Sandalen machten sie ein paar Zentimeter größer und komplettierten ihr Outfit.

Danika wurde wach, als ihre Mutter gerade fertig war. Brielle zog ihr ein hellblaues Kleidchen mit kurzen Ärmeln an.

Schließlich waren beide fertig. Brielle verspürte einen Knoten im Bauch. Angst. Anspannung.

Sie tat das Richtige. Ohne Frage.

Aber wie würde Vaughn reagieren?

Auf der Fahrt nach Magnolia Acres standen ihr kleine Schweißperlen auf der Stirn, und ihre Hände zitterten.

Sie war nicht mehr so nervös gewesen seit dem Tag, als sie in einer Arztpraxis in einem kleinen Vorort von Houston saß und hörte, dass sie schwanger war. Sie war ganz allein gewesen.

Nachdem sie ihren Job auf Blackwood Hollow gekündigt hatte, hatte sie Royal fluchtartig verlassen, um irgendwo anders neu zu beginnen.

Gerade als sie ihre Vergangenheit noch einmal Revue passieren ließ, überfuhr ein Auto ein Stoppschild und streifte fast ihre Stoßstange. Brielle holte tief Luft, setzte sich aufrecht hin und konzentrierte sich aufs Fahren. Diese bevorstehende Konfrontation war wie das Abreißen eines Pflasters. Die Angst vorher war schlimmer als das Ereignis selbst. Hoffentlich …

Außerdem würde Vaughn bestimmt nicht mehr als eine flüchtige Beziehung mit der kleinen Danika wollen. Vielleicht böte er Unterhaltszahlungen an. Brielle würde ablehnen, und ihrer Verpflichtung, ihn zu informieren, wäre Genüge getan.

Als sie Magnolia Acres erreichte, raste ihr Puls. Glücklicherweise spielte Danika fröhlich in ihrem Kindersitz mit Büchern. Sie sprach bereits mehrere Wörter und kurze Sätze, und es wurde von Tag zu Tag mehr.

Würde Vaughn von seiner Tochter beeindruckt sein? Oder wäre die Vaterschaft für ihn nicht mehr als eine lästige Angelegenheit? Brielle machte sich darauf gefasst, dass er einfach desinteressiert sein würde.

Das wäre das Schlimmste …

Sie fuhr am Haupthaus vorbei in Richtung Gästehaus. Es war drei Minuten vor zwei. Sein Wagen in der Einfahrt zeigte ihr, dass Vaughn von seinem Treffen mit seiner Schwester zurück war.

Nach einem letzten prüfenden Blick in den Rückspiegel stieg sie aus und befreite Danika aus ihrem Kindersitz. „Showtime, meine Süße. Zeig dich bitte von deiner besten Seite.“

Brielle balancierte ihre Tochter auf der Hüfte, die Wickeltasche, die sie immer dabeihatte, trug sie auf der anderen Seite.

Beobachtete Vaughn sie vom Fenster aus? Kleine Schweißtropfen liefen ihr den Rücken hinunter. Und ihr Mund war so trocken, dass sie sich fragte, ob sie überhaupt sprechen konnte.

Sie hatte diese Rede in den letzten zwei Jahren hundertmal geprobt. Jetzt, da der Moment gekommen war, war ihr Kopf leer.

Sie klingelte.

Vaughn öffnete fast sofort. Er trug dunkle Khakihosen und ein cremefarbenes Hemd, dazu eine modische Krawatte, marineblau mit winzigen Goldmedaillons. Seine blaue Jacke sah wahnsinnig teuer aus.

„Hallo, Vaughn.“

Als Vaughn nichts sagte, schlug ihr Herz wie wild. „Das ist Danika. Deine Tochter. Ich nenne sie auch Nika.“

Sie beobachtete, wie alle Farbe aus seinem Gesicht wich und von zwei dunkelroten Flecken auf den Wangenknochen ersetzt wurde. Sein Adamsapfel bewegte sich beim Schlucken sichtbar.

Kurz wanderte sein ungläubiger Blick von Brielle zu Danika. Er griff nicht nach dem kleinen Mädchen. Er rührte sich nicht. Er starrte einfach nur.

Schließlich, als sie schon das Gefühl hatte, dieses Schweigen würde nie enden, warf er ihr einen verärgerten, ja wütenden Blick zu und sagte: „Meinst du nicht, ich hätte ein Recht darauf gehabt, es zu erfahren?“

„Wow, jetzt schalt mal einen Gang runter“, zischte Brielle. „Ich habe versucht, dich zu erreichen. Einige Male. Aber offensichtlich hast du den Mobilfunkanbieter gewechselt, und ich gehörte nicht zu den Auserwählten, die du benachrichtigt hast.“

Sein Gesichtsausdruck zeigte ihr, dass er sich daran erinnerte. „Es gab eine Datenpanne bei der Arbeit. Die Techniker haben mein gesamtes Team mit neuen Handys ausgestattet. Aber du hättest im Büro anrufen können. In der Zentrale. Die Nummer ist kein Geheimnis, Brielle.“

„Das habe ich“, sagte sie. „Mindestens ein halbes Dutzend Mal. Zweimal bin ich sogar bis zu deiner Assistentin durchgekommen. Hast du eine Ahnung, wie demütigend das war? Sie anzuflehen, mich mit dir zu verbinden. Ich habe ihr gesagt, dass es sich um etwas Privates handelte. Aber sie hatte offensichtlich strikte Anweisung, deine Privatsphäre zu schützen.“

„Nun, verdammt …“

„Ja, sag es mir.“

Er schien um Worte verlegen. Eine völlig neue Situation – Vaughn Blackwood war sprachlos. Schließlich trat er zurück. „Komm rein“, murmelte er. „Sie hat so eine helle Haut. Ich möchte nicht, dass sie einen Sonnenbrand bekommt.“

Brielle war ein- oder zweimal in dem Gästehaus gewesen. Sie war sehr froh, dass sie und Vaughn dieses Gespräch auf neutralem Boden führen würden. Es stand viel auf dem Spiel.

„Das Haus ist nicht kindersicher“, sagte er und blickte sich in dem Raum um.

„Ich passe auf. Vielleicht können wir uns aufs Sofa setzen. Dann kann sie am Couchtisch spielen.“

Vaughn raufte sich das Haar und lachte leise, wenn auch ohne wirklichen Humor. „Ich dachte, du wolltest dir Geld von mir leihen.“

„Warum sollte ich mir Geld leihen wollen?“

„Für die neue Tierarztpraxis?“

Die Art, wie er die Augenbraue hochzog, erinnerte sie an die vielen Auseinandersetzungen, die sie in den anderthalb Jahren gehabt hatten, in denen sie zusammen gewesen waren. Da Brielle auf der Ranch seines Vaters arbeitete, und Vaughn sich hauptsächlich in der Gegend von Dallas-Fort-Worth aufhielt, war ihre Affäre von Anfang an schwierig gewesen. Brielle war bereit gewesen, für ihre Beziehung zu kämpfen – zumindest zuerst. Als sie noch glaubte, sie könnten eine gemeinsame Zukunft haben.

Als sie das erste Mal miteinander schliefen, hatte Vaughn eine Decke auf dem Heuboden ausgebreitet und sie überredet, die Nacht mit ihm zu verbringen. Es war sehr intim und wild romantisch gewesen. Zu schade, dass es alles nur Show gewesen war.

„Ich brauche dein Geld nicht“, sagte sie, vielleicht etwas zu scharf. „Meine Eltern haben eine bescheidene Summe in die Praxis investiert, und ich habe ein kleines Darlehen aufgenommen. Die Praxis läuft gut.“

„Warum bist du dann hier?“

Sie starrte ihn an. „Fragst du das im Ernst? Ich möchte, dass du deine Tochter kennenlernst. Ist das so seltsam? Ich weiß, dass diese ganze Elternschaft dir vermutlich weniger als nichts bedeutet, aber ein Kind profitiert davon, Vater und Mutter zu haben. Ich möchte nicht, dass sie eines Tages aufwacht und mich hasst, weil ich ihr nie gesagt habe, wer ihr Vater bist.“

„Dann geht es also in Wirklichkeit um dich und nicht um Danika. Und ganz gewiss nicht um mich.“

„Meine Güte, du bist so ein scheinheiliger Mistkerl. Manche Dinge ändern sich nie. Ich brauche oder erwarte nichts von dir, Vaughn Blackwood. Aber mein kleines Mädchen trägt keine Schuld an dieser Geschichte. Wenn es einen Daddy haben möchte, dann werde ich dafür sorgen, dass es weiß, wer sein Dad ist … auch wenn er sich nicht um sie kümmert.“

„Verstehe.“

„Du kannst die Vaterschaft leugnen. Wenn du es möchtest. Aber ein Gericht würde zu Gunsten deiner Tochter entscheiden. Du musst dir nur ihre Augen ansehen, Vaughn. Sie ist deine Tochter. Durch und durch. Wenn wir Glück haben, dann hat sie nicht deinen Dickkopf geerbt und dein Bedürfnis, immer alles unter Kontrolle zu haben.“

4. KAPITEL

Vaughn hatte eiskalte Hände. Er war vollkommen durcheinander, verspürte Wut und Ungläubigkeit.

Alles unter Kontrolle? Er hätte laut gelacht, wenn die Situation weniger angespannt wäre. Er hatte sich in seinem ganzen Erwachsenenleben noch nie so wenig Herr der Lage gefühlt.

Eben war er noch der pflichtbewusste Bruder gewesen, der zur Hochzeit seiner Schwester angereist war. Jetzt wurde er von der Frau und der Vergangenheit, die er hinter sich gelassen hatte, wieder eingeholt und komplett überrumpelt.

Er starrte das Kind an, suchte nach etwas, irgendetwas, das ihm sagte, dass es seins war. Brielle hatte recht. Die Augen verrieten alles. Außerdem kannte er Brielle. Sie würde wegen so etwas nicht lügen.

„Wie alt ist sie?“, fragte er.

„Sie wird demnächst zwei. Du kannst nachrechnen. Als ich Royal verließ, wusste ich nicht, dass ich schwanger bin. Ich habe bereits in Houston gearbeitet, als ich es feststellte. Zuerst wollte ich es dir gar nicht sagen, weil du so deutlich gemacht hattest, dass du keine Bindung willst. Doch nach ein paar Wochen meldete sich mein Gewissen, und ich hatte das Gefühl, es erzählen zu müssen. Aber da war es schon zu spät. Ich konnte dich telefonisch nicht erreichen.“

„Du hättest kommen können.“

„Nein. Wir waren fertig miteinander. Ich hatte nicht die Absicht, angekrochen zu kommen und um Unterstützung zu bitten, weder finanziell noch emotional.“

In Brielles Augen sah er den Schmerz und das Trauma, das sie seit der Trennung erlebt hatte. Aber er sah auch die Liebe zu ihrer Tochter. Ihrer gemeinsamen Tochter. Er legte zwei Finger an ihre Stirn. „Was hast du ihr von mir erzählt?“

Brielle zuckte mit den Schultern. „Nichts bisher.“

Er streckte die Hand aus und strich dem Mädchen über das Haar. Es war so seidig und weich. „Hallo“, sagte er leise.

Danika rückte näher an Brielle heran und steckte den Daumen in den Mund, die Augen weit aufgerissen.

„Es ist alles in Ordnung, Süße.“ Brielle streichelte sie. „Mr. V ist unser Freund.“

Vaughn schaute sie verwundert an. „Mr. V?“

„Vaughn ist für ein Kleinkind schwer auszusprechen, auch wenn meine Tochter schon sehr gut spricht.“

„Warum nicht Daddy?“

„Ich glaube nicht, dass das klug wäre“, erwiderte Brielle ruhig. „Noch nicht. Es macht keinen Sinn, sie mit etwas zu verwirren, was vielleicht nur vorübergehend ist.“

Er presste den Kiefer zusammen und kämpfte mit einer Reihe widersprüchlicher Emotionen. „Ich möchte sie sehen.“

„Sie sehen?“ Brielles Verwirrung war offensichtlich. „Sie steht direkt vor dir.“

„Ich meinte, dass ich Zeit mit ihr verbringen möchte, solange ich hier bin.“

„Du hast gesagt, dass du nicht viel freie Zeit hast, während du in Royal bist“, hielt sie ihm vor.

Vaughn schüttelte den Kopf und lächelte reumütig. „Du besitzt die unglaubliche Gabe, mir meine eigenen Worte ins Gesicht zu schleudern.“

„Ich will ehrlich sein, Vaughn“, sagte sie leise. „Meine Hoffnung ist, dass ich mich eines Tages in einen Mann verliebe, der Nika adoptiert. Das wäre das Beste für uns alle. Ich möchte nicht, dass sie sich zu sehr an dich gewöhnt.“

Vaughn steckte den Schlag stoisch ein, zumindest nach außen. Wie könnte er sich über Brielles Hoffnung beklagen, wenn er selbst null Interesse gezeigt hatte, eine Familie zu gründen?

Sein eigener Vater war ein schlechtes Vorbild gewesen. Und er war dem alten Mann vermutlich ähnlicher, als er sich selbst eingestehen wollte. Doch wenn er dieses winzige Mädchen ansah, dann verspürte er eine tiefe Sehnsucht in seinem Herzen.

Er und Brielle hatten dieses stille, kostbare Kind geschaffen. Ob er es wollte oder nicht, er war Vater. „Darf ich sie auf den Arm nehmen?“

Brielle nagte an ihrer Lippe. „Heute noch nicht. Aber bald. Du kannst mit ihr spielen.“

„Spielen?“ Das Wort gehörte nicht zu seinem Wortschatz, zumindest nicht in diesem unschuldigen Zusammenhang.

„Du weißt schon. Hilf ihr, einen Turm zu bauen. Sprich mit ihrer Puppe. Irgendetwas.“

Er würde ganz sicher nicht mit der Puppe reden. Nicht, während Brielle zusah. Stattdessen nahm er einen blauen und einen orangefarbenen Becher und stellte sie aufeinander. „Gibst du mir den roten?“, fragte er und lächelte das kleine Mädchen an, das dieselbe Augenfarbe hatte wie er.

Danika löste sich aus den Armen ihrer Mutter und ging einen Schritt in seine Richtung. Sie betrachtete die Becher, dann nahm sie den, um den er gebeten hatte. „Rot“, sagte sie stolz und gab ihn ihm.

Vaughn setzte ihn oben auf den Turm. „Gut gemacht“, sagte er mit belegter Stimme. Er hatte nie darüber nachgedacht, seine DNA weiterzugeben … für die nächste Generation zu sorgen.

Vaughn sah zu Brielle. Sie hatte den kurzen Austausch zwischen Vater und Tochter mit vorsichtigem Interesse verfolgt. Wenn er ihr Verhalten richtig deutete, dann war sie hin- und hergerissen. Brielle wollte, dass er sich um seine Tochter kümmerte, aber gleichzeitig wollte sie ihm im Leben ihres Kindes keinen Raum geben.

„Danke, dass du sie hierhergebracht hast“, sagte er. Er wollte mehr tun, mehr sagen, aber er befand sich noch im Schockzustand. Diese Nachricht würde nicht an einem Tag verdaut sein, nicht einmal in einer Woche. Er hatte ein Kind. Das musste er erst einmal richtig begreifen. Könnte er damit leben, dass irgendwo in Texas ein anderer Mann mit Brielle schlief und sein Kind aufzog?

Abrupt stand er auf und erschreckte damit Danika. „Mama“, weinte sie.

Brielle schnappte sich ihre Tochter und stand ebenfalls auf. „Wir gehen jetzt besser“, sagte sie.

„Danke, dass du gekommen bist und ehrlich zu mir warst. Und …“ Wäre es seltsam, ihr zu sagen, dass ihr das Muttersein gut stand? Denn so war es. Sie sah gut aus. Wirklich gut. Umwerfend geradezu. Das rote Top schmeichelte ihrer hellen, zarten Haut. „Ich freue mich, dass es dir so gut geht“, schloss er mit einem unbehaglichen Gefühl.

Brielle schenkte ihm ein angedeutetes Lächeln, fast widerwillig. Eine leichte Röte überzog ihre Wangen. „Dir scheint es auch gut zu gehen. Ich habe einige Artikel über dein Unternehmen gelesen. Du hast viel erreicht. Dein Vater muss sehr stolz auf dich gewesen sein.“

Er schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Überhaupt nicht. Du erinnerst dich sicher an ihn. Ich glaube, er hat sich für niemanden interessiert, außer für sich selbst.“

„Das ist hart.“

„Aber es stimmt.“

Brielle strich ihrer Tochter übers Haar. Etwas an dieser zärtlichen Berührung faszinierte Vaughn. Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte er sich daran, wie er mit Brielle im Bett gelegen hatte, befriedigt und glücklich, während sie mit der gleichen zärtlichen Geste seine Brust streichelte.

Die Erinnerung nahm ihm den Atem. Sofort wurde er hart. Eine heftige Welle der Lust durchströmte ihn, als wäre ein uraltes Schloss aufgebrochen und ein wilder, destruktiver Geist freigesetzt worden.

Er bebte vor Verlangen nach ihr. Aber er konnte Brielle um nichts in der Welt verführen, selbst wenn sie willig wäre. Jetzt war da noch eine andere Person im Spiel. Klein aber bedeutsam.

„Ich würde sie gern bei euch zu Hause besuchen“, sagte er. „Hast du etwas dagegen?“

Nach einem langen, angespannten Moment schüttelte Brielle den Kopf. „Nein. Das ist in Ordnung. Wenn du morgen Abend frei hast, dann könntest du mit uns essen, und mir dann helfen, sie ins Bett zu bringen.“

Seine Libido meldete sich wieder. Jeder wusste, was Mommys und Daddys taten, wenn die Kinder endlich im Bett lagen. „Um wie viel Uhr?“

„Gegen halb sechs?“

Seine Augen weiteten sich. So früh hatte er seit Jahren nicht mehr gegessen. Andererseits gaben ein frühes Abendessen und die frühe Schlafenszeit des Babys Vaughn reichlich Gelegenheit, sich mit Brielle auszutauschen.

Er holte eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche. „Schick mir deine Adresse. Ich werde da sein“, sagte er.

Nachdem Brielle Danikas Spielzeug eingesammelt und sich betont förmlich verabschiedet hatte, beobachtete Vaughn, wie der kleine Wagen fortfuhr. Er atmete tief aus. Hatte er wirklich den Atem angehalten? Versucht, sich zu beherrschen? Die letzte halbe Stunde hatte ihn emotional aufgewühlt.

Plötzlich verspürte er das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Seine Welt war aus den Fugen geraten. Sophie wäre die perfekte Vertraute, falls sie nicht gerade eine andere gesellschaftliche Verpflichtung hatte.

Vaughn fuhr zum Haus seiner Schwester in Pine Valley. Er war erleichtert, als er die leere Einfahrt sah. Es deutete darauf hin, dass gerade keine Brautparty oder sonst ein Unsinn stattfanden.

Nigel Townshend öffnete die Tür. Der Engländer trat zurück und führte Vaughn ins Foyer. „Hallo, Vaughn.“ Er blickte auf die Uhr. „Sophie ruht sich gerade aus, aber es wird Zeit, dass sie aufsteht. Ich hole sie.“

„Ist sie krank?“ Vaughn war beunruhigt. Seine Schwester war immer so voller Energie.

„Nein, nur müde.“ Nigel zog eine Grimasse. „Nonstop Hochzeitsvorbereitungen. Verdammt stressig manchmal. Sie hat kaum geschlafen.“ Er deutete in Richtung Wohnzimmer. „Fühl dich wie zu Hause. Sie wird gleich da sein.“

Vaughn betrat das elegante Wohnzimmer und lief rastlos auf und ab. Schließlich erschien Sophie. Ohne Nigel. Der Mann war scharfsinnig. Er musste intuitiv die Dringlichkeit der Situation erkannt haben.

Sophie gähnte und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Entschuldige. Ich bin normalerweise nicht so träge. Aber gestern ist es spät geworden.“

Er küsste sie auf die Wange und führte sie zum Sofa. „Ich habe Neuigkeiten. Halt dich fest.“

Sophies Augen weiteten sich. „Okay. Was ist es?“

„Ich habe eine Tochter. Brielle hat es mir heute gesagt. Ich bin Vater.“

Seine Schwester lächelte süß. Mitfühlend. „Dann lag ich mit meiner Vermutung richtig. Als ich Brielle das erste Mal mit ihrer Tochter in der Stadt sah, habe ich mich gefragt, ob das Baby von dir ist. Warum hat sie so lange damit gewartet, es dir zu sagen?“

„Das ist kompliziert.“ Nervös spielte er mit dem Schlüssel in seiner Hosentasche. „Ich weiß nicht, was ich tun soll. In meinem Terminkalender ist kein Platz für ein Kind. Ich bin ein Workaholic. Das weißt du. Brielle und ich haben uns damals getrennt, weil sie eine normale Familie haben wollte. Ein einfaches, unkompliziertes Leben. Das ist etwas, was ich ihr nicht geben kann.“

Sophie stand auf und umarmte ihn. „Hab keine Angst, dich zu ändern.“

Er verkrampfte sich. Sophie hatte den Brief von seinem Vater anscheinend auch gelesen. „Ich habe keine Angst“, erwiderte er automatisch. „Vielleicht will ich mich einfach nicht ändern.“

„Du hast diese Persönlichkeit, die du der Welt zeigst, Vaughn, aber ich kenne dich besser. Mein Bruder ist süß, ein ehrenwerter Mensch und hat ein großes Herz.“

Er grinste. „Das nimmst du zurück. Wo wäre ich, wenn sich herumsprechen würde, dass der Chef von Blackwood Energy Corporation ein Herz hat? Mein Ruf wäre ruiniert.“

„Sehr lustig.“ Sie hielt inne und neigte den Kopf. „Und welche Rolle spielt Brielle dabei?“

„Sie ist die Mutter meines Kindes – mehr nicht. Sie muss nur zustimmen, dass ich Zeit mit Danika verbringe, nichts weiter.“

„Und das glaubst du wirklich?“

„Brielle und ich haben uns schon vor langer Zeit getrennt. Ich weiß genau, was sie von mir hält. Nicht viel.“

„Ich mache mir mehr Gedanken darüber, was du über sie denkst.“

„Brielle ist eine bezaubernde, kluge und unabhängige Frau. Sie will oder erwartet nichts von mir. Die Tatsache, dass sie die Mutter meines Kindes ist, verkompliziert die Sache, aber damit kann ich umgehen.“

„Hast du schon darüber nachgedacht, dass deine Tochter enterbt worden ist?“

„Natürlich habe ich das … von dem Moment an, als ich von dem Baby erfuhr. Ich weiß, ich habe gesagt, dass ich nicht mit euch das Testament anfechten werde, aber die Dinge haben sich jetzt geändert. Ich werde von Miranda verlangen, dass Danika ihren gerechten Anteil – meinen Anteil – erhält.“

„Ich fürchte, du hast die Gelegenheit verpasst“, sagte Sophie. „Miranda ist heute Morgen zurück nach New York geflogen. Das hat ‚Das geheime Leben der New Yorker Ex-Ehefrauen‘ getwittert.“

Vaughn schnaubte. „Bitte sag mir, dass du kein Fan von dieser blöden Fernsehshow bist.“

„Sie ist nicht blöd. Sei nicht so engstirnig.“

„Wenn tatsächlich etwas Gutes daran ist, dann kann Miranda nicht involviert sein.“

„Vielleicht meint sie, dass es eine gute PR für ihr Unternehmen und ihre wohltätigen Aktionen ist. Außerdem ist es ein harmloser Spaß.“

„Nichts im Zusammenhang mit Miranda Dupree ist harmlos.“

Sophie schüttelte langsam den Kopf. „Das ist deine größte Schwäche, Vaughn Blackwood. Du bist auf etwas fixiert und lässt davon nicht ab, auch wenn du falschliegst.“

5. KAPITEL

Kaum war Vaughn gegangen, da schnappte Sophie sich ihren Schlüssel und ihre Tasche und ging zur Tür hinaus.

„Wohin gehst du?“, rief Nigel hinter ihr her.

Sie winkte ihrem wunderbaren Verlobten zu. „Ich muss etwas erledigen. Dauert nicht lange.“

Schuldgefühle nagten an ihr, aber sie ließ sich nicht beirren. Hätte sie Nigel oder auch Vaughn nach deren Meinung gefragt, hätten beide das Gleiche gesagt. Halt dich da raus, Sophie. Es geht dich nichts an.

Pah. Männer verstanden die wirklich wichtigen Dinge im Leben erst, wenn man sie mit der Nase darauf stieß. Sophie war Tante!

Sie parkte vor dem hübschen blau-weißen Häuschen, das Brielle nach ihrer Rückkehr in Royal gemietet hatte. Es war klein, aber charmant. Als Sophie klingelte, öffnete Brielle fast sofort, das Baby auf der Hüfte.

„Sophie. Was für eine Überraschung!“

Sophie strich dem Kind über das hellblonde Haar. „Vaughn hat es mir gesagt“, murmelte sie.

„Hat er das? Ich war nicht einmal sicher, dass er es glaubt.“

„Wie könnte er das nicht tun? Sieh dir nur die Augen an. Ich habe dich und das Baby in der Stadt gesehen und gleich vermutet, dass es ein Blackwood sein könnte. Dieses Moosgrün ist ungewöhnlich.“

„Ich weiß. Möchtest du reinkommen?“

„Gern. Sie ist so süß, Brielle.“

„Danke. Entschuldige die Unordnung. Ich habe sie gerade gefüttert und hatte noch keine Zeit, die Küche aufzuräumen.“

„Sei nicht albern. Ich bin Familie. Darf ich sie auf den Arm nehmen?“

„Du kannst es versuchen.“

Sophie setzte ihr gewinnendstes Lächeln auf. „Hallo, kleines Mädchen. Ich bin deine Tante Sophie. Möchtest du mit meiner Kette spielen?“ Die klobigen silber- und kobaltblauen Perlen hatten genau die richtige Größe, um ein kleines Kind zu faszinieren.

Danika streckte die Arme aus, Sophie hob sie hoch, und ihr Herz schmolz dahin. „Du hast so viel Glück, Brielle. Sie ist ein Engel.“

Brielle lachte und stellte das Geschirr in die Spülmaschine. „Meistens.“ Sie hielt inne. „Weiß Vaughn, dass du hier bist?“

„Oh, nein. Er wäre sicher nicht damit einverstanden.“

„Ich habe ihn heute ziemlich überrumpelt.“

„Das kann man wohl sagen.“

Brielle wurde blass. „Ist er sehr sauer?“

„Nein. Ich würde sagen, er ist verwirrt. Ich glaube, er weiß nicht, wie er darauf reagieren soll.“

„Um eines direkt klarzustellen, ich habe ihn um nichts gebeten. Ich dachte nur, er sollte es wissen. Eines Tages möchte Nika vielleicht wissen, wer ihr Vater ist.“

„Du gehst also davon aus, dass Vaughn keine aktive Rolle in ihrem Leben spielen wird.“

„Ja. Er hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er nicht Vater sein will.“

„Aber jetzt ist er es. Dinge ändern sich. Menschen ändern sich.“

„Da bin ich mir nicht sicher. Vaughn ist ein texanischer Sturkopf.“

„Gib ihm eine Chance, Brielle. Er könnte dich überraschen.“

„Vielleicht.“

„Du möchtest nicht, dass er sich ändert?“

„Das ist es nicht. Ich will nicht, dass meine Tochter zum Spielball der Blackwood-Familiendynamik wird. Nichts für ungut, aber ihr reichen Leute habt einige ernsthafte Probleme.“

Sophie lachte. „Schon gut.“ Sie knuddelte Nika und gab ihr einen schmatzenden Kuss auf die Wange, was das Kind zum Lachen brachte. „Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Brielle. Es ist sehr wichtig.“

„Worum geht’s?“

„Ich wollte bei meiner Hochzeit schon immer ein Blumenmädchen haben. Aber alle meinten, Kinder seien unberechenbar und könnten zusätzliche Probleme schaffen, die ich nicht gebrauchen kann.“

„Dem würde ich nicht widersprechen.“

„Das ist mir egal. Ich möchte, dass meine Nichte vor mir zum Altar schreitet.“

Brielle zuckte zusammen. „Oh Gott, Sophie. Ich halte das für keine gute Idee. Vaughn würde einen Herzinfarkt bekommen. Egal, ob er in Zukunft Teil von Danikas Leben sein möchte oder nicht, ich bin verdammt sicher, dass er sie bei der Hochzeit nicht vor allen, die er kennt, zur Schau stellen möchte.“

„Wir müssen nicht sagen, dass sie meine Nichte ist. Wir beide sind befreundet. Ich habe dich einfach gefragt, weil du ein süßes kleines Mädchen im richtigen Alter hast.“

„Ich sehe langsam, dass Vaughns Sturheit genetisch ist.“

„Bitte sag Ja. Ich kümmere mich um ihr Kleid und alles.“

„Bist du wirklich sicher, Sophie? Es wäre schrecklich für mich, wenn meine Kleine deine Hochzeit ruiniert.“

„Das wird nicht passieren. Das Einzige, was den Tag für mich ruinieren könnte, wäre, wenn mein Zukünftiger seine Meinung ändert. Und das wird nicht passieren. Er liebt mich.“

Brielle grinste, auch wenn es etwas gezwungen wirkte. „Du Glückliche.“

Bis Sophie abgefahren und Danika im Bett eingeschlafen war, war Brielle erschöpft. Der hochemotionale Tag hatte sie mit einer Reihe von widersprüchlichen Gefühlen zurückgelassen. Sie war zwar froh, dass Vaughn seine Tochter besser kennenlernen wollte, doch sie würde sich damit auf gefährliches Terrain begeben.

Es war eine Sache, als alleinstehende Frau eine verrückte Affäre mit einem hinreißenden Millionär zu haben. Aber jetzt war Brielle Mutter. Sie trug Verantwortung. Selbst wenn ihre Libido in Vaughns Nähe verrücktspielte, musste sie ihre Prioritäten klar setzen.

Nichtsdestotrotz waren die Aufregung und Vorfreude auf den nächsten Abend groß. Sie schlief unruhig und schaffte es am nächsten Tag kaum pünktlich zur Arbeit. Glücklicherweise hatte sie einen vollen Terminkalender. Ihre pelzigen Patienten und deren Besitzer waren anspruchsvoll.

Obwohl sie ihre Arbeit liebte, fühlte sich der Tag endlos an. Bis sie nach Hause kam, blieben ihr nur noch fünfundvierzig Minuten, um alles vorzubereiten. Am Morgen hatte sie einen Braten zusammen mit Kartoffeln und Karotten in den Schonkocher gegeben. Es war ein einfaches Essen für einen Mann, der nur das Beste gewöhnt war, aber Danika mochte es, und nur das zählte.

Da der Babysitter noch da war, konnte Brielle schnell unter die Dusche springen und sich umziehen. Sie wählte Jeans und einen Pullover mit V-Ausschnitt, dazu trug sie die kleinen Perlenohrstecker und eine Kette mit einer einzelnen größeren Perle, ein Geschenk ihrer Eltern zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag.

Es war ein wesentlich lässigeres Outfit als das, was sie getragen hatte, als sie Danika zu ihrem Vater gebracht hatte. Doch dank des Schmucks war es schick genug für einen Abend zu Hause … mit dem Mann, der sie geschwängert hatte.

Ungebeten wanderten ihre Gedanken zu all den langen, einsamen Monaten vor Nikas Geburt. Brielle hatte sich so sehr nach Vaughn gesehnt, dass sie geglaubt hatte, ihr würde das Herz brechen. Sie hatte sich damit diszipliniert, dass sie sich immer wieder sagte, dass der Vaughn, den sie haben wollte, nicht existierte. Und der Mann, der er wirklich war, wäre niemals bereit, sich zu ändern.

Sie brauchte einen Mann in ihrem Leben, der sie wirklich liebte und der bereit war, alles zu tun, damit die Beziehung funktionierte. Vaughn war unglaublich männlich und ein unbeschreiblich guter Liebhaber, aber er brauchte niemanden.

Das war letztendlich der Grund, weshalb Brielle sich von ihm getrennt hatte. Obwohl sie diejenige gewesen war, die einen Schlussstrich gezogen hatte, war die Trennung nicht weniger schmerzhaft gewesen. Nach dem Wegzug aus Royal hatte sie vor, sofort wieder auszugehen, um die Erinnerung an Vaughn schnell auszulöschen.

Der Plan war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Sie fand heraus, dass sie schwanger war, und plötzlich war Vaughn in einer Weise ein Teil von ihr, der niemals ausgelöscht werden könnte. Als das Baby geboren war, wurde die unsichtbare Intimität intensiver.

Wenn Brielle nachts ihre Tochter stillte, begaben sich ihre Gedanken auf Wanderschaft. In ihrer Fantasie lag Vaughn im Bett neben ihr, der Blick warm und liebevoll, wenn er über den Flaum auf dem Kopf seiner Tochter strich. Wenn er Brielle einen zärtlichen Kuss auf die Wange gab und ihr sagte, wie sehr er sie liebte.

Die Träume hielten Brielle am Leben. Es war vermutlich nicht gesund. Aber es war alles, was sie hatte.

Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Warum wollte Vaughn Zeit mit Danika verbringen? Er hatte in den Monaten, als Brielle und er ein Paar waren, sehr deutlich gemacht, dass er ein freier Mann sein wollte.

Vielleicht war er nur neugierig.

Als Brielle ins Wohnzimmer kam, stand der Babysitter mit Nika an der Haustür und plauderte mit Vaughn. Die Frau verabschiedete sich, und Brielle spannte sich an. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.

Vaughn nahm ihr die Entscheidung aus der Hand. Beiläufig, als wären sie nicht zwei Jahre und viele Meilen voneinander getrennt gewesen, beugte er sich vor, nahm ihr Gesicht zwischen seine großen, warmen Hände und küsste sie auf die Stirn. „Hallo, Brielle. Mir gefällt, was du aus dem Haus gemacht hast.“

Die liebevolle Begrüßung machte sie nervös. Sie traute seiner guten Laune nicht.

„Danke. Ich hatte Glück, so nah an der Praxis eine passende Wohnung zu finden.“

Langweilig. Das Wiedersehen mit ihm machte sie unbeholfen. Sie hatte das Gefühl, dass dieser Moment eine Art Test war, und sie scheiterte kläglich.

Sie wollte die Uhr zurückdrehen, ihre Arme um Vaughn schlingen und ihn küssen, bis ihm schwindelig vor Verlangen wurde. Sie rang sich ein Lächeln ab. „Das Essen ist fast fertig. Würdest du bitte die Weinflasche öffnen?“

„Gern. Wo finde ich den Korkenzieher und die Gläser?“

Brielle setzte Danika in eine ruhige Ecke in der Küche und gab ihr einen Holzlöffel und eine Rührschüssel aus Plastik. Eine Kombination, die das Kind mindestens fünfzehn Minuten lang bei Laune hielt.

Vaughn schenkte den Merlot ein und reichte Brielle ein Glas. „Auf Überraschungen“, sagte er.

„Auf Überraschungen.“ Sie hielt inne. „Ich möchte dein Leben nicht durcheinanderbringen. Ich hoffe, das weißt du. Und ich hoffe, diese Sache bereitet dir nicht zu viele Schwierigkeiten. Schwieriger wäre es, wenn du ganz hier leben würdest. Aber das tust du ja nicht.“

Sie betrachtete ihn, während er an seinem Wein nippte, den Blick auf die teuren italienischen Lederschuhe gesenkt. Zu seiner dunklen Hose und dem makellos weißen Hemd trug er eine sportliche Tweedjacke, die mit seinem braunen Haar harmonierte.

Und dieses energische Kinn. Oh, Mann. Sie erinnerte sich, wie sie sein Gesicht und dieses wunderbare Kinn geküsst hatte.

Schließlich blickte er auf. „Ich wohne nicht hier, das ist richtig. Aber Royal ist mein richtiges Zuhause. Und Danika ist mein Kind. Ich habe mir ein paar Gedanken dazu gemacht.“

Brielle wurde unruhig. Sie hörte deutlich die versteckte Drohung in seinen Worten.

„Das kann ich mir denken“, murmelte sie. „Aber Nika wird unruhig, wenn ich sie nicht bald füttere. Wenn sie essen will, dann will sie essen.“

Er nickte langsam. „In Ordnung. Wir können später reden. Wie kann ich dir helfen?“

Sie warf ihm einen erschrockenen Blick zu. Der Vaughn Blackwood, an den sie sich erinnerte, half nicht in der Küche.

Er musste ihr die Skepsis angesehen haben, denn er lächelte schief. „Wirke ich so inkompetent auf dich, Brielle?“

Sie überlegte kurz. „Nicht inkompetent, nur desinteressiert. Und das ist okay“, sagte sie schnell. „Ich brauche keine Hilfe in der Küche. Pass nur bitte auf die Kleine auf.“

Sie arbeitete schnell. Das kleine Haus hatte kein extra Esszimmer. Aber die Küche war groß und hatte einen Eichentisch, der zur Einrichtung des – laut Mietvertrag – „teilmöblierten“ Hauses gehörte. Brielle legte Sets auf den Tisch und stellte das farbenfrohe Geschirr ihrer verstorbenen Großmutter darauf.

Kurz darauf stand alles auf dem Tisch, einschließlich eines Spinatsalats mit einem warmen Speckdressing und die Brötchen, die sie während ihrer Mittagspause in der Bäckerei gekauft hatte. Sie schnappte sich das Baby, wusch Nika die Hände und setzte sie in den Hochstuhl.

Vaughn betrachtete das ganze Prozedere schweigend und wartete darauf, Brielle den Stuhl zurechtzuschieben. Seine angeborene Höflichkeit brachte ihn ihr viel zu nah. Sein warmer Atem streifte ihre Wange. „Sitzt du bequem?“, fragte er und rückte den Stuhl etwas weiter vor.

Brielle wand sich innerlich. Machte er Witze? Das Letzte, was sie jetzt tun wollte, war, zu Abend essen. Er war zu attraktiv, zu verführerisch. Zu … einfach alles.

6. KAPITEL

Vaughn fühlte sich absolut nicht wohl. Seit er zur Haustür reingekommen war und seine frühere Geliebte gesehen hatte, behinderte ihn eine leichte Erektion. Er erinnerte sich lebhaft an den Sex mit Brielle, ihren wunderschönen Körper, nackt, nur die Kette mit einer einzigen Perle um den Hals.

Hatte sie heute mit Absicht diesen Schmuck gewählt? Versuchte Brielle, alte Gefühle zu entfachen? Unwahrscheinlich. Trotzdem, sie sah verdammt sexy und verführerisch aus. Er konnte sich kaum erinnern, warum sie gestritten und sich getrennt hatten. Bis sein Blick auf dem Kleinkind landete, das sich fröhlich Karotten- und Kartoffelpüree in den Mund schob.

Das Kind hatte tatsächlich einen guten Appetit.

Er selbst hatte keinen großen Hunger gehabt, doch beim Duft von Roastbeef mit allem Drum und Dran knurrte sein Magen. „Ich wusste gar nicht, dass du so eine gute Köchin bist“, sagte er. Wenn er es recht überlegte, hatten sie nie so etwas Alltägliches getan, wie zu Hause zu Abend zu essen und einen Film zu genießen. Auf dem Höhepunkt ihrer Affäre hatte er sie in die feinsten Restaurants eingeladen, wenn er nicht gerade unter dem dunklen, texanischen Nachthimmel mit ihr schlief.

Und dann war es vorbei gewesen.

„Danke. Dies ist einfaches Essen. Ich versuche, meine Tochter gesund zu ernähren, aber ich gebe zu, dass ich an stressigen Tagen auch mal auf Chicken Nuggets zurückgreife.“

„Du solltest überhaupt nicht arbeiten müssen“, sagte er. „Sie ist mein Kind. Ich kann ihren Unterhalt vollständig bezahlen.“

„Ich liebe meinen Job. Natürlich nicht mehr als mein Kind. Und ich gebe zu, es wäre ein Luxus, bei ihr zu Hause zu bleiben. Aber ich habe von Kindheit an davon geträumt, Tierärztin zu werden. Mütter können Mütter sein und gleichzeitig noch etwas anderes tun. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Vaughn.“

Ihre schnippische Antwort amüsierte ihn mehr, als ihn zu beleidigen. „Das weiß ich. Aber selbst du musst zugeben, dass Geld das Leben einfacher macht.“

„Selbst ich? Was soll das denn heißen?“

„Als wir zusammen waren, mochtest du es nicht, dass ich dich mit Geschenken überhäufe. Du hast gesagt, es wäre dir unangenehm. Als würde ich für deine Zuneigung zahlen.“

„Ich war tatsächlich empfindlich, wenn es um dein Geld ging.“ Ihre Wangen nahmen eine rosige Farbe an, wodurch sie jünger und verletzlicher wirkte. „Ich war Rancharbeiterin auf dem Anwesen deines Vaters. Niemand fand, dass wir zusammenpassen. Und sie hatten recht.“

„Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Aber wir sprachen von Geld. Egal, welche Beziehung ich zu meiner Tochter haben werde, ist es meine moralische Verpflichtung, sie finanziell zu unterstützen. Ich habe sicherlich die Mittel dazu. Es gibt keinen Grund, warum es euch an etwas fehlen sollte.“

„Du vergisst, wie gut ich dich kenne, Vaughn Blackwood. Wenn ich Geld von dir annehme, dann erwartest du, dass ich so handle, wie du es möchtest. Meinetwegen kannst du ein Konto für sie anlegen. Und wir können über Dinge wie Versicherungen sprechen. Aber Danika und mir geht es gut.“

„Das Angebot steht“, sagte er ruhig. „Aber, Unterhalt mal beiseite, es gibt einen größeren Aspekt zu berücksichtigen.“

„So?“

„Ich möchte, dass Nika das bekommt, was ihr zusteht, wenn es um die Besitztümer meines Vaters geht. Ich habe zwar gesagt, dass ich kein Interesse am Geld meines Vaters habe, und das stimmt auch. Aber Danika ändert alles. Kellan und Sophie haben bereits die Anfechtung des Testaments eingeleitet. Nun werde ich mich nicht dagegen sperren, wenn es bedeutet, möglicherweise Danikas Zukunft zu sichern, ihr Studium, eines Tages eine Hochzeit. Sie ist eine Blackwood. Sie verdient es, einen Teil des Nachlasses ihres Großvaters zu erben.“

Brielle legte die Gabel auf den Teller und starrte ihn an. „Ich habe sie nie wirklich als Bucks Enkelin betrachtet. Das ist seltsam, nicht wahr? Ich sehe sie als mein Baby und deine Tochter. Nur wir beide, und meine kleine Süße. Bis Sophie gestern kam, war mir nicht bewusst, dass deine Geschwister sich auch etwas aus ihr machen könnten.“

„Sophie war hier?“

„Ja. Sie möchte, dass Danika das Blumenmädchen bei der Hochzeit ist. Ich sagte ihr, es sei deine Entscheidung. Sie meinte, dass niemand wissen muss, dass sie deine Tochter ist, wenn du es nicht willst.“

Vaughn runzelte die Stirn. Hielt seine eigene Schwester ihn für solch einen Feigling, dass er die Tatsache, dass Nika seine Tochter war, verheimlichen wollte? „Sie ist mein Kind. Und ich werde Nika gegenüber meine Pflicht erfüllen. Niemand soll sagen, ich hätte mich davor gedrückt.“

„Wie schön.“

„Das klingt nach Sarkasmus.“

„Was erwartest du? Ich habe nur aus einem Grund entschieden, dir von Nika zu erzählen, nämlich, weil sie vielleicht eines Tages nach dir suchen wird. Kleine Mädchen brauchen ihren Daddy. Sie sollten zumindest wissen, wer ihr Vater ist.“

„Ich dachte, du hast Pläne zu heiraten.“

„Das möchte ich auch. Sehr gern sogar. Aber ich kann nicht garantieren, dass ich jemanden finden werde.“

Das sah Vaughn anders. Selbst wenn Brielle ein Kind hatte, so war doch klar, dass viele Männer gern einen Platz in Brielle Gundersons Bett hätten. Auch er war damals wie besessen von ihr gewesen.

Ein Echo davon hallte immer noch in seinem Körper wider. Damals war es sexuelle Anziehungskraft gewesen, mehr nicht. Und auch wenn die Pheromone vielleicht noch die gleichen waren, er und Brielle waren heute andere Menschen.

Die Erwachsenen aßen schweigend weiter, bis Nika ohne Vorwarnung die Arme weit ausstreckte und Möhrenbrei mitten auf Vaughns Brust kleckste. Für den Bruchteil einer Sekunde passierte nichts. Dann brach Brielle in Gelächter aus. Sie lachte so sehr, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen.

„Es tut mir leid.“ Sie versuchte, sich zu beruhigen, scheiterte jedoch kläglich. „Wenn du dein Gesicht sehen könntest …“

Vaughn stand auf und griff nach einem Papierhandtuch, machte es nass und tupfte sein Hemd ab. „Freut mich, dass du mich so amüsant findest“, murmelte er.

Als er anfing, sein Hemd aufzuknöpfen, wich jede Spur von Belustigung aus Brielles Gesicht. „Was machst du da?“

„Ist das nicht offensichtlich? Ich ziehe mein Hemd aus, damit du mir helfen kannst, den Fleck zu beseitigen. Das Hemd ist brandneu, verdammt.“

Brielle sprang auf und stieß dabei fast ihren Stuhl um. „Lass das.“ Sie schob seine Hände zur Seite und versuchte, seinen Oberkörper wieder zu bedecken. „Ich kauf dir ein neues.“

Er war kurz davor gewesen, das Hemd aus der Hose zu ziehen, doch jetzt hielt er inne. Als Brielles Finger seine Haut berührten, erstarrte er, denn seine Männlichkeit erwachte wieder zum Leben. Er schluckte. „Hast du mit meinem nackten Oberkörper solch ein Problem, Brielle?“

Autor

Nadine Gonzalez
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