Bianca Extra Band 153

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

ARROGANT UND VERBOTEN CHARMANT von HELEN LACEY

Reitlehrerin Callie Jones ist an schwierige Eltern gewöhnt, aber Single-Dad Noah, dessen Tochter sich an keine Regel hält, ist eine Liga für sich! Wobei der attraktive Bootsbauer doch so absolut umwerfend sein kann – wenn er ausnahmsweise mal charmant statt arrogant ist …

MR. WRONG WIRD DADDY von RACHAEL JOHNS

Verzweifelt wendet sich Bailey an die Kummerkastentante der Zeitung. Ihr vertraut sie an, dass sie von dem bindungsscheuen Playboy Quinn McKinnel schwanger ist. Natürlich ohne seinen Namen zu nennen! Bailey ahnt nicht, wer die beliebte Kummerkastentante wirklich ist …

AUF ZEIT, ZUM SCHEIN – AUS LIEBE von STELLA BAGWELL

Er braucht eine Frau – schnell! Nur verheiratet kann Rancher Maddox John die Double J Ranch erben. Und er hat Glück, denn er lernt die hübsche Adeline kennen, die wie er gute Gründe für eine Ehe auf Zeit und zum Schein hat. Aber ihr Heiratspakt stößt auf eine unerwartete Hürde …

IN DEN ARMEN DES BODYGUARDS von STELLA BAGWELL

Savannah Fortune ist tabu. Das weiß Bodyguard Chaz Mendoza genau. Die hübsche Studentin, die er beschützen soll, kommt aus einer anderen Welt, was ihre Familie mehr als deutlich gemacht hat. Aber nach Savannahs heißem Kuss weigert Chaz sich, das zu akzeptieren …


  • Erscheinungstag 20.09.2025
  • Bandnummer 153
  • ISBN / Artikelnummer 9783751531320
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Helen Lacey, Rachael Johns, Stella Bagwell

BIANCA EXTRA BAND 153

Helen Lacey

1. KAPITEL

Callie Jones war nicht gerade begeistert, als sie die Dreizehnjährige am Samstagmorgen vor ihrer Tür stehen sah. Erstens schlief Callie an Wochenenden gern etwas länger, und das Mädchen mit dem mürrischen Gesichtsausdruck hatte schon um sechs Uhr morgens an ihre Tür gehämmert. Außerdem hatte Callie irgendwie mit einem anderen Typ Mädchen gerechnet. Das hier hatte einen zotteligen schwarzen Pferdeschwanz und mindestens ein halbes Dutzend Piercings in den Ohren sowie in den Augenbrauen und der Nase. Und mit kohlschwarzem Kajal umrahmte Augen.

Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bin Lily. Ich bin wegen der Reitstunde gekommen.“

Callie war froh, dass sie sich schnell einen alten Morgenrock übergestreift hatte. Es war ganz schön kalt draußen. „Du kommst viel zu früh.“ Ihr Blick fiel auf ein Fahrrad am Fuß der Verandastufen.

Der Teenager zuckte die Achseln. „Na und? Ich bin halt schon etwas früher gekommen.“

„Ich habe deinem Vater gesagt, du sollst um acht kommen.“

Wieder zuckte Lily die Achseln. „Dann hat er mich anscheinend falsch informiert.“ Das Mädchen betrachtete Callie von Kopf bis Fuß. Callie konnte den kritischen Blick bis in die Zehenspitzen spüren.

Seufzend betrachtete sie den Himmel, der gerade erst hell wurde. Eine Stunde mehr Schlaf wäre schön gewesen, aber wenn Lily schon mal hier war …

„Okay, ich zieh mir nur rasch was an.“ Callie zeigte auf die Korbbank auf ihrer Veranda. „Warte hier auf mich. Ich bin gleich wieder da.“

„Na gut.“

Callie schloss die Fliegengittertür so diskret ab, wie sie konnte. Sie wollte nicht, dass sich ein Teenager unbeaufsichtigt bei ihr im Haus herumtrieb, während sie sich umzog. Sie eilte ins Bad, wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne und band sich das Haar zu einem Pferdeschwanz zurück, bevor sie in Jeans und T-Shirt schlüpfte.

Sie verzichtete auf ihren Morgenkaffee, steckte jedoch einen Müsliriegel ein. Sie musste dringend wieder einkaufen, aber irgendwie kam sie kaum dazu. Sie war zu beschäftigt damit, Reitstunden zu geben, Rechnungen zu bezahlen und nicht zu viel darüber nachzudenken, warum ein gerade dreißig gewordenes ehemaliges California-Girl inzwischen zwölf Stunden am Tag schuftete, um eine kleine, ein paar Meilen von der Ostküste Australiens entfernte Reitschule zu betreiben.

Sie nahm ihren Pullover von der Rückenlehne eines Stuhls und ging nach draußen. Nachdem sie die Haustür hinter sich abgeschlossen hatte, zog sie ihre schlammigen Reitstiefel an, setzte ihren abgeschabten Cowboyhut auf und drehte sich zur Korbbank um. Ihre Besucherin war verschwunden. Genau wie ihr teuer aussehendes Fahrrad.

Offensichtlich war das Mädchen nicht gut darin, Anweisungen zu befolgen.

Callie steckte ihren Haustürschlüssel in ihre Jeanstasche und ging zum Pferdestall, der mit allen modernen Schikanen samt dazugehörendem Dressurviereck ausgestattet war. Callie hatte fast jeden Penny, den sie besaß, in Sandhills Farm gesteckt.

Okay, Mädel. Wo steckst du?

Ihre Hündin Tessa, ein noch junger Labrador-Australian-Cattle-Dog-Mischling, schoss freudig kläffend um eine Ecke von Callies Wohnhaus. Hinter dem Haus konnte das Mädchen nicht sein, sonst wäre Tessa dortgeblieben.

Wo konnte Lily nur stecken? Callie versuchte, ihre Intuition einzuschalten. Sie rief den Namen des Mädchens. Keine Reaktion.

Als Callie die Stalltür öffnete, ragten ein paar lang gestreckte Köpfe aus den Boxen. Von Lily keine Spur.

Na toll, das Mädchen hatte sich offensichtlich unerlaubt entfernt.

Und wo um alles in der Welt blieb Joe, Callies Teilzeitangestellter? Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sechs Uhr sechsundzwanzig. Eigentlich müsste er schon da sein. Sie würde jetzt erst mal die Pferde füttern müssen, bevor sie ihre verschwundene Schülerin unterrichten konnte.

Aber eins nach dem anderen. Als Erstes musste sie Lily … Wie-auch-immer-sie-mit-Nachnamen-hieß überhaupt finden. Nachdenklich schnalzte Callie mit den Fingern. Ha, Preston! Das war ihr Nachname. Lily Preston.

Ihr Vater war der mit der sexy Telefonstimme?

Callie war gerade dabei, diese alberne Erinnerung zu verdrängen, als sie einen Wagen in der Einfahrt hörte. Das musste Joe sein … Gut, dann konnte er sich um die Pferde kümmern.

Callie beschloss, hinterm Stallgebäude nachzusehen, ob Lily vielleicht dort war. Nach ein paar Schritten blieb sie wie angewurzelt stehen, ein Bein noch in der Luft. Sie war zu schockiert, um sich zu rühren.

Indiana – ihr wunderschöner, kostbarer und unersetzlicher Hannoveraner-Wallach stand mit schlecht sitzendem Zaumzeug am Zaun, während Lily Preston Anstalten machte, von einer Zaunlatte und der Tränke aus aufzusteigen.

Greif ein … schnell!

Callie rannte los und befahl dem Mädchen abzusteigen, aber es war schon zu spät. Der Teenager saß bereits auf dem Pferd und griff nach den Zügeln. Das hier würde garantiert nicht gut gehen.

Sie wird runterfallen!

Noch bevor Callie eingreifen konnte, rutschte Lily Preston vom Pferd und landete mit dem Hosenboden im Sand.

Sie war verschwunden. Genauso wie ihr Fahrrad.

Noah Preston kehrte fluchend ins Haus zurück. Gestern Abend hatte er seiner Ältesten mitgeteilt, dass er sie heute um viertel vor acht zur Sandhills Farm bringen würde, und sie hatte ihm genervt die Tür vor der Nase zugeschlagen, weil sie unbedingt alleine hatte fahren wollen. Er hätte sie anscheinend besser im Auge behalten müssen, denn jetzt, kurz nach halb sieben, war Lily fort. Typisch.

„Daddy? Ich habe Hunger.“

Noah wandte seinem achtjährigen Sohn Jamie das Gesicht zu. Der Kleine stand in der Küchentür.

„Okay, ich mach bald Frühstück. Aber zuerst müssen wir Lily finden.“

Jamie verdrehte genervt die Augen. „Schon wieder?“

„Ich weiß, aber ich muss mich vergewissern, dass es ihr gut geht.“

„Klar geht es ihr gut“, versicherte ihm Jamie auf eine sehr erwachsene Art. „Sie ist zur Pferde-Lady gefahren.“

„Hat sie dir das gesagt?“, fragte Noah überrascht.

Jamie nickte. „Yep. Sie ist vorhin mit dem Fahrrad hingefahren. Ich habe ihr gesagt, sie soll das lassen.“

Die Pferde-Lady? Callie Jones. Sie galt als die beste Reitlehrerin im Landkreis. Noah hatte sie vor einer Woche angerufen, um ein paar Reitstunden für Lily zu vereinbaren. Bei dem Telefonat war ihm sofort aufgefallen, was für einen reizvollen amerikanischen Akzent sie hatte.

Okay, dann wusste er jetzt wenigstens, wo Lily war und vor allem warum. Um ihm zu beweisen, dass er ihr nichts zu sagen hatte und sie tun und lassen konnte, was sie wollte.

Er weckte die Zwillinge und sorgte dafür, dass sich alle drei Kinder anzogen. Da Jamie immer noch grummelte, dass er Hunger hatte, packte Noah für unterwegs ein paar Äpfel und eine Packung Müsliriegel ein. Anschließend nahm er seinen Autoschlüssel und setzte die Kinder in seinen Geländewagen, bevor er sich hinters Steuer setzte.

Da er etwas außerhalb von Crystal Point wohnte, dauerte die Fahrt zur Sandhills Farm nur knapp zehn Minuten. Sie lag etwas abseits von der Straße und war über einen Sandweg zu erreichen. Er endete bei einem für die Region typischen Queenslander-Haus mit Rundum-Veranda. Im Gegensatz zur Reitanlage dahinter wirkte es ziemlich heruntergekommen.

Wo war Lily?

Er bat Jamie, seine vierjährigen Geschwister Hayley und Matthew im Auge zu behalten, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus. Ein Hund schoss fröhlich kläffend auf ihn zu und warf sich ihm sofort zu Füßen, um Streicheleinheiten einzufordern.

Während Noah das Tier streichelte, nahm er seine Sonnenbrille ab und sah sich um. Das Haus wirkte verlassen. Vor dem Stallgebäude stand jedoch ein alter, hellblauer Truck, Modell Ford. Noah stand wieder auf und ging hin. Im Zündschloss hing ein Schlüssel, also musste jemand hier sein. Sein Blick fiel auf Lilys Fahrrad, das an einer Wand des Stallgebäudes lehnte. Also war sie tatsächlich hergefahren.

Aber wo steckte sie? Und wo war Callie Jones? Auf dem Hof war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, auch nicht auf dem Reitplatz links vom Stall.

Er beschloss, im Stall selbst nachzusehen. Als er das Tor öffnete, war er tief beeindruckt, wie modern und sauber das Innere war. Ein paar Pferde streckten die Köpfe aus ihren Boxen und beobachteten ihn, als er weiterging. Auf der Rückseite des Gebäudes war eine Sattelkammer mit kleinem Büro. Da die Tür offenstand, trommelte er mit den Fingern gegen den Pfosten. Keine Reaktion. Er spähte hinein. An einer Wand hingen Fotos von einem Pferd mit Reiterin. Callie Jones vielleicht?

Noah wartete noch ein paar Sekunden, bevor er wieder nach draußen ging. Der zutrauliche Hund verlangte schon wieder nach Streicheleinheiten, bevor er an Noah vorbeischoss und seitlich um den Stall herumrannte. Noah bat seine Kinder auszusteigen und ihm zu folgen. Als er mit Ihnen im Schlepptau seitlich am Stall entlangging, hörte er weibliche Stimmen. Am Ende des Gebäudes blieb er abrupt stehen. Ihm stockte der Atem.

Eine Frau stand vor dem Zaun.

Sie war durchschnittlich groß und hatte an genau den richtigen Stellen Kurven. Ihre tief sitzende Jeans schmiegte sich wie angegossen um Hüften und Oberschenkel, und ihr braunes Haar hing ihr in einem langen Pferdeschwanz über den Rücken. Es juckte Noah in den Fingern, hineinzufassen. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Blitzschlag, dachte er. Ungefähr so muss sich ein Blitzschlag anfühlen.

Wahrscheinlich würde er diese Frau noch länger betrachten, wenn er nicht in diesem Moment seine Tochter vor einem großen, braunen Pferd im Sand sitzen sehen würde.

„Was ist denn hier los?“

Callie zuckte erschrocken zusammen und drehte sich um.

Nicht weit von ihr entfernt stand ein Mann und funkelte sie verärgert an.

„Hey, Dad!“, begrüßte Lily ihn.

Oh je. Lilys Vater? Er wirkte alles andere als erfreut.

Callie war heilfroh, dass Indiana sofort stehengeblieben war, als Lily abgerutscht war. Lily würde vermutlich für eine Weile der Hintern wehtun, aber etwas Schlimmeres war nicht passiert.

Callie wischte sich die Hände an ihrer Jeans ab und hielt dem Mann ihre Rechte hin. „Hi, ich bin …“

Der Mann ignorierte ihre Hand. „Lily!“, bellte er und ging zu dem Mädchen. „Was ist passiert?“

Lily verzog schuldbewusst das Gesicht. „Ich bin runtergefallen.“

„Ihr ist nichts passiert“, versicherte Callie ihm rasch.

„Ich glaube, das kann ich besser beurteilen.“ Er half seiner Tochter beim Aufstehen.

Lily klopfte sich den Dreck von der Hose und verschränkte die Arme vor der Brust. „Es geht mir gut, Dad!“

Indiana trottete auf Callie zu und stupste sie mit den Nüstern an. „Braver Junge“, murmelte sie und tätschelte ihn.

„Sie loben Ihr Pferd dafür, meine Tochter abgeworfen zu haben?“

Callies Nacken begann zu prickeln. „Er hat sie nicht abgeworfen.“

Ein spannungsgeladenes Schweigen breitete sich zwischen dem Mann und ihr aus, während sie sich anstarrten. Noch nie hatte Callie so grüne Augen gesehen. Ihr fiel auf, dass er extrem attraktiv war. Sein grimmiger Gesichtsausdruck änderte nichts daran. Ein schöner Mann war nun mal ein schöner Mann. Zumindest, wenn man auf so etwas achtete. Was Callie definitiv nicht tat.

Erst dann sah sie die Kinder ein Stück weiter weg. Ganz schön viele Kinder. Drei insgesamt, und alle blond.

Sie verspürte einen vertrauten schmerzhaften Stich in der Brust.

„Lily, nimm die Kinder und gehe mit ihnen zum Truck.“

„Aber Dad …“

„Jetzt geh schon!“, sagte er unwirsch.

Callies Hand krampfte sich um Indianas Zügel. Dieser Mann war vielleicht attraktiv, aber nicht besonders sympathisch.

Seine Tochter öffnete protestierend den Mund, klappte ihn jedoch wieder zu und zuckte die Achseln. Sie bat ihre Geschwister, ihr zu folgen. Als alle Vier außer Sichtweite waren, drehte sich der Mann wieder zu Callie um. „Was glauben Sie eigentlich, was sie da machen?“

„Ich …“

„Meine Tochter wird abgeworfen, und Sie lassen sie einfach im Sand liegen? Sie hätte ernsthaft verletzt sein können!“

Callie versuchte, ruhig zu bleiben. Es war nicht das erste Mal, dass sie es mit einem schwierigen Elternteil zu tun hatte. „Ihr ist nichts passiert.“

„Und woher wollen Sie das wissen? Man sollte Ihnen Ihren Trainerschein entziehen! Sie sind anscheinend völlig ungeeignet zum Unterrichten!“

Allmählich platzte ihr der Kragen. Sie stützte die Hände in die Hüften. „Jetzt machen Sie mal halblang! Sie haben nicht das Recht …“

„Und ob ich das habe!“, fiel er ihr wieder ins Wort. „Wie unfähig sind Sie eigentlich?“

Ihr schoss das Blut ins Gesicht. „Ich bin nicht …“

„So etwas Verantwortungsloses habe ich noch nie …“

„Würden Sie bitte aufhören, mich ständig zu unterbrechen?“, sagte sie genervt. Die Botschaft schien bei ihm anzukommen, denn er verstummte. Er sah wirklich beeindruckend gut aus. Callie holte tief Luft. „Ihre Tochter hat sich ohne meine Erlaubnis aufs Pferd gesetzt.“

„Ach, dann war der Sturz also Lilys Schuld?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

Lilys Vater kam einen Schritt näher. Callie fiel auf, wie groß gewachsen und breitschultrig er war. „Das hier sind Ihr Reitstall und Ihr Pferd. Wenn hier jemand die Schuld hat, dann ganz allein Sie!“

„Lily hat das Pferd ohne meine Erlaubnis genommen“, wiederholte Callie, mit etwas festerer Stimme diesmal. Sie hatte nicht vor, sich von diesem attraktiven Mann mit der sexy Stimme einschüchtern zu lassen.

Seine grünen Augen blitzten wütend. „Dann haben Sie sie also unbeaufsichtigt hier herumlaufen lassen, Ms. Jones?“

Callie holte tief Luft. „Ich weiß, wie die Situation für Sie aussehen muss und was gerade in Ihnen vorgeht, aber …“

„Haben Sie Kinder?“, unterbrach er sie schon wieder.

„Nein.“

„Dann haben Sie keine Ahnung, was gerade in mir vorgeht!“

Er hatte recht – was wusste sie schon? Sie hatte keine Kinder. Sie würde auch nie welche haben.

Wieder breitete sich ein spannungsgeladenes Schweigen zwischen ihnen aus. Sie sah ihn an. Er sah sie an. Plötzlich spielte sich etwas zwischen ihnen ab. Irgendetwas … Unterschwelliges lag in der Luft. Es handelte sich nicht um Feindseligkeit – es war etwas anderes.

Er ist sauer auf mich. Stinksauer sogar. Aber trotzdem checkt er mich ab.

Callie wusste nicht, wann sie das letzte Mal so angestarrt worden war. Oder das Bedürfnis verspürt hatte zurückzugucken. Sie wusste nur, dass das ein Fehler war. Er hatte Kinder, also war er offensichtlich verheiratet. Verstohlen betrachtete sie seine linke Hand. Kein Ehering.

Ihr Herz machte einen albernen Satz.

Der Mann verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Haben Sie überhaupt irgendwelche Qualifikationen?“

Fassungslos starrte sie ihn an. „Ich bin ausgebildete Trainerin …“

„Ich meinte, sind Sie dafür qualifiziert, Kinder zu unterrichten“, schnitt er ihr wieder das Wort ab. „Sind Sie Pädagogin? Oder haben einen Abschluss in Kinderpsychologie? Oder überhaupt irgendwelche Lehrqualifikationen abgesehen davon, dass Sie reiten können?“

Callie wurde so wütend, dass es ihr für einen Moment die Sprache verschlug, aber Gott sei Dank nicht lange. „Und was ist mit Ihnen? Sind Sie immer so … so unverschämt?“

Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte in seinen Augen etwas auf, das fast wie Belustigung aussah. „Und Sie? Erlauben Sie Ihren Schülerinnen immer, hier unbeaufsichtigt herumzulaufen?“

„Natürlich nicht!“, fauchte sie. „Wie kommen Sie nur darauf? Sie wissen doch gar nicht, was genau sich abgespielt hat!“

Er betrachtete sie ein paar Sekunden. Callie verspürte ein seltsames Flattern im Magen, so wie bei einer Achterbahnfahrt.

„Dann klären Sie mich bitte auf“, sagte er schließlich.

Callie schluckte ihren Ärger mühsam hinunter. „Als Lily mich vorhin aus dem Bett geholt hat, habe ich sie gebeten, auf der Veranda auf mich zu warten. Sie hat nicht auf mich gehört.“

„Und dann hat sie Ihr Pferd genommen?“

Callie nickte. „Ja.“

„Warum haben Sie nicht von ihr verlangt abzusteigen?“

„Das habe ich ja. Auch wenn es manchmal besser ist, Menschen aus ihren Fehlern lernen zu lassen, um …“

„Um Ihnen eine Lektion zu erteilen, meinen Sie?“

Wieder nickte Callie. „Lily war nicht in akuter Gefahr. Indiana würde ihr nie etwas antun.“

Er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Nur dass Sie’s wissen – Lily hat im Laufe ihres Lebens schon mehr als genug Lektionen gelernt.“

Da ist sie nicht die Einzige!

Callie zügelte ihren Ärger. „Es tut mir leid, dass ich Lily nicht besser im Auge behalten habe. Aber woher hätte ich wissen sollen, dass sie nicht auf mich warten würde?“

„Warum haben Sie mich nicht angerufen, als sie bei Ihnen ankam? Ich habe Ihnen doch neulich meine Handynummer gegeben. Sie war viel zu früh hier. Hat Sie das denn nicht gewundert?“

„Sie hat gesagt, Sie hätten sie falsch informiert.“

„Und das haben Sie einfach so geschluckt?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, wir vergessen das hier. Ich werde Lily eine andere Reitlehrerin suchen – eine, die verantwortungsvoller ist als Sie.“

Callie fand seine Reaktion total unfair. Andererseits konnte sie auf eine Schülerin wie seine Tochter gut verzichten. Das Mädchen machte viel zu viel Ärger. Und mit diesem Mann wollte Callie erst recht nichts mehr zu tun haben! Auch wenn er aus irgendeinem Grund ihre eingeschlafene Libido wachgeküsst zu haben schien.

Am liebsten würde sie ihn fragen, wer von ihnen wohl verantwortungsloser war – sie, weil sie Lily für ein paar Minuten aus den Augen gelassen hatte, oder er, weil er seine Tochter offensichtlich nicht im Griff hatte. Sie hielt sich jedoch zurück. Ihr letzter Ärger mit der Mutter zweier Reitschülerinnen war noch nicht lange her. Sie hatte keine Lust, sich noch mehr Probleme einzuhandeln.

„Machen Sie das“, sagte sie daher nur.

Grußlos drehte er sich um und ging.

Callie lehnte sich frustriert gegen einen Zaunpfosten und sah ihm hinterher. Kurz nachdem er aus ihrem Blickfeld verschwunden war, hörte sie einen Motor anspringen und wartete, bis das Geräusch von unter Reifen knirschendem Kies verhallt war.

Langsam drehte sie sich zu Indiana um. Sie hatte das Pferd aus Kalifornien mitgebracht – nur Indy und drei Koffer mit ihren wertvollsten, persönlichsten Gegenständen. Während Indy in Quarantäne gewesen war, hatte Callie die Immobilienanzeigen durchgelesen und schließlich diesen Hof gefunden – den idealen Ort für ihre neue Reitschule.

Sie liebte Sandhills Farm. Indiana und die neuen Pferde waren ihr Lebensmittelpunkt – ihre Kinder gewissermaßen. Die einzigen Kinder, die ich je haben werde.

Ihre Gedanken wanderten zu diesem Mann und seinen vier Kindern.

Ein seltsames Gefühl stieg in ihr auf – eine Mischung aus Trauer und Reue.

Sie nahm Indys Zügel und brachte ihn in seine Box zurück. Anschließend ging sie ins Büro, das im Grunde nur eine bessere Sattelkammer war. Sie hatte einfach einen Schreibtisch mit Computer und einen Aktenschrank reingestellt.

Da Joe inzwischen da war und sich um die Pferde kümmerte, öffnete Callie eine Datei auf ihrem Computer und strich Lily Preston aus ihrem Terminkalender. Das Mädchen würde keine Rolle mehr in ihrem Leben spielen … und sein gut aussehender Vater genauso wenig.

Ihr Blick fiel auf die gerahmten Fotos an der Wand. Es handelte sich um alte Fotos von ihr und Indiana bei früheren Turnieren.

Craig war auf keinem einzigen zu sehen.

Callie hatte keine Lust auf neugierige Fragen und erwähnte Craig Baxter daher nie. Oder überhaupt ihr früheres Leben. Sie hatte den Kontinent gewechselt, um von vorn anfangen zu können. Ihre Entscheidung für Crystal Point war sehr schnell gefallen. Da ihr Vater ganz in der Nähe in Bellandale geboren worden war, verband Callie viele schöne Ferienerinnerungen mit dieser Stadt.

Mit ihrem Umzug hierher war sie gewissermaßen zu ihren australischen Wurzeln zurückgekehrt. Sie vermisste Kalifornien zwar ab und zu, fühlte sich hier jedoch zu Hause. Sie hatte daher nicht vor, sich ihr neues Leben von einem schönen Mann mit sexy grünen Augen vermiesen zu lassen. Kam gar nicht infrage!

2. KAPITEL

Callie liebte Flohmärkte. Nachdem sie ihre letzte Schülerin Sonntagvormittag nach Hause geschickt hatte, nahm sie ein paar Zwanzigdollarscheine aus ihrer Schreibtischschublade und pfiff nach Tessa. Die Hündin sprang sofort auf den Beifahrersitz, als Callie in ihren Truck stieg.

Schon nach ein paar Minuten kam sie in Crystal Point an. Der kleine Ort am Meer hatte nur achthundert Einwohner und befand sich an der Mündung des Bellan River, eines der saubersten Flüsse des Landes. An jedem dritten Sonntag im Monat veranstalteten die Einwohner hier einen Flohmarkt, wo sie gebrauchte Sachen direkt aus dem Kofferraum verkauften.

Der Markt war gut besucht, als Callie vor dem Lebensmittelladen ganz in der Nähe parkte. Sie öffnete ein Fenster für Tessa, bevor sie reinging, um sich eine Cola zu kaufen. Die Glocke über der Tür klingelte, als sie eintrat. Die Verkaufsfläche war zwar klein, aber es gab hier alles, was man zum Leben brauchte.

„Guten Morgen, Callie.“

„Hi, Linda“, begrüßte Callie die ältere Frau hinterm Tresen. Sie holte eine Dose Cola und ging damit zur Kasse.

Linda lächelte ihr zu. „Ich habe gehört, Sie hatten gestern eine Auseinandersetzung mit Noah Preston?“

Hieß Lilys Vater so? Callie nahm an, dass er ihr neulich am Telefon seinen Vornamen mitgeteilt hatte, aber leider hatte sie kein gutes Namensgedächtnis. Noah …

Sie verspürte ein seltsames Prickeln im Unterleib. Ich habe absolut kein Interesse an diesem schrecklichen Mann! Auf keinen Fall wollte sie zugeben, dass sie seit ihrer Begegnung praktisch ständig an ihn dachte.

„Das hat sich ja schnell herumgesprochen.“ Sie gab Linda einen Zwanzigdollarschein.

Linda nahm das Geld entgegen und öffnete ihre Kasse. „In dieser Stadt geht so etwas immer sehr schnell. Ich habe es von meiner Tochter gehört, die ehrenamtlich den Surferabschnitt am Strand bewacht.“

Callie nahm ihr Wechselgeld entgegen. „Surferabschnitt?“

„Ja. Cameron hat ihr alles erzählt.“

Hat er das? „Wer ist Cameron?“

Linda schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Na, Cameron Jakowski. Er und Noah sind eng befreundet.“

Callie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand freiwillig mit jemandem wie Noah Preston befreundet war.

„Cameron gehört auch zu den Ehrenamtlichen“, fügte Linda hinzu.

Callie konnte der anderen Frau immer noch nicht ganz folgen.

„Noah war früher auch dabei, aber inzwischen hat er zu viel mit seinen Kindern zu tun.“

„Und dieser Cameron hat Ihrer Tochter alles erzählt?“

Linda nickte. „Yep. Er hat gesagt, Sie hätten sich richtig gefetzt. Wegen seiner schrecklichen Tochter.“

„Eigentlich war es eher eine Meinungsverschiedenheit.“

Linda beugte sich über den Tresen und senkte vertraulich die Stimme. „Er hat gesagt, er will Ihre Reitschule schließen lassen.“

Callie versteifte sich. Panik stieg in ihr auf. Nicht schon wieder! „Was?!“

Linda nickte. „Sie sollten sich in Acht nehmen. Wenn sich hier rumspricht, dass Sie nicht gut auf Ihre Schülerinnen aufpassen, können Sie Ihre Reitschule bald dicht machen.“

Callie wurde übel. Die Reitschule war ihr Ein und Alles. Die Pferde waren ihre Familie! „Ich habe doch gar nichts Schlimmes getan!“, protestierte sie.

Linda sah sie mitfühlend an. „Natürlich nicht, auch wenn ich Ihnen das bei dem Teufelsbraten nicht verdenken könnte. Das Mädchen macht nichts als Ärger, seit …“

Linda verstummte abrupt, als die Ladenglocke wieder klingelte und eine Frau in Jeans und orangefarbener Chiffonbluse eintrat. Sie hatte wilde, schwarze Locken und leuchtend grüne Augen und streifte Callie mit einem neugierigen Blick.

„Hallo, Linda.“ Die Frau holte eine Flasche Wasser aus einem der Kühlschränke.

„Evie, schön, dich zu sehen! Verkaufst du heute auf dem Flohmarkt?“

Die Frau bezahlte nickend. „Den üblichen Kram. Falls du von jemandem hörst, der ein Metallbett sucht, sag mir Bescheid. Ich renoviere nämlich gerade eins der Zimmer im ersten Stock und will es loswerden. Bis später!“

Als die Frau den Laden verlassen hatte, richtete Linda die Aufmerksamkeit wieder auf Callie. „Das war Evie Dunn“, erklärte sie. „Sie leitet das Bed & Breakfast am Meer. Sie ist Künstlerin und verkauft Bastelbedarf. Sie sollten sich ihren Stand mal ansehen.“

Callie lächelte schief. „Ich fürchte, ich bin keine große Bastlerin.“

Linda hob vielsagend die Augenbrauen. „Noah Preston ist ihr Bruder.“

Wow! Kein Wunder, dass Evies grüne Augen Callie so bekannt vorgekommen waren.

Okay, vielleicht interessierte sie sich doch ein bisschen für Noah Preston.

Nachdenklich nahm Callie ihre Cola und verließ den Laden. Noah Preston wollte also ihre Reitschule schließen lassen?

Sie fuhr mit ihrem Truck auf den Parkplatz, auf dem der Flohmarkt stattfand, stieg aus und nahm Tessa an die Leine. Auf dem Platz standen so viele Autos und wuselten so viele Menschen herum, dass Callie ein paar Minuten brauchte, bis sie Evie Dunns Stand mit Bastelbedarf und Modeschmuck entdeckte. Callie ging an ihrem Tisch vorbei und kehrte nach ein paar Metern wieder um.

„Interessieren Sie sich für Scrapbooking?“, fragte Evie, als Callie zum dritten Mal an ihr vorbeikam.

Callie blieb stehen. „Nicht besonders“, sagte sie achselzuckend.

Evie hob die dunklen Augenbrauen. „Dann interessieren Sie sich also für mein Metallbett?“

Callie schüttelte den Kopf. „Auch nicht.“

Evie stützte die Hände in die Hüften. „Dann sind Sie bestimmt wegen meines Bruders hier.“

Callie erschrak. „Wie kommen Sie d…?“

„Sie sind doch Callie, oder? Ich bin Evie.“ Sie hielt Callie eine Hand hin. Callie trat zögernd näher und schüttelte sie. „Ich habe den Namen Ihrer Reitschule vorhin seitlich auf Ihrem Truck gesehen. Lily hat mir viel über Sie erzählt. Sie scheinen sie tief beeindruckt zu haben. Sie will unbedingt bei Ihnen weiterreiten.“

Nur über meine Leiche!

„Ich glaube, diese Entscheidung liegt nicht bei Lily“, sagte Callie trocken.

„Sie hat Ihnen ganz schön Ärger eingebrockt, oder?“

„Kann man wohl sagen.“

Evie betrachtete sie aufmerksam. „So, zurück zum Metallbett. Wollen Sie es sich nicht mal ansehen?“

Callie schüttelte den Kopf. Hatte sie nicht schon gesagt, dass sie kein Interesse daran hatte? „Ich glaube nicht, dass ich eins …“

„Es wird Ihnen bestimmt gefallen“, beharrte Evie lächelnd. „Ich kann es Ihnen gern zeigen, wenn Sie wollen. Helfen Sie mir beim Einpacken, dann können wir los.“

Callie öffnete protestierend den Mund, klappte ihn dann jedoch wieder zu. Irgendwie hatte sie mehr und mehr das Gefühl, dass es hier nicht wirklich um das Bett ging.

Außerdem war Evie Noah Prestons Schwester. Sollte er Callies Reitschule wirklich an den Kragen wollen, sollte sie vielleicht die Gelegenheit nutzen, so viel wie möglich über ihn herauszufinden. Sie hatte nämlich nicht vor, sich von ihm ihren guten Ruf ruinieren zu lassen! Wenn er Krieg wollte, konnte er Krieg haben!

Noah tat seine Tochter schrecklich leid, aber leider hatte er keine Ahnung, wie er ihr helfen konnte. Er hatte es weiß Gott versucht, doch sie ließ niemanden an sich heran. Wenn sie sich nicht in ihrem Zimmer verkroch, schlich sie mit gesenktem Kopf im Haus herum und war total wortkarg. Anscheinend wollte sie nichts mit der Familie zu tun haben, die Noah so verzweifelt zusammenzuhalten versuchte.

Wahrscheinlich trauerte sie immer noch um ihre Mutter, die sie alle vor vier Jahren verlassen hatte. Oder vielmehr vor viereinhalb Jahren. Eigentlich müsste Lily inzwischen darüber hinweg sein.

So wie ich zum Beispiel?

Manchmal bildete er sich das zumindest ein. Er war vielleicht weniger darüber hinweg, als seine Eltern und Schwestern sich wünschten, aber immerhin war es ihm gelungen, das, was seine Exfrau zerstört hatte, zumindest teilweise wieder aufzubauen. Abgesehen davon hatte er immer noch Preston Marine, die Firma, die sein Großvater gegründet und Noah übernommen hatte. Und neben seinen Kindern hatte er noch seine Eltern, drei Schwestern und seine Freunde. Das war eine ganze Menge. Eigentlich mehr als genug.

Leider schien ihm das seit vierundzwanzig Stunden nicht mehr zu reichen.

Er konnte einfach nicht aufhören, an die unglaublich schöne Callie Jones und ihre leuchtend blauen Augen zu denken. An die Art, wie sie die Hände in die Hüften stützte. Und wie sündhaft sexy sie ihre Jeans ausfüllte.

Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hatte er wieder so etwas wie ein Knistern zwischen ihm und einer Frau verspürt. Mehr als das sogar. Es war eher ein loderndes Feuer gewesen.

Noah verstaute das Geschirr, das er gerade abgewaschen hatte, in den Schränken und trocknete sich die Hände, bevor er einen Blick auf seine Armbanduhr warf. Evie erwartete ihn um zwei Uhr. Er hatte ihr versprochen, ihr beim Möbeltragen zu helfen. Seine Schwester liebte es, Möbel umzustellen.

Zehn Minuten später waren die Kleinen und er unterwegs. Hayley und Matthew schwatzten fröhlich miteinander auf dem Rücksitz, während Jamie neben Noah auf dem Beifahrersitz saß. Noahs Farm lag nur ein paar Fahrminuten von Crystal Point entfernt und gehörte noch zum Einzugsgebiet der Stadt. Er hatte sie vor ein paar Jahren zum Schnäppchenpreis einem älteren Ehepaar abgekauft, das sich nach fünfzig Jahren Zuckerrohranbau zur Ruhe gesetzt hatte. Zuckerrohr gab es dort jedoch nicht mehr. Noah verpachtete das Land an einen Rinderzüchter.

Er bog in The Parade, die Straße zwischen Strand und Häusern, und parkte kurz darauf vor dem Haus seiner Schwester. Auf der anderen Straßenseite stand ein himmelblauer Truck, der Noah irgendwie bekannt vorkam. Er stieg aus, nahm Hayley auf den Arm und Matt an die andere Hand und bat Jamie, den Rucksack zu nehmen und schon mal vorzulaufen.

„Sieh mal, Daddy, da ist der Hund wieder“, rief Jamie aufgeregt und zeigte auf einen Hund, der an der vorderen Veranda festgebunden war.

Auch das Tier kam Noah irgendwie bekannt vor. Sein Herz machte einen albernen Satz.

Sie ist hier? Woher kannte Callie Jones seine Schwester?

Bevor Noah etwas sagen konnte, rannte Jamie schon die Verandastufen hoch, riss die Tür auf und rief nach seiner Tante.

Kurz darauf fand Noah die beiden Frauen in der Küche. Evie schnitt gerade eine Ananas für die Kinder auf, und sie saß an dem langen Küchentisch, einen Becher in den Händen. Lächelnd blickte sie hoch, als er die Küche betrat. Sie hatte wirklich ein umwerfend schönes Lächeln. Es verschlug Noah glatt den Atem. War ihr überhaupt bewusst, wie unglaublich anziehend sie war? Sein Blick wanderte über ihren dunklen geflochtenen Zopf, der ihr über eine Schulter hing.

Unbehaglich setzte Noah seine kleine Tochter auf die andere Hüfte und hielt krampfhaft Mattys Hand fest. Callie musterte ihn genauso interessiert wie er sie. Wieder spürte Noah ein Prickeln zwischen ihnen.

Evies Räuspern brach das Schweigen. „Also, wie wär’s, wenn ich mit den Kindern woanders hingehe, und ihr beide … redet?“

Noah hatte zwar keine Lust auf ein Gespräch mit Callie, aber anscheinend würde es ihm nicht erspart bleiben.

Er war echt geliefert!

Callie bekam einen Kloß im Hals, als sie Noahs Zwillinge wiedersah. Sie hatte gerade von Evie erfahren, dass die beiden vier Jahre alt waren.

So alt wie Ryan jetzt gewesen wäre …

Die Erkenntnis schnürte ihr den Hals zu.

Tief Luft holend zwang sie sich zu einem Lächeln, während sie beobachtete, wie Noah mit den Zwillingen redete. Er wirkte so liebevoll und fürsorglich. Wie der reinste Vorzeigepapa. Und wenn sie seiner Schwester Evie wirklich glauben konnte, war er sogar einer. Ein alleinstehender Vater, der sich ganz rührend um seine vier Kindern kümmerte. Angeblich war er auch sonst ein ganz toller Mensch. Besser ging’s quasi nicht. Wer’s glaubt, wird selig.

Als Evie und die Kinder die Küche verlassen hatten, stand Callie auf und warf ihren Zopf nach hinten. Ryan beobachtete sie mit so unverhüllter Faszination, dass sie heftig errötete.

Ich sollte mich nicht so von ihm anstarren lassen.

Nicht von diesem Mann, der sich ihr gegenüber so feindselig verhalten hatte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen würden“, sagte er.

„Kann ich mir vorstellen“, entgegnete sie trocken. „Ehrlich gesagt könnte ich gut darauf verzichten.“

Er hielt sie förmlich mit seinem Blick gefangen. „Und was machen Sie dann bei meiner Schwester?“

Callie reckte das Kinn. „Ich sehe mir hier ein Bett an.“

Bei dem Wort „Bett“ wurde die Atmosphäre noch prickelnder. Dabei fand Callie diesen Mann auch so schon anziehend genug … ihr verdammter Körper ließ keinen Zweifel daran!

„Ein Bett?“, wiederholte er verwirrt.

„Ja.“ Callie holte tief Luft. Sie brauchte dringend Sauerstoff. „Sie wissen schon – diese Möbelstücke, in denen man schläft.“

„Ich weiß, was ein Bett ist. Und was man darin macht.“

Das glaub ich dir sofort!

Wieder errötete Callie heftig. „Wollen Sie nicht die Gelegenheit nutzen, sich bei mir zu entschuldigen, wenn Sie schon mal hier sind?“

Verblüfft starrte er sie an. „Wofür soll ich mich denn bei Ihnen entschuldigen?“

Dafür, ein so attraktives Arschloch zu sein! „Dafür, dass Sie gestern so unhöflich waren.“

„Moment mal …“

„Und dafür, überall herumzuerzählen, dass Sie meine Reitschule schließen lassen wollen.“

„Was?“

„Wollen Sie das etwa abstreiten? Sie haben mir doch selbst damit gedroht.“

„Was habe ich?“

Er blieb heute nervtötend ruhig und beherrscht. So, als wolle er ihr damit beweisen, dass er sich nicht von ihr aus der Ruhe bringen lassen würde.

„Sie haben gesagt, man sollte dafür sorgen, dass ich meinen Trainerschein verliere“, erklärte sie.

„Und deshalb glauben Sie gleich, ich will Ihre Reitschule schließen?“

„Ja, das tue ich.“

„Und von wem haben Sie das gehört?“

Callies Verunsicherung wuchs. War sie etwa paranoid? Reagiere ich gerade über?

„Sie sollten nicht auf irgendwelchen Kleinstadtklatsch hören“, sagte er, als sie nicht antwortete. „Ich habe mit niemandem in der Stadt über Sie gesprochen.“ Er hob eine Augenbraue. „Vielleicht haben Sie noch jemand anderen verärgert?“

Callie wurde wütend. „Sie sind echt ein Arschloch!!“

Seine Lippen zuckten belustigt. Er hatte doch tatsächlich die Dreistigkeit zu lächeln! Als finde er ihre Reaktion unglaublich amüsant.

Während sie ihn wütend anfunkelte, wurde ihr plötzlich etwas bewusst. Er durchschaut meine Maske …

Sie wusste selbst nicht, wie sie darauf kam, aber sie konnte es förmlich spüren. Panik stieg in ihr auf. Sie wollte nicht durchschaut werden. Nicht von diesem Mann. Schon gar nicht von diesem Mann! Er war nur irgendein Fremder für sie.

Aber er schien direkt in sie hineinsehen zu können, daran bestand für sie kein Zweifel. Er merkt, dass ich ihm nur etwas vormache. Dass ich mich nur so stark gebe.

Alarmglocken schrillten in ihrem Hinterkopf. Rieten ihr, den Blickkontakt mit ihm abzubrechen, weil sie dabei anscheinend viel zu viel über sich verriet.

„Sie sollten in Zukunft besser auf Ihre Tochter aufpassen“, sagte sie zu ihm.

„Sollte ich das?“, fragte er, immer noch belustigt.

Callie nickte. „Sie hat nicht auf mich gehört“ erklärte sie. „Und als ihr Vater sind Sie dafür verantwortlich, dass sie gehorcht, nicht ich.“

„Sie hat nicht gehorcht, weil Sie sie leichtsinnig aus den Augen gelassen haben“, widersprach er.

Genervt nahm Callie ihr Schlüsselbund vom Küchentisch. „Ich gehe jetzt. Richten Sie Ihrer Schwester meinen Dank für den Kaffee aus.“ Sie ging zur Hintertür.

Noah hob eine Augenbraue. „Habe ich etwa gerade einen wunden Punkt getroffen?“

Sie straffte die Schultern und drehte sich wieder zu ihm um. „Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin. Ich mag mich vielleicht nicht gut mit schwierigen jungen Mädchen auskennen, aber ich erkenne ein arrogantes Arschloch, wenn ich eins sehe. Sie können mir die Schuld in die Schuhe schieben, so viel Sie wollen – das ändert nichts an den Tatsachen.“

„Anscheinend habe ich tatsächlich einen wunden Punkt getroffen.“

Callie schnaubte verächtlich. „Diese Genugtuung würde ich Ihnen nie geben!“

Als sie Evies Haus verließ, war sie kurz vorm Explodieren.

Noah wartete, bis die Tür hinter Callie ins Schloss gefallen war, bevor er tief durchatmete. Er und ein Arschloch? Wirkte er wirklich so auf Callie Jones? Irgendwie behagte ihm die Vorstellung nicht. Er wollte doch nur seine Tochter beschützen. Er war kein Arschloch.

Er spielte mit dem Gedanken, hinter Callie herzulaufen, um ihr alles zu erklären, doch in diesem Moment kehrte Evie in die Küche zurück – ohne die Kinder.

„Die Kids sehen sich gerade einen Film an“, sagte sie und ging zum Herd, um den Wasserkessel aufzusetzen. Für sie war Kaffee ein echtes Allheilmittel. „Und? Wie lief das Gespräch?“

„Ungefähr so angenehm wie eine Wurzelbehandlung.“

„Autsch.“ Sie verzog das Gesicht. „Habe ich mich gerade verhört, oder hat sie dich als Arschloch bezeichnet?“

„Hast du uns etwa belauscht?“

Sie zuckte die Achseln. „Nicht direkt. Und? Wer hat die Schlacht gewonnen?“

„Welche Schlacht?“

„Hast du dich gestern mit ihr gefetzt oder nicht?“

Er seufzte tief. „Ja.“

„Na also! Warum bist du eigentlich so in die Luft gegangen? Normalerweise regst du dich nicht so über andere Menschen auf.“

Wieder seufzte er. „Worauf willst du eigentlich hinaus?“

„Ich frage mich einfach, was sie getan hat, dass du so … zickig reagiert hast.“

„Sie hat dir doch bestimmt schon alles erzählt, oder nicht?“

„Ja, hat sie. Aber ich wollte deine Version hören.“

„Warum?“

„Damit ich sehen kann, ob du dabei den gleichen Gesichtsausdruck hast wie sie.“

„Wovon sprichst du überhaupt?“

Evie drehte sich zu ihm um und sah ihn an. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Genau den da.“

„Du hast anscheinend schon Wahnvorstellungen“, sagte er kopfschüttelnd.

Evie lachte. „Das bezweifle ich. Wie dem auch sei, ich fand sie … sympathisch.“

Klar, so sympathisch wie eine Stange Dynamit. „Du magst doch sowieso jeden.“

Evie schüttelte den Kopf. „Ach, Noah, mir kannst du nichts vormachen. Du magst sie genauso.“

Noah beschloss, nicht auf seine Schwester einzugehen. Wenn er ihr gegenüber jetzt auch nur ansatzweise zugab, dass er auf Callie Jones stand, würde sie sich sofort ans Telefon hängen und ihre Mutter und ihre beiden Schwestern informieren, und dann würden sie ihm keine Ruhe mehr lassen.

Dabei konnte Evie sich ihre romantischen Ideen gleich wieder aus dem Kopf schlagen. Bei einem Mann mit vier Kindern und einer Hypothek standen die Frauen nicht gerade Schlange.

Sein letztes Date war schon so lange her, dass er sich kaum noch daran erinnern konnte. Im Grunde lebe ich wie ein Mönch.

Abgesehen davon konnte er gerade keine temperamentvolle, verantwortungslose Frau in seinem Leben gebrauchen. Ganz egal, wie sexy sie in Jeans aussah.

„Wo sind denn jetzt diese Möbel, die ich dir tragen helfen soll?“, wechselte er bewusst das Thema.

„In einem der Zimmer im ersten Stock. Ich will dort die Wände neu streichen. Du brauchst mir nur mit dem Schrank zu helfen.“

„Meinst du etwa den, der ungefähr eine Tonne wiegt? Ich Glückspilz! Na ja, wenigstens bleibt mir diesmal die Treppe erspart. Weißt du noch, wie Gordon und ich das Teil seinerzeit hochgeschleppt haben?“

Evie lächelte bei der Erinnerung an ihren Ehemann, den sie vor zehn Jahren verloren hatte. „Stimmt, zusammen mit Cameron. Was habt ihr euch damals angestellt!“

Noah grunzte, als sie gemeinsam die Treppe hochgingen. „Kein Wunder, das Teil ist bleischwer!“

„Weichei“, sagte sie lachend.

Sie brauchten ganze zwanzig Minuten, um das schwerste Möbelstück der Welt in den Flur zu schieben. Als sie endlich fertig waren, war Noah total durchgeschwitzt und sehnte sich nach einem kalten Getränk und einer Rückenmassage.

Prompt musste er wieder an Callie Jones und ihre schönen blauen Augen denken.

„Bleibt ihr noch zum Abendessen?“, fragte Evie, als sie wieder unten waren. „Ich bin heute allein. Trevor hat Lerngruppe.“ Trevor war ihr fünfzehnjähriger Sohn.

„An einem Sonntag? Der Junge ist echt fleißig.“

„Der Junge ist intelligent“, korrigierte Evie ihn. „Er will Schiffbauingenieur werden, so wie sein Lieblingsonkel.“

Noah schüttelte den Kopf. „Danke für das Angebot, aber heute geht’s leider nicht. Ich muss gleich Lily vom Surfclub abholen, und danach müssen wir nach Hause. Morgen ist Schule.“

Evie stöhnte. „Himmel, sind wir langweilig geworden.“

Noah konnte da leider nicht widersprechen. Er nahm seinen Rucksack und holte die Kinder.

„Vergiss nicht, unsere Eltern kommen Mittwoch von ihrem Kurztrip zurück“, rief Evie ihm von der Haustür aus zu, nachdem sich die Kinder von ihr verabschiedet hatten.

„Keine Sorge.“

„Und stell dich schon mal darauf ein, den Schrank in ein paar Tagen wieder zurückzuschieben. Ich ruf dich an.“

„Alles klar.“

„Und denk mal darüber nach, warum du nicht zugeben willst, dass du auf eine gewisse Reitlehrerin stehst.“

Noah schüttelte grinsend den Kopf. „Auf Wiedersehen, Evie!“

Als er beim Surfclub ankam, wartete Lily schon vor dem Gebäude und unterhielt sich mit Cameron. Bei Noahs Ankunft verfinsterte sich ihre Miene. Statt Jamie wie sonst immer vom Beifahrersitz zu verscheuchen, stieg sie hinten ein und quetschte sich zwischen die Sitzerhöhungen der Zwillinge. Noah seufzte. Kein Zweifel, sie war immer noch sauer auf ihn. Weil er ihr angeblich ihre Reitstunden vermasselt hatte.

Noah stieg aus seinem Pick-up, um seinen besten Freund zu begrüßen. „Na, Hot Tub, was gibt’s Neues?“

Cameron versetzte ihm einen freundschaftlichen Knuff. „Du sollst mich doch nicht mehr so nennen.“

Noah grinste seinem Playboy-Freund zu. Er hatte ihm den wenig schmeichelhaften Spitznamen schon vor vielen Jahren verpasst. „Ich versuch’s.“ Er wechselte das Thema. „Hat Lily dir zufällig erzählt, was gestern passiert ist?“

Cameron nickte. „Du kennst doch Lily. Ich habe gehört, die Pferde-Lady ist richtig niedlich?“

Niedlich? So würde Noah die Reitlehrerin nicht gerade beschreiben. Das Wort traf vielleicht auf Hunde und kleine Mädchen mit rosa Schleifchen im Haar zu, aber nicht auf diese schöne Frau. Noch nicht mal das Adjektiv „schön“ wurde ihr gerecht. Callie war etwas ganz Besonderes. Sie erinnerte ihn an … an den Geschmack von vollmundigem Bordeaux. Oder den Duft von Jasmin an einem lauen Sommerabend.

Jetzt reiß dich mal zusammen!

Noah hüstelte verlegen. „Ich muss leider wieder weiter“, sagte er zu Cameron, nachdem sie noch ein paar Worte gewechselt hatten. Er stieg wieder in seinen Wagen.

Während der Fahrt beschloss er, Lily bei ihrer Ankunft zur Seite zu nehmen und noch mal mit ihr über gestern zu reden. Callie Jones hatte ihn vorhin als Arschloch bezeichnet. Er musste herausfinden, ob er sie falsch beurteilt hatte.

Er versperrte seiner Ältesten den Weg, als sie ihren Geschwistern ins Haus folgen wollte. „Ich muss mit dir reden.“

Achselzuckend hängte sie sich ihren Rucksack über eine Schulter. „Mit mir oder über mich hinweg?“

Er seufzte. „Hast du das Pferd gestern wirklich ohne Ms. Jones’ Erlaubnis genommen?“

Sie verdrehte genervt die Augen. „Hab ich das nicht schon gesagt?“

„Dann war es also die Wahrheit?“

„Ja!“

Noah durchzuckte es heiß bei der Erkenntnis, dass er gestern anscheinend überreagiert hatte. So etwas passiert mir sonst nie. Warum ausgerechnet bei ihr?

Er musste an Evies Worte vorhin denken.

Du magst sie genauso.

Klar mochte er sie. Sie ist schön, temperamentvoll und total sexy.

Aber hinter dieser Version von Callie Jones versteckte sich eine andere Frau. Ihre Kampflust war nur gespielt, davon war Noah felsenfest überzeugt. Irgendwie hatte er das im Gefühl. Er würde nur zu gern die echte Frau hinter ihrer starken Fassade entdecken.

Lily verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Hast du sie etwa wiedergesehen?“, fragte sie misstrauisch.

Woher weiß sie das nur? Noah nickte. „Ja, sie war vorhin bei Tante Evie.“

„Und? Darf ich bei ihr Reitstunden nehmen?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, wir müssen dir eine andere Reitlehrerin suchen.“

Lily verzog enttäuscht das Gesicht. „Sie hat Nein gesagt?“

„Mehr oder weniger.“

„Kannst du sie nicht noch mal fragen?“

Einen Versuch wäre es vielleicht wert. Schon allein, weil Lily ihn darum bat, und seine Älteste bat sonst nie um etwas.

„Warum ist es dir eigentlich so wichtig, ausgerechnet bei Ms. Jones Reitstunden zu nehmen? Es gibt doch noch andere Reitschulen in der Stadt.“

Lily schnaubte verächtlich. „Du meinst die große Reitschule im Zentrum? Da gehen doch nur reiche Spießerinnen mit Polohemden hin!“

„Und woher weißt du das?“

Lily biss sich auf die Unterlippe. „Weil sie in meine Klasse gehen. Die Pony Girls, meine ich.“

Pony Girls? Noah kam irgendwie nicht mehr hinterher. „Von wem sprichst du da eigentlich?“

„Na, von den Trents!“, sagte Lily ungeduldig. „Lisa und Melanie. Sie waren früher auch bei Callie, aber sie hat sie vor ein paar Monaten rausgeworfen.“

Melanie Trent war Lilys ehemalige beste Freundin und inzwischen ihre Erzfeindin. „Und warum?“

„Callie hat sie beim Rauchen im Stall erwischt. Das gab natürlich einen Riesenärger mit Mrs. Trent. Callie hat deswegen sogar noch mehr Schülerinnen verloren. Du weißt ja, wie die Trents sind. Sie lassen sich von niemandem etwas sagen.“

Das wusste Noah allerdings. Sonja Trent, die Mutter der Mädchen, hatte vor einem Jahr bei ihm am Empfang gearbeitet. Er hatte ihr den Job nur gegeben, um ihr einen Gefallen zu tun, weil ihr Mann kurz vorher entlassen worden war. Keine zwei Wochen später hatte sie schon gekündigt, weil Noah ihre Annäherungsversuche zurückgewiesen hatte.

„Wusstest du eigentlich, dass sie eine berühmte Dressurreiterin war?“, riss Lily ihn aus seinen Gedanken. „Ich meine, richtig berühmt. Sie hätte bei den Olympischen Spielen mitreiten können und so.“

Noah versuchte, sein plötzliches Herzstolpern zu ignorieren. „Nein, das wusste ich nicht.“

„Wenn ich ihre Schülerin werde, werde ich vielleicht genauso gut wie sie. Besser jedenfalls als Melanie. Viel besser. Und dann ist sie vielleicht nicht mehr so gemein zu Maddy.“

Maddy Spears war Lilys neue/alte beste Freundin. Sie waren schon befreundet gewesen, bevor Melanie auf der Bildfläche aufgetaucht war.

„Vielleicht hilft es ja, wenn ich mich bei Callie entschuldige“, fügte Lily hinzu.

Das wäre ja mal ganz was Neues.

Noah nickte. „Das könntest du versuchen“, sagte er, auch wenn er bezweifelte, dass das etwas ändern würde.

„Ich will Callie wirklich, Dad!“

Tja, da bist du nicht die Einzige.

Noah sah seiner Tochter hinterher, als sie den Flur entlangrannte und türenknallend in ihrem Zimmer verschwand.

Okay … und was jetzt? Er wusste jedoch, was er zu tun hatte. Er musste Callie wiedersehen. Mehr noch, er wollte sie wiedersehen, so lächerlich das auch war.

3. KAPITEL

Callie wartete auf die Ansage ihrer Punktzahl beim Turnier des Bellandale Horse Clubs. Die Anforderungen waren nicht besonders hoch gewesen. Indiana hatte alles mühelos bewältigt; er war noch genauso gut in Form wie damals.

Bevor alles den Bach runtergegangen war.

Vor Craig Baxter.

Ein attraktiver Mann, charmant, ehrgeizig und zwölf Jahre älter als sie. Und ein ausgezeichneter Dressurreiter. Er war so erfolgreich gewesen, dass Callie über seine Stimmungsschwankungen und seinen Perfektionismus hinweggesehen hatte. Zu verlieren war für ihn nicht infrage gekommen. Er hatte immer und überall der Beste sein müssen.

Callies Schmerz deswegen saß immer noch tief, auch vier Jahre nach seinem Tod noch. Angeblich war es besser, einen geliebten Menschen verloren als nie geliebt zu haben, aber Callie sah das anders.

Liebe tat weh. Sie konnte daher gut darauf verzichten, und zwar für den Rest ihres Lebens.

Und was ist mit Sex? Will ich darauf auch verzichten?

Eigentlich hatte sie sich längst damit abgefunden, nie wieder Sex zu haben. Seit letzter Woche musste sie jedoch ständig daran denken. Oder vielmehr an Sex mit Noah Preston. Und ihre Fantasien waren alles andere als jugendfrei …

Die Ansage ihrer Punktzahl riss sie aus ihren erotischen Träumereien. Sie nickte der Jury zu und ritt aus der Arena. Als sie an den Teilnehmern vorbeiritt, die noch auf ihr Ergebnis warteten, zügelte sie Indy abrupt.

Denn direkt vor ihr stand das Objekt ihrer geheimen Begierden.

Noah trug eine Jeans mit schwarzem Hemd und sah in dem Outfit so verdammt sexy aus, dass Callie buchstäblich aufkeuchte. Er hatte ein Schlüsselbund in einer und eine Sonnenbrille in der anderen Hand.

Kühl und abweisend sah sie ihn an, bis ihre Neugier zu stark wurde. „Was wollen Sie hier?“

„Mit Ihnen reden“, antwortete er.

„Woher wissen Sie, dass ich hier bin?“

„Ihr Lehrling hat es mir gesagt.“

Wahrscheinlich meinte er Joe. Callie würde ihrem Angestellten am liebsten den Hals umdrehen! „Und worüber wollen Sie reden?“...

Autor

Rachael Johns
Rachael Johns ist Englischlehrerin und Vollzeitmutter, hat eine Spinnenphobie und schreibt in ihrer Freizeit. Sie schläft kaum und bügelt nie. Sie liebt romantische Bücher und Literatur für Frauen und findet nichts schöner, als mit ihrem Laptop im Bett zu sitzen, eine Heizdecke über den Beinen und sich ihre Geschichten auszudenken....
Mehr erfahren
Stella Bagwell
<p>Eigentlich ist Stella Bagwell gelernte Friseurin, tragischerweise entwickelte sie aber eine Haarspray-Allergie. Schlecht für sie, gut für ihre Leserinnen. Denn so verfolgte Stella ihr kreatives Talent in eine andere Richtung weiter und begann mit viel Enthusiasmus, Romane zu schreiben. Was ganz bescheiden auf einer alten Schreibmaschine begann, entwickelte sich auch...
Mehr erfahren

Gefahren

  • Dieses Produkt enthält keine bekannten Gefahren.

Kontakt zum Herausgeber für weitere Informationen zur Barrierefreiheit

  • Weitere Informationen zur Barrierefreiheit unserer Produkte erhalten Sie unter info@cora.de.

Navigation

  • Dieses E-Book enthält ein Inhaltsverzeichnis mit Hyperlinks, um die Navigation zu allen Abschnitten und Kapiteln innerhalb dieses E-Books zu erleichtern.