Die blauen Sterne von Kaschmir

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Achtzehn Monate ist die heiße Liebesnacht mit Jaeger Ballantyne her. Seitdem versucht Piper, seine stahlblauen Augen und seine sinnlichen Umarmungen zu vergessen. Doch jetzt geht kein Weg an einem Wiedersehen vorbei: Nach dem Tod ihres Vaters muss Piper zehn wertvolle Saphire aus ihrem Familienbesitz verkaufen - an das Juwelenimperium Ballantyne, und damit an Jaeger. Soll sie ihm gestehen, dass sie einen gemeinsamen kleinen Sohn haben? Ehe sie sich entscheiden kann, stellt sie schockiert fest, dass ihr Ex-Lover sie nicht einmal erkennt …


  • Erscheinungstag 20.03.2018
  • Bandnummer 2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720476
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

In der Präsidentensuite eines Boutique-Hotels an der Via Manzoni, der luxuriösesten Adresse von Mailand, lag Jaeger Ballantyne neben einer schlanken Frau im Bett, strich ihr sanft über den Rücken und fuhr mit den Fingern ihre Wirbelsäule nach.

Das edle Baumwolllaken bedeckte Pipers Hüften und ihren festen Po. Jaeger konnte einfach nicht aufhören, sie zu berühren. Er liebte es, wie sich ihre seidig-warme Haut unter seiner starken Hand anfühlte. Er hatte schon früher Frauen mit aufs Hotelzimmer genommen, wahrscheinlich öfter, als er es hätte tun sollen. Piper war nicht die schönste Frau, mit der er je im Bett gewesen war, aber sie zog ihn magisch an. Seit sie vor anderthalb Tagen in sein Leben gestolpert war, dachte er nur noch an sie.

Erlesene Edelsteine – Diamanten, Rubine, Opale und Smaragde – faszinierten ihn mehr als alles andere. Frauen? Nicht so sehr. Wie Diamantschmuck aus dem Kaufhaus waren die Frauen, die er normalerweise traf, hübsch und glänzend aufpoliert, aber nichts Besonderes. Und wenn er eine traf, die mehr zu bieten hatte, genoss er sie und zog dann weiter.

Aber aus irgendeinem Grund war Piper für ihn wie ein makelloser weißer Diamant, die seltenste Sorte der Welt. Lächerlich, denn er wusste, dass es immer noch ein selteneres, kostbareres Juwel zu entdecken gab. Funkelnde Steine und das schöne Geschlecht brachten ihn nicht aus der Ruhe.

Aber bei Piper Mills fragte er sich, ob er gerade das Risiko einging, diese Ruhe aufs Spiel zu setzen.

Ich sollte längst wieder in New York sein, dachte Jaeger. Er war ein bisschen beunruhigt, dass er sich überhaupt Gedanken über diese Frau machte. Eigentlich hatte er vorgehabt, nur den vergangenen Abend in Mailand zu verbringen. Aber als er Piper in der örtlichen Filiale von Ballantyne and Company gesehen hatte, war er auf ihre langen Beine unter dem kurzen Rock aufmerksam geworden. Er war überzeugt gewesen, dass diese Beine wie geschaffen dazu waren, um seine Hüften geschlungen zu werden.

Die Intelligenz in ihren hellgrünen Augen machte ihn neugierig, und die Sommersprossen auf ihrer Nase bezauberten ihn.

Ihr Körper weckte in ihm den Wunsch, sie vor Lust zum Schreien zu bringen, bis man seinen Namen in ganz Mailand kannte.

Piper hatte erwähnt, dass sie zehn blaue Steine besaß, bei denen es sich laut Familienüberlieferung um Saphire handelte, aber er war zu fasziniert von ihrem Gesicht gewesen, um auf ihre Worte zu achten. Dann lächelte sie, und ein winziges Grübchen bildete sich in ihrer rechten Wange. Ihm stockte der Atem, und er wusste, dass er die Stadt nicht verlassen würde, bevor er mit ihr essen gegangen war.

Und ins Bett.

Sechsunddreißig Stunden und drei Mal Ausgehen später – Abendessen, Mittagessen und noch einmal Abendessen – hatten sie sehr heißen Sex gehabt. Es hatte großen Spaß gemacht. Jaeger streichelte mit dem Daumen über ihren Körper, vom Nacken bis hinunter zum Oberschenkel und von dort wieder hinauf.

Dies waren mit Abstand die besten anderthalb Tage seines Lebens.

Er beugte sich vor, küsste sie auf die Schulter und strich ihr eine lange kupferrote Locke aus dem Gesicht.

Piper drehte sich auf die Seite, und als Jaeger ihr in die Augen sah, hatte er das Gefühl, in eine geheimnisvolle neue Welt einzutauchen. Doch ihr Blick glitt von ihm ab und blieb an dem Aquarellgemälde an der gegenüberliegenden Wand hängen. Die äußerst attraktive Ms. Mills war also nicht gut in Gesprächen nach dem Sex. Warum amüsierte ihn das?

Piper setzte sich auf und zog sich das Laken über die Brust. „Es ist mir wirklich peinlich …“

„Das muss es nicht sein“, versicherte Jaeger ihr.

Piper steckte sich das Laken unter den Armen fest und fuhr sich durchs Haar. „Können wir kurz darüber reden, warum ich bei Ballantyne and Company war?“, fragte sie.

Jaeger fand, dass sie ihre Zeit besser nutzen könnten, aber wenn es sie entspannte, über ihre Edelsteine zu sprechen, sollte es ihm recht sein.

„Okay, reden wir also über Saphire.“ Jaeger rollte sich vom Bett und schnappte sich seine Boxershorts vom Boden. Er zog sie an und ging ins Bad, um einen weißen Bademantel vom Haken hinter der Tür zu nehmen. Er hielt ihr den Bademantel hin, und Piper stieg verlegen aus dem Bett und schob die Arme in die Ärmel. Jaeger drehte sie zu sich herum und band ihr den Gürtel um die schmale Taille zu.

Er widerstand dem Drang, sie auf den Mund zu küssen, führte sie ins Wohnzimmer der Suite und goss ihr schnell den Rest des edlen Cabernet in ein Weinglas. Piper nahm das Glas, kuschelte sich in eine Ecke des Sofas und zog die nackten Füße mit den rot lackierten Zehennägeln unter sich. Er hatte an diesen Zehen geknabbert, aber auch an jedem anderen Zentimeter ihres Körpers. Er hatte sich ihre Waden hinaufgeküsst, dann innen an ihren Oberschenkeln entlang bis zu ihrer intimsten Stelle.

Und das wollte er unbedingt wieder tun.

Das würde er auch; die Nacht war noch nicht vorbei.

Er beschloss, dass er einen Whiskey brauchte, goss sich zwei Fingerbreit in ein Glas ein und setzte sich Piper gegenüber. Hoffentlich macht sie es kurz.

„Wie ich schon sagte, besitze ich einige Saphire, die in der Familie meiner Mutter immer weitervererbt worden sind.“

„Von wie vielen Steinen reden wir?“ Jaeger stützte die Unterarme auf die Oberschenkel.

„Von zehn. Es waren früher zwölf, aber meine Mom hat vor dreißig Jahren zwei Saphire verkauft, um meinem Vater Startkapital für seine Firma zu beschaffen.“

Ihm wurde klar, dass er nichts über sie oder ihre Familie wusste. Das musst du auch nicht. Du wirst sie ohnehin nie wiedersehen.

„Die meisten sind etwa drei Zentimeter groß, manche größer, manche kleiner“, fuhr Piper fort.

Ein mehr als drei Zentimeter großer Saphir? Wohl kaum. „Sind sie geschliffen?“

„Die kleineren ja. Einer von ihnen ist … spektakulär.“

Jaeger wusste, dass die Leute immer übertrieben, besonders, wenn es um Edelsteine ging. Wahrscheinlich waren die Saphire nur halb so groß. Er sah Piper an und seufzte, als er ihren seligen Gesichtsausdruck sah. Jedem anderen hätte er schonungslos gesagt, dass die Steine wahrscheinlich gefälscht waren. Eine Sammlung von Saphiren wie diese wäre gut dokumentiert gewesen. Wenn man nicht gerade mit einem Königshaus verwandt war, erbte man kaum jemals so seltene und wertvolle Steine.

Piper schien seine Skepsis nicht zu bemerken. Sie hielt sich verträumt das Weinglas an die Brust. „Oh, Jaeger, er ist so schön! Ein tiefes Dunkelblau, sanft und samtig und einfach wunderbar. Ich möchte ihn immer wieder berühren, in der Hand halten und anschauen.“

„Es ist schwer, Steine einzuschätzen, die ich nie gesehen habe, aber an deiner Stelle würde ich mir keine zu großen Hoffnungen machen“, sagte er unverbindlich.

„Ich habe ein Foto von ihnen. Könntest du es dir ansehen?“, fragte sie.

Er nickte und seufzte, als sie sich bückte, um ihre Tasche aufzuheben. Der Bademantel umschmeichelte ihre Kurven. Der Drang, in ihrer Wärme zu versinken, war überwältigend.

Entspann dich. Du bekommst sie schon noch einmal. Oder zwei Mal. Bevor sie ins echte Leben zurückkehrten.

Piper kam zu ihm, setzte sich auf die Lehne seines Sessels und ließ die Finger über das Display ihres Handys tanzen. Sie reichte ihm das Smartphone, und er sah auf das blaue Funkeln auf schwarzem Samt hinab.

Sein Herz setzte einen Schlag aus, und ihm zitterte die Hand, als er sein Glas auf dem Tisch vor sich abstellte.

Er vergrößerte das Bild und konzentrierte sich auf den größten der geschliffenen Steine. Die Qualität des Fotos war nicht überragend, aber die Farbe war atemberaubend.

„Was sagtest du doch gleich, woher stammen sie?“, fragte er.

Sag mir, dass sie aus Kaschmir stammen, denn – zum Teufel! – vielleicht hast du recht.

„Von einem Ur-Urgroßonkel auf der Seite meiner Mutter. Er war Soldat in der britischen Armee. Der Familienüberlieferung nach kommen die Steine aus Kaschmir.“

Cool bleiben, sagte sich Jaeger. Wenn es zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es das normalerweise auch. Aber die Farbe und die Familiengeschichte sprachen dafür, dass die Saphire echt waren.

„Was weißt du sonst noch über den ursprünglichen Besitzer?“

„Nur, was ich dir erzählt habe“, sagte Piper. Sie tippte mit der Fingerspitze auf den Bildschirm. „Na, was meinst du? Könnten sie echt sein? Ich habe sie auch anderen Edelsteinhändlern vorgelegt, die meinten, dass sie nicht echt sind.“

Natürlich sagten sie das. Piper war jung und hübsch und ein leichtes Opfer. Man würde ihr ein Angebot weit unter Wert machen, die Steine wieder verkaufen und damit einen Riesengewinn einfahren. „Halt dich von unseriösen Händlern fern“, murmelte er.

„Aber meinst du, dass sie etwas wert sein könnten?“

Vielleicht war sie zu Ballantyne and Company gekommen, weil sie daran dachte, die Steine zu verkaufen. Wenn sie echt waren, hatte er großes Interesse daran. Er setzte seine gewohnte neutrale Miene auf – übermäßiges Interesse trieb schließlich nur den Preis in die Höhe! – und schenkte Piper ein lässiges Lächeln. „Ich weiß es nicht. Anhand eines Fotos kann man das schlecht einschätzen. Zeig sie mir, wenn wir wieder in den Staaten sind. Kannst du mir das Foto schicken?“

„Klar.“

Er diktierte ihr seine Nummer, und binnen zwanzig Sekunden verriet ein Klingelton, dass das Foto auf seinem Handy angekommen war.

„Ich hoffe eigentlich, dass sie nicht echt sind“, sagte sie.

So etwas hatte er bisher noch nie gehört. „Warum willst du nicht die Besitzerin einer Edelsteinsammlung sein, die womöglich viel Geld wert ist?“, fragte er.

„Weil ich mich dann moralisch verpflichtet fühlen würde, sie zu verkaufen, um meinem … um jemandem aus einer finanziellen Notlage zu helfen.“

„Es gibt Leute in deinem Leben, die Schulden in Millionenhöhe haben?“

Sie zog die Nase kraus. „So viel sind sie wert?“

„Möglich, wenn es wirklich Kaschmir-Saphire sind. Aber verlass dich nicht darauf“, warnte er sie.

„Vielleicht hätte ich einfach das erste Angebot annehmen sollen, das ich bekommen habe. Einen Tausender pro Stein.“

Zehntausend Dollar? Jaeger wurde flau. Obwohl er ruhig bleiben und nicht überreagieren wollte, ahnte er, dass er vielleicht die Entdeckung seines Lebens gemacht hatte. Wenn Pipers Steine echt waren, dann waren sie etwas Besonderes.

„Versprichst du mir, sie in New York zu mir zu bringen? Und zu keinem anderen Händler?“ Er durfte sich die Steine nicht entgehen lassen.

Piper nickte. „Ja.“

„Ich rufe dich an, um einen Termin zu vereinbaren.“

Sie rutschte von der Sessellehne und setzte sich rittlings auf seinen Schoß, auf seine nackten Oberschenkel. Sie schauten einander in die Augen, und die Luft zwischen ihnen knisterte förmlich.

Er sah das Begehren in ihren Augen auflodern und ließ seine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten, erkundete ihre warme Haut. Er öffnete den Mund, um sie zu fragen, ob sie sich in New York wiedersehen würden, und zwar nicht bloß bei Ballantyne. Dann runzelte er die Stirn. Warum sie und warum jetzt?

Seit über zehn Jahren – seit er sich mit Anfang zwanzig aus dem dunklen Abgrund wieder hochgearbeitet hatte, in den ihn die Trauer gestürzt hatte – war er keiner Frau länger als drei oder vier Nächte treu gewesen. Er wollte keine Erwartungen wecken. Keine seiner Geliebten sollte glauben, dass es für immer war. Für immer hatte er schon einmal gehabt. Kurz war er Vater gewesen, und als seine Tochter Jess gestorben war, hatte er auch seine geliebte Frau verloren.

„Für immer“ fühlte sich jetzt an wie ein schlecht sitzender Mantel, der auch noch kratzte.

Warum dachte er an sein Baby und die Frau, die er einmal geliebt hatte, wenn er mit dieser Fremden zusammen war? Er genoss die lockeren Gespräche mit Piper, liebte ihren schrägen Humor, und der Sex war absolut großartig. Drei verdammt gute Gründe dafür, dass er sie nicht wiedersehen durfte, wenn sie beide nach New York zurückkehrten.

Er mochte sie ein bisschen zu sehr … und das hieß, dass er weiterziehen musste.

„Wann fliegst du zurück?“, fragte er.

„Morgen früh. Und du?“

Er würde abreisen, sobald sie es tat. Sie war der einzige Grund dafür, dass er noch in Mailand war. „Auch morgen.“ Er strich ihr mit dem Daumen über die glatte Wade.

„Wenn wir uns in New York wiedersehen, beschränken wir uns aufs Geschäft“, sagte sie.

Wow. Was?

Piper packte sein Handgelenk. „Sieh mich nicht so entsetzt an, Jaeger. Wenn es nicht um die Saphire ginge, würde ich sowieso nichts mehr von dir hören“, sagte sie, ohne vorwurfsvoll zu klingen.

Er löste die Hand von ihrem Bein.

„Schon gut, ich weiß es doch. Eine Frau mehr als ein paarmal treffen, das machst du einfach nicht“, fuhr sie fort. „Das Problem daran, der größte Playboy der Ostküste zu sein und zu den berühmten Ballantyne-Geschwistern zu gehören, ist, dass jeder deine Taktik kennt. Du gehst ein paar Tage lang mit einer Frau aus, vielleicht sogar ein paar Wochen, wenn sie Glück hat, und dann ziehst du weiter.“ Sie hob die Hand, als er den Mund öffnete, um zu antworten. „Guck nicht so erschrocken. Ich wusste, wie es läuft, als ich mich darauf eingelassen habe.“

„Wie es läuft?“

„Das hier ist Spaß, ein kurzer Augenblick, eine Zufallsbegegnung. Wenn wir uns wiedertreffen, reden wir nur über die Steine und tun so, als hätten wir einander nie nackt gesehen.“

Er wusste nicht, was er sagen sollte, bis er herausplatzte: „Aber was, wenn ich dich noch einmal nackt sehen will?“

Überraschung huschte über ihr Gesicht, gefolgt von Zweifel. „Wahrscheinlich würde ich dich bitten, darauf zu verzichten.“

Das war absolut nicht das, womit er gerechnet hatte.

Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „Jaeger, ich bin eine normale Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Ich mag meinen Job als Kunstgutachterin. Ich kann es nicht gebrauchen, dass du mich in deine Welt entführst. Ich mag deine Welt nicht.“

„Meine Welt?“

„Das große Geld, Manhattan, die oberen Zehntausend. Das bin ich einfach nicht. Ich werde es auch nie sein“, antwortete sie ernst.

„Ich bitte dich ja nicht, mich zu heiraten, Piper, oder auch nur eine Beziehung anzufangen“, sagte er gereizt. So verlief das Gespräch normalerweise nicht. Sonst wiegelte er immer ab, wenn er gebeten wurde, noch einmal anzurufen oder sich zu verabreden. Es gefiel ihm nicht, dass die Rollen jetzt vertauscht waren. „Ich habe mich nur gefragt, ob du Lust hättest …“

„… noch einen One-Night-Stand mit dir zu haben?“

Sie legte den Kopf schief. Als sie den Hals reckte, bekam er Lust, an ihrem Schlüsselbein zu knabbern und sie unter dem Kinn zu küssen.

„Nein, danke“, fuhr sie fort. „Das mache ich normalerweise nicht. Das hier wird eine wunderschöne Erinnerung für mich sein, aber es zu Hause noch einmal zu versuchen, würde nicht funktionieren.“ Sie schob sich eine lange Locke hinters Ohr. „Italien hat einfach ein sexy und verführerisches Flair. Es verleitet einen dazu, den Tag zu genießen und sich untypisch zu verhalten, und das hier …“, sie zeigte auf seinen nackten Oberkörper, „… ist absolut untypisch für mich. Im wahren Leben schlafe ich nur mit Kerlen, wenn ich das Gefühl habe, dass mehr daraus werden könnte. Dank der Klatschpresse wissen wir aber beide, dass du nicht auf feste Beziehungen stehst, also kommst du nicht infrage.“

Na gut, das stimmt, aber …

Doch es gab kein Aber. Sie hatte ihn durchschaut!

Piper stand auf, löste den Gürtel ihres Bademantels und ließ ihn aufschwingen. Der Stoff rahmte ihre hübschen Brüste auf verführerische Weise ein. Jaeger wurde der Mund trocken. Ein kleines Schulterzucken ließ den Bademantel zu Boden gleiten, und sie stand nackt vor ihm. Erneut setzte sie sich rittlings auf seine Oberschenkel, dann küsste sie ihn sanft. „Wenn das alle Zeit ist, die uns noch bleibt, verschwenden wir sie besser nicht, Ballantyne.“

Er umfasste ihre Taille, stand auf und hob sie hoch. Sie schlang ihm die Beine um die Hüften, als er sie ins Schlafzimmer trug.

Sie war der perfekte One-Night-Stand. Sie hatte ihn ohne viel Theater von der Angel gelassen, und er hätte ihr dankbar sein sollen.

Warum war er es dann nicht?

1. KAPITEL

Achtzehn Monate später

Piper Mills nahm ihre Lesebrille ab und legte sie auf den Mahagonischreibtisch. Sie rieb sich den Nasenrücken, schob den Stuhl zurück und sah finster ihren Laptopbildschirm an. Das Angebot für einen aufregenden Auftrag war in ihrem Mail-Postfach angekommen und wartete auf ihre Antwort.

Natürlich würde sie gern ein Gutachten über das neu entdeckte Bild eines bekannten deutschen Malers erstellen. Sie hatte ihre Masterarbeit über den Künstler geschrieben. Aber es war unmöglich. Das Gemälde befand sich in Berlin, und seit Tys Geburt vor neun Monaten konnte sie nur noch Kunst an der US-Ostküste begutachten, um nicht für mehr als einen Tag verreisen zu müssen. Sie vertraute zwar ihrer Nanny Ceri und deren Zwillingsbruder Rainn, aber sie mochte ihr Kind einfach nicht über Nacht allein lassen. Noch nicht.

Frühestens, wenn er aufs College ging.

Piper stand auf und ging zum Bogenfenster ihres dreistöckigen viktorianischen Hauses. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf die Straße hinunter. Der Herbst war fast vorüber, der Winter nahte in großen Schritten, und die Jahreszeiten schienen nur so vorbeizufliegen. Sie war letztes Jahr im Frühling schwanger geworden, hatte Mick im folgenden Spätsommer verloren und Ty im letzten Winter zur Welt gebracht. Dieser Sommer war, anders als der vorige, ereignislos verlaufen.

Micks Tod im letzten Jahr war eher ein Knuff als ein schwerer Schlag gewesen, aber ganz hatte sie sich immer noch nicht damit abgefunden. Obwohl sie und ihr Vater nur selten miteinander gesprochen hatten, war sie froh gewesen, dass es jemanden gab, mit dem sie verbunden war, ein Familienmitglied – auch wenn Mick sie nie öffentlich als seine Tochter anerkannt hatte.

Oder sie überhaupt anerkannt hatte.

Früher hatte sie nie geglaubt, dass es sie einmal freuen würde, dass er sich nie zu ihr und ihrer Mutter, seiner langjährigen Geliebten, bekannt hatte. Aber als der großspurigste Mann der New Yorker Gesellschaft, einer der namhaftesten Börsenmakler und Finanzberater, wegen Betrugs verhaftet worden war, war Piper erleichtert gewesen, nicht mit ihm in Verbindung gebracht zu werden.

Im Laufe der Jahrzehnte hatte Mick Tausende Leute überzeugt, in Fonds zu investieren, die er empfahl. Dann hatte er das Geld neuer Investoren dazu verwendet, die bisherigen auszuzahlen, während er selbst ein Luxusleben geführt hatte. Es war kein Wunder, dass er in den Monaten vor seiner Festnahme von ihr verlangt hatte, ihm die Saphire auszuhändigen. Er hatte dringend Geld gebraucht.

Das Medieninteresse an seiner Verhaftung war gewaltig gewesen. Micks Ex-Frau wurde ständig von Reportern belästigt. Seine blutjunge neue Frau war zwei Tage vor seiner Verhaftung nach Kolumbien abgereist und nie zurückgekehrt, noch nicht einmal zu seiner Beerdigung.

Das ist wahre Liebe.

Da keine von Micks Frauen von Pipers Existenz wusste, lebte sie einfach weiterhin in Park Slope, Brooklyn, in dem Haus, das Mick ihrer Mutter gekauft hatte, und beobachtete das ganze Chaos aus sicherer Entfernung. Sie war dankbar, dass ihre Mutter den tiefen Fall des Mannes, den sie geliebt hatte, nicht miterleben musste. Sein Herztod zweieinhalb Monate nach seiner Verhaftung hätte sie umgebracht, wenn sie nicht schon vorher an Krebs gestorben wäre.

Piper hörte ein Wimmern durch das Babyfon auf ihrem Schreibtisch und lächelte. Ihr Sohn war wach. Sie verließ ihr Arbeitszimmer und lief die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Piper bewohnte den ersten und zweiten Stock des Hauses. Das Erdgeschoss nahm ein Apartment ein, das sie an Ceri und Rainn vermietet hatte. Sie ging ins kleinere der beiden Schlafzimmer zu dem Kinderbettchen, in dem sie als Baby selbst geschlafen hatte. Ty sah sie an, und Liebe durchströmte sie bis in die Zehenspitzen.

Er kommt ganz nach Jaeger, dachte sie, als sie ihn hochhob. Ty besaß seine hellblauen Augen, seine Gesichtszüge und seine pechschwarzen Haare. Wie Jaeger würde er sicher einmal groß und muskulös sein, da war sie sich sicher.

Ty war ein Ballantyne, nur nicht dem Namen nach.

„Na, mein Großer?“, sagte sie zärtlich, trug ihn zum Wickeltisch und zog ihn aus. Wie immer nahm sie sich einen Moment Zeit, um an seinem Fuß zu knabbern. Ty lachte laut, was wiederum sie zum Lachen brachte. Sie hatte nie geglaubt, dass sie jemanden so sehr lieben könnte …

Piper zog eine Windel aus dem Karton und schob sie unter Tys gesäuberten Po. Unter dem Windelstapel lag eine schwarze Samtrolle, und darin befanden sich die zehn Saphire, über die sie mit Jaeger gesprochen hatte.

In Mailand hatte er versprochen, sie anzurufen, aber das hatte er nie getan. Als sechs Wochen vergangen waren, ohne dass sie von ihm gehört hatte, war ihr aufgefallen, dass Kondome keine hundertprozentige Sicherheit boten. Sie hatte versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen, aber jeder Anruf war direkt auf die Mailbox seines Handys umgeleitet worden.

Also hatte sie probiert, ihn über Ballantyne and Company zu kontaktieren. Das war ungefähr so gewesen, als würde man versuchen, direkt mit dem englischen Königshaus zu sprechen. Sie hatte zahllose Nachrichten hinterlassen und Dutzende von Mails an die Firmensekretärin geschickt – ohne Erfolg. Als sie das Ballantyne-Haupthaus besucht und nach Jaeger gefragt hatte, war sie abgewimmelt worden. Als sie sich geweigert hatte, zu gehen, wenn nicht entweder Jaeger, einer seiner Brüder oder seine Schwester mit ihr sprachen, hatte der Sicherheitsdienst sie hinausbegleitet.

Ein paar Tage später hatte sie im Internet einen Artikel über ihn gefunden, in dem er mit der Aussage zitiert wurde, nie heiraten oder Kinder haben zu wollen. Die Welt bräuchte Erfinder und Abenteurer, nicht noch mehr Mäuler zu stopfen. Außerdem seien Kinder einfach nicht sein Stil.

Gegen Mitternacht jenes schrecklichen Tages war ihr endlich klar geworden, dass Jaeger kein Interesse an ihr oder ihren Saphiren hatte und auch nicht hören wollte, dass sie schwanger war.

Ty, so hatte sie beschlossen, war nur ihr Sohn. Sie war nicht verpflichtet, einem Mann, der sich ohnehin nicht für ihn interessieren würde, von Ty zu erzählen. Mick hatte sie immer ignoriert, und sie hatte sich gefragt, warum er sie nicht lieb hatte. Unter keinen Umständen würde sie ihrem Sohn einen gleichgültigen Vater zumuten.

Piper wünschte sich von Herzen, sie hätte Jaeger vergessen können, aber das war unmöglich. Schließlich lebte sie mit seiner Miniaturausgabe zusammen. In Ty sah sie Jaegers attraktives Gesicht, schön wie das eines Engels mit den hellblauen Augen, die einen perfekten Kontrast zu seiner goldenen Haut und seinem dunklen Haar bildeten. Sie erinnerte sich, wie es gewesen war, Jaegers Dreitagebart auf ihrer Haut zu spüren, an seine breiten Schultern, seine straffen Bauchmuskeln, den Frieden, den seine vor Selbstsicherheit strotzenden Berührungen ihr geschenkt hatten.

Manchmal wachte sie nachts aus dem Tiefschlaf auf, hatte Herzklopfen und konnte nur an Jaeger denken. Sie wünschte sich, er würde neben ihr liegen und sie wieder an den Ort bringen, den sie nur mit ihm gefunden hatte – ein magisch funkelnder Juwel von einem Ort, an dem die Zeit stillstand. Dann holte die Realität sie wieder ein: Sie war alleinerziehend, und Jaeger hatte kein Interesse an ihr oder seinem Sohn. Die nächsten Stunden waren dann immer düster, voller Tränen und ohne Schlaf.

Ty gluckste. Piper beugte sich vor, pustete ihm auf den Bauch und spürte seine winzigen Hände in ihren Locken. Als sie herausgefunden hatte, dass sie vom begehrtesten Mann in ganz Manhattan schwanger war, hatte sie Gott und ihr Schicksal verflucht und geweint. Jetzt konnte sie sich ihr Leben nicht mehr ohne ihren Kleinen vorstellen.

„Wie wär’s mit Mittagessen und dann mit einem Spaziergang im Park? Es ist kalt, aber sonnig.“ Piper setzte sich Ty auf die Hüfte und ging nach unten, an ihrem Arbeitszimmer vorbei in die Küche. „Na, was hältst du davon, Ty?“

Ty steckte sich die Faust in den Mund. Das deutete Piper als Ja. Sie reichte ihm einen Babybecher mit Wasser und zog gerade ein Gläschen mit Bio-Babynahrung aus dem Schrank, da ertönte die Türklingel. Stirnrunzelnd sah sie auf den kleinen Bildschirm in der Küche und erkannte, dass ein Mann im Anzug vor der Haustür stand. Er sah sehr nach einem Anwalt aus, fand Piper.

Sie hob den Hörer der Gegensprechanlage ab. Als sie hörte, dass der Mann im Auftrag der Kanzlei kam, die das Erbe ihres Vaters verwaltete, betätigte sie den Türöffner.

Fünf Minuten später saß Mr. Simms an ihrem Küchentisch, während sie Ty fütterte.

„Soweit ich weiß, sind Sie Kunstgutachterin, arbeiten von zu Hause aus und haben einen Kundenstamm aus Galeriebesitzern und privaten Sammlern?“

Piper nickte und löffelte Ty weiter den Brei aus Süßkartoffeln und Karotten in den Mund. „Das stimmt. Aber Sie sind sicher nicht hier, um mit mir über meinen Beruf zu reden. Was kann ich für Sie tun?“

„Wenn ich richtig informiert bin, sind Sie Michael Shuttles Tochter?“

Es hatte keinen Zweck, das abzustreiten. „Ja. Meine Mutter und Mick waren über dreißig Jahre lang ein Paar. Es ist nicht öffentlich bekannt, in welchem Verhältnis ich zu Mick stehe, und es wäre mir lieber, wenn das so bliebe.“ Piper wischte Ty Gesicht und Hände ab und gab ihm einen kleinen Stoffteddy zum Spielen. Er steckte sich sofort ein Bein des Teddys in den Mund. „Warum sind Sie hier?“

Simms nickte. „Anders als das geschäftliche ist das private Vermögen Ihres Vaters sehr gut dokumentiert. Auf seiner Liste stehen mehrere Möbelstücke, mit Anmerkungen, dass sie in diesem Haus zu finden sind: ein georgianischer Schreibtisch, ein Gemälde von Zabinski, eine Skulptur von Barry Jackson, ein Bild von Frida Kahlo.“

„Das alles hat er meiner Mutter geschenkt.“

„Laut Auflistung waren die Gegenstände nur an Gail Mills verliehen.“ Simms klang mitfühlend.

Aus der Küche konnte Piper ins Wohnzimmer sehen, in dem die Bronzeskulptur einer Tänzerin auf der Anrichte stand. „Wollen Sie mir etwa sagen, dass sie verkauft werden müssen?“

Simms nickte. „Ja. Sie sind Teil seines Nachlasses.“

Piper biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu fluchen. „Verliehen! Es waren Geschenke. Ich war dabei, als er sie ihr geschenkt hat.“ Traurig und etwas angewidert stand sie auf, um Ty aus seinem Hochstuhl zu holen.

Simms machte einen Vermerk in einem kleinen schwarzen Notizbuch und sah zu, wie sie Ty auf der Hüfte wiegte. „Ich schicke ein Unternehmen, um den Tisch und die Kunstwerke abzuholen. Sie werden versteigert. Sie können sie ja zurückkaufen.“

Na klar. So weit kommt es noch. „Ich werde darüber nachdenken. Vielen Dank.“

„Da ist noch etwas, Ms. Mills.“

Oh Gott. So ernst, wie er sie ansah, würde das, was er zu sagen hatte, ein Schlag in die Magengrube sein. Sie presste Ty an sich und wartete.

„Dieses Haus gehört einer der Firmen Ihres Vaters und muss ebenfalls verkauft werden, um seine Gläubiger auszuzahlen.“

Autor

Joss Wood

Schon mit acht Jahren schrieb Joss Wood ihr erstes Buch und hat danach eigentlich nie mehr damit aufgehört. Der Leidenschaft, die sie verspürt, wenn sie ihre Geschichten schwarz auf weiß entstehen lässt, kommt nur ihre Liebe zum Lesen gleich. Und ihre Freude an Reisen, auf denen sie, mit dem Rucksack...

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