Du hast mein Herz gestohlen!

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Joshua Cole lässt Danielles Herz höher schlagen: sein strahlendes Lächeln, der muskulöse Körper, sein umwerfender Charme … Aber ein Milliardär und ein Kindermädchen? Als er sie bei einem Bootsausflug zärtlich küsst, scheint sie am Ziel ihrer Träume. Doch für wie lange?


  • Erscheinungstag 26.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727406
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Als Joshua das befremdliche Geräusch hörte, erstarrte er. In seinem Nacken prickelte es, und ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken. Das passierte ihm so selten, dass er einige Momente brauchte, um die Anzeichen richtig einzuordnen.

Angst.

Er, Joshua Cole, hatte Angst!

„Unternehmen statt unterlassen“ lautete sein Lebensmotto, und er war stolz darauf, allen Problemen die Stirn zu bieten. Sein eindrucksvoller Erfolg bestätigte die Wirksamkeit dieser Strategie, und sein luxuriöses Büro unterstrich, wie weit er es als Geschäftsmann gebracht hatte.

Die riesigen Fenster boten einen atemberaubenden Blick auf das Panorama Vancouvers mit den Wolkenkratzern der City im Vordergrund und der prachtvollen Kulisse der schneebedeckten Rocky Mountains im Hintergrund.

Der Schreibtisch war eine Antiquität, den Boden schmückte ein handgeknüpfter Perserteppich. An zwei Wänden hingen kostbare Gemälde, an der dritten zeigten gerahmte Titelblätter der wichtigsten Finanzmagazine ihn, Joshua Cole, als charismatischen, attraktiven und selbstbewussten jungen Unternehmer.

Allerdings schien sein Selbstbewusstsein wie verflogen, als er den Knopf der Gegensprechanlage drückte, um mit seiner Vorzimmerdame zu sprechen. „Amber, sagen Sie mir bitte, dass ich mich verhört habe!“

In dem Moment war das Geräusch erneut zu hören, und diesmal dröhnte es unverkennbar aus dem Lautsprecher der Anlage. Im Vorzimmer weinte ein Baby!

Dabei war „weinen“ noch eine harmlose Untertreibung. Es schrie wie am Spieß! „Sie sagt, Sie würden sie erwarten“, rief Amber, um den Lärm zu übertönen. Natürlich erwartete er Gäste … aber doch nicht heute! Und schon gar nicht in seinem Büro. Hier waren Babys und Kleinkinder so fehl am Platz wie ein Nilpferd bei einer Teeparty der Königin Victoria.

Immerhin hatte er seinen Großkonzern genau dafür gegründet. Alle seine kostspieligen wie exklusiven Ferienclubs waren ausschließlich für Erwachsene gedacht. Kinder hatten ausnahmslos keinen Zutritt! Weder im Dschungelcamp am Amazonas noch in der Savanne Afrikas und auch nicht in dem kleinen Hotel in der Toskana, mit dem alles begonnen hatte. Kürzlich war sein neuestes Projekt eröffnet worden: ein Fünf-Sterne-Ressort auf mehreren künstlichen Inseln vor der Küste von Hawaii für Liebhaber des Wassersports.

Ja, seine Clubs waren für Menschen, die Luxus liebten und Kinder hassten.

Nein, nicht hassen, verbesserte Joshua sich schnell. Zu seinen besten Kunden zählten liebvolle, aber erschöpfte Eltern, die dringend Urlaub von ihrem Nachwuchs brauchten.

Sogar seine Schwester Melanie – hingebungsvolle Mutter einer kleinen Tochter und eines wenige Monate alten Sohns – hatte sofort zugesagt, als er ihr und ihrem Mann Ryan einen einwöchigen Kurzurlaub in dem neuen Hotel auf Hawaii angeboten hatte.

Natürlich hatte sie sich Sorgen wegen der Kleinen gemacht, obwohl diese von einer zuverlässigen Kinderfrau betreut wurden. Joshua hatte seiner Schwester versprochen, sich darum zu kümmern, dass auch ihre Kinder einen schönen Urlaub haben würden.

Aber wieso waren sie heute schon hier? Er warf einen Blick in seinen Terminplaner. Darin stand eindeutig der nächste Morgen als Ankunftstag, zehn Uhr vormittags am Flughafen. Joshua hatte vorgehabt, die Kinder und deren Nanny dort abzuholen, sie in eine Limousine zu setzen und in die Berge nach Whistler verfrachten zu lassen, wo es ein kinderfreundliches Hotel gab.

Anschließend hatte er sich weiter seinem neuesten Projekt widmen wollen, mit dem er schon seit Tagen beschäftigt war. Es ging um ein Feriencamp in den Rocky Mountains, das seit der Gründung in den Dreißigerjahren in Familienbesitz der Bakers war und nun verkauft werde musste. Allerdings hatten die Besitzer, das Ehepaar Baker, bisher gezögert, mit ihm zu verhandeln. Offenbar behagte ihnen weder sein Ruf als Playboy noch der Ruf seiner Ferienressorts als luxuriöse Fluchtorte aus dem Alltag für gut betuchte Menschen. Erwachsene Menschen, und nur die, nicht zu vergessen!

Seine Strategie zur Übernahme von Moose Lake Lodge, wie das Camp hieß, hatte er sich bereits zurechtgelegt. Er würde die Bakers persönlich aufsuchen und mit einer Charmeoffensive für sich gewinnen. Darin war er gut.

Ja, so hatte er sich die kommenden Tage vorgestellt, und nun war sein Neffe draußen im Vorzimmer und schrie sich die Seele aus dem Leib!

Ich hätte daran denken sollen, dass meine Pläne nie so ganz funktionieren, wenn Melanie ihre Finger im Spiel hat, dachte Joshua mürrisch.

Mit Kindern konnte er so wenig anfangen, dass ihn sein Selbstvertrauen augenblicklich verließ, sobald er mit Menschen zu tun hatte, die jünger waren als fünf Jahre.

„Was ist da draußen eigentlich los?“, erkundigte er sich nun bemüht ruhig. „Hier ist ein Frau mit einem Baby und einem … kleinen Mädchen“, antwortete Amber. „Das weiß ich! Ich wollte wissen, warum das Baby so einen höllischen Lärm macht.“

„Sie wissen, wer die sind?“ Amber klang beinah enttäuscht, dass sich die Eindringlinge offenbar doch nicht von der Straße in ihr Vorzimmer verirrt hatten.

„Ja, das tue ich. Aber sie sollten gar nicht hier sein, sondern noch in Toronto …“, begann Joshua zu erklären. „Nein, Miss, das geht nicht!“, hörte er Amber entrüstet rufen. „Sie können da nicht einfach hineinspazie…“

In dem Moment ging die Tür auf, und trotz des Lärms, den das Baby immer noch veranstaltete, empfand Joshua schlagartig ein Gefühl von Ruhe und Zufriedenheit.

An der Tür stand eine Frau, die trotz des verheulten Babys im Arm und der Vierjährigen an ihrem Rockzipfel eine unglaubliche Gelassenheit ausstrahlte. Unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung stand sie vor ihm, als könnten ihr solche Naturgewalten wie schreiende Babys nichts anhaben.

Joshua war erstaunt, als seine Nichte Susie ihn nun feindselig anfunkelte. Genau wie Katzen suchten Kinder ja gerne ausgerechnet die Nähe von Leuten, bei denen sie Ablehnung spürten. Bei seinem letzten Besuch in Toronto hatte sie ihn noch auf Schritt und Tritt verfolgt und ihn mit ihrer Zuneigung überhäuft, ganz so, als wäre sie von seiner inneren Ablehnung wie magisch angezogen gewesen.

Damals war das Baby noch nicht geboren. Wie hieß der Junge doch gleich? John? Jason? Nein, Jake!

Und ein Kindermädchen hatte da auch noch nicht zu Melanies Haushalt gehört.

Nachdenklich betrachtete Joshua die Nanny. Einer Frau wie ihr begegnete er nur selten. Er umgab sich seit Langem ausschließlich mit makellosen weibliche Wesen, schlank und durchtrainiert, mit strahlend weißen Zähnen, stilvollem Make-up, perfekten Haaren und Outfits …

Die Frau vor ihm hingegen sah genau so aus, wie er sich eine Nanny immer vorgestellt hatte: kein Make-up, vernünftige flache Schuhe, ein schlichter schwarzer Rock unter einem arg zerknitterten Mantel, dazu dunkle Strümpfe. Es fehlte nur noch ein Regenschirm, und sie hätte wie eine moderne Ausgabe von Mary Poppins gewirkt.

Solche Frauen bedachte Joshua üblicherweise mit keinem zweiten Blick – Frauen, die ihr Aussehen und ihre Figur vernachlässigten, weil sie sich ganz der Aufgabe widmeten, kleine Kinder zu betreuen.

Diese Nanny war allerdings noch ziemlich jung, vielleicht Mitte zwanzig, schätzte Joshua. Doch obwohl ihre äußere Erscheinung nicht besonders viel hermachte, verriet ihre aufrechte Körperhaltung ein beachtliches Maß an Selbstbewusstsein. Wahrscheinlich war es besser, sie nicht gleich auf den ersten Blick als uninteressant abzutun, kam es ihm in den Sinn.

Um den Hals trug sie an einer dünnen Kette ein Medaillon, das so gar nicht zu ihrem sonstigen Erscheinungsbild passen wollte. Wahrscheinlich zog es genau deshalb Joshuas Blick auf sich. Ihm fiel auf, wie weich ihre zarte Haut an ihrem Hals auf ihn wirkte …

Das Haar war offensichtlich von Natur aus schwarz und lockig. Sie hatte es mit einer Spange im Nacken zusammengefasst, aber einige Strähnen waren herausgerutscht und kringelten sich um ihr Gesicht. Eigentlich hätte es ihre unordentliche Erscheinung noch unterstreichen müssen. Doch stattdessen schienen die Locken eher auf eine ungezwungene, vielleicht sogar leidenschaftliche Seite ihrer Persönlichkeit hinzuweisen, die unter ihrem langweiligen Äußeren möglicherweise versteckt war.

Als er dann in ihre Augen sah, schien sich sein Eindruck zu bestätigen. An dieser Nanny war mehr dran, als sich auf den ersten Blick offenbarte. Ihre Augen waren türkisblau und von dichten schwarzen Wimpern umrahmt, funkelten aber genauso feindselig wie die seiner Nichte Susie.

Obwohl Joshua die junge Frau nicht unbedingt als überwältigende Schönheit bezeichnen konnte, war er dennoch von ihrem Gesicht fasziniert. Ihre Natürlichkeit wirkte verblüffend anziehend auf ihn. Und irgendwie schien sie hier in diesem sorgfältig gestalteten Raum beinahe fehl am Platz. Sie war zu real für seine Welt. Seine Welt war die der luxuriösen Rückzugsgebiete vor dem Alltag, der Fluchtmöglichkeiten vor der Wirklichkeit. Die Errichtung dieser „Reservate“ hatte sich für ihn bezahlt gemacht, denn immerhin war er durch sie Milliardär geworden, aber plötzlich schien es ihm, als würde ihm in dieser von ihm erschaffenen Welt etwas fehlen. Etwas Entscheidendes.

Schnell schob er diese für ihn untypischen Gedanken beiseite und konzentrierte sich wieder auf das Wesentliche. Joshua brauchte sich nur umzusehen und wusste, dass er ein Mann war, der alles besaß, was er sich wünschen konnte – inklusive der bewundernden Aufmerksamkeit schöner und kultivierter Frauen.

„Onkel Joshua hasst uns“, holte Susie ihn plötzlich aus seinen Gedanken.

Er hatte gerade sein charmantestes Lächeln ausprobieren wollen, um den leicht geringschätzigen Ausdruck in den Augen der Nanny zu vertreiben, überlegte es sich dann aber doch noch einmal anders.

„Susie, das zu sagen war sehr unhöflich“, tadelte die Nanny das kleine Mädchen.

Die Stimme der Frau war dunkel, leicht rau … beinahe sexy. So als verberge sich unter dem unscheinbaren Äußeren tatsächlich ein verlockendes sinnliches Wesen.

„Natürlich hasse ich euch nicht!“, stellte Joshua gereizt fest.

Es gefiel ihm gar nicht, sich gegenüber diesem kleinen Biest rechtfertigen zu müssen, das ihn voriges Jahr noch mit seiner unermüdlichen Zuneigung überhäuft hatte.

„Ihr macht mir Angst, das ist ein Unterschied“, fügte er mit einem gequälten Lächeln hinzu. Doch auch seine strahlendsten Bemühungen verfehlten hier ihre übliche Wirkung.

Um die Lippen der Nanny zuckte es leicht, während sie kurz ihr Medaillon berührte, aber sein Lächeln erwiderte sie nicht.

„Doch, du hasst uns“, beharrte Susie. „Sonst hättest du Mom und Dad nicht weggeschickt. Warum brauchen sie Urlaub von uns?“

Plötzlich schniefte die Kleine und presste sich schluchzend an ihre Nanny, das Gesicht in deren Mantelfalten versteckt. Jason, nein … Jake, fühlte sich davon anscheinend herausgefordert, seine Schwester zu übertönen.

„Warum wohl?“, fragte Joshua sarkastisch. Schon nach nur zwei Minuten in Gesellschaft der Kinder fühlte er sich erholungsbedürftig!

„Sie ist müde von der Reise“, erklärte die Nanny und legte der Kleinen sanft die Hand auf den Kopf. „Susie, Liebes, sei bitte still.“

Joshua war von der fürsorglichen Geste der Nanny wie gefangen. Ihre dunkle, warme Stimme beruhigte das Kind augenblicklich.

„Sie fühlt sich im Stich gelassen“, meinte die junge Frau. „Dass uns niemand vom Flughafen abgeholt hat, dürfte dieses Gefühl noch verstärkt haben.“

„Es scheint ein Missverständnis über die Reisedaten gegeben zu haben“, erklärte Joshua und hoffte, sie würde das akzeptieren und nicht länger so missbilligend die Stirn in Falten legen. „Warum haben Sie mich nicht angerufen? Ich hätte Ihnen sofort einen Wagen geschickt.“

„Ich habe angerufen. Anscheinend werden aber nur sehr wichtige Leute zu Ihnen durchgestellt, Mr. Cole.“

Die Sicherheitsvorkehrungen, mit denen er lediglich seine kostbare Zeit und seine Privatsphäre zu schützen versuchte, deutete die Nanny scheinbar als ein übertriebenes Selbstwertgefühl.

„Es tut mir furchtbar leid“, versuchte Joshua die Nanny zu beschwichtigen, doch ihr verbissener Gesichtsausdruck blieb unverändert.

„Sind die Frauen da nackig?“ Susie hatte den Kopf gehoben und zeigte auf die blaue Glasschale auf dem Couchtisch.

Joshua stöhnte innerlich. Diese Schale des französischen Jugendstilkünstlers Lalique hatte ihn vierzigtausend Dollar gekostet! Und es war keineswegs das einzige Kunstwerk in seinem Büro, von dem er nicht wollte, dass Kinder sich dafür interessierten.

Wenn er das allerdings der Nanny sagte, würde sie ihn bestimmt für einen Kinderhasser halten, und ihre Meinung von ihm war schon schlecht genug.

„Susie, das reicht“, sagte die junge Frau streng. „Aber die Frauen haben wirklich nichts an, Miss Pringy“, murmelte Susie unbelehrbar.

Die Nanny hieß also Miss Pringy! Ein Name, der unwillkürlich das Bild einer altjüngferlichen, biederen Bibliothekarin heraufbeschwor und auch zu einer Kinderfrau eigentlich hätte passen müssen.

Nur tat er es in diesem Fall überhaupt nicht.

„In den Kreisen deines Onkels wird eine solche Schale als passendes Dekorationsstück angesehen“, meinte Miss Pringy missbilligend.

„Und welche Kreise sind das Ihrer Meinung nach?“ Joshua zog die Brauen hoch.

„Die der Reichen und Schönen. Ich habe im Flugzeug einen Artikel über Sie im ‚People‘ Magazin gelesen. Demnach sind Sie ein Promi.“

Ihr Ton jedoch machte deutlich, was sie damit wirklich meinte: Sie hielt ihn für einen genusssüchtigen und oberflächlichen Playboy! Schon bevor ihm der Fehler unterlaufen war, sie und die Kinder nicht am Flughafen abzuholen, hatte sie bereits ein vorgefertigtes Bild von ihm gehabt! Doch mit diesem Vorurteil tat sie ihm unrecht.

Aber wie sollte Joshua sie davon überzeugen, dass sie sich in ihm täuschte? Sie schien gegen seinen Charme völlig immun zu sein.

„Ich bin Geschäftsmann, kein Promi“, widersprach er schroff. Tatsächlich gefiel ihm seine neue Rolle als Liebling der Klatschspalten ganz und gar nicht, aber je mehr er sich der Beachtung durch die Medien widersetzte, desto gnadenloser verfolgten sie ihn. Dieser Artikel im „People“ war von ihm nicht genehmigt gewesen … und zudem äußert peinlich.

„Junggeselle mit dem meisten Sexappeal“ war ein lächerliches Etikett, auf das er gut verzichten konnte. Es ärgerte ihn, dass es dem Magazin gelungen war, so viele private Fotos von ihm zu schießen, obwohl er doch eigentlich mittlerweile sehr geübt darin war, seine Privatsphäre zu schützen. Trotzdem hatten sie Bilder veröffentlicht, auf denen er mit nacktem Oberkörper in einem Liegestuhl entspannte. Ein äußerst seltenes Ereignis in seinem Leben!

Wer ihn nicht kannte, musste anhand der Fotos annehmen, dass Joshua jünger als dreißig war und seine Zeit hauptsächlich halb nackt am Strand verbrachte, wo Sonne und Salzwasser goldbraune Strähnchen in sein dunkles Haar zauberten.

Äußerst unangenehm war ihm ebenso die beinahe schwärmerische Begeisterung für seinen „athletischen“ Körper gewesen – den man mit dem eines griechischen Gottes verglichen hatte – und die Entzückung über seine meergrünen Augen.

Bei so viel Schmeichelei konnte einem richtig schlecht werden.

Ein Gutes hatten solche Artikel allerdings auch: Sie bedeuteten kostenlose Reklame für seine Firma „Sun and Fun“. Außerdem hielt das Etikett „Playboy“ Frauen von ihm fern, die von einer ernsthaften Beziehung und Familie träumten. Seine ständig wechselnden Begleiterinnen waren glücklich, eine Zeit lang im Mittelpunkt des Interesses zu stehen und teure Geschenke zu erhalten. Gefühlsduselige Versprechungen spielten hier keine Rolle, das Einzige, was er in seine Beziehungen investierte, war Geld.

Doch manchmal, wenn er am wenigsten damit rechnete, überfiel ihn ein seltsames Gefühl von Einsamkeit. Gab es überhaupt jemanden, der wusste, wer er wirklich war?, fragte er sich in solchen Situationen. Doch das war nichts, was nicht durch ein Telefongespräch mit seiner Schwester meist sofort wieder behoben war.

Trotzdem wunderte es Joshua, warum ihn seine oberflächliche Erscheinung ausgerechnet jetzt beschäftigte. Vielleicht wollte er von der Nanny nicht vorschnell beurteilt werden, sondern einen guten Eindruck auf sie machen, da sie doch quasi zu Melanies Familie gehörte? Ob sie ihn wohl ebenfalls für den Junggesellen mit dem meisten Sexappeal hielt? Wenn dem so war, schien sie von diesem Stempel noch unbeeindruckter zu sein als er selbst.

Fand sie ihn womöglich gar nicht attraktiv?

Und zu Joshuas eigener Verwunderung erkannte er, dass ihm ihre Meinung nicht egal war!

Aber Miss Pringy hatte sicher auch keine Ahnung, was das Wort „sexy“ überhaupt bedeutete! Sie würde einen attraktiven Mann nicht einmal erkennen, wenn der sie umarmte und küsste …

Dummerweise sah er ihr bei dem Gedanken auf die Lippen.

Miss Pringy presste sie streng aufeinander, doch selbst das schreckte Joshua nicht ab. Er empfand es eher als eine Herausforderung. Außerdem wäre es zu schade … denn ihre Lippen waren voll und schön geschwungen – wie geschaffen zum Küssen.

Wieder legte sie die Hand auf das Medaillon, als wäre es ein Amulett, das sie gegen ihn und seinen „bösen Blick“ schützte. „Ich bin Danielle Springer, aber alle nennen mich Dannie“, stellte sie sich endlich förmlich vor.

Erneut bemerkte Joshua ihre dunkle Stimme, die er unter anderen Umständen bestimmt anziehend gefunden hätte. Mindestens so sexy wie ihre Lippen, die sie erneut missbilligend zusammenpresste.

„Man hatte mir gesagt, Sie würden uns am Flughafen abholen, Mr. Cole.“

Scheinbar konnte Miss Pringy nicht genug von dem Thema bekommen. Joshua seufzte und erklärte geduldig: „Offensichtlich liegt ein Missverständnis wegen des Datums vor. Das ist bei meiner Schwester nicht ungewöhnlich.“

„Es ist nicht einfach, Kinder für eine Reise fertig zu machen“, verteidigte Miss Springer ihre Arbeitgeberin. Unter anderen Umständen hätte er ihren Einsatz für seine Schwester sehr bewundernswert gefunden. „Aber dafür sind Sie doch da, oder nicht?“, fragte Joshua sachte. Sie hob den Kopf, ihre Augen blitzten. „Irgendwie überrascht es mich nicht, dass Sie glauben, man müsse nichts weiter tun, als die Koffer zu packen und rechtzeitig am Flughafen zu erscheinen.“

Offensichtlich hatte sie Mumm und Verstand, was ihm gefiel, und er ließ es sich nicht nehmen, sie noch ein bisschen weiter herauszufordern.

„Muss man wirklich mehr tun?“

„Zur Erziehung von Kindern gehört viel mehr, als sich nur um ihre körperlichen Bedürfnisse zu kümmern“, erwiderte sie scharf. „Ihre Schwester weiß das.“

„Ja, ja, Melanie ist eine wahre Heilige“, meinte Joshua nüchtern.

„Was wollen Sie damit sagen?“

„Meine liebe Schwester hält mir dauernd Vorträge darüber, dass ich auf der emotionalen Ebene nicht ernsthaft genug bin“, erklärte er freundlich. „Aber auch wenn ich von Natur aus sorgenfrei bin, dachte ich wirklich, Sie und die Kinder würden erst morgen hier ankommen, Miss Springer. Es tut mir ehrlich leid, dass ich nicht am Flughafen war. Vor allem, weil ich Susie damit gekränkt habe.“

Die Kleine warf ihm einen vernichtenden Blick zu, steckte sich den Daumen in den Mund und begann, daran zu nuckeln. Miss Springer nahm Jason, nein … Jake auf den anderen Arm und zog Susie sanft den Daumen aus dem Mund.

Plötzlich wurde Joshua bewusst, dass die Nanny trotz ihrer scheinbaren Gelassenheit von der Reise müde war und ein ziemlich schweres Kind im Arm halten musste.

Bevor er ihr vorschlagen konnte, sich zu setzen, kam sie auf ihn zu. Rasch stand er auf und überlegte fieberhaft, wie er das Schlimmste verhindern konnte, aber da war es bereits zu spät!

Schon stand sie vor ihm und hielt ihm das Baby entgegen.

„Können Sie ihn mal kurz halten?“, forderte sie ihn auf. „Ich glaube, er braucht eine frische Windel, und die ist in meiner Tasche.“

Joshua stand wie gelähmt da, und bevor er wusste, wie ihm geschah, hielt er ein sich windendes, weiches, weinendes Miniwesen von acht Monaten im Arm.

Wärme durchflutete ihn, als der Kleine sich instinktiv an ihn schmiegte, und er schloss kurz die Augen.

Eine Erinnerung überfiel ihn, die er seit Langem verdrängt hatte – erfolgreich, wie er glaubte. Aber das war ein Irrtum. Sie war so erschreckend lebhaft, dass sich ihm die Kehle zuschnürte. Der Verlust damals …

„Keine Sorge, es ist nicht das, was Sie denken“, riss Miss Springers Stimme ihn aus seinen düsteren Gedanken. „Jake ist nur nass, nicht … Sie wissen schon.“

Joshua öffnet die Augen und bemerkte einen großen warmen Fleck, der sich auf seinem maßgeschneiderten Seidenhemd ausbreitete. Trotzdem war er froh, dass Miss Springer glaubte, seine sonderbare Reaktion wäre nur auf das Missgeschick zurückzuführen.

Baby Jake war anscheinend derartig erstaunt, sich in den Armen seines Onkels zu befinden, dass er zu weinen aufhörte und ihn mit großen blauen Augen musterte.

Die herrliche Stille dauerte allerdings nur kurz, dann verzog der Kleine plötzlich angestrengt das Gesicht, wurde rot und gab einen seltsamen, ächzenden Laut von sich.

„Um Himmels willen, was ist los mit ihm?“, rief Joshua entsetzt.

„Ich fürchte, er hat gerade … Sie wissen schon“, erklärte Miss Springer.

Der aufdringliche Geruch, der dann von dem Baby aufstieg, bestätigte ihre Vermutung.

„Amber!“, rief Joshua panisch. „Wählen Sie sofort den Notruf!“

Um Miss Springers verlockende Lippen zuckte es, ihre überwältigenden Augen funkelten belustigt. Sie schien mit sich zu kämpfen – und verlor. Schließlich war ihr herzliches Lachen zu hören.

Und plötzlich war es um Joshua geschehen, als er ihr tief in die Augen sah. Er hatte nicht länger das Gefühl, sein Büro – das letzte Heiligtum des ungebundenen Mannes – wäre von einem Feind belagert, der „heimisches Glück“ verkörperte. Es war ihm egal, dass sich um ihn herum das Chaos auszubreiten begann. Am liebsten hätte er ebenfalls gelacht, wenn sich ihm nicht wegen des übel riechenden Babys beinah der Magen umgedreht hätte.

„Vergessen Sie den Notruf, Amber“, sagte er zu seiner Sekretärin, die mittlerweile an der offenen Tür erschienen war.

„Und was soll ich stattdessen tun?“, erkundigte sie sich.

„Die Kinder haben noch nicht gegessen“, erklärte Miss Springer, als hätte sie hier das Kommando. „Könnten Sie uns etwas besorgen?“

Wie kann jemand unter diesen Umständen an Essen denken?, fragte Joshua sich sprachlos. Und dann auch noch Amber damit beauftragen, die aussah, als würde sie sich ausschließlich von Mineralwasser und Stangensellerie ernähren?

Aßen Babys Selleriestangen?

Joshua war von sich selbst überrascht. Es schien fast so, als hätte sich seine Welt innerhalb weniger Momente völlig verändert. Hätte ihm jemand an diesem Morgen vorhergesagt, er würde sich zu Mittag fragen, ob Babys rohes Gemüse aßen, hätte Joshua ihn für verrückt erklärt.

Dabei wusste er besser als manch anderer, dass sogar wenige Sekunden alles für immer ändern konnten. Und ein Baby, in ein blaues Tuch gewickelt, das mit seiner winzigen, perfekten Hand …

Stopp!, befahl Joshua sich streng.

Autor

Cara Colter

Cara Colter hat Journalismus studiert und lebt in Britisch Columbia, im Westen Kanadas. Sie und ihr Ehemann Rob teilen ihr ausgedehntes Grundstück mit elf Pferden. Sie haben drei erwachsene Kinder und einen Enkel.
Cara Colter liest und gärtnert gern, aber am liebsten erkundet die begeisterte Reiterin auf ihrer gescheckten Stute...

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