Ein prickelnd gefährliches Spiel

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Gewagtes Spiel für Privatermittlerin Tess Lynch: Sie soll einen Maulwurf im Unternehmen von Tech-Milliardär Adam Redhawk aufspüren. Gleichzeitig verfolgt sie einen heimlichen Racheplan, weil Adams Adoptivvater einst ihre Familie in den Ruin getrieben hat. Wenn Adam nur nicht so gefährlich verführerisch wäre! Schnell knistert es sinnlich zwischen ihnen, und Tess lässt sich zu Nächten der Lust verleiten. Mit ungeahnten Folgen, die sie bald vor die schwerste Entscheidung ihres Lebens stellen …


  • Erscheinungstag 30.03.2021
  • Bandnummer 2178
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503594
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Tess Lynch stellte eine gewaltige Ablenkung dar.

Die Art von Ablenkung, die klug, kompetent sexy und verführerisch war.

Wohl zum hundertsten Mal bereute Adam Redhawk, diesen Raum mit den drei Glaswänden als Arbeitsplatz gewählt zu haben. Alle hatten ihm versichert, dass dieses Büro im Mittelpunkt der Firmenzentrale von Redhawk / Ling am angemessensten für den CEO eines milliardenschweren Hightech-Unternehmens war.

Jetzt würde er eine Million Dollar dafür geben, wenigstens eine verdammte Wand zu haben.

Er saß hier wie auf dem Präsentierteller und hatte keine Möglichkeit, sich auf den Auftritt der rothaarigen Privatdetektivin vorzubereiten, die in sein Büro geschlendert kam und einen dicken Aktenstapel auf seinen Schreibtisch fallen ließ. Und Adam brauchte weiß Gott jede Sekunde, um sich zu wappnen, wenn es um Tess Lynch ging. Er schaute kurz auf die Ordner, die sie mitgebracht hatte, konnte aber nicht widerstehen, den Blick wieder auf ihr Gesicht und ihre funkelnden goldgrünen Augen zu richten.

Sie lachte ihn aus, verdammt.

Natürlich tat sie das.

„Guten Tag, Ms. Lynch.“ Er blickte auf die Uhr, obwohl er genau wusste, wie spät es war. Doch die wenigen zusätzlichen Sekunden halfen ihm vielleicht, seine Miene unter Kontrolle zu bringen, ehe er wieder aufsah. Ihre rotbraunen Locken fielen heute ungebändigt bis zu ihren Schultern, und sie trug ein hautenges Kleid, das kurz über den Knien endete. Es war wie dafür gemacht, ihre perfekten, üppigen Formen zu betonen. Kess und selbstsicher war Tess … atemraubend. „Sie kommen zu spät.“

Sie lachte, während sie ihre Jacke auszog. „Nur fünfzehn Minuten.“

„Das ist immer noch zu spät.“

Er wollte knallhart bleiben, wollte die nötige Distanz zwischen ihnen wahren und versuchte verzweifelt, sich einzureden, dass er sie nicht begehrte. Aber das war unmöglich. Sie kam um den Schreibtisch herum, bis sie kaum eine Armlänge von ihm entfernt stand. Jetzt war sie ihm so nahe, dass er die winzigen Sommersprossen auf ihrem Gesicht erkennen konnte. Und ihr zitrusfrischer Duft stieg ihm in die Nase. Mit allen Fasern seines Körpers reagierte er auf sie und wunderte sich, dass sie gar nicht spürte, wie die Hitzewellen durch seinen Körper schossen.

Versuchung. Würde er das Wort im Wörterbuch nachschlagen, müsste dort „Tess“ stehen, Tess mit dem rotgoldenen Haar, den Sommersprossen und dem frechen Grinsen auf den Lippen, die geradezu zum Küssen einluden.

„Stimmt“, gab sie überraschend zu. Normalerweise kabbelten sie sich noch ein wenig, ehe einer von ihnen sich zähneknirschend geschlagen gab, damit sie sich dem Geschäftlichen widmen konnten. „Aber ich wusste ja, dass Sie ein Meeting mit Justin hatten, und der kommt immer fünfzehn Minuten später und überzieht genauso lange.“ Tess lehnte sich gegen den Schreibtisch, und ihre gesamte Körperhaltung drückte aus, dass es sie nicht im Mindesten kümmerte, wenn es ihn irritierte, dass sie zu spät zu ihrem Termin kam. Sie nahm die Trommelstöcke von seinem Schreibtisch, drehte sie zwischen ihren schlanken Fingern hin und her und sah ihn dabei herausfordernd an. „Also, Mr. Redhawk, bin ich nicht zu spät, sondern genau pünktlich.“

Dagegen konnte Adam nichts einwenden. Es war eine logische und faktenbasierte Aussage. Und auf ihrer Miene spiegelte sich ein Lächeln, das ausdrückte: „Du weißt doch, dass ich recht habe“, womit jedes Gegenargument sinnlos war.

Er grinste und nickte schulterzuckend, ehe er ihr die Stöcke abnahm und sie auf den Tisch legte. „Irgendwann werde ich Justins Uhr heimlich vorstellen, damit er wenigstens einmal pünktlich ist.“

„Das wird nichts nützen. Da könnten Sie auch versuchen, Ebbe und Flut zu beherrschen.“

Das stimmte. Sein bester Freund und Geschäftspartner tickte nach seiner eigenen inneren Uhr. Daran würde sich wohl nie etwas ändern.

„Wie sind Sie und Justin nur jemals Freunde geworden?“, fragte Tess und wandte sich den Fotos zu, die hinter ihm standen. Sie beugte sich vor und konzentrierte sich auf eins, das Justin und Adam in Stanford zeigte. Zwei grinsende Spinner, die die wahnwitzige Idee hatten, ihr Studium zu schmeißen, um ihren Traum wahr zu machen.

Doch sie hatten es geschafft.

„Man hatte uns auf dem Campus eingebuchtet, aber Justin hat sie überredet, uns mit einer Verwarnung davonkommen zu lassen.“ Adam schüttelte den Kopf. Was für blöde Klugscheißer sie damals gewesen waren.

„Darauf würde ich wetten.“ Tess lachte und blickte ihn an. „Was hattet ihr zwei ausgefressen?“

„Das werde ich niemals verraten.“

„Ich könnte es herausfinden.“ Murmelnd fügte sie hinzu: „Das ist schließlich mein Job.“

Tess berührte das Foto, und Adam beobachtete sie. Dass sie sich so selbstsicher auf seinem Terrain bewegte, war faszinierend. Tess sah fantastisch aus, mit ihrer unglaublich kurvigen Figur; aber es war die Art, wie sie auftrat, die ihn nachts wachhielt. Ihr Mut, der sie keine halben Sachen machen ließ, erregte ihn jedes Mal, wenn sie in der Nähe war. Als sie sich jetzt aufrichtete, vergaß er fast, dass sie sich in einem Büro befanden, das für alle Angestellten einsehbar war. Sein Büro, in dem er ein milliardenschweres Unternehmen leiten sollte, statt sich danach zu sehnen, diese Frau zu küssen, zu schmecken, zu erobern.

Was war das nur, was da zwischen ihnen ablief? Tess Lynch gehörte gar nicht zu den Frauen, auf die er normalerweise abfuhr. Sie war verschlossen und schwer zu fassen, frech, dreist und höllisch sexy. Außerdem war sie stur, intelligent, und ihre Launen konnten unglaublich schnell wechseln. Sie war ein wandelndes Gefahrenzeichen, das er tunlichst beachten sollte. Sie passte nicht in die Welt, wie er sie sich vorstellte, aber immer häufiger merkte er, dass ihn das nicht kümmerte.

Vor ein paar Monaten hatte er Tess auf Empfehlung eines Freundes engagiert, damit sie seine jüngeren Geschwister fand. Sie waren vor vierundzwanzig Jahren in einem illegalen Adoptionsverfahren auseinandergerissen und ihren Eltern weggenommen worden, und jetzt endlich hatte er das Versprechen eingelöst, das er sich als Sechsjähriger gegeben hatte. Tess hatte seine Schwester Sarina und seinen Bruder Roan ausfindig gemacht. Heute wollte sie ihm ihren Abschlussbericht überreichen.

Aber obwohl dieser Job nun abgeschlossen war, freute er sich, sie aus einem anderen Grund weiterbeschäftigen zu können. Was verrückt war, denn wenn er recht hatte, konnte das Problem, das zu lösen sie ihm helfen sollte, seine Firma und alles, was er sich aufgebaut hatte, zunichtemachen.

Er musste sich endlich konzentrieren. Er hatte sie um dieses Treffen gebeten, weil er schnell handeln musste, um die Firma zu retten. Adam drehte sich von Tess weg, um sich zu sammeln.

Auf den Aktenstapel deutend, fragte er: „Was ist das alles?“

„Na, der Abschlussbericht.“ Sie neigte den Kopf und sah ihn an. „Und Kopien von allem, was ich gebraucht habe, um Ihre Geschwister zu finden. Gerichtsunterlagen. Zeitungsausschnitte. Zeugnisse, Arbeits- und Polizeiberichte. Die letzten zwanzig Jahre zusammengefasst auf Papier und einem USB-Stick.“ Als er fragend eine Augenbraue hob, fuhr sie fort: „Ich weiß, dass Sie das ganze Zeug nicht bestellt hatten, aber ich dachte mir, dass Sie es vielleicht gern hätten. Es erklärt vielleicht noch das ein oder andere.“

Ach herrje, nicht nur dass er sich mit heiklen Firmenproblemen herumschlagen musste, nein, da waren ja auch noch die kniffligen Familienangelegenheiten. Er hatte reichlich Geld und Zeit investiert, um seine Geschwister wiederzufinden – und um Antworten auf all die Fragen zu bekommen, die ihn die letzten vierundzwanzig Jahre beschäftigt hatten. Jetzt lagen sie vor ihm.

Schließlich zwang er sich, einen Ordner zu öffnen, und sofort blickte ihm sein eigenes Gesicht von zwei Fotos entgegen. Das eine war ein kürzlich aufgenommenes Porträt, und das andere zeigte ihn als Sechsjährigen. Es war das Foto, das seine Adoptiveltern zu sehen bekommen hatten, als sie ihn als dasjenige Kind aussuchten, dem sie ein besseres Leben ermöglichen wollten. Harte braune Augen blickten ihm entgegen, die schon viel zu viel von dem Mist gesehen hatten, den das Leben einem bescheren konnte. Adam schloss den Aktendeckel. Den Rest der Geschichte kannte er.

Die anderen beiden Ordner beinhalteten ähnliche und doch völlig andere Geschichten. Seine Geschwister, Sarina und Roan, präsentierten sich auf einer Reihe von Fotos, dazu kamen Fakten, die belegten, was ihnen widerfahren war, nachdem sie alle getrennt und zu neuen Familien gebracht worden waren. Unterschiedliche Leben in verschiedenen Staaten. Es waren andere Traumata, aber der Ausdruck auf ihren Gesichtern war hart und ernst. Er war neugierig auf die Geschichten, und gleichzeitig hatte er das Gefühl, damit seine Nase in Dinge zu stecken, die ihn nichts angingen.

Dinge, die Tess herausfinden sollte.

Dinge, die er aus erster Hand miterlebt hätte, wenn das Leben anders verlaufen wäre.

Adam legte die Ordner beiseite und fluchte leise, als dadurch ein paar Stifte vom Schreibtisch rollten. Als er sie gerade aufheben wollte, spürte er Tess’ Hand auf seinem Arm und erstarrte. Er blickte dorthin, wo sie ihn berührte, und bekam eine Gänsehaut. Langsam hob er den Blick und sah ihr in die Augen. Auf Mitleid gefasst, erstaunte ihn das offensichtliche Verständnis in ihrer Miene.

„Adam, ich habe den beiden dieselben Informationen zukommen lassen. Ihr fangt alle am selben Punkt an, mit den gleichen Fakten.“

Er bewegte den Arm, bis ihre Hände sich trafen. Die Berührung ihrer Handflächen glich einem Stromschlag. Sie starrten sich an, ehe sein Blick tiefer bis hinunter zu ihren Lippen wanderte, die sich öffneten, dann aber doch keine Worte zu finden schienen.

„Familien sind schwierig“, flüsterte sie schließlich mit einem Seufzer, der verriet, dass auch sie so einigen Ballast mit sich herumschleppte.

Oh, verdammt. Adam kniff die Augen zusammen. Er verstand sich nicht sonderlich gut mit der Familie, die ihn großgezogen hatte, und jetzt waren da noch die Geschwister, mit denen er irgendeine Art von Zukunft gestalten sollte. Was zum Teufel hatte er sich nur dabei gedacht?

„Wenn es hilft … Ihr drei seid euch ähnlicher, als man denken könnte“, fuhr Tess mit einem Anflug von Humor fort. „Ihr fahrt alle Motorrad. Schnelle, laute Maschinen. Echte Harleys. Scheint fast so, als wäre euch das in die Wiege gelegt worden.“

Überrascht lachte er auf und spürte, wie sich der Druck ein wenig löste. Tess sah ihn fragend an.

„Unser Dad hatte eine Harley, die ständig kaputt war. Ich erinnere mich, wie ich mit ihm umhergefahren bin.“ Diese Erinnerung war eine der wenigen, die sich noch real anfühlten. Das meiste aus jener Zeit kam ihm vor, als hätte er es sich ausgedacht oder als wäre es jemand anderem passiert. Vierundzwanzig Jahre waren eine lange Zeit. „Es ist uns wohl wirklich in die Wiege gelegt worden.“

Adam ließ ihre Hand los und löste damit die Verbindung. Langsam ging er zum Fenster und blickte auf den grünen Tech-Campus. Dieser Teil von Kalifornien war schön, völlig anders als die bläulich schimmernden und mysteriös wirkenden Berge, in denen er seine frühe Kindheit verbracht hatte. Aber dies hier war auf andere Art fantastisch. Er hatte sich hier zusammen mit Justin etwas aufgebaut, eine Firma, die vielen Leuten Arbeit gab und das Potenzial hatte, noch weitaus mehr Menschen zu helfen.

Es war ein gutes Leben. Und noch besser wäre es, wenn seine Geschwister daran teilhaben würden.

Aber obwohl er sich zu gern hinsetzen und alle Infos über seine Familie verschlingen würde, war jetzt keine Zeit dafür. Die Zukunft seiner Firma stand auf dem Spiel, und er brauchte Tess und ihre Fähigkeiten, um sie zu retten.

Redhawk / Ling wollte in acht Wochen eine App auf den Markt bringen, bei der es um alles oder nichts für die Firma ging. Aber sie hatten ein Problem. Ein riesiges Problem, daher brauchte er ihre Hilfe.

Er drehte sich zu Tess herum und kam endlich auf den Punkt.

„Tess, ich hatte Sie nicht hergebeten, um den Abschlussbericht zu erhalten. Ich möchte Sie für eine weitere Aufgabe engagieren. Jemand in der Firma versucht, uns zu sabotieren und zu ruinieren, und ich möchte, dass Sie herausfinden, wer das ist.“

2. KAPITEL

Endlich mal eine positive Nachricht!

Tess hätte fast einen Freudentanz aufgeführt, als Adam Redhawk fragte, ob sie weiter für ihn arbeiten wollte. Gerade hatte sie sich noch gefragt, was für eine Entschuldigung sie wohl erfinden könnte, um den Kontakt zu ihm nicht abreißen zu lassen.

Damit sie endlich Rache nehmen konnte.

Sie durfte sich nicht verraten. Also bemühte Tess sich, ihre Aufregung unter Kontrolle zu bringen und sich auf das Geschäftliche zu konzentrieren

„Ich fühle mich geschmeichelt, dass Sie glauben, ich wäre für diesen Job geeignet, aber ich weiß eigentlich so gut wie nichts über Industriespionage.“

Einen Moment lang herrschte Stille. Adam war ein nachdenklicher Mann und neigte nicht dazu, etwas zu überstürzen. Damit war er im Leben ganz gut gefahren, und es hatte ihn sicherlich vor dem einen oder anderen Schmerz bewahrt. Das hatte Tess von Anfang an ihm bewundert, auch wenn er dadurch schwer zu durchschauen war.

Zudem war er faszinierend und stellte eine ständige Versuchung dar. Er brachte sie dazu, sich nach gewissen Dingen zu sehnen, sich nach ihm zu sehnen. Sie wollte ihn. Im Bett, in ihrem Körper, aber auch in ihrem Leben. Er war sexy, hochintelligent, stark und ehrlich. Er war die Art von Mann, die jede Frau sich erhoffte, den aber kaum je eine erobern konnte.

Adam mangelte es nicht an Liebschaften. Er gab damit nicht an; was das anging, hatte sie ihre eigenen Nachforschungen anstellen müssen. Und nach allem, was sie gehört hatte, traf einmal mehr zu, dass stille Wasser tief und – in seinem Falle – gefährlich im Bett sind. Nicht ohne Grund gehörte er zu den Top-Ten-Junggesellen im Land und wäre ein guter Fang. Nur leider ließ er sich nicht fangen.

Er stellte eine Herausforderung dar, der Tess kaum widerstehen konnte. Sie wusste, wie sie ihr Aussehen, ihren Körper und ihre Sexyness einsetzen musste, um das zu bekommen, was sie wollte. Aber sie hatte diese Möglichkeit nicht genutzt, um näher an ihn heranzukommen. Er wollte sie, das wusste sie. Sie wollte ihn; das wussten sie beide. Aber sie mochte ihn, und dieses Gefühl würde ihr nicht bei dem helfen, was sie tun musste. Solche Gefühle führten nur zu Komplikationen, die sie weder wollte noch brauchte.

Also war aus der verführerischen Vorstellung, dass Adam sie hier auf seinem aufgeräumten Schreibtisch hart und schnell nehmen wurde, nie Realität geworden.

Bedauerlicherweise … zumal sie deshalb schon mehr als eine Nacht wach gelegen hatte.

Ohne zu wissen, wohin ihre Gedanken abgewandert waren, fuhr Adam fort: „Sie können Menschen finden. Sie haben all diese bürokratischen Fallstricke überwunden und meine Geschwister gefunden, also glaube ich, dass Sie auch herausbekommen können, wer diese Firma ruinieren will.“

Tess zeigte auf das Ledersofa. „Das hört sich nach einer langen Geschichte an. Kann ich mich setzen?“

„Natürlich.“

Tess nahm Platz und beobachtete Adam, der durch sein Büro tigerte, als wäre sein luxuriöses Silicon-Valley-Büro ein Gefängnis. Vielleicht war es das für ihn. Zeitlebens hatte man große Erwartungen an Adam gestellt, und jetzt hatte er sich noch weitere, eigene aufgebürdet. Als er fortfuhr, klang er kontrolliert, aber sie hörte den wütenden Unterton heraus.

„In acht Wochen wollen wir eine App herausbringen, die die Welt revolutionieren wird.“ Adam sah sie an und hob fragend die Augenbrauen. „Das alles ist natürlich, wie schon beim letzten Auftrag, höchst vertraulich. Das ist Ihnen klar, oder?“

„Natürlich. Sie können sich auf meine Diskretion verlassen.“ Sie verstand seine Vorsicht.

„Diese App soll ermöglichen, dass sämtliche Geräte, welcher Art auch immer, miteinander kommunizieren können. Man kann Apps austauschen, Programme, Musik, Dokumente … das Betriebssystem spielt dann keine Rolle mehr.“

Tess richtete sich auf und versuchte zu begreifen, was er gerade gesagt hatte. „Das wird Sie reich machen.“ Sie schüttelte den Kopf und lachte, weil es eine absurde Bemerkung gewesen war. „Es macht Sie noch reicher. Lächerlich reich.“

Grinsend nickte er.

„Und jetzt versucht jemand, die Informationen über die App zu klauen?“

Adam nickte, bevor er sich zu ihr auf das Sofa setzte. Er hatte die Hemdsärmel hochgerollt, und als er sich auf den Knien abstützte, spannten sich die Muskeln seiner Arme auf diese verführerische Weise an, die ihr jedes Mal ins Auge sprang. Er war in großartiger Form. Seine Muskeln traten selbst unter seinen maßgeschneiderten Anzügen hervor, sodass Tess sich fragte, wie er wohl darunter aussah.

Wobei sie nicht alles der Fantasie überlassen musste. Er war gefilmt und fotografiert worden, als er im letzten Jahr einen Triathlon absolviert hatte. Unglaublich straffe, gebräunte Haut über Muskeln, die sich während jahrelangen Laufens, Kletterns und in Wettkämpfen gebildet hatten. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und es juckte ihr in den Fingern, ihn noch einmal, so wie eben, zu berühren. Das war spontan geschehen, denn normalerweise bemühte sie sich, jeglichen Körperkontakt zu Adam zu vermeiden. Aber er hatte so verletzlich ausgesehen, so verloren, dass sie ihre guten Vorsätze komplett vergessen hatte.

Adam beantwortete ihre Frage. „Jemand versucht, die Einführung zu sabotieren. Wir sind uns nicht sicher, ob derjenige die Details stehlen und selbst verwenden will oder ob es nur darum geht, uns zu ruinieren. Was auch immer, es darf nicht passieren. Justin und ich haben einen Großteil der Firmengelder in diese App gesteckt, da darf nichts schieflaufen.“

„Sonst verlieren Sie alles?“

„Alles, was zählt. Abgesehen davon müssten wir Leute entlassen. Und da viele von ihnen schon zu uns gestanden haben, als wir noch zwei Verrückte waren, die die Uni geschmissen hatten, um sozusagen aus einer Garage heraus zu arbeiten, ist das keine Option.“ Adam richtete sich auf und sah Tess an. Seine Augen waren dunkel und voller Emotionen, und als er sich noch näher zu ihr beugte, stieg ihr der Duft seines würzigen Aftershaves in die Nase. „Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann, Tess. Sie sind klug, und ich weiß, dass Sie das können.“

Tess versuchte, nicht jedes Mal zusammenzuzucken, wenn er das Wort Vertrauen in den Mund nahm. Er sollte es nicht tun. Wirklich nicht. „Ich bin doch nur Privatermittlerin. Zwar eine gute, aber ich weiß nichts über Firmenspionage.“

„Darüber mache ich mir keine Gedanken. Sie lernen schnell, und Sie müssen ja auch nichts weiter über die Firma wissen. Sie kennen sich mit Menschen aus und können erahnen, warum jemand mir so etwas antun würde. Das ist das, was ich brauche.“ Adam hielt kurz inne, ehe er zwinkernd fortfuhr: „Außerdem kenne ich Sie, was bedeutet, dass ich nicht erst jemand Neues kennenlernen muss.“

„Ach ja, ich vergaß … Sie mögen keine Leute.“

„In der Regel nicht, nein.“ Adam zuckte mit den Schultern, zog einen Zettel aus der Hemdtasche und reichte ihn ihr. „Justin und ich haben eine Liste mit Namen erstellt, von denen wir glauben, dass sie überprüft werden sollten. Damit können Sie beginnen.“

Tess klappte den Zettel auf und blickte auf die Namen. Ihr Herz klopfte schneller, als sie den ersten Namen las. Offenbar war das Schicksal ihr gewogen.

„Franklin Thornton? Der steht ganz oben auf Ihrer Liste?“

Adam nickte und kniff voller Misstrauen und Wut die Augen zusammen. Es war kein Geheimnis, dass Adam und sein Adoptivvater sich nicht ausstehen konnten.

„Franklin wäre begeistert, wenn Redhawk / Ling den Bach runterginge. Außerdem hat er das Kapital, um jemanden zu kaufen, der dafür sorgt, dass wir am Arsch sind.“ Adam griff nach dem Kaffeebecher auf dem Tisch, trank einen Schluck und verzog das Gesicht, ehe er den Becher schnell wieder wegstellte. „Franklin ist immer ganz oben auf der Liste. Das hat nichts mit Paranoia zu tun. Mich in meine Schranken zu weisen wäre für ihn das Tüpfelchen auf dem i.“

Tess wusste nur zu gut, dass Franklin Thornton über Leichen ging. Sie wusste, wie er anderer Leute Träume zerbrach, ihre Hoffnungen zerstörte und ihr Vertrauen missbrauchte. Und sie wusste auch, was mit den Menschen passieren konnte, die Opfer von Franklin Thorntons Machenschaften wurden; sie brachen zusammen, wurden verrückt vor Kummer und kümmerten sich nicht mehr um die zwei Töchter, die einen Dad gebraucht hätten.

Franklin Thornton ruinierte Menschen, aber er schuf sich auch Feinde.

So wie Tess Lynch zu seiner Feindin geworden war. Seit zehn Jahren wartete sie auf die perfekte Chance, um an ihn heranzukommen und ihn zu Fall zu bringen. Und dabei war es ihr egal, dass sie das mithilfe des Mannes zuwege bringen würde, der jetzt neben ihr saß; sie würde Franklin das Handwerk legen.

Also gab es nur eine Antwort auf Adams Frage.

„Ich werde hier ein Büro brauchen, Zugang zu sämtlichen Akten und Daten und Unterstützung aus der IT-Abteilung.“

3. KAPITEL

Es herrschte das reinste Chaos.

Adam versuchte, beim Anblick seines unordentlichen Büros nicht zusammenzuzucken. Der Schreibtisch war unter Aktenbergen und drei Laptops verschwunden, und Kaffeebecher sowie leere Pizzakartons stapelten sich auf dem Couchtisch und im Papierkorb.

Im Gegensatz zu Justin, den das alles nicht zu tangieren schien, störte Adam diese Unordnung gewaltig.

„Wie kommt es, dass bei uns inzwischen so viele Spinner arbeiten?“, fragte Justin und legte seine Füße auf dem Couchtisch ab. Er hielt eine Akte in den Händen und studierte die Berichte, die Tess über die möglichen Saboteure zusammengetragen hatte. „Was zum Teufel ist LARP? Ist das diese Sache mit den Kostümen? Wo die Leute sich als Comic-Figuren verkleiden?“

„Es bedeutet Live-Action-Role-Playing, also Live-Rollenspiel.“ Tess schlenderte an ihm vorbei und schubste seine Füße auf den Boden, während sie Adam ein heimliches Lächeln zuwarf. „Es ist das, was auch du hättest tun können, wenn du den Mut gehabt hättest, mal den Computer im Keller deines Elternhauses auszuschalten und echte Mädchen zu treffen.“

Justin richtete sich empört auf. „Ich war nicht im Keller. Ich hatte einen Computer in meinem Zimmer.“ Er sah Adam an. „Muss ich mir das gefallen lassen?“

Tess verdrehte nur die Augen.

Adam schnaubte und nahm Justin die Papiere ab. „Ach, hör auf zu jammern, Kumpel. Was ist mit …“ Er las den Namen. „… Bryan Lane?“

„Das ist nicht unser Mann“, antwortete Tess und nahm ihm die Sachen ab.

Dabei berührten sich ihre Finger; ihre Blicke verfingen sich ineinander, und alles um sie herum schien nicht länger zu existieren. Er starrte sie an, bemerkte, wie ihr Körper sich unwillkürlich seinem näherte. Er kannte das; die Schwerkraft war nichts im Vergleich zu Tess Lynch.

„Woher weißt du das?“, wollte Justin wissen und blätterte durch die Papiere, während er versuchte so zu tun, als würde er die beiden nicht genau beobachten. „Wonach suchst du? Wie sieht ein Verräter aus?“

Einen Moment lang verharrte Tess’ Blick noch auf Adam, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf Justin richtete. Sofort verspürte Adam einen Anflug von Eifersucht. Aber was das zu bedeuten hatte, darüber wollte er jetzt nicht weiter nachdenken. Es gab Wichtigeres.

„Sie sehen aus wie du und ich und Estelle“, erwiderte sie und erwähnte Adams langjährige und hochgeschätzte Assistentin. „Oder dieser gut aussehende Junge im Coffeeshop an der Ecke. Der mit den vielen Tattoos.“

„Felix. Er heißt Felix.“ Adam hatte das, ohne nachzudenken, herausposaunt und sah jetzt die erstaunten Gesichter der anderen. „Er macht sich die Mühe, sich meinen Namen und meine Bestellung zu merken, also merke ich mir seinen Namen.“

„Okay, ja, Felix“, stimmte Tess zu. „Es wäre großartig, wenn sie alle mit einem großen V auf der Brust herumlaufen würden. Oder mit einem langen Schnurrbart, der sie als Bösewichte kenntlich macht. Aber so ist es nicht. Also muss man nach etwas suchen, was die Leute erpressbar macht. Meist sind es Schulden, Sex oder die Familie. Auf den Firmencomputern werden wir nichts finden. So blöd ist derjenige bestimmt nicht. Also muss ich tiefer graben.“

„Akte für Akte“, sagte Adam.

„Mitarbeiter für Mitarbeiter“, bestätigte Tess und deutete auf den Papierstapel auf dem Tisch. „Aber ich werde ihn finden, wer auch immer es ist.“

Estelle Conway erschien an der Bürotür. Ihre Miene drückte Missfallen aus. Sie blickte über die Schulter und drehte ihren Rollstuhl so, dass die Tür blockiert wurde. „Mr. Thornton möchte Sie sehen, Mr. Redhawk.“

Adam versteifte sich, und Justin sprang auf und preschte zur Tür.

Autor

Robin Covington
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