Heiße Liebe - nur zum Schein?

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Es ist eine Vernunftehe! Mercedes Ashton glaubt ganz fest daran, als sie ihren besten Freund Jared heiratet, um den Mann, von dem sie ein Kind erwartet, nie wiedersehen zu müssen. Doch dann küsst Jared sie heiß - und nichts ist mehr wie zuvor ...


  • Erscheinungstag 20.06.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733747121
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Spencer Ashton blieb mit dem Rücken zur Tür seiner Privatbibliothek sitzen, obwohl die Hausangestellte, die seinen Gast angekündigt hatte, längst gegangen war.

Dieser unbedeutende, mit Finanzen mäßig ausgestattete Farmer, den seine schwachsinnige Exfrau geheiratet hatte, sollte erst einmal einen Eindruck von wirklicher Klasse und Reichtum bekommen – obwohl ein Bauer wie Lucas Sheppard wahrscheinlich weder die Intelligenz noch die Bildung besaß, um den Wert der Originalgemälde und der in Leder gebundenen Erstausgaben in den Bücherregalen zu erkennen.

Sollte er ruhig noch warten.

„Sie können mich so lange ignorieren, wie Sie wollen, Ashton. Ich werde nicht gehen.“

Eingebildeter Bastard. Spencer drehte den Schreibtischstuhl herum, stand aber nicht auf. „Was verschafft mir die Ehre Ihres unwillkommenen Besuchs, Sheppard? Geben Sie endlich zu, dass dieses kleine Stückchen Land, das Caroline von ihrer Mutter geerbt hat, nicht genug zum Leben abwirft? Wollen Sie jetzt doch verkaufen? Natürlich biete ich Ihnen jetzt nicht mehr denselben Preis.“

„Deshalb bin ich nicht hier. Ich will mit Ihnen über die Kinder sprechen.“

Mistkerl. Er wollte mehr Geld für Carolines Gören. „Sie haben dreißig Sekunden Zeit. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann.“

„Ich liebe Eli, Cole, Mercedes und Jillian, als wären es meine eigenen Kinder. Ich möchte sie adoptieren.“

Wut breitete sich in Ashton aus. Ihn interessierten die Bälger zwar nicht, aber es waren seine Kinder, und Spencer Ashton verzichtete auf nichts, was ihm gehörte, es sei denn, er hatte einen verdammt guten Grund. Seine Exfrau und diesen Sheppard glücklich zu machen, war kein guter Grund. „Nie im Leben.“

„Ashton, Sie haben die Kinder nicht ein einziges Mal gesehen, seit Sie die Familie vor drei Jahren verlassen haben. Die Kinder brauchen einen Vater.“

Spencer lachte. „Besser keinen Vater als einen Versager wie Sie.“

Sheppards Augen funkelten vor Wut. „Sie selbstherrlicher …“

„Sie verschwenden meine Zeit. Erinnern Sie Caroline daran, dass ihre Gören mir gehören. Wir haben einen Deal. Ich erwarte, dass sie sich daran hält.“

„Dann sollten Sie Ihre Kinder vielleicht ab und zu besuchen oder ihnen zumindest eine Geburtstagskarte schicken.“

Spencer stand langsam auf. Zornig legte er die Fäuste auf den Tisch und beugte sich drohend vor. „Legen Sie sich nicht mit mir an, Sheppard. Sonst könnte es passieren, dass ich das Sorgerecht beantrage und die Kinder zu mir nehme.“

Natürlich bluffte er nur, aber als kluger Mann wusste er, wann ein Bluff angesagt war. Das hatte er von Carolines Vater gelernt – bevor Spencer ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen hatte. Jetzt gehörte Spencer alles, was einst im Besitz der Familie Lattimer gewesen war, und er musste Caroline und ihre quengligen Kinder nicht länger ertragen.

„Einen Sorgerechtsprozess würden Sie auf keinen Fall gewinnen“, stieß Sheppard hervor. „Sie haben Caroline bei der Scheidung alles genommen und auf die Kinder verzichtet.“

„Ja, aber so ein Prozess ist langwierig, und Anwälte sind teuer. Ich kann mir die besten leisten. Caroline nicht. Und es wäre doch sicher nicht in Ihrem Sinne, wenn sie das Weingut Louret verkaufen müsste, um für die Anwaltskosten aufzukommen, oder? Glauben Sie wirklich, meine Exfrau liebt Sie noch, wenn Sie sie um das Wenige bringen, was ihr geblieben ist?“

Die bissige Bemerkung saß.

„Sie sind ein herzloser Mistkerl, Ashton.“ Sheppard stürmte hinaus.

Spencer lächelte zufrieden und setzte sich wieder. „Sie kennen mich noch nicht richtig, Sheppard. Aber Sie werden mich kennenlernen.“

1. KAPITEL

„Magen verdorben?“ Jared Maxwell reichte Mercedes Ashton einen sauberen feuchten Waschlappen.

„Wenn es das nur wäre.“ Mercedes richtete sich vor der Toilettenschüssel in dem winzigen Badezimmer auf, nahm den Waschlappen und ließ sich von Jared hochziehen. Sie schwankte.

Jared hielt sie an den Ellenbogen fest. Ihre Blässe, ihr ungewohntes Schweigen beim Dinner und ihre angespannten Gesichtszüge bereiteten ihm Sorgen. „Dann muss es an meinen Kochkünsten liegen.“

„Das Essen war wie immer vorzüglich. Würde ich sonst seit elf Jahren jeden Mittwochabend vor deiner Tür stehen?“

„Was ist es dann?“

Mercedes wusch sich Gesicht und Hände. Anschließend versuchte sie, die blonden Strähnen, die sich aus ihrem Knoten gelöst hatten, wieder festzustecken. Normalerweise trug sie die Haare offen, wenn sie zu Jared ging, heute Abend jedoch nicht.

Mercedes blickte in den Spiegel, mied jedoch den Blickkontakt mit Jared. Warum? Zwischen ihnen gab es keine Geheimnisse.

Ihm schwante nichts Gutes, als er ihre zitternden Hände sah. Was bedrückte sie? Warum hatte sie Angst, es ihm zu sagen?

Seufzend drehte Mercedes sich schließlich zu ihm um. Immer noch wich sie seinem Blick aus. „Bist du mir böse, wenn ich heute Abend etwas früher gehe?“

„Ja, das bin ich. Mercedes, irgendetwas bedrückt dich. Aber wie soll ich dir helfen, wenn du mir nicht sagst, was los ist?“

„In diesem Fall kannst du nichts tun.“

„Hast du jemals darauf gehört, wenn ich diesen Satz zu dir gesagt habe?“ Mercedes hatte ihm bei seinen Alkoholproblemen nach dem Tod seiner Frau und seines Kindes beigestanden. Sie war die beste Freundin seiner Frau gewesen. Jetzt war sie seine beste Freundin.

„Nein.“

Er schob eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Jahrelang hast du mir geholfen. Jetzt bin ich an der Reihe.“

Sie presste die Lippen aufeinander, doch ihm war das Beben nicht entgangen. „Können wir ins Wohnzimmer gehen?“

„Was immer du willst.“

„Ich möchte nach Hause.“ Der gereizte Tonfall war völlig untypisch für seine ruhige, beherrschte Freundin. Allerdings war sie schon den ganzen Abend über sehr nervös gewesen.

Trotz wachsender Sorge rang er sich ein Lächeln ab. „Den Wunsch kann ich dir leider nicht erfüllen.“

Mercedes ging Jared voran ins Wohnzimmer und setzte sich auf ihren Stammplatz auf der Couch. Doch sie zog nicht wie sonst ihre Schuhe aus und machte es sich nicht mit einer Decke gemütlich. Ihre verkrampfte Haltung, die geschlossenen Augen und die geballten Fäuste zeugten von ihrer inneren Anspannung. „Craig ist weg.“

„Sei froh, dass du ihn los bist.“ Sofort bereute Jared seine Worte. „Entschuldige. Ich wollte nicht gefühllos sein, aber du weißt, dass ich den Mann nie mochte. Du hast etwas Besseres verdient. Ich weiß nicht, warum du dich immer mit solchen Nichtsnutzen umgibst. Ehrlich gesagt hast du einen ziemlich miesen Geschmack, was Männer betrifft, Mercedes.“

„Danke für das Kompliment.“

Er zuckte nur mit den Schultern. Mercedes war der einzige Mensch, bei dem er hundert Prozent ehrlich sein konnte. Oder neunundneunzig Prozent. Er hatte ein Geheimnis, dass er nie mit ihr teilen würde. „Wenn du mir weismachen willst, dass du seinetwegen unter Liebeskummer leidest, dann vergiss es. Das nehme ich dir nämlich nicht ab. Du hast den Mann nicht geliebt.“

Seufzend legte sie die Fingerspitzen an die Schläfen. „Nein. Nein, ich habe ihn nicht geliebt, und ich werde ihn auch nicht vermissen, aber …“

Er wartete, dass sie den Satz beendete. Als sie weiter schwieg, drängte er: „Hattet ihr Streit?“

„Ja und nein.“

„Könntest du mir das bitte genauer erklären?“

War das Angst, was in ihren Augen aufblitzte? Adrenalin schoss durch seine Adern. „Hat dir der Mistkerl wehgetan?“

„Er hat mich nicht geschlagen, wenn du das meinst. Er …“ Wieder verstummte Mercedes. Schließlich sah sie ihn unglücklich an. „Er hat verlangt, dass ich abtreibe.“

Einen Moment lang dachte Jared, er hätte sie falsch verstanden, betete, dass es so war, und dann verspürte er einen stechenden Schmerz. Er bekam keine Luft mehr, sein Herz schlug laut wie ein Presslufthammer, ihm wurde übel, und seine Haut wurde kalt – so kalt wie die seines toten Sohnes. Bittere Galle stieg ihm die Kehle hoch, und er schluckte. „Du bist schwanger.“

Mercedes kaute auf der Unterlippe und sah ihn ängstlich an. „Ja. Ich wollte es dir sagen, wenn ich … wenn ich entschieden habe, was ich tun werde.“

Jared hatte das Gefühl, innerlich zu sterben. Er wollte aus dem Haus stürmen und rennen, bis der Schmerz nachließ. Aber er konnte Mercedes nicht allein lassen. Sie hatte ihn aus der Hölle geführt, die sein Leben vor sechs Jahren gewesen war. Er stand tief in ihrer Schuld. Wenn sie nicht gewesen wäre, läge er jetzt neben seiner Frau und seinem Kind begraben – falls man seine Leiche je gefunden hätte.

„Du hast es mir nicht erzählt, weil es mich an Chloe und Dylan erinnert.“ Die Stimme brach ihm, als er den Namen seines Sohnes nannte.

Eine Träne kullerte über Mercedes’ bleiche Wange. „Ja. Tut mir leid.“

Zum ersten Mal, seit er vor fünf Jahren vom Alkohol losgekommen war, sehnte er sich nach einem Drink. „Hast du eine Entscheidung getroffen?“

„Ich werde das Baby bekommen.“

Jared ging zum Kamin und stützte sich mit beiden Händen am Sims ab. Er versuchte, ganz ruhig durchzuatmen, doch seine Brust war wie eingeschnürt.

„Ich bin nicht wie mein Vater, Jared. Ich kann nicht so tun, als hätte es dieses Kind nie gegeben. Es ist vielleicht nicht geplant, aber es soll sich niemals ungewollt oder ungeliebt fühlen.“

Jared spürte ihre warme Hand an seinem Rücken. „Tut mir leid. Ich wollte keine schlimmen Erinnerungen wecken.“

„Wird er dich heiraten?“

Sie lachte freudlos. „Nein. Er behauptet, das Baby sei nicht von ihm. Und er sagt, dass er auf keinen Fall das Kind eines anderen aufziehen wird.“

Verwirrt drehte Jared sich zu Mercedes um. „Du warst doch mit keinem anderen zusammen.“

„Ich treffe mich mindestens einmal in der Woche mit dir, Jared. Und dann gibt es noch die Wochenenden, die wir gemeinsam unterwegs sind, um uns neue Hotels anzusehen. Craig glaubt, das Baby ist von dir.“

Jared starrte sie entgeistert an. Was sollte diese völlig unsinnige Behauptung? „Das sind Geschäftsreisen. Herrgott noch mal, wir haben doch keine Affäre. Wir haben nie miteinander geschlafen.“

„Ich weiß das, und du weißt es. Aber Craig glaubt es nicht. Vielleicht benutzt er unsere Freundschaft auch nur, um sich vor der Verantwortung zu drücken. Egal, er ist bereit, die Abtreibung zu bezahlen, aber ansonsten will er nichts mit der Schwangerschaft oder dem Baby zu tun haben. Er hat einen Job in Südkalifornien angenommen, um mir deutlich zu zeigen, was Sache ist.“

„Was sagt deine Familie dazu?“

Sie senkte den Kopf und spielte mit ihrem Perlenohrring. „Sie weiß es nicht. Ich werde es ihr auch noch nicht sagen.“

Jared versuchte gar nicht erst, seine Überraschung und Verwirrung zu verbergen. Mercedes arbeitete tagtäglich mit ihren Geschwistern zusammen. Die Schwangerschaft konnte sie gar nicht für sich behalten. „Warum nicht?“

„Was soll ich denn sagen? Dass ich so dumm war, mich von einem Mann schwängern zu lassen, der wie mein Vater ist? Der von seinem Kind, genau wie mein Vater, nichts wissen will?“

Jared verspürte ein schmerzhaftes Pochen in den Schläfen. „Mercedes …“

Sie rang die Hände und lief verzweifelt auf und ab. „Meine Familie macht gerade schwere Zeiten durch. Die Presse lässt uns wegen der neuesten Enthüllung, dass die Ehe meiner Eltern gar nicht legal war, nicht in Ruhe.“

Sie seufzte. „Statt ihr Augenmerk auf die Marketingkampagne zu richten, mit der Cole und ich uns abgerackert haben, konzentrieren sich die Medien auf unser Privatleben in der Hoffnung auf einen neuen Skandal. Was gibt es Interessanteres als einen Familienkrieg? Nach Möglichkeit soll noch Blut fließen.“

Mercedes hatte recht. Die Presse zeigte sich ausgesprochen blutrünstig, seit Spencer im Mai ermordet worden war. Jared hatte einen Kloß im Hals. „Wie weit bist du?“

„In der achten Woche. Ich habe zu Hause einen Schwangerschaftstest gemacht, aber ich war noch nicht beim Arzt, weil ich fürchte, die Presse bekommt Wind davon. Ich weiß, dass ich die Schwangerschaft nicht mehr lange geheim halten kann, aber sobald Spencers Mörder gefunden ist, wird die Presse uns in Ruhe lassen.“

„Man wird dir die Schwangerschaft bald ansehen. Noch ein paar Wochen. Und du musst unbedingt zum Arzt – bevor es zu spät ist.“ Chloe hatte in der achten und in der zehnten Schwangerschaftswoche jeweils eine Fehlgeburt erlitten.

„Ich weiß. Ich habe es nicht vergessen.“ Mercedes legte die Hand an seinen Arm. Seine Muskeln spannten sich bei der Berührung an. Warum fühlten ihre Finger sich so heiß an? Weil seine Haut so kalt war?

„Ein Baby bringt dein ganzes Leben durcheinander.“ Und seins.

Sie hob den Kopf. „Ich weiß, aber das ist mir egal. Jared, deine Freundschaft ist mir wichtiger als alles andere. Bitte, lass diese Schwangerschaft nicht zwischen uns stehen.“

„Deine Familie wird dir helfen.“

Mercedes wurde blass. „Du nicht?“

„Ich kann nicht.“

Die Sekunden vergingen. „Wird es keine gemeinsamen Abendessen mehr geben?“

Das Beben in ihrer Stimme nahm Jared den Atem. Es brachte ihn fast um, sie vor den Kopf zu stoßen, doch er musste auf Distanz gehen. Er wollte nicht miterleben, wie Mercedes’ Bauch anschwoll. Er wollte nicht sehen, wie sich das Baby in ihr bewegte.

„Noch ja.“

Aber nicht mehr lange. Er sprach die Worte nicht aus, sie hingen zwischen ihnen in der Luft.

Ihrem Gesicht war anzusehen, wie sehr sein Verhalten sie verletzte, doch sie nickte und wich zurück. „Ich verstehe. Ich bitte dich nur, behalte mein Geheimnis für dich, bis ich es meiner Familie erzählt habe.“

„Du machst einen Fehler.“

„Nein. Mein Fehler war es, von einem Mann schwanger zu werden, den ich nicht liebe.“ Sie nahm ihre Tasche und ihren Blazer. An der Tür blieb sie stehen. „Aber das Leben geht weiter. Man muss die Karten akzeptieren, die man bekommt. Auch mit einem schlechten Blatt kann man gewinnen.“

Wie oft hatte sie diese Worte zu ihm gesagt, als er das schlechteste Blatt seines Lebens in der Hand gehalten hatte?

Er hatte Mercedes lieber als jeden anderen Menschen. Wie konnte er sie jetzt im Stich lassen?

Mercedes war überzeugt davon, dass Spencer Ashton auch noch im Grab die Fäden in der Hand hielt, seine Familie manipulierte und zerstörte. Sie hasste ihren Vater für seine hinterhältige, verlogene Art.

Sie schluckte ihren Ärger, ihre Übelkeit und die wachsende Panik, weil sie ihr geordnetes Leben nicht mehr im Griff hatte, hinunter und betrat das Bistro, in dem sie sich mit ihrer jüngsten – soweit sie wusste – Halbschwester Paige verabredet hatte.

Sie hätte die Einladung zum Lunch ablehnen sollen, statt zu riskieren, dass ihr in aller Öffentlichkeit schlecht wurde und sie zu wilden Vermutungen Anlass gab. Das Letzte, was ihre Familie jetzt gebrauchen konnte, war weiterer Presserummel. Doch sie hatte Paiges Gefühle nicht verletzen wollen.

Sobald sie ihr Leben wieder im Griff hatte – vielen Dank, Jared, ich schaffe es auch allein – würde sie ihre Familie einweihen. Sie zweifelte nicht daran, dass ihre Familie zu ihr halten und ihr helfen würde … besser gesagt, sie zweifelte kaum daran. Angesichts der Tatsache, dass ihr Vater offensichtlich im ganzen Land uneheliche Kinder hatte – sie und ihre Geschwister eingeschlossen – konnte sie nicht absolut sicher sein, dass ihre Familie ihre Entscheidung, das Baby zu behalten, wirklich akzeptierte.

Doch sie würde das Kind bekommen. Immerhin war sie dreiunddreißig Jahre alt, außerdem glaubte sie nicht an lebenslange Liebe und hatte auch nicht vor zu heiraten. Dies war vielleicht ihre einzige Chance, überhaupt Mutter zu werden.

Paige stand auf und nahm lächelnd Mercedes’ Hand. „Danke, dass du gekommen bist.“

„Es klang wichtig.“

„Ja. Ich wollte dich fragen …“ Paige verstummt kurz. „Wie geht es dir? Ich habe gehört, du hast dich von deinem Freund getrennt?“

Mercedes seufzte, setzte sich und nahm ein Stück Brot. Paige hatte sie sicherlich nicht eingeladen, um mit ihr über Craig zu sprechen. Hoffentlich kam sie schnell zum eigentlichen Grund ihrer Einladung.

„Ja, Craig gehört der Vergangenheit an, aber das ist okay. Darf ich fragen, woher du das weißt? Soweit ich informiert bin, stand nichts in der Zeitung.“ Das Brot schmeckte wie Pappe. Toll, selbst ihre Geschmacksnerven streikten.

„Kerry, die Assistentin meines Vaters – unseres Vaters – hat es erwähnt. Ich habe Craig kennengelernt, als du ihn im Februar zu der Wohltätigkeitsveranstaltung mitgebracht hast. Er ist sehr attraktiv.“

„Und charmant und amüsant. Der ideale Mann zum Ausgehen. Aber er ist auch oberflächlich und untreu. Kein Mann also, mit dem ich alt werden wollte.“

Paige wunderte sich über Mercedes’ Offenheit, doch bevor sie etwas entgegnen konnte, kam die Kellnerin. Mercedes bestellte ein Ginger Ale und ein einfaches Nudelgericht und betete, dass ihr Magen mitspielte.

Mercedes mochte Paige. Ihre Halbschwester erinnerte sie daran, wie jung, naiv und lebensbejahend sie selbst vor elf Jahren gewesen war. Es schien eine Ewigkeit vergangen, seit sie als zweiundzwanzigjährige Studentin die letzten Tage ihrer Freiheit genoss, bevor sie in das Familienunternehmen eintrat.

Mercedes musste lächeln. Auf ihrer Haut trug sie eine aufreizende Erinnerung an diese flotte Zeit.

„Trinkst du keinen Wein?“, wunderte sich Paige.

„Nein. Auf meinem Schreibtisch wartet ein Berg Arbeit. Ich muss einen klaren Kopf behalten.“ Wie lange würde es noch dauern, bis auffiel, dass die Marketing- und PR-Managerin des Weingutes Louret ihr eigenes Produkt nicht mehr trank?

Aufgeregt beugte Paige sich vor. „Hast du von der Junggesellenversteigerung gehört, die nächsten Monat auf Ashton Estates stattfindet? Mach doch mit. Vielleicht findest du so den richtigen Mann.“

Mercedes zog eine Grimasse. Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass eine schwangere Frau, deren Magen ständig revoltierte, ein begehrtes Objekt sein würde. „Ich glaube, ich passe.“

Außerdem verabredete Mercedes sich nie mit einem Mann, der nicht mindestens sechs der „Fünfundzwanzig Eigenschaften eines Versagers“ aufwies, die sie und ihre Freundin Dixie im letzten Jahr an der Universität aufgelistet hatten, als sie beide unter schwerem Liebeskummer litten. Und es war unmöglich, die Bietenden so schnell auf diesen Eigenschaften hin zu überprüfen.

Egal, wohin sie sah, die Ehen um Mercedes herum endeten mit Liebeskummer. Nach jahrelanger Untreue hatte ihr Vater ihre Mutter verlassen und seine Sekretärin geheiratet. Dieser Ehefrau, Paiges Mutter, war er auch nicht treu gewesen. Die erste Ehe ihrer Schwester Jillian war eine Katastrophe gewesen.

Jared und Chloe hatten eine fantastische Ehe geführt, doch als Chloe und das ungeborene Baby bei einem Autounfall ums Leben kamen, wäre Jared daran fast zerbrochen. Auch jetzt, sechs Jahre später, schlug sein Herz noch für Chloe, und er würde nie eine andere Frau so sehr lieben.

Mercedes bezweifelte, dass sie stark genug war, den Kummer zu ertragen, den die Liebe unweigerlich mit sich brachte. Warum also sollte sie dieses Risiko eingehen? Um nicht in die Liebesfalle zu stolpern, ließ sie sich nur mit Männern ein, in die sie sich nie verlieben könnte – Männer, die nicht die Macht hatten, sie zu verletzen.

Die Kellnerin brachte die Getränke und das Essen. Mercedes nippte an ihrem Ginger Ale, stocherte mehr in ihren Nudeln herum, als dass sie davon aß, und hoffte, dass sie alles bei sich behalten würde. „Wie geht es deiner Mutter?“

Paige machte ein düsteres Gesicht. „Dad war … Er war ein so dynamischer Mensch. Es wird schwer ohne ihn werden. Wir sind alle sehr traurig.“

Die Tatsache, dass Spencer während seiner Ehe mit Paiges Mutter mit einer anderen Frau ein Kind bekommen hatte, war eigentlich kein Grund, um diesen Mann zu trauern. Und die jüngste Offenbarung, dass Spencer eine Frau und zwei Kinder verlassen hatte, bevor er Mercedes’ Mutter geheiratet hatte, war auch nicht gerade ein erhebender Moment gewesen.

Hatte Spencer überhaupt irgendjemanden außer sich selbst geliebt? Die arme Paige schien keine Ahnung zu haben, was für ein egoistischer Mistkerl ihr Vater gewesen war.

Mercedes wurde übel. Sie griff nach ihrem Ginger Ale. Wie viele Halbgeschwister hatte sie eigentlich? Sechs konnte sie namentlich benennen, aber gab es vielleicht noch weitere? Würden weitere uneheliche Kinder auf der Bildfläche erscheinen, angezogen durch die Publicity, die die ungeklärten Besitzverhältnisse mit sich brachten? Sie selbst war erstaunt über den Wert von Spencers Besitz gewesen, und sie wäre nicht überrascht, wenn noch andere ein Stück von dem Kuchen für sich forderten.

Als Paige mit dem Essen fertig war, zog sie einige Boulevardzeitungen aus der Ledertasche und legte sie auf den Tisch. „Das ist der eigentliche Grund für meine Einladung. Hast du die neuesten Artikel gelesen?“

„Nein, möchte ich auch gar nicht.“ Trotzdem überflog Mercedes die Schlagzeilen. Es waren mehr oder weniger dieselben Spekulationen, die seit Monaten wie Nebelschwaden über Napa Valley hingen.

Familienkonflikt bei den Ashtons? Erleben wir die Wiederkehr der Hatfield-McCoy-Fehde?

Testamentanfechtung bei den Ashtons?

Fordern die unehelichen Kinder das Ashton-Anwesen?

Mercedes schob die Zeitungen weg. Keine formulierte so kreativ wie ihr Dauerfavorit. Ashtons zielen mit Korken aufeinander. In diesem Artikel sprach der Reporter vom „Krieg der Winzer“. Er verglich das Ashton Estate Winery mit Goliath und das kleinere Weingut Louret mit David. Der Gedanke, welch hohen Preis die Familie zahlen musste, bis der Streit beigelegt war, stimmte Mercedes traurig.

Der Tod des Vaters hatte die Kinder zu Gegnern gemacht, die von der Presse auf Schritt und Tritt verfolgt wurden. Jede weitere reißerische Schlagzeile bestätigte Mercedes in ihrer Entscheidung, die Schwangerschaft so lange wie möglich geheim zu halten.

Vielleicht konnte sie für ein Jahr nach Frankreich zu ihrem Halbbruder Mason gehen und erst nach der Geburt des Kindes zurückkehren. Sie seufzte und verwarf die Idee. Ihre Familie brauchte sie hier in Napa Valley. Und Jared … sie wusste noch nicht, wie es mit ihm weitergehen sollte, aber auf keinen Fall wollte sie ihn als Freund verlieren. Außerdem war Weglaufen noch nie eine Lösung gewesen.

Paige steckte die Zeitungen wieder ein. „Wir müssen etwas unternehmen. Unsere Familien und unsere Geschäfte leiden darunter.“

„Ich stimme dir zu, aber ich weiß nicht, wie wir die Publicity-Maschinerie aufhalten können.“

Paige zögerte kurz. „Könntest du mit Eli sprechen und ihn bitten, das Testament nicht anzufechten?“

Aha, darum ging es also. „Mein Bruder tut das, was er für richtig hält. Du weißt, dass das Land mit dem Weingut und auch die Firma Ashton-Lattimer Corporation rechtmäßig meiner Mutter zustehen, da es der Besitz ihres Vaters war.“

Mercedes machte eine kurze Pause. „Da Spencer sich von seiner ersten Frau niemals hat scheiden lassen, waren meine Eltern nach dem Gesetz gar nicht verheiratet. Und damit müssten auch alle Abmachungen hinfällig sein, die bei der Scheidung getroffen wurden. Ich wünschte, es wäre anders, aber in diesem Fall gibt es keinen einfachen Weg.“

„Ich bin sicher, dass wir uns einigen können, ohne dass in aller Öffentlichkeit schmutzige Wäsche gewaschen wird.“

Wenn es so einfach wäre, Kummer, Wut und Verrat auszulöschen. „Paige, ich möchte nichts weiter als Frieden zwischen unseren Familien. Ich weiß nicht, ob das möglich sein wird, aber ich tue, was ich kann.“

„Du wolltest doch nicht ohne mich fahren, oder?“ Mercedes parkte ihr Cabrio im Schatten von Jareds Geländewagen.

Autor

Emilie Rose
<p>Ihre Liebe zu romantischen Geschichten hat Emilie bereits im Alter von zwölf Jahren entdeckt. Zu der Zeit las sie einen Liebesroman nach dem anderen, sodass ihre Mutter die Bücher bald unter den Sofakissen versteckte, sobald Emilie ins Wohnzimmer kam. Dabei verbrachte sie damals viel Zeit in der freien Natur, wenn...
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