Historical Weihnachten Band 9

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WINTERZAUBER AM KÖNIGSHOF von MARSHALL, PAULA
Ränkespiele am Königshof sind Penelope als Hofdame bestens bekannt. Aber plötzlich ist sie selbst in eine gefährliche Intrige verwickelt: Der attraktive Oliver Woodville hat ihr einen Weihnachtskuss geraubt - und damit mächtige Feinde im Palast auf den Plan gerufen …

EINE LADY UNTERM MISTELZWEIG von MCCABE, AMANDA
Wenn Lady Cassandra in einsamen Winternächten an Sir Ian Chandler denkt, überläuft sie ein süßer Schauer der Erregung. Als Witwe sollte sie diese Sehnsucht nicht zulassen! Bis sie bei einer Weihnachtsparty der Duchess of Gifford unvermittelt Ian unterm Mistelzweig begegnet …

DAS WEIHNACHTSWUNDER VON CAHILL CROSSING von FINCH, CAROL
"Sir, Sie sind mein Schutzengel!" Rosalie ist entschlossen, Lucas ihre Dankbarkeit zu zeigen. Schließlich hat er sie vor dem sicheren Erfrierungstod im Schnee bewahrt. Aber wie bedankt man sich bei einem Engel mit breiten Schultern und einem gefährlich sinnlichen Lächeln?


  • Erscheinungstag 28.10.2016
  • Bandnummer 0009
  • ISBN / Artikelnummer 9783733763770
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Paula Marshall, Amanda McCabe, Carol Finch

Historical Weihnachten BAND 9

PAULA MARSHALL

Winterzauber am Königshof

Nach Jahren auf dem Kontinent kehrt Sir Oliver Woodville zurück nach England, um pflichtbewusst seine Verlobte Mary zu ehelichen. Doch sie löst die Verbindung – und Oliver sieht seine Chance gekommen, Penelope, Marys bezaubernde Schwester und Hofdame von Königin Elizabeth, zu umwerben. Kann er sie erobern, ohne einen Skandal heraufzubeschwören?

AMANDA MCCABE

Eine Lady unterm Mistelzweig

Seit Ian die schöne Lady Cassandra das erste Mal gesehen hat, verzehrt er sich nach ihr. Aber damals heiratete sie einen Anderen, und sein Traum von der großen Liebe zerbrach. Nun ist Cassandra Witwe, und als Ian ihr auf einer eleganten Weihnachtsparty begegnet, fasst er einen Entschluss: Noch in dieser Nacht wird er sie zu der Seinen machen …

CAROL FINCH

Das Weihnachtswunder von Cahill Crossing

Regungslos liegt eine zierliche Gestalt im Schnee – die schöne Ladenbesitzerin Rosalie! Behutsam bringt Lucas sie in seine Hütte, wo sie vor dem Kaminfeuer allmählich zu sich kommt. Rosalie ist eine Dame, er ein Ausgestoßener der Gesellschaft. Dennoch wünscht Lucas sich nichts mehr, als sie zum Fest der Liebe in seine Arme schließen zu dürfen ...

PROLOG

10. November 1558

Du hast versprochen, Oliver zu heiraten, sobald er zurückkehrt. Das weißt du ganz genau! Du hast es mir damals selbst gesagt.“

Es war an einem kalten und sonnigen Tag kurz vor Mittag in Shelford House am Ufer der Themse im Herzen Londons, als Penelope Jermaine ihrer älteren Schwester Mary wegen deren Treulosigkeit schwere Vorwürfe machte. Gerade erst hatte sie erfahren, dass ihre Eltern mit Marys voller Zustimmung deren Verlobung mit William Vassall, Earl of Castleford, besiegelt hatten.

Mary, die ebenso blond und schön war wie sie selbst braunhaarig und unscheinbar – woran die ältere Schwester sie bei jeder Gelegenheit erinnerte –, lächelte sie herablassend an.

„Bitte benimm dich nicht kindisch“, sagte sie in affektierter Sprechweise. „Oliver Woodville und ich waren noch die reinsten Kinder, als er auf den Kontinent reiste. Und als Kindern hat es uns Freude bereitet, solchen Unsinn zu reden. Das hatte für uns gar keine Bedeutung.“

„Ihr wart längst keine Kinder mehr!“, rief Penelope zornig. „Beide wart ihr bereits erwachsen, und du hast am Abend, bevor er aufbrach, sogar Ringe mit ihm ausgetauscht.“

„Ringe?“ Mary hob spöttisch die bezaubernd geschwungenen Brauen. „Das war nichts als Tand. Niemand käme auf den Gedanken, dass dieser Austausch wertloser Kleinigkeiten mich in irgendeiner Weise binden würde.“

„Du selbst bist wertlos, nicht die Ringe“, erwiderte Penelope verärgert. „Offenkundig sind selbst die feierlichsten Versprechungen für dich ohne Bedeutung.“

Mary Jermaine lachte verächtlich. „Komm schon, Schwesterherz! Du scheinst in deiner eigenen Traumwelt zu leben. Als Oliver und mich Freundschaft verband, waren du und ich nichts als verarmte adlige Mädchen ohne Mitgift. Wir waren die Töchter eines Niemands. Zu diesem Zeitpunkt wäre er eine gute Partie für mich gewesen. Doch seit unser Vater ein Vermögen und das große Haus, in dem wir jetzt leben, geerbt hat und wir als reiche Erbinnen angesehen werden, hat sich alles geändert. Seither können wir weit bessere Verbindungen eingehen, am königlichen Hof verkehren und ein Leben ohne die Einschränkungen führen, zu denen wir vormals verdammt waren. Folglich bin ich überaus erfreut, einen bedeutenden Mann zu heiraten und nicht einen Niemand wie Oliver Woodville.“ Sie hielt einen Moment inne, bevor sie gehässig hinzufügte: „Du tätest gut daran, dir über deine eigene Zukunft Gedanken zu machen, Schwesterchen. Da dich niemand aufgrund deines Äußeren heiraten wird, wäre ein zurückhaltendes Betragen eine positive Ergänzung zu deiner Mitgift. Hör besser auf, den Menschen, denen du Respekt zollen solltest, mahnende Vorträge zu halten.“

Penelope wurde rot vor Zorn. Sie hatte immer gewusst, dass Mary sie verachtete, weil sie sich mehr für Bücher als für die Ränke und den Klatsch am Tudor-Hof interessierte. „Aber was wird Oliver denken, wenn er heimkommt und erfährt, dass du einen anderen Mann heiratest, der noch dazu so alt ist, dass er dein Vater sein könnte?“

Auch darauf hatte Mary eine Entgegnung parat. Offenbar wusste sie auf alles eine Antwort. „Was Oliver darüber denkt, geht dich nichts an und ist auch nicht von Belang. Da er sich in Frankreich und Italien bestimmt mit diversen Damen amüsiert hat, wird er nicht überrascht sein, dass ich es mir anders überlegt habe. Bestimmt ist er zufrieden, wenn er eine Frau heiraten kann, die über eine bescheidene Mitgift verfügt. Dann kann er sich mit ihr auf das Land zurückziehen. Und wenn du dir schon solche Sorgen darüber machst, dass ich meine Meinung über Oliver geändert habe, warum heiratest du ihn dann nicht selbst? Ein Leben in einem verschlafenen Dorf würde gut zu euch beiden passen und dich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen zurückführen.“

Obwohl Penelope nicht weinen wollte, traten ihr Tränen in die Augen. Ihr war bewusst, dass Mary nicht viel für sie empfand, doch von der Schwester mit solcher Geringschätzung behandelt zu werden, war beinahe unerträglich. Es machte auch keinen Sinn, an Marys Ehrgefühl zu appellieren, da sie offenkundig keines besaß. Penelope erinnerte sich nur zu gut an jenen letzten Tag vor drei Jahren, den Oliver mit ihnen gemeinsam verbracht hatte, bevor er mit seinem Freund Harry Grantly zu einer langen Reise durch Europa aufgebrochen war. Nach allem, was er gesagt und getan hatte, ging er fest davon aus, dass Mary auf ihn wartete. Penelope, die vier Jahre jünger war als ihre Schwester und damals erst vierzehn Jahre alt gewesen war, erinnerte sich auch noch an etwas anderes. Oliver hatte mit ihrem Vater sprechen wollen, um vor seinem Aufbruch das offizielle Einverständnis für die Verlobung mit Mary zu erbitten. Doch Mary hatte gezögert.

„Dafür ist noch Zeit genug, wenn du zurück bist“, hatte sie gesagt.

Wusste sie zu diesem Zeitpunkt bereits, dass der Cousin ihres Vaters schwer erkrankt war und sie im Falle seines Todes nicht mehr arm und unbedeutend sein würden? Oliver Woodvilles Werbung nachzugeben, solange sie unvermögend waren und er immerhin über passable, wenn auch nicht riesige Einkünfte verfügte, war die eine Sache. Ihm die Treue zu halten, wenn das Schicksal ihr die Gelegenheit bot, in eine einflussreiche Familie einzuheiraten, war eine andere.

Mary würde sich von ihrer Entscheidung nicht abbringen lassen, ganz gleich, welche Vorhaltungen Penelope ihr machte. Der arme Oliver! Was für eine üble Überraschung erwartete ihn bei seiner Heimkehr. Um ihren Kummer zu verbergen, ging sie langsam im Zimmer auf und ab – einem Zimmer, an dem sie trotz seiner Schönheit keinen Gefallen finden konnte. Anders als Mary wünschte sie sich zurück in das hübsche kleine Gutshaus, das ihnen bis vor zwei Jahren als Heim gedient hatte, bevor die Erbschaft des Vaters das Leben der Familie auf den Kopf gestellt hatte.

Mary schien nichts mehr von Oliver hören zu wollen. Ihre nächsten Worte verrieten, dass ihre Gedanken um andere Dinge kreisten.

„Vater möchte mit uns über Elizabeths Krönung reden, die in angemessener Zeit nach dem Ableben ihrer Halbschwester Mary stattfinden wird. Mit dem Tod der Queen ist jetzt jederzeit zu rechnen. Da ich die zukünftige Gattin von Lord Castleford bin, werden wir gewiss zur Teilnahme an der Krönungszeremonie in Westminster Abbey eingeladen. Es ist von größter Bedeutung, dass wir beide so gut wie möglich aussehen. Mutter lässt bereits neue Kleider für uns schneidern, und wir werden mit ihr geeignete Goldschmiede aufsuchen.“

Kritisch musterte sie Penelope von Kopf bis Fuß. „Mutter wird eine Menge Arbeit und Ausgaben haben, bis sie dich in jemanden verwandelt hat, der sich von der gewöhnlichen Menge abhebt. Das ist höchst bedauerlich, aber leider nicht zu ändern …“

Penelope atmete erleichtert auf, als weitere Ausführungen über ihr mangelhaftes Aussehen von einem Klopfen an der Tür unterbrochen wurden. John Brewster, der Majordomus der Jermaines, trat ein und fuchtelte mit seinem neuen weißen Amtsstab in der Luft herum.

„Mistress Mary, Mistress Penelope!“, verkündete er mit orakelhafter Miene, „Euer Vater erwartet Euch im Empfangszimmer. Er hat wichtige Neuigkeiten für Euch. Habt die Güte, mir ohne Umschweife zu folgen.“

Penelope fiel es schwer, das Kichern zu unterdrücken. Eines der Dinge, die sie an ihrem neuen Leben belustigte, war Brewsters erstaunliche Verwandlung von einem reichlich tollpatschigen Lakaien in einen auf äußerste Würde bedachten Majordomus. Seit ihm eine Reihe von zusätzlichen Bediensteten unterstellt worden war, gebärdete er sich, als ob er dem königlichen Hofstaat angehörte.

Sie folgten ihm die Treppe hinunter durch die Flügeltüren, die in einen weiteren prunkvoll möblierten Raum führten, in dem ihr Vater und ihre Mutter bereits auf sie warteten. Wie Brewster hatte sich auch John Jermaine grundlegend verändert. Zuvor war das Familienoberhaupt ein nüchtern gekleideter Gutsherr gewesen. Jetzt war er wie ein Grande ausstaffiert, der es mit allen spanischen Höflingen aufnehmen konnte, die Queen Mary, der Gemahlin Philipps von Spanien, an Englands weniger prunkvollen Hof gefolgt waren.

Ihre Mutter hielt noch immer an schlichter Kleidung fest. Agnes Jermaine war eine bescheidene Frau, die sich mit Wehmut an ihr ruhiges Leben auf dem Land erinnerte – ein Leben, dem sie den Vorzug gegenüber den neuen Ehren gegeben hätte, derer sie sich nun glücklich schätzen musste. Bisher weigerte sie sich, die steife und übermäßig verzierte Kleidung anzuziehen, die die herrschende Mode bei Hofe war.

Auch das würde sie ändern müssen, denn John Jermaine eröffnete seinen Töchtern, die künftige Queen hätte angeordnet, dass bei den Krönungsfeierlichkeiten an nichts gespart werden sollte.

„Elizabeth möchte, dass die ganze Welt erfährt“, erläuterte er ihnen ernst, „dass es künftig keinen Hof geben wird, der sich an Pracht mit unserem messen kann. Das hat Castleford, der nach wie vor hoch in ihrer Gunst steht, mir mitgeteilt. Unser Erscheinungsbild muss sich diesen Wünschen anpassen – das gilt auch für dich, meine Liebe“, sagte er und drehte sich zu seiner Frau um. „Zudem möchte ich euch mitteilen, dass die neue Queen Mistress Mary Jermaine und Mistress Penelope Jermaine zu ihren Hofdamen ernennen wird.“ Voller Stolz blickte er seine Töchter an.

Penelope erstarrte. Nein, das durfte einfach nicht wahr sein! Sie verspürte nicht den leisesten Wunsch, Hofdame zu werden. Sie konnte sich kaum einen weniger attraktiven Posten denken, abgesehen von dem eines Küchenmädchens! Wenn sie länger darüber nachdachte, würde sie selbst dieser Rolle den Vorzug geben.

„Was hat sie nur dazu veranlasst, Penelope ebenfalls zu berufen?“, fragte Mary eifersüchtig.

Der Vater lächelte. „Ihre Königliche Hoheit wäre wahrscheinlich nicht von selbst auf diese Idee gekommen. Aber eine ihrer Damen hat gerade den Hof verlassen, vermutlich, weil sie geheiratet hat. Castleford schlug ihr daraufhin Penelope vor, da sie nun sozusagen mit zu seiner Familie gehört. Du bist ganz still, Penelope! Oder kannst du dich nicht über die außerordentliche Ehre einer so bedeutsamen Auszeichnung freuen? Empfindest du denn keinerlei Dankbarkeit für das, was dein künftiger Schwager für dich getan hat?“

„Nein, ja“, stammelte Penelope, die Marys missgünstige Blicke spürte und zugleich die enttäuschte Miene ihrer Mutter sah, weil sich die jüngere Tochter nicht über den unverhofften Aufstieg freute. Jetzt wurde sie also auch noch von der Mutter im Stich gelassen! Von nun an würde es keine heimlichen Gespräche mehr mit ihr darüber geben, wie sehr sie beide ihr altes Leben mit seiner ebenso erbaulichen wie beschaulichen Abfolge ländlicher Pflichten vermissten.

„Zum Schluss habe ich euch noch etwas Unerfreuliches mitzuteilen“, verkündete John Jermaine mit einer Feierlichkeit, die der seines Majordomus in nichts nachstand. „Ich erfuhr von meinem guten Freund Nicholas Grantly, dass sein Sohn Harry in Italien am Römischen Fieber verstarb. Master Oliver Woodville und ein weiterer Gentleman, die ihn auf der Reise durch Europa begleitet haben, müssten jetzt wieder in Dover angekommen sein. Sie haben den armen alten Mann zuvor durch einen Brief von dem Unglück in Kenntnis gesetzt.“

Penelope konnte sich nicht zurückhalten. „Master Oliver wird schrecklich enttäuscht sein, wenn er von Marys Plänen hört, Lord Castleford zu heiraten! Immerhin haben Mary und Oliver Ringe ausgetauscht, bevor er abreiste.“

Mary seufzte laut auf, und John Jermaine versuchte sofort, die Vorwürfe seiner jüngeren Tochter im Keim zu ersticken. „Das waren nichts als Kinderspiele, mein Liebes! Master Woodville wird das schon verstehen. Ich hoffe, dass du nicht so naiv bist, dieses Thema in seiner Gegenwart zu erwähnen – falls du ihm begegnen solltest, was unwahrscheinlich ist, nachdem du in Zukunft dem Hofstaat von Queen Elizabeth angehören wirst.“

Ohne jeden Zweifel hieß ihr Vater Marys Heirat mit Castleford gut, andernfalls hätte er die Verbindung nicht selbst in die Wege geleitet. Mary hatte sie zu Recht als verträumt bezeichnet. In der Welt, in der sie jetzt lebten, spielte es offenbar keine Rolle, sein Wort zu halten und pflichtbewusst zu handeln.

Dennoch beschloss Penelope, an den biblischen Grundsätzen festzuhalten, die ihr der Priester sonntags in seinen Predigten in Erinnerung rief.

Oliver Woodville holte tief Luft. Er stand auf dem Quai am Hafen von Dover und beobachtete, wie sein Gepäck und das von Bevis Frampton vom Schiff geladen wurde.

Zunächst war ihm die lange Reise durch Europa wie die schönste Zeit seines Lebens vorgekommen. Doch als sie schließlich Rom erreichten, hatte das Unglück seinen Lauf genommen. Nach zwei fantastischen Wochen, in denen sie die imposantesten Ruinen des römischen Imperiums erkundet hatten, waren Harry und Bevis plötzlich in fürchterlichen Streit geraten. Die Auseinandersetzung endete damit, dass Bevis aus dem Haus stürmte und Harry sich schmollend auf sein Zimmer zurückzog – obgleich dieses Verhalten gar nicht zu ihm passte. Worum es bei dem Streit gegangen war, hatte Oliver nie herausfinden können. Harry wurde bereits am Ende jener Woche von dem schrecklichen Fieber heimgesucht, das ihn schließlich das Leben kostete.

Bevis hatte auf der gesamten Rückfahrt kaum ein Wort mit ihm gewechselt, wie Oliver sich jetzt erinnerte. Es war das traurige Ende einer Reise, die vielversprechend verlaufen war, bis sie das bezaubernde Florenz verlassen hatten, um sich nach Rom zu begeben.

Aber sich zu beklagen, half auch nicht weiter. Von Paris aus hatte Oliver seine Familie über die baldige Rückkehr in Kenntnis gesetzt und einen langen Brief an Harrys Vater geschrieben. Wenige Tage später hatten Bevis und er das erste Schiff genommen, das nach Dover segelte. Als Oliver dort ankam, überreichte ihm einer der Hafenoffiziellen ein Bündel mit Briefen.

Er hoffte inständig, dass die darin enthaltenen Neuigkeiten erfreulicher waren als jene, die er mitbrachte. Bereits bevor sie angelegt hatten, war ihm die Kunde zu Ohren gekommen, dass „Bloody Mary“, wie seine protestantische Familie die katholische Königin stets genannt hatte, im Sterben lag. Ihre Halbschwester Elizabeth würde in Kürze den Thron besteigen. Bevis, der, soweit Oliver wusste, weder dem katholischen noch dem protestantischen Lager angehörte, hatte angesichts der Nachricht nur geknurrt: „Die eine so gut wie die andere.“

Oliver steckte das Bündel mit Briefen in seine Tasche. Er würde erst später Zeit finden, die Post zu lesen. Zunächst musste er sicherstellen, dass sein Gepäck vollständig auf dem Dach der wartenden Kutsche verstaut wurde. Anschließend würde ein Zollinspektor ihre Papiere überprüfen, und erst wenn der Mann damit fertig war, konnte Oliver sich in den Gasthof begeben, der sich nicht weit vom Quai entfernt befand. Dort wollte er eine gute Mahlzeit zu sich nehmen und in Ruhe die Briefe lesen. Gewiss waren sehnsüchtige Zeilen von Mary darunter! Seit Harrys unerwartetem Tod hatte ihn kaum etwas anderes aufheitern können als die Aussicht, sie wiederzusehen.

Bevis trat zu ihm, um sich in seiner unangenehm kriecherischen Art von ihm zu verabschieden. „Wenn du erlaubst, mache ich mich jetzt auf den Weg. Da wir sicher in England angekommen sind, müssen wir einander nicht länger Gesellschaft leisten.“

Oliver nickte nur zustimmend. Nach den Jahren gemeinsamer Reise hatte sich auch das wenige, was sie je verbunden haben mochte, in nichts aufgelöst. Bevis war Harrys Freund gewesen, obgleich sie sich in jeder Hinsicht unterschieden. Harry war von ungewöhnlich großer Statur gewesen, und sein Haar hatte wie Gold geglänzt – auf dem Kontinent verkörperte er den Inbegriff eines englischen Aristokraten. Bevis hingegen wirkte ausgesprochen unauffällig. Er war klein, sein Haar war aschblond, und mit seinem dünnen kraftlosen Körper stand er in deutlichem Kontrast zu Harrys kraftvoller Erscheinung. Wenn er mit anderen sprach, nahm Bevis Frampton eine übertrieben unterwürfige Haltung an, die Oliver von Anfang befremdet hatte.

Er selbst ähnelte weder Bevis noch Harry. Er war zwar hoch gewachsen, aber nicht so groß, dass er alle anderen überragte. Im Laufe der Reise hatte sich seine Haut gebräunt, und mit seinen dunklen Haaren, den grünen Augen und der markanten Nase erinnerte er an einen stolzen Adler – wie Mary einmal bemerkt hatte. Auch wenn er auf den ersten Blick nicht die auffällig athletische Erscheinung von Harry hatte, verfügte er über beachtliche Kraft und Ausdauer. Im Fechtkampf und beim Tennis hatte Harry gegen ihn stets den Kürzeren gezogen, denn Oliver hatte im wahrsten Sinne des Wortes Adleraugen, und schnelles Reaktionsvermögen zeichnete ihn aus. Frampton hatte sich stets damit zufriedengegeben, ihnen bei ihren Wettkämpfen zuzusehen. Er beteiligte sich nie selbst daran und mied jede Form der körperlichen Betätigung.

Oliver begab sich zum Gasthof, und kaum hatte er an einem Tisch in der gut gefüllten Schankstube Platz genommen, sah er sofort die Post durch. Zu seiner großen Enttäuschung befand sich kein Brief mit Marys unordentlicher Handschrift darunter. Sie hatte ihm einmal erzählt, dass sie die Kunst des Schreibens ganz ihrer Schwester Penelope überlassen habe, weil sie sich mehr für die Genüsse des Lebens als für staubige Gelehrsamkeit interessiere.

Doch wie dem auch sei: Schon bald würde er sie wiedersehen, und das war weit besser als Worte auf Papier. Er warf einen zärtlichen Blick auf den Ring, den er an der linken Hand trug. Was spielte es für eine Rolle, dass es sich um kein kostbares Schmuckstück handelte! Dieser einfache Ring war das Symbol für die tiefe Liebe, die ihn und Mary verband, und das besaß weit größeren Wert als jedes protzige Juwel, das keinerlei Zuneigung zum Ausdruck brachte.

Was ihn in jedem Falle aufheiterte und überraschte, war der Brief seines Vaters. Allem Anschein nach würde dessen Freund Lord Robert Dudley durch Elizabeths Thronbesteigung bald zu einem der mächtigsten Männer am englischen Hof werden. Und da die Woodvilles und die Dudleys entfernt miteinander verwandt waren und Lord Robert von nun an entsprechenden Einfluss besaß, boten sich für Oliver mit einem Mal ganz neue Möglichkeiten.

„Ich erinnere mich, dass du mir erzählt hast, was für ein vortrefflicher Reiter dein Sohn ist“, hatte Lord Robert seinem Freund geschrieben. „Und da die zukünftige Königin mich unter anderem zum Oberstallmeister ernennen möchte, könnte er sich gewiss in meinem Gefolge nützlich machen, sobald er vom Kontinent zurückkehrt. Ich halte mich derzeit in Greenwich auf und würde mich freuen, wenn er bei mir vorstellig wird.“

Oliver legte den Brief beiseite. Zweifellos wollte sein Vater, dass er Lord Roberts Angebot annahm. Dadurch würde er dem Hofstaat der neuen Queen angehören, und das würde ihm zahlreiche Aufstiegschancen eröffnen. Bevor er Frankreich und Italien bereist hatte, hätte er ein derartiges Angebot wahrscheinlich abgelehnt. Doch in der Ferne hatte er einen gewissen Ehrgeiz entwickelt. Er hatte die Mächtigen an den französischen und italienischen Höfen gesehen und war zu der Erkenntnis gelangt, dass viele von ihnen weit weniger Verstand und Sinn für die Realität besaßen als er, der er nur ein unerfahrener junger Adliger vom Lande war.

Weshalb sollte er es nicht wagen, in der Arena der Mächtigen einen Platz einzunehmen und sich ebenso Ruhm, Ehre und Vermögen zu sichern, wie es Lord Roberts Vater getan hatte? Dessen Leben hatte allerdings ein trauriges Ende auf dem Richtplatz gefunden – wohl infolge zu hochtrabender Erwartungen …

Oliver musste ein wenig über sich selbst lachen. Hier saß er nun und sann auf eine Weise über ein bescheidenes und unverbindliches Angebot nach, als ob er bald zum wichtigsten Berater der Monarchin aufsteigen würde!

Er griff erneut nach dem Brief und las weiter. Es gab Neuigkeiten in der Familie und auch im Freundeskreis. „Es wird dich interessieren, dass John Jermaine in deiner Abwesenheit ein großes Vermögen und Ländereien von seinem Cousin Reginald geerbt hat“, berichtete der Vater. „Er residiert nun in Shelford House in London und ist häufig bei Hofe anzutreffen. Du würdest ihn kaum mehr wiedererkennen.“

Das war auch schon alles. Mary wurde mit keinem Wort erwähnt. Mit einem Seufzer der Enttäuschung warf Oliver den Brief auf den Tisch und öffnete den nächsten. Er stammte von William Cecil, der bereits während der Regentschaft der beiden letzten Monarchen die höchsten Ämter bekleidet hatte. Was veranlasste einen so bedeutenden Mann, ihm zu schreiben? Oliver wusste, dass Cecil in seiner Jugend mit seinem Vater befreundet gewesen – doch was hatte das schon zu bedeuten? Zu seiner Überraschung bot auch William Cecil ihm eine Stellung bei Hofe an – in diesem Fall in seinem Gefolge.

… Selbst wenn Ihr Euch gegen das Angebot entscheidet, solltet Ihr mich nach Eurer Rückkehr aufsuchen. Schon bald wird die neue Königin ihre Regentschaft beginnen, und für einen Mann, den Nicholas Grantly so wertschätzt, dass er ihn bat, seinen Sohn an die Höfe Europas zu begleiten, bieten sich viele Möglichkeiten.

Nein, er würde nicht auf Cecils Angebot eingehen, da es sich dabei wahrscheinlich nur um ein taktisches Manöver handelte. Doch eines wurde ihm immer deutlicher bewusst: Der Machtwechsel bot ihm ganz neue Chancen, und er war gerade zur rechten Zeit nach England zurückgekehrt, um sie zu nutzen. Mit etwas Glück würde er seiner geliebten Mary ein weit besseres Leben bieten können, als sie es sich ursprünglich ausgemalt hatten.

Er würde sich bald bei Lord Robert vorstellen, aber vor allem wollte er seiner Angebeteten so rasch wie möglich einen Besuch abstatten, um ihr von den großartigen Neuigkeiten zu berichten.

1. KAPITEL

Penelope saß in jenem Zimmer, das ihr Vater neuerdings als Bibliothek bezeichnete. Es war ein ziemlich kleiner Raum mit einem Eichenschrank an einer Wandseite, in dem einige Bücher und Manuskripte aufbewahrt wurden. In der väterlichen Abwesenheit arbeitete sie an seinem Schreibtisch und übersetzte Livius’ „Geschichte Roms“ aus dem lateinischen Original. Als sehr junges Mädchen war sie zwei Sommer lang in den Genuss gekommen, am täglichen Unterricht Elizabeths auf dem Landsitz der Prinzessin teilzunehmen, der auf deren Wunsch von verschiedenen Gelehrten erteilt wurde.

Diese wenigen Wochen gehörten zu den glücklichsten, an die Penelope sich erinnern konnte. Im Anschluss hatte sie sich eifrig bemüht, das in so kurzer Zeit Gelernte zu festigen und zu vertiefen. Immerhin würde sie als Hofdame der Queen vielleicht die Gelegenheit erhalten, erneut einem der Gelehrten zu begegnen, deren Unterweisungen sie so bereichert hatten.

Der Rest der Familie war zu einem Besuch aufgebrochen. Sie hatte gebeten, zu Hause bleiben zu dürfen, um ein paar guten Freundinnen zu schreiben, die sie zurückgelassen hatte, als sie nach London umgezogen waren. Dabei hatte sie nicht gelogen, denn sie hatte ihren Livius erst geöffnet, nachdem die Briefe versiegelt waren.

Das zweimalige Klopfen an der Tür, das zweifellos von Brewster stammte, verstörte sie. Offenkundig wollte er sich damit von den anderen Bediensteten abheben, denen lediglich ein Klopfen gestattet war. Allerdings konnte sich Penelope beim besten Willen nicht vorstellen, was der Majordomus ihr mitzuteilen hatte.

„Herein!“, rief sie und senkte die Feder.

Und schon trat er ein und streckte den Amtsstab aus wie ein Schauspieler, der in einem Stück etwas Gewichtiges zu verkünden hat.

„Mistress, Ihr habt Besuch. Es handelt sich um Master Oliver Woodville. Er sagt, er sei gekommen, um Eurem Vater und Eurer Mutter seine Aufwartung zu machen und mit Mistress Mary zu reden. Ich teilte ihm mit, dass Eure Schwester, ebenso wie Euer Vater und Eure Mutter bedeutenden Freunden in Westminster einen Besuch abstatten.“ Er machte eine gewichtige Pause und hustete leise, bevor er weiterredete. „Ich hielt es für das Beste, ihm nichts Näheres über Mistress Mary zu berichten. Als ich erwähnte, dass Ihr zugegen seid, bat er mich, Euch um eine Unterredung zu bitten. Ich antwortete, dass ich mich erkundigen würde, ob Euch dies genehm sei.“

Genehm? Natürlich war es alles andere als das! Wenn sie einwilligte, Oliver in der Abwesenheit ihrer Schwester zu empfangen, blieb die leidige Pflicht, ihn von Marys gebrochenen Schwüren in Kenntnis zu setzen, an ihr hängen. Doch konnte sie ihn einfach mit der Begründung abweisen, dass es ihr nicht genehm war, damit Mary ihm die Wahrheit zu einem späteren Zeitpunkt selbst verkündete?

Nein, das konnte sie nicht. Denn hier war sie, und nichts rechtfertigte, ihn fortzuschicken, nachdem sie sich entschieden hatte, in ihrem Leben allein dem Gesetz der Aufrichtigkeit zu folgen. Doch was war für ihn schlimmer? Von Mary selbst zu vernehmen, dass sie ihn verraten hatte, oder aus dem Munde von Marys unwichtiger Schwester?

Seit dem Streit vor ein paar Tagen hatte Mary kein Wort mehr über ihre große Liebe von einst verloren. Oliver schien ganz und gar aus der Welt verschwunden, in der sie jetzt lebte. Sie war einzig damit beschäftigt, sich aufwendige Festtagskleider anfertigen zu lassen – eines für die Krönung und ein zweites für die Hochzeit mit Lord Castleford, die kurz nach der Inthronisation stattfinden sollte. Angesichts dieser Vorbereitungen blieb offenbar keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, welche Verletzung sie Oliver zufügte, indem sie ihre Liebesschwüre brach.

„Lasst Master Woodville eintreten“, sagte Penelope schließlich. Vielleicht würde ihr eine göttliche Eingebung zur Hilfe kommen, damit sie die richtigen Worte fand, wenn sie sich gegenüberstanden.

Brewster verbeugte sich und verschwand, um wenige Augenblicke später mit der lauten Ankündigung zurückzukehren: „Master Woodville, zu Euren Diensten, Mistress Penelope!“ Dann ließ er sie und Oliver allein zurück.

Als sie einander wiedersahen, hatten beide einen ganz ähnlichen Gedanken. Wie sehr sie sich beide verändert hatten! Oliver war ihr schon immer attraktiv erschienen, doch jetzt ließ die verbliebene Bräune aus Italien seine adlerhaften Züge noch stolzer wirken. Er war nach italienischer Mode gekleidet, die ihm ausgezeichnet stand. Der Schnitt der ganz in Schwarz und Gold gehaltenen Stoffe betonte seine breiten Schultern und die muskulösen Arme und Beine.

Allein bei seinem Anblick wurde Penelope ganz schwach. Wie konnte Mary nur einen so gut aussehenden Mann zurückweisen und stattdessen einen fetten und unansehnlichen Kerl wie Castleford heiraten, dessen Jugend lange zurücklag? Offensichtlich fiel es ihrer Schwester nicht schwer, denn Castleford war ein Angehöriger des Hochadels, ein mächtiger Mann und einer von denen, die wie William Cecil die schwierigen Regentschaften von Henry VIII., Edward VI. und Mary überstanden hatten, ohne im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf zu verlieren. Das sagte fraglos etwas über ihn aus, auch wenn sie nicht genau wusste, was.

Penelope stellte sich oft in aller Stille derlei bohrende Fragen, die nur schwer zu beantworten waren. Nun hoffte sie, dass Oliver ihr nicht anmerkte, dass ihr gerade verwirrende Gedanken durch den Kopf schossen.

Was Oliver betraf, hatte er Penelope als ein kleines, dünnes Mädchen in Erinnerung, das ihn mit großen, glänzenden Augen angesehen hatte, wann immer er gekommen war, um Mary zu besuchen. Sie war damals sehr ruhig gewesen, so ruhig, dass es beinahe etwas Verstörendes gehabt hatte. Es war ihm vorgekommen, als ob sie schon in jenen jungen Jahren jede Person, die ihr begegnete, genau zu ergründen suchte – auch ihn. Mit ihm hatte sie allerdings immer bereitwillig geredet.

Nun war sie sehr gewachsen, wenn sie auch nicht ganz so groß wie ihre Schwester war. Der kluge und forschende Blick war ihr geblieben. Ihr Haar, oder genauer gesagt das, was davon unter ihrer Haube hervorlugte, war dunkelbraun mit goldenen Strähnen. Auch wenn sie nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprach, beeindruckte ihn ihre Erscheinung. Die Magerkeit des jungen Mädchens hatte sie abgelegt, und ihre Gestalt und das Gesicht erinnerten ihn an die vielen klassischen Frauenstatuen, die er auf seiner Reise gesehen hatte.

Sie winkte ihn zu einem großen Armstuhl und nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz, nachdem er sich vor ihr verbeugt hatte.

„Ihr seid groß geworden, Mistress Penelope“, sagte er, weil ihm nichts anderes in den Sinn kam. Er erinnerte sich, dass sie ihn schon als Kind gebeten hatte, ihr stets nichts als die Wahrheit zu erzählen.

Sie lächelte, und dieses Lächeln verwandelte das sonst so ernste Gesicht und ließ es erstrahlen. „Das ist nicht überraschend, Master Woodville, da unsere letzte Begegnung ein paar Jahre zurückliegt und ich damals noch nicht ausgewachsen war.“

„Das stimmt“, entgegnete er. „Und ich, Mistress Penelope, habe ich mich auch verändert?“

Einen Moment lang betrachtete sie ihn. „In der Tat. Ihr seid als Junge fortgegangen und als Mann zurückgekehrt.“

Es war die beste Antwort, die ihr einfiel, um nicht zu verraten, wie sehr sein Anblick sie beeindruckte. Schon als Kind hatte sie ihn heimlich bewundert, auch wenn sie zögerte, es als Liebe zu bezeichnen.

Wie dem auch sei, er hatte jetzt etwas Respekteinflößendes an sich, was noch vor drei Jahren nicht der Fall gewesen war. Wenn sie ihn ansah, musste sie an die ritterlichen Helden an König Artus’ Hof denken.

Oliver lachte. „Ihr wart schon als Kind sehr ehrlich, daher werte ich Eure Aussage als Kompliment.“

Penelope schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Ganz wie Ihr möchtet“, erwiderte sie.

„Ja, das möchte ich“, sagte er, obgleich er lieber mit der älteren und nicht der jüngeren Schwester gescherzt hätte.

„Überdies möchte ich Euch bitten, Mary von meinem Besuch zu unterrichten und ihr auszurichten, dass ich morgen wiederkomme, damit wir unsere gegenseitigen Versprechungen erneuern und schon bald heiraten können.“

Als er von Mary sprach, wirkte er so erwartungsvoll wie der stürmische junge Mann, der England vor einigen Jahren verlassen hatte. Penelope empfand tiefstes Mitleid. Doch was es auch kostete, sie musste ihm die Wahrheit sagen. Es war grausam, ihn in dem irrigen Glauben zu belassen, Mary würde ihn so rasch wie möglich zum Mann nehmen.

Bei diesem Gedanken musste sich ihre Miene verändert haben, denn er blickte sie beunruhigt an und sagte: „Geht es Euch gut, Penelope? Einen Moment lang habe ich gedacht, Ihr würdet ohnmächtig werden.“

Sie schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut, aber Oliver, es gibt etwas, das ich Euch sagen muss.“

„Mary!“, rief er aus. „Sagt mir nicht, dass sie krank ist!“

„Nein, das ist es nicht. Ich weiß kaum, wie ich die rechten Worte finden soll …“ Sie hielt inne. „Lasst mich nach Brewster läuten, damit er Euch ein Glas Wein bringt, bevor ich es Euch erzähle.“

Oliver starrte sie an. Voller Hoffnung, Mary wiederzusehen, war er an diesem Tag aufgebrochen. Doch stattdessen fand er nur ihre jüngere Schwester vor, die ihn anblickte, als ob in der Familie ein Todesfall zu beklagen wäre.

„Nein!“, rief er ungewöhnlich heftig aus. „Vielen Dank, ich möchte nichts trinken. Teilt mir einfach mit, was Ihr zu sagen habt.“

„Nun gut, es ist folgendermaßen: Mary ist mit William Vassall, Earl of Castleford, verlobt. Die öffentliche Ankündigung ist bereits erfolgt, und die Eheschließung soll zu Beginn des neuen Jahres kurz nach Elizabeths Krönung erfolgen.“

Penelope wusste, dass sie Oliver einen schweren Schlag versetzt hatte. Er wurde kreidebleich.

„Nein, ich glaube Euch nicht“, sagte er schließlich. „Und wenn es stimmen sollte, muss ihr Vater sie gegen ihren Willen zu dieser Verbindung gezwungen haben.“

Die Wahrheit. Sie hatte sich geschworen, immer bei der Wahrheit zu bleiben, auch wenn es ihr diesmal besonders schwerfiel.

„Die Verbindung ist mit Marys voller Zustimmung erfolgt. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Es ist an ihr, Euch die Gründe zu nennen.“

Er wandte sich von ihr ab, trat an das geöffnete Fenster und blickte hinaus auf einen Garten, an dessen Ende die Themse vorbeifloss. Er hatte eine junge Frau zurückgelassen, die nur über bescheidene Mittel verfügte und sich glücklich zu schätzen schien, ihn zu heiraten. Nun, da er heimgekehrt war, musste er feststellen, dass ihre Familie weit aufgestiegen war und sie einer Ehe mit einem mächtigen Aristokraten den Vorzug gab.

Vor Schmerz verzog er das Gesicht, drehte sich zu Penelope um und rief: „Sagt Ihr mir auch wirklich die Wahrheit? Ich kann einfach nicht fassen, dass Mary um eines anderen willen ihr Versprechen bricht.“

„Ich würde Euch gewiss nicht anlügen“, beteuerte Penelope entschieden.

„Verzeiht“, bat er sie um Entschuldigung. „Es war falsch von mir, Euch der Lüge zu bezichtigen. Dennoch muss ich selbst mit ihr sprechen und aus ihrem Munde hören, was geschehen ist.“

Es fiel ihm sichtlich schwer zu glauben, dass Mary ihn fallen gelassen hatte. Trotz seiner stoischen Haltung spürte Penelope seinen tiefen Schmerz, und in diesem Moment erkannte sie noch etwas anderes: dass sie ihn immer geliebt hatte. Doch da er der Verehrer ihrer Schwester gewesen war, hatte sie sich nie die geringsten Hoffnungen gemacht.

Und nun bestand erst recht keine Hoffnung mehr. Da sie ihm die Wahrheit offenbart hatte, würde er sie stets mit diesem furchtbaren Schmerz in Verbindung bringen.

„Ich bin mir sicher, dass Mary Euch wiedersehen möchte“, entgegnete sie.

„Möchte sie das?“ Er lächelte bitter. „Bitte verzeiht mir, wenn ich mich umgehend verabschiede.“

„Da gibt es nichts zu verzeihen“, antwortete sie. Noch während sie sprach, waren von draußen Schritte und Stimmen zu vernehmen. Höchstwahrscheinlich kamen die Eltern und die Schwester von ihrem Besuch zurück. Folglich würde Oliver sofort mit Mary zusammentreffen und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt.

„Eure Eltern und Mary kommen gerade zurück, nicht wahr?“, fragte er. Ihm war bewusst, dass es sich um eine dumme Frage handelte, deren Antwort er längst kannte. Doch fühlte er sich unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Die vollkommen unerwartete Nachricht, dass Mary ihn für einen anderen verlassen hatte, erschütterte ihn schwer. In Rom hatte er seinen besten Freund Harry verloren, und nun, zurück in England, verlor er auch noch die Frau, die er liebte.

Penelope war aufgestanden. „Ich werde meinem Vater und meiner Mutter – und Mary – mitteilen, dass Ihr zu Besuch seid. Bleibt am besten einfach hier.“

Er nickte nur stumm. Einen Augenblick allein zu sein, würde ihm helfen, seine Gedanken zu ordnen und die Fassung zurückzugewinnen. Er wollte für das Wiedersehen mit Mary so gut es ging gerüstet sein. „Ja, das wird das Beste sein“, sagte er.

Er blickte aus dem Fenster, als Penelope das Zimmer verließ. Kaum war er allein, ging er zum Schreibtisch und starrte auf das Buch, bei dessen Lektüre er sie gestört hatte. Es handelte sich nicht um seichte Poesie oder eine höfische Romanze, sondern um Livius’ „Geschichte Roms“. Noch dazu las sie das Buch offenbar problemlos im lateinischen Original, denn sie hatte sich Notizen dazu auf Latein gemacht, die sie vielleicht später verwenden wollte.

Oliver ballte die Hände zu Fäusten. Wenigstens Penelope war sich selbst treu geblieben, auch wenn es nur um das Verlangen ging, möglichst viel zu lernen. Mary hatte sie immer deswegen verspottet. Gerade die Beständigkeit, die sie so sehr von Mary unterschied, erzürnte ihn. Daher fiel es ihm besonders schwer, sich zu beherrschen, als sich kurz nach dem Erscheinen des übereifrigen Brewster erneut die Tür öffnete und Mary mit ihren Eltern das Zimmer betrat.

„Wie schön, Euch wiederzusehen, Master Woodville“, begrüßte ihn John Jermaine leutselig. „Ich habe erst kürzlich erfahren, dass Ihr zurückgekehrt seid, und bin hocherfreut, dass Ihr uns spornstreichs einen Besuch abstattet. Aber zunächst möchte ich Euch mein Beileid zum Verlust Eures Freundes Harry Grantly aussprechen. Das muss ein sehr trauriges Ende Eurer Reise gewesen sein.“

Oliver fiel auf, dass sich Mary entgegen ihrer früheren Gewohnheiten im Hintergrund hielt. Ihre Mutter lächelte ihn an.

„Ich danke Euch für Euer Mitgefühl“, erwiderte er knapp. „Ich freue mich, dass Ihr wohlauf seid und Euch in meiner Abwesenheit großes Glück zuteilwurde. Ich möchte Euch dazu gratulieren. Sofern ich nicht falsch unterrichtet bin, ist Mistress Mary jetzt mit Lord Castleford verlobt, was mich zutiefst überrascht hat.“

Alle drei blickten ihn erstaunt an. Selbst Mary hatte die Unverfrorenheit, Verwunderung über seine Worte zur Schau zu tragen.

John Jermaine räusperte sich, bevor er sagte: „Was überrascht Euch denn bitte an dieser freudigen Neuigkeit, Master Woodville? Meiner Tochter steht es doch frei zu heiraten, und erst recht jemanden, der ein solches Ansehen genießt wie Lord Castleford.“

„Ich denke, dass Mistress Mary bereits durch die feierlichsten Schwüre an einen anderen gebunden war, bevor sie Lord Castleford überhaupt begegnet ist, und ihn deshalb nicht heiraten kann“, erwiderte Oliver frostig.

Nach dieser deutlichen Erklärung zeigte sich auf den Mienen der drei Jermaines eine noch größere Verwunderung.

„Ich hatte erwartet, Ihr würdet uns dazu beglückwünschen, dass meiner Tochter solche Ehre zuteilwird“, sagte der Hausherr und senkte bedrohlich die Stimme. „Was meint Ihr denn mit Eurer Andeutung, sie sei bereits einem anderen versprochen, Sir?“

„Wie Mistress Mary nur zu gut weiß, haben sie und ich Ringe getauscht, bevor ich mich auf die Reise begeben habe – als Unterpfand für das gegenseitige Versprechen, dass wir bei meiner Rückkehr Mann und Frau werden würden.“

Er streckte Marys Vater die linke Hand entgegen. „Hier, Master Jermaine, ist der Ring, den sie mir gab.“

Agnes Jermaine unterdrückte einen Aufschrei, ob aus Bestürzung oder aus einem anderen Grund, ließ sich nicht sagen. Mary wollte das Wort ergreifen, doch ihr Vater kam ihr zuvor.

„Sir, was Ihr da sagt, ist blanker Unsinn! Weder Ihr noch Mary habt mich davon in Kenntnis gesetzt. Eine solche Übereinkunft, die ohne Zeugen und elterliche Einwilligung stattgefunden hat, ist nicht von Belang. Mary, mein Kind, spricht dieser Mann die Wahrheit? Ich kann nicht glauben, dass du mich getäuscht haben könntest – selbst wenn er sich erdreistet, solche Behauptungen aufzustellen.“

„Sag deinem Vater die Wahrheit, ich bitte dich darum, Mary“, forderte Oliver sie auf. Angesichts ihrer kalten Gleichgültigkeit fiel es ihm schwer, die Beherrschung zu wahren.

Mary lächelte. „Lieber Master Woodville … Oliver, was soll ich dazu sagen? Was zwischen uns geschah, bevor Ihr aufbracht, war nichts als ein Spiel, wie Kinder es eben spielen. Wir tauschten miteinander wertlosen Tand aus, ohne unseren Eltern etwas davon zu erzählen. Solche Spiele haben wir doch damals jeden Tag gespielt oder nicht, Oliver? Und nie haben wir uns etwas Ernsthaftes dabei gedacht.“

„Ich habe nicht mit dir gespielt“, sagte Oliver ruhig.

Angesichts der Unwahrheiten, die sie ihren Eltern erzählte, war sein Zorn verflogen und einer tiefen Traurigkeit gewichen. Nie wieder würde er einer Frau vertrauen! Er konnte ihrem Vater schwören, dass er vor seinem Aufbruch bei ihm um Marys Hand hatte anhalten wollen, sie ihn indes überredet hatte, damit bis zu seiner Rückkehr zu warten. Doch was würde das schon nützen? Sein Wort stand gegen das ihre. Die glühende Liebe, die er für sie empfunden hatte und die ihm in der Fremde Kraft verliehen hatte, verfiel zu Staub und erlosch angesichts ihrer Verlogenheit.

Angewidert zog er den Ring vom Finger, den er so oft zärtlich betrachtet hatte und der ihm stets das Gesicht der Angebeteten und ihre Gestalt vor Augen geführt hatte. „Ich mag dir inzwischen nichts mehr bedeuten, aber ich möchte, dass du ihn behältst.“

Mary achtete nicht auf seine ausgestreckte Handfläche, auf die er den Ring gelegt hatte, und schüttelte nur den Kopf. „Nein, ich habe dafür keinerlei Verwendung. Behaltet ihn als Erinnerung an die glücklichen Tage unserer Kindheit.“

Oliver erstarrte. „Bei meiner Treue schwöre ich, ihn nicht behalten zu wollen! Und die glücklichen Tage, von denen du da redest, stehen für mich von nun an für Betrug.“ Er ging zu dem Schreibtisch, hinter dem Penelope ihren Livius gelesen hatte, und legte den Ring darauf ab.

„Sir und Ladies, ich wünsche Euch noch einen guten Tag. Und Mistress Mary, ich vertraue darauf, dass die Zeiten kommen werden, in denen Gott Euer Verhalten angemessen belohnt.“

Er verbeugte sich und schritt auf die Tür zu.

John Jermaine versuchte, ihn aufzuhalten. „Lasst uns nicht im Streit auseinandergehen. Schließlich war es doch lediglich ein Missverständnis unter Kindern.“

„Nein“, widersprach Oliver, bevor er die Klinke ergriff. „Mary war längst kein Kind mehr, als wir einander die Treue schworen.“

Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, wandte sich Agnes Jermaine an ihre Tochter. „Mary, bitte sag mir, ob du die Wahrheit gesprochen hast. War es wirklich nichts als ein Kinderspiel?“

Ihr Gatte ließ nicht zu, dass sie sich einmischte. „Lass es gut sein, und belästige unsere Tochter nicht mit diesen dummen alten Geschichten …“

Mary, die vollkommen ungerührt wirkte, unterbrach ihn. „Natürlich habe ich euch die Wahrheit erzählt!“ Sie ging zum Schreibtisch und hielt Olivers Ring in die Höhe. „Ebenso wie der meine nur Tand gewesen ist, ist auch dieser hier völlig wertlos. Daran könnt ihr ersehen, dass es niemals ernsthaft um eine Verlobung gegangen ist. Ich gehe reinen Herzens und reinen Gewissens die Ehe mit Lord Castleford ein. Oliver wünsche ich nur das Beste, und dass er es demnächst nicht mehr so ernst nimmt, wenn er mit einem jungen Mädchen tändelt.“

Mit diesen Worten warf sie den Ring verächtlich zurück auf den Schreibtisch.

Agnes Jermaine öffnete und schloss den Mund. Sie ahnte, dass in Olivers Vorwürfen deutlich mehr Wahrheit steckte, als die Tochter zugeben wollte. Doch die Miene ihres Mannes gebot ihr zu schweigen. Der Wunsch, Mary als Braut von Lord Castleford zu sehen, überwog bei ihm alle Bedenken. Aus seiner Sicht hatte sich das Schicksal der ganzen Familie zum Guten gewendet.

„Ich möchte kein Sterbenswörtchen mehr von Master Woodville und seinen Behauptungen hören. Meiner Meinung nach hat er von der bedeutenden Mitgift unserer Tochter erfahren. Daraufhin hoffte er, das Vermögen an sich reißen zu können, indem er irgendeine kindische Begebenheit aufgebläht hat, wie sie eben zwischen jungen Leuten vorkommt, bevor sie erwachsen werden. Und nun lasst uns essen. Mary, mein Liebling, gräme dich bitte nicht.“

Mary täuschte ein verschämtes Lächeln vor. „Nein, Vater, ich schwöre dir, dass ich den unerfreulichen Vorfall bereits vergessen habe.“

„Gutes Mädchen“, lobte er sie. „Und nun lasst uns zu Tisch gehen.“

Penelope saß auf einer Bank im großen Vestibül. Sie hatte sich geweigert, ihre Eltern und Mary in die Bibliothek zu begleiten, und gesagt, sie habe schon lange genug mit Oliver Woodville geredet.

Es wunderte sie nicht, als sie ihn weiß im Gesicht und mit grimmiger Miene aus der Bibliothek kommen sah. Ebenso wenig überraschte es sie, dass er wortlos an ihr vorbeischritt, als ob sie Luft wäre. Schließlich war sie die Überbringerin der schlechten Nachricht gewesen. Brewster eilte vergeblich hinter ihm her, um ihn dem Gebot der Höflichkeit gemäß zur Tür zu begleiten.

Wenige Augenblicke später verließen ihre Eltern und Mary die Bibliothek. Der Vater blieb vor ihr stehen.

„Komm, mein Kind. Es ist Zeit zu speisen. Durch den unerwünschten Besuch hat sich unser Mahl verspätet.“

Oh, so war das also! Oliver war nichts als ein unerwünschter Besucher!

Sie stand auf. „Entschuldigt bitte, Vater und Mutter, aber ich verspüre keinerlei Appetit.“ Zweifellos würde ihr das Essen im Halse stecken bleiben.

Ihr Vater zuckte mit den Schultern. „Ganz wie du möchtest.“

Sie knickste und mied Marys höhnischen Blick, was ihr jedoch nicht half, denn ihre Schwester sagte: „Vermutlich willst du lieber die Totenglocken für Oliver Woodville läuten, als mit uns zu speisen.“

Penelope konnte über diese Gefühllosigkeit nur den Kopf schütteln. Sie entfernte sich von den dreien, um als Einzige in der Familie einem Freund nachzutrauern, den sie seit vielen Jahren kannten und der nun kein Freund mehr war.

Livius war dem Essen eindeutig vorzuziehen. Sie kehrte in die Bibliothek zurück, nahm hinter dem Schreibtisch Platz und entdeckte Olivers Ring, den Mary achtlos auf die aufgeschlagenen Seiten des Buches hatte fallen lassen.

Als sie das Schmuckstück an die Lippen hob und es küsste, füllten sich ihre Augen mit Tränen. Dann ließ sie es behutsam in den kleinen Beutel gleiten, der am Gürtel an ihrer Taille hing. Mary schien den Ring nicht zu wollen, aber sie würde ihn nicht nur als Symbol für einen großen Verlust, sondern auch als Talisman in Ehren halten.

Solange sie lebte, würde sie Oliver in Erinnerung behalten. Und es kam ihr noch etwas anderes in den Sinn. Homers Penelope, nach der sie benannt worden war, hatte viele lange Jahre geduldig darauf gewartet, dass ihr Gatte und Geliebter Odysseus aus den Trojanischen Kriegen zu ihr heimkehrte.

2. KAPITEL

Ich dachte, dass Euer Wanderleben ein Ende hätte, seit wir dieses vermaledeite Frankreich hinter uns gelassen haben, Master Woodville“, murrte Gibs. Er hatte seinem Herrn zunächst die Kleidung für den Tag herausgelegt, und jetzt begann er, eine kleine Reisetruhe zu packen, um den Besuch in Hatfield vorzubereiten. Dort hielt sich Lord Robert Dudley als Mitglied des Hofstaats der neuen Queen auf, deren Halbschwester am 17. November gestorben war.

„Ich habe große Lust, das vermaledeite London hinter mir zu lassen, also halte den Mund, außer du willst hier als Küchenlakai mit der Bezahlung eines Küchenlakaien zurückbleiben!“, fuhr Oliver seinen Leibdiener an. Seit Mary nichts mehr von ihm wissen wollte, war er schlechter Laune.

Was ist denn dem über die Leber gelaufen? fragte sich Gibs insgeheim. Er hatte sich stets glücklich geschätzt, einem so freundlichen Zeitgenossen wie Master Woodville zu dienen. Master Grantly war ein recht hochmütiger Mensch gewesen, von Master Bevis Frampton ganz zu schweigen! Doch seit sie sich in London aufhielten, schien Master Oliver nicht mehr er selbst zu sein.

Oliver, der sich für seine aufbrausende Art in den letzten Tagen selbst hasste, hatte beschlossen, Lord Roberts Angebot anzunehmen und in seine Dienste zu treten. Je weiter er von Mary Jermaine entfernt war, desto besser. Es tat ihm leid, dass er Gibs angeschnauzt hatte, denn der Mann war ein guter Kerl, der ihm sehr geholfen hatte, die schlimmsten Tage nach Harrys Tod zu überstehen. Er nahm sich vor, sich künftig zusammenzureißen, und mit etwas Glück würde ihn der Wechsel der Umgebung in eine bessere Stimmung versetzen.

Auch dass er an der armen Penelope grußlos vorbeigeschritten war, als er das Haus der Jermaines verlassen hatte, tat ihm im Nachhinein leid. Schließlich war es nicht ihre Schuld, dass ihre Schwester ein treuloses Luder war. Als Gentleman, der stolz darauf war, sich gegenüber anderen anständig zu verhalten, hätte er sich wenigstens kurz von ihr verabschieden müssen.

Doch was geschehen war, war geschehen. Er würde die Chancen nutzen, die sich durch den Thronwechsel ergaben, und von nun an versuchen, an seinem persönlichen Aufstieg zu arbeiten.

Er grübelte noch immer intensiv darüber nach, als er am folgenden Tag in Hatfield darauf wartete, zu Lord Robert vorgelassen zu werden. Ein betagter Diener hatte ihn in ein Vorzimmer geführt, in dem sich nicht einmal eine Sitzgelegenheit befand.

„Er weilt gerade bei Ihrer Königlichen Hoheit, aber sobald es ihm passt, wird er Euch zu sich rufen“, hatte der Mann gesagt, nachdem Oliver ihm von Lord Roberts Aufforderung berichtet hatte, bei ihm vorstellig zu werden. Er hoffte inständig, dass Dudleys Angebot ernst gemeint war.

Schließlich tauchte der Diener wieder auf. „Lord Robert wird Sie jetzt empfangen. Bitte folgt mir.“

Er wurde in die Große Halle des Herrenhauses geführt. Am äußersten Ende saß Ihre Königliche Hoheit vor einem großen Fenster auf einem thronartigen geschnitzten Armstuhl. Ein großer dunkelhaariger Mann beugte sich über sie. Anscheinend flüsterte er ihr etwas Amüsantes ins Ohr, denn sie begann plötzlich zu lachen und klopfte ihm mit dem kunstvoll verzierten Fächer auf den linken Handrücken.

Prunkvoll gekleidete Männer und Frauen standen in der Nähe der beiden, doch Oliver richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die junge Frau – Englands neue Königin. Er hatte nicht gewusst, was ihn erwartete, aber was er sah, als er auf sie zuging, war bezaubernd. Sie war schlank und wirkte zart, hatte seidig glänzendes rotgoldenes Haar und ein Gesicht, das wie aus feinstem Porzellan wirkte, so vollkommen weiß war ihr Teint. Sie war keine Schönheit im herkömmlichen Sinne, so viel war klar, doch sie strahlte Anmut und Charakterstärke aus. Ihre Kleidung war kostbar – ein Traum aus golden und purpurrot gemustertem Brokat.

Sie wandte sich von dem Mann ab, der sie zum Lachen gebracht hatte, und schenkte Oliver ihre Aufmerksamkeit. Sie ergriff das Wort, bevor der Zeremonienmeister ihn ankündigen konnte.

„Pfui, Rob!“, sagte sie lachend. „Hör mit deinem scharfzüngigen Gerede auf und schenke dem jungen Mann Beachtung, der dich sprechen will. Wie heißen Ihr, Sir, und welche Angelegenheit führt Euch zu Lord Robert?“

Elizabeth redete äußerst freundlich mit ihm, denn der Besucher war ein wohlgestalteter, hochgewachsener Mann genau nach ihrem Geschmack. Und wenn er, gebe Gott, nicht nur über ein ansprechendes Äußeres, sondern auch noch über Verstand verfügte, stellte er eine hübsche Bereicherung für ihren Hof dar.

Oliver erfasste die Situation blitzschnell. Der Mann neben der Königin war also Lord Robert, mit dem er über seinen Vater entfernt verwandt war. Wie er sofort gemerkt hatte, war der Freund der Königin ungewöhnlich groß und gut aussehend, wobei ihn eine Aura von Überheblichkeit umgab, die an Arroganz grenzte. Er war noch kostbarer gekleidet als alle anderen Männer in der Großen Halle.

Oliver verbeugte sich tief vor den beiden bedeutenden Persönlichkeiten, bevor er antwortete. „Mein Name ist Oliver Woodville, Eure Königliche Hoheit. Mein Vater erhielt einen Brief von Lord Robert. Darin forderte er mich auf, mich bei ihm vorzustellen, wenn ich in seine Dienste treten möchte. Ich bin ein entfernter Cousin.“

„Ist das wahr, Rob?“, fragte die Königin ihren engsten Vertrauten.

„Ganz recht, Madam. Master Woodville ist in der Tat entfernt mit mir verwandt, auch wenn ich ihm heute das erste Mal begegne. Er ist in den letzten Jahren durch Frankreich und Italien gereist. Sir Nicholas Grantly hat ihn mir als einen ehrlichen und gebildeten Gentleman und ausgezeichneten Reiter empfohlen. Er würde sich hervorragend in meinem Gefolge machen, wenn er den Wunsch hegt, sich mir anzuschließen.“

Die Königin sah Oliver mit ihren ungewöhnlich blauen Augen an. „Was sagt Ihr dazu, Master Woodville? Möchtet Ihr meinem Lord Robert dienen?“

Oliver verbeugte sich erneut. „Mit Vergnügen, Madam.“

„Ausgezeichnet, Master Woodville.“ Sie schenkte ihm ein derart bezauberndes Lächeln, dass Lord Robert sie verärgert anstarrte. „Mein lieber Rob, du wirst deinen neuen Höfling sicher später in Ruhe befragen wollen. Nun soll er uns erst einmal Gesellschaft leisten und anschließend mit uns speisen. Master Woodville, fühlt Euch frei, die übrige Hofgesellschaft kennenzulernen.“ Sie winkte mit einer Hand in Richtung der vielen Männer und Frauen im Saal.

Oliver verbeugte sich und begab sich in die Menge. Einige musterten ihn argwöhnisch, weil die Königin ihm größere Aufmerksamkeit geschenkt hatte, als es bei ihnen je der Fall gewesen war. Er war froh, dass niemand ihn kannte oder genauer zuordnen konnte. Seit er nach England zurückgekehrt war, hatte sich viel für ihn verändert. Manchmal kam es ihm vor, als würde er in einer völlig neuen Welt leben.

Ein dicker Mann mittleren Alters, der beinahe so prachtvoll gekleidet war wie Lord Robert, trat auf ihn zu. „Woodville, habe ich das richtig verstanden?“, fragte er gelangweilt. „Wenn Euer Vater ebenfalls Oliver heißt, hat er während der Regentschaft des jungen Königs Edward irgendein unbedeutendes Amt bei Hofe bekleidet, oder irre ich mich?“

„Ich glaube ja, Sir?“ Oliver hatte das letzte Wort wie eine Frage klingen lassen, weshalb der fettleibige Höfling sich in barschem Tonfall an den Zeremonienmeister wandte. „Stellt uns einander vor, Mann!“

Der Gescholtene verbeugte sich eilfertig. „Mylord Castleford, ich habe die Ehre, Euch Master Woodville vorzustellen.“

Das war also der Earl of Castleford, den Mary heiraten würde! Diesen unansehnlichen Mann mit den weichlichen Gesichtszügen, der vom Alter her ihr Vater hätte sein können, zog sie ihm also vor! Oliver gab sich Mühe, den Mann ehrerbietig anzublicken, was ihm zu gelingen schien, denn der Kerl lächelte ihn an.

„Wie ich hörte, wart Ihr kürzlich in Rom und Paris. Daher habt Ihr vielleicht nicht erfahren, dass ich erneut heiraten werde – Mistress Mary Jermaine, die Tochter einer Familie, die einst zu Euren Nachbarn gehörte.“

„Dann kann ich Euch nur gratulieren und Euch eine glückliche Zukunft mit Eurer neuen Countess wünschen“, erwiderte Oliver zähneknirschend.

„Ich habe bereits dafür gesorgt, dass sie und ihre Schwester Mistress Penelope zu neuen Hofdamen der Queen ernannt werden. Sie werden im Charter House sein, wenn die Königin in ein paar Tagen dorthin umzieht“, fuhr Castleford fort. „Das ist eine bedeutsame Ehre für die jungen Damen, die sie gewiss sehr zu schätzen wissen.“

„Oh ja, davon ist auszugehen, Mylord“, log Oliver. Er war sich sicher, dass zumindest Penelope ein ruhiges Leben, weit von den Intrigen und dem Geschwätz des Hofes entfernt, bevorzugt hätte. Ihm wurde rasch bewusst, dass er noch oft würde lügen müssen, wenn er sich im Gefolge von Lord Robert bewähren wollte. Der Hof war kein Ort, an dem man Wahrheiten aussprechen konnte, ohne Schaden zu nehmen.

Das bestätigte sich auch, als Oliver ein vertrautes Gesicht entdeckte. Es war Bevis Frampton, der noch vor wenigen Tagen beteuert hatte, dass er nach Hause in den Norden aufbrechen würde.

Was zum Teufel tat er hier? Und weshalb hatte er beim Abschied gelogen?

Seinem Verhalten nach schien Bevis sich ebenso wenig zu freuen, ihn wiederzusehen.

„Was führt dich nach Hatfield?“, zischte er, nachdem Castleford sich einem anderen Gesprächspartner zugewandt hatte.

„Das könnte ich dich genauso gut fragen“, erwiderte Oliver. „Du hast mir doch erzählt, du würdest sofort nach Hause reisen, als wir anlegten.“

„Ich habe es mir anders überlegt“, entgegnete Bevis steif.

„Und ich bin hier, weil Lord Robert mich einlud – ein Grund, der meine Anwesenheit ausreichend erklären dürfte.“

Wortlos machte Bevis auf dem Absatz kehrt und entfernte sich. Oliver wunderte sich, weshalb seine Anwesenheit auf Hatfield Frampton derartig verstimmte.

In den folgenden Tagen hatte Oliver wenig Zeit, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Als einer von Lord Roberts Gentlemen war er voll und ganz damit beschäftigt, bei der Planung des Umzugs des königlichen Hofstaats ins Charter House zu helfen. Überdies war Lord Robert rasch aufgefallen, dass sein neuer Gefolgsmann ausgezeichnet Französisch und Italienisch sprach und schrieb. Daher hatte er ihm die Aufgabe übertragen, sich um die Korrespondenz in diesen Sprachen zu kümmern.

Eines Morgens, als Oliver gerade im Charter House einen Brief des Herzogs von Mailand übersetzte, der kürzlich eingetroffen war, öffnete sich die Tür, und ein Diener trat ein.

„Master Cecil bat mich, Euch mitzuteilen, dass er Euch um drei Uhr heute Nachmittag sprechen möchte – sofern Ihr zeitlich nicht anderweitig gebunden seid, Master Woodville.“

„Richte Master Cecil aus, dass ich seinen Wünschen gemäß bei ihm erscheinen werde“, antwortete Oliver. Er erinnerte sich an den Brief, in dem Cecil ihm eine Anstellung in Aussicht gestellt hatte. Doch seit die neue Regentin William Cecil zu ihrem Secretary of State ernannt hatte, hatte er den Mann nur aus der Ferne zu Gesicht bekommen. Was konnte diese Vorladung zu bedeuten haben? Aus welchem Grund wollte William Cecil ihn, ein vergleichbar unbedeutendes Mitglied aus Lord Roberts Gefolge, so dringend sprechen?“

Er sollte es schon bald herausfinden. Master Cecil saß an einem langen Tisch, auf dem sich Dokumente und Papiere türmten, als ein Diener Oliver in das Arbeitszimmer des engsten Beraters der Königin führte. Der Secretary of State forderte ihn auf, vor dem aufwendig verzierten Kamin Platz zu nehmen, in dem ein wärmendes Feuer prasselte.

„Ich erinnere mich an Euren Vater als einen tiefsinnigen Mann von großem Verstand“, eröffnete er das Gespräch. „Ich hege die Hoffnung, dass Ihr ihm darin ähnelt. Mir kam zu Ohren, dass Ihr jetzt zum Gefolge von Lord Robert Dudley gehört.“

Oliver nickte. Er hatte längst bemerkt, dass sein Gönner und Master Cecil zerstritten waren. Der erfahrene Staatsmann schien die Freundschaft zwischen Lord Robert und der Queen mit Argwohn zu betrachten.

„Euch ist gewiss bewusst, dass nach der Krönung der Königin schwierige Zeiten vor uns liegen. Lord Robert hat entschieden, demnächst Dr. Dee zu konsultieren. Er soll ein astrologisches Diagramm erstellen, um den günstigsten Zeitpunkt für die Krönung zu ermitteln. Lord Robert scheint die Hoffnung zu hegen, dass daraus eine besonders lange und erfolgreiche Regentschaft für die neue Monarchin erwächst.“

Lag da Sarkasmus in Master Cecils Tonfall? Oliver war sich nicht sicher.

„Ich weiß, dass Euer Vater protestantischen Glaubens ist“, fuhr Cecil fort. „Daraus schließe ich, dass sein Sohn vom selben Schlag ist. Sagt mir, falls dies nicht der Fall sein sollte.“

„Wie der Vater, so der Sohn“, antwortete Oliver, der bei Hofe rasch gelernt hatte, nicht mehr als nötig zu antworten.

„Ausgezeichnet. Daher hoffe ich, dass der Sohn nicht zögert, mir Mitteilung zu machen, wenn er etwas bemerken sollte, das das Königreich oder die Person Ihrer Königlichen Hoheit bedrohen könnte.“

Die kluge und erfahrene Spinne – für die er Master Cecil hielt –, spann also ein Sicherheitsnetz um seine Herrin und bat die Fliege Oliver Woodville darum, in Lord Roberts Lager zu spionieren. Er würde gut daran tun, vorsichtig zu sein, um nicht zwischen den beiden mächtigen Gestalten zerquetscht zu werden.

„In der Tat, Sir“, antwortete er so gelassen wie möglich. „Sollte ich von etwas erfahren, das die Sicherheit des Königreichs oder der Queen bedroht, werde ich es umgehend melden. Bisher scheint mir alles in Ordnung zu sein.“

Master Cecil lächelte über die kluge Antwort. „Hervorragend. Ich sehe, dass Ihr Euch bereits an das Leben bei Hofe gewöhnt habt. Trinkt ein Glas Wein mit mir.“ Er schwieg einen Augenblick, reichte ihm einen Kelch und sagte dann: „Ich glaube, Ihr habt gemeinsam mit Master Bevis Frampton Europa bereist.“

Cecil glaubte es nicht, er wusste es! So viel war Oliver klar. Allerdings hätte er Bevis wahrhaftig nicht zum Begleiter gewählt, wenn er selbst darüber hätte entscheiden können.

„Ja“, bestätigte er, bevor er den Wein kostete, von dem Cecil sich ebenfalls eingeschenkt hatte. „Master Bevis Frampton war mit mir in Europa unterwegs, auch wenn er zu Master Grantlys Freunden und nicht zu meinen gehörte.“ Mehr sagte er nicht. Ihm war bewusst, dass der Mann, der ihm gegenübersaß, nichts unbedacht äußerte und mit seiner vagen Anspielung auf Bevis bestimmte Absichten verfolgte.

Oh, der junge Mann lernt wahrhaftig sehr schnell! Master Cecil musste beinahe grinsen. Er ließ es jedoch dabei bewenden, Oliver ein paar weitere Fragen zu stellen, um dessen Belesenheit zu überprüfen. Ebenso wie die Königin verfügte er selbst über eine hohe Bildung.

Auch dieser Überprüfung hielt der junge Woodville stand, bevor Cecil ihn mit den Worten entließ: „Ich vertraue darauf, dass Ihr nicht vergesst, worum ich Euch gebeten habe.“

Oliver schüttelte den Kopf. „Nein, Master Cecil. Ich werde meinem Land immer dienen – darauf könnt Ihr Euch verlassen.“

Der Gedanke, Lord Robert oder sonst einen Menschen auszuspionieren, behagte ihm gar nicht. Aber eines war gewiss. Er verabscheute Verrat, ganz gleich, wer dahintersteckte – Katholiken oder Protestanten, Männer oder Frauen, Adlige oder einfache Untertanen.

„Hattest du eine geheime Unterredung mit dem klugen alten Fuchs, Woodville?“

Es war Bevis Frampton, der ihm diese Frage stellte. Als Oliver Cecils Arbeitszimmer verlassen hatte, stand sein ehemaliger Mitreisender auf dem Gang – ob aus Zufall oder nicht, ließ sich schwer sagen. Doch zweifellos hatten Cecils Worte sein Misstrauen gegenüber jedem geschärft. Und weshalb hatte er ausgerechnet Bevis erwähnt? Verfolgt Bevis mich etwa? fragte sich Oliver. Allmählich gewann er den Eindruck, dass sich hinter jeder Ecke etwas Böses verbarg.

„Wir hatten ein kurzes Gespräch“, entgegnete er. „Er hat vor Jahren meinen Vater gekannt und wollte nun auch den Sohn kennenlernen.“ Das entsprach immerhin teilweise der Wahrheit.

„Ach ja, dein Vater ist Protestant – oder vielleicht gar nach beiden Seiten orientiert wie der alte Fuchs selbst.“ Bevis grinste höhnisch.

Oliver zuckte nur mit den Schultern und ging nicht auf die Bemerkung ein. „Du wirst Verständnis haben, wenn ich jetzt gehe. Ich habe eine Menge Arbeit zu erledigen.“

„Für den Verehrer der Queen, der König werden will, nehme ich an?“

Oliver würdigte ihn keiner Antwort und begab sich in sein Arbeitszimmer.

Würde Cecil eine saloppe Äußerung wie diese interessieren? Würde er sich überhaupt je an Master Cecil wenden, wenn ihm etwas verdächtig erschien? Und weshalb belästigte Bevis ihn plötzlich mit seinen arglistigen Äußerungen?

Diese Fragen beschäftigten ihn, bevor er sich wieder seinen Pflichten zuwandte. Lord Robert wollte, dass der Brief, mit dessen Übertragung er begonnen hatte, so schnell wie möglich in die englische Sprache übersetzt wurde.

In dieser Nacht wurde Oliver von einem seltsamen Albtraum geplagt. Aus irgendeinem Grund spukte der erbärmliche Bevis Frampton darin herum. Sie befanden sich im Kolosseum, und Harry bewunderte die Großartigkeit des antiken Gebäudes. Plötzlich starrte Bevis seinen Freund Harry ganz finster an. Im Traum wurde Oliver von einem heftigen Schüttelfrost erfasst. Der Himmel verdunkelte sich, das Frösteln wurde stärker. Mit einem Mal hellte sich alles auf, es ging ihm wieder gut, und er spazierte mit Penelope Jermaine über eine englische Frühlingswiese. Lächelnd streckte sie ihm ein Sträußchen Blauglöckchen entgegen. Er griff danach. Das Traumbild verschwand, er erwachte kurz und fiel dann in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

Am Morgen wusste er nur noch, dass er von Penelope geträumt hatte. Alles andere entzog sich seiner Erinnerung.

Autor

Carol Finch
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