Im Paradies der Leidenschaft

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Kelt Gillan ist wie gebannt von der zarten jungen Frau mit dem dunklen Haar und den unergründlichen grünen Augen. Die bezaubernde Lehrerin Hani weckt ein unwiderstehliches Verlangen in ihm. Obwohl er ein Prinz ist und sein Leben aus royalen Pflichten besteht, hat Kelt sich geschworen, nur aus Liebe zu heiraten. Kann Hani die Richtige sein? Sein Feriendomizil am tropischen Südsee-Strand wird für sie beide zum sinnlichen Paradies der Leidenschaft, beim Bad im türkisblauen Meer tauschen sie heiße Küsse. Aber Kelt spürt, dass Hani ihm etwas verheimlicht …


  • Erscheinungstag 22.03.2022
  • Bandnummer 062022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509589
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Lautes Trommeln erfüllte die stickige Tropennacht, und es übertönte fast die Gitarren. Mit leicht gequältem Lächeln blickte Hani Court von ihrem Standpunkt am anderen Ende des Festplatzes aus auf die lachende, singende Menge.

Die Dorfbewohner hatten sich mit typisch polynesischer Begeisterung in die Feierlichkeiten gestürzt und nutzten die Gelegenheit, um auf ihre Art der Gruppe von Ingenieurstudenten aus Neuseeland für die Instandsetzung des maroden Bewässerungssystems zu danken.

Zuerst hatte es ein Festessen gegeben, jetzt wurde getanzt. Von Hani, der Lehrerin an der Schule im Ort, wurde nicht erwartet, dass sie mitmachte.

Während sie diese wirbelnde, farbenfrohe Menschenmenge beim Tanzen verfolgte, überkamen sie schmerzliche Erinnerungen an ihre ferne Heimat Moraze. Dort tanzten Männer und Frauen die sanga unter dem gleichen riesigen silbernen Tropenmond wie hier. Sie versinnbildlichten Begehren, ohne einander jemals auch nur zu berühren.

Hier in Tukuulu war der Tanz durch und durch polynesisch, hatte aber mit der sanga die anmutigen Handbewegungen und die geschmeidige Sinnlichkeit der Tanzenden gemeinsam.

Vor sechs Jahren hatte Hani akzeptiert, dass sie nie wieder sanga tanzen, nie wieder mit ihrem Bruder Rafiq lachen, nie wieder über die wilden Grasebenen von Moraze reiten würde. Nie wieder hören würde, wie das Volk dem Herrscher und seiner Schwester, dem Mädchen, das sie ihre kleine Prinzessin nannten, zujubelte.

Nie wieder Begehren spüren würde …

Leider hieß Akzeptieren aber nicht, dass sie sich damit abfand. Voller Sehnsucht nach allem, was sie in ihrer Dummheit weggeworfen hatte, schaute sie sich um. Sie war nicht im Dienst, und niemand würde sie vermissen, wenn sie zurück zu ihrem Haus in der Lehrersiedlung schlich.

Ein leises Unbehagen trieb ihr einen Schauer über den Rücken. Sie atmete tief durch, und ihr wurde flau im Magen, als sie sich von stahlblauen Augen gemustert sah.

Sie stand wie gelähmt da und blinzelte. Der Mann überragte alle anderen, und seine breiten Schultern betonten seine Körpergröße, harte, wie gemeißelte Züge beherrschten sein absolut schönes Gesicht. Was ihn jedoch aus der überschwänglichen Menge hervorhob, war die Autorität, die er ausstrahlte.

Hani rührte sich nicht. Wer mochte er sein?

Sie unterdrückte den Impuls wegzulaufen, als der Fremde auf sie zukam, und errötete, als ihr bewusst wurde, dass er sie wohl aus sexuellem Interesse so ansah.

Okay, damit kam sie zurecht. Doch auf ihre Erleichterung folgte unmittelbar der Schock über die ungestüme Reaktion ihres Körpers.

Noch nie, nicht einmal als sie Felipe zum ersten Mal begegnete, hatte sie etwas Ähnliches wie dieses Aufwallen von heißen Gefühlen empfunden wie jetzt, als der Fremde näher kam. Hanis Haut kribbelte, plötzlich war sie alarmiert wie in Erwartung eines Angriffs.

Sie straffte sich und versuchte, ihr wild pochendes Herz unter Kontrolle zu bekommen.

Reg dich ab, sagte sie zu sich selbst. Er will wahrscheinlich nur tanzen. Gefolgt von einem leichten Flirt als Zeitvertreib für diesen Abend?

Dieser Gedanke beschleunigte ihren Puls bis ins Fieberhafte.

Vielleicht hielt er sie für eine Einheimische. Zwar war sie größer als die meisten Insulaner, doch ihr schwarzes Haar und ihre bronzefarbene Hautfarbe passten ins Bild.

Er blieb neben ihr stehen. Verwirrt und geschockt, meinte Hani, sein Lächeln bis in die Zehenspitzen zu spüren. Es knisterte vor Erotik, die der Aura von kontrollierter Macht, die ihn umgab, noch mehr Gewicht verlieh. Ahnungsvoll registrierte Hani, dass er von den meisten Frauen in ihrem Blickfeld mehr oder weniger offen beäugt wurde.

Feindseligkeit loderte in ihr auf. Er war ein Mann, der sich seiner starken maskulinen Anziehungskraft sehr sicher war.

Wie Felipe.

Doch es war nicht fair, ihm Felipes Untaten anzulasten …

Mit einer Stimme, die trotz des Lärms im Hintergrund jedes Wort klar verständlich herüberkommen ließ, sagte er: „Hallo. Ich bin Kelt Gillan.“

Bemüht, ihre Reaktion in den Griff zu bekommen, die einem Flächenbrand gleichkam, lächelte Hani distanziert, doch sie konnte ihn nicht einfach ignorieren.

Und sie vermochte auch nicht so zu tun, als wüsste sie nicht, dass ihr die Röte in die Wangen stieg, als sie zu dem Mann aufschaute und sah, dass er ihren Mund fixierte. Unter seinem allzu durchdringenden Blick liefen ihr heiße Schauer über den Rücken.

„Hannah Court“, sagte sie, in der Hoffnung, dass ihr unnahbarer Tonfall ihn abschrecken würde.

Natürlich ließ er sich nicht so leicht einschüchtern. Er zog eine schwarze Braue hoch. Zögernd streckte Hani ihm die Hand entgegen, die er mit festem Griff umschloss.

Hani schnitt ein Gesicht.

„Habe ich Ihnen wehgetan?“, fragte er und runzelte die Stirn.

„Nein, nein, überhaupt nicht.“

Sie musste sich gewaltig zusammenreißen, um ihm nicht ihre Hand zu entziehen. Seine Finger waren warm und kräftig. Es war die Hand eines hart arbeitenden Mannes.

Ein Gefühl wie ein Stromschlag durchfuhr sie so heftig, dass es ihren Verstand lähmte und ihr nichts mehr zu sagen einfiel.

Rettung kam von der Band, denn unvermittelt setzten Trommeln und Musik aus. Die Tänzer hielten inne und zogen sich an den Rand der Tanzfläche zurück.

Der Fremde blickte über Hanis Kopf hinweg und kniff die Augen zusammen, als Hani die Sprache wiederfand und sagte: „Die Stammesältesten sind gekommen. Die Höflichkeit gebietet es, jetzt still zu sein.“

Er sah nicht wie jemand aus, dem die Rituale der polynesischen Gesellschaft am Herzen lagen, doch er nickte kurz und sah zu, wie die Männer und Frauen des aristokratischen Ältestenrats, der Tukuulu regierte, vorbeizogen.

Hani atmete tief ein. Die Wortführer würden nach allen Regeln der Redekunst der Studentengruppe ihren Dank aussprechen, und in Tukuulu galt es als Affront zu gehen, während Ansprachen gehalten wurden. Deshalb war sie nun für einige Zeit an der Seite dieses Mannes gefangen, aber immerhin brauchte sie nicht mit ihm zu reden.

Sie zwang sich, den Blick auf die Mitglieder des Ältestenrats zu richten, der jetzt vor der Menge Aufstellung nahm, doch sie fragte sich gleichzeitig, woher der Mann kam und was er hier wollte. Zwar ließen seine Größe und die glänzenden stahlblauen Augen nordeuropäisches Erbe vermuten, doch seine dunkle Haut wies eher auf eine Herkunft aus dem Mittelmeerraum hin.

Nach etwa halbstündiger Redezeit musste Hani blinzeln, dann schloss sie die Augen, geblendet von dem grellen Licht der brennenden Fackeln.

Nicht hier, nicht jetzt, betete sie inbrünstig. Bitte nicht!

Vorsichtig öffnete sie die Lider wieder, musste die Augen aber sogleich wieder schließen, als die Flammen spitze Glassplitter schmerzhaft in ihr Gehirn zu schießen schienen. In ihren Schläfen pulsierte es heiß, und ihr Körper wurde schwer wie Blei.

Das Fieber war zurück.

Keine Panik, halte dich aufrecht. Wenn die Reden zu Ende sind, kannst du gehen.

Seit fast zwei Monaten, seit dem letzten Anfall, war sie so sicher gewesen, diesen elenden Bazillus endlich los zu sein. Als die Krankheit sie das letzte Mal befiel, hatte der Schuldirektor sie wissen lassen, dass der neuerliche Schub ein paar Monate der Erholung in einem gemäßigteren Klima für sie bedeuten würde.

Doch sie konnte nirgendwohin, denn sie hatte kein Geld …

Kelt Crysander-Gillan spürte überdeutlich die Gegenwart der stillen Frau an seiner Seite und konzentrierte sich auf die Ansprachen.

Schade, dass der Ältestenrat nicht noch wenigstens zehn Minuten mit seinem Auftritt gewartet hatte. Dann hätte er, Kelt, Zeit gehabt, sich angemessen mit der Frau mit dem faszinierenden Gesicht und dem reservierten Auftreten bekannt zu machen.

Als er den Kopf senkte, bemerkte er, dass sie ihn unter halb geschlossenen Lidern verstohlen ansah. Ihre Blicke begegneten sich, und sie presste die sinnlichen Lippen zusammen, wandte dann das Gesicht ab und bot ihm so eine gute Gelegenheit, ihr Profil zu betrachten.

Kelt richtete sein Augenmerk wieder auf den Redner, doch die zarten Linien von Stirn und Nase der Fremden, ihr energisches kleines Kinn und ihre gepflegte, schimmernde Haut hatten sich ihm fest eingeprägt.

Eine Insulanerin? Nein. Nicht, wenn ihre Augen wirklich so grün waren, wie sie ihm vorkamen. Und auch wenn ihr seidiges, glattes Haar samtig schwarz glänzte, bestätigte ihm doch ein Blick in die Runde, dass außer ihr keine einzige Bewohnerin von Tukuulu mit solchen rötlichen Lichtpunkten aufwarten konnte. Eine Lehrkraft? Vermutlich. Als er gekommen war, hatte er sie im Gespräch mit einer der Lehrerinnen gesehen.

Kelt hatte sich bereits vergewissert, dass sie keine Ringe trug.

Über eine Stunde nach ihrem Eintreffen nahmen die Mitglieder des Ältestenrats jetzt endlich Platz und gaben damit das Zeichen, dass die Festlichkeiten fortgesetzt werden konnten. Sogleich war die Luft erfüllt von Stimmengewirr, das schon bald vom Stakkato der Trommeln übertönt wurde.

In diesem Augenblick drehte sich die Fremde an Kelts Seite wortlos um und ging davon.

Ein ironisches Lächeln umspielte Kelts Mundwinkel, als er ihr nachschaute. So viel zu Kelt Gillans berüchtigter Sogwirkung! Er konnte sich nicht erinnern, dass jemals eine Frau ein Gesicht geschnitten hatte, wenn sie ihm die Hand schüttelte.

Er merkte auf, als sie plötzlich ins Stolpern zu geraten schien. Sie fing sich wieder und stand mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern da.

Unwillkürlich machte Kelt zwei Schritte in ihre Richtung, blieb aber stehen, als sie sich straffte und dann weiterging.

Doch irgendetwas stimmte da eindeutig nicht ganz, als sie die von Kokospalmen gesäumte Allee entlangging, denn sie torkelte mehr, als dass sie ging. Dann taumelte sie erneut, schaffte noch ein paar Schritte und ließ sich dann schwer gegen den Stamm des nächsten Baums sinken.

Kelt lief ihr nach. Als er in Rufweite war, fragte er: „Ist alles in Ordnung?“

Hani versuchte, sich zu straffen, als sie die tiefe, kühle, reservierte, sehr männliche Stimme hörte. Trotz ihrer Notlage glaubte sie ziemlich genau zu wissen, wem sie gehörte.

„Ja, danke“, erwiderte sie matt und bemerkte zu ihrer Beschämung, dass sie so nuschelte, als wäre sie betrunken. Wahrscheinlich wirkte sie insgesamt wie eine die zu viel getrunken hatte, so, wie sie sich an der Palme festhielt.

„Kann ich Ihnen irgendetwas holen?“ Dieses Mal klang es kurz angebunden und gereizt.

„Nein.“ Geh einfach weg, flehte Hani stumm.

„Liegt es am Alkohol oder an Drogen?“

Sie wünschte sich ihren gewohnten forschen, sachlichen Tonfall zurück, als sie flüsterte: „Weder noch.“

Hani schloss die Augen und versuchte, den Mann zu ignorieren, und konzentrierte sich darauf, sich möglichst aufrecht zu halten.

Kelt schnaufte angewidert. „Warum nur glaube ich das nicht?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, hob er sie wie ein Kind hoch und fragte: „Wohin wollen Sie?“

Sie wehrte sich gegen den Drang, aufzugeben und sich einfach seiner Fürsorge zu überlassen. Schließlich rang sie sich die Worte ab: „Da vorn … ins Haus.“

Er setzte sich schweigend und geschmeidig in Bewegung, doch als sie vor ihrer Haustür angelangt waren, musste Hani all ihre Energie darauf verwenden, sich lange genug zusammenzureißen, um ihre Medizin einnehmen zu können, bevor sie von ihren Albträumen eingeholt wurde.

„Wo ist Ihr Schlüssel?“

„T…Tasche.“ Ihre Lippen fühlten sich geschwollen und unbeweglich an. Deshalb sagte sie es noch einmal, doch es war nur ein undeutliches Murmeln. Hani meinte dunkel, ihn noch etwas sagen zu hören, doch die Worte schwirrten in ihrem Kopf herum.

Schüttelfrost ergriff ihren ganzen Körper. „Kalt … so kalt …“, murmelte sie.

Unbewusst kuschelte sie sich an den Mann, der sie im Arm hielt, auf der Suche nach ein wenig Wärme. Kelt versteifte sich unwillkürlich. Leise fluchend löste er die Tasche aus ihren schlaffen Fingern und nahm Hani fester in den Arm. „Schon gut“, beruhigte er sie. „Ich bringe Sie ins Haus.“

Sie schien ihn nicht zu hören. „N…Nachttisch“, lallte sie.

Sie zitterte so heftig, dass Kelt zu hören meinte, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Doch gleichzeitig glühte sie. Er spürte die Hitze durch die Kleidung hindurch.

Kelt stellte sie auf die Füße und stützte sie, als sie zusammenzusacken drohte. Dann schob er den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und nahm Hani wieder auf die Arme, nachdem er die Tür geöffnet hatte. In dem kleinen, spärlich möblierten Wohnzimmer tastete er nach dem Schalter und machte Licht.

In diesem Moment versteifte sie sich in seinen Armen und drehte den Kopf von der Lampe weg. Ihr Mund ruhte an Kelts Oberkörper, und durch die feine Baumwolle seines Hemds spürte er den Druck ihrer Lippen auf seiner Haut.

Grimmig versuchte er, die überwältigende Reaktion seines Körpers auf die unbeabsichtigte Berührung zu ignorieren.

In der Vermutung, dass die offene Tür ihm gegenüber ins Schlafzimmer führte, ging er darauf zu. Mit einem Blick erfasste er dort ein altes Klinikbett und eine wacklige Lampe auf der Kommode daneben, offenbar die einzige Lichtquelle.

Er bettete Hani auf die Tagesdecke und schaltete die Lampe ein. Diese stieß einen leisen Seufzer aus, der wie ein Schluchzen klang.

Im ersten Impuls wollte Kelt einen Arzt rufen, doch sie schlug die Augen auf. Es waren wunderschöne Augen mit dunklen Wimpern, und ja, sie waren grün.

Obwohl ihre Augen glasig waren und offenbar nichts wahrnahmen, faszinierten sie ihn.

„Tabletten.“ Ihre Stimme klang hoch und dünn. Sie runzelte die Stirn, und ihre Augen wirkten riesig in ihrem hektisch geröteten Gesicht. „O… oberste Schublade …“

Kelts Miene hellte sich ein wenig auf, als er dort das Tablettenröhrchen sah. Zwar war ihm der Name des Medikaments nicht bekannt, doch unter der sonderbaren Überschrift Gegen das Fieber war die Dosis klar beschrieben.

„Ich hole Ihnen Wasser“, sagte Kelt barsch.

Als er zurückkam, hatte sie die Augen wieder geschlossen und sich vom Licht abgewandt. Ihr Rock war hochgerutscht, sodass ihre langen, makellosen Beine zu sehen waren. Kelt biss die Zähne zusammen, als sich prompt Begehren in ihm regte. Schnell zog er das Kleidungsstück wieder hinunter.

„Hannah“, sagte er betont hart und gebieterisch und legte dabei den Handrücken auf ihre Stirn. Ihre Haut glühte. Vielleicht sollte ich lieber einen Arzt rufen, statt ihr die Medizin zu verabreichen, dachte er dabei.

Er entschied er sich doch für die Tabletten, dann würde er einen Arzt holen. „Machen Sie den Mund auf, Hannah.“

Nach ein paar Sekunden gehorchte sie. Er legte ihr die Tabletten auf die Zunge und sagte im gleichen Befehlston: „Hier ist das Wasser. Trinken Sie es aus.“

Sie bewegte sich reflexartig, tat aber, was Kelt verlangte, und trank gierig das Wasser und schluckte problemlos die Tabletten hinunter.

„Okay … Bald“, brachte sie sogar mit einem Seufzer heraus.

Kelt bettete sie wieder auf die Tagesdecke und streifte die flachen Sandaletten von ihren schmalen Füßen mit dem hohen Spann. Sie trug keine Strümpfe.

Zu seiner Überraschung stieß sie einen leisen Protestlaut aus. Dann hob sie eine Hand und tastete nach ihm, ließ sie aber sofort wieder sinken. Ihre langen, zarten Finger wurden schlaff, als ein neuerlicher Kälteschauer ihren schlanken Körper so heftig schüttelte, dass Kelt sich umdrehte und zur Tür lief. Die Fremde brauchte Hilfe, und zwar auf der Stelle.

Er hatte die Haustür schon fast erreicht, als er hinter sich ein Geräusch vernahm. Kelt machte auf dem Absatz kehrt und eilte zurück ins Schlafzimmer.

Sie war aus dem Bett gefallen und wand sich, während sie durch zusammengebissene Zähne ein leises, kehliges Stöhnen ausstieß.

Was mochte das für ein Fieber sein, das einen Menschen so schnell erfasste?

Als er sie aufhob, schmiegte sie sich sofort an ihn, als suchte sie unbewusst nach … Wonach? Trost?

„Es wird alles gut. Ich hole einen Arzt, sobald es möglich ist“, sagte er sanft und leise, als spräche er mit einem Kind.

„Hani“, flüsterte sie.

Honey? War das vielleicht ein Kosename, abgeleitet von Hannah? Auf jeden Fall hatte sie eine Hautfarbe, die an Honig erinnerte, und die selbst jetzt noch zart und seidenglatt schimmerte.

Er umfasste ihren nachgiebigen Körper fester und setzte sich auf die Bettkante, verwundert, dass die Umarmung ihre Unruhe zu besänftigen schien. Langsam, beinahe unmerklich ließ der heftige Schüttelfrost nach.

Doch als Kelt sie aufs Bett legen wollte, klammerte sie sich an ihn. „Bleib“, sagte sie mit so schwerer Zunge, dass sie kaum zu verstehen war. „Bleib. Bitte … Raf…“

Rafe? Ein Lover? Überrascht und irritiert durch eine heftige Regung, die doch wohl kaum Eifersucht sein konnte, sagte Kelt: „Schon gut, ich lasse Sie nicht los.“

Das schien sie zu beruhigen. Sie blieb still liegen, und ihre Atemzüge wurden regelmäßiger.

Kelt blickte in ihr schönes Gesicht. Sein Bruder Gerd würde lachen, wenn er ihn jetzt sehen könnte. Dieses kleine, kahle Zimmer hätte keinen stärkeren Kontrast zu der pompösen Zeremonie bilden können, der er gerade in Carathia beigewohnt hatte. Anlass war, dass ihrer beider Großmutter ihren Nachfolger Gerd dem Volk des kleinen Berglands an der Adria präsentieren wollte.

Sein Bruder wusste seit jeher, dass er eines Tages in Carathia regieren würde, und Kelt war von Herzen dankbar, dass das nicht sein Schicksal war. Sein Titel, Prinz Kelt, Herzog von Vamili, war ebenfalls bestätigt worden. Und das sollte dem unzufriedenen Murren in einigen Teilen der weniger gebildeten Landbevölkerung wohl ein Ende setzen.

Im vergangenen Jahr war ihre Großmutter, die Großherzogin von Carathia, an einer Lungenentzündung erkrankt. Sie hatte sich wieder erholt, doch sie hatte Gerd zurück nach Carathia beordert, in der Absicht, die Erbfolge für das immens reiche, kleine Land zu sichern. Die Zeremonien waren unter der Teilnahme von Mitgliedern von Königshäusern aus aller Welt und zahlreichen Staatenlenkern äußerst prachtvoll inszeniert worden.

Und unter der Teilnahme einer Schar von Prinzessinnen.

Kelt verzog zynisch den Mund und fragte sich, ob es seiner Großmutter glücken würde, ihren Erben mit einer von ihnen zu verheiraten.

Er glaubte es nicht. Durch die jahrhundertealte Tradition mochte Gerd noch so starken Sachzwängen unterliegen, aber seine Frau würde er sich schon selbst aussuchen.

Und wenn das geklärt war, würde er Kinder haben, die wiederum die Erbfolge sicherten. Bei dem Gedanken an eine alte Tradition in Carathia, die den Herrschern das Leben schwermachte, runzelte Kelt die Stirn. Kurz vor den Zeremonien hatte sie sich äußerst ungelegen wieder zurückgemeldet. Irgendwer hatte die uralte Geschichte vom zweiten Kind, dem wahren Auserwählten, wieder ans Licht gezerrt, und in den Bergen, wo die Menschen alten Überlieferungen anhingen, bildeten sich rebellische Grundströmungen heraus.

Zum Glück hatte Kelt seit seiner Kindheit nur wenig Zeit in Carathia verbracht, sodass Gerds Regierung nicht durch die Anwesenheit des Bruders bedroht wurde. Doch ihm gefiel gar nicht, was er von seinen und Gerds Informanten zu hören bekam.

Es schien sich nicht um den einfachen Fall eines einzelnen Unruhestifters zu handeln, vielmehr deuteten die Gerüchte mehr und mehr auf den ersten Schritt zu einem sorgfältig vorbereiteten Plan hin, der Carathia ins Chaos stürzen und die Kontrolle über das wertvollste Mineral fast der ganzen Welt gewährleisten sollte, eines Minerals, das in großem Umfang in der Elektronik benötigt wurde.

Die Frau in seinen Armen seufzte, kuschelte sich noch enger an ihn und schmiegte ihr Gesicht an seinen Hals. Ihre Haut glühte nicht mehr, das Zittern hatte aufgehört.

Kelt nahm zur Kenntnis, dass das ferne Stampfen der Musik ausgesetzt hatte. Er warf einen Blick auf die Uhr auf der Kommode. Gut eine Stunde lang hatte er die Frau im Arm gehalten. Das Medikament, was immer es sein mochte, hatte erstaunlich schnell gewirkt.

Im nächsten Moment brach ihr der Schweiß aus. Erstaunlich schnell war ihr zartes Baumwollkleid durchnässt und klebte an ihr wie eine zweite Haut. Es betonte den eleganten Schwung ihrer Hüften, die sanften Rundungen der Brüste, den schlanken Hals und die langen, seidig glänzenden Oberschenkel.

Begehren flackerte in ihm auf, was ihn maßlos ärgerte.

Er ließ sie von seinem Schoß aufs Bett gleiten. Wieder gab sie einen leisen Protestlaut von sich und griff nach ihm. Doch ihre Hand sank schlaff auf die Bettdecke, und dann schien sie in einen noch tieferen Schlaf zu sinken.

Kelt runzelte die Stirn, stand auf und betrachtete die Schlafende. Er konnte sie so nicht allein lassen.

Was zum Teufel sollte er denn jetzt machen?

Am nächsten Morgen pries Hani, noch ein wenig zittrig, aber fieberfrei, die moderne Medizin und fragte sich, wer ihr Retter wohl gewesen war. Kelt Gillan …

Es war ein ungewöhnlicher Name für einen ungewöhnlichen Mann. Vage erinnerte sie sich, dass er sie auf den Arm genommen hatte, doch was danach kam, war Leere, wenngleich Hani mit einem merkwürdigen kleinen Frösteln dachte, dass sie seine Stimme nie vergessen würde. Sie hatte so kalt und mitleidslos geklungen, als er … Was?

Ihr irgendetwas befohlen hatte. Oh ja, natürlich. Sie solle die Tabletten schlucken. Sie lächelte schwach und stützte sich auf einen Ellenbogen auf, um einen Blick auf die Uhr zu werfen.

In diesem Moment bemerkte sie, dass sie eines der weiten Baumwollhemden trug, die sie für die Nacht benutzte.

„Wie …?“, fragte sie laut und runzelte die Stirn. Sie setzte sich aufrecht hin und schaute sich im Zimmer um. Das Kleid, das sie auf dem Fest getragen hatte, hing über der Lehne des Stuhls neben dem Kleiderschrank.

Heiße Röte stieg ihr ins Gesicht. Ihr Retter – wer immer er sein mochte – war offenbar nicht nur bei ihr geblieben, bis das Fieber sank, sondern hatte ihr auch die feuchten Sachen ausgezogen.

Nun, dafür war sie ihm dankbar. Er hatte getan, was nötig war, und obwohl sie sich innerlich wand, wenn sie sich vorstellte, dass er ihren nackten Körper gesehen und berührt hatte, war es doch auch irgendwie tröstlich zu wissen, dass er sich um sie gekümmert hatte.

Doch für den Rest des Tages hatte sie ständig sein markantes Gesicht vor Augen, und damit ging eine starke Erregung einher. Es gelang ihr nicht, sie zu unterdrücken. Statt die Frage aufzuwerfen, warum sie so heftig auf den Fremden reagierte, während die Nähe jedes anderen Manns sie abstieß, weckten die Gedanken an ihn verlockende Vorstellungen in ihr.

Vage Erinnerungen an starke Arme ließen sie zunächst erröten, doch die Verachtung in seinem Tonfall, als er sie fragte, ob sie Alkohol oder Drogen konsumiert hätte, ließ sie erschaudern.

Doch sie würde ihn nie wiedersehen, und deshalb sollte ihr völlig gleichgültig sein, was er von ihr dachte …

2. KAPITEL

Drei Wochen später und mehrere Tausend Kilometer weiter südlich stand Hani auf einer Veranda mit Blick auf einen Sandstrand und den Pazifik und betrachtete die Gesichter der fünf Kinder vor ihr. Da waren zum Beispiel eine dunkelhaarige und dunkeläugige vierzehnjährige Schönheit und ein blonder kleiner Junge, dessen helle Haut von viel zu viel Sonnenmilch glänzte, doch die Gesichtszüge der beiden verrieten, dass sie verwandt waren.

Wie mochte es sein, eine Familie und eigene Kinder zu haben?

Hani gab es einen Stich ins Herz, und sie unterdrückte den Gedanken schnell. Sie würde es nicht erleben, niemals.

Der kleine blonde Junge war es schließlich, der fragte: „Wie heißt du?“

„Hannah“, antwortete sie automatisch.

Ihr Akzent hatte ihn anscheinend verwirrt, denn das ältere Mädchen hakte nach: „Honey? Das ist ein hübscher Name.“

In Tukuulu war sie Hannah, aber Honey gefiel ihr besser. Sie ließ alle Vorsicht außer Acht und erwiderte fröhlich: „Eigentlich heiße ich Hannah, aber wenn ihr wollt, könnt ihr mich Honey nennen. Jetzt kennt ihr also meinen Namen, nun müsst ihr mir aber auch verraten, wie ihr heißt.“

Alle platzten natürlich gleichzeitig mit ihren Namen heraus. Doch sechs Jahre als Vorschullehrerin hatten ihre Wirkung nicht verfehlt, sodass sie ganz schnell die Namen zuzuordnen wusste. „Kura, wo wohnt ihr denn?“, fragte sie das größere Mädchen.

Autor

Robyn Donald

Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich.

Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende Abenteuer...

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