Julia Best of Band 221

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EINGESCHNEIT MIT DEM MILLIARDÄR von CAROLE MORTIMER
Caro ist schockiert, als ihr Noch-Ehemann Jake Montgomery sie und ihr Baby in sein Landhaus entführt. Sie sollte sofort fliehen, um nicht noch einmal der fatalen Anziehungskraft des sexy Milliardärs zu erliegen! Doch ein Schneesturm an Heiligabend zwingt sie zum Bleiben …

EIN HIMMLISCHES FEST von CAROLE MORTIMER
Unerhört: Da drückt ihr der attraktive Nachbar Ethan einfach ein fremdes Baby in den Arm und verschwindet! Überhaupt passieren Olivia in letzter Zeit seltsame Dinge. Und alle haben mit dem sexy Casanova von oben zu tun! Fast könnte man meinen, höhere Mächte wären am Werk …

SILBERNE FLOCKEN, GOLDENES GLÜCK von CAROLE MORTIMER
Roberto Romeo, vermögender Kaufhausbesitzer, findet seine neue Angestellte Julia einfach hinreißend. Als er sie nach Hause bringt, bricht ein tosender Schneesturm los. Die Welt versinkt in tiefem Weiß, Weihnachten ist nicht mehr fern - findet Romeo in dieser Winternacht seine Julia?

GEFANGEN IM PALAZZO DER LEIDENSCHAFT von CAROLE MORTIMER
Weihnachten in Rom! In einem Palazzo will Lily sich mit ihrem Bruder treffen. Doch statt Felix tritt ihr dessen Arbeitgeber Graf Scarletti entgegen. Ein gefährliches Spiel um Liebe, Ehre und Leidenschaft beginnt...


  • Erscheinungstag 20.12.2019
  • Bandnummer 221
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712792
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Carole Mortimer

JULIA BEST OF BAND 221

1. KAPITEL

Caro verließ die Gepäckausgabe und blickte suchend in die erwartungsvollen Gesichter der Menschen, die dicht gedrängt im Ankunftsterminal des Londoner Flughafens Heathrow standen.

Es war der Tag vor Heiligabend, und Dutzende warteten hier auf Familienmitglieder und Freunde, die sie zu den Weihnachtsfeiertagen besuchen wollten. Als sie Gavin nicht entdecken konnte, war Caro nicht im Mindesten überrascht. Ihr immer schusseliger Bruder hatte bestimmt schlicht und einfach vergessen, dass sie heute ankam.

„Ich übernehme das Gepäck, vielen Dank.“

Caro erstarrte, als sie die arrogante, befehlsgewohnte Männerstimme hinter sich hörte. Ihr wich das Blut aus dem Gesicht, eisige Kälte breitete sich in ihr aus, und schlagartig war ihr die Freude, wieder zurück in England zu sein, vergangen.

Nein!

Es konnte doch nicht sein, dass …

Nicht hier! Nicht jetzt!

Über ein Jahr lang hatte sie auf Mallorca gelebt und …

„Frohe Weihnachten!“ Der Mann neben ihr, ein Mitreisender auf dem Flug von Mallorca nach London, der freundlicherweise ihren schweren Gepäckwagen bis in den Ankunftsterminal geschoben hatte, lächelte ihr noch einmal freundlich zu. Dann eilte er zu einer hübschen blonden Frau mit zwei kleinen Kindern, die ihn überschwänglich begrüßten.

„Kannst du bitte weitergehen“, knurrte die nur allzu vertraute Stimme hinter ihr. „Wir halten den ganzen Verkehr auf.“

Caro drehte sich um, immer noch verwirrt. Sie wollte nicht wahrhaben, was ihre Sinne ihr verrieten. Aber der Mann, der gerade herrisch das Kommando über ihren Gepäckwagen übernahm, war tatsächlich Jake!

Groß, schlank, mit seinen dunklen Haaren und grünen Augen – sehr zornigen Augen! – wirkte er sündhaft attraktiv, was durch seine hohen Wangenknochen, das markante Kinn und die ausgeprägt männlichen Lippen noch unterstrichen wurde. Lippen, die im Moment grimmig verzogen waren.

Jake Montgomery.

Ihr Ehemann – noch immer. Jedenfalls auf dem Papier.

Jake bedachte Caro mit einem stählernen Blick. Er musterte sie lange genug, um zu bemerken, dass sie, die zehn Jahre jünger war als er, immer noch so wunderschön aussah wie vor einem Jahr. Doch dann konnte er nur noch das Baby ansehen, das Caro auf dem Arm trug.

Das Kind hatte die gleichen rotgoldenen Haare wie die Mutter, aber die Augen, mit denen es ihn neugierig betrachtete, waren smaragdgrün wie seine eigenen. Das runde Gesichtchen mit der kleinen Stupsnase und dem rosigen Babymund wirkte leicht gebräunt von Mallorcas warmer Sonne.

Magdalena. Seine sechs Monate alte Tochter, von deren Existenz er erst vor einigen Stunden erfahren hatte.

Die sechs Monate alte Tochter, die ihren Vater nicht kannte! Die ihn heute zum ersten Mal sah, ohne zu wissen, wer er war.

Jake verspürte das überwältigende Bedürfnis, Caro das Baby aus den Armen zu reißen, die kleine Magdalena an sich zu schmiegen und ihren süßen Duft einzuatmen. Um sich zu vergewissern, dass sie kein Hirngespinst war, sondern dass sie tatsächlich existierte.

Aber er beherrschte sich. Für Magdalena war er schließlich ein Fremder, und wahrscheinlich würde sie den ganzen Flughafen zusammenbrüllen, wenn er versuchte, sie aus den warmen, vertrauten Armen ihrer Mutter zu rauben.

Und wessen Schuld war es, dass seine eigene Tochter sich schreiend von ihm abwenden würde? Bei dem Gedanken daran, was Caro ihm angetan hatte, presste er die Lippen zusammen und umfasste den Griff des Gepäckwagens fester. Sonst hätte er der Versuchung, Caro zu packen und zu schütteln, kaum widerstehen können.

„Lass uns von hier verschwinden“, befahl er.

„Mit dir gehe ich nirgendwohin, Jake!“ Feste Entschlossenheit blitzte in Caros blauen Augen auf, und ihre Wangen röteten sich, während sie sich, die Arme schützend um das Kind gelegt, angriffslustig vorbeugte wie eine fauchende Katze.

„Oh doch, Caro, das wirst du ganz bestimmt“, erwiderte Jake scharf. Seine Geduld hing nur noch an einem seidenen Faden. „Es sei denn, du willst mir hier vor allen Leuten Rede und Antwort stehen, warum du mir bis heute meine Tochter verschwiegen hast.“

Caro hätte sich am liebsten hingesetzt und geheult. Oder geschrien und gebrüllt. Aber am allermeisten wollte sie, dass Jake sich umdrehte und ging. Auf Nimmerwiedersehen. „Wir haben nichts miteinander zu besprechen“, gab sie mit fester Stimme zurück und versuchte, ihm den Wagen zu entreißen.

Sie scheiterte kläglich. Jake überragte sie um einen Kopf, und natürlich war er stärker als sie.

„Ich empfehle nachdrücklich, dass wir uns woanders unterhalten, Caro. Nicht hier.“ Ohne ihre Antwort, geschweige denn ihr Einverständnis abzuwarten, schob Jake mit dem Gepäckwagen los.

Caro blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, da Babynahrung, Kleidung und Windeln für Magdalena sich jetzt in seinen Händen befanden, zusammen mit ihrem Koffer mit allem Nötigen für ihren einwöchigen Aufenthalt in England.

Sie musste beinahe laufen, um mit Jakes langen Beinen Schritt zu halten, als er auf einen der Ausgänge zustrebte, und es überraschte sie nicht, dass die Leute ihm Platz machten. Einen Mann wie Jake Montgomery übersah man nicht. Frauen warfen ihm einen zweiten, bewundernden Blick zu. Männer wichen ihm aus, wahrscheinlich, weil seine grimmige Miene signalisierte, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war.

Was wollte Jake hier? Und woher wusste er überhaupt, dass sie heute mit diesem Flug aus Mallorca kommen würde?

Gavin!

Natürlich! Diese zweifelhafte Überraschung hatte sie garantiert ihrem zwar brillanten, aber ständig zerstreuten jüngeren Bruder zu verdanken.

Sie selbst wäre nie auf die Idee gekommen, nach England zu reisen, doch Gavin hatte sie dazu überredet. Ihre Eltern waren tot, sie hatten nur noch einander, und welche Zeit, wenn nicht Weihnachten, eignete sich am besten für ein Familientreffen?

Aber vielleicht hatte Gavin es nur schlau eingefädelt, sodass Jake sie an seiner Stelle am Flughafen erwartete?

Nein, dazu war ihr Bruder viel zu verträumt – wie oft vergaß er die Zeit, wusste nicht einmal, welcher Wochentag war. Caro konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sie absichtlich in diese unangenehme Situation gebracht hatte.

„Wo ist Gavin?“, erkundigte sie sich, während sie Jake unwillig in den beißend kalten Wind hinaus folgte.

Für die Feiertage war Schnee angesagt worden, daher hatte Caro sich und Magdalena entsprechend angezogen. Sie beide trugen Jeans und dicke Pullover unter den Jacken. Vorsorglich hatte Caro ihrer Tochter eine flauschige rosa Mütze aufgesetzt und dazu die Kapuze über das Köpfchen gezogen, um Magdalena vor der eisigen Kälte zu schützen.

Jake drehte sich um und sah seine Frau und seine Tochter an. Wieder zog sich ihm das Herz zusammen. Die Ähnlichkeit der beiden war verblüffend.

Caros langes rotgoldenes Haar glich dem ihrer Tochter, sie hatte eine hübsche Stupsnase und einen sinnlichen Schmollmund, der ihn an taufeuchte Rosenknospen erinnerte, und dazu ein schmales, energisches Kinn. Ihre Augen waren von einem klaren Himmelblau, umrandet von dichten, dunklen Wimpern.

Für Jake war Caro ohne jeden Zweifel die schönste Frau, die er kannte.

Und sie war – egal, ob sie sich das Gegenteil wünschte oder nicht – immer noch seine Ehefrau.

So wie Magdalena seine Tochter war …

„Kannst du mir bitte endlich verraten, wo Gavin ist?“, stellte Caro ihre Frage ungeduldig zum zweiten Mal.

Jake lächelte selbstzufrieden. „Du meinst, wann ich ihn das letzte Mal gesehen habe? Er schlug sich gerade mit einem Problem für ein Sicherheitsprogramm herum, das er im Auftrag von Montgomery Software entwickelt.“

„Ach, dann hattest du also tatsächlich deine Finger im Spiel?“

„Ja, könnte man so sagen …“ Es schien ihm nicht einmal peinlich zu sein.

Caro schloss die Augen und verzog das Gesicht. Ihr jüngerer Bruder war zurzeit – und würde es wohl auch noch lange bleiben – einer der brillantesten Softwareentwickler der Welt. Und er war jemand, den nichts und niemand ablenken konnte, wenn er sich an einem Softwareproblem festgebissen hatte. Diese besondere Eigenschaft war genau der Grund, warum Montgomery Software ihn vor zweieinhalb Jahren gleich nach dem Examen eingestellt hatte.

Und so hatte Caro Jake kennengelernt und sich nur Wochen später in ihn verliebt …

Was ihr in der unerträglichen Situation, in der sie sich jetzt befand, nicht im Mindesten weiterhalf.

Sie versuchte, einen anderen Ton anzuschlagen, und bemühte sich um ein Lächeln. „Es ist sehr nett von dir, dass du extra unseretwegen hergekommen bist, Jake, aber …“

„Glaub mir, Caro, nett zu sein war das Letzte, was mir in den Sinn kam, als ich erfuhr, dass Gavin sich den Nachmittag vor Heiligabend freinehmen wollte, um eine Verwandte vom Flughafen abzuholen. Völlig ungewöhnlich für ihn, muss ich dazusagen. Und da du seine einzige Verwandte bist …“

Jake zuckte mit den breiten Schultern. „Jemand am Airport war mir noch etwas schuldig, und so fand ich heraus, dass eine gewisse Mrs. Caro Montgomery hier landen würde, an Bord einer Maschine, die in Mallorca gestartet war. Ich erfuhr nicht nur ihre Ankunftszeit, sondern auch, dass Mrs. Montgomery in Begleitung ihrer sechs Monate alten Tochter Magdalena reist.“

Caro musterte ihn genauer. Sie bemerkte erst jetzt die scharfen Linien um seine Augen und seinen Mund, die feinen silbergrauen Strähnen an den Schläfen. Beides war noch nicht da gewesen, als sie ihn vor etwas über einem Jahr das letzte Mal gesehen hatte.

Allerdings zog sie keine Sekunde in Erwägung, dass sie an diesen Veränderungen schuld sein könnte, weil sie ihn verlassen hatte. Denn sie wusste nur zu gut, dass weder ihre Ehe noch sie selbst Jake dafür wichtig genug gewesen waren.

Er hatte eine andere gefunden, mit der er seine Zeit verbrachte, und das hatte sie weder hinnehmen noch ertragen können.

„Es war ziemlich einfach, Gavin mit etwas zu beschäftigen, das ihn eure Ankunft in Heathrow heute vergessen ließ“, fügte Jake mit einem überheblichen Lächeln hinzu. „Aber keine Sorge, ich habe ihm durch meine Sekretärin eine Notiz hinlegen lassen, dass ihr euch in guten Händen befindet – er wird sie lesen, sobald er wieder aus seiner Programmiertrance aufgetaucht ist.“

Um Gavin machte Caro sich im Moment die geringsten Sorgen. „Jake …“

„Ich habe nicht vor, diese Unterhaltung hier und jetzt fortzusetzen, Caro.“

„Sondern wann und wo?“, hakte sie schnippisch nach.

„Wenn ich Zeitpunkt und Ort für richtig halte“, kam die unfreundliche Antwort.

„Ich muss dich enttäuschen, Jake, aber mich interessiert überhaupt nicht mehr, was … Hey, wohin willst du mit meinem Gepäck?“, rief sie, als Jake sich einfach abwandte und ihren Gepäckwagen über die Straße schob.

Er blickte sich nicht einmal um. „Wo immer ich auch hingehe, ich empfehle dir, mir zu folgen!“

„Ich … Aber … Jake“, protestierte Caro und blieb stehen, wo sie war. Die Zeiten, als sie ihm vertrauensvoll gefolgt war, waren längst Vergangenheit. Vorbei!

Jake erreichte die Verkehrsinsel in der Mitte der Straße, blieb stehen und atmete einmal tief durch. Wenn er jetzt seinem Bedürfnis nachgab und Caro kräftig durchschüttelte, würde er wahrscheinlich umgehend im Gefängnis landen. Hier liefen zu viele Polizisten herum, die ihn mit Sicherheit sofort verhaften würden.

Wie hatte sie ihm das nur antun können? Egal, welche Differenzen sie auch gehabt haben mochten, wie konnte sie ihm ihre Schwangerschaft verheimlichen – und, noch schlimmer, auch die Geburt seiner Tochter vor einem halben Jahr? Hasste Caro ihn wirklich so sehr?

Jake hatte sich diese Fragen in den letzten Stunden wieder und wieder gestellt – seit er erfahren hatte, dass seine Frau nicht allein aus Mallorca nach England zurückkehrte. Sondern mit seiner Tochter.

Bis jetzt hatte er keine Antworten auf seine Fragen bekommen.

Aber Jake schwor sich, dass Caro ihm Rede und Antwort stehen würde, noch bevor dieser Tag zu Ende ging. Allerdings nicht hier. Und ganz gewiss nicht jetzt.

Er drehte sich langsam um – und musste sein Herz verschließen, weil sie auf einmal so jung und verletzlich aussah, mit ihren lang über die Schultern fließenden seidigen Haaren und in dem gegen die Kälte hochgeschlossenen Parka. Die eng anliegende Jeans betonte ihre langen, schlanken Beine.

Auch nach der Schwangerschaft hatte Caro eine hinreißende Figur, fand er. Nur der furchtsame Ausdruck auf ihrem schönen Gesicht gefiel ihm nicht. Oder wie sie Magdalena fest an sich drückte, so als müsste sie sie vor ihm schützen. Vor ihrem eigenen Vater!

„Mein Wagen steht dort drüben“, informierte er sie knapp.

„Dein Wagen?“ Mit trotziger Miene schüttelte Caro den Kopf. „Magdalena und ich können sehr gut allein zu Gavins Apartment fahren. Ich nehme mir ein Taxi.“

Jake sah sie aus halb zusammengekniffenen Augen an. „Wir beide wissen, dass du nirgendwohin fährst, bevor wir nicht die Gelegenheit hatten, miteinander zu reden.“

Caro schluckte trocken. „Du kannst mich nicht davon abhalten, zu meinem Bruder zu …“

„Nein?“, fragte er gefährlich sanft.

Caro rieselte es kühl über den Rücken, als er sie eindringlich betrachtete.

Und in dieses Gesicht hatte sie sich vor mehr als zwei Jahren Hals über Kopf verliebt …

Nein, nicht nur in sein Gesicht. Sie hatte sich in den ganzen Mann verliebt. In seine Selbstsicherheit, die schon an Arroganz grenzte. In diese gewisse Aura von Kraft und Macht, die ihm sein Reichtum verlieh. In seinen kraftvollen, athletischen Körper. Und in Jake, den Liebhaber, der so geschickt und erfahren war, dass sie sich in seinen Armen immer wieder vergaß.

Viel später erst war ihr aufgefallen, dass er nicht ein einziges Mal von Liebe gesprochen hatte, selbst nicht in den leidenschaftlichsten Momenten.

Nein, sie würde nicht mit ihm mitgehen.

Das konnte sie nicht. Unmöglich.

Sie würde nicht einmal weiter darüber nachdenken.

Denn das wäre nicht nur schmerzlich, es würde sie auch an ihre Vergangenheit erinnern. Daran, wie ihr Vater auf die gleiche egoistische Weise beinahe seine Familie zerstört hatte.

„Ich bin nicht bereit, mit dir darüber zu diskutieren, Caro“, platzte Jake in ihre Gedanken. „Du kommst jetzt mit zu meinem Wagen. Dann bringe ich uns dorthin, wo wir ungestört sind, damit wir uns wie zwei erwachsene Menschen unterhalten können.“

In ihren schönen Augen spiegelten sich ihre Gefühle nur zu deutlich wider, und er erkannte, dass sie einen inneren Kampf mit sich ausfocht. Er erwartete, dass sie kapitulierte.

Und sie musste kapitulieren, denn etwas anderes würde er nicht akzeptieren.

Ja, er wollte Antworten von seiner Frau. Erklärungen für das, was sie getan hatte! Aber er wollte auch seine Tochter endlich zum ersten Mal in den Armen halten – und zwar ungestört vom Vorweihnachtstrubel am Londoner Flughafen. Er wollte sich mit ihr vertraut machen, in aller Ruhe.

Er konnte es kaum erwarten, sie lächeln zu sehen …

Verdammt, Caro sollte ihm besser eine wirklich gute Erklärung dafür liefern, warum sie ihm seine Tochter vorenthalten hatte. Monatelang!

„Also?“, drängte Jake. „Was wird das nun? Eine gegenseitige Beschimpfung hier mitten auf der Straße? Oder eine zivilisierte Unterhaltung ohne Publikum?“ Er deutete mit dem Kopf hinüber zur Ankunftshalle, aus der ein steter Strom von Passagieren quoll. Immer wieder blickte jemand neugierig zu ihnen herüber, so als spüre er die starke Spannung zwischen Caro und ihm.

Sie hob das Kinn und hielt dem Blick seiner smaragdgrünen Augen stand. „Also gut. Aber wo wir auch hinfahren, ich bleibe nur so lange, bis wir die Situation geklärt haben.“

„Wie auch immer.“ Spöttischer Humor lag in seinem leichten Lächeln.

Immerhin hat sie nicht festgelegt, zu wessen Zufriedenheit die Situation geklärt sein sollte, dachte er selbstzufrieden, als sie neben ihm in Richtung Parkplatz ging.

2. KAPITEL

„Wie hast du das so schnell geschafft?“ Überrascht blickte Caro auf den Babysitz, der wie vorgeschrieben auf der Rückbank des schnittigen dunkelgrünen Wagens befestigt war.

Jake lächelte humorlos. „Es ist schon erstaunlich, was ich in diesen wenigen Stunden erreichen konnte, seit ich von Magdalenas Existenz weiß.“

So erstaunlich fand Caro es dann doch wieder nicht. Immerhin hatte Jake Geld wie Heu.

Sie richtete sich auf, nachdem sie ihre schlafende Tochter in den Kindersitz gesetzt und angeschnallt hatte. Als sie sich umdrehte, stand Jake dicht hinter ihr. Viel zu dicht! Ein Gefühl des Unbehagens überkam sie, und sie spürte, wie ihr ein Schauer den Rücken hinunterlief.

Jake sah sie prüfend an. Jetzt erst bemerkte er die Veränderungen an ihr. Sie trug das Haar länger als früher, die dunklen Ränder unter den Augen und die Linien um den Mund, an die er sich von ihrer letzten Begegnung erinnerte, waren verschwunden. Stattdessen wirkte ihr ungeschminktes Gesicht leicht gebräunt, und die blauen Augen blickten klar.

Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihre Wange zu berühren. „Die Mutterschaft steht dir gut, Caro …“

„Nicht!“ Sie zuckte heftig zurück.

Jakes Gesicht wurde ausdruckslos, und er ließ die Hand sinken. „Früher hast du dich nie beschwert, wenn ich dich berührt habe.“

Caro fiel es mit jeder Minute in seiner Nähe schwerer, die Erinnerungen an die Zeit mit ihm zurückzudrängen. Im letzten halben Jahr war ihr das sehr viel besser gelungen.

Anfangs, während der langen Monate der Schwangerschaft, hatte sie viel gegrübelt, sich immer wieder gefragt, warum alles so hatte kommen müssen.

Aber seit Magdalenas Geburt war sie immer so viel mit ihrer Tochter beschäftigt, dass sie sich nicht durch beunruhigende Gedanken an Jake stören lassen wollte. Ihr Leben kam ihr nicht gerade ereignisreich, aber sehr erfüllt vor.

Aber jedes Leben wäre ruhiger als das, was sie ein Jahr lang an Jakes Seite geführt hatte.

Körperlich und seelisch ausgelaugt war sie auf Mallorca angekommen, aber die entspannte, freundliche Art der Inselbewohner, das warme Klima und die wundervolle Landschaft hatten ihr nach und nach geholfen, wieder zu sich selbst zu finden.

Ihre seelischen Wunden waren verheilt.

Leider war es mit dieser inneren Ruhe schlagartig vorbei gewesen, als sie Jakes tiefe Stimme gehört hatte.

Sie blickte ihn scharf an, ehe sie einstieg und sich auf den Beifahrersitz setzte. „Meine Mutterschaft ist nicht der einzige Grund für die Veränderungen, Jake.“

Kalter Ärger blitzte kurz in seinen grünen Augen auf. „Du …“

„Können wir bitte einfach fahren und die Sache hinter uns bringen?“, unterbrach sie ihn müde. „Ich bin seit heute früh unterwegs und möchte jetzt nur noch ein heißes Bad und etwas Anständiges zu essen.“ Sie lehnte den Kopf gegen den Sitz und schloss die Augen.

Jake betrachtete sie noch ein paar Sekunden lang und ballte unwillkürlich die Fäuste bei der Erinnerung, wie sie vor ihm zurückgezuckt war. So als wäre ihr auch nur die geringste Berührung widerwärtig.

Was hatte er ihr getan? Warum verabscheute sie ihn so sehr?

Die ganze Situation frustrierte ihn zutiefst. Er musste Caro unbedingt dazu bringen, mit ihm zu reden und ihm zu erklären, was schiefgelaufen war.

Aber sie war sichtlich erschöpft und abgespannt. Bestimmt war es anstrengend gewesen, den ganzen Tag mit einem Baby unterwegs zu sein.

Zumindest konnte er es sich vorstellen, denn ihm war es natürlich nie vergönnt gewesen, mit seiner kleinen Tochter zu reisen!

Jake schlug die Beifahrertür heftiger zu, als er eigentlich gewollt hatte, ging mit versteinerter Miene um den Wagen herum und rutschte hinters Steuer. Dann fuhr er rückwärts aus der Parklücke heraus und reihte sich in den Verkehr ein.

Mehrere Minuten lang fuhren sie schweigsam dahin, bis Caro die Stille schließlich nicht mehr aushielt.

„Jake …“

„Es ist bald Heiligabend, Caro, und entsprechend voll sind die Straßen. Da ihr beide, du und Magdalena, mit in meinem Wagen sitzt, möchte ich mich lieber aufs Fahren konzentrieren, anstatt zu reden“, unterbrach er sie ruhig.

Caro gab nur einen missmutigen Laut von sich. Selbstverständlich war Jake durchaus in der Lage, zu fahren und gleichzeitig zu reden. Er war zu allem fähig, was er sich vornahm. In diesem Fall aber wollte er einfach nicht.

Caro setzte die gereizte Stimmung immer mehr zu, und ein schneller Blick auf Jakes ausdrucksloses Gesicht löste einen dumpfen Druck in ihrem Magen aus. Hinter seiner Unnahbarkeit verbarg sich kalte Wut.

Und zwar auf mich.

Wegen Magdalena.

Weil sie ihm verschwiegen hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Und es auch nicht für nötig gehalten hatte, ihn zu informieren, als seine Tochter schließlich auf der Welt war.

Es war keine leichte Entscheidung gewesen, auch wenn Jake ganz sicher vom Gegenteil überzeugt war. Aber Caro hatte schon als Kind ihre Lektion gelernt. Sie wollte ihrer Tochter die bitteren Erfahrungen, die sie selbst mit ihrem Vater erlebt hatte, auf jeden Fall ersparen.

„Sie ist ein hübsches Kind, wirklich süß.“

Caro sah abrupt auf. Jake blickte gerade in den Rückspiegel auf seine Tochter. Ein ungewohnter Ausdruck lag in seinen Augen, so sehnsuchtsvoll, dass sich ihr das Herz zusammenzog. Doch schnell wurde seine Miene wieder undurchdringlich, und er sah zurück auf die belebte Straße vor ihnen.

Caro drehte sich zu ihrer Tochter um. Magdalena schlief tief und fest, ihre langen, dunklen Wimpern lagen auf den rosigen Wangen, rotgoldene Löckchen umrahmten ihr niedliches Gesicht. „Ja, das ist sie“, gab Caro ihm bewegt recht und starrte dann blicklos aus dem Fenster, die Hände so verkrampft, dass sich ihre Nägel schmerzhaft in ihre Handflächen bohrten.

„Warum ausgerechnet Mallorca, Caro?“, fragte Jake plötzlich und umklammerte das Lenkrad fester. Selbstironisch gestand er sich ein, dass seine Gefühle in hellem Aufruhr waren. Und nicht nur, weil er heute seine Tochter das allererste Mal sah …

Nein, auch weil er Caro wiedergesehen hatte, die als Mutter noch schöner war als je zuvor. Ihr Duft stieg ihm in die Nase, jedes Mal, wenn sie sich bewegte. Es war das gleiche Parfüm wie damals. Solange er lebte, würde dieser zarte Blütenduft immer Caros Bild vor seinem geistigen Auge heraufbeschwören. Erinnerungen stiegen in ihm auf, und er war sich sicher, Caro erging es nicht anders … wenn auch bestimmt aus ganz anderen Gründen.

So, wie sie reagierte, waren es keine guten Erinnerungen.

„Warum denn nicht Mallorca?“, gab sie vorsichtig zurück.

Jake seufzte schwer. „Bist du dorthin geflüchtet, weil du dachtest, dass ich dich ausgerechnet dort nicht suchen würde?“

Überrascht blickte sie ihn an. „Mir ist es nie in den Sinn gekommen, dass du nach mir suchen würdest.“

„Sei nicht so naiv, Caro. Natürlich habe ich versucht, dich zu finden, nachdem ich mich ein wenig beruhigt hatte und wieder klar denken konnte.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum.“

„Tatsächlich nicht?“ Er konnte nicht verhindern, dass es sarkastisch klang.

Caro wurde blass. „Gavin wusste, wo ich zu erreichen war …“

„Aber er hat es mir nicht verraten. Ich habe alles versucht, ihm gut zugeredet, ihm gedroht, aber sämtliche Überredungskünste nützten nichts“, erklärte Jake verbittert. Sein Schwager hatte ihm nicht verraten, wo Caro sich aufhielt. Er hatte nicht einmal über seine Schwester reden wollen.

Selbst die Drohung, ihn hinauszuwerfen, hatte Gavins Loyalität zu Caro nicht ins Wanken gebracht. Wahrscheinlich wusste Gavin nur zu gut, wie wertvoll er für Jakes Firma war.

Und leider erinnerte sich Jake auch noch zu gut an Gavins letzte Bemerkung zu dem Thema. Sie hatte sich wie ein Messerstich ins Herz angefühlt.

„Hätte Caro gewollt, dass du sie findest, hättest du sie längst gefunden“, hatte Gavin gesagt.

Jake wusste, Gavin hatte recht, und es war eine letzte Demütigung für ihn gewesen.

„Ganz sicher hätte Gavin einen Brief von dir an mich weitergeleitet, wenn du ihn darum gebeten hättest, glaub mir.“

„Ich wollte dir keinen Brief schreiben, Caro!“

„Ich dachte dabei an die Scheidungsunterlagen.“

„Es wird keine Scheidung geben“, erklärte er entschieden. „Ich wollte sie vor einem Jahr nicht und jetzt erst recht nicht.“ Um seine Worte zu unterstreichen, blickte er bedeutungsvoll in den Rückspiegel auf Magdalena.

Diese Reaktion hatte Caro befürchtet, wenn Jake erst erfuhr, dass er eine Tochter hatte. Und es machte ihr Angst, denn sie wusste, wenn Jake sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er nicht mehr davon abzubringen. Durch nichts und niemanden.

Vor zwei Jahren hatte er genauso gehandelt. Als er begriff, dass sie für eine Affäre nicht zu haben war, beschloss er, sie zu heiraten, um zu bekommen, was er wollte.

Das Problem war nur gewesen, dass sie immer noch seine Frau war, als er ihrer überdrüssig wurde.

Caro war mit den diversen Affären ihres Vaters aufgewachsen. Sie war nicht bereit, so etwas bei Jake zu tolerieren. Deswegen hatte sie sofort die Konsequenzen gezogen.

Sie holte tief Luft. „Jake, ich habe nicht vor … Moment mal, hier geht es aber nicht in die Innenstadt“, rief sie, als sie bemerkte, dass er stadtauswärts fuhr.

„Natürlich nicht“, entgegnete er. „Weil wir nicht in die City fahren.“

Caro rieselte ein kalter Schauer über den Rücken. „Und wohin fahren wir, wenn ich fragen darf?“

„Ich besitze ein Haus auf dem Land“, antwortete Jake achselzuckend.

Verwundert sah sie ihn an. „Wirklich?“ Als sie ihn geheiratet hatte, war sie zu ihm in sein Penthouse in Mayfair gezogen. Obwohl sie gern außerhalb Londons gewohnt hätte, hatte das damals nie zur Debatte gestanden. „Warum?“

Jake zog die Augenbrauen zusammen. „Fragst du als meine Frau oder einfach nur so aus Neugier?“, wollte er spöttisch wissen.

„Weder noch!“, fauchte sie. „Ich …“ Sie befeuchtete sich die trockenen Lippen. „Ich bin nur überrascht, dass du aufs Land gezogen bist, das ist alles.“

„Ich habe gesagt, dass ich ein Haus auf dem Land besitze, Caro, nicht, dass ich dort wohne“, gab er kühl zurück.

„Ach so.“ Sie nickte, als würde sie verstehen. „Dann ist das Haus nur eine geschäftliche Investition?“

„So ähnlich“, erwiderte er.

Caro musterte ihn scharf. „Und wir fahren zu diesem Haus?“

Er kniff die Augen leicht zusammen. „Hast du ein Problem damit?“

Jetzt, da sie den ersten Schock einigermaßen überstanden hatte, wurde ihr klar, dass sie grundsätzlich ein Problem damit hatte, mit Jake zusammen zu sein.

Auch wenn sie sich wünschte, es wäre nicht so, konnte sie nichts dagegen tun, dass seine Nähe verwirrende Gefühle in ihr auslöste. So stark, dass sie beinahe wieder seine Hände und Finger spüren konnte, die im Moment das Lenkrad umfassten.

Jake sah umwerfend aus in seinem schwarzen Kaschmirpulli und der verwaschenen Jeans. Und Caro wusste, was sich unter der teuren Kleidung verbarg: eine breite Brust, muskulöse Schultern, ein trainierter Waschbrettbauch, lange, starke Beine …

Ihr wurde warm, ihre Haut prickelte.

Aber so war es schon von Anfang an gewesen. Sie war sofort hin und weg gewesen, als Gavin ihr auf einem Sommerfest von Montgomery Software Jake vorgestellt hatte.

Es hatte augenblicklich zwischen ihnen gefunkt.

Allerdings war sie heute davon überzeugt, dass er sie nur körperlich begehrt hatte. Stark genug zwar, um sie zu heiraten, aber letztendlich …

Sie seufzte müde. „Ich glaube nicht, dass es uns weiterhilft, wenn wir miteinander reden, Jake. Früher hat das auch nie geklappt.“

Ihre resignierte Antwort schien ihm nicht zu gefallen. „Du solltest wissen, dass die Lage jetzt anders ist, Caro.“

Kurz schloss sie die Augen. „Wegen Magdalena?“ Sie würde ihrem kleinen Bruder den Hals umdrehen, wenn sie es nur irgendwie schaffen würde, ihn aus seinem Computerraum zu zerren. Er hätte es verdient, dass sie nie wieder auch nur ein einziges Wort mit ihm sprach.

„Natürlich wegen Magdalena“, erwiderte Jake ungeduldig. „Es sieht so aus, als hättest du bis jetzt als Mutter einen hervorragenden Job gemacht, aber …“

„So, findest du? Wie freundlich von dir!“

Er warf ihr einen warnenden Blick zu. „Wo hast du auf Mallorca gewohnt? Wovon hast du gelebt? Schließlich musstest du auch noch ein Baby versorgen.“

Ihr schoss das Blut ins Gesicht. „Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht!“

„Und ob es mich etwas angeht!“

Sie zuckte mit den schmalen Schultern. „Ich hatte noch ein Sparguthaben auf der Bank, als wir uns vor einem Jahr trennten …“

„Du meinst, als du mich einfach verlassen hast“, korrigierte er sie heiser.

Caro blickte ihn ruhig an. „Wie auch immer“, erwiderte sie abweisend. „Es genügte für eine kleine Finca in einem Dorf an der Westküste. Schlicht und einfach, aber völlig ausreichend für Magdalena und mich.“

Jake war anderer Ansicht. Er wollte nicht, dass seine Frau und seine Tochter schlicht und einfach lebten. „Das beantwortet meine Frage nicht. Womit verdienst du euren Lebensunterhalt?“

Unmut blitzte in ihren Augen auf. „Na, was glaubst du, Jake? Mit zahlenden Freiern, Nacht für Nacht? Denkst du, dass daher mein Geld kommt?“

Allein die Vorstellung löste einen Sturm der Gefühle in Jake aus, den er nur mühsam beherrschen konnte. Caro gehörte ihm. Sie hatte ihm immer gehört. Und das sollte auch so bleiben!

Zu seiner Überraschung – und Freude – war er ihr erster Mann gewesen. Wenn es nach ihm ginge, würde er auch ihr letzter sein.

„Ich habe als Journalistin gearbeitet, als wir uns kennenlernten, Jake, und ich bin immer noch Journalistin. Ab und an schreibe ich für eine englische Zeitung auf der Insel, und meine Ersparnisse sind noch nicht aufgebraucht“, erklärte sie. „Außerdem überlege ich, ein Buch zu schreiben. Eine Engländerin auf Mallorca. Wie findest du das?“, konnte sie sich nicht verkneifen zu fragen.

Jake verzog das Gesicht. „Willst du das wirklich wissen?“

„Wohl nicht.“ Sie seufzte schwer.

„Ich denke, du hast einen Ehemann, Caro, und der sollte für dich und Magdalena aufkommen.“

Caro sah ihn spöttisch an. „Damit ich mir den Lebensstil erhalten kann, an den ich mich in der Ehe mit dir gewöhnt habe?“ Sie schüttelte den Kopf. „Den brauche ich nicht, Jake. Ich habe ihn nie gebraucht.“

Jakes Reichtum, seine Macht und sein Einfluss, all das hatte sie nie interessiert. Nur seine ungeteilte Liebe hatte sie gewollt. Etwas, das er ihr niemals geben konnte, wie sie nach seiner Affäre mit einer anderen Frau wusste.

„Trotzdem …“

„Lass es sein, Jake“, unterbrach sie ihn energisch. „Bislang bin ich sehr gut allein zurechtgekommen. Und das soll auch in Zukunft so bleiben.“

Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. „Darüber sprechen wir noch, wenn wir angekommen sind.“

„Das Thema kannst du getrost vergessen. Ich will dein Geld nicht, Jake.“

„Darum geht es nicht.“

„Doch.“ Caro merkte, dass sie zitterte. „Genau darum geht es“, wiederholte sie eine Spur entschlossener. „Als ich dich heiratete, hat mich dein Geld nicht interessiert, und es interessiert mich auch jetzt nicht.“

Jake umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Fingerknöchel weiß durch die Haut schimmerten. „Was interessiert dich dann, Caro? Verdammt, ich habe nie begriffen, was du wirklich von mir wolltest.“

Doch Caro wusste genau, was es war.

In den ersten Monaten ihrer Ehe war sie so verliebt gewesen, dass ihr gar nicht auffiel, wie zurückhaltend Jake mit Gefühlen umging. Dass er niemals von seinen Gefühlen für sie sprach oder davon, dass er ihre erwiderte.

Nur im Bett, wenn sie in seinen Armen lag, zeigte er ihr, was er mit Worten nie ausdrückte: Leidenschaft, Zärtlichkeit, Begehren, innige Vertrautheit.

Und genau das war der Grund, warum ihr anfangs keine Zweifel gekommen waren – weil sie die meiste Zeit im Bett verbracht hatten.

Aber Sex, selbst dieser unglaublich gute, erregende und berauschende Sex mit ihm, reichte nicht aus, um ihre Ehe zusammenzuhalten. Besonders nicht, nachdem sie erfahren hatte, dass sie nicht die Einzige war, mit der er schlief.

Da sie mit einem untreuen Vater und einer ständig gedemütigten Mutter aufgewachsen war, hatte sie sich geschworen, sich so etwas niemals bieten zu lassen. Also hatte sie, kaum dass sie von Jakes Untreue erfuhr, ihre Sachen gepackt und ihn verlassen.

„Ich will nichts von dir, Jake“, antwortete sie deshalb ausdruckslos. „Absolut gar nichts.“

Das werden wir noch sehen, dachte er grimmig.

Denn er hatte nicht die Absicht, Caro ein zweites Mal aus seinem Leben verschwinden zu lassen …

3. KAPITEL

„Lass mich das machen“, sagte Jake, als Caro die Sicherheitsgurte an Magdalenas Kindersitz öffnen wollte.

In dem Moment, als Jake den Wagen vor dem beeindruckenden Haus aus hellem Sandstein geparkt hatte, war Magdalena wach geworden. Nun blickte sie Jake unentwegt an, als Caro schließlich zurücktrat, um ihn das Mädchen aus dem Sitz heben zu lassen.

Jake wurde die Kehle eng, als er Magdalena auf den Arm nahm und sie ihre winzigen Fingerchen auf seine Schulter legte, während er sich aufrichtete. Sie wog mehr als erwartet, und sie sah ihn so vertrauensvoll und offen an, dass er ungewollt an Caro denken musste, die ihn früher fast genauso angesehen hatte.

Am liebsten hätte er seine Nase in den weichen rotgoldenen Löckchen seiner Tochter vergraben, um ihren süßen Babyduft einzuatmen.

Er wollte Magdalena festhalten und sie nie wieder loslassen.

„Wir sollten so schnell wie möglich diese Diskussion hinter uns bringen, damit wir wieder aufbrechen können“, bemerkte Caro mit belegter Stimme. „Der Wetterbericht sagt kräftige Schneefälle voraus.“ Prüfend betrachtete sie den wolkenverhangenen bleigrauen Himmel.

Jake sah sie ausdruckslos an, als Caro die Babytasche aus dem Kofferraum hob. „Ich hole dein restliches Gepäck später.“

„Das ist nicht nötig, wir bleiben nicht lange“, sagte sie rasch und schwang sich die Tasche über die Schulter.

Jake bedachte sie mit einem mitleidigen Blick und ging dann mit langen Schritten zum Haus, Magdalena immer noch auf dem Arm.

Caros Unsicherheit verstärkte sich wieder, als sie die Steinstufen hinaufeilte und ihm zu der großen Eichentür folgte. Aber als sie sich schon erkundigen wollte, was hinter diesem mitleidigen Blick steckte, wurde die Tür geöffnet, und vor ihnen stand eine Frau in mittleren Jahren, die sie mit einem strahlenden Lächeln ansah.

„Mr. Montgomery“, begrüßte sie Jake warmherzig, als sie eintraten. Anscheinend war sie seine Haushälterin. „Und dies muss Mrs. Montgomery sein!“ Lächelnd blickte die Frau Caro und ihrer Tochter entgegen. „Und die kleine Magdalena.“ Ihr Gesicht bekam einen weichen Ausdruck, als sie das kleine Mädchen auf Jakes Arm bemerkte.

Anscheinend waren sie an diesem Nachmittag hier erwartet worden.

Was hatte Jake der Haushälterin von ihnen erzählt? Welche Erklärung hatte er für das plötzliche Auftauchen von Frau und Kind geliefert?

Wahrscheinlich gar keine, so wie sie ihn kannte, überlegte Caro. In seiner unendlichen Arroganz hatte er es bestimmt nicht für nötig gehalten.

Außerdem hatte er doch gesagt, dass er hier nicht lebte.

Weswegen also waren sie überhaupt hier? Weshalb war er mit ihnen den weiten Weg hergefahren? Ein Gespräch in London wäre doch viel einfacher und bequemer gewesen.

Die Haushälterin konnte sicher keine Gedanken lesen, aber unbewusst beantwortete sie Caros Fragen. „Die Bettwäsche und das Kinderbett sind bereits geliefert worden“, berichtete sie Jake. „Ich habe das Bettchen für Magdalena im Kinderzimmer schon hergerichtet. Der Hochstuhl steht im Esszimmer, und die anderen bestellten Sachen befinden sich im Wohnzimmer.“

Caro drehte sich um und sah Jake mit großen Augen an. Er hatte ein Kinderbett, einen Hochstuhl und andere Sachen besorgt – und das alles in der kurzen Zeit seit heute Morgen, nachdem er von Magdalenas Existenz erfahren hatte?

„Danke, Mrs. Weaver“, erwiderte Jake sichtlich zufrieden. „Ich bin sicher, Mrs. Montgomery würde sich über eine Tasse Tee freuen, falls es Ihnen nicht zu viel Mühe macht.“

„Natürlich nicht.“ Die Haushälterin lächelte Caro noch einmal freundlich an. „Es dauert nicht lange.“ Dann eilte sie geschäftig in Richtung Küche davon.

Caro wartete, bis die etwas pummelige, mütterlich wirkende Frau hinter der Tür verschwunden war, dann sagte sie: „Jake, was soll das alles?“

„Ganz bestimmt unterhält es sich gemütlicher im Wohnzimmer, Caro“, wich er einer Antwort aus, marschierte los und betrat durch eine Tür den Raum auf der rechten Seite der geräumigen Eingangshalle.

Caro folgte ihm zögernd, allerdings war sie nun doch neugierig, was er sonst noch bestellt hatte. Er hatte also einen Hochstuhl gekauft – aber warum nur?

Am meisten beunruhigte sie allerdings das Kinderbett. Das bedeutete vermutlich, dass Jake davon ausging, dass sie über Nacht blieben …

Hinzu kam sein mitleidiger Blick vorhin … Das mulmige Gefühl, das Caro seit dem unverhofften Wiedersehen mit Jake nicht mehr losgeworden war, verstärkte sich immer mehr.

Jake saß mit Magdalena mitten auf dem weichen Teppich. Er hatte ihr die Jacke ausgezogen und beobachtete fasziniert, wie seine Tochter äußerst interessiert das viele Spielzeug um sie herum beäugte. Er blickte erst auf, als Caro hereinkam. Wieder einmal war er von ihrer außergewöhnlichen Schönheit wie gebannt.

Als er ihr vor zwei Jahren begegnet war, hatte sie ihn auf den ersten Blick bezaubert. Dichte, seidig schimmernde rotgoldene Locken umgaben ihr zartes Gesicht, und in ihren tiefblauen Augen hätte er versinken mögen. Wie magisch hatte er sich von ihr angezogen gefühlt. Und dann ihr voller, sinnlicher Mund, der förmlich darum bettelte, geküsst zu werden …

Es kam ihm vor, als wäre es erst gestern gewesen, so deutlich sah er sie vor sich in dem hinreißenden roten Sommerkleid, das sie bei ihrer ersten Begegnung getragen hatte. Es hatte die verlockenden Kurven ihres schlanken Körpers auf eine einmalige Art und Weise betont.

Heute war sie sechsundzwanzig Jahre alt und Mutter einer kleinen Tochter – und doch erschien Caro ihm fast noch verlockender als damals. Sie strahlte etwas Besonderes aus. Einen inneren Frieden, als wäre sie mit sich und ihrem Leben im Einklang …

Ein Leben, das sie für sich allein gewählt hatte – und zwar ohne ihn, wie Jake sich mit gerunzelter Stirn auf einmal erinnerte.

Ein Leben, das ihn völlig ausschloss.

„Zieh doch deine Jacke aus, Caro, und mach es dir für einen Moment bequem“, sagte er, als sie in der Tür stehen blieb.

„Und wie lange soll dieser Moment dauern?“ Sie funkelte ihn mit ihren blauen Augen an. „Du hast ja oben schon ein Bett für Magdalena aufstellen lassen!“

Jake grinste. „Mach dir keine Sorgen. Ganz sicher finden wir für dich auch noch ein Bett, in dem du dich ausschlafen kannst.“

Vor Ärger stieg Caro das Blut ins blasse Gesicht. „Ganz bestimmt ist Mrs. Weaver davon ausgegangen, dass ich als deine Frau in deinem Bett schlafe!“

„Ganz bestimmt“, bestätigte er lässig.

„Oh nein, der kommt überhaupt nicht infrage!“ Caro trat ins Zimmer und blieb vor ihm und Magdalena stehen. „Weder Magdalena noch ich werden lange genug bleiben, als dass wir irgendein Bett bräuchten.“

„Das sehe ich anders.“

„Wir werden Weihnachten mit Gavin feiern.“

Jake zuckte nur mit den Schultern. „Dein Bruder ist herzlich eingeladen, zusammen mit uns die Weihnachtsfeiertage zu verbringen, wenn er möchte. Obwohl ich vermute, dass er vergessen hat, dass überhaupt Weihnachten ist.“

Caro kannte ihren Bruder besser als Jake. Sie vermutete es nicht nur, sondern wusste mit hundertprozentiger Sicherheit, dass Gavin nicht an Weihnachten dachte. Jedenfalls nicht, wenn er sich mit Softwareentwicklung herumschlug. Konzentriert, fokussiert, all das beschrieb nicht annähernd Gavins Zustand, sobald er vor einem Computer saß.

Ihr Bruder war besessen von seiner Arbeit, anders konnte man es nicht ausdrücken. Wahrscheinlich hatte er sich so in sein Problem verbissen, dass er nicht vor Neujahr aus seiner Programmierwelt auftauchen würde. Es sei denn, sie würde ihn höchstpersönlich von seinem Computer wegschleifen …

Caro runzelte die Stirn. „Ich muss ihn anrufen.“

„Nur zu“, bot Jake ihr an und deutete auf einen kleinen Tisch am Fenster, auf dem ein Telefon stand. Durch das Fenster sah man in den von einer Steinmauer umgebenen Garten. „Magdalena und ich können uns bestimmt für ein paar Minuten allein beschäftigen.“

Daran zweifelte Caro nicht – der Boden war mit Spielsachen übersät.

Mit den meisten Dingen konnte Magdalena mit ihren sechs Monaten jedoch noch nicht viel anfangen. Im Moment interessierten sie nur Dinge, die sie in den Mund stecken und auf denen sie herumkauen konnte. Wahrscheinlich, weil es ihr das Zahnen erleichterte.

„Ich würde gern ungestört mit Gavin telefonieren“, betonte Caro, denn sie hatte vor, ihm ordentlich die Meinung zu sagen, weil er sie gedankenlos in diese unangenehme Lage gebracht hatte.

Es war für sie schon schlimm genug gewesen, Jake zu verlassen, obwohl sie ihn damals immer noch liebte. Natürlich hatte sie gewusst, dass er sie niemals gehen lassen würde, sobald er erfuhr, dass sie ein Kind von ihm erwartete.

Und jetzt wurde sie das ungute Gefühl nicht los, dass er sie hier festhalten würde, solange es ihm gefiel …

Jake, der sie beobachtete, konnte beinahe die Gedanken lesen, die ihr gerade durch den Kopf gingen. Er sah es ihr an, als ihr klar wurde, dass er sie nicht so schnell wieder gehen lassen würde. Sie wurde blass, und wenn er sich nicht täuschte, zitterten ihre so küssenswerten vollen Lippen kaum merklich. Ein furchtsamer Ausdruck lag in ihren Augen, als sie ihn anblickte.

Widerstreitende Gefühle kämpften in ihm. Er wollte aufspringen, sie fest an den Armen packen, sie schütteln und ihr heftige Vorwürfe machen, weil sie ihn einfach verlassen und ihm in all diesen Monaten Magdalena verheimlicht hatte.

Stärker war jedoch das Verlangen, ihre bebenden Lippen zu küssen und Caro die Furcht zu nehmen. Er wollte sie so lange küssen, bis sie weder den Willen noch die Kraft aufbrachte, ihn jemals wieder zu verlassen!

Vor über einem Jahr war er unglaublich wütend auf sie gewesen. Sie hatten sich schon vor seinem beruflichen Flug in die USA gestritten, weil sie ihn doch nicht, wie ursprünglich geplant, begleiten wollte. Aber es hatte einen großen politischen Skandal gegeben, und sie hatte sich deswegen entschlossen, in London zu bleiben, um darüber zu berichten.

Er hatte sich so über sie geärgert, dass er sie aus den USA nicht ein einziges Mal anrief. Zu allem Übel wurde seine Assistentin gleich nach der Ankunft in New York krank und musste das Bett hüten. Dadurch verzögerte sich seine Rückkehr.

Caros Reaktion darauf hatte ihn kalt erwischt. Niemals hätte er mit so etwas gerechnet. Er war wie vor den Kopf geschlagen, als sie ihn mit versteinerter Miene im Penthouse erwartete und ihm knapp mitteilte, dass sie sich von ihm trennen würde. Ihre Koffer waren gepackt und befanden sich schon in ihrem Wagen unten in der Tiefgarage des Gebäudes.

Weiter gab es keine Erklärung, nichts. Nicht einmal mit ihm gestritten hatte sie, sondern nur gesagt, dass ihre Ehe offensichtlich gescheitert sei. Seine Fragen hatte sie ungerührt abgewehrt, als würde sie ein Panzer aus Eis umgeben, an dem alles abprallte.

Anfangs hatte Jake noch gedacht, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis sich alles wieder einrenken würde. Er hatte angenommen, Caro wäre nur beleidigt, weil er sich nicht gemeldet hatte. Außerdem hatte sie sich bestimmt geärgert, dass sie ihren Hochzeitstag nicht hatten feiern können, weil er später als verabredet von seiner Geschäftsreise zurückgekehrt war.

Jake war sich so sicher gewesen, dass ihr Ärger irgendwann verraucht war und sie sich wieder beruhigen würde. Und dann würde sie zu ihm zurückkehren.

Stattdessen blieb Caro spurlos verschwunden.

Diese radikale Art, ihre Ehe zu beenden, konnte er einfach nicht in Einklang bringen mit dem Jahr zuvor, das sie miteinander verbracht hatten. Und heute verstand er ihre Entscheidung noch weniger. Sie musste doch gewusst haben, dass sie schwanger war, als sie ihn verlassen hatte.

Jake riss sich aus seinen Erinnerungen. „Dann geh in mein Arbeitszimmer und ruf von dort aus deinen Bruder an, wenn es sein muss“, erklärte er. „Aber vergiss nicht, ihm zu sagen, dass du dieses Jahr nicht mit ihm in London Weihnachten feiern kannst.“

Caro sah ihn frustriert an. Sie las in seinen eisigen grünen Augen, dass er genau meinte, was er sagte.

Der Mann ist unmöglich, dachte sie empört. Er kann mich nicht daran hindern, wieder zu gehen!

Leider hatte sie bereits andere Erfahrungen mit ihm gemacht. Jake bekam immer, was er wollte.

Immer.

Müde fuhr sie sich mit den Fingern durch die Haare, die nach der Reise ziemlich zerzaust waren. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mit mir zusammen Weihnachten feiern möchtest. Das willst du doch genauso wenig wie ich“, fügte sie nachdrücklich hinzu.

„Da irrst du dich, Caro.“

Sie suchte in seinem Gesicht nach Anzeichen dafür, dass er sie täuschen wollte, las aber nur Entschlossenheit darin und eine deutliche Warnung davor, sich auf einen Streit mit ihm einzulassen.

Es wäre sinnlos, das wusste sie.

Und sie fragte sich inzwischen auch, ob sie es überhaupt konnte. Einmal hatte sie es geschafft, ihn zu verlassen. Aber ob sie die Kraft dazu ein zweites Mal aufbrachte? Sie war sich nicht sicher …

War es möglich, dass sie ihn immer noch liebte?

Wie konnte das sein? Jake hatte sie geheiratet, um sie ins Bett zu bekommen, nicht, weil er sie liebte.

Ihre Ehe hatte er mit Füßen getreten, zusammen mit dem Versprechen, das er ihr vor dem Traualtar gegeben hatte. Alles nur hohle Worte. Sonst hätte er wohl kaum seine Geliebte nach New York mitgenommen, nachdem Caro beschlossen hatte, in England zu bleiben.

Nein, natürlich liebte sie Jake nicht mehr!

Sie sah ihn an und hielt seinem herausfordernden Blick stand. „Wie gut, dass es für mich nicht mehr wichtig ist, was du willst, Jake.“

In seinen Augen blitzte es drohend auf. „Ich finde, du solltest jetzt gehen und deinen Bruder anrufen“, sagte er gefährlich sanft. „Bevor ich aufstehe und dir zeige, was genau ich von dir will.“

Wie gern hätte sie ihm klipp und klar die Meinung gesagt, aber noch mehr drängte es sie, Magdalena hochzuheben, sie fest in die Arme zu schließen und einfach wegzulaufen. Weit weg von Jake. Auf Nimmerwiedersehen.

Doch sie würde nicht weit kommen.

Jake mochte schon lange das Interesse an ihr verloren haben, aber Caro war nicht entgangen, wie liebevoll er mit Magdalena umging. Jedes Mal, wenn er seine Tochter ansah, glitt ein zärtlicher Ausdruck über sein Gesicht. Caro ahnte, dass er sie nicht wieder gehen lassen würde. Wegen der Kleinen.

Und sie würde selbstverständlich nie ohne ihre Tochter gehen.

4. KAPITEL

„Na, was sagt Gavin?“, fragte Jake, als Caro nach dem Anruf bei ihrem Bruder ins Wohnzimmer zurückkehrte. Aber ihr frustrierter Gesichtsausdruck verriet ihm sofort, dass das Gespräch für sie ziemlich unbefriedigend verlaufen war.

Unwillig schüttelte sie den Kopf, als sie zum Tisch ging, um sich eine Tasse Tee einzuschenken, den Mrs. Weaver inzwischen gebracht hatte. „Er benutzte sehr oft das Wort großartig.“ Sie verzog das Gesicht. „Was meistens bedeutet, dass er überhaupt nicht zuhört.“

Jake zog spöttisch die Brauen hoch. „Sieht ganz so aus, als müsstest du die Weihnachtstage tatsächlich hier mit mir verbringen.“

Caro antwortete nicht, sondern schob gedankenverloren seine Teetasse außer Reichweite von Magdalenas neugierigen Fingerchen. Dann trank sie einen Schluck aus ihrer Tasse. „Ich habe vor, zu Montgomery Software zu fahren und Gavin aus dem Gebäude zu schleppen“, verkündete sie schließlich. „Auch wenn er brüllen und um sich schlagen sollte …“

„Caro“, unterbrach Jake sie sanft. „Dies ist Magdalenas erstes Weihnachtsfest. Meinst du nicht, sie sollte es zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Vater verbringen?“

Caro warf ihm einen abweisenden Blick zu. „Und das schlägst du mir jetzt vor, weil dir die Weihnachtstage mit deinen Eltern damals so besonders gutgetan haben?“

Die beißende Ironie war nicht zu überhören. Jake wusste genau, dass Caro auf die Weihnachtsfeste seiner Kindheit anspielte.

Seine Eltern hatten sich früh scheiden lassen, die Feiertage jedoch immer zusammen verbracht. Mit ihm. Nur seinetwegen hatten sie Jahr für Jahr versucht, sich zusammenzuraufen. Um ihrem Sohn das Märchen vom Familienfrieden vorzuspielen. Leider ging es jedes Jahr gründlich schief.

Schon als Neunjähriger hätte er lieber auf Weihnachten, auf die Geschenke und die festliche Stimmung verzichtet, wenn sich seine Eltern nur vertragen hätten. Doch seine Mutter und sein Vater waren schon immer wie Katze und Hund miteinander gewesen, hatten sich bei jeder Kleinigkeit angegiftet und verletzt. Und ihn gleich mit …

Er runzelte die Stirn. „Das ist ja wohl nicht das Gleiche, oder?“

„Aber fast“, gab Caro knapp zurück.

Jake musterte sie einen Moment lang prüfend, ehe er sich wieder Magdalena zuwandte, die gerade mit einem großen Legostein energisch den Teppich bearbeitete. Immerhin verstand er heute zum ersten Mal, was seine Eltern zumindest versucht hatten, ihm zu geben, als er noch Kind gewesen war – auch wenn sie kläglich damit gescheitert waren.

Obwohl er und Caro ja schließlich verheiratet waren, hatte er sich früher nie mit dem Gedanken beschäftigt, wie es wäre, Kinder mit ihr zu haben. Aber bei Magdalenas Anblick erfüllte ihn auf einmal tiefe Liebe zu seiner Tochter. Und er war seinen eigenen Eltern plötzlich dankbar, dass sie sich immerhin bemüht hatten, ihm ein stimmungsvolles Weihnachtsfest zu schenken, auch wenn es ihnen nicht gelungen war.

Aber es war zu spät, es ihnen zu sagen, denn beide waren vor fünf Jahren gestorben – kurz hintereinander, innerhalb weniger Monate. Keiner der beiden hatte wieder geheiratet, und Jake kam es nach all den Jahren der Bitterkeit und der Streitereien fast so vor, als hätten sie ohne die ständigen Konflikte miteinander nicht leben können.

„Immerhin haben sich meine Eltern wenigstens bemüht, Weihnachten zivilisiert miteinander umzugehen“, sprach er seine Gedanken laut aus. Er wusste, dass Caros Eltern der Kinder wegen zusammengeblieben waren – und dass es für Caro und Gavin oft die reinste Hölle gewesen war. „Außerdem ist es bei uns ja nicht so, dass wir einander hassen, so wie es bei deinen Eltern gewesen ist.“

Bei seinen Worten schlug Caros Herz schneller. Nein, trotz allem hasste sie Jake nicht …

Wie konnte sie denn jemanden hassen, den sie einst so sehr geliebt hatte? Wie konnte sie Jake hassen, wo doch ein einziger Blick auf ihre Tochter reichte, um die Ähnlichkeit zwischen den beiden klar zu erkennen?

Magdalena besaß zwar ihre Haarfarbe, hatte aber von Jake die smaragdgrünen Augen geerbt. Genau wie seine Gesichtszüge – und seinen starken Willen.

Ihre Tochter war meistens ein liebes, sonniges und pflegeleichtes Baby, konnte aber ausgesprochen störrisch sein, wenn sie ihren Willen nicht bekam.

Genauso wie Jake.

Caro lächelte traurig. „Es wäre nett zu glauben, dass wir einander nicht wirklich hassen, Jake, aber …“

„Nett?“, unterbrach er sie trocken, und seine Augen blickten überhaupt nicht nett, sondern …

Caro senkte abrupt den Kopf, um sich seinem intensiven Blick zu entziehen. Wenn er sie so ansah, so eindringlich, als könnte er bis auf den Grund ihrer Seele schauen, dann war sie verloren. Sie hatte das Gefühl, in den grünen Tiefen seiner Augen zu versinken, willenlos, wie gebannt.

So hatte er sie auch angeschaut, als er ihr den Heiratsantrag machte, und sie hatte nicht widerstehen können. Überglücklich hatte sie Ja gesagt.

„Magdalena muss etwas essen“, sagte sie rasch, bückte sich und hob ihre Tochter hoch.

Magdalena strahlte sie an, als hätte sie sie genau verstanden.

„Sie hat ja schon zwei Zähne“, rief Jake, sichtlich überwältigt von dem süßen Lächeln der Kleinen.

Als Caro die Liebe in seinen Augen sah, war ihr Hals plötzlich wie zugeschnürt. So hat er mich nie angesehen, dachte sie traurig. Und er wird es auch nie tun …

„Zähne, mit denen sie dich mit Wonne beißen wird, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommt“, sagte sie schnell, ehe sie sich umwandte, um nach Magdalenas Tasche mit den Windeln zu greifen. „Wird Mrs. Weaver etwas dagegen haben, wenn ich ihre Küche mit Beschlag belege, um Magdalenas Essen warm zu machen?“

„Es ist meine Küche“, berichtigte er sie. „Und auch deine, falls du dich entscheiden solltest, in diesem Haus zu leben.“

Caro blickte ihn scharf an, konnte aber in seinem plötzlich ausdruckslosen Gesicht nicht erkennen, was er damit meinte. „Nach den Weihnachtsfeiertagen fliege ich zurück nach Mallorca. Ich bleibe nicht in England.“

„Doch, das wirst du“, erwiderte er entschieden.

Zunehmend frustriert von seiner Arroganz, holte Caro tief Luft, bevor sie antwortete: „Bestimmt nicht.“

Sein Lächeln war völlig humorlos. „Du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich meinen Willen durchsetzen werde, Caro.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich jemals gekannt habe“, antwortete sie tapfer.

„Natürlich kennst du mich. Und deshalb weißt du genau, dass ich es nicht zulassen werde, dass du mit unserem Kind wieder nach Mallorca verschwindest.“

Sekundenlang maßen sie sich mit Blicken.

Er blieb Sieger. Caro sah zuerst beiseite.

Aber das letzte Wort ließ sie sich nicht nehmen. „Wenn du das glaubst, dann kennst du mich aber schlecht“, sagte sie, wandte sich ab und marschierte aus dem Zimmer.

Jake sah ihr nach. Ihr Haar war länger, als er es in Erinnerung hatte, es reichte ihr fast bis zur Taille. Bewundernd betrachtete er die seidige rotgoldene Mähne, die bei jedem Schritt hin und her schwang. Während sein Blick tiefer glitt, zu ihren sanft gerundeten Hüften und dem festen Po in der eng anliegenden Jeans, erfasste ihn unwillkürlich eine Welle der Erregung. So heftig, dass ihm klar wurde, wie sehr er seine Frau immer noch begehrte. Sogar noch mehr als damals, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.

„Komm und hilf mir, den Weihnachtsbaum zu schmücken, Caro.“ Jake stand neben dem großen, duftenden Nadelbaum, der am Vormittag angeliefert worden war. Zusammen mit allem anderen, von dem er gedacht hatte, dass sie es für ein stimmungsvolles Weihnachtsfest brauchen würden.

„Vor zwei Jahren hatten wir eine Menge Spaß, ihn zu dekorieren, erinnerst du dich?“, fügte er hinzu, als Caro sich nicht rührte, sondern auf ihrem Platz am Kamin sitzen blieb.

Jake dachte an den Tag im Dezember vor zwei Jahren zurück. Es war wenige Wochen nach ihrer Hochzeit gewesen. Statt den Tannenbaum zu schmücken, hatten sie auf dem Fußboden davor miteinander geschlafen, leidenschaftlich und stürmisch, inmitten von Kisten und Kästen mit Christbaumkugeln und Lichterketten.

Caro warf ihm einen nicht gerade freundlichen Blick zu. „Ich erinnere mich vielmehr daran, dass wir im letzten Jahr den Weihnachtsbaum nicht zusammen geschmückt haben!“

Jake mochte nicht daran denken, wie niedergeschlagen er gewesen war, als er das letzte Weihnachtsfest allein verbringen musste. Caro hatte ihn nur Tage vorher verlassen und war spurlos verschwunden. Zu der Zeit befand sie sich längst auf Mallorca, wie er inzwischen wusste.

„Das war deine Entscheidung, Caro, nicht meine!“

Ja, das stimmte, musste Caro sich insgeheim eingestehen und seufzte stumm. Doch von freier Entscheidung konnte ja wohl keine Rede sein. Ihre Abreise damals war eine traurige Folge der Tatsache gewesen, dass ihre Ehe zerbrochen war.

Jake und sie hätten niemals heiraten sollen. Hätte sie einer kurzen Affäre zugestimmt, wäre es auch nie zu einer Ehe gekommen.

Das schlechte Beispiel seiner Eltern vor Augen, die überstürzt geheiratet hatten und sich schon bald wieder scheiden ließen, hielt Jake nicht viel von der Ehe. Das hatte sie schnell herausgehört – und auch, dass eine Hochzeit in seiner Lebensplanung eigentlich nicht vorgekommen war.

Wie dumm und naiv sie doch gewesen war, dachte Caro. Sie hatte fest daran geglaubt, dass ihre Liebe zu ihm und sein Verlangen nach ihr – welches sie fälschlicherweise für Liebe gehalten hatte – genügten, um eine harmonische Ehe zu führen.

Doch falls Jake annahm, dass sie jetzt zu ihm zurückkehrte, nur weil es Magdalena gab, dann war er mindestens genauso naiv!

Sie hatte ihn wegen seiner Affäre mit einer anderen Frau verlassen – und weil sie nicht in einer Ehe ohne Liebe und gegenseitige Achtung leben wollte, wie ihre Eltern es so viele Jahre lang getan hatten.

Auf keinen Fall würde sie sich jetzt von Jake unter Druck setzen lassen. Ihre Entscheidung stand unumstößlich fest.

Allerdings las sie in seinen Augen gerade etwas völlig anderes als die gewohnte Entschlossenheit, seinen Willen durchzusetzen. Jake betrachtete sie voller Verlangen, so als wollte er ihr die Kleidung vom Leib reißen und sie an Ort und Stelle leidenschaftlich lieben …

Hastig richtete Caro sich auf. „Ich gehe mal nach oben und sehe nach Magdalena.“ Ihre Tochter war schon beim Essen fast eingeschlafen, sodass sie sie nach dem Füttern gleich hingelegt hatte. In das Kinderbett, das Jake innerhalb der wenigen Stunden, nachdem er von Magdalenas Existenz erfahren hatte, bestellt und hatte anliefern lassen.

„Wir hören doch, wenn sie wach wird.“ Jake deutete auf das Babyfon und stellte sich ihr in den Weg, als sie gerade hinausgehen wollte.

Caro blieb stehen, plötzlich atemlos, als sie sah, wie Jake auf ihre leicht geöffneten Lippen starrte. So intensiv, dass sie glaubte, seinen Mund schon auf ihrem zu spüren. Warm, verführerisch …

Sie bekam weiche Knie, und in ihr breitete sich eine beunruhigende Wärme aus, erfasste ihre Schenkel, ihre Brüste. Ihre Brustspitzen wurden hart und fingen an zu prickeln. Ein ganzes Jahr lang hatte sie die Erinnerungen an die heißen Liebesspiele mit Jake verdrängt, aber jetzt kehrten sie mit Macht zurück und vernebelten ihr den Verstand.

Nervös leckte sie sich die Lippen – und erkannte ihren Fehler sofort, denn Jakes Blick folgte wie gebannt ihrer Zungenspitze.

Er hob die Hand, als wollte er ihren Nacken berühren, ihren Kopf näher zu sich ziehen …

Caro zuckte heftig zurück, bevor er sie anfassen konnte. „Nicht!“

„Das ist heute schon das zweite Mal, dass du vor mir zurückweichst.“ Jake trat einen Schritt an sie heran und schob die Hand unter ihr Haar, umfasste mit seinen schlanken Fingern ihren Nacken.

„Lass mich los, Jake!“, befahl sie, auch wenn ihr die Beine zitterten, weil sie sich überdeutlich seiner warmen Finger auf ihrer Haut bewusst war.

Er hielt ihren Blick gefangen und schüttelte langsam den Kopf. „Das kann ich nicht, Caro.“

„Was heißt das, du kannst es nicht?“

„Genau das“, wiederholte er rau.

Jake spürte ihre samtige Haut unter den Fingern. Er konnte und wollte Caro nicht loslassen. Nicht, bevor er …

Die blauen Augen in ihrem bleichen Gesicht wirkten riesengroß. „Du konntest immer tun, was du wolltest“, entgegnete sie atemlos. „Also erzähl mir nicht, dass du mich nicht loslassen kannst.“

„Diesmal nicht“, flüsterte er und sah ihr in die Augen, bevor er den Kopf senkte und ihre Lippen mit seinen berührte. Nicht sanft oder zögernd, sondern wie ein halb verdursteter Mann in der Wüste, der nach langer, langer Zeit endlich Wasser gefunden hat.

Obwohl sie sich noch immer gegen seinen Griff wehrte, waren ihre Lippen warm und weich, und sie schmeckten süß wie Honig. Jake küsste Caro verlangend, schlang die Arme um sie und presste ihren schlanken Körper an sich. Er brauchte ihr nicht zu sagen, wie sehr er sie begehrte.

Caro keuchte auf und klammerte sich an seine Schultern, als sie seine Erregung spürte. Jake nutzte den Moment und ließ seine Zunge über ihre seidenweiche Unterlippe gleiten.

Caro stöhnte tief auf, längst willenlos, als er ihren Mund eroberte und sie mit seiner Zunge in Flammen setzte, sie schmeckte, sie sanft und doch so hungrig streichelte und berührte.

Caro vergaß alles um sich herum im Rausch der Gefühle, die sie plötzlich überfluteten. Sie spürte, wie sie von einer erregenden Hitze erfasst wurde, wie sie sich völlig hingab, als sie, ohne es eigentlich zu wollen, voller Leidenschaft seine wilden Küsse erwiderte.

Ein sinnlicher Schauer überlief sie, als er die Hände unter ihren Pullover schob und sie seine warmen Finger auf ihrer nackten Haut fühlte, wie er ihre Brüste umfasste und seine Daumen durch das dünne Material ihres BHs um ihre festen, aufgerichteten Brustwarzen kreisen ließ.

Sie wusste, wenn Jake sie jetzt an ihrer empfindlichsten Stelle berührte, würde sie explodieren vor Lust. Ihr Körper, der schon viel zu lange Liebkosungen und Ekstase entbehrt hatte, erwachte aus seinem Dornröschenschlaf, wollte mehr, wollte nackte Haut spüren, Jakes nackte Haut, seine harten Muskeln, seine Kraft und Stärke.

Das Babyfon knackte, und dann drang Magdalenas gurrendes Gebrabbel durch den Sinnesrausch, in dem Caro gefangen war. Sie erstarrte – und stieß Jake im nächsten Moment heftig von sich, fassungslos, dass sie sich dazu hatte hinreißen lassen, ihn zu küssen.

Jake holte schwer atmend ein paarmal tief Luft. Das Entsetzen in ihren Augen zu sehen, fühlte sich für ihn an wie ein Schlag in den Magen. Caro wich noch weiter vor ihm zurück und wandte sich ab, sodass er ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte.

„Verdammt, Caro …“

„Sag nichts, Jake“, warnte sie ihn bebend. „Das war … Ich verstehe selbst nicht, was gerade passiert ist.“ Abscheu schwang in ihrer Stimme mit. Abscheu vor sich selbst.

„Du weißt genau, was gerade passiert ist …“

„Und es wird auf keinen Fall wieder vorkommen“, rief sie aus, drückte die Schultern durch und blickte ihn herausfordernd an.

Jake musterte sie schweigend. Nein, er hatte sich nichts eingebildet. Sie war genauso stark erregt wie er auch. Ihre geröteten Wangen, die schimmernden, eine Spur dunkleren Augen und ihre bebenden Hände sagten alles.

„Bist du dir da wirklich sicher?“, fragte er sanft nach.

„Ja“, beharrte sie. „Ich gehe jetzt nach oben zu Magdalena, wechsle ihr die Windel und bestelle mir dann ein Taxi, das mich nach London zurückbringt.“

Jake ballte die Fäuste. „Du fährst nirgendwohin, Caro.“

Ihre Wangen färbten sich rot. „Ich empfehle dir, nicht einmal in Betracht zu ziehen, mich am Gehen zu hindern, Jake“, sagte sie drohend.

„Wir wissen beide, dass ich es könnte, wenn ich wollte“, erwiderte er barsch.

„Immer noch arrogant wie eh und je“, entgegnete sie verächtlich.

Er lächelte grimmig. „Du hast Glück, dieses Mal muss ich gar nichts tun. Sieh mal nach draußen.“

Verwundert trat sie ans Fenster, und auf ihrer Miene machte sich schnell Bestürzung breit.

Es schneite.

Schwere weiße Flocken taumelten vom dunklen Himmel herab und tanzten vor der Scheibe. Anscheinend schneite es schon eine ganze Weile, denn Rasen, Büsche und die Auffahrt waren bereits mit einer dicken Schicht Schnee bedeckt.

Du wird heute Abend jedenfalls nirgends mehr hinfahren, Caro, dachte Jake zufrieden.

5. KAPITEL

Das wirst du mir büßen, Gavin!

Caro schäumte vor Wut, als sie im Schlafzimmer neben Magdalenas Zimmer auf und ab marschierte. Es war ein wunderschönes Schlafzimmer mit hohen Decken, in geschmackvollen Gelb- und Goldtönen gehalten und mit einem herrlichen Ausblick auf die lange, gewundene Auffahrt vor dem Haus.

Eine Auffahrt, die inzwischen unter einer fast zehn Zentimeter hohen Schneedecke verschwunden war.

Bei diesen Wetterverhältnissen nach London zurückzufahren, war viel zu gefährlich. Schon wegen ihrer Tochter durfte sie das Risiko nicht eingehen.

Caro musste ständig daran denken, wie es sich angefühlt hatte, Jake zu küssen, seine starken Arme um sich zu spüren. Und sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie es zugelassen hatte. Keine Frage, wäre sie ohne ihre Tochter hier, würde sie längst versuchen, aus seinem Haus zu fliehen.

Magdalena war gerade unten bei Jake, frisch gebadet und satt. Vater und Tochter saßen auf dem warmen Teppich und spielten mit Magdalenas neuen Spielzeugen. Caro hatte sie vor wenigen Minuten verlassen, um mit der Haushälterin nach oben zu gehen.

Warum habe ich mich nur von ihm küssen lassen? Wie konnte ich zulassen, dass er mich so berührt …

Weil es sie erregt hatte, weil sie nicht mehr denken konnte, kaum dass sie seine warmen Lippen an ihren gespürt hatte …

„Soll ich dir ein Bad einlassen? So wie früher?“

Caro wirbelte herum. Jake stand an der Tür, lässig gegen den Rahmen gelehnt, und musterte sie von oben bis unten.

Caro stieg das Blut ins Gesicht, als sie sich an die Zeiten erinnerte, als Jake ihr früher ein Bad eingelassen hatte – und danach zu ihr in die Wanne gestiegen war.

„Nein, danke“, erwiderte sie ärgerlich. „Wieso bist du hier oben? Wo ist Magdalena?“

„Mrs. Weaver scheint Spaß daran haben, die Großmutter zu spielen“, meinte er, kam ins Zimmer und legte Caros Koffer aufs Bett. „Sie hat angeboten, Magdalena die bunt verzierten Weihnachtsplätzchen zu zeigen, die sie heute Morgen gebacken hat, damit ich dein Gepäck aus dem Wagen holen kann“, fügte er hinzu. „Hast du alles, was du brauchst?“

Nach allem, was passiert war, brauchte sie nur eins, dachte Caro: eine sichere Fahrgelegenheit, um so schnell wie möglich aus diesem Haus zu verschwinden!

Doch dieser Wunsch würde sich nicht erfüllen. Watteweiße Flocken taumelten noch immer unablässig vom Himmel und ließen die Welt draußen unter einer dicken Schneeschicht verschwinden.

„Jetzt ja“, murmelte sie widerstrebend. „Ich … Danke, dass du mir meine Sachen gebracht hast“, fügte sie verlegen hinzu.

Jake hob eine Augenbraue. „Und – ist es dir sehr schwergefallen, mir das zu sagen?“

Sie lächelte schief und ließ sich auf die Bettkante sinken. „Nicht allzu sehr. Schließlich hast du dich ja in die Kälte hinausgewagt, um meinen Koffer zu holen.“

Jakes dunkles Haar war feucht vom Schnee, es lockte sich an den Ohren und im Nacken. Caro hatte nicht vergessen, wie weich und seidig es sich vorhin unter ihren Fingern angefühlt hatte …

„Wir könnten die Zeit nutzen, um zu reden, Caro.“

„Worüber denn?“ Sie sah ihn scharf an.

Jake zuckte mit den Schultern. „Vielleicht sollte ich dich zuerst fragen, ob es jemand Bestimmten in deinem Leben gibt.“ Ganz bewusst schlug er einen lockeren Ton an, obwohl der Gedanke kaum zu ertragen war, dass es für Caro einen anderen Mann geben könnte.

Sie senkte den Blick. Ihre Miene verriet nichts. „Du meinst, abgesehen von Magdalena?“

„Stell dich nicht dumm, Caro“, erwiderte er ungeduldig.

Seufzend stand sie auf, ging ans Fenster und blickte auf die tanzenden Schneeflocken hinaus. „Wenn man ein Baby zu versorgen hat, bleibt wenig Zeit.“

Was seine Frage nicht wirklich beantwortete. Also musste er wohl deutlicher werden. „Hast du einen anderen?“

Sie wirbelte herum, so etwas wie Herausforderung blitzte in ihren klaren blauen Augen auf. „Hast du eine andere?“

Jake hielt ihrem Blick stand. „Nein.“

„Oh.“ Das hörte sich an, als hätte sie das Gegenteil erwartet. „Ich hätte nie gedacht, dass du Weihnachten allein verbringst.“

„Ehrlich gesagt, wundert es mich, dass du dir überhaupt Gedanken machst was ich mit meiner Zeit anstelle – von Weihnachten ganz zu schweigen“, erwiderte er bitter. „Vermutlich hast du im vergangenen Jahr nicht ein einziges Mal an unsere Ehe oder an mich gedacht.“

„Zumindest nicht im positiven Sinne“, bestätigte sie ihm kaltherzig.

Jake atmete frustriert durch. Eine Antwort auf die für ihn entscheidende Frage hatte Caro ihm immer noch nicht gegeben.

Autor

Carole Mortimer
Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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