Julia Collection Band 102

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LIEBE KANN MAN NICHT PLANEN, CASANOVA! von HUNTER, KELLY
Als Damon in Hongkong auf die Assistentin seines Vaters trifft, erwacht in ihm schlagartig der Jäger. Er zieht alle Register, um Ruby in sein Bett zu bekommen. Und ahnt dabei nicht, dass sie eigene Pläne hat. Pläne, die weit über eine lockere Affäre hinaus gehen …

SCHNELLKURS IN SACHEN LIEBE von HUNTER, KELLY
Gestrandet mit einem Mann! Poppy hat sich ihren Urlaub entspannter vorgestellt. Doch nun ist sie hier mit diesem attraktiven Sebastian, allein auf einer Insel. Und weil er ihre Unerfahrenheit spürt, macht er ihr einen frechen Vorschlag: ein Schnellkurs in Sachen Liebe …

MÄRCHENHAFT VERFÜHRT von HUNTER, KELLY
Trig sitzt in der Klemme. Gestern hat er der Schwester seines besten Freundes endlich seine Liebe gestanden. Doch ehe er Lenas Antwort kennt, verliert sie das Gedächtnis - und hält ihn für ihren Bräutigam! Anschmiegsam sucht sie seine Nähe. Wie lange kann er ihr widerstehen?


  • Erscheinungstag 06.01.2017
  • Bandnummer 0102
  • ISBN / Artikelnummer 9783733707811
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kelly Hunter

JULIA COLLECTION BAND 102

1. KAPITEL

Weihnachten war wie jedes Jahr ein Fest für Handel und Kommerz. Und natürlich war es auch ein besonderer Tag für Familien. Für manche war Weihnachten aber auch einfach nur eine Farce.

Ganz Hongkong erstrahlte in der Vorweihnachtszeit im Licht unzähliger Neondekorationen, und das Geld saß den meisten Menschen lockerer als sonst in der Tasche. Ruby Maguire wusste das nur zu gut aus eigener Erfahrung, denn sie lebte bereits seit sechs Jahren in Hongkong. Eigentlich hätte es deshalb für sie ein Leichtes sein müssen, für die Kinder eines führenden Investmentbankers eine passende Weihnachtsüberraschung zu organisieren.

Einen Ausflug ins Hongkong Disneyland oder in den Ocean Park zum Beispiel. Das riesige Hologramm eines Weihnachtsbaumes in Glas. Oder sonstige ausgefallene Geschenke, so viele, dass die Kinder nicht wüssten, mit was sie zuerst spielen sollten. Das Größte wäre natürlich, wenn ihr Vater sich tatsächlich einmal einen ganzen Tag freinehmen und mit ihnen verbringen würde.

Allerdings waren die Kinder von Mr. West mittlerweile groß geworden. Seine persönliche Assistentin hatte bereits durchsickern lassen, dass der Älteste wohl in diesem Jahr gar nicht dabei sein würde. Die Zweitälteste erholte sich gerade von einer schweren Verletzung, die jüngere Tochter war ein öffentlichkeitsscheues Genie und der jüngste Sohn wohl eine Mischung aus Schlitzohr, Charmebolzen und James Bond.

So viel zu der Idee mit Disneyland …

Ruby hatte sich statt auf die Geschenke deshalb erst einmal auf Russell Wests Villa konzentriert. Sie hatte den eleganten Marmorbau mit den erlesensten Gegenständen geschmückt und festlich herausgeputzt. Natürlich fehlte es nicht an frischen Blumen, allem voran an weißen Orchideen. Auch klassische rot-grüne Weihnachtssterne schmückten das Haus. Ruby hatte überall Kerzen aufgestellt, die nur darauf zu warten schienen, endlich angezündet zu werden und eine festliche Atmosphäre zu verbreiten.

Ein architektonisches Highlight der Villa war der kleine Bach, der in einer gläsernen Rinne durch die Empfangshalle floss. Er plätscherte am Fuße der mächtigen Treppe entlang bis hinaus auf die Terrasse. Ein Kleinod! Für dieses Bächlein hatte Ruby wunderschön gemusterte Goldfische besorgt, die sich in ihrem neuen Zuhause sehr wohl zu fühlen schienen.

Auf der Terrasse fehlte eigentlich nur noch eine singende Grille in einem Bambuskäfig, was in China seit Jahrhunderten so üblich war. Aber das wäre dem Australier Russell West dann doch eine Spur zu weit gegangen. Statt einer Grille hielt er sich lieber einige Singvögel, deren Melodien ihn nicht minder verzauberten.

Heute war schon der 22. Dezember. Bereits morgen sollten die drei jüngeren West-Kinder anreisen. Sie würden alles so vorfinden, wie sie es gewohnt waren: Perfekt hergerichtete Zimmer, festliche Dekoration in der ganzen Villa, und für den Fall, dass sie außer Haus speisen wollten, hatte Ruby rechtzeitig in den besten Restaurants der Stadt Tische für sie reserviert.

Ruby war weder Hausmädchen noch Köchin, obwohl auch dergleichen Tätigkeiten ab und an zu ihren Aufgaben zählten. Sie sah sich eher als so etwas wie Mr. Wests rechte Hand in gesellschaftlichen Dingen. Dies umfasste unter anderem das Verfassen seiner Dinner-Reden, die Berichterstattung über Neuigkeiten aus Hongkongs Oberschicht und das Organisieren seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen, sodass diese möglichst angenehm und stressfrei vonstattengingen.

Mr. Wests großzügiger Bonus dieses Jahr zeigte Ruby, dass er wohl recht zufrieden mit ihrer Arbeit war.

Ihr letzter Auftrag war es gewesen, Weihnachtsgeschenke für die Kinder seiner Untergebenen zu besorgen. Diese Aufgabe hatte Ruby sehr viel Freude bereitet. Sie liebte es einfach, andere zu beschenken. Außerdem hatte sie auch gleich ein Verzeichnis angelegt, das die Namen, Geburtstage und besonderen Interessen der Ehefrauen und Kinder aller Angestellten enthielt. Auf eigene Faust hatte Ruby dann noch solch ein Verzeichnis für Mr. Wests sonstige Geschäftskontakte angelegt – ob er es jemals gebrauchen würde, war allerdings eine andere Frage.

Denn nicht einmal die Geschenke für seine eigenen Kinder hatte Russell West selbst besorgt. Auch hierfür war Ruby zuständig. Und genau das bereitete ihr im Moment Kopfzerbrechen. Sie hatte nur noch etwa 24 Stunden Zeit, und Mr. West hatte ihr weder den preislichen Rahmen genannt, noch hatte er sonst irgendwelche Hinweise gegeben.

„Keine Ideen“, murmelte Ruby, während sie den Kasten französisches Mineralwasser auf dem Küchenboden abstellte und die Flügeltüren zur Terrasse heraus öffnete. Sie ergriff ein Paar dünne Kunststoffhandschuhe und ging damit hinüber zum Vogelkäfig.

Es handelte sich hierbei nicht etwa um einen winzigen, verschnörkelten Bambuskäfig, sondern um eine große, prachtvolle Voliere. Darin gab es jede Menge Äste und kleine Büsche, Nest- und Futterplätze, und der komplette Boden war mit Zeitungen ausgelegt, die Ruby täglich wechselte.

Die meisten Gäste waren ganz begeistert von den kleinen Vögeln, die freudig ihre Lieder sangen. Und auch Ruby und ihr Arbeitgeber genossen es, dass die Tiere so viel mehr Platz hatten, als es hierzulande üblich war.

„Es sollte ein Gesetz geben, das vorschreibt, dass ein Vater die Weihnachtsgeschenke für seine Kinder selbst kauft!“, schnaubte Ruby vor sich hin und machte sich daran, den Käfig zu reinigen. Die kleinen Gangesbrillenvögel kamen ans Gitter geflogen, um sie zu begrüßen. „Was ist daran bitte schön so eine große Sache?“

„Aber hallo!“ Ruby fuhr erschrocken herum, als sie eine amüsierte Männerstimme aus Richtung der Küche hörte. Ihre Augen weiteten sich bei dem Anblick, der sich ihr bot. In der offenen Terrassentüre stand ein Mann, bekleidet mit nichts als einem schneeweißen Handtuch um die Hüften. Am unteren Ende seiner knappen Garderobe kamen zwei wohlgeformte Oberschenkel zum Vorschein, oberhalb des Handtuchs ein durchtrainierter Oberkörper mit breiten männlichen Schultern. Ruby schluckte und stand aus ihrer gebückten Haltung auf, das schmutzige Zeitungspapier zerknüllte sie fest in der Hand.

„Wer sind Sie?“

„Genau die Frage wollte ich auch gerade stellen“, antwortete der Mann mit einem Grinsen, das Ruby tatsächlich auf dumme Gedanken brachte. Schnell riss sie sich zusammen und kam ihm mit ihrer Antwort zuvor: „Ich bin Russell Wests Assistentin in gesellschaftlichen Dingen.“ Ruby versuchte das verschmitzte Lächeln ihres Gegenübers zu ignorieren. „Und Sie sind sicher einer seiner Söhne, stimmt’s? Ich frage mich nur, welcher …“

„Und was, wenn ich der Poolboy wäre?“

„Nun, ich habe keinerlei Zweifel daran, dass Sie Ihre Sache gut machen würden“, entgegnete Ruby, „allerdings gibt es hier keinen Pool!“ Sie grinste. Dann musterte sie sein fein geschnittenes Gesicht. „Ich weiß nicht … sind Sie jetzt der seines Jobs überdrüssig gewordene Geheimdienstoffizier oder der skrupellose Draufgänger?“ Schnell schickte Ruby ein Lächeln hinterher, immerhin war sie sich sicher, dass einer der Söhne ihres Chefs vor ihr stand.

„Ich habe noch nie erlebt, dass jemand eine Beleidigung derart geschickt in ein Kompliment verpacken kann“, antwortete der Mann anerkennend. „Sie müssen ja eine Menge Übung darin haben.“

„Sie sind Damon, der Jüngste!“ Jetzt war sich Ruby sicher. Sie warf das Zeitungsknäuel in den Komposteimer und streifte die Handschuhe ab. Dann streckte sie ihm ihre Hand entgegen. „Mein Name ist Ruby Maguire. Über Weihnachten kümmere ich mich hier um alles.“

„Freut mich!“ Damon hatte einen angenehm festen Händedruck. Nicht so, dass er ihr gleich die Hand zerquetschte, sondern vielmehr so, als wüsste er mit seinen Kräften umzugehen. „Wie gefällt Ihnen Ihr Job?“

„Ganz okay“, entgegnete Ruby lässig. „Übrigens werden ihre beiden Schwestern erst morgen erwartet. Und Ihr Bruder wird wohl gar nicht kommen, aber vielleicht wissen Sie das ja genauer?“

Ein Schatten schien über Damons ansonsten so entspanntes Gesicht zu huschen. Er zuckte nur mit den Schultern. Ruby ging nicht weiter darauf ein. Sie war als Einzelkind aufgewachsen, hatte allerdings ein paar ältere Stiefgeschwister, denen sie aus dem Weg zu gehen pflegte. Familiengeschichten waren nicht gerade ihre Stärke, und schon gar nicht wollte sie sich in irgendwelche Geheimnisse der Familie ihres Chefs einmischen. „Ich nehme mal an, Sie haben sich schon häuslich eingerichtet?“ Es gab sechs Schlafräume in der Villa, jeder mit einem eigenen Badezimmer. „Sie sind ja nicht zum ersten Mal hier und brauchen keine Führung durchs Haus, oder?“

„Nein, nein.“

„Kaffee?“ Ruby betrat die chromglänzende Küche und sah ihn fragend an.

„Ja, gerne. Oder Espresso, wenn möglich?“

„Kein Problem.“

„Und, Ruby … wohnen Sie hier?“, fragte Damon plötzlich mit einem etwas zu vertraut klingenden Ton in der Stimme.

„Eher nicht. Niemand wohnt hier im eigentlichen Sinn. Auch ihr Vater kommt nicht oft hierher und bleibt nur ab und zu über Nacht. Ich kümmere mich um die Vögel und seit Neuestem um die Fische, ich gieße die Blumen, bringe Wäsche in die Reinigung, fülle den Kühlschrank wieder auf und richte die Zimmer her, wenn Besuch kommt.“

„Und war das schon immer so?“

Ruby sah ihn überrascht an. „Nein. Es gab auch einmal ein anderes Leben. Da habe ich Jura studiert und mich anschließend durchs Gesellschaftsrecht gearbeitet. Bis zu dem Tag, an dem mein Vater, der Investmentbanker, beschloss, auf die Kaimaninseln zu fliehen. Für ihn war das eine tolle Lösung, denn die Gefängnisse hier sind ja berüchtigt.“ Rubys Stimme klang, als würde sie übers Wetter plaudern. „Zucker oder Süßstoff?“ Sie öffnete eine Schranktüre.

„Sie sind Harry Maguires Tochter?“ Damons Kinnlade war heruntergeklappt.

„Erwischt.“ Ruby platzierte Zucker und Süßstoff auf der Arbeitsplatte zwischen ihnen und fragte sich, was dieser Mann nur an sich hatte, dass sie so freiheraus von sich erzählte. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich mit Finanznachrichten befassen?“

„Meine Liebe, Ihr Vater hat 872 Millionen US-Dollar veruntreut und sich danach aus dem Staub gemacht. Das hat nicht nur die Finanznachrichten dominiert! Ihr Vater ist ein Supergangster!“ Er sagte das mit einem Anflug von echter Bewunderung. „Wo steckt er denn jetzt?“

„Nun, das ist die 872-Millionen-Dollar-Frage“, entgegnete Ruby und fügte nachdenklich hinzu: „Ich habe tatsächlich keine Ahnung.“

„Hattet ihr nicht so ein enges Verhältnis?“

„Doch, sehr sogar. Mein Vater war mein einziger richtiger Verwandter. Ich bin zu zweit mit ihm aufgewachsen – inklusive einer Unzahl an Kindermädchen, Butlern, Köchen, Hauslehrern. Ich habe seine Arbeit sehr geschätzt. Jetzt tue ich das nicht mehr.“

„Weil er das Gesetz gebrochen hat? Oder weil er dich verlassen hat?“, fragte Damon vorsichtig. Ruby sah ihn an und fragte sich, was sie davon halten sollte, dass er sie plötzlich duzte. Dann sah sie ihn richtig an und bemerkte, dass er sich wirklich für ihr Problem interessierte. Er war nicht mehr der strahlende Sonnyboy von vorhin.

„Das Gesetz zu befolgen ist manchmal nicht leicht.“

„Du sagst es.“ Damon lehnte sich so weit vor über die Küchentheke, dass er fast ihren Arm berührte.

Es war nicht leicht für Ruby, nicht auf Damons Mund zu starren, nicht seinen Blick zu erwidern, der geradezu dazu aufforderte, mit ihm auf sein Zimmer zu gehen.

„Hast du schon irgendwelche Pläne für deinen Aufenthalt hier?“, fragte sie schnell, denn es wurde dringend Zeit, das Thema zu wechseln.

„Hättest du eine Idee?“

„Oh ja. Du könntest mir helfen, Weihnachtsgeschenke für deine Schwestern zu besorgen.“

Damon wich erschrocken zurück, und Ruby lachte übers ganze Gesicht. „Hast du wirklich gedacht, ich frage den heiß geliebten Sohn meines Chefs, ob er mir bei meiner Arbeit hilft?“

„Ich bin nicht heiß geliebt.“

„Ich denke schon. Du müsstest mal hören, wie dein Vater von dir spricht. Mit einer Mischung aus Liebe und Enttäuschung, Stolz und Anerkennung. Ich muss zugeben, Liebe und Enttäuschung findet man bei den meisten Vätern. Stolz und Anerkennung hingegen von einem der erfolgreichsten Banker der Welt, das ist schon nicht schlecht. Frage mich, womit du dir das verdient hast?“

„Kein Kommentar. Wenn er tatsächlich so positiv von mir denkt, wollen wir es dabei belassen. Und was das Weihnachts-Shopping mit dir betrifft, ich bin dabei! Gib mir nur fünf Minuten, um mir etwas anzuziehen.“

„Ja, das wäre wohl nicht verkehrt … Lass dir aber ruhig Zeit, ich brauche noch mindestens 15 Minuten hier.“

Ruby schob den fertigen Espresso über die Theke zu Damon, woraufhin dieser rasch seine Hand ausstreckte und an ihren Fingern entlangstrich. Seine Berührung löste bei Ruby eine heftige Gänsehaut aus. Ein Kribbeln, das sich blitzschnell in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Was hatte das bitte zu bedeuten? Erschrocken zog sie ihre Hand zurück.

Natürlich hatte sie in ihrem Leben schon Verlangen verspürt, tiefe Begierde und Lust. Aber von solch einer unbedeutenden Berührung? Ruby war verwirrt. Das durfte sie nicht zulassen.

„Was ist?“ Damon schmunzelte. „War der Kaffee zu heiß?“

„Nicht unbedingt der Kaffee …“ Ruby seufzte. „Damon, ich will es gleich ganz deutlich sagen: keine Berührungen, okay? Kein Flirten. Und auch keine persönlichen Fragen mehr. Ich habe meine Gründe dafür.“

„Du meinst doch wohl nicht meinen Vater? Er braucht davon ja nichts zu wissen.“

„Damon? Das kann wohl nicht dein Ernst sein. Dein Vater kennt sich vielleicht nicht aus mit den Interessen und Hobbys seiner Geschäftspartner – aber er hat schon zwei Augen im Kopf. Und die amourösen Eskapaden seiner Kinder bleiben einem Mann wie ihm sicher nicht verborgen.“

Ruby Maguire war eine Wahnsinnsfrau, da war sich Damon sicher, als er mit seinem Espresso in der Hand zurück zu seinem Zimmer schlenderte. Sie war ein verwöhntes Oberklassemädchen. Reich, gut erzogen und zurückhaltend, dabei aber auch frech und widersprüchlich: in seinen Augen die pure Verführung. Und dessen war Ruby sich auch noch selbst bewusst.

Es konnte gar keinen besseren Zeitvertreib für ihn geben.

Nichts würde ihn besser von den Sorgen um seinen fehlenden Bruder und seine verletzte Schwester ablenken, nichts konnte ihm das scheinheilige Weihnachtsfest besser versüßen.

Damon warf sein Handtuch achtlos aufs Bett und begann in seinem Kleiderschrank zu stöbern. Hier im Haus hatte er nur eine kleine Auswahl an Kleidung, genau das, was seinem Vater gefiel. Er wählte ein weißes Baumwollhemd und einen steingrauen Nadelstreifenanzug. Maßgeschneidert, natürlich. Dazu legte er die teure Sportarmbanduhr an, die ihm seine Schwestern zum letzten Weihnachtsfest geschenkt hatten. Alles in allem Stücke, die dem Stil des Hauses entsprachen und seinen Vater standesgemäß repräsentierten. So pflegte es Damon immer an Weihnachten zu halten. Sein Vater stellte dann keine weiteren Fragen darüber, wie Damon das restliche Jahr verbrachte.

Was für ein Typ Rubys Vater wohl gewesen war, bevor er in Ungnade fiel? Damon warf den Anzug aufs Bett und schlüpfte in sein Hemd. Reich waren die Maguires schon vorher gewesen, wenn er sich recht erinnerte. Alter New Yorker Bankadel. Einflussreich. Nötig hatte er das Geld wohl kaum gehabt.

Vielleicht war er einfach gelangweilt gewesen.

Und Ruby? Die war auf alle Fälle völlig überqualifiziert für ihre hiesige Position. Sie war es gewohnt gewesen, mit den großen Firmenbossen zu verhandeln und hatte angefangen, sich ihre eigene Karriere als Juristin aufzubauen. Sicher könnte sie trotz ihres kriminellen Vaters auch anderswo unterkommen und war nicht auf den Job bei seinem Vater angewiesen.

Diese Überlegung ließ Damon lächeln, kam sie doch seinen Verführungsplänen sehr entgegen.

Gut, sie hatte ihm Berühren, Flirten und Fragen verboten. Aber von gut aussehen und gut riechen hatte Ruby nichts gesagt.

Ihr Problem.

Damon ging ins Badezimmer und betrachtete die Fläschchen und Flakons auf der gläsernen Ablage. Bulgari, Versace, Burberry, Kiton oder Gucci? Jetzt musste er sich entscheiden. Ehne, mehne, muh … Für Ruby hingegen hatte er sich längst entschieden. Mit ihr wollte er sich eine Weile austoben, seinen Spaß haben.

Die Wahl fiel auf Gucci.

Damon fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, schlüpfte in seine Schuhe, steckte seine Brieftasche ein. Von ihm aus konnte es losgehen.

Er entdeckte Ruby in der großen Empfangshalle, wo sie gerade dabei war, einen Porzellannikolaus zwischen zwei ausladenden Farnen zu arrangieren. „So“, kommentierte sie ihr Werk, „jetzt kann der Weihnachtsmann auch ein bisschen Tropenluft schnuppern.“

Ruby drehte sich zu ihm um und schien in keiner Weise von seiner Aufmachung überrascht zu sein.

Doch dann atmete sie tief ein und schloss lächelnd die Augen.

„Gucci number one“, strahlte sie, „da werden Erinnerungen wach.“

„An einen ehemaligen Liebhaber?“

„Nein, an meinen Großvater“, verbesserte sie ihn fröhlich.

Diese Frau konnte ganz schön am Ego eines Mannes kratzen. Doch Damon liebte derartige Herausforderungen.

„Fertig?“, wollte sie von ihm wissen und eilte fast lautlos auf eine riesige Umhängetasche zu, die sie wohl beim Hereinkommen im Flur abgelegt hatte. Ihre flachen Lederballerinas passten in Damons Augen so gar nicht zu der engen grauen Hose und dem leuchtendvioletten Seidenoberteil, das Ruby trug. Die Bluse war ärmellos und hatte einen breiten bestickten Kragen – sie sah sehr nach Haute Couture aus. Und als könnte Ruby Gedanken lesen, öffnete sie einen der Garderobenschränke und entnahm ihm ein paar schwarze Riemchen-Stilettos.

„Ich mag es nicht, wie die Absätze auf dem Marmorboden klackern“, erklärte sie. „Das ist weder elegant, noch bleibt man damit unbemerkt. Nicht, dass das hier von Bedeutung gewesen wäre. Dein Vater war bestimmt kein Schürzenjäger.“ Sie stellte die Alarmanlage an. „Und das ist doch mal ein erfreulicher Unterschied zwischen ihm und den meisten anderen Männern.“

„War dein Vater denn ein Frauenheld?“, wollte Damon wissen.

„Oh ja. Für ihn war die Liebe nur ein Spiel. Alles war für ihn nur ein Spiel. Und da war es egal, ob er einem anderen Mann die Frau wegnahm – oder eben ein paar Millionen veruntreute.“

„Und welche Rolle spielte deine Mutter dabei?“

„Die lebt glücklich in Texas und ist mit einem reichen Ölbaron in dritter Ehe verheiratet. Der zweite Mann, den ich kenne, der kein Frauenheld ist.“

„Meinst du nicht, er würde dir einen Job geben?“

„Wahrscheinlich. Aber ich arbeite nicht für Familienmitglieder.“

„Eine weitere Regel?“

„Eher so etwas wie eine Überlebensstrategie. Arbeite nie für jemanden aus deiner Familie, sonst wirst du auf Schritt und Tritt überwacht.“ Sie traten vor das mächtige Eingangsportal. „Wie viel lässt dein Papa denn für Weihnachtsgeschenke üblicherweise springen?“

„Einmal hat er uns ein Flugzeug gekauft“, erinnerte sich Damon gedankenverloren. „Aber wir mussten es uns teilen.“

„Du Ärmster!“ Ruby lachte. „Also auf die Schnelle werde ich wohl keinen Jet mehr für euch besorgen können. Aber ich weiß, wo die Reichen und Schönen shoppen, da sollten wir hingehen. Ins Landmark.“

Das Landmark war ein riesiges Luxuseinkaufszentrum, gleich neben dem Landmark Oriental Hotel gelegen. Hier gab es einen von weißbehandschuhten Angestellten durchgeführten Parkservice, und alles war größer, schöner, luxuriöser als in jedem anderen Shopping-Center. Rubys Wagen, ein nachtschwarzer Audi R5, passte genau zu diesem Stil.

„Deiner?“, wollte Damon überrascht wissen.

„War das eine Frage? Ich dachte, du hättest versprochen, keine weiteren privaten Fragen zu stellen.“

„Du hast mich doch auch gerade etwas gefragt.“

„Das war geschäftlich.“

„Seit wann sind Weihnachtsgeschenke etwas Geschäftliches?“ Damon legte die Stirn in Falten. „Außerdem war meine Frage auch nichts Privates. Ich wollte lediglich wissen, ob es sich bei dem Audi um ein Geschäftsfahrzeug handelt. So viel Geschmack hätte ich meinem Vater gar nicht zugetraut.“ Er grinste.

„Es ist mein Auto. Ich habe ihn selbst ausgesucht und selbst bezahlt. Zufrieden?“

„Aber ja! Mir gefallen sogar deine Felgen. Wie gesagt, guter Geschmack.“ Dann näherte sich Damon mit zusammengekniffenen Augen Rubys Gesicht von der Seite. „Allerdings finde ich dieses Haar-Dings schon sehr speziell, wenn du meine Meinung hören willst …“ Ruby hatte das „Dings“ angelegt, nachdem sie ins Auto eingestiegen waren, und Damon hatte seither nur mit Mühe seinen Blick von dieser Scheußlichkeit abwenden können.

„Wie bitte? Das ist von Gaultier! Der letzte Schrei in Europa.“ Ruby griff sich empört an das elastische Haarband im Leopardenlook, seitlich verziert mit einer pinkfarbenen Schleife.

„Okay, okay“, winkte Damon ab. „Ich hätte da aber noch eine Frage …“

„Wo das Geld für alles herkommt?“, riet Ruby seine Gedanken. „Das möchte jeder wissen. Jeder Polizeibeamte, jeder Richter, jeder dahergelaufene Fremde“, sie warf ihm einen gespielt bösen Blick zu. „Keine Sorge, mein Vater hat mich nicht an seinen Machenschaften beteiligt. Ich hatte aber eine sehr wohlhabende Großmutter, die mich in ihrem Testament bedacht hat.“

„Aha, dann musst du also gar nicht für meinen Vater arbeiten? Das verbessert ja meine Chancen bei dir wieder schlagartig“, entgegnete Damon frech.

„Da muss ich dich leider enttäuschen. Meine Oma wollte mich nicht beim Müßiggang unterstützen. Ihr Testament sieht vor, dass ich für jeden Dollar, den ich selbst verdiene, zwei Dollar ihres Vermögens ausgeschüttet bekomme. Etwas mehr sogar, wenn ich gemeinnützige Projekte unterstütze oder Geld spende.“

Damon pfiff durch die Zähne. „Nicht schlecht. Und was hätte Omi zu deinem heißen Flitzer gesagt?“

„Ich bin mir sicher, dass sie ihn lieben würde“, schmunzelte Ruby.

Geschickt schlängelte sie sich durch Hongkongs Stadtverkehr und wechselte gekonnt die Fahrspuren auf manchmal vierspurigen Straßen. Und das mit einer Ruhe und gleichzeitig so temperamentvoll, dass Damon das Herz in die Hose rutschte.

„Es gibt auch eine eingebaute Massagefunktion in den Sitzen“, ließ Ruby verlauten, als sie Damons Unbehagen bemerkte.

„Es geht mir gut!“, entgegnete dieser etwas zu schrill und schickte ein Stoßgebet gen Himmel.

Damons nervöse Anspannung hielt an, als sie den riesigen Glaskuppelbau des Landmark betraten. „Weißt du denn eigentlich, wonach du suchst?“, wandte er mit Blick auf die vielen Etagen mit ihren unzähligen Läden und Boutiquen ein.

„Nö“, entgegnete Ruby fröhlich. „Aber deshalb sind wir ja hier: Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Fangen wir doch erst mal damit an, dass du mir verrätst, ob deine Schwestern eher mädchenhaft oder eher praktisch veranlagt sind?“ Ruby sah ihn fragend an. „Also kaufen wir für Poppy lieber eine Handtasche oder Tickets fürs Royal Ballet? Sie wohnt doch in London, oder?“

„Ja. Dann würde ich Eintrittskarten fürs Ballett vorschlagen. Allerdings … können wir das ja auch bequem online von zu Hause aus erledigen, oder?“

„Oder wir stecken die Tickets in die Handtasche“, murmelte Ruby. „Nein … in die Innentasche eines schwarzen Samtmantels, den sie bei ihrem Ballettbesuch tragen kann! Ja, das ist gut. Hast du ihre Maße?“

„Sie ist 1,78 groß und superdünn. Also Größe 36, würde ich sagen.“

„Respekt. Und Lena?“

„Lena ist etwas kleiner, aber dadurch, dass sie die letzten sechs Monate in einem Rollstuhl verbracht hat, wird ihr höchstens noch Größe 34 passen.“ Damons Stimme klang geradezu besorgt.

„Mmh. Nur mal zur Sicherheit: Was denkst du denn, welche Konfektionsgröße ich trage?“

Wie nett von Ruby, dass sie ihm ermöglichte, ihren Körper genauer unter die Lupe zu nehmen. „Arme über den Kopf und dann langsam einmal im Kreis drehen“, befahl er lächelnd.

„Witzbold!“ Rubys goldfarbene Augen verengten sich, und sie stemmte beide Arme in die Hüften. Damons Blick folgte ihren Bewegungen. Sie hatte eine schmale Taille, aber ihre Hüften waren durchaus geschwungen. Nicht zu vergessen einen klitzekleinen Bauchansatz und wohlgeformte Brüste. Rubys braune Locken kringelten sich um das Designerhaarband, und ihre riesige schwarze Handtasche vervollständigte ihr erstklassiges Aussehen.

„Na, so zwischen 36 und 38, würde ich sagen.“

„Damon, du bist ein wahrer Experte, wenn es um weibliche Formen geht“, stellte Ruby zufrieden fest. „Dann fragt sich jetzt nur noch, welchen Stil deine Schwestern bevorzugen.“

„Das ist schnell gesagt: Sie mögen es beide eher schlicht und möglichst wenig Farben.“

„Wie traurig“, entfuhr es Ruby. „Aber gut, dann würde ich Dior empfehlen. Niemand schafft es, schlichte Mode mit so einer Aura des Besonderen zu kreieren.“

Damon folgte ihr staunend in den Laden.

Es lag wohl kaum an Rubys Haarband, dass sie hier einen ausgezeichneten Service genossen. Damon war sich sicher, dass die Verkäufer sie aufgrund von Rubys positiver Ausstrahlung so freundlich und zuvorkommend bedienten. Und sie wusste mit den Angestellten umzugehen. Ruby ging nicht selbst von Regal zu Regal, sondern sie beschrieb sehr detailgenau, was sie suchte. Die Verkäufer präsentierten es ihr und brachten die nicht infrage kommenden Teile auch wieder weg. Damon nutzte die einladenden Sitzgelegenheiten und die bereitstehenden Erfrischungen für eine kleine Pause. Die Auswahl der Geschenke wollte er Ruby überlassen.

Schließlich hatte diese sich entschieden. Ein geraffter zinnfarbener Minirock für Lena, der ihre Zerbrechlichkeit nicht noch mehr betonte, sondern sehr weich und feminin wirkte. Dazu kombinierte Ruby einen elfenbeinfarbenen hüftlangen Mantel mit einem breiten braunen Bindegürtel. Für Poppy wählte Ruby einen beigefarbenen Trenchcoat und ein dunkelblaues Samt-Babydoll. Damon war zufrieden. Die Sachen sahen wirklich so aus, als würden sie seinen Schwestern gefallen – und vor allem hatte das Ganze nicht viel Zeit und Anstrengung gekostet.

„Jetzt bist du dran“, ließ Ruby verlauten, nachdem sie den Laden wieder verlassen hatten. „Brauchst du einen neuen Anzug?“

„Was ist denn verkehrt an meinem?“, wollte Damon wissen und sah irritiert an sich herunter.

„Nichts.“

„Dann möchte ich keinen Neuen.“

„Wie sieht es mit einer Uhr aus?“

„Ich habe doch erst letztes Jahr eine von meinen Schwestern geschenkt bekommen. Ich trage sie heute zum zweiten Mal!“

„Und wie wäre es mit einem neuen Handy, Kamera, Computer? Was machst du denn eigentlich beruflich?“

„Ich kümmere mich um Computerprobleme.“

„Für wen arbeitest du?“, Ruby sah ihn interessiert an.

„Für jeden, der mich darum bittet.“

„Und wo ist dein Firmensitz?“

„Ich habe keinen Firmensitz. Meinem Job kann ich überall nachkommen.“

„Aber wo lebst du eigentlich? Oder gehörst du zu den Menschen, die überall und nirgends zu Hause sind?“

„Was wäre denn so schlecht daran?“

„Nichts.“ Ruby klang überhaupt nicht beeindruckt. „Also schön, was hältst du dann von einem neuen Koffer-Set?“

„Mmh. Ich interessiere mich eher für eine neue Computersache … begleitest du mich?“

„Dafür werde ich nicht bezahlt. Und ich hasse es, einen Job nicht bis zum Ende auszuführen. Ich brauche ein Geschenk für dich – von deinem Vater. Wenn wir heute nichts finden, werde ich nicht schlafen können. Und wenn ich nicht schlafen kann, werde ich zu einer richtigen Zicke.“ Sie strahlte ihn an.

„Tauschst du dann das Leo-Haarband gegen Uniform und Peitsche?“

Rubys Augen verengten sich. Damon schickte nun auch ein Lächeln hinterher: „Ich könnte mir das schon vorstellen …“

„Ich bin froh, dass wir zusammen einkaufen gegangen sind“, entgegnete Ruby, die plötzlich ganz ernst geworden war. „So weiß ich wenigstens, mit wem ich es zu tun habe.“

„Meinst du, dass ich schwer zu beschenken bin oder dass ich kein Zuhause habe?“

„Weder noch. Es gibt etwas anderes, das dich zu einem schlechten potenziellen Liebespartner macht. Nach außen hin gibst du dich als charmanten Sonnyboy, aber in dir drin sieht es ganz anders aus.“

Damon starrte sie überrascht an.

„Du weichst aus, wenn es um deinen Job, dein Leben, deine Wünsche geht. Und du bist weit cleverer, als du tust. In meinen Augen bist du nichts weiter als ein Lügner.“

2. KAPITEL

So hatte das eigentlich nicht ablaufen sollen, dachte Damon grimmig. Endlich hatte er eine Frau getroffen, die mehr in ihm sah als die meisten anderen. Eine Frau, die bereits eine Menge über seinen familiären Hintergrund wusste.

Aber hätte sie nicht mögen sollen, was sie sah? Erkennen, wie vielschichtig er war, und mehr über ihn erfahren wollen – anstatt ihn für einen zwielichtigen Lügner zu halten?

„Jeder lügt“, versuchte er Ruby zu besänftigen.

Doch die kniff ihre Lippen fest zusammen, bevor sie antwortete: „Aber nicht in dem Ausmaß. Nur wenige Menschen machen sich schlechter, als sie sind; nur solche, die etwas zu verbergen haben. Gauner, Verbrecher. Vor so jemandem sollte man sich hüten, denn er wird nie offen zu einem sein. Und eines Morgens wacht man auf und wurde verlassen.“ Sie stockte. „Wer bist du wirklich, Damon? Ein versteckter Ermittler? Ist dein Vater deshalb stolz auf dich? Wurdest du auf mich angesetzt, um etwas über meinen Vater und das Geld herauszufinden?“

„Nein!“

„Bist du vielleicht auch beim Geheimdienst, wie dein Bruder und deine Schwester? Dann sag einfach, was du von mir wissen willst, und ich antworte dir, was ich weiß. Keinerlei Verführung notwendig.“ Ruby war verärgert, wirkte aber auch irgendwie traurig.

„Ich bin nicht beim Geheimdienst. Und ich schwöre, bei der Ehre meines Vaters, dass ich nicht deinem Dad oder seinem Geld oder sonst etwas, das mit ihm oder dir zu tun hat, auf der Spur bin. Sieh mich an“, Damons Stimme hatte einen weichen Befehlston, „ich bin hier, weil ich Weihnachten mit meiner Familie verbringen möchte. Sonst nichts, Ruby, ich verspreche es.“

„Oh, verd… – entschuldige“, stammelte sie. „Ich habe wohl etwas überreagiert.“ Sie nahm das Haarband ab und schüttelte ihre braunen Locken. Dann zog sie das Band wieder auf. „Du hältst mich jetzt sicher für paranoid.“

„Es ist nicht verkehrt, Fremden gegenüber vorsichtig zu sein“, entgegnete Damon großmütig. „Das wäre ich an deiner Stelle auch.“ Er ließ seinen Blick umherschweifen und suchte nach einer Ablenkung von dieser peinlichen Situation. „Ich glaube, ich könnte ein paar neue Klamotten brauchen“, wechselte er das Thema und deutete auf den Calvin Klein Store in einiger Entfernung. „Als Weihnachtsgeschenk von meinem Vater“, fügte er lächelnd hinzu.

Und Ruby ging sogleich darauf ein. „Gute Idee, Calvin Klein passt zu dir. Wie wär’s mit Jeans?“ Und nachdem sie sich komplett wieder gesammelt hatte: „… und Unterwäsche?“

„Steht da überall der Name drauf?“

„Nur auf dem Gummiband.“

„Nein danke. Ich bleibe lieber anonym.“ Damon grinste.

Etwa eine halbe Stunde später war Damon von Kopf bis Fuß neu eingekleidet. Ruby hatte ganze Arbeit geleistet. Die Sachen standen ihm so gut, dass sie vielleicht sogar Platz in seinem Reisegepäck finden würden. Ruby hatte noch einige andere Einkäufe zu erledigen, und auch Damon wollte sich noch ein wenig umsehen. Er hatte Ruby gebeten, ihn beim Golden Computer Shopping Center in Kowloon abzusetzen. Von dort aus würde er später alleine zur Villa zurückkehren.

„Lass dich nicht über den Tisch ziehen“, mahnte Ruby zur Vorsicht.

„Keine Sorge. Ich will nur schauen, was es hier Neues auf dem Markt gibt. Das mache ich immer, wenn ich in Hongkong bin.“

„Dann arbeitest du wirklich mit Computern?“, fragte Ruby erstaunt.

„Aber ja.“ Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, war aber auch nicht gelogen. Sie verstauten die Einkäufe im Wagen und stiegen ein.

„Gibt es irgendwelche kulinarischen Vorlieben, die ich für dich und deine Schwestern besorgen könnte?“, wollte Ruby wissen.

„Lena trinkt gerne Sauvignon Blanc, Poppy liebt Litschis, und mir kannst du mit gebratener Entenbrust immer eine große Freude machen. Übrigens ist keiner von uns scharf auf das originalchinesische Essen mit tausendjährigen Eiern und Hühnerfüßen und so.“

„Kein Problem“, Ruby lachte kurz auf. „Und, Damon?“

Ihre Stimme klang wieder ganz ernst.

„Unser Missverständnis von vorhin tut mir echt leid.“

„Mach dir deshalb keine Sorgen. Ich habe das längst vergessen.“

Ruby klapperte nun einige Lebensmittelgeschäfte ab. Sie kaufte den speziellen Weißwein, frisches Obst, darunter natürlich Litschis, und auf dem Heimweg noch knusprig gebratene Ente. Danach fuhr sie gleich zu Russells Anwesen, in der Hoffnung, dass Damon noch unterwegs war.

Doch er war es nicht.

„Du warst zu schnell fertig im PC-Laden.“ Ruby stellte die vielen Einkaufstaschen und Tüten im Flur ab, öffnete den Wandschrank und tauschte ihre High Heels wieder gegen die Ballerinas. Damon hatte seine Jacke bereits ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt.

Seine sexy Ausstrahlung übertraf alles, was Ruby in ihrem bisherigen Leben gesehen hatte.

„Ich finde eher, du hast dir zu lange Zeit gelassen beim Einkaufen“, entgegnete er und schloss die Haustüre hinter ihr. Dann trug er die Einkaufstüten in die Küche.

„Ich rieche … Fleisch!“ Damon schnupperte übertrieben und strahlte übers ganze Gesicht.

„Richtig geraten. Ich habe dir knusprige Ente mit allem Drum und Dran mitgebracht.“

Kaum hatte sie den Satz zu Ende gesprochen, hatte Damon auch schon die richtige Tüte gefunden und das Päckchen mit der noch heißen Leckerei geöffnet. Ruby betrachtete, wie Damon sich genüsslich über den Inhalt hermachte. Männer und Essen, dachte sie kopfschüttelnd.

„Das Restaurant liegt nur ein paar Straßen entfernt. Ich kann dir die Adresse geben, dann kannst du dir jederzeit Nachschub holen.“ Ruby begann die Einkäufe auszupacken. Je eher sie hier fertig war, desto eher konnte sie gehen. Und das war besser so. Denn ihr Verlangen nach Damon wuchs, daraus konnte sie keinen Hehl mehr machen. Und er war ein Mann, der eindeutig zu viele Geheimnisse mit sich herumtrug, als dass sie sich mehr mit ihm vorstellen konnte. „Tu einfach so, als wäre ich gar nicht da“, bat sie ihn rasch.

„Aber du bist da.“

„Dann sieh mich als eine Hausangestellte.“

„Natürlich.“ Er deutete auf die kleinen, mit chinesischen Leckereien gefüllten Pappbehälter. „Möchtest du probieren?“

Ruby schüttelte den Kopf und verdrehte lachend die Augen. Sie packte das Obst aus und begann die Weintrauben in einem Sieb zu waschen. Eine Beere entglitt ihr und rollte über die Küchentheke, geradewegs auf Damon zu. Dieser griff nach ihr und schob sie sich in den Mund. Hilflos folgte Rubys Blick der Traube und blieb an Damons sinnlichen Lippen hängen.

Das war nicht gut.

„Behandelt mein Vater dich wie eine Hausangestellte?“, fragte Damon.

„Wieso nicht?“

„Ich bin nur neugierig.“

„Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst?“ Rubys Stimme hatte einen scharfen Klang.

„Ich kann jetzt verstehen, warum du es nicht einfach hast, einen Job zu finden. Egal welche Frau mit dir im Raum wäre, du würdest sie übertreffen. Jeder Ehemann müsste eine Angestellte wie dich vor seiner Frau geheim halten. Außerdem wollte ich darauf hinaus, dass mein Vater dich wahrscheinlich eher wie eine Tochter behandelt, oder?“

Ruby nickte. „Er kennt mich ja auch schon von Kindesbeinen an. Aber ich versuche ihm das abzugewöhnen.“

„Genau das meine ich. Du bist zu ehrlich. Du nimmst immer die Schuld auf dich.“

„Ach ja?“ Aus ihr unverständlichen Gründen verletzten sie seine Worte.

„Das sollte keine Kritik sein, Ruby. Ich wollte nur andeuten, dass ich es unmöglich finde, dich als eine einfache Hausangestellte zu sehen. In meinen Augen bist du eine Königin. Oder zumindest eine Prinzessin.“ Er schmunzelte.

„Wird das jetzt wieder eine ernsthafte Unterhaltung, oder flirtest du gerade mit mir?“, wollte Ruby verwirrt wissen. „Unsere letzte ernste Unterhaltung hat mir nicht gerade gefallen. Und Flirten war auch nicht vorgesehen, wenn du dich erinnerst.“

„Ich denke, ich flirte trotzdem gerade mit dir … aber natürlich ohne Hintergedanken“, beeilte er sich hinzuzufügen.

„Also gut, wenn es ein bedeutungsloses Flirten ist, dann meinetwegen.“

Hatte sie das wirklich gerade gesagt?

Ruby verließ die Villa nach getaner Arbeit, in Gedanken vertieft. Was Damon heute alles über sie gesagt hatte. Dabei kannte er sie gar nicht. Und doch hatte er zum Teil recht gehabt.

Als sie ihn verlassen hatte, war er immer noch mit seinem Essen beschäftigt gewesen. Er hatte sich nicht im Entferntesten anmerken lassen, dass er irgendwie sauer oder beleidigt war, wegen ihrer Anschuldigungen im Landmark. Sie hatte also den Kopf noch einmal aus der Schlinge ziehen können. Nicht auszudenken, wenn die Sache noch zwischen ihnen stünde; schließlich würden sie sich ja notgedrungen in den nächsten Tagen öfters begegnen.

Den Nachmittag verbrachte Ruby für Russell auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung, danach hatte sie Feierabend. Sie ließ sich die Nägel machen und tätigte einige kleine Weihnachtseinkäufe. Auch für sich besorgte sie das ein oder andere Päckchen – damit sie auch etwas unter ihr eigenes Weihnachtsbäumchen legen konnte.

Gegen halb acht abends erreichte sie ihr Apartment. Sie öffnete die Türe und zog noch davor die Schuhe aus, ganz wie es ihr eines ihrer Kindermädchen vor vielen Jahren einmal beigebracht hatte. Als eine drollige kleine Katze misstrauisch hinter einem der Sessel hervorlugte, erschien ein Lächeln auf Rubys Gesicht. Ihre neue Mitbewohnerin! Wie hatte sie die nur vergessen können. Das kleine Tier war ihr kürzlich in der Tiefgarage zugelaufen. Halb verhungert und verwirrt. Ruby hatte beschlossen, sie eine Woche lang aufzupäppeln und danach wieder in die Freiheit zu entlassen. Doch aus einer Woche waren drei geworden, und mittlerweile hatte Ruby das kleine Wesen so lieb gewonnen, dass sie sich gar nicht mehr davon trennen wollte. „’N abend, Kätzchen!“

Zu schade, dass Katzen nicht sprechen konnten.

„Ich habe heute einen Mann kennengelernt. Einen Mann, der mich sofort durchschaut hat – und ich ihn.“

Die kleine Katze sah sie ernst an.

„Das habe ich mir schon gedacht.“ Ruby seufzte. Sie kniete sich hin und streichelte dem Kätzchen über den Kopf. „Ich fand das irgendwie … unheimlich. Aber wir haben eine Vereinbarung getroffen, wir werden sozusagen auf Distanz gehen – hey, ich habe dir etwas mitgebracht!“ Ruby wühlte in einer Einkaufstasche und beförderte eine kleine zerzauste Stoffmaus hervor. Die Katze flüchtete mit einem entsetzten „Miau!“ hinters Sofa. Ruby lachte.

„Na gut. Wie wäre es dann mit etwas zu essen?“

Ruby ging in die Küche und knipste das Licht an. Sie gab der Katze zu essen und stellte für sich einen Teller mit Gemüse vom Vortag in die Mikrowelle. Dann goss sie sich ein Glas Weißwein ein, klemmte sich die kleine Katze unter den Arm und ging hinüber zum Wohnzimmerfenster, um das geschäftige Treiben auf dem riesigen Victoria-Hafengelände zu verfolgen.

Der Job bei Russell West war für Ruby von Anfang an nur eine Notlösung gewesen. Nach der Sache mit ihrem Vater hatte Russell ihr sofort angeboten, für ihn zu arbeiten. Allerdings hatte er nur diese Position frei gehabt. Dennoch würde Ruby ihm ewig dankbar sein, dafür, dass er sie aufgenommen und ihr Arbeit gegeben hatte. Doch Damon hatte recht: es wurde langsam Zeit, etwas Neues zu beginnen. Ihr eigenes Ding zu machen. Sich vielleicht noch weiter zu spezialisieren. Auf einem Gebiet, das nicht nach dem großen Geld und wichtigen Geschäften roch. Wie wäre es mit etwas Humanitärem?

„Was meinst du, Kätzchen, würde ich eine gute Anwältin für Menschenrechte abgeben?“ Ruby seufzte und nahm ihr Haarband ab. „Nein? Wie wäre es dann mit Familienrecht? Eheverträge und Scheidungen. Könnte mein Ding sein.“ Tatsächlich kannte Ruby sich auf diesem Gebiet aufgrund ihrer Familiengeschichte recht gut aus.

Damon West hatte ihr Haarband nicht gefallen.

Wie kam sie jetzt überhaupt darauf?

Damon West hatte eine Menge über sie gewusst. Und das meiste war korrekt gewesen – obwohl er sie gar nicht kannte. Schlimmer war, dass Ruby andauernd an ihn denken musste – obwohl sie ihn gar nicht kannte.

Und ob diese Gedanken so korrekt waren, das war eine andere Frage.

„Was denkst du, Kätzchen, ist er ein Gauner?“

Die kleine Katze antwortete nicht.

„Aber dann wäre Russell wohl kaum stolz auf ihn. Vielleicht ist er so etwas wie ein legaler Gauner. Und arbeitet für eine von diesen Regierungsorganisationen, von denen man noch nie gehört hat. Legitim, aber geheim … Mir ist das ohnehin egal, ich mag keine Menschen, die Geheimnisse haben. Und Damon hat definitiv jede Menge Geheimnisse.“

Ruby nippte an ihrem Wein. Dann seufzte sie. „Du bist wahrscheinlich der Meinung, ich hätte ihm keinen Korb geben sollen? Damit die Weihnachtstage nicht so lang und einsam für mich werden. Und du hast recht, dafür wäre es ideal gewesen. Im neuen Jahr hätte ich dann gleich meine Kündigung eingereicht und Damon und ich hätten uns nie wiedergesehen. Das hätte funktionieren können.“

Sie sah die kleine Katze an, und die kleine Katze sah sie an.

„Aber ich bin nicht deiner Meinung. Ich bin einsam, Damon ist ein Einzelgänger. Das ist ein Unterschied.“

Das Kätzchen miaute und rieb sich an Rubys Bein. Diese nickte und verbesserte sich: „Ein haushoher Unterschied.“

Zum ersten Mal in seinem Leben konnte sich Damon nicht auf die Arbeit konzentrieren. Er hatte sich in ein Internetcafé nach Kowloon begeben und sich über eine ungesicherte Verbindung in der Nachbarschaft eingeloggt. Er durfte keine Spuren hinterlassen. Seinen eigenen PC hatte er mitgebracht, die neue Hardware gleich installiert. Er brauchte dringend Informationen, und glücklicherweise war er in der Lage dazu, sie sich zu beschaffen, ohne dass es irgendjemand merkte. Es war ein Uhr nachts in Hongkong, und Damon war hellwach. Die Passwörter hatte er alle im Kopf, er musste bloß auf die Seite gelangen und die Suche starten. Kein Problem eigentlich.

Doch warum saß er tatenlos da und spulte im Geist noch einmal die Unterhaltungen ab, die er mit Ruby Maguire geführt hatte? Und dachte sich hier und da noch etwas dazu aus, sodass er absolut zufrieden mit sich sein konnte. Er war der Held, und Ruby schmolz in seinen Armen dahin.

Jetzt nicht, Damon. Konzentrier dich!

Lena hatte ihn gebeten, Informationen über Jareds möglichen Aufenthaltsort zu beschaffen. Sie wollte wissen, ob der Geheimdienst ihn noch als „aktiv“ führte, was bedeuten konnte, dass er in einem neuen Auftrag steckte. Vielleicht hatte er Schwierigkeiten bekommen.

Vielleicht aber auch nicht.

Damon rief die Webseite auf, startete das Programm und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Niemand beobachtete ihn. Zur Sicherheit öffnete er in einem anderen Fenster ein Spieleportal. Zwei Minuten. Länger würde es hier nicht dauern.

Der Laptop gab einen Signalton von sich, und Damon runzelte überrascht die Stirn: Da, wo er eigentlich die Akte seines Bruders erwartet hatte, herrschte gähnende Leere. Das war nicht gut. Damon suchte an einer anderen Stelle nach Jareds Identität und hoffte inständig, dass er ihn nicht bei den schwarzen Schafen finden würde.

Damon drang immer tiefer in das System vor. Innerlich fluchend, dass aus dem zweiminütigen Spaziergang mittlerweile ein neunminütiger Albtraum geworden war.

Er musste sich beeilen. Endlich fand er ein Dokument, das mit Jareds Dienstnummer überschrieben war. Doch darunter nur verschlüsselte Zahlen. Das musste reichen.

Schnell meldete Damon sich vom System ab. Er wusste, dass er maximal zehn Minuten angemeldet bleiben durfte.

Geschafft. Er packte rasch zusammen und verließ das Internetcafé. Adrenalin pulsierte durch seinen Körper, er war in höchster Alarmbereitschaft.

Er, der IT-Spezialist, der schon als zwölfjähriger Hacker das Sicherheitssystem seiner Schule geknackt hatte, war dieses eine Mal nicht erfolgreich gewesen. Doch als Damon wenige Minuten später in die nächstbeste U-Bahn stieg, konnte er schon wieder lächeln.

3. KAPITEL

Der 23. Dezember war ein feuchtheißer Tag. Es war so schwül, dass Ruby davon ausging, dass es nachmittags ein schweres Unwetter geben würde. Doch bis dahin war noch viel Zeit, und Ruby ging noch einmal im Kopf durch, ob sie auch alles besorgt hatte, was die Wests über die Feiertage benötigten.

Sie hatte natürlich den Kühlschrank und die Speisekammer gefüllt, mit feinen Köstlichkeiten, aber auch mit ganz Alltäglichem. Selbst wenn unangekündigter Besuch käme, würde dieser auch noch satt werden. Außerdem war das ganze Haus tipptopp aufgeräumt und weihnachtlich hergerichtet.

Gegen Mittag rief Ruby in der Villa an, halb erleichtert, halb enttäuscht, dass niemand abnahm.

Kein Damon, keine Versuchung.

Sie fuhr zum Anwesen und erreichte vollbepackt die Haustüre. Über dem Arm trug sie einige Kleidungsstücke aus der Reinigung, in der Hand eine Tüte mit frischem Sushi und zwischen Ellenbeuge und Brust balancierte sie ein verziertes Lebkuchenhaus. Sie drehte den Schlüssel herum und trat in die Empfangshalle.

„Kommt es eigentlich auch manchmal vor, dass du nicht so mit Einkäufen bepackt unterwegs bist?“, wollte eine männliche Stimme hinter der Tür wissen. Ruby erschrak – und das Lebkuchenhaus rutschte ihr vom Arm.

Gerade noch rechtzeitig konnte Damon herbeispringen und es auffangen. Ruby betrachtete ihn. Damon trug die Jeans, die sie gestern gekauft hatten, und dazu ein enges weißes T-Shirt. Er sah zum Anbeißen aus. „Ich dachte, du wärst nicht da.“

„Ach, du hast hier eben angerufen?“

„Ja.“

„Entschuldige. Ich habe geschlafen. Und als ich endlich das Telefon gefunden hatte, hat es nicht mehr geklingelt.“

„Jetlag?“

„Vielleicht.“

Ruby brachte Russells Anzüge in eines seiner Zimmer. Als sie das Sushi in die Küche stellte, stand dort bereits das Lebkuchenhaus – Damon saß daneben und betrachtete es genüsslich. In seiner Hand hielt er eine Getränkedose, die nicht Teil von Rubys Einkäufen gewesen war.

„Du warst unterwegs“, stellte sie fest.

„Erwischt.“

„Wenn du etwas anderes trinken magst als das, was ich gekauft habe, dann lass es mich wissen. Dafür bin ich ja hier.“

„Ruby, ich bin durchaus in der Lage, mir selbst ein paar Dosen Cola zu besorgen. Sagen wir, ich brauchte Bewegung und einen kleinen Tapetenwechsel. Magst du eine?“

„Nein danke. Ein Wasser bitte.“ Wenn Damon schon keinen Wert auf ihre Dienste legte, konnte er ihr wohl ein Glas Wasser einschenken. „Sag mal, sind das nicht die Jeans, die wir gestern gekauft haben – als Weihnachtsgeschenk?“

„Ja.“ Damon nickte freudestrahlend. Sein Geschenk schien ihm zu gefallen.

„Ähm … ich dachte nicht, dass ich extra erwähnen müsste, dass du die Sachen erst an Weihnachten bekommst. Vorher wollte ich sie noch einpacken und unter den Baum legen.“

„Ach so? Das kann man ja vielleicht noch einrichten.“

„Genau. Also zieh sie bitte aus.“ Ruby hatte den Befehlston einer Mutter, die ihren Sohn in die Badewanne stecken will.

„Jetzt?“

„Ja.“

„Hier?“

„Ja.“

Damon stellte seine Coladose ab und machte sich daran, den Gürtel zu öffnen. Ruby zog eine Augenbraue hoch und grinste. Damon hielt inne. „Du müsstest jetzt eigentlich so etwas sagen wie ‚Mein Gott, Damon! Nein!‘ Und dann müsstest du erröten.“

„Ich glaube, du spinnst!“

„Das glaub ich auch!“ Damon entledigte sich seiner Jeans und reichte sie Ruby. Diese zog den Gürtel heraus und gab ihn ihm zurück.

„Und gib mir bitte auch die anderen Sachen, die wir gestern gekauft haben.“

Gespielt nervös hielt Damon beide Hände schützend über seinen Schritt. „Zum Glück haben wir keine Unterwäsche gekauft!“ Er lachte. Dann wandte er sich zum Gehen, und Ruby schaute ihm nach, wie er sich barfuß und mit nackten Beinen entfernte. Damon hatte eine fantastische Figur. Schön geformte Waden, muskulöse Oberschenkel – und weiter oben ließ sich ein Knack-Po erahnen.

„Ich weiß, dass du mir hinterherschaust!“ Er drehte sich nicht um, während er das sagte.

„Gar nicht wahr“, log Ruby lächelnd.

Nachdem Damons schöner Körper um die Ecke gebogen war, konnte Ruby sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren. Sie notierte den Namen des Cola-Getränks, um später noch ein Dutzend davon für die Feiertage liefern zu lassen.

Damon kam kurz darauf zurück, in den Händen all die Sachen, die sie am Vortag zusammen gekauft hatten. Als Hose trug er nun knallbuntgemusterte Badeshorts.

„Eine Erinnerung an deine letzte Anstellung als Poolboy?“, wollte Ruby schmunzelnd wissen.

„Was? Gefallen die dir nicht? Das sind meine Lieblingsshorts!“ Damon spielte den Beleidigten.

„Oh, Damon! Die sind …“, ihr fehlten die Worte,„… traurig.“

Sie reichte ihm die Jeans, die er eigentlich erst zu Weihnachten bekommen sollte. „Zieh lieber die wieder an. Dein Vater hat einen Ruf zu verlieren.“

„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr“, entgegnete Damon achselzuckend, doch der Zug um seine Lippen verriet Zufriedenheit.

„Schauspieler!“

„Tyrannin!“

„Vielleicht. Aber ich bin eine wohlwollende Tyrannin. Also gut, wie viele der Klamotten, die wir gestern gekauft haben, brauchst du schon vor übermorgen?“

„Alle?“ Damon hatte eine Augenbraue gehoben und sah sie zerknirscht an.

Ruby seufzte und gab sich vorübergehend geschlagen. Vielleicht konnte sie auf dem Heimweg noch ein paar Sachen für ihn besorgen. „Hättest du nicht gleich genug einkaufen können?“

„Ich war mir nicht sicher, ob mir die Sachen wirklich gefallen.“

„Es gab auch noch andere Läden, in denen du hättest gucken können.“

„Ich weiß“, entgegnete Damon mit einem Schaudern. „Es gab Hunderte von ihnen … Ruby, zwei Klamottenläden im Jahr sind die Obergrenze bei mir – und die hatte ich gestern bereits erreicht.“

„Dann sollten wir an deiner Ausdauer arbeiten.“

„Ich habe jede Menge Ausdauer, Ruby. Es kommt nur darauf an, von welchem Bereich wir sprechen.“

„Ah, jetzt flirtest du wieder mit mir“, stellte Ruby fest.

„Genau.“

Rubys Blick wanderte zu Damons Mund. Flirten sollte unkompliziert sein und Spaß machen. Und nicht in ihre tiefsten Gefühlsebenen vordringen.

Sekunden später kamen seine verführerischen Lippen näher an sie heran. Damon hatte sich wie bei ihrer ersten Begegnung wieder über die Küchentheke gelehnt. Als ihre Blicke sich trafen, kam es Ruby so vor, als läge ein Versprechen darin. Sie musste sich nur auf das Abenteuer einlassen.

„Kann ich irgendetwas für dich tun, Ruby?“, fragte er mit tiefer Stimme.

„Nein. Ganz bestimmt nicht. Auf gar keinen Fall.“ Ihre Reaktion kam ihr selbst übertrieben vor.

„Lügnerin“, entgegnete er sanft.

„Bist du sicher, dass es sich hierbei um Flirten ohne Hintergedanken handelt?“, flüsterte sie zurück.

„Mmmh, wo du so direkt danach fragst: ich glaube, ein paar kleine Hintergedanken sind jetzt schon dabei.“ Damons Stimme klang etwas heiser.

„So war das aber nicht ausgemacht.“

„Ich weiß.“ Er lehnte sich so weit vor, dass seine Lippen ihre ganz leicht berührten. Ruby spürte seinen Atem in ihrem Gesicht, sie spürte ein Kribbeln, das sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. „Aber jetzt ist es zu spät.“

Wieder berührten seine Lippen ihre. Sein restlicher Körper wurde ganz still und reglos. Er wartete auf eine Reaktion von ihr.

Für Ruby war die Zeit stehengeblieben. Sie rang um Kontrolle. Die Reaktion ihres Körpers auf Damon West war unglaublich. Sie bebte und zitterte vor Verlangen.

Ganz behutsam öffnete sie ihre Lippen ein wenig und fuhr mit ihrer Zungenspitze über den Rand seiner Oberlippe. Damons Zunge glitt ein wenig heraus und begrüßte ihre. Er verstand es, sie zu reizen und zu necken. Ruby ließ sich auf sein leidenschaftliches Spiel ein. Ihre Zunge drang tiefer und mutiger in seinen Mund vor, und Ruby spürte ein heißes, quälendes Ziehen in ihrem Unterleib.

Sie beendete den Kuss abrupt und wich zurück.

„Meine Güte, mit dir ins Bett zu gehen muss der Hammer sein!“, murmelte Damon und ging lässig zum Kühlschrank herüber.

Ruby schloss die Augen und betete stumm vor sich hin. Bitte nicht! Bitte nicht Damon. Er war ein Mann, der zu sehr bezauberte und dafür zu wenig von sich preisgab.

Damon stellte ein Schälchen mit Eiswürfeln zwischen sie auf die Theke. Darauf positionierte er eine kleine Dose Kaviar. Dann öffnete er eine Packung Grissini und lud Ruby mit einer Handbewegung dazu ein, zuzugreifen.

„Iss. Und danach verrat mir bitte, warum du nicht mit mir schlafen willst – abgesehen von den Gründen, dass du für meinen Vater arbeitest, deinen Job nicht verlieren willst und mich für einen Lügner hältst.“

Statt zu antworten, stürzte sich Ruby auf die Leckereien, die Damon vor ihr aufgebaut hatte. Sie strich etwas Kaviar auf einen Eiswürfel und schob sich diesen in den Mund. Kühl und salzig, köstlich. „Mmmh!“ Ihre guten Manieren verboten ihr, während des Essens zu sprechen. Davon abgesehen hätte sie auch nicht gewusst, wie sie Damons Frage hätte beantworten sollen.

„Gut, oder? Genauso wie wir beide zusammen …“ Damon tunkte ein Grissini in den Kaviar und ließ Ruby abbeißen. „Der Kaviar ist nur meist als Erstes alle.“

Ein erneuter Seufzer erfüllte die Luft.

Diesmal war es Damon.

„Ich verstehe dich einfach nicht.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Sag mir, warum nicht – oder ich verspreche, dass ich dich noch heute in mein Bett entführe.“

Ruby schluckte schwer und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.

„Weil ich für deinen Vater arbeite“, lautete ihre schwache Begründung.

„Das reicht mir nicht.“

„Weil ich meinen Job verliere.“

„Wer sagt das?“

„Ich kenne dich überhaupt nicht!“

„Möchtest du mich denn näher kennenlernen?“

„Gibst du mir denn die Möglichkeit dazu?“ Endlich hatte Ruby etwas gefunden, das ihre Einwände rechtfertigte. „Kannst du mir ehrlich eine ganz einfache Frage beantworten: Wo warst du vor genau einer Woche und was hast du dort gemacht?“

Ruby konnte förmlich dabei zusehen, wie Damon dichtmachte. Wie seine Augen umherirrten und er rastlos überlegte, was er ihr antworten sollte. Das nicht. Auf keinen Fall. Das durfte er ihr nicht sagen.

Er bemühte sich gar nicht erst um eine Ausrede.

„Okay. Andere Frage: Wo wirst du in genau einer Woche sein und was wirst du dort machen?“

Doch auch diesmal blieb Damon stumm.

„Die meisten Menschen würden mir diese Fragen beantworten können, Damon. Ich hatte vielleicht unrecht, als ich dir vorwarf, ein Spitzel zu sein, der hinter meinem Vater her ist. Aber ich hatte recht damit, dass du nicht die Wahrheit sagst. Dass du dein Privatleben absolut geheim hältst. Es gibt zu vieles, das du nicht teilen kannst oder willst. Es tut mir leid, aber ich brauche Ehrlichkeit und Offenheit. Sonst kann das nichts werden mit uns beiden.“

Damon schwieg noch immer.

Nach einer Weile versuchte er ein schiefes Lächeln. „Könntest du nicht vielleicht eine Ausnahme machen? Für mich?“ Allein sein Blick brachte ihren Vorsatz beinahe ins Wanken. „Ich habe dich verstanden, Ruby. Ich verspreche, dass ich dich nicht belügen werde. Ich kann nur nicht …“

„… meine Fragen beantworten?“, half ihm Ruby, seinen Satz zu beenden. Sie sah ihn enttäuscht an. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.“ Dann holte die Realität sie wieder ein. „Ich muss ja noch die Vögel füttern“, murmelte sie und wandte sich zum Gehen.

„Das kann ich doch für dich machen“, bot Damon rasch an.

Ruby nickte stumm. „Übrigens kommt Poppy gegen drei am Flughafen an. Ich habe einen Wagen hingeschickt.“

„Ich mache das schon.“

„Und Lena kommt um sechs.“

„Ich kümmere mich darum.“

Ruby schaffte es, sich loszureißen, und eilte durch die große Empfangshalle. Rasch wechselte sie die Schuhe und eilte hinaus. Geschafft, dachte sie, nachdem sie die Haustüre hinter sich ins Schloss gezogen hatte.

Er erwartete zu viel von ihr. Zu viel für zu wenig.

Mehr gab es dazu nicht zu sagen.

4. KAPITEL

Hitze und Verlangen. Diese beiden Worte verband Ruby mit Damons Kuss.

Eine Erinnerung. Das würden Damon und der Kuss für immer bleiben. Mehr nicht.

Eine lebendige und schöne Erinnerung, die ihr ein Lächeln und vielleicht auch ein Seufzen entlocken würde. Und die Frage: „Was hätte werden können?“

Was, wenn er ein wenig offener gewesen wäre?

Was, wenn sie ein wenig mehr Mut aufgebracht hätte?

Ihre Gedankenspiele konnte ihr niemand nehmen.

Der Arbeitstag war erst zur Hälfte um, und es gab schon jetzt nichts mehr zu tun für sie. Ruby fuhr ins Büro. Zurück zu einem Schreibtisch, den sie nicht verdiente. Zurück zu einem Job, der sie nur zwei Stunden am Tag in Beschlag nahm, obwohl ihr acht Stunden bezahlt wurden.

„Ist Russell da?“, fragte sie Bea, die persönliche Assistentin ihres Chefs – in allen Belangen außer den sozialen Verpflichtungen.

Bea nickte und wandte ihren Blick vom Computerbildschirm ab, um Ruby mit ihrem Blick zu durchbohren. Tatsächlich wirkte Bea zehnmal furchteinflößender als Russell, der Chef des Unternehmens.

„Hat er gerade Zeit?“, wollte Ruby wissen.

Erneutes Nicken und ein „Geh nur rein zu ihm“ folgten.

Russell West war nicht wirklich ein väterlicher Typ. Trotz seines grauen Haares und der Furchen in seinem Gesicht strahlte er eine große Autorität aus.

„Russell, hättest du einen Moment Zeit?“

„Was kann ich denn für dich tun, Ruby?“

„Ich möchte kündigen.“ Sie wusste, dass er ein viel beschäftigter Mann war, der es nicht leiden konnte, wenn man um den heißen Brei herumredete. „Ich würde gerne im neuen Jahr aufhören, gleich nachdem deine wichtigsten sozialen Verpflichtungen über die Bühne gegangen sind.“

„Ich hoffe doch, du meinst das chinesische neue Jahr?“

„Netter Versuch.“ Ruby lächelte. „Nein, ich meinte gleich im Januar.“

„Warum?“ Russell West lehnte sich in seinem schwarzen Ledersessel zurück und musterte sie neugierig.

„Um es kurz zu machen: der Job füllt mich nicht aus. Ich bekomme Geld für gar nichts.“

„Du wirst es vielleicht nicht glauben, meine Liebe, aber unser Umsatz ist um 36 Prozent gestiegen, seit du in der Firma bist. Das würde ich nicht ‚nichts‘ nennen!“

„Die soziale Komponente ist eben vor mir ein bisschen zu sehr vernachlässigt worden. Jetzt ist alles auf den aktuellen Stand gebracht, und für mich gibt es hier nichts mehr zu tun.“

„Du weißt, dass du trotzdem gerne bleiben kannst, oder, Ruby?“ Russells Stimme klang fast ein wenig enttäuscht.

„Ja, ich weiß.“ Sie lächelte ihn an. „Und ich danke dir von ganzem Herzen dafür, dass du mir diesen Job gegeben hast – in einer Zeit, in der mich niemand anders eingestellt hätte. Aber ich würde gerne wissen, ob ich noch Chancen im juristischen Bereich habe. Auch wenn ich vielleicht erst mal unbezahlte Praktika machen muss, um mir die erforderliche Erfahrung auf dem entsprechenden Gebiet anzueignen. Internationales Recht. Familienrecht. Strafrecht. Ein Bereich, wo das Sündenregister meines Vaters nicht auf mich zurückfallen sollte. Danach werde ich mein eigenes kleines Unternehmen gründen. Das ist doch ein solider Plan, findest du nicht?“

„Nun, es ist ein solider Gedanke“, entgegnete er trocken. „Ich würde es nicht als Plan bezeichnen, denn ein Plan enthält Details.“

„Daran arbeite ich.“

„Brauchst du Startkapital?“

„Bietest du es mir denn an?“

Russell faltete seine Hände und sah sie einen Augenblick lang an. „Ja.“

„Weil du früher mit meinem Vater befreundet warst?“

„Weil ich daran glaube, dass Ruby Maguire es schafft!“

„Oh.“ Rubys Stimme versagte fast. „Danke.“

„Einverstanden, Ruby. Ich nehme deine Kündigung an und du mein Startkapital. Geh zu Bea und besprich mit ihr den bürokratischen Teil. Und, Ruby?“

„Ja?“

„Ich weiß, es ist etwas kurzfristig, aber ich hatte vergessen, dich zu uns einzuladen. Ich möchte, dass du zumindest einen Weihnachtstag mit mir und meinen Kindern verbringst.“

„Russell, das ist nett, aber …“

„Keine Widerrede, Ruby. Du hast Damon schon kennengelernt, und mit den Mädchen wirst du dich sicher auch gut verstehen. Weihnachten ist ein Familienfest, da sitzt man nicht alleine zu Hause.“ Er sagte das mit sehr viel Nachdruck. „Sagen wir Heiligabend. Du hattest sowieso einen Tisch für fünf reserviert.“

„Ja, aber …“

„Wir holen dich gegen Viertel vor sieben zu Hause ab.“

„Nein, ich …“

Doch Russell West war bekannt für seine Überrumpelungs-strategien. Und so blieb Ruby nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich lächelnd zu verabschieden.

Damon holte seine Schwester Poppy an ihrem Ankunftsgate ab. Gemeinsam schlenderten sie in eine hübsche Flughafenbar, um die Zeit bis zu Lenas Ankunft zu überbrücken. Endlich hatten die beiden mal wieder die Möglichkeit, zu zweit miteinander zu plaudern. Damon gab sein Bestes, um Poppy ihren Jetlag vergessen zu lassen. Er bestellte ihr frisch gepresste Säfte und eine Portion Minifrühlingsrollen, während sie sich auf der Toilette ein wenig frisch machte.

„Hast du etwas über Jared herausgefunden?“, wollte sie als Erstes von ihm wissen.

„Leider nein.“

Poppys Augen sahen ihn traurig an. „Keinerlei Anhaltspunkte?“

„Nicht direkt. Aber ich glaube, Lena hatte recht. Er arbeitet wohl wieder für den Geheimdienst. Zumindest habe ich dort ein drei Monate altes Dokument über ihn gefunden. Es war komplett verschlüsselt, aber es enthielt immerhin seine Personalnummer. Willst du es dir ansehen?“

„Natürlich.“

„Du solltest es aber nicht an der Uni herumzeigen …“

„Schon klar.“

„Eigentlich solltest du niemandem davon erzählen.“

Poppy stützte ihren Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn in die Handfläche. „Du willst es mir nicht geben, oder?“ Sie klang ganz ruhig und entspannt.

„Eigentlich nicht.“ Es widersprach Damons Instinkt, seine geliebte Schwester in diese Geschichte mit hineinzuziehen. Doch möglicherweise konnte sie ihm eine Hilfe sein – und somit auch ihrem gemeinsamen Bruder Jared. „Du darfst auch keinen Computer für deine Übersetzungs- oder Entschlüsselungsarbeit benutzen. Jede Spur, die du im Netz hinterlässt, kann zu dir zurückverfolgt werden.“

„Aber in die Bibliothek darf ich schon gehen, falls ich ein Wörterbuch brauche?“

„Ja. Aber benutze nur die Karteikarten-Suche. Keine Computer!“

„Warst du eigentlich schon immer so paranoid?“

„Ich habe meine Gründe dafür.“ Damon nippte an seinem Glas. „Ich kenne mich aus in dem Bereich, Poppy. Wir wissen nicht, wo Jared hineingeraten ist und wer vielleicht hinter ihm her ist.“

„Ich werde vorsichtig sein.“ Poppy streckte den Arm nach dem Dokument aus und Damon gab es ihr endlich.

Als es Zeit wurde, Lena von ihrem Gate abzuholen, hatte sich zwischen Damon und Poppy wieder die alte Unbeschwertheit eingestellt. Sie lachten und scherzten miteinander, als sie die Bar verließen.

Schließlich erschien Lena. Allerdings kam sie nicht mit all den anderen Fahrgästen durch den Passagiertunnel, sondern sie erschien durch einen Seiteneingang, gestützt von einem Stock in ihrer Rechten und einem Flughafenmitarbeiter zu ihrer Linken. Ihre Geschwindigkeit entsprach der einer neunzigjährigen Frau. Auch der sonst so jugendlich-unbeschwerte Ausdruck war aus ihrem Gesicht verschwunden. Sie wirkte verhärmt und um Jahre gealtert. Der Mann neben ihr trug in seiner linken Hand ihren Koffer. Er schien erleichtert zu sein, als Lena ihren Geschwistern zuwinkte.

„Miss West hat sich geweigert, unseren Rollstuhlservice in Anspruch zu nehmen“, erklärte er etwas müde. Er händigte Damon Lenas Gepäck aus und verschwand in die Richtung, aus der er gekommen war.

„Ich habe euch doch gesagt, dass ich wieder laufen kann.“ Ohne darauf einzugehen, schloss Damon seine Schwester in die Arme und drückte sie fest an sich. Er stellte erschrocken fest, dass Lena noch weiter abgenommen hatte, und er erkannte an Poppys Blick, dass diese das Gleiche dachte.

„Ihr seht einfach toll aus“, begrüßte Lena hingegen ihre beiden Geschwister. „Schön, euch endlich wiederzusehen!“

Damon und Poppy versicherten Lena, dass auch sie schon wieder gut aussähe, und erkundigten sich, ob sie einen guten Flug gehabt hätte. Lenas erste Frage galt ihrem vermissten Bruder: „Gibt es etwas Neues von Jared?“

„Nein“, murmelte Damon. „Nichts.“

„Hast du dich denn darum gekümmert, ihn aufzuspüren?“

„Ja, schon …“, er warf Poppy einen warnenden Blick zu, „aber bisher erfolglos.“

In der Bar hatte er vorhin mit Poppy darüber diskutiert, was sie Lena über ihre Suche nach Jared erzählen sollten. Poppy war dafür gewesen, die große Schwester einzuweihen, doch Damon hatte strikt abgelehnt.

„Ich hole dann mal das Auto.“

Er war froh, dass er mit dem Gepäck seiner Schwestern vorgehen und somit einige Minuten alleine verbringen konnte. Lenas Anblick war für ihn nicht leicht zu ertragen. Es schien ihr wirklich schlecht zu gehen, nicht nur körperlich. Und er musste ständig daran denken, wie wenig gefehlt hätte, dass Lena gar gestorben wäre.

Nur Jared war Lenas Unfall noch näher gegangen. Er war ins Krankenhaus gestürmt, hatte herumgeschrien und war schließlich zusammengebrochen. Man hatte ihm gesagt, dass, selbst wenn Lena überlebte, sie wahrscheinlich nie wieder würde laufen können.

Lena hatte zu dem Zeitpunkt, als sich der Unfall zugetragen hatte unter Jareds Kommando gestanden. Eigentlich war es ein Routineeinsatz gewesen. Es war um das Aufspüren biologischer Waffen in einem vermuteten Labor in Osttimor gegangen. Das Letzte, woran Lena sich erinnerte, war ein heftiges Kreuzfeuer gewesen, Blut und Schreie, und dass sie einfach so dagelegen und in den Himmel gestarrt hatte.

Ob Jared mehr über den Hintergrund wusste oder ob er sich gar die Schuld für den Unfall gab, wusste niemand. Denn nach Jareds Auftauchen bei Lena im Krankenhaus hatte es kein weiteres Lebenszeichen mehr von ihm gegeben. Er hatte zu Lena nur gesagt, dass die Mission von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, dass er kurz etwas klären müsse und so bald als möglich wieder bei ihr wäre.

Das war vor über einem halben Jahr gewesen.

Verständlich also, dass sich jeder in der Familie zuerst nach seinem Aufenthaltsort erkundigte.

Das gemeinsame Abendessen verlief trotzdem fröhlich und feierlich, was nicht zuletzt Rubys Verdienst war. Sie hatte so eingekauft, dass für jeden in der Runde besondere Leckerbissen dabei waren. Und sie hatte das Haus so festlich und weihnachtlich geschmückt, dass sich die Kinder wirklich wie zu Hause fühlten.

Im Atrium hatte Ruby einen gigantischen Weihnachtsbaum aufstellen und schmücken lassen. Sein Duft und seine aufwendige Beleuchtung machten die Stimmung erst perfekt. Unter dem Baum hatte Ruby die mit großer Sorgfalt verpackten Geschenke für Lena, Poppy – und Damon verteilt. Sie war also noch einmal im Namen seines Vaters für ihn zum Einkaufen gegangen, stellte dieser mit einem Lächeln fest.

„Sag mal, Papa, verheimlichst du uns etwas?“, wollte Lena schmunzelnd wissen. Sie saß auf dem Sofa neben Poppy, die sich gerade erhoben hatte, um ihrer Schwester Weißwein nachzuschenken. „Das Abendessen war spitze, an meinen Lieblingsweißwein wurde gedacht, überall stehen frische Blumen, und – ist das eine Lichterkette auf deiner Terrasse? Dahinter muss doch eine Frau stecken? Und zwar nicht nur eine Haushaltshilfe?“

„Ruby war hier“, entgegnete Russell lässig und ohne weitere Erklärungen. Damon musste grinsen, als er Lenas überraschten Gesichtsausdruck sah. Sie platzte fast vor Neugier.

„Ruby ist Papas Assistentin im sozialen Bereich. Kann man doch so sagen, oder, Paps?“

„Seine was?“

„Sie hilft ihm, damit er auch bei seinen sozialen Verpflichtungen gut rüberkommt. Damit er nichts vergisst, gute Reden hält und so weiter. Und sie kümmert sich um unser Weihnachtsfest.“ Damon wollte seine Schwester noch ein wenig auf die Folter spannen.

„Ruby ist die Tochter eines alten Freundes von mir“, erklärte Russell seinen beiden Töchtern. „Sie war auf der Suche nach Arbeit und ich habe sie eingestellt. Ihr werdet Ruby morgen kennenlernen. Sie wird mit uns zu Abend essen.“

„Als deine … Begleiterin?“, wollte Poppy ganz geradeheraus wissen. Sie hielt Damon ein Bier vor die Nase. Doch angesichts der Brisanz ihrer Frage starrte dieser nur entgeistert seinen Vater an.

„Kinder! Ruby ist jünger, als ihr es seid!“ Endlich lachte Russell. „Was ihr nur immer denkt.“

Poppy wedelte mit der Bierflasche vor Damons Nase herum. Endlich nahm er sie an. Und ihm fiel auf, dass er zu atmen vergessen hatte.

„Warum isst sie denn mit uns an Weihnachten?“, fragte Lena neugierig.

„Sie hätte sonst dieses Jahr ganz alleine feiern müssen – aufgrund von unvorhersehbaren Umständen. Und ich dachte mir, dass ihr euch gut verstehen würdet. Damon hat Ruby übrigens schon kennengelernt.“

Ja, das hatte er. Und er hatte es leicht verletzt überlebt.

„Ach, wirklich?“ Lena schaute ihn grinsend an.

„Was denn? Warum guckt ihr so komisch?“ Seine Schwestern warfen einander vielsagende Blicke zu.

„Wie ist sie denn so?“

Er zuckte die Achseln. „Organisiert.“ Und weil Damon wusste, dass sich seine Schwestern damit nicht zufriedengeben würden, fügte er rasch „Und souverän“ hinzu.

„Und sieht sie gut aus?“, wollte nun Poppy wissen.

„Ich denke schon.“

Poppy und Lena kicherten wie zwei Schulmädchen.

„Er mag sie“, stellte Lena fest.

„Das glaube ich auch“, murmelte Poppy, ohne ihren Blick von Damon abzuwenden.

„Wie kommt ihr denn bitte darauf?“, wollte Damon irritiert wissen.

„Weibliche Intuition.“

„Nicht gerade eine zuverlässige Wissenschaft.“

Poppy lächelte nur.

„Was hat Ruby denn gemacht, bevor sie Weihnachtsfee wurde?“

„Sie hat Jura studiert und war dabei, sich als Firmenanwältin zu etablieren“, erklärte der Vater. „Sie wird wohl auch wieder zurück in den juristischen Bereich gehen, nur nicht ins Unternehmensrecht.“

„Warum nicht?“, fragte Lena.

„Das kannst du sie ja morgen selbst fragen“, schlug Damon vor und erntete erneut verwunderte Blicke von seinen Schwestern.

„Er kennt die Antwort“, wandte sich Lena verschmitzt lächelnd an ihre Schwester.

„Sieht so aus“, pflichtete ihr Poppy bei.

„Ich sage nur, dass jeder seine Geheimnisse hat, die nicht vor allen anderen breitgetreten werden müssen“, verteidigte sich Damon.

„Er mag sie sehr!“ Lena starrte ihn begeistert an.

Poppy sah ihn auch an und lächelte.

Ruby bereitete sich mit einigem Missbehagen auf den Weihnachtsabend mit Russell und seiner Familie vor. In erster Linie störte sie natürlich Damons Anwesenheit. Wie sollte sie sich ihm gegenüber verhalten? Wie würde er auf sie reagieren? Sie war kurz davor, Russell anzurufen und sich krankzumelden. Manchmal konnten Lügen doch sehr praktisch sein.

Doch war sie es nicht gewesen, die Damon gegenüber eine ganz strikte Haltung gegen das Lügen bezogen hatte? Wie konnte sie von ihm etwas erwarten, woran sie sich selbst nicht hielt?

Dass Ruby bereits gegen fünf Uhr nachmittags – zwei Stunden vor der geplanten Verabredung – ihren Kleiderschrank öffnete, verriet einiges über den Zustand ihrer Nerven. Das Restaurant schrieb formale Abendgarderobe vor. Was würden wohl Lena und Poppy tragen? Wenn sie Damon Glauben schenken durfte, dann würden sie in gedeckten Tönen und schlichten Schnitten auftauchen.

„Was soll ich anziehen, Kätzchen?“

Sie wandte sich der kleinen getigerten Katze zu, die sich am Türrahmen rieb. „Das kleine Schwarze?“ Ruby nahm gleich zwei Kleider aus dem Schrank, auf die die Beschreibung passte. Das eine war eng und trägerlos, das andere hatte zwar kleine Ärmelchen, besaß aber einen tiefen Ausschnitt und saß ebenfalls sehr körperbetont. Nicht gerade optimal, um seine Kurven zu verstecken. Und auch sicher nicht das Passende für Weihnachten.

„Schwarz ist mir außerdem zu düster. Wie wäre es mit dem violetten Kleid? Wunderschöner Schnitt, nicht zu gewagt, und ich habe ein passendes Haarband dazu!“ Ruby lachte. „Das wird Damon gefallen. Dann hat er auch etwas, worauf er sich konzentrieren kann, anstatt nur wieder mit mir zu flirten.“

Duschen, Schminken, Anziehen. Ruby brauchte dafür keine Stunde. Es war erst sechs Uhr, und sie verspürte eine kribbelige Nervosität. Um Viertel nach sechs war Ruby mit ihrer Geduld am Ende. Sie griff zum Telefon und rief bei Russell an. Zum Glück war er es, der abnahm. Sie erklärte ihm, dass sie noch einige Besorgungen machen müsse und von dort aus direkt ins Restaurant käme. Sie müsse also nicht extra abgeholt werden.

„Eins zu null für Ruby“, erklärte sie der kleinen Katze, nachdem sie aufgelegt hatte. So hatte sie die Möglichkeit, den Abend zu beenden, wann sie es für richtig hielt, und war nicht auf die anderen angewiesen. Außerdem ersparte sie sich die Fahrt in der Limousine. Zu fünft wäre es schon ein wenig eng und nicht auszudenken, wenn sie Knie an Knie neben Damon sitzen müsste.

Um Punkt sieben Uhr betrat Ruby das Restaurant. Familie West stand an einem der eleganten Stehtische im Barbereich. Jeder von ihnen hielt eine zierliche Champagnerflöte in Händen, und alle vier sahen äußerst elegant aus. Aus der Ferne hätte man sie allerdings kaum für eine Familie gehalten, nicht zuletzt, weil jeder von ihnen eine andere Haarfarbe hatte.

Russells Haar war grau und wellig, Damon hatte fast schwarzes glattes Haar. Poppy hatte blondes Haar und – wie Ruby beim Näherkommen feststellte – kornblumenblaue Augen. Lenas Haare waren braun und gelockt, ihre Augenfarbe war grau. Während sich Poppy für ein dunkelblau-silbernes Kleid in A-Form entschieden hatte, trug Lena schwarze Hosen und ein cremefarbenes Seidentop, das ihre Zartheit noch mehr unterstrich. Sehr unterschiedlich, die beiden Schwestern. Was sie wohl von ihrer Garderobe hielten? Wahrscheinlich fanden sie sie zu bunt und auffällig, zu theatralisch. Wahrscheinlich würden die drei ohnehin nicht allzu viele Gemeinsamkeiten aneinander entdecken.

Dann lenkte Ruby ihren Blick auf Damon. Sie hielt für einen Moment den Atem an. Er sah in seinem dunklen Abendanzug einfach umwerfend aus. Das durfte sie sich natürlich nicht anmerken lassen. Doch als hätte er ihre Augen auf seinem Körper gespürt, wandte er seinen Kopf geradewegs in Rubys Richtung, und ihre Blicke trafen sich.

„Damon.“

Sie war nun am Tisch angekommen.

„Ruby!“ Wie zum Geier sollte er sich ihr gegenüber verhalten? Cool und distanziert? Fröhlich und höflich? „Schönes … Haarband!“

Flirtete er etwa schon wieder mit ihr?

„Ähm, danke.“ Am Haarband war ein filigraner Seidenschmetterling befestigt, der über Rubys linkem Ohr prangte. „Nicht etwas zu – auffällig?“

„Nein, gar nicht.“ Er spitzte die Lippen. „Sieht festlich aus.“

Das breite Grinsen auf den Gesichtern der beiden Schwestern verwandelte sich in ein freundliches Lächeln, als Ruby sich ihnen zuwandte. „Es tut mir leid, dass ich Sie alle habe warten lassen! Aber ich hoffe, das Essen und der exzellente Service hier werden dafür entschädigen. Lassen Sie uns doch Platz nehmen.“

Während sie ihre Gerichte auswählten, drehte sich die Unterhaltung um ganz allgemeine Dinge. Welche Speisen man mochte und welche nicht, wie oft oder wie lange man schon in Hongkong lebte, was hier anders war als zu Hause. Eine Unterhaltung, an der sich selbst Poppy beteiligte, wenn auch zurückhaltend. Dann baten die beiden Schwestern Ruby, dass man sich duze, worauf diese gerne einging.

Im Folgenden sprach man von Traumzielen, von Sehnsuchtsorten, von Plätzen, an denen man sich zu Hause fühlte. Es war eine Art Small Talk zum Warmwerden, den sie führten. Und damit kannte Ruby sich bestens aus. Doch ihre Rhetoriklehrer hatten ihr beigebracht, wie man eine Unterhaltung führt, das heißt, wie man die Richtung bestimmt und wann man eingreift, wenn das Interesse abebbt. Dazu musste man allerdings das Gespräch dominieren, und das war es, was Ruby im Moment gar nicht wollte. Sie fühlte sich als Gast bei einer Familie, die sich lange nicht gesehen hatte, und bemühte sich darum, im Hintergrund zu bleiben. Nicht zuletzt wegen Damon.

Doch dann kam die Unterhaltung wieder auf sie. Russell gab bekannt, dass Ruby bei ihm gekündigt hatte und ihre Dienste bereits nächsten Monat aufgeben wolle.

„Warum?“, entfuhr es Damon scharf, und jegliche höfliche Zurückhaltung war aus seiner Stimme gewichen.

„Ich möchte mich wieder der Rechtswissenschaft widmen.“ Und das hatte nichts mit Damon zu tun. Nur musste sie ihm diesen Sachverhalt unbedingt klarmachen. „Ich denke schon länger darüber nach. Und neulich hat jemand mir gegenüber eine Bemerkung gemacht, die diesen Gedanken sozusagen zementiert hat. Ich hätte meine beginnende Karriere wohl nicht so schnell aufgeben sollen.“ Sie lächelte knapp. „Manchmal braucht es einen unverbrauchten Blick, damit man selbst das Offensichtliche erkennt.“

„Bleibst du in Hongkong?“, wollte Damon sofort wissen.

„Nicht unbedingt, nein“, murmelte Ruby etwas unsicher und nippte an ihrem Champagner. „Ich hatte an … Genf gedacht.“ Egal, dass Damon sie nun für ziemlich scheinheilig halten musste, da sie ihm quasi Vorwürfe gemacht hatte, weil es für ihn kein Zuhause gab.

Er starrte sie völlig verblüfft an, und als sie ihn ansah, wich sein Blick aus und konzentrierte sich stattdessen auf ihr violettes Haarband. Ruby wurde nervös.

„Es ist nur ein Accessoire, Damon! Ein festlicher Schmuck. Mehr Bedeutung steckt nicht dahinter.“

„Das ist mir schon klar.“ Jetzt sah ihr Damon direkt in die Augen. Und Ruby fluchte innerlich über ihre eigene Empfindsamkeit, die erst alle anderen am Tisch auf die Szene zwischen ihr und Damon aufmerksam gemacht hatte.

„Genf ist eine wunderschöne Stadt“, erklärte Damon ruhig und als sei nichts gewesen. Er wartete, bis der an den Tisch getretene Kellner für alle Wein nachgeschenkt hatte, bevor er weitersprach. „Vor genau einer Woche bin ich das letzte Mal dort gewesen. Direkt nach einem Auftrag in Brüssel hatte ich mich in Genf mit einem Geschäftsfreund verabredet.“

Autor

Kelly Hunter

Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...

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Kelly Hunter

Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...

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