Julia Extra Band 522

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GRIECHISCHES FEUER DER SEHNSUCHT von MILLIE ADAMS
Die Verachtung in seinem Blick schmerzt so sehr! Der griechische Milliardär Constantine Kamaras scheint zu glauben, Morgan sei nur hinter dem Geld seines Bruders her. Doch als sie sich eines Abends in Constantines Zimmer verirrt, geschieht etwas Unerwartetes: Er verführt sie …

MIT DIR IM GARTEN DER LIEBE von LIZ FIELDING
Für Honey Rose ist der Garten hinter ihrem Cottage der friedlichste Ort der Welt. Wenn bloß ihr Nachbar nicht so feindselig wäre! Sie ahnt nicht, dass Lucien Grey so seine Seele schützt. Ob ein Kuss unter dem blühenden Apfelbaum diesen Schutzwall einreißen kann?

EIN TYCOON ZUM VERLIEBEN von LYNNE GRAHAM
Verliebt in den Boss! Dass sie für den charismatischen Ari Stefanos schwärmt, ist Cleos Geheimnis. Bis sie bei einem Firmenevent zusammen in einem Zweierteam landen – und danach im Bett. Aber ist diese eine Nacht wirklich der Grund für Aris überraschenden Heiratsantrag?

DEINE LIEBE KRÖNT MEIN HERZ von CAITLIN CREWS
Die hübsche Delaney ist fassungslos, als eines Tages ein attraktiver Fremder mit unglaublichen Neuigkeiten auf die Farm kommt: Cayetano Arcieri behauptet, sie ist bei der Geburt vertauscht worden. Sie sei die Prinzessin von Ile d’Montagne – deren Pflicht es ist, ihn zu heiraten!


  • Erscheinungstag 16.08.2022
  • Bandnummer 522
  • ISBN / Artikelnummer 9783751512145
  • Seitenanzahl 450
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Millie Adams, Liz Fielding, Lynne Graham, Caitlin Crews

JULIA EXTRA BAND 522

MILLIE ADAMS

Griechisches Feuer der Sehnsucht

Als ihm die aparte Kellnerin Morgan vorgestellt wird, ist Constantine Kamaras sich sicher: Ihr geht es nur um das Kamaras-Vermögen. Doch stärker als sein Misstrauen ist sein Verlangen – mit süßen Folgen …

LIZ FIELDING

Mit dir im Garten der Liebe

Kriegsreporter Lucien hat zu viel Elend gesehen, um noch an sein privates Glück zu glauben. Doch im Cottagegarten seiner jungen Nachbarin Honey Rose erblüht auch für ihn die zarte Blume der Hoffnung …

LYNNE GRAHAM

Ein Tycoon zum Verlieben

Der griechische Tycoon Ari Stefanos muss dringend heiraten. Eine Vernunftehe scheint die perfekte Lösung. Doch seine heißen Gefühle für die hübsche Cleo sind alles andere als vernünftig …

CAITLIN CREWS

Deine Liebe krönt mein Herz

Endlich hat er sie gefunden! Aber kann Prinz Cayetano Arcieri die unschuldige Delaney von ihrer königlichen Abstammung überzeugen? Und dass ihr Platz auf dem Thron neben ihm ist?

1. KAPITEL

Morgan Stanfield hatte nie ernsthaft geglaubt, dass ein Mensch vor Scham sterben könnte. Doch jetzt, da sie nur mit einem schwarzen Spitzenbody bekleidet von einer Nische aus zusah, wie ihr Freund eine andere Frau in sein Bett zog, wäre sie fast gestorben vor Scham.

Aber kam diese Entdeckung wirklich so überraschend?

Sie hätte wissen müssen, dass Alex nicht ewig auf sein Vergnügen verzichten würde! Zwar hatte er in den sechs Monaten, die sie nun zusammen waren, stets Morgans Wunsch respektiert, mit dem Sex noch zu warten. Doch offensichtlich war seine Liebe zu ihr einfach nicht groß genug …

Morgan hatte sich ohnehin immer gefragt, warum Alex mit ihr zusammen war. Warum er an ihr interessiert war. Sie hatten sich in einer Bar nahe der Universität kennengelernt, in der sie gekellnert hatte. Und sie war ziemlich überrascht gewesen, als er auf sie zugekommen war. Er war groß und gutaussehend mit einem dunklen, fesselnden Blick und einem breiten Lächeln. Sein griechischer Akzent hatte ihr einen Schauer den Rücken hinunter gejagt.

Alles, was Morgan in ihrem Leben erreicht hatte, hatte sie sich hart erarbeiten müssen. Sie sparte jeden Cent, den sie in der Bar verdiente, um sich eine bessere Zukunft aufbauen zu können. Und als sie anfing, mit Alex auszugehen, fiel ihr besagte Zukunft einfach in den Schoß. Er hatte ihr das Geld für das komplette Studium zur Verfügung gestellt, obwohl sie es nicht hatte annehmen wollen. Er hatte sie zu Familienfeiern mitgenommen, ihr Kleider gekauft und dafür bezahlt, sie zu teuren Veranstaltungen chauffieren zu lassen. Und als Gegenleistung hatte er nicht einmal Sex verlangt.

Nun wusste sie auch, warum.

Er bekam den Sex anderswo her.

Morgan war zutiefst erschüttert. Jetzt war alles aus!

Und zur Krönung des Ganzen saß sie ausgerechnet im riesigen Schlafzimmer ihres Freunds fest, im bombastischen Haus seiner Eltern – und war im Begriff, mehr Sex zu Gesicht zu bekommen, als sie selbst je gehabt hatte.

Ihr verzweifelter Blick fiel auf die Tür, die hinaus auf den Balkon führte. Morgan befand sich in einer Nische des Schlafzimmers, das eigentlich eher eine Suite war. Wenn sie ganz vorsichtig über den Boden auf diese Tür zukroch, sollte sie unbemerkt bleiben.

Sie atmete tief ein und robbte so leise sie konnte über den Boden. Als sie die Tür erreicht hatte, öffnete Morgan sie nur einen Spalt, schlängelte sich geduckt hindurch und schloss sie vorsichtig wieder. Dann kroch sie ins äußerste Eck des Balkons, wo sie vom Schlafzimmer aus nicht mehr gesehen werden konnte.

Erschöpft setzte Morgan sich auf den Boden.

Das war doch lächerlich. Absolut lächerlich. Sie war endlich bereit gewesen, sich Alex hinzugeben – und er gab sich einer anderen hin. Morgan fragte sich, ob seine Eltern vielleicht sogar wussten, dass er eine andere Frau mitgebracht hatte.

Eine Person wusste es ganz sicher. Eine unbändige Wut breitete sich in ihr aus. Oh ja, sie war sich absolut sicher, dass er ganz genau wusste, dass Alex sich mit einer blonden Schönheit in seiner Suite eingeschlossen hatte.

Sein älterer Bruder.

Der Mann, der sie verabscheute.

Der Mann, dessen Namen sie nicht einmal denken wollte. Denn das verdiente er nicht.

Düster blickte Morgan vor sich hin. Aber jetzt war der falsche Zeitpunkt, um sich irgendwelchen dunklen Gefühlen hinzugeben, sie musste etwas tun!

Zum Glück befand sich gleich neben diesem Balkon bereits der nächste Balkon! Vorsichtig erhob sich Morgan und spähte über die Steinbalustrade. In jeder anderen Situation hätte sie sich für verrückt erklärt und sich lieber zusammengekauert auf den Boden gelegt, bis jemand kam, um sie zu retten. Aber es würde sie niemand retten. Sie war ja selbst schuld an dieser Misere. Sie musste sich also selbst retten!

Morgan biss die Zähne zusammen. Bevor sie es sich wieder ausreden konnte, schwang sie ein Bein über die Balustrade und kletterte beherzt hinüber zum Nachbarbalkon.

Im Zimmer nebenan brannte gedämmtes Licht, aber sie nahm keine Bewegungen wahr. Schnell schlüpfte sie durch die angelehnte Balkontür in das Zimmer hinein. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihre Kleider zurückgelassen hatte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?! Dann würde Alex ja genau wissen, dass jemand in seinem Zimmer gewesen war!

Aber es spielte keine Rolle, schließlich würde sie Alex nie wiedersehen. Genauso wenig wie seine Familie. Einen Moment lang überkam sie eine unsagbare Trauer. Sie war davon überzeugt gewesen, ein Traum wäre für sie wahr geworden.

Aber für Mädchen wie sie wurden keine Träume wahr. Es gab keinen strahlenden Märchenprinzen und auch kein magisches Happy End.

Plötzlich hörte sie ein Geräusch: das Klirren eines Glases, das abgestellt wurde.

„Also, damit habe ich nicht gerechnet, als ich einen Schlummertrunk bestellt habe.“

„Constantine.“

Denn natürlich musste er es sein. Natürlich musste ausgerechnet Alex’ älterer Bruder sie so sehen. Und natürlich musste er genau jetzt in diesem Zimmer sein.

Morgan war nur überrascht, dass Constantine nicht gleich das Fegefeuer mitsamt Dämonen dabeihatte. Oder hatte er das etwa doch? Denn ihr wurde plötzlich unsagbar heiß.

Er hat dich immer schon heiß gemacht …

Das ignorierte sie. Wie sie es schon die letzten sechs Monate getan hatte. Denn Constantine war nicht ihr Ritter in schimmernder Rüstung. Er war definitiv nicht ihr Märchenprinz.

Denn Constantine brachte schändliche, dunkle Gedanken in ihr zum Vorschein, von denen sie lieber vorgab, sie nicht in sich zu tragen.

„Du bist es also tatsächlich. Dachte ich es mir doch.“ Er ließ seinen dunklen Blick über sie gleiten, die Verachtung darin war klar zu erkennen.

Sein Blick war verletzend.

Und doch so heiß …

„Wie ich sehe, hast du deinen unschuldigen Mädchen-Look für diesen Abend abgelegt.“ Sein Gesicht wirkte ausdrucklos. Wenn man ihn nicht kannte.

Leider tat sie das aber.

Sie hatte sich Mühe gegeben, ihn nicht kennenzulernen, aber es war unvermeidbar gewesen.

In den letzten sechs Monaten war Morgan mit Begeisterung in die Familie aufgenommen worden. Sie liebte Alex’ Eltern.

Constantine liebte sie allerdings nicht. Und er liebte sie genauso wenig.

Aber sie war von ihm fasziniert. Sie hatte gelernt, eine Menge Dinge aus dem Zucken seiner arroganten Augenbraue zu lesen, war vertraut mit der Missbilligung, die selbst der kleinsten Korrektur seiner Jackenärmel innewohnte. Er sah sie normalerweise weniger an als vielmehr durch sie hindurch. Und als er sie jetzt mit dieser lodernden Intensität ansah, spürte Morgan seinen Blick bis tief ins Innere ihrer Seele.

„Dein Bruder ist anderweitig beschäftigt“, sagte sie knapp.

Es war ein Wunder, dass Morgan in diesem Augenblick nicht vor Scham im Boden versank! Denn ausgerechnet vor Constantine Kamaras zugeben zu müssen, dass sie gerade von einer anderen Frau ersetzt worden war … Nein, nicht einmal das. Sie war ja nie mit Alex im Bett gewesen.

Ja, sie hatte es so gewollt. Sie hatte unsägliche Angst gehabt, ungewollt schwanger zu werden und schließlich so zu enden wie ihre Mutter, verbittert und unglücklich.

Aber sie hatte so viel Vertrauen zu Alex gewonnen. Vertrauen in ihre Beziehung. Sie war bereit gewesen, mit ihm …

Es war mehr als nur Demütigung, die sie nun taumeln ließ. Es war die lähmende Erkenntnis, dass sie sich trotz des Vertrauens, das sie in Alex gehabt hatte, geirrt hatte. Sie war die ganze Zeit über so vorsichtig gewesen, sie war sich so sicher gewesen!

Und sie hatte sich geirrt.

„Er ist beschäftigt?“

Constantine setzte sich in seinem Stuhl auf eine Art zurecht, die irgendwie untypisch für ihn war. Er war angespannt. Hart wie Stein. Und doch sah er in diesem Moment irgendwie zugänglich aus. Was ihn nur noch angsteinflößender machte.

Sein Hemdkragen war aufgeknöpft und enthüllte so einen Teil seiner Brust, die dunkle Behaarung. Die Ärmel hatte er bis zu den Ellbogen hochgeschoben. Morgan konnte nicht anders, als wahrzunehmen, wie muskulös seine Unterarme waren.

Er hatte das Gesicht eines gefallenen Engels. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht und sein Haar so dunkel wie die Schwingen eines Raben.

Wie die wahr gewordene dunkle Fantasie eines einsamen Mädchens, das mit nicht mehr als Büchern zur Gesellschaft aufgewachsen war.

Es war eine Schande, dass er sie verabscheute.

Eine Schande, dass er der Bruder ihrer großen Liebe war.

Eine Schande, dass ihre große Liebe ein treuloser Schuft war.

Aber vor allem war es eine Schande, dass sie in ihrer Unterwäsche vor ihm stand.

„Welch Ironie“, sagte er dunkel. „Du in diesem Outfit – und der Mann, den du verführen wolltest, ist anderweitig beschäftigt. Ich muss einfach fragen: Ist es eine andere Frau, die ihn beschäftigt hält?“

„Ja. Und ich glaube, dass du das genau weißt.“ Morgan gab ihr Bestes, seine gleichgültige Haltung zu imitieren.

Sie verlagerte das Gewicht auf ein Bein und stemmte eine Hand auf ihre Hüfte, wodurch leider ein Träger des entsetzlich skandalösen Bodys herunterrutschte. Der Einteiler bestand aus einem Hauch schwarzer Spitze in der Form zarter Rosenblüten.

Vorhin hatte Morgan diesen Spitzenbody noch für ein sinnliches Wunderwerk gehalten.

Nun fühlte sie sich darin verletzlich und nackt.

„Ich befasse mich nicht mit den Angelegenheiten meines Bruders. Wenn ich darüber Buch führen müsste, mit welcher Frau Alex gerade ins Bett hüpft, hätte ich kaum Zeit, etwas anderes zu tun.“

Etwas an Constantines dunklem, herablassendem Tonfall jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Zu ihrem Entsetzen spürte Morgan, wie sich plötzlich ihre Brustwarzen unter der knappen Spitze ihrer Reizwäsche verhärteten.

„Und jetzt stehst du in schwarzer Reizwäsche vor mir … Sag nichts, ich kann erraten, was passiert ist: Du wolltest meinen Bruder überraschen, hast dich in seinem Schlafzimmer versteckt und musstest dann mitansehen, wie er sich mit einer anderen vergnügt. Und statt ihn zur Rede zu stellen, bist du heimlich über den Balkon geflohen und schließlich hier gelandet.

In der darauffolgenden Stille spürte Morgan seinen musternden Blick auf sich, als könnte er hinter jede einzelne Blüte ihrer Spitzenwäsche sehen.

„Wäre doch eine Schande, die scharfe Aufmachung nicht zu würdigen, oder?“

Bei seinen Worten wurde ihr ganz heiß, und zwischen ihren Beinen begann es begierig zu pulsieren.

Sie war bereit gewesen, mit Alex zu schlafen, doch so wie jetzt hatte sie sich in der Gegenwart ihres Freundes nie gefühlt. Aber nur ein Blick von Constantine, und ihr ganzer Körper stand in Flammen.

Du hast als Kind zu viele Romane gelesen. Das ist doch albern.

Na schön, dann war sie eben albern! Morgan war sich bei Alex so sicher gewesen, und nun war es vorbei. Aus und vorbei. Die Erkenntnis überkam sie wie eine Flutwelle, grausam und unnachgiebig.

In diesem Augenblick schlief Alex im Zimmer nebenan mit einer anderen Frau …

So etwas würde sie niemals hinnehmen. Es spielte keine Rolle, dass er ihr Studium bezahlt hatte. Es spielte auch keine Rolle, dass sie seine Familie verehrte.

Sie wollte geliebt werden.

Morgan Stanfield war ihr ganzes Leben lang nicht geliebt worden. Ihrer Mutter war sie nur eine Last gewesen, ihrem Vater – wer auch immer er war – bedeutete sie nichts. Sie war sich sicher gewesen, bei Alex endlich Liebe gefunden zu haben. Bei seiner Familie.

Aber er liebte sie nicht.

Und sie war eine Närrin, die keinen Einblick ins Innere anderer Menschen hatte. Sie war nicht verantwortungsbewusster als ihre Mutter. Morgan war bereit gewesen, eine intime Beziehung mit einem Mann einzugehen, weil sie gedacht hatte, sie hätte den Richtigen gefunden.

Und was war geschehen?

Sie stand nackt auf einem Balkon.

Nun ja, nahezu nackt.

Und eigentlich stand sie auch nicht mehr draußen auf einem Balkon, sondern in einem Zimmer.

Aber dann war da noch der Mann, der Fantasien in ihr wachrief, die sie lange schon zu unterdrücken versuchte.

Er verachtete sie. Er liebte sie nicht.

Und sie liebte ihn ebenfalls nicht.

Dennoch hatte er sie vom ersten Moment an gefesselt.

Alex hatte so eine Leichtigkeit an sich, die Constantine nicht im Entferntesten teilte. Er hatte mehr etwas von einem Mann, bei dem davon auszugehen war, dass er eine wahnsinnige Ehefrau auf dem Dachboden versteckte. Constantine war …

„Meinst du?“, fragte sie, um einiges atemloser, als sie beabsichtigt hatte.

„Ich sehe es nur ungern, wenn Frauen sich in Schale werfen und es dann nicht gewürdigt wird.“

Seine Stimme klang wie ein verführerisches Schnurren, ganz anders als bei ihren vorherigen Begegnungen. Normalerweise hielt er sich kurz und knapp und sprach mit einer tiefsitzenden Härte. Aber nun klang Constantines Stimme wie warmer Honig.

„Du bist wunderschön, Morgan.“

Er fand sie schön? Sie sah gut aus, das wusste sie. Aber ihre Schönheit hatte sie bis jetzt eher als Unannehmlichkeit empfunden. Ihr flammend rotes Haar und die fast durchscheinend helle Haut hatten immer schon viel Aufmerksamkeit auf sie gezogen, genau wie ihre klaren grünen Augen. Aber für eine Frau, die lieber unauffällig ihrer Arbeit nachzugehen versuchte, war das eher eine Last.

Es hatte Morgan nie sonderlich interessiert, ob ein Mann sie als schön empfand oder nicht. Aber aus irgendeinem Grund war die Offenbarung, dass Constantine dies tat … Es war geradezu berauschend.

„Du findest mich schön?“

„Natürlich. Aber ich bin mir sicher, du weißt, wie schön du bist.“

„Vielleicht. Aber ich dachte, du verabscheust alles an mir. Ich hätte nie geglaubt, dass du mir irgendeine Tugend zuschreiben würdest!“

„Du denkst, Schönheit ist eine Tugend?“

Sie blinzelte verdutzt. „Nein. Das … habe ich damit nicht gemeint.“

„Schönheit“, sagte er mit harter Stimme, „ist ein Laster. Und ich bin kein Mann, der ein Geschenk verschmäht, das ihm ins Zimmer geliefert wird und nur darauf wartet, ausgepackt zu werden.“

„Und wenn ich dich nicht will?“

Er stand langsam auf, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, und kam auf sie zu. Ihr Atem wurde immer flacher.

„Darling“, sagte er. „Keine Lügen. Das beschämt nur uns beide. Du willst mich, seitdem du das erste Mal das Haus meiner Eltern betreten hast. Und je grausamer ich zu dir bin, desto mehr scheinst du es zu genießen.“

Es fiel ihr immer schwerer zu atmen, und sie hasste es. Vor allem deshalb, weil Constantine recht hatte.

Morgan erinnerte sich noch gut an ihre erste Begegnung vor sechs Monaten. Als er sie angesehen hatte, als sei sie nicht mehr als Dreck unter seinem Schuh. Und sie hatte ihn einfach nur für wunderschön gehalten.

Damals war sie dankbar für Alex und seinen Charme gewesen. Für das, was sie für ihn empfunden hatte. Denn es hatte sie vor der sengenden Hitze abgeschirmt, die von dem verächtlichen Blick seines älteren Bruders ausgegangen war.

Aber jetzt stand nichts mehr zwischen ihnen. Keine Gefühle für Alex. Gar nichts.

„Und du weißt sicherlich“, sagte er, „wie sehr ich dich seitdem begehre.“

Er packte sie nicht und riss sie in seine Arme. Stattdessen streckte er seine Hand nach ihr aus und fuhr mit seinem Daumen zart ihren Wangenknochen nach. Es war, als würde ein Streichholz schmerzhaft langsam über die Reibefläche gestrichen, bevor es sich endlich entzündete. Morgans Brüste fühlten sich plötzlich ganz schwer an, ihr Puls beschleunigte sich.

„Dass du schön bist, habe ich gewusst“, sagte er. „Aber auf diesen Anblick bin ich nicht vorbereitet gewesen. Du siehst einfach unwiderstehlich aus!“

Sie wusste nicht, warum diese Worte ihr Herz höherschlagen ließen. Schließlich bedurften Komplimente über das äußere Erscheinungsbild keiner besonderen Anstrengung. Schon als junges Mädchen hatte sie beschlossen, sich nicht von solchen Dingen beeinflussen zu lassen. Von Romantik und schönen Worten.

Aber etwas in ihrem Bauch zog sich schmerzhaft zusammen, und eine Stimme in ihr flüsterte die beschämende Wahrheit: Dies war keine Romantik. Genauso wenig waren es schöne Worte.

Es war Begehren. Und von Anfang an hatte sie nichts dagegen ausrichten können, um das zu schmälern, was sie für ihn fühlte.

Ihr Begehren für diesen Mann war einfach da.

Aber wie sehr sie sich wünschte, es wäre nicht so!

„Zeig es mir, Morgan!“, sagte er mit rauer Stimme. „Zeig mir, was ich sehen möchte.“

Er wollte, dass sie sich auszog. Das verstand sie. Sie wartete darauf, dass er sich wieder hinsetzte, wie ein König auf seinem Thron. Aber das tat er nicht. Stattdessen blieb er einfach dort stehen und sah sie durchdringend an. Und er wirkte so groß. Er war sowohl breiter als auch größer als sein Bruder, mindestens acht Zentimeter.

Sie sollte sich zerbrechlich und furchtbar verletzlich fühlen, aber das tat sie nicht.

Da war kein Gramm Fett an seinem Körper. Nicht dass sie seinen Körper gesehen hätte, es war nur so … Sie hatte kaum anders gekonnt, als ihn anzusehen, jedes Mal, wenn sie ihm im Haus seiner Familie begegnet war. In seinen maßgeschneiderten Anzügen, die sich fest an seine breiten Schultern, die muskulöse Brust und die schmale Taille schmiegten.

Und nun richtete sich all seine Kraft, all seine Schönheit auf sie. Sein Blick war verwegen, seine Muskeln angespannt, als wäre er ein Raubtier. Zum Angriff bereit.

Aber sie fürchtete sich nicht. Noch bevor sie sich richtig entschieden hatte, bevor sie es durchdacht hatte, löste sie schon den Verschluss des Spitzenbodys an ihrem Nacken. Um zu verhindern, dass der zarte Stoff sofort an ihr herabglitt, presste sie ihn mit einer Hand an ihre Brust. Nie zuvor hatte sie sich verlockend vor jemandem ausgezogen. Morgan fühlte sich wie in Trance. Und sie fragte sich, was sie sich eigentlich dabei dachte.

Eine Fantasie. Er ist nur eine Fantasie.

Und sollte sie nicht noch etwas mitnehmen, bevor sie dieses prachtvolle Haus und diese beeindruckende Familie für immer hinter sich ließ?

Constantine hatte sie schon immer gereizt …

Auf diese verrucht sinnliche Art, nach der sie sich sehnte, aber für die sich gleichzeitig immer geschämt hatte.

Dieser Teil von ihr war Morgan immer so beschämend vorgekommen. Der Teil von ihr, der keine süßen Worte hören wollte, sondern sich einfach einen Mann wünschte, der sie begehrte. Einen Mann, der mit großen, starken Armen nach ihr griff. Einen Mann, der sie küsste, von ihr kostete …

Sie hatte sich verboten, an diese Dinge zu denken, sie brauchte sie schließlich nicht.

Denn wenn sie diese Seite an sich zuließ, dann wurde sie schmerzlich an ihre Mutter erinnert. Von ihr hatte sie gelernt, dass Begehren ein Laster war.

Da war es wieder, dieses altmodische Wort: Laster.

Constantines Laster mochte Schönheit im Allgemeinen sein. Ihr Laster war offensichtlich speziell dieser Mann.

Und sie würde sich ihrem Begehren ergeben. Heute Nacht. Nur für diese Nacht.

Ihr Entschluss ließ sie kühn werden. Ganz langsam nahm Morgan den Arm herunter, sodass der obere Stoff des Bodys herunterfiel und ihre Brüste entblößte.

Constantines Kiefer verhärtete sich, ein Muskel zuckte an seinem Kinn – und heißes Verlangen überkam sie.

Alex war genauso vergessen wie das, was er nebenan trieb. Denn nur ein Blick von Constantine genügte, um Morgan in Flammen zu setzen. So war es mit Alex nie gewesen. Oh, sie hatte ihn attraktiv gefunden. Sie hatte sich ja auch mit dem Gedanken angefreundet, mit ihm zu schlafen.

Aber so wie jetzt war es nie gewesen. Und vielleicht war genau das der Grund gewesen, warum sie Alex gewollt hatte.

Schließlich war diese flammende Leidenschaft genau das, was sie immer gefürchtet hatte. Das Gute daran war allerdings, dass sie Constantine nicht einmal mochte. Sie würde also nie so enden wie ihre Mutter, die sich nach einem Mann verzehrte, noch lange nachdem er gegangen war. Sie würde sich niemals nach Constantine verzehren.

Und über die Enttäuschung mit Alex würde sie hinwegkommen.

Genau wie über die sexuelle Verbindung, die sie zu Constantine spürte.

Und den Mann selbst würde sie niemals vermissen.

Sie würde sich vermutlich wesentlich schneller erholen, als es sonst der Fall wäre.

„Hör auf!“, befahl Constantine mit rauer Stimme.

„Womit?“, fragte Morgan verwirrt.

„Mit dem Denken. Das ist nicht nötig. Du musst nur fühlen.“

Sie konzentrierte sich auf das Gefühl des Spitzenstoffs auf ihrer Haut, während sie den Body langsam über ihre Hüften schob und somit den Rest ihres Körpers seinem hungrigen Blick offenbarte. Sie warf ihr Haar nach hinten und spürte, wie es ihren Rücken hinabglitt.

Morgan fühlte, wie Atem ihre Lungen füllte, spürte den kräftigen, gleichmäßigen Rhythmus ihres Herzens. Fühlte, wie sie zwischen ihren Schenkeln feucht wurde vor Verlangen. Sehnte sich nach seiner Berührung. Wünschte sich, von ihm in Besitz genommen zu werden.

Denken tat sie nicht mehr. Ganz und gar nicht.

Constantine beobachtete sie, ließ seinen Blick über ihre intimsten Körperstellen gleiten. Er machte einen Schritt auf sie zu, dann ging er zur Seite und um sie herum, bis er direkt hinter ihr stand. Er legte ihr seine Hände auf die Schultern, ließ sie an ihren Armen hinuntergleiten und endlich auf ihren Hüften zu Ruhe kommen, um sie an sich zu ziehen. Und Morgan konnte den harten Beweis seines Begehrens beharrlich an den Rundungen ihres Pos spüren. „Ich will dich“, knurrte er.

Morgan schluckte. Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte.

„Du bist unglaublich schön.“

Jetzt nahm Morgan allen Mut zusammen. „Wer denkt jetzt zu viel?“

Sie drehte ihren Kopf leicht zur Seite, und Constantine küsste sie, zart und neckend. Aber das war ihr nicht genug. Sie drehte sich in seinen Armen, bis sie ihm entgegenblickte und er den Kuss vertiefte. Nun entflammte ein heftiges Feuer.

Sie bog sich ihm entgegen, vollkommen nackt. Spürte den seidigen Stoff seines Hemdes auf ihrer Haut, ein Knopf reizte ihre Brustwarze, und sie keuchte. Seine Gürtelschnalle berührte ihren Bauch, und darunter spürte sie eindringlich seine Begierde. Er küsste sie und schob sie dabei an die Wand, die sich kühl an ihrer Haut anfühlte, während er sich heiß und hart an ihre Vorderseite presste. Sie klammerte sich an seine Schulter, während er sich an ihrem Hals entlang nach unten küsste, über ihr Schlüsselbein bis hin zu ihrer Brust. Er nahm eine rosige Knospe in den Mund und saugte fest daran, was sie vor Entzücken heiser aufschreien ließ.

Sie wollte ihn so sehr. Und sie würde ihn haben. Denn sie konnte heute nicht alles verlieren. Sie weigerte sich, als gebrochene, erniedrigte Frau das Haus zu verlassen.

Morgan würde diesen dunklen Teil ihrer selbst annehmen, den sie stets abgelehnt hatte, und würde endlich ihre Macht in Anspruch nehmen. Sie hatte es satt, sich zu fürchten. Dies würde nicht als Lektion darüber enden, dass sie nicht auf ihre Gefühle vertrauen konnte. Es waren die anderen, denen sie nicht vertrauen konnte. Sie traf keine Schuld. Nicht im Geringsten.

Und in Constantines Armen fühlte es sich möglich und real an.

Denn er gab ihr das Gefühl, jemand zu sein. Bei ihm fühlte sie sich, als sei sie perfekt. Er knurrte und griff fest ihre Hüften, um die seinen an sie zu drängen und sie spüren zu lassen, wie sehr er sie begehrte.

„Du sollst wissen, dass ich so etwas eigentlich nicht mache“, knurrte er an ihrem Mund, während er seinen Unterleib an ihrem rieb. „Ich bevorzuge kultivierte Frauen in meinem Alter. Mit mehr Erfahrung. Ich halte nichts von zweiundzwanzigjährigen Kellnerinnen mit gefährlichen Reizen, die sie nicht zu kontrollieren wissen.“

Das entfachte etwas in ihr. Sie lächelte. „Dann hör auf. Wenn du mich nicht magst, wenn du mich nicht willst, dann hör auf.“

Er stieß einen Fluch auf Griechisch aus und packte ihr Kinn, damit sie ihm in die Augen sah. „Kätzchen“, sagte er. „Wenn ich das könnte, hätte ich es längst getan.“

„Du scheinst nicht viel von mir zu halten, Constantine. Aber vielleicht bin ich einfach etwas gänzlich Ungewohntes im Ozean des Bekannten, der die Welt der unerschütterlichen Kamaras umgibt.“

„Dann werde ich wohl ertrinken müssen.“

Er küsste sie erneut und presste sie fest an sich, während er sie durch den weitläufigen Raum Richtung Bett dirigierte. Nachdem er sie in die Mitte der Matratze geschoben hatte, trat er zurück, und mit einem wilden Blick in seinen Augen begutachtete er sie, während er die Knöpfe seines Hemds einen nach dem anderen löste und es von seinen Schultern zu Boden gleiten ließ. Hose und Unterwäsche folgten. Und das erste Mal in ihrem Leben sah Morgan einen nackten, erregten Mann. Er war … unglaublich. Ein Adonis aus goldenem Marmor. Nur war er nicht kalt. Er war heiß. Und der männlichste Teil von ihm war gefährlich verführerisch. Trotz ihrer jungfräulichen Nervosität verging sie beinahe vor heißem Verlangen nach ihm.

Da war etwas Wildes an ihm, das ihr Selbstbewusstsein antrieb. Sie war dafür geschaffen, ihn in sich aufzunehmen. Das wusste sie. Denn er war dafür geschaffen, sie zu begehren. Wenn es möglich gewesen wäre, hätten sie es beide geleugnet, aber es war nun mal nicht zu leugnen. Das war die ganze Wahrheit. Wenn es einen Weg gegeben hätte, ihr gegenseitiges Begehren auszulöschen, dann wären sie diesen gegangen. Aber diesen Weg gab es nicht.

Da war Morgan sich ganz sicher.

Allerdings musste dieser Moment – davon war sie überzeugt – einmalig bleiben. Das war unausweichlich. Genauso unausweichlich wie die Tatsache, dass sie ihn in sich aufnehmen würde. Oh ja, das würde sie.

Constantine gesellte sich zu ihr auf das Bett, blieb aber am Fußende. Er küsste ihren Knöchel, ihren Unterschenkel, die Innenseite ihres Knies. Sie begann zu erbeben, als sie begriff, was er vorhatte. Genau das hatte sie sich in ihrer Fantasie ausgemalt. Nicht speziell mit ihm, aber auch nur, weil sie ihrer Fantasien in den letzten Jahren Herr geworden war. Zuerst hatte sie ihr Studium beenden müssen. Von einem Bett ins nächste zu hüpfen, war keine Option gewesen. Zu ihrem eigenen Wohl hatte sie ihre sexuelle Begierde unterdrücken müssen. Aber es hatte Momente gegeben … Tief in der Nacht, wenn sie nicht schlafen konnte, da hatte sie an einen Mann gedacht, mit dunklem Haar und intensivem Blick, der seinen Kopf zwischen ihre Schenkel sinken ließ und von ihr kostete, als sei sie das vorzüglichste Dessert.

Sein heißer Atem streifte ihren Oberschenkel. Sie wimmerte, als er dort verweilte, um die köstliche Anspannung in die Länge zu ziehen, die sie vor Erwartung fast verrückt werden ließ.

Und dann kostete er von ihr … Gemeinsam komponierten seine erfahrenen Lippen und die geschickte Zunge eine Symphonie der Lust, die zu einem Crescendo anschwoll, nur um wieder abzunehmen und erneut den Weg zum höchsten Gipfel zu erklimmen. Langsam und zart, aber dennoch beständig.

Wieder und wieder brachte er sie fast ganz hinauf zum Gipfel der Lust, aber immer verwehrte ihr den Sprung über die Klippe.

Wieder und wieder brachte er sie vor lauter Lust beinahe um den Verstand, während sie sich immer heftiger unter ihm wand.

Constantine.

Sein Mund, die Verse, die er mit seiner Zunge auf ihrer Haut schrieb, waren auf unnachahmliche Art sündhaft.

Der absolut perfekte Ausdruck der Rebellion, die sie sich stets verweigert hatte.

Als Constantine sie nun erneut bis kurz vor den Gipfel ihrer Lust brachte, schluchzte sie laut auf vor flammender Begierde. „Bitte“, flehte sie. „Bitte!“

Und endlich gab er ihr, was sie ersehnte: Er drang mit zwei Fingern in sie ein. Und obwohl sie sich genau das gewünscht hatte, erschrak Morgan so sehr, dass ihre Hüften sich unwillkürlich von der Matratze hoben. Sie spürte ein leichtes Stechen, aber gleich darauf folgte ihr Höhepunkt, pulsierend und fordernd. Ein Schrei entrang sich ihrer Kehle, als ihre Erlösung anhielt wie ein niemals endendes Feuerwerk.

Morgan lag nach Atem ringend da, kaum noch in der Lage, sich zu bewegen, geschweige denn zu atmen. Doch dann traf ihr Blick den seinen, sie sah in seine dunklen Augen und fühlte sich entblößt.

Und sie fürchtete sich.

Denn in diesem Augenblick erschien ihr Constantine wie jemand, dem sie ihre innersten Gedanken offenbaren konnte.

Als könnte er sie wirklich sehen. Und für einen Moment dachte sie, sie hätte auch ihn wirklich gesehen.

Doch als hätte er den Vorhang wieder zugezogen, war Constantine nun wieder sein übliches Selbst: hart und distanziert. Aber nicht weniger schön! Sie berührte seine Wange in genau dem Moment, als er sich zwischen ihre Schenkel senkte und ganz langsam in sie eindrang.

Sie keuchte auf, und er stöhnte laut, als er sich immer tiefer in sie versenkte.

Genau darauf hatte Morgan gewartet, genau das hatte sie sich mit Leib und Seele gewünscht. Trotzdem musste sie einen Moment innehalten, so ungewohnt fühlte es sich an. Es fiel ihr schwer, zu atmen. Doch da kehrte schon das köstliche Gefühl zurück, das sie verspürt hatte, während er sie mit seinem Mund und den Fingern liebkost hatte …

Sie sah auf in sein wundervolles Gesicht und erkannte nichts als pure Lust in seinen Augen. Ihm war ihr kurzer Moment des Unbehagens offenbar nicht aufgefallen, wofür sie nur dankbar war. Er sollte nicht aufhören, nur um sie dann wie eine unerfahrene Jungfrau zu behandeln.

In seinen Armen fühlte sie sich wie eine Verführerin, und dieses Gefühl sollte nicht nachlassen.

Constantine griff ihre Hüften und nahm sie mit einer faszinierenden Wildheit. Wie er mit ihr Liebe machte, war so viel körperlicher, so viel intensiver, als Morgan es sich vorgestellt hatte!

Mann und Frau. Hart und weich. Wie ihre verschwitzte Haut sich aneinander rieb, seine harte Männlichkeit tief in ihr. Und mit jedem Stoß trieb er sie zu neuen Gipfeln der Lust. Immer höher. Als Morgans Vergnügen dann wie eine Flut den Damm durchbrach und wellenartig überfloss, beschleunigte er seine Bewegungen. Bis auch er mit einem heiseren Schrei seinen Höhepunkt erreichte, wodurch sie erneut von einer solchen Leidenschaft überkommen wurde, dass sie noch einmal den Gipfel der Lust erklomm.

Anschließend lag sie nach Luft ringend da und war sich ihrer Nacktheit unendlich bewusst. Denn jetzt war es geschehen.

Sie hatte sich Constantine hingegeben.

Und sie hatte es nicht aus einer Not heraus oder wegen des Wunsches nach Rache getan, sondern weil sie es gewollt hatte.

„Ich bring dich noch zur Tür“, sagte Constantine, während er vom Bett aufstand.

Ihr Sichtfeld wurde von seinem breiten, muskulösen Rücken ausgefüllt, seiner schmalen Taille und dem wohlgeformten Hintern.

„Aber erst“, sagte er, „hole ich dir natürlich deine Kleider.“

„Sicherlich nicht meine Kleider.“ Alex’ Zimmer war bestimmt noch … belegt.

„Kleider, die dir passen sollten.“ Er zog sich systematisch an, und Morgan schämte sich ein wenig dafür, ihn dabei ganz genau zu beobachten. Aber sein Anblick war einfach zu schön!

Als er fertig war, verließ er den Raum.

Sie kroch unter die Bettdecke, aber hatte dabei das Gefühl, dass es falsch war, vielleicht zu intim. Constantine hatte sie schließlich nicht in, sondern auf dem Bett genommen.

Da er gerade nicht anwesend war, gestattete sie sich einen kurzen Moment der Trauer. Nur ganz kurz. Nur ein paar Tränen, um den Schmerz, den sie im Herzen trug, etwas zu lindern …

Kurze Zeit später brachte Constantine ihr Kleider, die definitiv nicht ihr gehörten.

„Bist du selbst gefahren?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich hatte eine … Mitfahrgelegenheit.“

„Okay, dann wird dich mein Fahrer nach Hause bringen.“

„Es ist schon spät …“

„Das spielt keine Rolle“, sagte er. „Mein Fahrer fährt dich.“

Sie kletterte aus dem Bett, und er drehte sich höflich weg, um mit seinem Fahrer zu telefonieren, während Morgan die Sachen anzog, die er ihr gebracht hatte.

„Das Auto steht bereit“, sagte er.

Dann begleitete er sie aus der Schlafzimmertür wie ein Gentleman, der sein Date noch zu Tür brachte.

Sie lächelte schwach, als er die Haustür öffnete und sie seine Limousine draußen stehen sah.

„Was du bezüglich meines Bruders entscheidest, ist deine Sache. Ich werde niemandem etwas hiervon erzählen.“

„Danke.“

Das wahrte seine Würde genau wie ihre.

„Pass auf dich auf, Morgan!“

„Klar. Und du auch auf dich!“ Dann setzte sie sich ins Auto und lehnte ihren Kopf an das kühle Fenster.

Der Abend war ein einziges Desaster!

Sie hatte Alex verloren! Und dazu noch ihren Verstand …

Sie war schwach geworden und hatte sich Constantine hingegeben.

Und doch konnte sie sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, während ihr die Tränen über das Gesicht liefen.

Denn für nur einen Augenblick hatte Morgan Stanfield eine perfekte Fantasie erlebt.

Schade nur, dass sie nun vorbei war.

Gegen fünf Uhr nachts wurde Constantine von einem Klopfen geweckt.

Sein erster Gedanke war, dass sie es sein musste.

Sie.

Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

Morgan.

Das hätte er nicht tun sollen. Er bereute für gewöhnlich keine seiner Taten. Was hatte es schließlich für einen Sinn? Aber Morgan …

„Ja?“ Er stieg aus dem Bett und machte sich gar nicht erst die Mühe, etwas überzuziehen, bevor er die Tür öffnete.

Aber es war nicht Morgan.

Es war der Manager des Familienunternehmens.

Sobald es um wichtige geschäftliche Angelegenheiten ging, wandte sich der Manager an Constantine. Sein Vater war vollkommen nutzlos, wenn es um das Unternehmen ging.

„Nun?“

„Die Polizei hat gerade angerufen“, erklärte der Angestellte nervös.

„Wie bitte?“

„Es geht um …“ Seine Stimme war belegt. „Alex. Ihr Bruder hatte einen Unfall. Er ist tot.“

2. KAPITEL

„Das glaube ich einfach nicht.“

Morgan fühlte sich wie versteinert. Diese fünf Worte hatte sie in der letzten Woche unzählige Male gesagt. Nun stand sie hier im Vestibül des Hauses der Kamaras, ganz in Schwarz gekleidet, und ihr war schwindelig vor Verwirrung.

Sie sagte die Worte immer wieder vor sich hin. Die Angestellten liefen hektisch hin und her. Alex’ Mutter lag im Bett, sein Vater war im Arbeitszimmer.

Constantine war …

Als hätten ihre Gedanken ihn heraufbeschworen, erschien er, ganz in Schwarz – wie sie –, das Haar zurückgekämmt, die Augen wie Obsidiansplitter, die im schummrigen Licht glänzten.

„Du bist hier.“

„Natürlich.“

„Meine Eltern werden sich freuen.“

„Oh ja?“ Sie trat von einem Bein auf das andere, ihr Herz schlug so laut, dass er es hören musste.

Sein Mund zuckte leicht. Beinahe ein Lächeln. „So sehr, wie es ihnen im Moment möglich ist.“

„Du musst mich nicht unterhalten. Ich wurde von einem Butler ins Haus gebracht, aber ich kann auch wieder zum Rest der Trauergemeinde nach draußen gehen …“

„Unsinn!“, sagte er mit harter Stimme. „Du warst die Freundin meines Bruders, und du warst ihm wichtig.“

Morgan atmete tief ein und bereute es sofort, denn die Luft roch nach Constantine. Und für sie roch er nach Sex. Was sie wiederum an die Nacht mit ihm erinnerte.

An seine Hände.

Seine Lippen.

Seinen Körper.

Constantine.

„Meine Mutter wird wollen, dass du bei uns sitzt. Bei der Familie. Komm, trink was.“

So wackelig, wie sie sich momentan fühlte, war es keine gute Idee, das Ganze noch durch eine gemütsverändernde Substanz zu verstärken.

„Ich hätte lieber was Alkoholfreies, bitte.“

„Ein Wasser für die Barkeeperin?“

„Ich war Kellnerin in einer Bar“, sagte sie. „Das ist nicht dasselbe.“

„Okay.“

Er ging voran in ein kleines Zimmer – wenn man es in diesem Palast überhaupt so nennen konnte –, das man durch den Hauptgang betrat. Es war mit dunklem Holz und einem marineblauen Teppich ausgestattet. Gemütlich auf eine altmodisch männliche Art.

„Hier hat sich mein Großvater am liebsten aufgehalten, wenn er uns aus Griechenland besuchen kam.“

„War er oft zu Besuch?“

„Ja.“

„Ihr standet euch nahe. Alex hat das erwähnt.“

Sein Blick wurde kalt. „Ja.“

Natürlich wollte er nicht von seinem Großvater reden. Er war tot. Genau wie Alex.

Ihr zog sich die Brust schmerzhaft zusammen. Sie wollte zu Constantine gehen und ihn berühren.

Der Gedanke raubte ihr die Luft.

Zur Sicherheit trat sie einen Schritt zurück.

Er holte ein Mineralwasser aus einem kleinen Kühlschrank und goss es in ein mit Eis gefülltes Glas. Als er es ihr reichte, berührten sich ihre Hände, und sie bekam Gänsehaut.

Sein Blick begegnete ihrem, und für einen Moment war es …

Wie in jener Nacht.

War es wirklich erst eine Woche her?

Alex war noch am Leben gewesen und hatte sie so unsagbar verletzt.

Aber Constantine war da gewesen und …

Er war einfach Constantine.

Sie erinnerte sich noch gut an das erste Mal, als sie ihn gesehen hatte. Grüblerisch und umwerfend. Sie konnte sich nicht erklären, wieso sie ihn so anziehend fand, wenn Alex doch das genaue Gegenteil war: fröhlich und heiter. Aber es war einfach so.

Da waren keine Schmetterlinge. Es war etwas Dunkleres. Gefährlicheres. Er hatte einen Teil ihrer Sinnlichkeit angesprochen, den sie immer zu ignorieren versucht hatte.

Aber er hatte ihn erwachen lassen.

Beharrlich. Unnachgiebig.

Er hatte sie verdorben.

Hatte alles, was sie von sich geglaubt hatte, vernichtet.

Bis dahin war sie sich immer so sicher gewesen, was ihr Leben anging. Ihre Entscheidungen. Sie war besser, war klüger als ihre Mutter, die solch schreckliche Entscheidungen getroffen hatte, wenn es um Männer ging. Und Morgan war sich sicher gewesen, nie dasselbe zu tun. Dass so etwas sie nie aus der Bahn werfen würde.

Aber das hatte es.

Constantine hatte sie berührt, und alle ihre Überzeugungen hatten sich in Luft aufgelöst.

Nun war er ihre einzige Überzeugung.

Sie fühlte sich dadurch so gering, aber selbst jetzt, nach allem, was passiert war, wollte sie ihn.

Er trat nicht zurück, blieb nah bei ihr stehen. So nah, dass sie ihn einatmen konnte. So nah, dass es ein Leichtes gewesen wäre, die Hand nach ihm auszustrecken und ihn zu berühren …

Plötzlich fühlte Morgan sich wieder schwindelig, und sie schwankte, wobei sie ihr Glas mit einem lauten Klirren abstellte. Ihre Beine gaben nach, doch Constantine war in Sekundenschnelle bei ihr. Er legte ihr eine Hand an die Wange, während die andere sich um ihre Taille schlang, um sie zu stützen.

Sein Mund war nur eine Haaresbreite von ihrem entfernt …

„Alles in Ordnung?“ fragte er.

„Ja.“ Natürlich war er ihr nur nahe gekommen, weil er dachte, sie würde fallen.

Natürlich war das schon alles.

Ihr ganzer Körper glühte. Und nichts wollte sie mehr, als den Abstand zwischen ihnen noch weiter zu verringern. Ihn noch einmal zu schmecken. Sie hätte weinen können, so sehr wollte sie es. Und das verhöhnte alles, was sie je über sich selbst gedacht hatte.

Dass sie sich unter Kontrolle hatte.

Dass sie klüger war als ihre Mutter.

Besser.

Aber nein, sie war nicht besser als ihre Mutter. Sie hatte vorher nur noch nicht ihre Schwäche gefunden.

Doch nun stand sie vor ihr, in einem schwarzen Anzug.

Ihre fleischgewordene Sünde.

Rasch löste sich Morgan aus seinem Griff, denn sie brauchte einen klaren Verstand. Sie brauchte Luft.

In dem Moment betraten seine Eltern das Zimmer.

„Ich bin so froh, dass du hier bist, Morgan“, sagte Constantines Mutter und kam auf sie zu, um sie mit einem Luftkuss auf beide Wangen zu begrüßen.

Morgan fühlte sich erhitzt. Beschämt.

„Natürlich.“

„Komm, wir gehen und erweisen ihm die letzte Ehre.“

Morgan sah auf und begegnete Constantines Blick. Das Feuer, das sie darin erkennen konnte, war schwarz wie die Nacht. Sie fürchtete, bei lebendigem Leibe zu verbrennen, wenn sie länger hinsah.

Die Grabstätte konnte Constantine kaum ertragen.

Das, nahm er an, war das Problem damit, wenn man eine eigene Begräbnisstätte auf dem Grundstück hatte.

Man musste Zeuge davon werden, wie der eigene Bruder an einem Ort begraben wurde, wo man einst als Kinder gemeinsam gespielt hatte.

Dort war auch eine Gedenkstätte für Athena, aber das war etwas anderes. Sie hatten es ganz anders gehandhabt. Ohne die ganze Trauer und Endgültigkeit.

Es war fast, als wäre sie noch da draußen. Auch wenn er wusste, dass dies nicht der Fall war.

Bei Alex kam dieser Gedanke gar nicht in Frage.

Es war, als hätte man ihm Steine auf die Brust gelegt. Und nur Morgan mit ihrem leuchtend roten Haar, das in starkem Kontrast zur grauen Wolkendecke und ihrem schwarzen Mantel stand, verschaffte ihm Erleichterung.

Ich dachte, ich hätte dich besser erzogen, Junge.

Er hörte in Gedanken die Stimme seines Großvaters – auf Griechisch, wie immer.

Das dachte ich auch, Pappoús. Aber vielleicht bin ich noch immer genau so wie früher.

Schwach.

Kontrolle war ihm wichtiger als alles andere. Aber was brachte ihm das? Den Tod konnte man nicht kontrollieren. Er hatte Alex nicht gerettet, genauso wenig, wie er Athena hatte retten können.

Trotz all der Macht und all des Geldes hatte er seine Familie nicht vor dieser Tragödie bewahren können. Erneut. Nach allem, was sein Großvater ihm beigebracht hatte, nach der Entführung, nach dem Verlust von Athena …

Das hatte alles verändert. Sie waren glückliche Kinder gewesen. Sie hatten einander gehabt. Er hatte seine Geschwister geliebt. Sie beschützt.

Athena mochte seine Zwillingsschwester gewesen sein, aber sie war einige Minuten jünger, und er hatte immer das Gefühl gehabt, als hätte er die Welt für sie erobern können, wenn es nötig gewesen wäre.

Aber dann waren sie entführt worden. Und als ihre Erlösung von seiner Stärke abgehangen hatte, war er nicht stark genug gewesen.

Als Constantine von den Entführern befreit worden war, war es nicht das Wunder seiner Befreiung gewesen, das sein Leben von da an bestimmt hatte.

Es war der Verlust Athenas gewesen.

Und die Trauer seiner Eltern …

Zuerst hatten sie ihn nicht ansehen können, denn Athena und er waren immer zusammen gewesen. Und wenn sie ihn doch einmal ansahen, dann war sich Constantine sicher gewesen, dass sie nicht ihn sahen, sondern den leeren Platz an seiner Seite.

So hatte er es zumindest wahrgenommen.

Seine Eltern hatten sich nach Athenas Verlust noch stärker in ihr flatterhaftes Gesellschaftsleben gestürzt als vorher. Doch wenn die Anspannung zunahm oder bestimmte Jahrestage bevorstanden, half ihnen auch die beste Zerstreuung nicht weiter.

Wenn Athena und er Geburtstag gehabt hätten, hatte es keine Feier mehr gegeben. Aber Constantine wusste nie genau, ob das geschah, um sie zu betrauern oder um ihn zu bestrafen.

Einmal hatte er ein Gespräch seiner Eltern belauscht, am Abend seines sechzehnten Geburtstags.

Wie wäre es wohl gewesen, wenn sie nicht gestorben wäre? Wenn wir sie noch hätten?

Und Constantine hatte innerlich sofort ergänzt: Wie wäre es gewesen, wenn er gestorben wäre?

An den Jahrestagen gingen seine Eltern ihm aus dem Weg.

Und dann überschütteten sie ihn als Ausgleich mit Geschenken. Autos, ein Privatjet. Und so nahm es seinen Lauf. Dieser seltsame Kreis der Trauer, der kein Ende hatte.

Und jetzt, nach Alex’ Tod, waren seine Eltern alles, was er noch hatte. Es mochte keine einfache Beziehung sein, aber in den Rissen existierte Liebe. Trotzdem war das Verhältnis zwischen seinen Eltern und ihm geprägt von Schuld und Schmerz.

Constantines Leben war im Grunde nicht mehr als eine Ansammlung komplizierter Beziehungen und gescheiterter Versprechungen. Als er während der Entführung auf sich allein gestellt gewesen war, hatte sich seine Schwäche enthüllt. Wenn er damals stärker gewesen wäre, dann hätte seine Schwester womöglich zusammen mit ihm gerettet werden können!

Später gründete Constantine Wohltätigkeitsorganisationen, um Wege zu finden, zumindest andere Frauen in ihrem Namen zu beschützen. Damit ihr Name Bedeutung hatte.

Damit Athenas Name weiterlebte.

Und um für seine Schwäche zu büßen, hatte sich Constantine geschworen, für immer allein zu bleiben.

Da war keine Liebe, keine Ehefrau, kein Kind am Horizont.

Und der Tod seines jüngeren Bruders zeigte auch genau, warum. Erneut hatte er darin versagt, jemanden zu beschützen, der ihm wichtig gewesen war.

Erneut musste er schwören, ein Vermächtnis zu ehren.

Doch jetzt war Morgan hier.

Und sie entfachte ein Feuer in ihm.

Ein letztes Mal.

Er würde sie nie wiedersehen. Bis zu der verhängnisvollen Nacht hatte Morgan zu seinem Bruder gehört, und sie war nur hier, weil ihre Abwesenheit Alex’ Schwächen unnötig zum Vorschein gebracht hätte.

Das verstand er, ohne dass sie es aussprechen musste. Und als seine Eltern davon gesprochen hatten, Morgan wie ein Familienmitglied zur Beerdigung einzuladen, hatte er aus ebendiesem Grund nicht widersprochen.

Als die Zeremonie vorüber war, standen irgendwann nur noch er, Morgan und seine Eltern am Grab.

„Morgan“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Soll ich dich nach Hause fahren?“

Sie sah mit fragendem Blick zu ihm auf. Und im selben Atemzug hatte er seine Antwort.

Morgan wusste, dass es ein Fehler war, mit ihm zu fahren. Cons_tantine würde sie nicht nach Hause bringen. Nun, das würde er vermutlich schon. Aber er würde sie nicht einfach absetzen und wieder verschwinden. Dessen war sie sich sicher. Denn nun, da sie die Unschuld hinter sich gelassen hatte und eine Frau geworden war, spürte sie es intuitiv.

Und sie würde es nicht verhindern.

„Mein Apartment ist ziemlich klein“, sagte sie, sobald sie den Gehweg betreten hatten.

Aber er unterbrach ihre Worte mit einem Kuss. Heftig und gefährlich. Und sie hätte am liebsten geweint, denn es war genau das, was sie den ganzen Tag über gebraucht hatte.

Es war anders als beim ersten Mal, als sie zusammen gewesen waren. Sie waren beide so verletzlich.

Und er war …

Constatine war vollkommen anders.

Da war keine kühle Distanz mehr, keine Kontrolle.

Nichts von alldem.

Und Morgan konnte nicht vorgeben, dass der Kuss nur ein Ausrutscher war. Sie küssten sich, als wäre es das letzte Mal.

„Komm mit nach oben“, flüsterte sie, da sie kurz davor waren, sich auf offener Straße völlig unangemessen zu verhalten.

Constantine folgte ihr stumm die Treppe hinauf bis zu ihrer Wohnungstür. Morgan musste den Schlüssel etwas rütteln, damit die Tür aufging. „Klemmt ein wenig“, sagte sie errötend.

Das war ihr unangenehm. Sie hatte nicht erwartet, dass er herkommen würde. Es war noch nie ein Mann in ihrer Wohnung gewesen. Alex hatte sie immer nur an der Tür abgeholt, er war nie hereingekommen.

Aber der Zustand der Wohnung schien Constantine wenig zu interessieren. Stattdessen küsste er sie erneut und manövrierte sie rückwärts auf ihr Bett zu, um sie auf die schmale Matratze zu legen.

Sie erwiderte den Kuss und bog sich ihm entgegen, als er seine Hände unter ihr Kleid schob.

Ihr Trauerkleid.

Das Ganze war falsch, aber es war ihr egal.

Sie wollte ihn.

Und nach heute würde sie ihn ganz sicher nie wiedersehen.

Trauer trieb sie an, aber genauso Verlangen. Für Alex hatte sie nie so empfunden, nicht, wie sie jetzt empfand. Das war ihr bewusst geworden in der Nacht, als sie in Constantines Bett gelandet war. Auch die Trauer um Alex, die Ungerechtigkeit seines Todes hatten an dieser Tatsache nichts geändert. Wie grausam es war, dass ein Leben, das so hell gestrahlt hatte, so entsetzlich früh erloschen war!

Sie hatte von Constantine geträumt, und ihre Schuldgefühle hatten mit der Sehnsucht in ihr gekämpft. Die widerstreitenden Gefühle hatten ein Monster erschaffen, gegen das sie nicht länger ankämpfen konnte.

Gegen das sie nicht länger ankämpfen wollte.

Wurde auch Constantine von solch einer Bestie getrieben? Oder waren es ganz andere Dämonen, die ihn antrieben?

Denn sie küssten sich, als seien ihnen die Höllenhunde auf den Fersen.

Die Zeit rannte ihnen davon. Wenn das hier zu Ende war, würde es auch zwischen ihnen vorbei sein. Das wusste sie.

Tränen bahnten sich den Weg, als er sie beide ihrer Kleider entledigte. Und wenn er dachte, dass die Tränen Alex galten, dann war das in Ordnung so.

Constantine musste nie erfahren, dass Morgans Tränen ihnen beiden galten.

Als er wild in sie eindrang, klammerte sie sich stöhnend an seine Schultern. Er nahm sie wieder und wieder, trieb sie beide auf die Spitze ihrer Lust.

Sie verlor den Überblick darüber, wie oft er sie nahm.

Es war, als wäre er besessen. Und sie war besessen von ihm.

Sie hatten die Büchse der Pandora geöffnet und der Dunkelheit die Freiheit gegeben, die sie nun beide verschlang.

Als sie endlich einschlief, war ihr Gesicht tränennass. Und als sie am nächsten Morgen erwachte, war Constantine fort.

Und Morgan weinte, als könnte sie nie wieder damit aufhören.

In den fünf Monaten seit der Beerdigung, nachdem Constantine ihre Wohnung verlassen hatte, hatte sich alles verändert.

Morgan hatte ihren Abschluss gemacht – wieder ein Meilenstein, den ihre Mutter verpasst hatte. Mittlerweile waren es so viele, dass es sie nicht überraschte. Ihr Abschluss war die eine gute Sache, die sie geschafft hatte, während sie sich vormachte, dass die Veränderung, die ihr Körper durchmachte, normal war. Nur Trauer und Stress.

Aber sie wusste, dass es gelogen war.

Morgan musste zu einem Arzt. Das war ihr klar.

Sie wusste, dass sie schwanger war, denn es war nicht zu übersehen. Sie musste zum Arzt. Und sie musste vermutlich auch mit Constantine reden.

Aber …

Entsetzliche Trauer und fürchterliche Schuldgefühle übermannten sie.

Alex.

Sie hatte nie mit ihm Schluss gemacht. Vermutlich war er an jenem Morgen auf dem Weg zu seiner Geliebten gewesen, als er umgekommen war. Alex war zu schnell gefahren und dann in einer Kurve vom Weg abgekommen.

Es war grauenvoll gewesen, die Trauer seiner Eltern mitansehen zu müssen. Und Morgan hatte sich dazu verpflichtet gefühlt, genau hinzusehen.

Denn sie war nun mal sechs Monate lang Alex’ Freundin gewesen, und sie war nicht dazu gekommen, Schluss zu machen. Außerdem war ihr Alex’ Familie wirklich wichtig. Sie hatte seine Mutter umarmt, als diese vor Trauer schluchzte.

Und sie hatte ihr Bestes gegeben, während der Beerdigung Constantines Blick auszuweichen.

Das war der Moment gewesen, in dem sie beschlossen hatte, dass sie aus dem Leben der Kamaras verschwinden musste. Alex mochte sie vor seinem Tod betrogen haben, aber davon konnte sie seinen Eltern unmöglich erzählen. Und wenn es je ans Licht käme …

Als sie bemerkt hatte, dass sie schwanger war, hatte sich ihr Entschluss nur gefestigt. Constantine wollte sie nicht. Ihr letztes Beisammensein war keine Romantik gewesen, sondern ein Exorzismus. Und es war über sie beide hinausgegangen. Es war scharf und hässlich gewesen, aber auch wunderschön. Und sie wusste … Sie wusste, er würde es verabscheuen, von ihrer Schwangerschaft zu hören. Und hinzu kam noch …

Wie könnte sie das je Alex’ Eltern erklären? Es würde all den Schmerz nur noch verschlimmern. Alex hatte ihr so viel gegeben. Das Geld für ihr Studium und all die wunderbaren, prächtigen Geschenke. Und nun war er tot. Und sie betrauerte ihn, selbst nach all den Monaten und trotz seines Betrugs. Denn letzten Endes würde sie immer mit Freude an ihre Beziehung zurückdenken.

Schließlich hatte ihre Freundschaft mit Alex auch zu dem hier geführt.

Sie sah hinunter auf ihren Babybauch, der so groß war, als wäre sie nicht im fünften, sondern bereits im achten Monat schwanger.

Zugegeben, im Augenblick freute sie sich nicht sonderlich auf das Baby. Die meiste Zeit versuchte sie ihre Schwangerschaft zu verdrängen.

Aber sie wusste, wenn das Baby erst einmal da wäre …

Nein. Auch da konnte sie sich nicht sicher sein. Und das machte ihr eine Heidenangst.

Schließlich hatte ihre Mutter auch nicht ganz plötzlich überbordende mütterliche Freude und Erfüllung verspürt! Wie sollte sie bei sich selbst von etwas anderem ausgehen?

Egal, wie viele Männer ihre Mutter später noch gehabt hatte, sie war wie besessen von ihrer Wut auf Morgans Vater gewesen. Und das hatte Morgan immer am meisten Angst gemacht.

Sie erinnerte sich noch, wie ihre Mutter sie einmal angesehen und gesagt hatte: „Wirklich eine Schande, dass du seine Augen hast.“

Als wäre es ihre Schuld.

Kein Wunder also, dass Morgan und ihre Mutter später immer mehr den Kontakt zueinander verloren hatten.

Nachdem sie ausgezogen war, hatte Morgan ihre Mutter anfangs noch besucht. Dann wurden daraus Telefonate, die mit der Zeit aber auch abgenommen hatten. Sie hatte die Uni als Ausrede genutzt. Hatte nur noch zu Geburtstagen, Muttertag und Weihnachten angerufen.

Was, wenn sie auch so eine verbitterte, distanzierte Mutter werden würde?

Vielleicht reicht es, dass mir diese Möglichkeit bewusst ist und ich mich aktiv dagegen entscheide?

Das mochte so sein. Aber bis dahin würde sie sich sorgen.

Und sie sollte jetzt wirklich einen Arzt aufsuchen.

Morgan fühlte sich schuldig, weil sie von dem Geld gelebt hatte, das Alex ihr vor seinem Tod noch gegeben hatte. Aber am Anfang der Schwangerschaft hatte sie sich fürchterlich schlecht gefühlt, und da war Kellnern keine Option gewesen. Sie hatte sich in ihrem Apartment verkrochen und es nur noch verlassen, um Lebensmittel zu besorgen.

So wie jetzt auch.

Während Morgan in ihrem Lieblingsladen Lebensmittel in ihren Korb legte, überkam sie das seltsame Gefühl, beobachtet zu werden. Als sie einen Blick über die Schulter warf, sah sie zwei Mädchen, die sie ansahen. Eine von ihnen hielt ihr Handy in der Hand, als würde sie eine Nachricht schreiben, aber in einem seltsamen Winkel, sodass es Morgan vorkam, als hätte sie ein Foto von ihr gemacht. Aber warum sollte sie das tun?

Sie drehte sich weg und sah dann wieder zurück. Und obwohl sie nicht verstand, wo diese Paranoia herkam, setzte sie rasch ihre Sonnenbrille auf. Sie ging zur Kasse, zahlte so schnell sie konnte, und ging zurück nach Hause. Während Morgan ihre Einkäufe auspackte, ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie sich so paranoid verhalten hatte. Sie musste sich wieder einkriegen. Warum sollte irgendjemand heimlich ein Foto von ihr machen?

Sie war einfach nur paranoid. Das wiederholte sie mehrmals, während sie sich eine Käseplatte herrichtete.

Es würde alles in Ordnung kommen. Sie würde nicht wie ihre Mutter werden.

Dazu war sie fest entschlossen.

Sie würde ihr Kind nicht für den Rest ihres Lebens dafür bestrafen, dass es da war.

Und in demselben Moment entschied Morgan, dass sie auch sich selbst nicht dafür bestrafen würde, dass sie ungewollt schwanger geworden war.

3. KAPITEL

„Hast du das schon gesehen?“

Constantine gefror das Blut, als sein Vater ihm sein Handy vor die Nase hielt.

„Lies mal die Schlagzeile: ‚Geliebte des verstorbenen Alex Kamaras versucht Babybauch zu verstecken‘.“ Sein Vater sah überglücklich aus.

Doch Constantine erstarrte.

Für einen Moment hatte er nur Morgans Foto gesehen und alles andere vergessen. Alles. Dass sie zu Alex gehört hatte. Dass sie nicht sein war.

Nur für einen Augenblick hatte er das Gefühl gehabt, dass sie ihm gehörte, und alles andere ausgeblendet. Doch Morgan war schwanger.

Er dachte an die Nacht nach der Beerdigung. Seine Hände auf ihrem Körper. Ihr Mund auf seinem. In ihr zu sein.

Das Vergnügen, ihren Körper zu liebkosen, war das Einzige, was den Schmerz verjagt hatte.

Dann sah er sich das Foto genauer an.

Pfeile zeigten auf jedes Teil ihres Outfits, und sie wurde als dezente Stilikone bezeichnet. Constantine runzelte die Stirn. Alex war der Liebling der Klatschzeitungen gewesen. Es wäre also nicht verwunderlich, wenn dies auch auf Morgan zutreffen würde.

Und dann … Die Schwangerschaft schien ziemlich weit vorangeschritten zu sein. Mehr als nur fünf Monate.

Das Kind war also nicht von ihm.

Es war von Alex.

Nun fragte Constantine sich, ob sie es Alex in der Nacht hatte erzählen wollen, als sie ihn mit einer anderen erwischt hatte.

Doch dann war er gestorben.

Und Morgan trug Alex’ Kind in sich.

Sein Vater sah überglücklich aus, aber das überraschte Constantine kein bisschen.

Seine Eltern hatten Alex immer bevorzugt. Er war sorglos und fröhlich gewesen, hatte mit Elan am Gesellschaftsleben teilgenommen, genau wie ihre Eltern. Alle hatten ihn geliebt.

Es war wesentlich schwieriger, den Sohn zu lieben, der alles am Laufen hielt. Sein Großvater war bis zu seinem Tod vor zehn Jahren für das Familienunternehmen verantwortlich gewesen. Ab da hatte Constantine alles übernommen.

Denn eins stand fest: Seinem Vater Cosmo Kamaras konnte man das nicht zutrauen.

Seine Eltern waren immer gerne ausgegangen. Und nach Athenas Tod hatte dies nur zugenommen. Es war kein Wunder. Wenn sie Constantine ansahen, überkamen sie Erinnerungen.

Und seine Kindheit wäre schrecklich einsam gewesen, wäre da nicht Alex gewesen …

Genau das war das Kernproblem seiner Familie: Unbesonnenheit, Leichtsinn, kein Verantwortungsbewusstsein.

Aber jemand musste all die Arbeit leisten.

Jemand musste den Preis zahlen. Immer.

Aber ein Kind von Alex …

„Ich habe es noch nicht deiner Mutter erzählt“, sagte sein Vater. „Sie wird … Weißt du, was das bedeutet? Ein Enkelkind? Wenn es ein Junge wird? Wir müssen Morgan unbedingt herbringen.“

„Ja“, stimmte Constantine zu. Denn trotz seines Techtelmechtels mit Morgan mussten sie natürlich Alex’ Kind zu sich holen.

Einen kurzen Moment hatte er nur an sich gedacht. Wenn Morgan sein Kind in sich trüge …

Er hatte sich geschworen, niemals Vater zu sein. Aber die Gelegenheit, einen Teil von Alex hier zu haben. Diese Vorstellung ließ etwas in ihm heilen.

Sie hätten mehr von ihm als nur einen kalten Stein mit seinem Namen darauf.

Sie hätten sein Kind.

„Morgan besitzt nicht viel“, sagte Cosmo. „Vielleicht wird sie zustimmen, Teil der Familie zu werden. Warum auch nicht. Deine Mutter hatte Morgan sehr gern. Sie ist sehr traurig gewesen, als sie aus unserem Leben verschwunden ist. Es ist schön gewesen, Alex so glücklich zu sehen. Er wollte sie heiraten.“

Constantine hätte seinen verstorbenen Bruder am liebsten beschimpft. Die letzten fünf Monate hatte er es schon gewollt. Und jetzt noch mehr.

Verdammt, Alex! Du wärst Vater geworden, du Idiot. Wieso musstest du nur so schnell fahren? Wieso bist du betrunken gefahren? Wieso konntest du nicht zur Ruhe kommen? Wieso vermisse ich dich so sehr?

Athena war fort, aber nichts daran war ihre Schuld gewesen. Alex dagegen hatte seine Entscheidungen getroffen. Und trotzdem fühlte sich Constantine, als hätte er etwas tun können.

Aber nichts half ihm, das Loch in seinem Inneren zu schließen. Keine Schuldgefühle. Gar nichts.

Vielleicht würde es das Kind schaffen.

„Ich werde zu ihr gehen.“

„Bring sie hierher“, sagte sein Vater. „Und lass sie wissen, dass ihr alles offensteht. Sie gehört jetzt zur Familie.“

Sie gehört jetzt zur Familie.

Die Worte klangen scharf in seinen Gedanken nach, während er in seinem schnittigen Sportwagen zu Morgans Wohnung fuhr. Das Stadtviertel hier wirkte erschreckend unsicher. Die Wände und der Boden waren voller Kratzer und Schrammen, die wer weiß woher stammten.

Constantine wollte auf keinen Fall, dass Morgan noch länger hier lebte.

Als er vor ihrer Tür stand, klopfte er laut.

„Ja?“

Ihre Stimme klang gedämpft.

„Morgan“, sagte er. „Öffne die Tür!“

„Sie müssen sich in der Tür geirrt haben.“

„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt.“

„Nein, wissen wir nicht.“

Frust übermannte ihn, und trotzdem nahm er es ihr nicht übel. „Doch, tun wir.“

Er wusste nicht, warum sie sich die Mühe machte, ihn täuschen zu wollen. Er war kein Idiot. Aber es war etwas so absurd Stures an dieser Farce, dass er … Warum war es nur immer so mit ihr? Warum konnte er ihr nie wirklich böse sein?

Als er sie kennengelernt hatte, war da sofort ein Funke gewesen.

„Eine Barkeeperin?“

„Kellnerin“, hatte sie gesagt. In einer Bar. Das ist nicht das Gleiche.“

„Bei einem von beidem lernt man wohl einfacher reiche Leute kennen, oder?“

„Unterstellst du mir etwas?“

„Ja. Dass du meinen Bruder seines Geldes wegen datest.“

„Ich kenne dich zwar erst seit ein paar Minuten, und das Geld mag vielleicht der Grund sein, warum Frauen mit dir ausgehen. Aber Alex hat Charakter.“

Dafür hatte er sie widerwillig respektieren müssen, auch wenn es ihm nicht gefallen hatte, dass sie mit seinem Bruder zusammen war. Aber das eigentliche Problem war gewesen, dass er sie gewollt hatte. Von jenem Moment an.

„Wenn du eigene Dates zu Familienfeiern mitbringen würdest, dann müsstest du dir weniger Gedanken um mich machen, Constantine.“

„Ich date nicht, Morgan.“

„Ich wusste gar nicht, dass du ein Keuschheitsgelübde abgelegt hast.“

Ein Lächeln hatte seine Lippen umspielt, und er hatte großes Verlangen danach verspürt, heraufzufinden, ob er sie erröten lassen konnte. Ob er beweisen konnte, was er vermutete. Nämlich, dass sie jedes Mal mit ihm sprach, wenn sie im Haus seiner Eltern war, weil sie sich nicht von ihm fernhalten konnte. Wegen der unleugbaren Anziehung zwischen ihnen.

„Ich habe nie behauptet, ich wäre keusch. Ich habe keine Spielchen nötig. Frauen kommen nicht für ein Abendessen zu mir. Sie kommen für das Dessert.“

„Und für das geistreiche Geplänkel, nehme ich an“, hatte sie gesagt, aber ihre Stimme hatte angespannt geklungen.

„Nein, für den Orgasmus.“

Doch ihre Wortgefechte schienen lange, lange Zeit zurückzuliegen! So viel war seitdem passiert.

Eigentlich sollte er jetzt wütend sein auf Morgan. Dafür, dass sie die Schwangerschaft vor seiner Familie hatte geheim halten wollen. Und das war er auch. Er war wütend wegen einer Menge Dinge.

Aber in manchen Momenten schien Morgan einfach zu leuchten, selbst hinter einer zerkratzten, alten Tür. Und das war es, was es ihm so schwer machte, sich unter Kontrolle zu halten, wenn es um Morgan ging.

„Ich werde nicht gehen“, sagte er. „Ich könnte diese Tür in wenigen Sekunden aufbrechen, und ich glaube, es würde niemanden hier interessieren. Dieses Apartment ist grauenvoll.“

„Tatsächlich ist es sehr nett für diese Gegend und hat eine angemessene Miete.“

„Wie schön. Aber es ist kein sicherer Ort für dich.“

„Du wirst mir nichts tun, Constantine.“

„Lustig, dass du auf einmal weißt, wer ich bin.“

Plötzlich wurde die Tür einen Spalt geöffnet. „Was willst du?“

„Das sollte eigentlich offensichtlich sein. Ich bin hier, um das Kind meines Bruders einzufordern.“

Die Tür war so weit geöffnet, wie es mit der Sicherheitskette möglich war, und Morgan starrte sprachlos durch den schmalen Spalt, völlig verdutzt von Constantines Aussage.

Das Kind seines Bruders?

Aber er musste doch wissen …

Sie sah hoch in sein Gesicht, und es war deutlich zu erkennen, dass er es nicht wusste.

„Meine Eltern sind überglücklich“, sagte Constantine. „Begeistert über ein Kind von Alex. Was zwischen uns war, spielt keine Rolle, Morgan. Das einzig Wichtige ist, dass du ihnen Hoffnung gegeben hast. Du hast ihnen Freude gegeben, obwohl ich gedacht habe, es wäre nicht möglich, dass sie je wieder welche spüren könnten. Als mein Vater den Artikel gesehen hat …“

„Den Artikel?“

„Es stand gestern erst in der Klatschpresse.“

„Nein!“

„Doch.“

„Davon habe ich gar nichts mitbekommen.“

„Öffne die Tür, Morgan. Dann zeig ich dir den Artikel.“

„Ich bin durchaus in der Lage, das Internet zu benutzen, auch ohne deine Hilfe.“ Sie schloss die Tür und holte ihr Handy von der Couch, um kurz ihren eigenen Namen zu googeln.

Und dann sah sie auch schon das Foto von sich selbst beim Einkaufen. Es war erst gemacht worden, nachdem sie wegen ihrer Paranoia ihre Sonnenbrille aufgesetzt hatte. Sie war gar nicht mit der Absicht rausgegangen, unerkannt zu bleiben, aber in dem Artikel ließen sie es so klingen. Als hätte sie gewusst, dass sie verfolgt werden würde.

Stilikone?!

Sie zoomte näher an das Foto heran und musste zugeben, dass sie ziemlich gut darauf aussah. Aber trotzdem … „Das ist wirklich seltsam!“, rief sie aus.

„Ungewöhnlich“, sagte er zustimmend. „Jetzt öffne die Tür, damit wir reden können. Und bitte komm mit mir nach Hause“, sagte er. „Meine Mutter ist so glücklich über die Neuigkeiten. Du kannst ihr das nicht wegnehmen.“

Morgan fühlte sich schuldig, aber sie zögerte.

Constantine wusste offensichtlich nicht, dass sie Jungfrau gewesen war, als sie miteinander geschlafen hatten. Er dachte, sie sei von Alex schwanger. Dabei hatte sie Constantine ihre Jungfräulichkeit geschenkt.

Er war der Erste gewesen.

Der einzige Mann, den sie je wirklich gewollt hatte – und er wusste es nicht einmal.

Wie besonders ihre Verbindung für sie gewesen war, wie einzigartig. Wie es allem widersprach, was sie über sich zu wissen geglaubt hatte.

Es ist unwichtig, was er denkt. Er wird das Kind nicht wollen. Und vielleicht ist dies eine gute Gelegenheit, dieser Familie Freude zu schenken und gleichzeitig meine Freiheit nicht aufgeben zu müssen.

Es war deutlich, dass dies die Geschichte war, die Constantine glauben wollte.

Überrascht dich das denn?

Nein.

Schließlich wusste sie, wie er zu Kindern stand. Es war eine Erinnerung, die Morgan begraben hatte, weil sie sie nicht ertragen konnte. Sie war in den letzten Monaten sehr, sehr gut darin geworden, zu verdrängen.

Sie gab sich ja auch große Mühe, die unglaublich heiße Nacht mit Constantine aus ihrem Gedächtnis zu verbannen. Dabei erinnerte sie sich in Wahrheit deutlich an alles.

Auch an die Zeit, die sie mit Alex auf dem Anwesen der Kamaras verbracht hatte. Es war schon eigenartig, wie der Fokus all dieser Erinnerungen nun auf Constantine lag. So war es im Grunde von Anfang an gewesen. Es hatte keine Rolle gespielt, dass sie eigentlich nicht wegen ihm dort war. Sie hatten einander immer gefunden. Und das Gespräch mit Constantine und Alex, in dem es um Kinder ging, würde Morgan nie vergessen …

„Ich persönlich werde einen ganz exzellenten Vater abgeben, da ich ein Experte in allen Dingen bin, die das Leben ausmachen. Ich trinke guten Alkohol …“, Alex hob sein Glas, „… fahre schnelle Autos und angle mir die schönsten Frauen.“

Dabei gestikulierte er in Morgans Richtung.

„Und wenn du eine Tochter hättest?“

„Ich bin für Gleichberechtigung, Morgan. Meine Tochter könnte diese Dinge doch genauso schätzen, oder? Das kann man nie wissen.“

Er hatte ein verschmitztes Glänzen in den Augen, und Morgan spürte ein leichtes Flattern im Magen. Doch dann warf Constantine ihr einen dunklen Blick zu, und ihr Magen zog sich krampfhaft zusammen. Sie konnte kaum noch atmen.

„Ein gutes Vorbild wärst du“, sagte er und richtete den Blick auf seinen Bruder.

„Und du, Constantine?“, fragte Alex. „Was wirst du deinen Kindern beibringen? Finstere Blicke, tagelange Isolation und einen schlechten Sinn für Humor, wenn es darum geht, über sich selbst zu lachen?“

„Ein gut platzierter finsterer Blick ist ein praktisches Werkzeug. Was du Isolation nennst, nenne ich Arbeit. Und wenn ein Witz schlecht ist, dann lache ich nicht darüber. Was vermutlich der Grund dafür ist, dass du mich nie lachen hörst, Brüderchen. Aber ich werde keine Kinder haben“, sagte er mit fester Stimme, „es ist also egal, was ich weiterzugeben habe.“

„Nie?“, fragte Morgan erstaunt.

Sie hatte gar nicht fragen wollen. Aber es hatte sich so traurig angefühlt, das zu hören. Auch wenn er sie beunruhigte, war Constantine doch einer der schönsten Männer, die sie je gesehen hatte. Er hatte etwas Magnetisches an sich. Etwas Starkes und unendlich Reizvolles.

Die Vorstellung davon, wie er ein Baby im Arm hielt, raubte ihr den Atem.

Er sah sie an und sie wünschte sich, nie gefragt zu haben.

„Niemals.“

Und nun stand Morgan da und wusste nicht, was sie tun sollte.

Würde Constantine ihr überhaupt glauben, wenn sie ihm erzählte, es sei sein Kind?

Zwei Nächte hatten sie miteinander verbracht. Und auch wenn er sie in der zweiten Nacht mehrere Male geliebt hatte … Er musste denken, dass sie davor unzählige Male mit Alex geschlafen hatte.

„Was passiert, wenn ich nicht mitkomme?“

„Ich fürchte, dann wird es zu einem Rechtsstreit kommen, den du nicht willst“, sagte er mit grimmiger Stimme.

Das glaubte sie ihm sofort. Denn im Gegensatz zu den Kamaras hatte sie keinerlei Macht. Sie würde niemals in der Lage sein, gegen seine Familie anzukommen.

Und du wärst nicht mehr allein.

Oh, wie gerne sie nicht mehr allein wäre.

War sie deshalb schwach?

Vielleicht.

Aber sie war es so leid. Das war das Schlimmste. Sie hatte Alex nicht geliebt, aber durch ihn hatte sie irgendwie eine Familie gehabt. Mit dem Verlust von Alex hatte sie auch das verloren.

Kurz entschlossen reckte Morgan ihr Kinn in die Höhe. „Gut. Ich komme mit dir.“

Sie ging los, um ihre Tasche zu holen.

„Hast du auch irgendwann vor, diese Tür zu öffnen?“

Nein. Nicht bis zum letzten Moment. Erst wenn es unumgänglich war.

In Windeseile packte Morgan die wichtigsten Sachen zusammen und öffnete die Tür. Ihr Herz klopfte wie verrückt, als sie Constantine gegenüberstand.

„Fertig.“

„Verdammt“, sagte er, als er an ihr heruntersah. „Wann ist es so weit?“

„Weiß ich nicht.“

Und das war nicht ganz gelogen. Sie hatte sich zwar den Entbindungstermin anhand ihrer letzten Periode und des Zeitpunkts des Geschlechtsverkehrs ausgerechnet, aber sie hatte es sich nicht von einem Arzt bestätigen lassen.

Sie sollte es ihm einfach erzählen. Aber seine Ablehnung gegenüber Kindern, gepaart mit dem, was sie über ihren eigenen Vater wusste, war so präsent in ihren Gedanken. Wenn sie es ihm erzählte …

Würde sie dann wieder allein sein?

Er wollte nur die Erinnerung an Alex aufrechterhalten, sein Andenken wahren. Aber wenn er wüsste, dass es sein Kind war …

Und wenn seine Eltern erfuhren, dass sie Alex betrogen hatte, was würde dann passieren?

Würde ihr Kind zurückgewiesen werden, genau wie sie damals?

Bezieht sich deine Sorge wirklich auf dein Kind oder doch eher auf dich?

Sie weigerte sich, darüber nachzudenken.

Constantine sah sie verblüfft an. „Warum weißt du das nicht?“

„Ich war noch nicht beim Arzt.“

„Du warst noch nicht beim Arzt?! Verdammt, Morgan. Das ist das Erste, was du jetzt tun wirst.“

„Moment“, sagte sie mit einem Gefühl von Panik. „Du sagst mir nicht, was ich tun soll.“

„Ich fürchte, da irrst du dich. Du hast dich unverantwortlich verhalten, indem du meiner Familie nicht von dem Kind erzählt hast und indem du nicht sichergestellt hast, dass du medizinisch versorgt wirst …“ Constantine zückte sein Handy und tippte rasch ein paar Nachrichten, dann nickte er ihr zu. „Komm jetzt.“

Wie in Trance folgte sie ihm die Treppe hinunter bis zu seinem Wagen. Sie hatte noch nie in Constantines Auto gesessen. Es war rot und sah schnell aus, ganz und gar nicht das, was sie sich bei ihm vorgestellt hatte.

„Das sieht dir gar nicht ähnlich.“

„Was hast du denn erwartet?“

Sie zuckte die Schultern. „Einen Bestattungswagen?“

„Wie schon gesagt“, entgegnete er mit zusammengebissenen Zähnen. „Wir haben alle unsere Laster.“

Morgan war schockiert darüber, dass schnelle Autos eins seiner Laster waren.

„Ich hoffe, du fährst vorsichtiger als Alex.“

Constantine sah sie durchdringend an, und sie konnte seinen dunklen Blick bis in die Zehenspitzen fühlen. „Ich tue alles vorsichtiger als Alex … es getan hat.“

Sie verkniff sich eine Erwiderung. Denn es war eine Tatsache, dass Constantine nicht vorsichtig gewesen war, als er mit ihr geschlafen hatte.

Jedenfalls hatten sie nicht verhütet. Das war ihr allerdings erst aufgefallen, als ihre Periode ausgeblieben war. Ihr erstes Mal in Constantines Zimmer und danach die unglaubliche Nacht mit ihm waren so aufregend gewesen, dass Morgan keine Sekunde an Verhütung gedacht hatte.

Sie konnte immer noch nicht fassen, dass dies nun ihr Leben war.

Eine verdrehte Fantasie à la Cinderella, aber ohne einen strahlenden Traumprinzen in Sicht. Und doch wollte sie an diesem fragilen Märchen festhalten. Auch wenn sie wusste, dass es falsch war.

Es mochte falsch sein, aber sie tat doch auch einiges richtig. Und das zählte doch auch etwas, oder nicht?

Sie beschützte auf gewisse Art nicht nur ihr Baby, sondern auch Constantine und seine Eltern.

Für einen Moment fühlte sie sich mutig, und sie musste es einfach testen. Ihn testen.

„Hast du auch mal in Betracht gezogen, dass es dein Kind sein könnte?“, fragte sie, nachdem sie losgefahren waren. „Wir haben keine Kondome benutzt. Wir haben nicht mal drüber gesprochen.“

Ihr Mund war ganz trocken. Was würde er tun, was sagen? Würde er darauf eingehen oder es sofort abstreiten?

Er sah sie an. Etwas Dunkles ging von ihm aus. Genau wie damals, als er ihr gesagt hatte, er würde niemals Kinder haben.

„Nein“, sagte er. „Die Schwangerschaft ist dafür viel zu weit fortgeschritten.“

Das stimmte nicht. Auch wenn es vielleicht so aussah.

„Bist du Experte, wenn es um Schwangerschaftsstadien geht?“

„Nein“, sagte er. „Aber ich weiß doch, was ich sehe.“

„Oder willst du es einfach nicht wahrhaben, weil es dir nicht in den Kram passt? Weil du sonst anerkennen müsstest, dass etwas zwischen uns gewesen ist. Wie wir beide wissen, hast du dir alle Mühe gegeben, es zu vergessen.“

Es war gefährlich, ihn zu drängen, das wusste Morgan. Und sie verstand nicht, warum sie es trotzdem tat. Was wollte sie erreichen?

Er wollte kein Kind.

Und Morgan wusste, wie es sich anfühlte, ein ungewolltes Kind zu sein.

Und sie würde nie …

Das würde sie einfach nicht.

Constantine warf ihr einen finsteren Blick zu. „Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun soll? Hätte ich dich bei der Beerdigung meines Bruders an mich reißen und dich küssen sollen? Wir beide kennen die Wahrheit. Du warst mit ihm fertig, und das zu Recht. Er hat dich betrogen. Aber wir haben unüberlegt gehandelt. Und das bereue ich. Allerdings spielt das alles keine Rolle. Alex ist tot, und er hat nicht die Möglichkeit, sich zu verteidigen oder die Geschichte aus seiner Sicht zu erzählen. Sein guter Ruf ist nun in Stein gemeißelt, und wir müssen ihn bewahren. Es ändert sich nur dann etwas, wenn wir Geschichten über ihn verbreiten, ist es nicht so?“

„Ich … schätze schon.“

„Er kann sich weder verteidigen noch Widergutmachung leisten.“

Und das ist unglaublich bedauerlich, dachte Morgan insgeheim. Denn Alex hatte so viel Liebenswertes an sich gehabt. Aber er hatte auch Fehler gemacht. So einige.

„Viele Menschen machen Fehler“, sagte Constantine, als könnte er ihre Gedanken lesen. „Der einzige Unterschied ist, dass Alex die Gelegenheit genommen wurde, für seine Fehler geradezustehen. Weil einer dieser Fehler ihn getötet hat.“

„Es tut mir so leid …“

Sein früher Tod tat ihr wirklich entsetzlich leid. Denn er war so voller Leben gewesen, so liebenswert. Und auch wenn Morgan nun realisiert hatte, dass er nicht die Liebe ihres Lebens gewesen war, hatte sie ihn doch sehr geliebt.

„Erzähl mir, wie ihr euch kennengelernt habt“, bat Constantine, während er das Auto sicher durch die Straßen lenkte.

„Das weißt du doch schon.“

„Ja, ich kenne die Geschichte, aber ich habe mir nicht erlaubt, sie richtig zu hören. Ich bin davon ausgegangen, dass du nur hinter seinem Geld her warst. Aber die Tatsache, dass du wegen der Schwangerschaft nicht mit Geldforderungen vor unserer Tür gestanden hast, obwohl du das absolut hättest tun können, stellt meine Annahme infrage. Und ich würde eure Beziehung gerne mit anderen Augen sehen.“

„Ich habe einfach … Ich war einfach so fasziniert von ihm.“ Sie sah die Stadt durch das Fenster an ihnen vorbeischnellen. „Er kam in die Bar und wirkte so fehl am Platz mit seinem maßgeschneiderten Anzug. Und als er mir ein Kompliment machte, hatte ich nicht das Gefühl, es ging ihm allein um Sex. Es fühlte sich an, als würde er es ernst meinen. Und ich kann dir gar nicht sagen, wie selten das ist. Ich wurde ständig von Männern angemacht. Aber bei ihm war es anders. Er sagte, er wolle mich kennenlernen, und genau das hat er getan. Er hat mich kennengelernt. Er war immer so respektvoll mir gegenüber. So hatte mich noch nie jemand behandelt. Wie hätte ich mich da nicht in ihn verlieben sollen?“

Morgan sah fragend zu Constantine, doch er nickte nur stumm, als wollte er sie auffordern, weiterzusprechen.

„Jedenfalls … Ich wusste wochenlang nicht, dass er Alex Kamaras war. Der Alex Kamaras. Und als ich es dann erfuhr, hat es mir ziemlich Angst gemacht. Ich bin nur ein einfaches Mädchen. Ich habe nie erwartet, jemanden wie ihn zu treffen.“

Das war die reine Wahrheit. Sie hatte immer nur wohlige Wärme in Alex’ Gegenwart verspürt. Und natürlich fand sie ihn attraktiv.

Aber dann hatte sie Constantine kennengelernt, und etwas war mit ihr passiert. Sie verstand jetzt, dass dieses Etwas pure Anziehungskraft gewesen war.

Was sie für Alex empfunden hatte, war Verliebtheit gewesen. Bei Constantine war es reine Lust. Aber als Jungfrau hatte sie das nicht richtig verstehen können. Sie hatte die einfachen Glücksgefühle bevorzugt, die sie in Alex’ Nähe spürte.

„Es fällt mir so schwer, diese Geschichte zu glauben“, bemerkte Constantine.

„Ich weiß. Und ich verstehe dich. Es muss schwer sein, wenn man glaubt, dass alle immer nur dein Geld oder deine Macht wollen.“

Sie spürte, wie er sich neben ihr versteifte. Es war, als hätte sich eine Mauer zwischen ihnen aufgebaut, und die Gefühle, die von ihm herüberstrahlten, waren unglaublich intensiv.

„Richtig. Eine Familie wie meine, mit einer Geschichte, die so weit zurückreicht … Wir stehen immer unter Beobachtung. In Griechenland gehören wir dem Adel an.“

„Ich weiß“, sagte Morgan. „Alex hatte große Freude daran, mir zu erzählen, dass er ein Graf war.“

„Typisch Alex.“

„Obwohl ich mir vorstellen kann, dass es vor allem die Milliarden sind, die Probleme machen. Der Titel erscheint mir eher dekorativ.“

„Könnte man so sagen.“

„Wenn ich sage, dass ich weiß, wie sich das anfühlt, klingt das sicher dumm. Aber es ist so. Ich habe nichts. Nichts, was ich einem Mann bieten kann, außer …“

„Deiner Schönheit.“

Sie nickte. „Genau. Ich habe kein Geld, keinen Einfluss. Ich war Kellnerin in einer Bar. Und Männer sahen mich an und hielten meinen Körper für ein Gut. Mehr sah keiner in mir. Der Erste, der mehr wollte, war Alex.“

„Du weißt aber, dass er alle anderen Frauen anders behandelte. Da ging es ihm immer nur um Sex.“

Seine Bemerkung gab ihr ein Gefühl der … Sie war sich nicht sicher. Freude vielleicht. Oder doch eher Trauer? Zu wissen, dass sie etwas anderes für ihn gewesen war …

Hätte sie ihm vergeben, wenn er nicht gestorben wäre?

Morgan wusste es nicht. Vielleicht schon. Schließlich hatte sie ja mit seinem Bruder geschlafen …

Endlich kam der prächtige Landsitz der Kamaras in Sicht, und in Morgans Bauch kribbelte es. Aber vielleicht war das auch nur eine Bewegung des Babys. Das war in letzter Zeit immer häufiger vorgekommen.

Sobald Constantine das Auto vor dem Anwesen geparkt hatte, wurde die Haustür aufgerissen. Aber nicht der Butler begrüßte sie, sondern Delia.

Tränen liefen ihr über das Gesicht, und als Morgan aus dem Auto gestiegen war, flog Delia praktisch in ihre Arme. „Meine Liebe!“, sagte sie und strich Morgan das Haar aus dem Gesicht. „Meine Tochter! Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich ich bin.“

Und Morgans Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

Was würde Delia denken, wenn sie die Wahrheit kannte?

Ja, es wäre immer noch ihr Enkelkind, aber kein Teil von Alex, kein Teil ihres geliebten verstorbenen Sohnes.

Und sie würden wissen, dass Constantine und Morgan …

„Ich wusste nicht, was ich tun soll.“

Das wusste sie auch jetzt nicht, aber diese Entscheidung war ihr abgenommen worden. Und in diesem Moment wusste sie, dass sie Alex’ Eltern nie würde ins Gesicht lügen können. Sie musste sich gut überlegen, wie sie mit der vertrackten Situation umgehen wollte. Aber sie würde nicht lügen.

„Du bleibst hier“, sagte Delia. „Unsere Familie wird sich um alles kümmern.“

„Mein Apartment ist absolut unzureichend“, protestierte Morgan schwach. „Ihr müsst wirklich nicht …“

„Das ist es nicht“, sagte Constantine. „Nicht im Geringsten. Es ist eine gefährliche Wohngegend, wenn du mich fragst, und nicht für ein Kind der Kamaras geeignet.“

„Natürlich nicht“, sagte Delia und schob Morgan ins Haus. „Du bleibst hier. Wir haben Bedienstete, die sich um alles kümmern. Du wirst nie wieder einen Finger krumm machen müssen. Du … du bist ein Engel des Himmels. Erlösung.“

Morgan sah hinüber zu Constantine, der einen stürmischen Ausdruck in den Augen trug, aber nichts sagte.

„Wir lassen gerade eine passende Suite für dich herrichten. Wann ist der Geburtstermin?“

„Das weiß sie nicht“, sagte Constantine. „Sie ist noch nicht beim Arzt gewesen.“

„Nun, das geht natürlich nicht“, sagte Delia. „Wir werden sofort einen Arzt für dich herkommen lassen. Und dann wirst du uns alles haarklein erzählen, Liebes! Aber leider müssen wir jetzt ganz schnell los. Unser Sommerhaus in Saint-Tropez wartet auf uns. Wir kommen einfach nie zur Ruhe.“

„Oh …“

„Du wirst hier rundum versorgt. Und zur Geburt werden wir natürlich zurück sein.“

Morgan sah wieder zu Constantine hinüber, aber sein Ausdruck war undurchdringlich.

„Constantine bringt dich auf dein Zimmer.“

Delia umarmte sie und eilte fort.

Constantine sah Morgan düster an. „Meine Eltern sind aus demselben Holz geschnitzt wie Alex.“

„Wie meinst du das?“

„Sie freuen sich aufrichtig, dass du hier bist. Sie werden dafür sorgen, dass es dir an nichts mangelt. Aber sie werden keine Party für dich verpassen.“

„Party?“

„Sie sind … Sie haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, der feinen Gesellschaft anzugehören. Sie arbeiten auch nicht für das Unternehmen. Sie bevorzugen es, vor ihren Problemen wegzulaufen. Sie stürzen sich kopfüber in Alkohol und laute Clubs.“

Es war Morgan bewusst, welchen Schmerz Alex’ Eltern in letzter Zeit hatten erdulden müssen, aber so wie Constantine das sagte … Es klang, als steckte noch mehr dahinter. Aber er sprach bereits weiter, bevor sie genauer darüber nachdenken konnte.

„Ich kümmere mich ganz allein um das Geschäft. Das habe ich von meinem Großvater geerbt. Ich, nur ich, leite Kamaras Industries.“

„Verstehe.“

Zum ersten Mal wurde ihr der grundlegende Unterschied zwischen Alex und Constantine klar.

Autor

Liz Fielding

In einer absolut malerischen Gegend voller Burgen und Schlösser, die von Geschichten durchdrungen sind, lebt Liz Fielding – in Wales

Sie ist seit fast 30 Jahren glücklich mit ihrem Mann John verheiratet. Kennengelernt hatten die beiden sich in Afrika, wo sie beide eine Zeitlang arbeiteten. Sie bekamen zwei Kinder, die...

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Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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Caitlin Crews
Caitlin Crews wuchs in der Nähe von New York auf. Seit sie mit 12 Jahren ihren ersten Liebesroman las, ist sie dem Genre mit Haut und Haaren verfallen und von den Helden absolut hingerissen. Ihren Lieblingsfilm „Stolz und Vorurteil“ mit Keira Knightly hat sie sich mindestens achtmal im Kino angeschaut....
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