Julia Extra Band 550

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DER MILLIARDÄR UND DIE NANNY von CATHY WILLIAMS

Gefühlschaos im Palazzo – Dante D’Agostino macht Kate einen Antrag! Doch nur eine Vernunftehe will der italienische Adlige mit der schönen Nanny – damit seine Tochter eine Mama hat. Aus Zuneigung für ihren Schützling sagt Kate Ja und erkennt zu spät: Sie hat sich verliebt!

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  • Erscheinungstag 26.03.2024
  • Bandnummer 550
  • ISBN / Artikelnummer 9783751525626
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cathy Williams, Kate Hardy, Michele Renae, Nina Singh

JULIA EXTRA BAND 550

1. KAPITEL

„Dante, mein Junge, es wird Zeit für dich, noch einmal zu heiraten.“

Antonio D’Agostinos Hand zitterte und sein Blick wirkte verhangen, als er zu der Leinenserviette neben dem Teller griff und sie zum Mund hob, um seine Emotionen hinter ihr verbergen zu können.

Nachdem er auf Geheiß seines Onkels in dessen Palast nahe Venedig geeilt war, betrachtete Dante dieses emotionale Spektakel mit ironischer Skepsis. Antonio kreiste seit Jahren um dieses heikle Thema, wich allerdings direkten Konfrontationen normalerweise aus. Einen Seufzer unterdrückend schob er seinen Teller zur Seite, rückte den Stuhl zurecht und streckte die langen Beine aus. Antonio D’Agostino konnte aus dem Stand Tränen vergießen, egal, ob es um das traurige Schicksal streunender Hunde oder um Italien im Ganzen ging.

Er war so ganz anders als Dantes Eltern, wofür er seinen Onkel besonders schätzte und liebte. Antonio hatte ihm die Augen für ein Leben geöffnet, in dem man auch Spaß haben konnte. Durch Geburt zum italienischen Adel gehörig, waren Dantes Eltern der Inbegriff von Pflichtbewusstsein gewesen und verlangten vom Tag seiner Geburt an dasselbe von ihrem einzigen Nachkommen.

Auch sich selbst erlaubten sie es nie, von dem abzuweichen, was von ihnen erwartet wurde, bis zu dem Tag, an dem sie zusammen mit Dantes Frau bei einem Autounfall ums Leben kamen, nach einer Opernaufführung, an einem regnerischen, nebligen Abend. Dem Abend, an dem sich Dantes Leben für immer veränderte.

Riesige Ländereien mussten verwaltet werden, gesellschaftlichen Kontakt pflegte man nur mit Seinesgleichen, in deren Adern selbstverständlich blaues Blut floss, denn alles andere wäre inakzeptabel gewesen.

Was das betraf, hatten Dantes Eltern alles getan, um ihren Erben darauf zu konditionieren, nur versäumten sie dabei, einen ebenso respektlosen wie lebenslustigen Onkel einzukalkulieren. Antonio hätte liebend gern sein gesamtes Leben damit verbracht, von seinem beträchtlichen Erbe zu leben, um die Welt zu reisen und sich nach Kräften zu amüsieren … wären Efisio und Sofia nicht ums Leben gekommen.

Dadurch war Antonio Mehrheitsaktionär geworden, hatte enorme Summen in das Familienimperium gepumpt und im Gegenzug Dante ermöglicht, sich um seine eigenen Belange zu kümmern, ohne seine viel zu knappe Zeit auch noch aufteilen zu müssen.

„Du weißt, was ich von der Ehe … vom Heiraten halte“, formulierte Dante jetzt vorsichtig, doch der warnende Unterton war nicht zu überhören. Eine Erinnerung daran, dass dieses heikle Thema nicht zur Diskussion stand. „Der Traualtar ist ein Ort, den ich zu meiden gedenke, und Krokodilstränen ziehen bei mir nicht, wie du sehr wohl weißt, Antonio.“

Sein Onkel brummte etwas Unverständliches und klingelte, damit der Tisch abgeräumt wurde. Das Abendessen war im kleineren Speisesaal serviert worden … ausgestattet mit ebenso kunstvollen wie kostbaren Kronleuchtern, Fresken, türkisfarbenen und goldenen Tapeten und prachtvollen Gemälden venezianischer Kanäle.

Dante hatte keine Ahnung, wohin dieses Gespräch führen würde, doch die Zuneigung zu seinem Onkel hinderte ihn daran, es kurzerhand zu beenden. Er würde ihm höflich zuhören und dann der melodramatischen Scharade ein Ende machen.

„Wir sollten uns einen Brandy gönnen.“

„Ich muss morgen wieder arbeiten und …“

Antonio winkte ab. „Wie oft schaffst du es schon nach Venedig, Dante, um deinen gebrechlichen alten Onkel zu besuchen? Einmal im Jahr?“

„Einmal alle sechs Wochen“, kam es trocken zurück. „Und nicht zu vergessen der Sommer, wenn ich in dieser Hitze hier fast vergehe und jedes Mal …“

„Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit.“ Antonio winkte ab. „Du nimmst besser meinen Arm, Dante. Ich bin kein junger Mann mehr.“

„Mit deinen zweiundsiebzig Jahren aber auch kein Greis“, widersprach sein Neffe.

Entsprang es seiner Einbildung oder hatte Antonio abgenommen? Falls dem so war, würde es ihm auf jeden Fall nicht schaden.

„Diesmal lasse ich mich nicht ablenken, Figlio. Mir ist es ernst mit dem, was ich sage. Es ist Zeit für dich, Luciana hinter dir zu lassen und zu heiraten. Ich weiß, dass du sie immer noch liebst, aber sie ist jetzt seit über vier Jahren nicht mehr bei uns, und Angelina braucht eine Mutter.“

Dantes Gesicht wirkte wie versteinert. Antonios Frontalangriff verblüffte und empörte ihn gleichermaßen. Emotionale Erpressung mochte für Antonio vertrautes Terrain sein, war aber nicht sein Metier. Dafür hatte eine rigoros emotionslose Erziehung keinen Raum gelassen.

In dem von seinem extravaganten Onkel bevorzugten Salon warteten zwei Wände mit einem dramatisch dunklen Rotton auf. Und da Antonio quasi sein Leben lang um die ganze Welt gereist und als fanatischer Sammler bekannt war, hielt auf einem kostbaren Perserteppich die Statue einer afrikanischen Stammespriesterin Hof, umrahmt von zwei exquisiten Aquarellen aus dem Fernen Osten …

Spontan beschloss Dante, das unvermeidliche Gespräch zu eröffnen. „Darf ich jetzt vielleicht erfahren, was für die Dringlichkeit verantwortlich ist, mit der du mich wieder unter die Haube bringen willst?“

Antonio kramte umständlich ein zerknülltes Stück Papier aus seiner Hosentasche und drückte es Dante in die Hand. „Was das bewirkt hat?“, fragte er rau und seine Augen füllten sich erneut mit Tränen. „Ich gebe dies alles auf“, verkündete er mit ausladender Geste. „Den gesamten Besitz, die Ländereien, sogar das hier … zu groß für einen alten Mann wie mich. Ich weiß, dass Efisio deinen Wunsch respektiert hat, sich von der aktiven Beteiligung am Familienunternehmen zurückzuziehen, aber ich bin am Ende der Fahnenstange angelangt und brauche dich jetzt. In meiner Jugend rannte ich vor meinen Pflichten davon und kehrte als Mann zu ihnen zurück, als dein Vater starb.“

Er räusperte sich. „Hier, lies … es ist von meinem Finanzberater. Ich sterbe, Dante, deshalb musst du heiraten. Jemand sollte an deiner Seite sein, wenn du dieses Erbe übernimmst. Wie kann ich meinem Schöpfer gegenübertreten, wenn ich weiß, dass du immer noch trauerst, Angelina ohne Mutter ist und das Familienimperium ohne Führung? Dazu muss ich mich nahezu täglich fragen lassen, wann du endlich wieder sesshaft wirst.“

„Vergiss die konservative Verwandtschaft … und was soll dieser Unsinn, deinem Schöpfer gegenübertreten zu müssen …?“, brummte Dante, doch seine Hand zitterte leicht, als er das offiziell aussehende Dokument entfaltete und mit gerunzelter Stirn studierte. „Du hast mir nie gesagt, dass du dir Sorgen um deine Prostata machst, Antonio …“, murmelte er grimmig.

„Du bist ein vielbeschäftigter Mann. Warum sollte ich dich beunruhigen?“

„Ich werde sowohl deinen Berater wie deinen Arzt gleich morgen früh anrufen.“

„Das wirst du nicht tun! Ich kann damit umgehen und …“

„Wenn ich das richtig interpretiere, kennst du nicht mal die genaue Diagnose.“

„Ich brauche eine Behandlung. Sie haben Tests gemacht und …“

„Niemand scheint in Panik zu sein, außer dir.“

„Es ist ja auch mein Leben, das zu Ende geht! Und ich möchte die Welt in der Gewissheit verlassen können, dass mein Lieblingsneffe …“

„Dein einziger Neffe“, wurde er trocken erinnert.

„Um den es nicht allein geht“, beharrte Antonio. „Ich liebe Angelina ebenso wie dich, und dass sie ohne die liebende Hand einer Mutter …“

„Was sind das für Tests, die man mit dir machen will?“, hakte Dante betont nüchtern nach, obwohl sein Herz beim Gedanken an seine kleine Tochter schwer wurde. Sie hatte alles, was man für Geld bekam, aber weder wusste er, wie man Haare flocht, noch wo man rosa Outfits für Prinzessinnen kaufen konnte oder pinkfarbenen Nagellack.

Dass Angelina ebenso gutmütig wie sanft und anspruchslos war, milderte sein latentes Schuldgefühl kein bisschen. Antonios Bedenken mochten übertrieben sein, waren aber nicht unbegründet.

„Ich kann ja wohl kaum eine passende Frau aus dem Nichts herbeizaubern!“, knurrte er unwillig, faltete den Brief zusammen und legte ihn zurück auf den Tisch.

„Aber du kannst darüber nachdenken, dich erneut zu binden und damit einen sterbenden alten Narren glücklich machen …“

Mechanisch zog Dante ein Taschentuch hervor und reichte es seinem Onkel, wie nahezu jedes Mal, wenn er ihn besuchte. „Wirklich bühnenreif. Ich habe den Brief gelesen und ja, es ist verständlich, dass du besorgt bist, aber sterben wirst du so schnell nicht.“

Er brachte seinem Onkel eine Liebe entgegen, wie er sie für seinen unnahbaren Vater nie empfand. Antonio hatte ihn immer mal wieder aus seinem Internatsalltag entführt, um ein Fußballspiel oder ein Theaterstück zu sehen. Ohne ihn wäre das Leben im ‚vergoldeten Käfig‘ nicht nur freudlos, sondern unerträglich gewesen.

Und jetzt wünschte sein Onkel sich, dass er heiratete …

Dante atmete tief durch, seine aufsteigende Panik legte sich, und er stellte sich dem Problem in gewohnter Manier: rational, kühl, nüchtern.

Also, was stand jetzt an? Heirat?

Unerwartet schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Einverstanden … du hast gewonnen.“ Er hob beide Hände in einer Geste der Kapitulation und Antonios Augenbrauen schossen in die Höhe.

„Du denkst tatsächlich daran, dich niederzulassen? Meinetwegen?“

„Ich werde es tun.“ Dante legte den Kopf schief. „Aber dafür erwarte ich auch eine Gegenleistung, du alter Ganove …“, sagte er liebevoll. „Gleich morgen werde ich mich mit deinem ‚Berater‘ in Verbindung setzen, und es wird keine Entscheidung getroffen, kein Termin vereinbart, ohne mich zu informieren, einverstanden?“

Antonio lehnte sich zurück, schloss die Augen und lächelte. „Einverstanden …“

Kate hatte nicht damit gerechnet, dass Dante in den nächsten drei Tagen zurückkommen würde. Er war nach Venedig gefahren, um seinen Onkel zu besuchen, und wollte anschließend geschäftlich nach New York fliegen.

Würde sie allein zurechtkommen?

Es war eine dieser Fragen gewesen, auf die keine Antwort erwartet wurde. So hatte sie mit derselben Unverbindlichkeit zurückgelächelt und versichert, das sei kein Problem.

Sie arbeitete seit über zwei Jahren für Dante und hatte oft gedacht, dass sie seine achtjährige Tochter viel besser kannte als er, weil … da er nur selten in der Nähe war.

Er schaute immer mal kurz rein, wenn es ihm die Arbeit erlaubte, und verbrachte auch mal mehr Zeit mit seiner Tochter, indem er sie von der privaten Tagesschule in Mailand abholte und zu einem teuren Essen einlud, bevor er Angelina wieder bei ihr absetzte.

Mindestens zweimal im Monat verabredete er ein formelles Briefing mit Kate, doch wie er die Schulferien gestaltete, während der sie von ihren Pflichten freigestellt war und tun konnte, was sie wollte, wusste Kate nicht. Aber nach allem, was ihr kleiner Schützling erzählte, tauschte er nur ein Kindermädchen gegen ein anderes aus.

Angelina verehrte ihren Vater. Sie klammerte sich an kleine gemeinsame Momente und hütete sie wie Schätze. Doch was Kate betraf, wirkte er zu distanziert und war viel zu oft abwesend im Leben seiner Tochter.

Dazu war Dante attraktiver, als er hätte sein dürfen, und so atemberaubend reich und charismatisch, dass er es immer wieder schaffte, sie in Verlegenheit zu stürzen. Andererseits hätte sie nirgendwo auf der Welt das verdienen können, was Angelinas Vater ihr in den letzten zwei Jahren gezahlt hatte.

Und sie brauchte das Geld.

Trotzdem …

Es war kurz nach acht Uhr abends. Kate hatte sich aufs opulente Sofa gekuschelt, in ihrem privaten Apartment, innerhalb der riesigen Villa am Stadtrand von Mailand … und erwartete ihren Boss nicht zurück.

So schluckte sie heftig, als sie seine markante Stimme hörte, nachdem sie sich am Handy gemeldet hatte. Angelinas Vater fragte sie höflich, ob es zu spät sei, bei ihr reinzuschauen, um etwas Wichtiges mit ihr zu besprechen.

„Reinschauen … bei mir? Ich dachte, Sie … sind Sie nicht in New York?“

„Dann würde ich Sie wohl kaum um einen Moment Ihrer Zeit bitten, oder? Ich erwarte Sie unten in der Küche.“

„Okay …“

„Schläft Angelina schon? Nein … darauf brauchen Sie nicht zu antworten. Sie können mir erzählen, wie der Tag war, wenn wir uns sehen. In fünfzehn Minuten?“

„Kein Problem.“ Null Zeit zum Umziehen oder für sonst was …

Ihre Tagesuniform war eher formell, nicht weil es von ihr gefordert wurde, sondern weil sie selbst es für angemessen hielt. Kate schaute an sich hinunter … auf die ausgeblichene Jeans und das alte Rugby-Shirt, das ihr Vater ihr vor Ewigkeiten geschenkt hatte. Hastig ordnete sie ihr Haar und hielt inne, als sie sich im kunstvoll verzierten Ganzkörperspiegel neben der Tür sah.

Vierundzwanzig Jahre alt, zierliche ein Meter fünfundsechzig groß, glattes, schulterlanges braunes Haar, regelmäßige Gesichtszüge …

Er hingegen war unglaublich attraktiv, und neben ihm fühlte sie sich ungefähr so sexy und exotisch wie ein Sperling!

Als sie hier vor zwei Jahren ihren Job angetreten hatte, war ihr das Haus verwirrend riesig und unendlich prachtvoll erschienen, mit all dem Marmor, den massiven Säulen und geschwungenen Treppen, die in verschiedene Flügel führten. Inzwischen war ihr der Grundriss vertraut, sodass sie sich nicht mehr verlief.

Leichtfüßig eilte Kate die Treppe hinunter und steuerte auf die Küche zu, doch kurz vor der Tür hielt sie inne und atmete ein paarmal tief durch, bevor sie betont gelassen die Tür aufstieß, in die Küche ging und darauf wartete, dass er sie ansah.

Er stand mit dem Rücken zu ihr und starrte aus dem Fenster in eine düstere Novembernacht. Und als er sich endlich umdrehte, wirkten seine dunklen Augen undurchdringlich, sein Gesichtsausdruck angespannt … aber unlesbar.

Kate tat ihr Bestes, um die aufsteigende Hitze zu unterdrücken, die ihr unaufhaltsam ins Gesicht stieg. Jedes Mal, wenn sie ihm gegenüberstand, war es, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen … und immer wieder war sie aufs Neue von seiner dunklen Schönheit gefesselt. Er war gut über einen Meter achtzig, das dichte Haar nachtschwarz und kurz geschnitten, seine aristokratischen Gesichtszüge markant, der Körper perfekt geformt und ziemlich muskulös …

„Ich hoffe, ich habe nicht Ihren Abend gestört?“ Dante nickte mit dem Kinn in Richtung einer Flasche Rotwein, die auf der Kücheninsel aus Carrara-Marmor stand, ohne den Blickkontakt abzubrechen. „Trinken Sie ein Glas Wein mit mir?“

„Nein, aber danke für das Angebot …“, murmelte sie gepresst, während sie zusah, wie er sich von dem Wein einschenkte.

„Setzen Sie sich doch, Kate. Sie brauchen nicht nervös zu sein. Ich habe weder vor, Sie zu entlassen, noch Ihnen den Kopf abzureißen.“ Am liebsten hätte er sich selbst geohrfeigt für diese alberne Bemerkung. „Ich möchte nur wissen, wie es Angelina geht“, versuchte Dante die Kurve zu kriegen. „Wie sind die Tests ausgefallen, die sie vor zwei Tagen geschrieben hat?“

„Bestens. Sie hat hervorragende Ergebnisse in Mathematik und Englisch und wurde sogar gebeten, ihren Aufsatz der Klasse vorzulesen. Ihr Weihnachtsstück ist für die übernächste Woche angesetzt. Wissen Sie schon, ob Sie kommen können oder …?“

„Ich sehe bisher keinen Grund, warum nicht, obwohl ich natürlich nichts versprechen kann.“ Er schwenkte sein Glas, starrte in die tiefrote Flüssigkeit, dann fasste er die junge Frau ins Auge, die inzwischen etwas mehr als zwei Jahre für ihn arbeitete. Dessen ungeachtet wusste er so gut wie nichts über ihr Privatleben. Sie war ausgesprochen kompetent, Angelina verehrte sie und Kate schien nicht liiert zu sein …

Was könnte noch relevant sein?

Zu seinen Prinzipien gehörte es, klare Grenzen zwischen sich und seinen Mitarbeitern zu ziehen … trotzdem hatte er sich mehr als einmal gefragt, was sich hinter dieser glatten Fassade verstecken könnte. Etwas, das Kates demonstrative Gelassenheit möglicherweise Lügen strafte.

„Angelina wird begeistert sein.“ Lächelnd begegnete Kate seinem Blick. „Sie ist jedes Mal unglaublich aufgeregt, wenn Sie es schaffen, an einer ihrer Schulveranstaltungen teilzunehmen.“

Dante fragte sich flüchtig, ob sich hinter ihren Worten eine gelinde Kritik verbarg, entschied sich aber dagegen.

„Ich nehme an, Sie fragen sich, warum ich um ein Gespräch gebeten habe.“

„Nein, eigentlich nicht. Ich arbeite für Sie, und sicher wollen Sie wissen, wie Angelinas Tag war und …“

„Ich komme gerade von meinem Onkel.“

„Wie geht es ihm?“ Diesmal war Kates Lächeln echt und warm. Sie mochte Antonio sehr. Angelina und sie besuchten ihn regelmäßig. Meist zu Beginn der Sommerferien, bevor Kate für eine Zeit nach England zurückkehrte.

Aber wie um alles in der Welt Antonio mit Dante verwandt sein konnte, war ihr ein Rätsel, denn ihre Persönlichkeiten hätten nicht unterschiedlicher sein können.

„Nicht gut, wie ich leider gestehen muss.“

Oh je … was ist mit ihm?“, fragte Kate erschrocken.

„Um ehrlich zu sein, bei ihm wurde eine mögliche Krebserkrankung diagnostiziert. Es fehlt noch eine endgültige Bestätigung, doch die Wahrscheinlichkeit ist groß.“ Dante hob die Hand, als wolle er eine mögliche Unterbrechung von ihrer Seite verhindern. „Ich persönlich denke nicht, dass es annähernd so ernst ist, wie er zu glauben scheint, aber Antonio ist ziemlich verzweifelt. Ich habe seinen Berater kontaktiert, um mir ein klares Bild davon zu machen, was mit ihm ist.“

„Und?“

„Es müssen noch mehrere Tests durchgeführt werden …“ Dante starrte in sein Rotweinglas, trank einen Schluck und seufzte. „Leider ist das noch nicht alles.“

„Nicht alles …?“, echote sie schwach.

„Antonio scheint davon auszugehen, dass ihn diese Diagnose an die Schwelle des Todes bringt, und ist jetzt dabei, seine Angelegenheiten zu ordnen.“

Kate schluckte heftig. „Was bedeutet das?“

„Erstens, dass er die Gesamtverwaltung der Familiengüter aufgeben wird. Ehrlich gesagt wird ein Großteil jetzt schon von Leuten gehandhabt, die ich eingesetzt habe, als meine Eltern starben. Aber für Antonio ist es eine große Sache. Er will den Palast verlassen und spielt mit dem Gedanken, sich aufs Land zurückzuziehen, obwohl es keinen Grund für eine so drastische Veränderung gibt.“

„Ich schätze, der Palast ist zu groß für einen Mann allein.“

Dante runzelte die Stirn. „Wieso zu groß?“

„Wahrscheinlich fühlt er sich einsam …“

„Dieses Anwesen ist nur wenig kleiner und ich habe mich nie einsam gefühlt.“

Kate zuckte mit den Schultern und starrte auf ihre Finger, die sie im Schoß verschränkt hatte. Was war das nur für eine Welt, in der Dante D’Agostino lebte?

Eine, in der Schlösser, Weinberge und Villen nichts weiter als Teile eines akzeptierten Lebensstils waren. Konnte er überhaupt nachvollziehen, dass ein alter Mann sich in einem Palast verloren fühlte, selbst, wenn für seine sämtlichen Bedürfnisse perfekt Sorge getragen wurde?

Sie dachte daran, wie sie mit ihren Eltern gelebt hatte: vom Wohnwagen mal eben auf ein Kanalboot zu wechseln und wieder zurück auf diverse Campingplätze. Eine der beständigsten Wohnsituationen war eine Kommune in Schottland gewesen, wo sie über zwei Jahre blieben. In dieser Zeit konnte sie die versäumte Schulbildung nachholen und hatte das vorübergehende Glück genossen, sich fest verwurzelt zu fühlen. Ihre Hippie-Eltern hingegen hatten nie den Drang verspürt, sich dauerhaft an einen Ort zu binden.

Und hier stand sie jemandem gegenüber, der nicht verstehen konnte, warum ein Palast für eine Person zu viel oder sogar einschüchternd sein könnte …

„Warum lächeln Sie?“

„Habe ich das?“ Kate blinzelte angesichts seiner angespannten Miene. Eben hatte er ihr noch versichert, dass sie sich keine Sorgen machen müsse. Dass sie weder gerügt noch entlassen würde …

Kate wurde übel vor aufsteigender Panik. Sie war auf dieses Einkommen angewiesen. Vor zweieinhalb Jahren hatte ihr Vater mit seinem verdammten Motorrad einen Unfall gebaut, dabei ein Bein verloren und so hatte das Hippieleben ihrer Eltern ein jähes Ende gefunden. Ihr Dad, ein gutmütiger Bär und immer zu Scherzen aufgelegt, war kopfüber in eine lähmende Depression gestürzt. Die anstrengenden Monate der Physiotherapie und der Verlust sämtlicher Gelegenheitseinnahmen, die sie bisher über Wasser gehalten hatten, waren zu viel für ihn gewesen. Dazu kamen eine tiefe Scham und heftige Selbstvorwürfe.

Damals hatte Kate gerade angefangen, an einer Grundschule in Windsor zu unterrichten. Ihre Eltern mieteten sich ein Mobilheim an der Küste und planten, den Sommer über an einem Ort zu bleiben. Ihre Mutter verkaufte selbst gemachten Schmuck und ihr Vater fand Arbeit in einer der örtlichen Kindertagesstätten. Er war ein talentierter Landschaftsgärtner mit einem enzyklopädischen Pflanzenwissen.

Nach dem Unfall mussten sich die beiden zum ersten Mal der Aussicht stellen, endgültig Abschied von ihren Wandertagen zu nehmen, da sie über keine Rücklagen verfügten. Ihre wundervollen, freiheitsliebenden Eltern so sehen und erleben zu müssen, hatte Kate fast das Herz gebrochen.

Doch in einer derart misslichen Lage war mehr vonnöten als eine tröstende Tasse Tee oder ihr aufrichtiges Mitgefühl. Ihre Eltern benötigten dringend bares Geld für ein Haus, das den Bedürfnissen ihres Vaters angepasst werden konnte, für einen engagierten Physiotherapeuten und alles andere. Und genau zu diesem Zeitpunkt war diese unglaubliche Stelle ausgeschrieben worden …

Kate hatte sich aus einer Laune heraus beworben, war engagiert worden und überwältigt von der Dotierung ihres neuen Jobs, den sie sehr liebte und voller Leidenschaft ausübte. Ihr mehr als großzügiges Gehalt reichte aus, um das kleine Grundstück in Lancashire zu kaufen, aber es galt noch, eine letzte Hypothek abzuzahlen.

Für das Kunsthandwerk ihrer Mutter hatte Kate ein kleines Atelier ausgebaut, und zum Haus gehörte auch ziemlich viel Land, das nicht nur Feldfrüchte für den Eigenbedarf lieferte, sondern so viel, dass ihr Vater auch Obst und Gemüse vor Ort verkaufen konnte.

All das hatte eine Menge Geld gekostet. Trotzdem sparte Kate eisern weiter, für eine eigene kleine Wohnung …

Und jetzt? Hatte sie ihre Hoffnungen und geheimen Träume zu hoch angesiedelt?

„Ich denke, ich weiß, worum es geht“, sagte sie bedrückt.

„Das bezweifle ich sehr“, murmelte Dante wahrheitsgemäß. „Wenn jemand, der einem nahesteht, lebensbedrohlich erkrankt …“

„Dann muss man neue Prioritäten setzen, und das verstehe ich sehr gut. Ihr Onkel ist sehr krank, und Sie haben noch einmal über Angelina und ihre Zukunft nachgedacht.“

„Habe ich das?“ Er klang überrascht. „Hmm … vielleicht könnte man es wirklich so formulieren. Und deshalb …“

„Und deshalb brauchen Sie meine Dienste nicht mehr …“, flüsterte sie und senkte den Blick, aus Angst, in seinen Augen die Bestätigung ihrer Befürchtung zu sehen.

„Interessante Schlussfolgerung, aber damit liegen Sie völlig daneben.“

„Was … wie meinen Sie das?“

„Vielleicht sollten Sie sich doch einen Schluck Wein gönnen, bevor ich Ihnen eröffne, worüber ich mit Ihnen reden wollte.“ Er wartete nicht auf ihre Antwort, holte ein weiteres Glas, schenkte es halb voll, reichte es Kate und maß sie mit todernstem Blick.

Sie zwang sich zu lächeln, trank einen Schluck und schloss kurz die Augen.

„Neben seinem spontanen Wunsch umzuziehen, hat sich mein Onkel in den Kopf gesetzt, dass es Zeit für mich ist, eine Frau zu finden und mich häuslich niederzulassen.“

Oh …“ Das musste Kate erst mal verdauen.

„Überrascht?“

„Was soll ich dazu sagen …?“ Sein Privatleben hatte Angelinas Vater immer privat gehalten, und während ihrer gesamten Zeit in diesem Haus hatte sie nie erlebt, dass er eine Frau mit hergebracht oder seine Tochter jemandem vorstellt hätte.

Allerdings war er außerordentlich viel unterwegs und genoss möglicherweise woanders ein wildes, ausschweifendes Leben. Ein Gedanke, der sie heimlich schlucken ließ. Als sie ihn unter gesenkten Wimpern hervor musterte, stellte Kate fest, dass ihr Arbeitgeber ganz offen dasselbe tat.

Verflixt! Dieser ebenso aufregende wie unerreichbare Adonis musste kein Wort sagen, um ihre lebhafte Fantasie zu beflügeln …

„Jedenfalls hat Antonio sich in den Kopf gesetzt, dass seine Zeit auf Erden vorbei ist und er seine sterbliche Hülle nicht verlassen kann, ohne sich zu vergewissern, dass ich mich mit einer geeigneten Frau niedergelassen habe.“

Kate schluckte trocken und gab sich einen Ruck. „Und? Ist diese … geeignete Frau bereits in Sicht?“

„Ich denke schon.“

„Oh …“

„Aufrichtig gesagt, ist das der Grund, warum ich hier bin und wir dieses Gespräch führen. Mein Onkel liegt mir sehr am Herzen, und ich befürchte, dass Stress und Sorgen ihn tatsächlich ins frühe Grab treiben könnten, wenn man ihm keinen Grund liefert, uns dank einer geeigneten Behandlung noch alle überleben zu wollen.“

„Kann ich nachvollziehen …“ Kate dachte an ihren Vater, dessen Depressionen ihn nach seinem schweren Unfall zu verzehren drohten.

„Sie?“, hakte Dante ebenso überrascht wie ungläubig nach. Da keine weitere Reaktion folgte, zuckte er nur mit den Schultern. „Wie auch immer … ich war einmal verheiratet und was mich betrifft, ist die Ehe eine Institution, der ich mich nie wieder nähern wollte.“

Kate nickte, auch das verstand sie gut. Er hatte geliebt und verloren. Hinter seinem Schreibtisch im Arbeitszimmer hing das dramatische Gemälde einer extravaganten, hochmütig wirkenden Schönheit, als Zeugnis einer unersetzlichen Liebe.

„Aber haben Sie nicht gerade gesagt …?“

„Ich will nicht heiraten, Kate … ich beabsichtige es, was einen himmelweiten Unterschied macht. Und? Habe ich bereits eine geeignete Kandidatin im Auge? Die Antwort lautet: Ja. Sie sitzt vor mir in dieser Küche. Ich habe dieses Gespräch gesucht, weil ich Sie, Kate, um Ihre Hand bitten möchte.“

2. KAPITEL

Kate fühlte sich wie betäubt. Hatte sie tatsächlich einen atemlosen Moment davon geträumt, dass der Mann, der ihr gegenübersaß, um ihre Hand angehalten hatte?

Da sie sich offensichtlich verhört beziehungsweise einem verrückten Impuls hingegeben hatte, setzte sie ein starres, höfliches Lächeln auf und schaute ihn fragend an …

„Sie können mir nicht folgen, oder?“, hakte Dante trocken nach und seufzte. „Verdenken kann ich es Ihnen nicht …“

„Tut mir leid“, murmelte Kate kaum hörbar. „Aber ich war wohl etwas abgelenkt.“

Dante seufzte erneut. „Mein Onkel …“

„Den Teil habe ich verstanden, aber was danach kam …“

„Das ist ganz einfach. Antonio will unbedingt, dass ich heirate, und wenn eine … beziehungsweise meine zweite Ehe das ist, was ihm helfen könnte, seine derzeitigen Ängste zu überwinden, dann soll er sie haben.“

„Aber … Signore D’Agostino …“

„Dante.“

Kate schluckte. „Wenn ich Sie richtig verstehe … warum ich?“ Unbewusst hatte sie sich so weit vorgebeugt, dass sie seinen Atem auf ihrer erhitzten Haut spüren konnte.

„Es ist ganz einfach.“

„Einfach?“ Jetzt fragte sie sich ernsthaft, ob Angelinas Vater und sie tatsächlich auf demselben Planeten lebten.

„Wie ich schon sagte … ich war bereits verheiratet.“ Seine Miene verfinsterte sich. „Ich suche und will keine Frau, die glaubt, hier ginge es um Liebe, irgendetwas Bedeutsames oder sonst noch was.“

Sekundenlang blieb es totenstill im Raum.

„Sonst noch was?“, fragte Kate ungläubig nach und schob die Brauen zusammen, im Versuch, mit dem Schritt zu halten, was er ihr gerade präsentierte.

„Denken Sie ein wenig nach“, riet Dante ihr mit überraschendem Augenzwinkern. „Ich bin sicher, Sie werden verstehen, was ich meine.“ Damit lehnte er sich zurück und nippte an seinem Wein, während Kate plötzlich verstand, worum es hier ging.

Eine Ehe ohne Liebe und Sex … allein um seines Onkels willen.

Ihr Gesicht verlor alle Farbe, während ihr Mund offen stand.

„Ich bevorzuge eine Frau, mit der ich kommunizieren kann“, kam es mit tödlichem Ernst von Dantes Seite. „Und eine, die garantiert mit meiner Tochter zurechtkommt. Angelina ist in dieser Angelegenheit ebenso wichtig wie mein Onkel. Dazu will ich jemanden, der die genaue Sachlage kennt und nicht alles dadurch verkompliziert, dass er glaubt, es gäbe jemals mehr als das, was zuvor besprochen wurde.“

„Und Sie denken ernsthaft, ich würde mich für diese Rolle eignen?“ Kate war fassungslos. „Was Sie da vorschlagen … tut mir leid, aber Sie werden sich jemand anderen suchen müssen.“

„Weil es nicht Ihrer romantischen Vorstellung von einer Ehe entspricht?“

„Genau das und … und aus tausend anderen guten Gründen.“

Dante leerte sein Glas und ließ es zu, dass die Stille den Raum zwischen ihnen ausfüllte. Dies war das erste Mal, dass ein Gespräch zwischen ihr und ihm das übliche, sichere Terrain verlassen hatte.

Er traf sich regelmäßig mit Kate und war stets erfreut über das, was sie von Angelina zu berichten hatte … und noch mehr über das, was seine kleine Tochter ihm von Kate erzählte. Wie es aussah, gelang es ihr, eine ausgewogene Balance zwischen Disziplin und Spaß herzustellen, wahrscheinlich deshalb, weil sie selbst noch sehr jung und dazu ausgesprochen lebendig war. Sie und Angelina unternahmen viel zusammen, und wann immer er seine Tochter zum Mittag- oder Abendessen ausführte, hörte er begeisterte Berichte über Picknicks im Park, Galeriebesuche, Konzerte oder Backorgien, wofür Dosen voller Kekse ein sichtbarer Beweis waren.

Heute eröffnete sich ihm ein völlig anderes Bild von Angelinas Nanny …

Diese feurige Unabhängigkeit, die sie ihm hier präsentierte, passte nicht zu der Frau, die seine Fragen manchmal so leise beantwortete, dass er sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. Oder zu ihrem selbst kreierten Uniform-Look aus sauber gebügelten Röcken oder Hosen … und Blusen, die stets bis zum Hals zugeknöpft waren.

Mit einem überraschten Blinzeln nahm er verspätet wahr, was sie momentan trug. Offenkundig bequeme Lieblingsstücke, die ihrer schlanken, jungenhaften Figur gut zu Gesicht standen.

Apropos Gesicht: Ohne dezentes Cover-Make-up wirkten ihre geröteten Wangen, die blitzenden ungeschminkten Augen und ein blassrosa trotziger Schmollmund auf ihn wie … ja, wie ein Aphrodisiakum. Und unerwartet regte sich etwas in ihm … ein gefährliches Kribbeln, das er unterdrückte, ehe es sich in seinem Bewusstsein verankern konnte.

„Zwei Jahre“, sagte er abrupt.

„Wie bitte?“

„Zwei Jahre an meiner Seite, danach können Sie wieder Ihrer Wege gehen.“

„Auf keinen Fall!“ Kate war aufgesprungen und starrte ihn wild an, wütend und frustriert, dass er inmitten dieses bizarren Schauspiels kalt wie Gletschereis blieb.

Aber genau das charakterisierte ja diesen … diesen unmöglichen, charismatischen Mann, oder? Der Umgang mit seiner Tochter war absurd förmlich, verglichen mit ihrer Beziehung zu ihren Hippie-Eltern. Dabei war sie überzeugt, dass er Angelina ebenso liebte, wie sie ihren Vater anbetete.

„Setz dich wieder, bitte“, ging Dante unwillkürlich zu einem vertrauteren Ton über. „Dieses Gespräch ist nicht am Ende.“

„Für mich schon …“, brummte Kate verstimmt, nahm aber wieder auf dem hohen Hocker am Küchentresen Platz.

„Ich bin noch nicht zum Kern der Sache vorgedrungen.“

Was für eine Formulierung! Besonders angesichts seines absurden Angebots …

„Die Heirat wird einige atemberaubende Vorteile mit sich bringen.“

„Wirklich?“

„Nach zwei Jahren würdest du das Unternehmen mit einem Vermögen verlassen, das dir für den Rest deines Lebens den Lebensstil ermöglicht, den du dir wünschst.“

„Und wenn ich daran nicht interessiert bin?“, flüsterte Kate gepresst.

Dantes Brauen schossen nach oben. „Sicher? Immerhin warst du die einzige Bewerberin, die ehrlich genug war, meinem Gremium den wahren Grund für dein Interesse an dieser Stellung zu verraten.“

Kate spürte, wie jeder Tropfen Blut aus ihrem Gesicht wich. Nur zu deutlich erinnerte sie sich an das Vorstellungsgespräch, als wäre es gestern gewesen …

Drei Gesprächspartner saßen ihr gegenüber. Man wollte zum Beispiel von ihr wissen, wie sie in bestimmten Situationen reagieren würde, und erwähnte, dass situativ auch Leibwächter anwesend sein würden. Kate hatte sich nicht beirren lassen, vor allem, weil sie zunehmend davon ausgegangen war, dass sie diesen Luxus-Job ohnehin nicht bekommen würde.

Die letzte Frage, mit derselben unergründlichen Höflichkeit gestellt, lautete: „Warum wollen Sie gerade diesen Job?“

Und ihre entnervte Antwort lautete: „Wegen der Bezahlung.“

Alle hatten sich mit unverhohlenem Entsetzen angeschaut, woraufhin sie etwas Versöhnliches von sich gab, das in dem geäußerten Verlangen gipfelte, ihr unvollkommenes Italienisch verbessern zu wollen.

Sie hatte die Stelle bekommen …

„Der Faktor Geld war dir bei der Anstellung ungeheuer wichtig“, erinnerte sie jetzt auch noch Dante … überflüssigerweise!

„Verstehe. Und warum haben Sie mir den Job gegeben, wenn Sie das stört?“

„Weil ich Ehrlichkeit zu schätzen weiß … immer!“ Er räusperte sich. „Davon abgesehen hast du eine Summe genannt, die deine Konkurrenten nicht wagten einzufordern. Ich weiß gern, wie andere Menschen ticken, das lässt weniger Platz für Missverständnisse.“

„Warum haben Sie die Interviews nicht selbst geführt?“, fragte Kate spontan.

„Weil …“ Dante zögerte, beugte sich vor und lächelte schief.

Ein Lächeln, das ihren Puls in die Höhe schießen ließ.

„Ich habe die Erfahrung machen müssen, dass ich im Guten wie im Schlechten eine Wirkung auf Menschen habe, die eher kontraproduktiv ist …“

Kate tat gar nicht erst so, als würde sie das nicht verstehen.

„Ich habe zwar nicht die leiseste Ahnung, warum du das Geld brauchst …“

„Das ist einfach … absurd!“

„Was?“, fragte Dante irritiert.

„Einfach alles! Ein Heiratsantrag wie dieser … Geld ins Spiel zu bringen, als könne man sich tatsächlich alles kaufen, was das Herz begehrt. Die Art und Weise, wie Sie beiläufig andeuten, in mein Privatleben eingedrungen zu sein!“

Du … wir waren schon einen Schritt weiter“, erinnerte er sie gepresst. „Und, wie bereits erwähnt, habe ich deine Privatsphäre respektiert.“

„Und jetzt spontan beschlossen, sie gegen mich zu verwenden!“

„Kate, was ich dir anbiete, ist keine Folter. Als meine Gattin wirst du ein Leben führen, in dem dir alles zur Verfügung steht, wovon du bisher nur geträumt hast.“

Sie wollte etwas sagen, doch Dante winkte ab.

„Natürlich ist ein Ehevertrag unumgänglich, allein um zu vermeiden, dass Gier den gesunden Menschenverstand übertrumpft. Aber abgesehen davon wirst du feststellen, dass ich ein außergewöhnlich großzügiger Mann bin. Im Gegenzug bitte ich dich um zwei Jahre deines Lebens, in denen wir als Freunde zusammenleben werden. Dies ist vielleicht nicht die Art von Ehe, von der du geträumt hast, aber für die Dauer unserer Verbindung wirst du meinen größten Respekt genießen …“

Kate öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch dann dachte sie an ihre Eltern, deren Wohlergehen ihr weit mehr am Herzen lag als ihre eigenen nebulösen Zukunftsträume. Und ähnlich ging es offenkundig Dante, was seinen Onkel betraf, ganz zu schweigen davon, wie wichtig ihm seine Tochter war.

„Und was passiert nach zwei Jahren?“, hörte Kate sich kühl fragen. „Obwohl dies nicht mehr als eine rein rhetorische Frage ist …“, fügte sie noch rasch hinzu.

„Wir trennen uns.“

„Und Ihr … dein Onkel?“, fragte sie leise. „Ganz zu schweigen von Angelina …“

„Antonio wird bis dahin hoffentlich über den Berg sein und endlich akzeptieren können, dass die Ehe und ich … wir passen einfach nicht zueinander“, behauptete er mit grimmigem Lächeln. „Angelina ist dann elf Jahre alt, verständiger und wird in dir immer noch so etwas wie eine große Freundin sehen. Davon abgesehen … passiert nicht in vielen sogenannten normalen Familien Ähnliches?“

Kate holte tief Luft und schüttelte dann abwehrend den Kopf.

Dante beugte sich vor und suchte ihren Blick. „Wirst du wenigstens darüber nachdenken?“, fragte er leise und eindringlich.

„Und wenn ich nein sage? Was passiert dann? Schmeißt du mich raus?“

Seine Augenbrauen schossen in die Höhe, dann brach er in Gelächter aus. „Ich wusste gar nicht, dass du zu Melodramatik neigst. Befürchtest du, ich könnte dich mit dem nächsten Schiff zurück nach England expedieren? Mit nur einer Kruste trockenen Brotes für die Reise? Oder etwa …“

„Sehr witzig!“, unterbrach Kate ihn eisig, doch als sie ihn mit finsterem Blick abstrafte, zog sich ihr Herz unvermutet zusammen, angesichts einer Verletzlichkeit auf den dunklen, attraktiven Zügen, die seine demonstrative Selbstsicherheit Lügen strafte.

„Natürlich werde ich dich nicht rauswerfen“, versicherte ihr Dante jetzt in normalem Ton. „Was ich dir vorschlage, ist mehr oder weniger ein Geschäft … oder sagen wir ein Gefallen, weil mir mein Onkel, seine Gesundheit und sein Glück am Herzen liegen. Antonio hat wirklich verdient …“ Seine Stimme verebbte.

„Aber …“

„Wenn du dich mit meinem Vorschlag überfordert fühlen solltest, bleibt alles so, wie es ist, und dieses Thema kommt nie mehr zur Sprache.“

„Soll heißen, Sie … du wirst jemand anderen für diese Rolle suchen?“

„Nein.“

„Nein?“

„Du bist wirklich die Einzige, die infrage kommt. Ich würde nie riskieren, dass eine Frau etwa falsche Schlüsse aus dieser … in dieser speziellen Situation zieht oder meine Tochter nicht mit ihr zurechtkommt. Angelina liebt dich, aber davon abgesehen …“ Dante stand auf und rieb sich den Nacken. „Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich deinen wohlverdienten Feierabend ruiniert habe und …“

„Signor D’Agostino ...“

„Dante.“

Kate schluckte trocken. „Dante, ich verspreche, über Ihren … deinen Vorschlag nachzudenken. Ich mag deinen Onkel sehr und das Geld würde mir sehr gelegen kommen … ich bin einfach nur ehrlich“, fügte sie fast brüsk hinzu, was ihm ein Lächeln entlockte.

„Das gefällt mir“, behauptete Dante. „Wie gesagt, dies wäre ein geschäftliches Arrangement auf Zeit. Wir hätten selbstverständlich getrennte Wohnbereiche, doch solltest du zustimmen, würden weitere Details auf jeden Fall rechtlich abgesichert werden. Glücklicherweise verfüge ich über ein Team von äußerst diskreten Anwälten.“

„Wenn ich … also, falls ich akzeptieren sollte …“

Dantes Mundwinkel hoben sich, und Kate hätte angesichts seines Lächelns, das sie als triumphierend interpretierte, fast einen Rückzieher gemacht. Aber das Angebot war einfach zu verlockend. Und zwei Jahre waren schließlich keine Ewigkeit … oder?

Sie würde immer noch jung sein, aber dank Dantes Großzügigkeit versehen mit einer gesicherten Zukunft für ihre Eltern und sich selbst. Und es war ja nicht so, dass er von ihr etwas anderes verlangte, als weiter unter seinem Dach zu wohnen …

„Ich werde darüber nachdenken.“

Und sie sagte ‚Ja‘.

Am nächsten Morgen saßen sie einander am Frühstückstisch gegenüber. Aber erst, nachdem Angelina zur Schule chauffiert worden war und alle Anrufe für die nächsten Stunden auf Eis lagen, damit sie in Ruhe die Details ihrer Ehe besprechen konnten. Was Dante betraf, machte er auf Kate einen durchaus zufriedenen Eindruck.

„Ich werde so schnell wie möglich ein Treffen mit meinen Anwälten arrangieren“, versprach er. „Aber zuerst müssen wir die wesentlichen Punkte dieser Vereinbarung gemeinsam durchgehen, um sicher zu sein, dass wir auf derselben Seite stehen. Du solltest dich vorher stärken“, riet er Kate lächelnd und nickte in Richtung des reichhaltigen Frühstücksbuffets.

Kurioserweise war dies das erste Mal, dass Kate zusammen mit ihm eine Mahlzeit einnahm, ohne dass seine Tochter oder andere Personen anwesend waren. Und so war sie sich seiner sehr bewusst, als sie zu einem Croissant griff.

Zu schwarzen Jeans trug Dante ein weißes Leinenhemd, dessen Ärmel bis zum Ellenbogen aufgerollt waren. Die oberen beiden Hemdknöpfe standen offen und ließen dunkles Brusthaar sehen …

Bei der Vorstellung, dass sie zugestimmt hatte, diesen Mann zu heiraten, der ihr gesamtes Nervensystem mit einem einzigen Blick durcheinanderbringen konnte, schüttelte Kate unwillkürlich den Kopf.

„Das fühlt sich alles so unwirklich und … ja seltsam an.“

„Liegt wahrscheinlich daran, dass es seltsam ist“, gab Dante mit einem ungewohnten Anflug von Humor zurück. „Abgesehen davon weiß ich es sehr zu schätzen, dass du meinen Vorschlag akzeptierst.“

„Zwei Jahre sind ja auch keine Ewigkeit.“

„Besonders angesichts des finanziellen Anreizes …“, murmelte Dante und fragte sich nicht zum ersten Mal, warum ihr das Geld so wichtig war. Träumte sie vielleicht von einer eigenen Luxusvilla in einer schicken Gegend? Oder gab es noch einen Studentenkredit und andere Schulden abzuzahlen?

Einen festen Freund gab es offenbar nicht. Das hatte sie zumindest beiläufig erwähnt, als er sie bitten musste, während der Sommerferien, die sie in England verbringen wollte, weitere drei Wochen bei Angelina zu bleiben.

„Ich schlage vor, dass wir unsere Entscheidung zunächst nur Antonio mitteilen, und warten, bis er sie verdaut hat. Ich denke, er wird überrascht sein.“

Kate hob skeptisch die Brauen. „Wird er wirklich glauben, dass wir ein Paar sind?“

„Menschen akzeptieren bereitwillig, was sie glauben wollen. Außerdem mag er dich sehr, Kate. Und ich denke nicht, dass er irgendwelche Zweifel äußern wird, nachdem er mich derart unter Druck gesetzt hat. Davon abgesehen glaube ich kaum, dass er eine der Frauen, die ich normalerweise als … als Begleitung bevorzuge, mit einem Diamantring am Finger würde sehen wollen. Er hat zwei von ihnen kennengelernt und seine Missbilligung lautstark zum Ausdruck gebracht.“

Lautstarke Missbilligung …?

„Du wärst überrascht, was man alles durch Schnauben, Augenrollen und Kopfschütteln übermitteln kann!“

Jetzt lachte Kate laut heraus, was sie selbst überraschte. „Mit welcher Sorte Frauen bist du denn bisher ausgegangen? Als Paar sollte man doch solche Sachen übereinander wissen, oder?“, versuchte sie, ihre Neugier mit brennenden Wangen zu rechtfertigen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du irgendwann jemanden mit nach Hause …“

„Ich mag meine Tochter nicht so oft sehen, wie ich es vielleicht sollte“, unterbrach Dante sie kühl. „Trotzdem steht Angelina für mich in allem an erster Stelle. Schon allein deshalb hat auch sie nie eine meiner Begleiterinnen je zu Gesicht bekommen.“

Kate nickte nur stumm.

„Was deine unausgesprochene Frage betrifft: anspruchslos …“, kam es ebenso unerwartet wie spröde von Dante. „Jene Damen … gut aussehend, unterhaltsam, nicht herausfordernd.“

Sie nickte schwach und wünschte, sie hätte sich diese Frage nie heimlich gestellt.

„Ich schätze, Antonio wird Champagnerkorken knallen lassen, wenn ich ihm die Nachricht überbringe, dass wir beide zu heiraten gedenken.“

„Könnte ich mir auch vorstellen.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln.

„Aber bevor wir ihm das eröffnen, halte ich es für angebracht, dass er dich in einem anderen Licht sieht als bisher.“

„Soll heißen?“

Dante neigte den Kopf zur Seite und musterte sie auf eine Weise, die ihr heiße Röte in die Wangen trieb.

„Ja …?“, hakte Kate schwach nach und registrierte zu ihrer Überraschung, dass sich auch seine Gesichtsfarbe vertieft hatte.

„Ich möchte nicht, dass du mich falsch verstehst …“

Sie schluckte trocken. „Und …?“

„In Anbetracht deiner neuen Rolle … wie soll ich mich ausdrücken …?“

„Bevorzugt klar und deutlich“, forderte Kate im strengen Lehrerton und verschränkte die Arme vor der Brust, um ihr Zittern zu verbergen.

„Da wäre die Sache mit deiner Garderobe.“

„Was ist damit?“

Sein Schweigen sprach Bände – ihre Kleidung war also nicht angemessen. Kate presste unwillkürlich die Lippen zusammen.

„Jetzt bist du gekränkt.“

„Warum sollte ich?“, gab sie brüsk zurück.

„Mach mir nichts vor. Wir haben jetzt eine andere Grundlage, eine auf Augenhöhe würde ich es nennen.“ Sein Blick war kühl und abwartend, was sie unverhofft auf die Palme brachte.

Was hatte Dante gerade von ‚Augenhöhe‘ gesagt? Vielleicht war es an der Zeit, zur Abwechslung auch mal ihre Spielregeln zu formulieren. Allein schon, um nicht in Gefahr zu geraten, jeder Bedingung zuzustimmen, ob sie ihr gefiel oder nicht.

„Okay, ich habe verstanden“, sagte sie knapp. „Wenn ich in meiner Rolle überzeugen soll, dann ist es wichtig, dass ich sie gut … um nicht zu sagen perfekt spiele. Und die richtige Kostümierung würde sicher dazu beitragen, dass Antonio diese Sache mit der heimlichen Romanze und Spontan-Eheschließung leichter schlucken kann.“

„Exakt, und …“

„Aber bilde dir nicht ein, dass du mir in deiner Rolle als Schein-Ehemann zukünftig Befehle geben und auch noch Gehorsam von meiner Seite erwarten kannst.“

„Aber …“

„Wie würdest du reagieren, wenn ich dich bitten sollte, deine Garderobe aufzufrischen? Vielleicht finde ich Hemden mit Monogramm auf den Taschen schrecklich spießig.“

„Ist das so?“

„Und wenn …?“

„Was noch?“

„Ich habe meine Liste leider nicht dabei!“, rettete sich Kate in Sarkasmus und seufzte dann leise. „Ich will ja auch nur sichergehen, dass …“

„So wird es nicht sein.“

Kate blinzelte. „Du weißt doch gar nicht, was ich gerade sagen wollte.“

„Du befürchtest, in ein unbekanntes Wildwasser springen zu müssen, und hast Angst, die Kontrolle zu verlieren, weil die Strömung dich mitreißt.“

„Woher … wie kannst du das wissen?“

„Ich wollte dich nicht brüskieren. Aber abgesehen davon, dass ich Antonio dazu bringen muss, unsere Geschichte zu glauben, wird es Veranstaltungen und Galas geben, die wir zukünftig als Paar besuchen müssen.“

Zu Kates Überraschung schnitt Dante eine Grimasse.

„Wenn es nach mir geht, so wenig wie möglich. Trotzdem wird es zahlreiche Anlässe geben, die nach einer eleganten Garderobe verlangen.“

„Aber …“

„Wenn du im Gegenzug willst, dass ich meine Hemden mit Monogramm für die Dauer unserer Ehe einlagere, dann ist das so gut wie erledigt“, versprach er mit einem Lächeln, das ihr heiße Röte in die Wangen trieb.

„Deine Hemden sind mir egal. Mir ist nur wichtig, kein Arrangement zu treffen, bei dem ich das Gefühl habe, die Kontrolle abgeben zu müssen.“

„Vertrau mir …“ Dante beugte sich vor, sein Blick war eindringlich und ernst. „Ich würde nie etwas von dir verlangen, was du nicht willst. Außer natürlich, wenn du … solltest du dich außerhalb unseres Arrangements mit einem anderen Mann treffen wollen, dann wäre natürlich zwingend besondere Diskretion erforderlich.“

Rasch senkte er den Blick, um nicht preiszugeben, was für ein Szenario ungewollt vor seinem inneren Auge auftauchte und seine Sinne erregte: Kate, auf einem Bett liegend, mit nichts am schlanken Leib als einem einladenden Lächeln …

Dante spürte wie ihm heiß wurde, und biss verzweifelt die Zähne zusammen.

„Wenn … oder besser, falls ich mich ernsthaft auf jemanden einlasse, dann nur als freie, unabhängige Person, damit ich eine sinnvolle Beziehung führen kann, die tatsächlich etwas bringt“, eröffnete Kate ihm gelassen. „Und zwei Jahre sind ja nicht die Welt oder ein ganzes Leben, um darauf warten zu können, oder?“

„Hattest du denn schon einmal eine Beziehung dieser Art?“, konnte sich Dante beim besten Willen nicht verkneifen zu fragen.

Und da war sie wieder, die verräterische Röte auf ihren Wangen!

„Ich bin ja noch jung“, erinnerte sie ihn fast trotzig. „Außerdem war ich bisher vollauf damit beschäftigt, mir eine Karriere aufzubauen. Und seit ich für Angelina …“

„Aber hier gab es nie Beschränkungen, was deine Freizeitaktivitäten betraf.“

„Ich weiß.“ Insgeheim fragte sich Kate, was Angelinas Vater wohl von ihrem bisherigen Leben halten würde. Zum Beispiel von ihren Hippie-Eltern, in deren Schlepptau sie gefühlt den gesamten Erdball umrundet hatte.

„Wie auch immer … langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, was das ‚Aschenputtel-Makeover‘ betrifft“, vertraute sie Dante mit zaghaftem Lächeln an. „Jetzt, da aus dem Kürbis eine Kutsche wird und die Kleiderordnung damit eine ganz andere ist …“

„Bestens, solange du nicht auf den Gedanken verfällst, in mir deinen Prinz Charming zu sehen“, warnte er sie.

„Prinz Charming!“ Kate lachte laut heraus. „Da kann ich dich beruhigen. Du könntest niemals mein Märchenprinz sein! Und solange wir beide verheiratet sind, mache ich mich auch nicht auf die Suche nach ihm. Was allerdings deine Bedürfnisse betrifft …“ Sie zuckte mit den Achseln, ihre Blicke kreuzten sich und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Doch dann blinzelte Kate, und als sie sprach, klang ihre Stimme neutral und eine Spur amüsiert. „Du kannst natürlich tun, was du willst. Und ich bin überzeugt, du wirst dabei ausgesprochen diskret vorgehen.“

„Na dann …“ Dante hob seine Tasse Kaffee und suchte ihren Blick. „Auf das perfekte Arrangement. Morgen werden wir den ersten Schritt in diese Richtung unternehmen.“

3. KAPITEL

Der erfolgte dann allerdings erst Tage später, als Dante ihr mitteilte, sie würden sich mit Antonio in Venedig treffen und dort ein paar Tage bleiben.

In dieser Zeit waren Dokumente unterzeichnet worden, wobei Kates Hand einen Sekundenbruchteil über der letzten Seite schwebte und sie sich energisch daran erinnern musste, dass es sich lediglich um einen Zweijahresvertrag handelte. Ein Abkommen, in dem sie zwar immer noch Pflichten haben würde …, aber anderer Art als bisher.

Dass ihre gemeinsame Zeit mit Angelina dessen ungeachtet gleich bleiben würde, darauf hatte sie unnachgiebig bestanden. Auf keinen Fall wollte sie etwas aufgeben, das sie liebte und erfüllte.

Als sie das Dante offen anvertraute, hatte er gelächelt und ihr versichert, sie könne tun, was sie wolle. Keine Frage, dass ihm der Gedanke gefiel, dass sie sich weiter um Angelina kümmern würde, weshalb er auf ein Ersatz-Kindermädchen verzichten konnte.

Dass es ihm zudem lieb war, so wenig wie möglich in seinem normalen Tagesablauf gestört zu werden, kam wiederum Kate entgegen. So würde sie weiterhin Zeit finden, ihre Eltern zu besuchen. Auch darauf hatte sie bestanden, ohne näher zu erläutern, warum ihr das so wichtig war.

„Ganz wie du willst.“ Dante hatte nur mit den Schultern gezuckt, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass im Dasein des italienischen Adels gemeinsame Fernsehabende oder Wochenendspaziergänge, bei denen man Stöckchen für die Hunde warf, keinen besonderen Stellenwert hatten.

Dafür entwickelte sich sonst alles wie verabredet, inklusive der Anschaffung einer neuen, stylischen Garderobe. Man hatte Kate diverse Kreditkarten ausgehändigt und sie angewiesen, so viel Geld auszugeben, wie und wo immer sie es wolle.

„Ich könnte dich begleiten“, hatte Dante ihr angeboten und kurz von seinem Laptop aufgeschaut, als sie vor dem riesigen Schreibtisch in der Zimmerflucht stand, die er gelegentlich als Büro nutzte, wenn er ungestört arbeiten wollte. „Ich meine, falls du meine Unterstützung brauchst.“

Kate schauderte bei der Vorstellung, dass dieser Mann mit ihr von Boutique zu Boutique gehen und seinen Kommentar zu ihrer neuen Garderobe abgeben würde. Also hatte sie energisch den Kopf geschüttelt. Shoppen sei schließlich keine Raketenwissenschaft und sie würde Angelina als Modeberaterin mitnehmen, was ihm ein Lächeln entlockte.

Angelina war noch zu jung, um zu verstehen, dass zwischen den Erwachsenen irgendetwas Bedeutsames vor sich ging, doch als Kate ihr neues Erscheinungsbild im raumhohen Spiegel ihres Apartments betrachtete, verfolgte das die Achtjährige aus großen, neugierigen Augen. Den Einkaufsbummel hatten sie tatsächlich zusammen unternommen, wobei Kate so taktvoll wie möglich die meisten Vorschläge ihres Schützlings bezüglich opulenter Pelze und schillernder Pailletten abwimmelte.

Danach überraschte Dante sie beide, indem er seine Tochter auf eine Tasse Tee zu sich einlud, was von der Kleinen mit atemloser Begeisterung aufgenommen wurde.

Allein gelassen betrachtete Kate ihr noch ungewohntes neues Spiegelbild und fragte sich, ob Angelina aus ihrer gemeinsamen Shoppingtour etwas abgeleitet haben könnte, was eine Erklärung erforderte, und kam zu dem Schluss: Eher nicht.

Selbst nachdem sie ihre bisherige legere Arbeitskluft inzwischen durch stylische Markenjeans, weiche, federleichte Kaschmirpullover und lässige schwarze Lederstiefeletten ersetzt hatte. Outfits, die sündhaft teuer gewesen waren. Dazu noch ein weicher schwarzer Kaschmirmantel, den sie sich normalerweise nie hätte leisten können!

Dessen ungeachtet gab sich Dante so unnahbar wie zuvor. Jetzt war es an ihr, seinem Beispiel zu folgen, sich ebenso kühl zu zeigen und ihn nicht durch ihre Spontaneität oder was auch immer zu irritieren. Wozu auch gehörte, nicht jedes Mal, wenn sie etwas Neues kaufte, eine große Sache daraus zu machen, denn Geld war für ihn kein Thema.

„Wir werden für ein paar Tage zu Zio Antonio fahren“, informierte Kate die kleine Angelina nach der ‚Teestunde‘ mit ihrem Vater.

Das Mädchen nickte und musterte kritisch Kates Outfit. „Ist das etwas, das wir zusammen gekauft haben?“

Äh … ja.“

„Du siehst hübsch aus.“

„Nicht zu viel Grau?“

Angelina legte den Kopf schief. „Ich könnte dir meinen Lieblingsschal leihen.“

Kate lachte. „Den mit Pailletten, Glitzer und Ponys? Der passt viel besser zu dir, Piccolina. Übrigens … dein Vater kommt diesmal mit nach Venedig“, fügte sie aus einem spontanen Impuls heraus hinzu.

„Wirklich?“ Angelinas Augen wurden kugelrund. „Seit wann weißt du das?“

„Er hat es mir erst gestern Abend gesagt.“

„Und wie lange wird Papà bleiben?“

„Das kann ich leider nicht sagen, Tesoro. Hoffentlich die ganze Zeit.“ Kate spürte das vertraute Ziehen in ihrem Herzen, angesichts Angelinas atemloser Begeisterung beim Gedanken, ihren Vater mehr als nur stundenweise um sich zu haben. Sie lächelte in sich hinein, während Angelina vor lauter Freude und Aufregung durch den Raum tanzte. Sie war ein bezauberndes Kind mit langem dunklen Haar, seelenvollen braunen Augen und dem olivfarbenen Teint ihres Vaters. Meistens ernst, doch wenn sie lachte, war es, als ginge die Sonne auf.

Kate spürte … ja was? Einen Anflug von Trotz.

Angesichts der neuen Situation, die Dante kreiert hatte, wäre es für sie ein Leichtes, sich innerlich zurückzulehnen. Doch da sie bereits angefangen hatte, ihre eigenen Regeln aufzustellen, wollte sie nicht zulassen, dass Angelinas Vater nur abwesend nickte und weiter genau das tat, was er wollte. In ihrem für beide Seiten vorteilhaften Deal waren sie jedoch so etwas wie Partner, was für Kate bedeutete, dass keiner von ihnen das alleinige Sagen hatte, zu welchem Thema auch immer.

Und ihr Herzensanliegen in diesem Haus war immer noch Angelina.

Doch zunächst galt es, noch einige vor ihnen liegende Hürden zu nehmen …

Dante war bereits zu Antonio vorgefahren, während sein Chauffeur Angelina und sie von Mailand nach Venedig bringen würde.

Die nächsten Stunden verbrachten sie mit Packen, und als sie später unterwegs waren, bedauerte Kate insgeheim, dass sie keinen Abstecher zum Comer See oder nach Verona mit seinem römischen Amphitheater machen konnten. Kate kannte Verona nur aus Shakespeares Romeo und Julia und war seither fasziniert von der Romantik einer Stadt, die sie noch nie selbst besucht hatte.

Außerhalb der schweren Luxuslimousine war es dunkel, und die schattige Landschaft, die während der Fahrt vorbeizog, ließ nur erahnen, wie schön die Hügel, Täler und die weitläufigen Weinberge sein mussten, auf denen die Trauben für den begehrten Prosecco wuchsen, für den die Region berühmt war.

Ihre Nerven begannen zu flattern, je näher sie ihrem Ziel kamen, und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie es sein mochte, mit Dante offiziell verheiratet zu sein. Es war eine Sache, für sich selbst Regeln aufzustellen, die ihr die neue Situation im besten Fall mehr als nur erträglich machen würden, eine andere, die Willensstärke aufzubringen, sie unter allen Umständen aufrechtzuerhalten.

Ihren Eltern gegenüber hatte sie nichts von der neuen Situation erzählt und spielte sogar mit dem Gedanken, es auch dabei zu belassen. Die beiden wären unter Garantie sowohl entsetzt wie enttäuscht, ihr einziges Kind in einer arrangierten Ehe gefangen zu wissen. Sie selbst hatten nie einen Tag getrennt verbracht, außer der Zeit, die ihr Vater nach seinem Unfall im Krankhaus liegen musste.

Und schon jetzt überlegte Kate, wie sie die Geldsummen erklären und rechtfertigen sollte, die sie für ihre Eltern auszugeben bereit war … vielleicht könnte man sie als Darlehen deklarieren oder einfach von der besonderen Großzügigkeit ihres Arbeitgebers reden. Was allerdings blieb, war das Unbehagen, ihre Eltern anlügen zu müssen.

Es war bereits nach zwanzig Uhr, als sie endlich Antonios Palazzo erreichten, einen Prachtbau, inmitten eines riesigen baumbestandenen Grundstücks. Die eine Hälfte des imposanten Baus leuchtete wie ein Weihnachtsbaum, die andere lag im Dunkeln.

Die Limousine rollte langsam durch die von Bäumen gesäumte Allee und umrundete eine Art Innenhof, bevor sie zum Stehen kam.

Ehe auch nur einer von ihnen aussteigen konnte, wurde die massive Haustür geöffnet, und Antonio tauchte kurz als Silhouette auf, bevor er von Dante, der seinen Onkel weit überragte, ruhig, aber bestimmt zurück in das imposante Gebäude eskortiert wurde.

Kate atmete tief durch, weckte Angelina und war dankbar für ihr aufgeregtes Geplapper, als sie sich kurz darauf beeilten, ins Warme zu kommen, ehe die massive Tür sich diesmal hinter ihnen beiden schloss.

Erst in diesem Moment wurde Kate richtig bewusst, worauf sie sich eingelassen hatte, und sie schauderte, während sie beobachtete, wie Antonio sich vorbeugte, um Angelina liebevoll zu begrüßen.

Dann kreuzten sic...

Autor

Cathy Williams

Cathy Willams glaubt fest daran, dass man praktisch alles erreichen kann, wenn man nur lang und hart genug dafür arbeitet. Sie selbst ist das beste Beispiel: Bevor sie vor elf Jahren ihre erste Romance schrieb, wusste sie nur wenig über deren Inhalte und fast nichts über die verschiedenen Schreibtechniken. Aber...

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