Julia Extra Band 572

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AM WEISSEN STRAND DER TRÄUME von MICHELE RENAE

In der Karibik erholt sich Autorin Saralyn von ihrer Scheidung. Da taucht ein Fremder am Strand auf, der einem ihrer Liebesromane entsprungen sein könnte: verboten sexy und so jung. Sofort sprühen die Funken, doch darf sie ihr heilendes Herz für einen unvernünftigen Flirt riskieren?

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  • Erscheinungstag 22.07.2025
  • Bandnummer 572
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534369
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Michele Renae, Rachael Stewart, Michelle Douglas, Dani Collins

JULIA EXTRA BAND 572

Michele Renae

1. KAPITEL

Saralyn Martin hatte seit zwanzig Jahren keinen Bikini mehr getragen.

Jetzt stand sie in einem begehbaren Kleiderschrank und betrachtete kritisch ihr Spiegelbild. Auf dem riesigen Bett in dem luxuriösen Schlafzimmer nebenan lag edle Leinenbettwäsche, und bodentiefe Fenster boten einen atemberaubenden Ausblick auf einen weißen Sandstrand mit smaragdgrünen Palmen. Urlaub allein auf einer luxuriösen Tropeninsel? Genau das war ihr Ziel!

Da sie die letzten zwei Jahrzehnte in Kalifornien gelebt hatte, besaß sie viele Badeanzüge, alles Einteiler. Ihr fehlte das Selbstvertrauen, mehr Haut zu zeigen. Aber sie war hier, um ihr Leben zu verändern und ihre Komfortzone zu verlassen und eine neue Frau zu werden! Für diesen zweiwöchigen Urlaub waren Bikinis die beste Wahl, und sie hatte vor, jeden Tag einen anderen zu tragen.

Sie zog den Bauch ein und richtete sich auf. Sie war nicht ganz so schlank, wie sie es sich gewünscht hätte, aber kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag und ganz offiziell in den Wechseljahren durfte sie sich bestimmt ein kleines Polster gönnen.

Nicht nach Hollywood-Maßstäben. Aber zum Glück war sie keine Hollywood-Ehefrau mehr.

Sie seufzte, ließ die Schultern sinken und den Bauch locker. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, sich von ihrem Ehemann, dem Fernsehstar, scheiden zu lassen? Zwanzig Jahre Ehe hatte sie hinter sich, und die Hälfte dieser Zeit war er ihr untreu gewesen.

Eineinhalb Jahre war es her, dass Brock auf ihren Wunsch hin das Haus verlassen hatte. Vor einem Monat war die Scheidung rechtskräftig geworden. Er hatte mehr bekommen, als er verdiente: das Haus in Los Angeles, das Ferienhaus in der Schweiz, ihre Freunde und ein Stück ihrer Würde.

Bis zum Ende des Sommers musste Saralyn aus dem gemeinsamen Haus ausziehen. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte, aber Kalifornien und die damit verbundenen schlechten Erinnerungen wollte sie hinter sich lassen. Mit einer Million Dollar als Abfindung konnte sie ganz neu anfangen.

Dieser Neuanfang war einer der Gründe, warum sie jetzt hier in dieser Luxusvilla auf einer privaten Karibikinsel stand. Der andere hatte mit ihrer Karriere zu tun, die Frage, auf die sie in den zwei Wochen ihres Aufenthalts eine Antwort finden musste.

Dank einer kurzfristigen Planänderung ihrer Freundin Juliane hatte Saralyn die ganze Insel für sich allein. Eigentlich hatte Juliane geplant, mit ihrem Freund hier einen romantischen Urlaub zu verbringen.

Vor zwei Tagen hatte diese jedoch einen Anruf erhalten, in dem ihr ein Platz bei einer sechsmonatigen Forschungsreise in die Antarktis angeboten wurde. Als Meeresbiologin konnte Juliane sich diese einmalige Chance nicht entgehen lassen. Sie wollte die Chance wahrnehmen und rief Saralyn an, die das großzügige Angebot sofort annahm.

An diesem Tag erschien die Autobiografie ihres Ex, die sie als Ghostwriterin geschrieben hatte. Saralyn betrachtete spöttisch ihr Spiegelbild und schimpfte im Stillen auf ihre Dummheit, denn der Name des Autors auf dem Cover würde der ihres Ex sein: Brock Martin.

„Vergiss es“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. „Er ist aus deinem Leben verschwunden. Schlag ein neues Kapitel auf.“

Zwei Wochen blauer Himmel, türkisfarbenes Wasser, weißer Sand und ein tropisches Klima erwarteten sie. Auf dieser Insel war eine berühmte Geschichte verfilmt worden, die sie geschrieben hatte – ebenfalls als Ghostwriterin. Sie war stolz auf ihren Erfolg – auch wenn sie vertraglich verpflichtet war, es niemandem zu erzählen, nicht einmal Juliane. Und sie freute sich, endlich diesen Ort zu besuchen, mit dem sie sich verbunden fühlte.

In diesen zwei Wochen wollte sie ihr Leben in den Griff bekommen. Wohin sollte sie gehen, wenn sie aus dem Haus auszog, das zwanzig Jahre lang ihr Zuhause gewesen war? Würde sie es wagen, eine neue Liebe wieder in ihr Leben zu lassen?

Wie sollte sie als introvertierte Frau mittleren Alters wieder anfangen zu daten? Und sollte sie das Angebot annehmen, als Ghostwriterin ein weiteres Buch für eine New-York-Times-Bestsellerautorin zu schreiben? Oder würde sie es wagen, den Auftrag abzulehnen und stattdessen ihr eigenes Buch zu schreiben? Die Geschichte über einen historischen Diebstahl, die ihr seit Jahren durch den Kopf ging.

„Du wirst es schaffen“, versicherte sie ihrem Spiegelbild. „Das weiß ich.“

Sie nickte, griff nach dem übergroßen rosafarbenen Seidenschal in ihrem Koffer und begann, den Stoff um ihre Hüften zu wickeln. Dann hielt sie inne. Hier würde keiner ihre Cellulite sehen und bemerken, dass ihre Brüste nicht mehr so groß waren wie vor zehn Jahren. Und wer brauchte schon Make-up? Sie war jetzt ungebunden und wollte ihre Freiheit genießen.

Sie warf den Schal aufs Bett. Vor einer halben Stunde hatte sie zum ersten Mal einen Fuß auf die Insel gesetzt. Der Fahrer des Wassertaxis hatte sie kurz durch die Villa geführt und ihr die luxuriöse Ausstattung gezeigt – unter anderem einen voll ausgestatteten Weinkühlschrank –, aber sie kannte den Grundriss längst. Sie hatte den Film darüber fünfmal gesehen.

Langsam ging sie durch den Wohnbereich. Der riesige halbrunde Raum erstreckte sich über drei Stockwerke. Die Aussicht war atemberaubend. In der Küche blieb sie stehen und betrachtete einen unscheinbaren schwarzen Kasten unter einem Schrank.

Wie der Fahrer erzählt hatte, konnte man darin seine elektronischen Geräte verstauen. Die Box blockierte das Mobilfunknetz der Insel. Kein Internet, keine SMS, keine Telefonate würden sie stören.

Sie drückte ihr Handy an die Brust und betrachtete die Box. Zwar schaute sie nicht ständig auf ihr Handy, aber sie hatte es gern bei sich, um Nachrichten oder Anrufe von ihrer Mutter zu empfangen. Andererseits hatte sie versprochen, sich erst zu melden, wenn sie sich eingelebt hatte.

„Ich werde diesen Urlaub genießen“, sagte sie sich. Dann legte sie das Handy und ihren Laptop in die Kiste und schloss den Deckel.

Ein von Solarlampen gesäumter Holzsteg führte sie unter einem Palmenbogen hindurch zum Strand. Während sie mit den Zehen wackelte, genoss sie die sinnliche Wärme unter ihren nackten Füßen.

Sie ließ sich in den feinen perlweißen Sand sinken, schaute hinauf zu dem fast unecht blau wirkenden Himmel und breitete die Arme aus. In ihrem langen braunen Haar, das sie ausnahmsweise nicht zum Pferdeschwanz gebunden hatte, spürte sie die sanfte Brise.

„Danke, Juliane“, sagte sie.

Dann entdeckte sie eine Reihe hölzerner Liegestühle und ging zu ihnen. Doch anstatt sich zu setzen, entschied sie sich, zuerst ins klare, türkisblaue Wasser zu waten. Warm umspülte es ihre Knöchel.

Das fühlte sich zu gut an, um wahr zu sein. In den zwanzig Jahren ihrer Ehe hatten sie und Brock nur selten Urlaub gemacht. Einmal waren sie in die Schweiz gefahren, und er hatte seine unausstehlichen Freunde mitgenommen.

Viele ihrer Romane hatten an wunderschönen Orten gespielt, aber für ihre Beschreibungen hatte Saralyn immer nur im Internet recherchiert. Die Realität war … atemberaubend.

Umgeben von traumhafter Natur, ohne Ablenkung durch Handy oder Laptop. Das war himmlisch! Erst in diesem Moment begriff sie, wie sehr sie diese Auszeit brauchte, und Tränen rannen über ihre Wangen.

„Auf ein neues und aufregendes Kapitel in meinem Leben“, sagte sie laut. Mit langen Schritten, die das Wasser aufspritzen ließen, watete sie zurück ans Ufer und ließ sich auf einer Liege nieder.

Die Insel gehörte einem milliardenschweren jungen Erfinder und bot den ultimativen Luxus. Juliane hatte sich gegen einen Koch vor Ort entschieden, deshalb würde man Saralyn jeden Morgen das Essen für den Tag in einer Kiste liefern.

Es wurden verschiedene sportliche Aktivitäten angeboten, darunter Wandern, Jetski fahren, Schnorcheln, Windsurfen. Direkt neben einem Swimmingpool gab es sogar einen Badmintonplatz.

Angeblich konnte man überall auf der Insel die künstliche Intelligenz für Befehle einsetzen, die dann ausgeführt wurden. Außerdem gab es ein Spa und sogar Yogakurse, die über Videochat gegeben wurden. Alles war äußerst luxuriös und passte sich perfekt der natürlichen Umgebung an.

Sie grub die Zehen in den Sand, schloss die Augen und genoss den Kuss der Sonne auf ihren Lidern. Daran könnte sie sich gewöhnen. Einen Moment lang konzentrierte sie sich ganz auf die Wärme, den Duft des Meeres, die Laute um sie her und nahm ihren ruhigen Herzschlag wahr. Ausnahmsweise schlug ihr Herz nicht wie wild. Wegen ihrer Panikattacken vor allem beim Autofahren war sie im Lauf der Jahre buchstäblich zu einer Einsiedlerin geworden. Sie hatte gelernt, allein zu sein, auch in ihrer Ehe.

Jetzt bist du wirklich allein. Auf einer großen Insel.

Sie hatte sich auf eine private Insel zurückgezogen, weit weg von der Zivilisation, denn das Festland war eine Viertelstunde mit dem Boot entfernt, und wenn jemand hierherkäme, wäre sie ihm ziemlich ausgeliefert, unfähig, sich zu verteidigen …

Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Worauf hatte sie sich eingelassen? Kopfschüttelnd verdrängte Saralyn den verrückten Gedanken. Sie neigte dazu, das Schlimmste anzunehmen, und ihr Körper reagierte, als würde es tatsächlich passieren. Um ihren schnellen Herzschlag zu beruhigen, presste sie sich eine Hand auf die Brust.

Dir geht es gut. Du bist ein großes Mädchen. Es wird nichts passieren. Genieße es einfach!

An diesem Tag wollte sie sich nur entspannen und später vielleicht einen Spaziergang über die Insel machen. Es standen allerdings auch einige Dinge auf ihrer To-do-Liste. Zum Beispiel:

Entscheiden, was ich als Nächstes schreibe.

Wenn sie den Job als Ghostwriterin für die New-York-Times-Bestsellerautorin annahm, konnte sie mit dem Gehalt ihren Lebensunterhalt finanzieren.

Die andere Möglichkeit war, ihren eigenen Roman über einen historischen Raub zu schreiben und unter ihrem echten Namen zu veröffentlichen. Das wäre allerdings ein Risiko. Würde sich so ein Buch überhaupt verkaufen? Schließlich hatte sie ihre ganze Karriere lang nur als Ghostwriterin gearbeitet. Für andere zu schreiben passte zu ihrem introvertierten Wesen. Ihr reichte es, eine Geschichte zu schreiben, sie abzuliefern und mit einem Scheck nach Hause zu gehen. Sie brauchte keine Anerkennung oder nervenaufreibende Autogrammstunden.

Sie war am glücklichsten, wenn sie im Hintergrund blieb. Unbemerkt. Wie ein Geist.

Bis jetzt jedenfalls. Die Scheidung hatte sie verändert, und eins wusste sie: Sie wollte kein Geist mehr sein. Aber konnte sie es schaffen? Besaß sie den Mut, Karriere zu machen, für sich selbst zu sorgen und zum ersten Mal in ihrem Leben nicht von einem Mann abhängig zu sein?

Der Vertrag, der ihr als Ghostwriterin angeboten wurde, betraf einen weiteren Liebesroman. Die letzte Geschichte, die sie für die Autorin geschrieben hatte, war ein großer Erfolg gewesen. Sex am Strand war ohne jede Anerkennung für Saralyn auf dieser Insel verfilmt worden.

Sie hatte die Fähigkeit, ihren Stil so zu verändern, dass er zu den jeweiligen Autoren passte, für die sie schrieb.

Saralyn liebte es, die Rezensionen zu lesen. Und ja, sie hatte ein Talent dafür, einen sexy Alphamann zu erschaffen.

Jetzt ließ sie den Blick in die Ferne schweifen und vor ihrem inneren Auge stieg das Bild des perfekten Helden auf. Er war groß, stolz, beherrscht und energisch.

Er bekam alles, was er begehrte – und das war immer nur das Herz der Heldin. Sein Haar, dunkel wie Rabenflügel oder Kohlestaub oder gar schwarz wie kostbarer Turmalin, sah aus, als hätte ein Friseur es stundenlang gestylt, dabei war er nur mit den Fingern durchgefahren.

Und dann sein Waschbrettbauch und sein Sixpack. Saralyn blinzelte.

Sie befeuchtete sich die Lippen, denn in diesem Moment kam ihre sexy Vision in persona auf sie zu.

Er hielt eine Angelschnur in der Hand und trug Badeshorts, die so tief auf seinen Hüften saßen, dass seine harten Muskeln zu sehen waren, von denen Wassertropfen perlten: ein Wassermann aus der Tiefe. Er war offenbar gekommen, um sie mit seiner göttlichen Gestalt und seinem finsteren Blick zu verführen.

Saralyn biss sich auf die Lippe. Er war die personifizierte Männlichkeit, und nur zu gern hätte sie die Finger über seine breite Brust gleiten lassen.

Strahlend weiße Zähne blitzten zwischen seinen Lippen auf, als er lächelte.

„Moment mal.“ Saralyn umklammerte die Armlehnen der Liege und richtete sich auf. Halluzinierte sie? Sie schloss die Augen, weil das Sonnenlicht sie blendete, und machte sie dann wieder auf. Der Mann war … wirklich da? Das konnte nicht sein.

Außer mir sollte niemand auf dieser Insel sein. Ihr Herz flatterte. War ihre schlimmste Befürchtung wahr geworden? Allein auf der Insel – aber wie ein Serienmörder auf der Suche nach seinem nächsten Opfer sah er nicht aus.

Nein. Beruhige dich, Saralyn. Er ist sicher nur einer der Angestellten oder ein Einheimischer. Vielleicht auch ein Fischer, der mit seinem Boot in der Nähe ankert?

Wer auch immer er war, er sah umwerfend aus.

Sie stand auf und wollte nach ihrem Seidenschal greifen, doch dann fiel ihr ein, dass sie ihn in der Villa gelassen hatte. Verdammt! Sie legte die Hände auf ihren Bauch. Dann ließ sie eine Hand zu ihren Hüften gleiten, wo sie jetzt in den Wechseljahren ein Pfund mehr darauf hatte.

„Wer sind Sie? Das ist meine Insel.“

„Wirklich?“ Die dunklen Augen des Fremden blitzten auf, und er lächelte verführerisch. „Deine Insel?“

„Zumindest für die nächsten zwei Wochen“, sagte sie bestimmt. „Gehören Sie zum Personal? Ist das mein Abendessen?“ Sie zeigte auf den Fisch an der Angel. „War das gemeint mit ‚täglich frisch geliefert?‘“

Sie atmete tief ein. Hatte er ihren Bauch bemerkt? Ihre blasse Haut, die dringend etwas Bräune brauchte? Warum stand der attraktivste Mann der Welt so dicht vor ihr, dass sie spürte, wie ihre Brustspitzen hart wurden? Das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen.

„Dein Abendessen?“ Er wedelte mit der Angel. „Wenn du möchtest. Ich bin bereit zu teilen.“

Zu teilen? Hatte er etwa vor, auf der Insel zu bleiben? „Wer sind Sie? Das muss ein Buchungsfehler sein.“

„Ich bin der Besitzer der Insel.“

Der … Besitzer? Dieser Mann war ein Milliardär?

„Der Besitzer“, wiederholte sie. „Das wusste ich nicht – aber ich habe für den Aufenthalt hier bezahlt, um auf der Insel Urlaub zu machen, und zwar nur ich allein. Keiner sonst.“

„Das ist wohl ein Missverständnis.“

„Wieso Missverständnis?“, protestierte sie.

„Tatsache ist, dass die Insel abgeschieden vom Rest der Welt ist, und auch ich für eine Weile hier sein werde.“ Der Fremde zeigte keinerlei Verständnis für ihr verzweifeltes Bedürfnis nach Einsamkeit.

„Wenn hier zwei Leute sind, habe ich die Insel nicht mehr für mich allein!“

„Ich habe das Recht, hier zu sein, wann immer ich will. Das steht im Vertrag.“

„Den habe ich nicht gelesen.“

„Das sollte man immer tun.“

„Meine Freundin hat den Urlaub gebucht und den ganzen Papierkram erledigt und …“ Hatte Juliane den Vertrag gelesen? Welche Rolle spielte das? Dieser Mann sollte ganz einfach nicht hier sein!

Saralyn verschränkte die Arme vor der Brust. Wen interessierten schon ihre überflüssigen Pfunde und ihre Cellulite? Aber wie sollte sie sich entspannen, während ein Adonis wie er über die Insel schlenderte? Und das in nichts als einer khakifarbenen Badehose, die jeden seiner spektakulären Muskeln betonte?

„Keine Sorge“, versicherte er achselzuckend. „Ich werde dir nicht im Weg sein.“ Sein tiefer Seufzer weckte ihre Neugier. Warum klang er so müde? „Ich brauche den Aufenthalt auf meiner Insel jetzt wirklich. Aber ich wohne in der kleinen Hütte auf der anderen Seite. Du wirst mich also kaum sehen. Es sei denn, du willst es.“

Es sei denn …? Allein auf einer Insel mit einem sexy Fremden? Das könnte einem Liebesroman entnommen sein.

„Nun, eigentlich will ich diesen Urlaub einfach so genießen wie geplant: allein und …“ Allein und verzweifelt? Sie war nicht verzweifelt. Nur … auf der Suche. „Ich muss mich jetzt unbedingt umziehen“, sagte sie dann unvermittelt, drehte sich um und ging auf die Villa zu.

„Der Bikini steht dir!“, rief er ihr nach.

Saralyn rannte daraufhin noch schneller. Es demütigte sie, dass er ihre Schenkel schlackern sah, während sie davonlief. In der Villa angekommen, zog sie die Glasschiebetür hinter sich zu, dann die Bambusvorhänge. Erst als sie sicher war, dass er nicht in den Raum sehen konnte, drehte sie sich mit dem Rücken zur Wand und atmete aus.

Ein Mann, der genauso umwerfend aussah wie die attraktiven Helden, die sie in ihren Romanen erschuf, war einfach in ihre Wirklichkeit getreten. Und es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, dass sie sich darüber aufregte.

2. KAPITEL

Die Frau, die er vorhin am Strand überrascht hatte, war eine echte Schönheit. Sie hatte lange Beine, eine blasse Porzellanhaut und seidiges braunes Haar. David hatte sehr wohl bemerkt, wie sie versucht hatte, zuerst ihren Bauch und dann ihre Brüste zu bedecken.

Wenn Frauen wüssten, wie die meisten Männer über ein süßes, hübsches Mädchen dachten, würden sie sich keine Sorgen um irgendwelche Körperteile machen. Männer bewunderten zwar Schönheit, aber es war die persönliche Ansprache, die sie wirklich anzog.

So funktionierte es jedenfalls bei David Crown. Er hatte ein Paar auf seiner Insel erwartet und vorgehabt, sich im Hintergrund zu halten. Mit ihr hatte er nicht gerechnet. Wer war diese Schönheit, die sich so sehr nach Ruhe sehnte?

Wer auch immer sie war, sie hatte gerade seinen Plan durchkreuzt, für ein paar Wochen vor der Realität zu fliehen. Diese Insel war der perfekte Rückzugsort, wenn die reale Welt zu übermächtig wurde.

Er dachte an das Foto des sechsjährigen Jungen in seiner Brieftasche, das er seit Wochen bei sich trug. Er musste eine Entscheidung treffen, und zwar schnell. Jedes Mal, wenn er in die großen, strahlenden Augen des Kindes blickte, brach ihm fast das Herz. Das war der Grund, warum er hergekommen war. Er musste eine der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens zu treffen, bevor er nach New York zurückkehrte.

Aber jetzt war er erst einmal neugierig. Sein Rückzug in die Einsamkeit war durch eine hübsche, wenn auch mysteriöse Fremde gestört worden. Natürlich hielt er sich an sein Wort. Er würde nicht in ihre Privatsphäre eindringen. Jedenfalls nicht allzu sehr. Als sie ihn am Strand gesehen hatte, hatte sie im ersten Moment überrascht gewirkt, dann aber sehr verärgert ausgesehen. Das aber forderte ihn heraus.

Als er etwas später an die Glastür der Villa klopfte, waren die Vorhänge zugezogen. Hoffentlich nicht seinetwegen. Am besten genoss man die Villa mit weit geöffneten Schiebetüren, um die tropische Luft auch ins Haus zu lassen.

Der Vorhang wurde zur Seite gezogen und gab den Blick auf sie frei. Große braune Augen blickten ihn an. Sie hatte das Haar locker nach hinten gekämmt, und ein weißer Kaftan umschmeichelte eine ihrer nackten Schultern. Der Anblick war aufregend.

Um ihr zu zeigen, warum er gekommen war, hob er den Teller mit dem Fisch hoch. Er war kein Vier-Sterne-Koch, aber er konnte einen Fisch filetieren und grillen.

Nach einem zögerlichen Nicken schob die Frau die Tür etwas auf. Sie machte es ihm nicht leicht.

„Ich komme mit dem versprochenen Essen und möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Mein Verhalten vorhin war unhöflich und aufdringlich. Dafür entschuldige ich mich. Ich hätte mich richtig vorstellen müssen und nicht davon ausgehen sollen, dass du die Insel gern mit jemandem teilst.“

Bevor sie etwas sagen konnte, fügte er hinzu: „Und außerdem … Du hast völlig entgeistert ausgesehen – kein Wunder, wenn ein halb nackter Mann an einem privaten Strand auf dich zukommt.“ Er trug ein Hemd mit Hawaiimuster und beigefarbene Cargoshorts.

„Entgeistert?“ Sie kicherte. „Ja, das könnte man so sagen. Es war aber auf keinen Fall wegen deines Waschbrettbauchs und der Brusthaare und …“ Sie biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf.

Hatte sie seinen durchtrainierten Körper bewundert? David unterdrückte den Drang, breit zu grinsen.

Sie trat zur Seite und schob die Schiebetür ganz auf. „Ich nehme die Entschuldigung an.“ Dann streckte sie die Hand nach dem Essen aus.

David hatte jedoch nicht vor, sich so schnell wieder zurückzuziehen. „Darf ich reinkommen?“

Sie nahm sich betont viel Zeit, bevor sie antwortete: „Ich denke schon.“

Das war keine vielversprechende Einladung. „Bist du dir sicher?“

Sie wich einen Schritt zurück. „Warum sollte ich es nicht sein.“

„Danke.“ Er trat ein und stellte den Teller auf den Küchentisch aus Lapislazuli. Dann wandte er sich um und reichte ihr die Hand. „Ich heiße David Crown und bin der Besitzer der Insel und außerdem Erfinder, Unternehmer, Philanthrop, und ich entschuldige mich bei dir.“

Sie schüttelte seine Hand. „Saralyn Martin. Urlauberin, Schriftstellerin und nicht mehr entgeistert.“

„Schön, dich kennenzulernen, Saralyn. Der Fisch wird kalt. Wollen wir zusammen essen? Ich könnte dir dabei von den geheimen Sehenswürdigkeiten der Insel erzählen. Danach verspreche ich, mich auf die andere Seite der Insel zurückzuziehen. Dafür hast du schließlich bezahlt.“

Sie holte Teller, Gläser und eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank und brachte alles zum Tisch. „Um genau zu sein, habe ich gar nichts bezahlt. Meine Freundin konnte die Reise nicht antreten und hat mir vorgeschlagen, an ihrer Stelle hierherzufahren. Sie wusste, dass ich eine Auszeit brauche, und ich konnte zu so einer Chance nicht Nein sagen.“

Sie verteilte die Teller und zog dann den Korken aus der Weinflasche.

David verteilte dann den Fisch, während sie sich setzte.

„Das sieht wirklich köstlich aus und duftet …“, sie atmete tief ein und schloss die Augen, als würde sie an einer Blume riechen, „nach Kokosnuss?“

Er nickte. „Ich habe die Soße aus den Kokosnüssen der Insel gemacht.“

„Bist du auch Koch?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich experimentiere gern. Hier gibt es Kokosnüsse, Fisch, Beeren und eine große Auswahl an Früchten.“

Sie probierte den Fisch und nickte anerkennend. „Normalerweise mag ich keinen Fisch oder Meeresfrüchte, aber das hier schmeckt … perfekt. Was ist das für ein Fisch?“

Er strahlte über das Kompliment. „Eine Art Makrele. Freut mich, dass es dir schmeckt. Fisch ist meine Spezialität.“

„Und diese Soße ist unglaublich. Ich gebe ihr vier Sterne.“

Er lachte und schenkte dann Wein ein.

Sie sah ihn nachdenklich an. „Vorhin am Strand hast du erwähnt, dass du den Aufenthalt auf der Insel im Moment brauchst.“

„Habe ich das? Nun, hier ist mein Rückzugsort, wenn mich die reale Welt erdrückt.“

„Was erdrückt dich denn? Was machst du beruflich?“

Sie schien eine kluge Frau zu sein. Er ahnte, dass sie eine ausweichende Antwort nicht so einfach hinnehmen würde.

„Mir gehört Crown Corp. Wir erfinden ‚bemerkenswerte Dinge, um den Alltag zu verändern‘“, zitierte er das Firmenmotto. „Ich bin der leitende Wissenschaftler und Erfinder. Ich bin auch ein Wohltäter, denn ich finanziere einige wohltätige Stiftungen. Für meine Kochkünste bin ich allerdings nicht bekannt.“

„Dann hat wohl noch niemand deinen Kokosnussfisch probiert.“

„Das kulinarische Geheimnis bewahre ich für meine engen Freunde auf.“

„Das heißt, ich gehöre bereits dazu.“ Sie trank einen Schluck Wein und sah David über das Glas hinweg an. „Das freut mich.“

Er hatte nichts dagegen einzuwenden, sie in seiner Nähe zu haben. Nicht nur, um seine Kochkünste zu testen. Ihre sanft blickenden braunen Augen zogen ihn an, und er wusste nicht, ob er in ihren Tiefen ertrinken würde.

Sie flirtete nicht offen mit ihm, aber ein Unterton in ihrer Stimme zog ihn unwiderstehlich an. Sie ist nicht wie die meisten Frauen, dachte er. Jedenfalls nicht wie die, mit denen er bisher ausgegangen war.

„Meine Firma läuft im Grunde von selbst“, sagte er. „Einige sehr vertrauenswürdige Leute managen das Unternehmen, aber ich möchte die Leitung nicht ganz aus der Hand geben. Das Labor ist mein Arbeitsplatz. Ich habe viele Ideen. Das bedeutet, Freizeit ist mir fremd. Normalerweise brauche ich ein oder zwei Tage, um mich zu erholen, wenn ich hier angekommen bin.“

„Crown Corp.? Ist das … die Umarmungsdecke?“

„Ja, kennst du sie?“

„Wer kennt sie nicht? Die Werbung dafür läuft ständig im Fernsehen. Und … spendest du nicht auch Decken an Kinderkrankenhäuser und Obdachlosenheime?“

„Und Frauenhäuser. Und bei Naturkatastrophen liefern wir ins Katastrophengebiet. Anderen zu helfen war der Hauptgrund für die Erfindung der Decke.“

„Eine Decke, die einen Menschen wirklich umarmt. Das klingt verrückt.“

„Du hast sie noch nie ausprobiert?“

„Nein.“

Erstaunlich. Den Verkaufszahlen nach zu urteilen, hatte seine Erfindung buchstäblich die ganze Welt erobert. Doch das Foto in seiner Brieftasche erinnerte ihn daran, dass manche Dinge vielleicht nicht dazu bestimmt waren, mit der Welt geteilt zu werden.

„Wir haben einige in der Villa.“ Er ließ seinen Blick durch das halbrunde Wohnzimmer schweifen. „Die über der Sofalehne ist eine davon.“

Sie warf einen Blick auf die cremefarbene Decke, die gut zu den neutralen Holz-, Bambus- und Sandtönen der Einrichtung passte. „Ich probiere sie später aus.“ Sie schob ihren leeren Teller beiseite und stützte einen Ellbogen auf den Tisch.

Er begegnete ihrem Blick. Was für ein einmaliges Erlebnis, dass eine Frau ihn ansah, als interessiere sie, was er zu sagen hatte. Die meisten Frauen, mit denen er ausging, nickten dann nur geistesabwesend, während sie wahrscheinlich darüber nachdachten, wie reich er wohl war und ob er wirklich einen Privatjet besaß.

„Ist deine Firma der Grund für deine Flucht auf die Insel?“

Da war die Frage, die ihn direkt ins Herz traf. Wusste sie nichts von dem Prozess? Er dachte, die ganze Welt hätte davon gehört. „Ja, es hat mit dem Geschäft zu tun.“

In einem Zug leerte er sein Glas und schenkte sich nach.

„Die Frage macht dich nervös.“ Sie sah ihn durchdringend an. Das machte ihm Angst und faszinierte ihn zugleich. „Wir haben uns zwar gerade erst kennengelernt“, sagte sie, „aber mich interessiert die Wahrheit. Das ist die Schriftstellerin in mir.“

„Das spüre ich.“

„Wirklich?“ Sie neigte den Kopf und lächelte leicht.

Bemerkte sie die Schweißperlen, die sich an seinen Schläfen bildeten? Er wollte nicht über dieses Thema sprechen, aber Saralyn war in keiner Weise bedrohlich.

„Wenn ich dir das beantworte, darf ich dir dann auch eine persönliche Frage stellen?“

Sie dachte nach und nickte dann.

„Gut. Du möchtest wissen, warum ich hier bin? Es hat mit einem Prozess zu tun.“

„Mit einem Prozess? In den du verwickelt bist?“

„Hörst du keine Nachrichten?“, fragte er. „Hast du nicht von dem unfähigen, leichtsinnigen David Crown gehört?“

Er hörte selbst, dass er bitter klang, aber Leichtsinn war kein Wort, das er in Verbindung mit seinem Namen hören wollte. Er sorgte sich immer um die Sicherheit anderer. Sonst wäre Crown Corp. nie so erfolgreich geworden.

„Es tut mir leid.“ Sie strich mit der Fingerspitze über den Rand ihres Weinglases. „Eine meiner Schwächen ist, dass ich mich beim Schreiben oft in der Geschichte verliere. Wenn ich an einem Projekt arbeite, halte ich mich vom Fernsehen und den sozialen Medien fern. Und in den letzten Monaten …“ Sie blickte zur Seite und schüttelte den Kopf. „Doch zurück zu dir und dem Prozess.“

David rieb sich die Schläfen. „Crown Corp. war in einen Rechtsstreit verwickelt … Aus rechtlichen Gründen kann ich nicht über alle Details sprechen.“ Das stimmte nur zum Teil, denn der Prozess war beendet. „Crown Corp. wurde freigesprochen. Aber …“

Er stützte den Kopf auf die Hände und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Der Druck in seinen Schläfen warnte ihn vor drohenden Kopfschmerzen. „Ich glaube, es hat mich mehr berührt, als ich dachte. Ich bin ungeduldig mit meinen Mitarbeitern geworden, was eigentlich nicht mein Stil ist. Doch die Medien stellen mich als herzlos dar.“

„Oh, das tut mir leid.“

„Wie auch immer, ich musste einfach raus und Tropenluft atmen und mit meinen Gefühlen ins Reine kommen.“

Sie nickte. „Ich hoffe, du findest hier, was du brauchst. Ich weiß, wie es ist, wenn man mit sich ins Reine kommen muss.“

„Ach ja?“ Er sah eine Chance, den Spieß umzudrehen. „Jetzt bin aber ich mit den Fragen dran.“

„Na gut.“

„Wovor bist du geflohen?“

„Ich habe mich vor anderthalb Jahren scheiden lassen. Wir waren zwanzig Jahre lang verheiratet.“

David nickte. Dann war sie jetzt in ihren Vierzigern? Vielleicht auch fünfzig?

„Mein Ex ist ein Star. Ich habe herausgefunden, dass er mich zehn Jahre lang mit unzähligen Frauen betrogen hat. Seit letztem Monat ist die Scheidung rechtskräftig. Und an diesem Tag erscheint seine Autobiografie, die ich als Ghostwriterin für ihn geschrieben habe. Außerdem muss ich noch ein neues Buch schreiben, um meine Agentin zufriedenzustellen.“

„Wow, das mit der Scheidung tut mir leid.“

„Das braucht es nicht.“

„Und was für ein Buch schreibst du? Ich liebe gute Romane.“

„Wirklich? Es ist an der Zeit, dass mein Name auf einem Buch steht. Aber ich muss auch meinen Lebensunterhalt verdienen.

Mein Dilemma ist also: Soll ich als Ghostwriterin eine weitere Geschichte für eine bekannte Liebesromanautorin schreiben? Oder soll ich es wagen, den Roman zu schreiben, den ich seit Jahren im Kopf habe, aber von dem ich nicht weiß, ob er ein Erfolg wird? In den nächsten zwei Wochen werde ich darüber nachdenken. Ich möchte diese Insel mit einem Plan für meine Zukunft verlassen.“

„Ich wünsche dir viel Glück.“

„Danke.“ Sie wollte nach seiner Hand greifen, zog ihre aber plötzlich wieder zurück.

„Ich hoffe, du findest hier den Frieden, den du suchst. Diese Insel beruhigt mich immer“, sagte er. „Ich kann stundenlang in der Hängematte liegen und lesen, während im Hintergrund die Wellen rauschen.“

„Das steht für morgen auf meinem Programm. Zusammen mit einer Wanderung um die Insel und vielleicht Kajak fahren und Schnorcheln.“ Sie lächelte ihn an. „Ich schulde dir auch eine Entschuldigung. Ich war vielleicht etwas unhöflich zu dir am Strand. Aber ich war völlig verblüfft, weil ich dachte, ich wäre allein hier.“

Er fand ihr Lächeln faszinierend.

„Aber es gibt doch keinen Grund, warum wir uns aus dem Weg gehen sollten“, fuhr sie fort. „Ich meine, ich fordere dich ja nicht auf, bei mir einzuziehen …“

„Vielleicht gebe ich dir irgendwann eine Lektion im Speerfischen.“

„Das hört sich gut an.“

„Willst du einen Roman schreiben, in dem ein Speerfischer vorkommt?“

„Das habe ich schon in meinem letzten Roman gemacht, den ich für eine Liebesromanautorin geschrieben habe. Der spielte auch auf einer tropischen Insel.“

3. KAPITEL

Saralyn seufzte schwer, als sie den Kopf gegen die Strandliege lehnte. Es war früher Nachmittag, und nach dem morgendlichen Schwimmen und einem leichten Mittagessen ruhte sie sich jetzt ein wenig aus. Danach wollte sie eine Wanderung über die Insel machen.

In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Die Entscheidung über ihre Karriere als Schriftstellerin musste sie nicht sofort treffen, aber sie musste ihre Möglichkeiten abwägen.

Sie hatte sich nie über ihre Tätigkeit als Ghostwriterin beschwert. Nicht einmal, wenn der offizielle Autor wie beim letzten Mal die Story an einen Filmproduzenten verkaufte und den ganzen Ruhm einheimste.

Jeder Auftrag brachte ihr genug Geld ein, um ein halbes Jahr lang gut leben zu können. Sie war niemand, der das Rampenlicht suchte. Aber der Film nach ihrem Roman war hier gedreht worden. Es war außergewöhnlich, jetzt hier zu sein und alles in sich aufnehmen zu können. Aber es erinnerte sie auch daran, dass sie einen Schritt nach vorne machen und sich endlich nehmen musste, was sie wollte.

Die andere Möglichkeit war, den Ghostwriting-Vertrag nicht anzunehmen. Ihre Agentin Leslie hatte angedeutet, dass sie sie nicht mehr vertreten würde, wenn sie das Angebot ablehnte. Das waren harte Worte nach fünfzehn Jahren Zusammenarbeit mit der Agentur.

Wenn sie den Job nicht annahm, konnte sie an der Story arbeiten, von der sie seit Jahren träumte: Ein historischer Raubüberfall im Paris des achtzehnten Jahrhunderts, der an ihrem Lieblingsort spielte. Ein Drittel der Geschichte hatte sie bereits ausgearbeitet. Sie brauchte nur etwas Zeit und Ruhe, um den Roman zu vollenden.

Aber diese Entscheidung war ein Risiko. Sie würde ihr möglicherweise kein Geld einbringen, denn sie hatte nicht einmal eine Garantie dafür, dass ihr Roman überhaupt veröffentlicht wurde. Was sollte sie also tun? Weiter als Ghostwriterin arbeiten oder es wagen, unter eigenem Namen zu schreiben?

Was war das für ein köstlicher Duft, der sie wie unsichtbare Schmetterlinge umflatterte? Irgendwo musste hier eine tropische Blume blühen.

Jetzt ärgerte sie sich, dass sie ihr Handy nicht mitgenommen hatte, um zu recherchieren.

Eigentlich brauchte ein Schriftsteller seinen Schreibtisch nicht zu verlassen, um all die sinnlichen Details zu erfahren, denn im Internet konnte man über jede Sache, jeden Ort, jedes Gefühl alle Informationen finden.

Zum Beispiel auch alles über den eigenen Ehemann. Das hatte Saralyn herausgefunden, als sie seine Memoiren geschrieben hatte. Sie hatte mehr über Brock herausgefunden, als ihr lieb gewesen war. Sobald sie von seinen Affären erfahren hatte, hatte sie einen Anwalt angerufen.

Sie hatte immer geglaubt, dass sie Brock etwas bedeutete. Auch in den letzten acht Jahren, als seine Aufmerksamkeit merklich nachließ. Hatte es an ihr gelegen? Natürlich.

Sie war so sehr mit dem Schreiben beschäftigt gewesen, dass sie ihm nicht genug Aufmerksamkeit schenkte. Vielleicht auch, weil sie nicht die Rolle gespielt hatte, wie man es von der Ehefrau eines Hollywoodstars erwartete.

Schon nach wenigen Ehejahren hatte Brock aufgehört, sie zu seinen Veranstaltungen mitzunehmen. Wahrscheinlich war sie selbst schuld an ihrer katastrophalen Ehe.

Und jetzt? Sie wünschte, sie hätte alle wissen lassen, dass Brock Martin ein Mistkerl war, der sie während der Hälfte ihrer Ehe betrogen hatte. Er war ein Mann, der darauf bestanden hatte, dass seine Frau im Hintergrund blieb, im Verborgenen schrieb und nie ins Rampenlicht trat.

Die sanfte Saralyn, die immer in seinem Schatten blieb, hatte auch noch dafür gesorgt, dass die Scheidung ohne Skandal abgewickelt wurde, und sich in aller Stille zurückgezogen.

Auf Drängen ihrer Agentin Leslie hatte sie sogar die Autobiografie ihres Mannes beendet, weil sie vertraglich dazu verpflichtet war. Auch in diesem Punkt hatte Leslie sie im Stich gelassen.

Am Vortag waren Brocks Memoiren veröffentlicht worden, mit seinem Namen in Goldaufdruck auf dem Umschlag und ohne den Hinweis auf der Copyright-Seite, dass Saralyn alles geschrieben hatte. Es war ein fesselnder Bericht über seine zwei Jahrzehnte in Hollywood.

Kein Wort über seine Faszination für junge, mit Botox behandelte Blondinen stand darin. Das hatte Saralyn herausgefunden, als sie seine SMS und E-Mails durchsah, denn sichere Passwörter waren nicht Brock Martins Stärke.

„Du bist so schwach“, murmelte sie zu sich selbst. „Kannst du wirklich aufhören, wie ein Geist zu sein? Wagst du das?“

In der nächsten Woche wurde sie fünfzig. Ihr halbes Leben war also vorbei. Und was hatte sie vorzuweisen? Ganz zu schweigen von den Wechseljahrbeschwerden, von denen sie hoffte, dass David sie nicht bemerkt hatte.

Die zweite Hälfte ihres Lebens musste besser werden. Es konnte doch nur besser werden, oder? Saralyn Martin – oder besser gesagt Saralyn Hayes, wie sie mit Mädchennamen hieß – musste sich ihr Leben zurückerobern, nein, neu gestalten. Könnte die Suche danach eine Affäre mit einem jüngeren Mann beinhalten?

Die Art, wie er sie ansah … als wäre sie die Einzige im Raum.

„Weil du die Einzige auf dieser Insel bist“, wies sie sich zurecht. „Und er ist zu jung. Du willst dich doch nicht noch mehr demütigen lassen.“

Nein, sie war eine vernünftige und realistische Frau und keine Heldin aus einem klischeehaften Liebesroman.

David sah sie mit ausgestreckten Armen im Sand neben dem Liegestuhl liegen. War sie ohnmächtig geworden? War sie von einem der aggressiven Inselpapageien angegriffen worden? War sie an Land gespült worden, nachdem sie von einer giftigen Qualle gestochen worden war? Es gab hier zwar keine giftigen Quallen, aber seine Fantasie schlug Purzelbäume.

Sie bewegte sich nicht.

Das Schlimmste befürchtend, eilte er zu ihr. „Saralyn?“

„Oh, mein Gott, da bist du ja, wie ein …“, sie setzte sich auf, strich sich den Sand von den Oberschenkeln und schüttelte den Kopf, „… rettender Held.“

„Es tut mir leid. Ich finde nicht jeden Tag eine Frau, die ausgestreckt im Sand liegt, als wäre sie von einer Menschen fressenden Qualle angegriffen worden.“

„Menschen fressende … gibt es Quallen im Wasser?“

„Nein. Nur in meiner Fantasie.“

„Das kenne ich. Schriftsteller sind genauso einfallsreich. Aber keine Sorge. Ich war …“

„Schon gut. Ich hätte dich nicht stören sollen.“ Er hatte aber keine Lust, sie zu verlassen, denn … sie war eine schöne und interessante Frau. „Ist alles in Ordnung?“

Die Frage überraschte ihn selbst. Er machte sich zwar durchaus Sorgen um andere, wusste aber selten, wie er das ausdrücken sollte. Einfühlungsvermögen zu zeigen war etwas, das ihm äußerst unangenehm war. Er wusste einfach nie, was angemessen war.

Sie strich sich weiter den Sand von den langen, glatten Beinen. Als sie mit der Handfläche über ihren Bauch strich, zog sie ihn ein. „Ich versuche nur, mir über den Rest meines Lebens klar zu werden.“

Er hockte sich neben sie und achtete darauf, einige Meter Abstand zwischen ihnen zu halten. Er wollte nicht, dass sie das Gefühl bekam, er würde in ihre Privatsphäre eindringen. „Wie machst du das?“

Sie wollte etwas erwidern, doch plötzlich fiel ihr Blick auf seine Hand. „Läufst du immer mit einer Machete herum?“

Er fuchtelte verlegen mit der Klinge herum. „Ich sammle Kokosnüsse.“

„Das ist eine bessere Erklärung, als meinen Mord zu planen.“

Er lachte. „Nicht nötig. Deine Rechnung ist bereits bezahlt. Außerdem habe ich nicht die geringste Ahnung, wie man eine Leiche versteckt.“

„Das ist gut zu wissen. Doch zu den Kokosnüssen. Ich habe sie oben in den Palmen gesehen. Sie sind alle grün.“

„Die beste Zeit, um sie zu ernten. Jung sind sie süßer.“

„Jung und süß.“ Sie ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen.

War es ein hungriger Blick, den sie ihm zuwarf? Und ihre Stimme hatte einen tieferen und sehr sexy Klang angenommen.

Doch dann schüttelte sie den Kopf. „Achte nicht auf mich. Mir war nur gerade eine Szene für meinen Roman eingefallen. So etwas passiert nur in den unpassenden Momenten.“

„Weil ich ein schlechter Gesprächspartner bin, oder?“

„Wie kommst du denn darauf? Wir haben uns doch noch gar nicht ernsthaft unterhalten.

Ja, wann hatte sich das letzte Mal eine Frau hingesetzt und mit ihm geredet? Und ihm wirklich zugehört? Am Abend zuvor hatte er sich mit ihr intensiver unterhalten als mit jeder anderen Frau zuvor.

„Ich würde mich gern mit dir unterhalten“, sagte er. „Aber ich will auch nicht deine Privatsphäre verletzen, denn du wolltest hier doch allein sein, deshalb …“

„Ach was! Ich brauche eine Pause von meiner Privatsphäre. Kannst du mir zeigen, wie man Kokosnüsse erntet?“

„Sehr gern.“

Wenig später schlürfte Saralyn süße Kokosmilch aus einer halben grünen Frucht, die David mit einem gekonnten Hieb mit der Machete geöffnet hatte. Wie ein Affe hatte er sich an der Palme hochgehangelt und ein halbes Dutzend Kokosnüsse in den Sand fallen lassen.

„Was ist das für ein schöner Vogelgesang?“, fragte sie und trank noch einen Schluck Kokosmilch.

„Er stammt von einer Meisenart. Sie sind winzig und leuchtend rot. Ein Teil ihrer Flügel schimmert smaragdgrün. Man sieht sie selten, aber sie bringen den Inselbewohnern gern ein Ständchen.“

„Ich könnte ihnen den ganzen Tag zuhören.“

Er ließ sich vor ihr in den Sand sinken. Wieder trug er nur eine Badehose, und sie stand ihm hervorragend. Selbst in einem Maßanzug könnte er nicht besser aussehen.

„Du hast gesagt, du wärst Ghostwriterin. Bedeutet das, niemand weiß, dass du die Autorin bist?“, fragte er.

„Genau. Ich bin vertraglich verpflichtet, niemals zu verraten, dass ich die Autorin bin.“

Er runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, ob ich so ein Geheimnis für mich behalten könnte. Für immer?“

Sie lachte. „Es ist ganz einfach. Ich nehme das Geld, und alles andere lasse hinter mir. Und nach zwanzig Jahren gewöhnt man sich daran. Aber …na ja …“ Sie zuckte mit den Schultern. „Nach der Scheidung bin ich damit nicht mehr zufrieden.“

„Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.“

„Ja. Ich bin eine alte Frau. In meinen Büchern bin ich ein- oder zweimal um die Welt gereist. Und da ist noch etwas: Nächste Woche feiere ich meinen fünfzigsten Geburtstag.“

„Das hätte ich nie gedacht.“

„Du brauchst nicht nett zu sein.“

„Fünfzig ist nicht alt.“

„Ich habe mich nie alt gefühlt, bis ich erfahren habe, dass mein Mann mit Frauen geschlafen hat, die halb so alt sind wie ich.“

„Das ist hart. Ich bin froh, dass du den Mut hattest, dich von ihm zu trennen.“

Sie lächelte. „Ich habe das Gefühl, dass ich es mir selbst zuzuschreiben habe. Ich hatte mich damit abgefunden, die Frau zu sein, die niemand beachtet, und die die ganze Arbeit macht und dafür keinen Ruhm erntet. Aber genug gejammert.“ Hatte sie ihm das wirklich alles erzählt? Saralyn! „Und wie alt bist du?“

„Fünfunddreißig.“

„Deine Eltern müssen also in den … Fünfzigern sein?“ Himmel, sie waren näher an ihrem Alter als er.

„Mom ist sechzig, Dad ein paar Jahre älter.“

Es war ja nicht so, dass sie etwas mit ihm vorhatte. Fantasien waren aus einem bestimmten Grund Fantasien, weil sie nicht Wirklichkeit werden konnten und sollten.

Sie musste sich damit begnügen, ihn als Helden zu betrachten. Doch jedes Mal, wenn er in ihrer Nähe war, verlangte ihr ganzer Körper nach ihm.

Er kam näher und beugte sich vor, um ihr in die Augen zu sehen. „Ich weiß nicht, was du gerade denkst, aber Alter spielt für mich keine Rolle. Ich weiß, dass deine Generation Paare mit einem großen Altersunterschied skeptisch sieht. Aber meine Generation ist in der Hinsicht freier.“

„Deine Generation? Oh, Mann.“

Er lachte. „Denk nicht zu viel darüber nach, Saralyn. Du bist eine wunderschöne Frau. Du faszinierst mich. Ich mag intelligente Frauen.“

„Wirklich?“

Er nickte. „Es ist schwer, jemanden zum Reden zu finden.“

„Vielleicht suchst du am falschen Ort? Es gibt doch Milliarden von Frauen auf der Welt. In jedem Alter.“

„Und trotzdem …“ Er stand auf, griff nach dem Sack mit den Kokosnüssen und der Machete. „Das Verrückte ist, dass die, die mich am meisten fasziniert, unerreichbar zu sein scheint.“

Er schwang sich den Sack über die Schulter und reichte ihr eine Kokosnuss. „Du könntest ihr Fleisch zum Kochen verwenden. Vielleicht sogar …“, er zwinkerte ihr so frech und charmant zu, dass Saralyns Herz einen Schlag auszusetzen schien, „eine Kokosnusscremetorte damit machen.“

Dann verließ er sie. Saralyn sah ihm nach und bemerkte, wie selbstbewusst und sicher sein Gang war. So verführerisch. So männlich.

Sie dachte über seine Worte nach. Hatte er mit seinen Worten sie gemeint? Worte, die jedes Frauenherz höher schlagen ließen. Aber sie war eine erwachsene Frau, die eine katastrophale Scheidung hinter sich hatte und wusste, was sie von einem Partner wollte und was nicht.

Sie wollte keinen Mistkerl, der glaubte, er könnte sie mit jungen Frauen betrügen. Sie wollte auch keinen unerfahrenen jungen Mann, der noch nicht bereit war, sich zu binden. Sie wollte …

Was wollte sie von einem Mann? Sie sehnte sich nach einer Beziehung. Nach Gesprächen und danach, das Leben miteinander zu teilen. Das hatte sie von Brock nicht bekommen. Doch die Sehnsucht war immer da gewesen.

Aber ein Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte, war dafür nicht das Richtige.

Sie betrachtete sie Kokosnuss. Wie machte man einen Kuchen? Sie hatte noch nie viel vom Backen gehalten. Gefrorene Schokoladenkekse aus dem Ofen waren ihre Stärke.

Würde es David gefallen, wenn sie einen Kuchen für ihn backte?

Unvermittelt warf sie die Kokosnuss beiseite. „Was machst du da?“

Der Mann hatte sie mit seinen charmanten Worten und seinem Schlafzimmerblick um den Finger gewickelt. Er hatte sogar angedeutet, dass sie vielleicht …

Na ja, er hatte nur gesagt, dass das Alter für ihn keine Rolle spiele. Er hatte nicht angedeutet, dass sie eine Beziehung haben könnten. Eine Affäre auf einer tropischen Insel.

Warum also dachte sie an all das und noch mehr?

4. KAPITEL

Tag drei. Nach dem Schwimmen lag Saralyn faul auf der Liege und sonnte sich. Die Sonne war unbeschreiblich warm, aber nicht heiß. Hell, aber nicht brennend.

Ihre blasse Haut bekam langsam einen sanften Goldton. Wenn dann noch eine leichte Brise wehte, die die Luft mit dem herrlichen Duft der tropischen Blumen erfüllte, war sie im Paradies.

Aber der Tag wurde noch perfekter, als ein halb bekleideter Held über den Sand schlenderte, als wäre er aus Atlantis angeschwemmt worden. Er lächelte sie an und winkte ihr zu.

Saralyn hob grüßend das Kinn. Auf keinen Fall durfte sie so aussehen, als würde sie sich verzweifelt nach einem Gespräch sehnen. Auch wenn es so war.

Abgesehen von den wöchentlichen Telefonaten mit ihrer Mutter, war sie es gewohnt, einsam zu sein. Bei einer Scheidung zeigte sich, wer seine wahren Freunde waren. Neunundneunzig Prozent ihrer Freunde hatten sich auf Brocks Seite geschlagen, und seitdem hatte sie nichts mehr von ihnen gehört. Juliane war ihr einziger Lichtblick, doch sie war für die nächsten sechs Monate in der Antarktis.

„Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte David.

„Es ist deine Insel“, erwiderte sie kühl.

Es ist besser, es bei der Fantasie zu belassen. Lass dich nicht auf eine wilde, verrückte Affäre mit dem gut aussehenden jungen Mann ein. Liebeskummer tut weh.

Sie drückte ihren Strohhut tiefer ins Gesicht, um ihre Augen zu beschatten, und lehnte den Kopf gegen die Liege.

„Na, wenn das keine aufmunternde Einladung ist, dann weiß ich nicht, was dann.“ Er ließ sich auf die Strandliege neben ihr sinken.

Sie wackelte mit den Zehen. Wieder reagierte ihr Körper auf ihn, und sie sehnte sich danach, ihm nah zu sein. Es war lange her, dass sie mit einem Mann allein gewesen war. Es war nie dasselbe, wie neben einer Freundin zu sitzen. Männer strahlten eine Präsenz aus, die sie schon immer fasziniert hatte. Ganz automatisch entstand eine gewisse Intimität. Und es war nie einfach.

„Wir brauchen nicht zu reden“, sagte er, ohne sie anzusehen. „Eines weiß ich inzwischen über dich: Du liebst deine Privatsphäre. Ich will einfach nur hier sitzen und mich nach dem Schwimmen von der Sonne trocknen lassen.“

„Wie du willst.“

Saralyn hatte nicht vor, den Kopf zu drehen, um festzustellen, ob er sie ansah. Sie würde auch nicht die Beine anziehen und die Arme um die Knie legen, um ihren Bauch zu verstecken. Stattdessen lag sie einfach weiter ausgestreckt da. Jede Bewegung würde bestimmt seine Aufmerksamkeit auf die Cellulite an ihren Oberschenkeln lenken. Sie ertappte sich dann aber doch dabei, dass sie den Bauch einzog.

Nein! Entspann dich einfach. Sei … normal. So normal, wie ein introvertierter Wortverdreher nur sein kann. Diesem Mann ist es egal, wie du aussiehst.

Jedenfalls sollte es ihm egal sein. Sie war nicht auf dieser Insel, um eine Affäre mit dem erotischsten, attraktivsten, am besten riechenden Mann zu haben, den sie seit Jahren gesehen hatte … auf keinen Fall.

Saralyn schloss die Augen. Er roch nach Meer, salzig und frisch, und seine Gegenwart ließ ihre Brustspitzen hart werden.

Beruhige dich, Saralyn. Je mehr du dich aufregst, desto eher wird er es merken. Rieche ihn einfach … Genieße ihn. Genieße die Versuchung wie nie zuvor.

Noch nie war sie von einem Mann so in Versuchung geführt worden.

Schließlich hielt sie das Schweigen nicht länger aus. „Du bist heute sehr ruhig.“

David winkelte ein Bein an. Der Sex-Appeal, der von diesem muskulösen Bein ausging, war nicht zu übersehen. „Ich wollte dich nicht stören.“

„Das weiß ich zu schätzen. Aber ich bin schon groß. Wenn ich meine Privatsphäre brauche, kann ich es sagen.“

„Das kannst du. Aber …“ Er wandte sich zu ihr um, stützte einen Ellbogen auf die Armlehne der Liege und lehnte den Kopf an die Rückenlehne. Sein Dreitagebart verstärkte seine sexy Ausstrahlung nur noch. „Hier neben dir zu liegen und nicht zu reden, war irgendwie cool. Ich meine, ich habe noch nie einfach so neben jemandem gelegen. Ich habe mich einfach nur auf das Rauschen der Wellen und den Gesang der Vögel konzentriert.“

Vögel? Hatten die gezwitschert? Saralyn hatte ganz andere Dinge wahrgenommen, aber so waren Menschen nun mal. Vor allem, wenn die andere Person einen Waschbrettbauch hatte.

„Danke“, sagte er.

Sie zuckte mit den Schultern. Wenn er wüsste, woran sie gedacht hatte, würde er es vielleicht nicht so zu schätzen wissen.

Aber sie brauchte nicht die verklemmte Hausfrau zu spielen, und sie konnte auch nicht jeden Tag am Strand sitzen und über eine wichtige Lebensentscheidung grübeln. Es war an der Zeit, ihren eigenen Weg zu gehen.

„Was muss ein Mädchen tun, um auf dieser Insel ein bisschen Spaß zu haben?“, fragte sie.

„Wir haben Kajaks.“

Das klang nach einer lustigen Herausforderung. „Ich bin noch nie Kajak gefahren.“

„Es ist ganz einfach. Ich kann es dir beibringen.“

„Sie sehen so aus, als könnten sie leicht umkippen.“

„Tun sie aber nicht. Und wenn doch, musst du schwimmen. Soll ich sie holen?“

Einen Nachmittag im Kajak und mit einem Mann verbringen, der mit jeder Bewegung ihre Aufmerksamkeit erregte?

Aber ein kleines Abenteuer hatte noch niemandem geschadet. Außerdem brauchte sie nach zwei Wochen des Grübelns über ihr gescheitertes Leben und der Frage, was sie als Nächstes tun sollte, einen Ausgleich.

Es war an der Zeit, ihr Leben zu leben. „Gehen wir.“

Nachdem Saralyn offenbar beschlossen hatte, die Ängste zu verdrängen, die das Leben ihr aufgeladen hatte, konnte sie nicht aufhören zu lächeln.

Es dauerte nicht lange, bis sie die Rudertechnik verinnerlicht hatte und das Gleichgewicht halten konnte, und schon bald umrundeten sie mit dem Kajak die drei Kilometer lange Insel. Das Wasser war so klar und eisblau, dass man die Fische im Wasser bewundern konnte.

David paddelte nicht annähernd so schnell, wie er konnte. Er wollte dieses Rennen nicht gewinnen, denn der Preis für den zweiten Platz war eine glückliche Frau, deren große braune Augen funkelten, als sie seine Anerkennung suchte.

Nein, nicht unbedingt Anerkennung, vielleicht wollte sie nur sehen, ob er ihre Freude teilte. Das tat er durchaus. Wäre er allein auf der Insel, würde er wahrscheinlich tagelang Trübsal blasen.

Diese Frau ermutigte ihn, dieses fruchtlose Grübeln zu unterlassen, und dafür war er ihr dankbar.

Als sie die Schaukeln im Wasser erreichte, stieß sie einen triumphierenden Schrei aus und streckte eine Faust in die Luft. Er lenkte sein Boot neben sie und hielt ihr Kajak fest, ...

Autor

Rachael Stewart
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